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Kim Reuter Stilles Licht

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Mir ist aufgefallen, dass das Porträt in Ihrer Arbeit eine besondere Rolle spielt, immer wieder malen Sie Ihre<br />

Familie, Ihren Mann und die beiden Kinder. Warum gibt es denn keine Selbstporträts von <strong>Kim</strong> <strong>Reuter</strong>?<br />

Es gibt eines, ein einziges. Das hab ich meinem Vater geschenkt.<br />

Auf den „Familienbildern“ kommen Sie also nicht vor, aber Sie gehören doch auch dazu?<br />

Natürlich, doch. Aber dass ich mich nicht in die Bilder hineinmale, hat andere Gründe. Meine Bilder erwachsen<br />

fast immer aus konkreten Situationen, und in denen bin ich ja der Betrachter! Außerdem kenne<br />

ich die Menschen, die mich umgeben, am besten und schaue sie mir einfach gerne an.<br />

Bevor Sie zur Malerei kamen, haben Sie zunächst<br />

Kunstgeschichte, Musikwissenschaft<br />

und Philosophie studiert?<br />

Ja, das stimmt, aber Malerei und Musik<br />

waren schon zu Schulzeiten meine<br />

Schwerpunkte gewesen und sie blieben es<br />

auch während des Studiums. Die Wissenschaft<br />

war eher ein Nebenweg, ein Schlenker,<br />

wenn man so will. Das habe ich bald<br />

gemerkt und mich in Düsseldorf an der<br />

Akademie beworben.<br />

<strong>Kim</strong> <strong>Reuter</strong> im Gespräch mit Eckhard Hollmann<br />

Hat das Studium dort dann Ihre Erwartungen<br />

erfüllt?<br />

Nur zum Teil. Ich wollte sehr viel Handwerkliches<br />

lernen. Da wurde man schon mal gefragt: „Warum malst du denn eigentlich noch?“ Porträt,<br />

Akt, Landschaft, Interieur: da muss man ja viel experimentieren, das Eigene finden und auch einkalkulieren,<br />

dass vieles im Müll landet. Diese Prozesse finde ich spannend, viel stärker als ihre akademischwissenschaftliche<br />

Begründung.<br />

Stört das kunsthistorische Wissen nicht erheblich im Malprozess? Ich könnte mir vorstellen, dass es die Spontaneität<br />

eher bremst, wenn man weiß, wer alles mit welchen Mitteln schon was gemacht hat. Eine Art intellektueller<br />

Fußfessel?<br />

Ich muss sagen, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Kunst mich nicht so stark interessiert.<br />

Das habe ich ja ziemlich rasch herausbekommen. Eher fand ich neben der Malerei die Musikwissenschaft<br />

mit ihren analytisch mathematischen Untersuchungen in Harmonielehre und Kontrapunkt spannend.<br />

Musik spielt auch in meiner Malerei eine große Rolle und zwar auf mehreren Ebenen. Ich höre<br />

beim Arbeiten gern Musik, das kann mich tief bewegen. Und ich spiele selbst Klavier.<br />

Hat diese Affinität zu Bildkunst und Musik Sie auch in Richtung synästhetischer Experimente getrieben, etwa<br />

im Sinne Wassily Kandinskys? Der hatte sich ja eingehend mit den Verbindungen von Bildkunst und Musik<br />

beschäftigt, aber auch Mimik und Sprachgeräusche einbezogen, z.B. in seiner Bühnenkomposition „Der gelbe<br />

Klang“?<br />

Nein, das ist mir viel zu theoretisch. Ich will für meine Malerei keinen gedanklichen Überbau erfinden,<br />

ich brauche kein Konstrukt dafür. Das würde mich ernsthaft in meiner Arbeit behindern. Ich kann und<br />

will auch nicht nach einem „Masterplan“ arbeiten, das würde mich viel zu stark einengen.<br />

Von der internationalen Kunstentwicklung, die in den letzten Jahren immer stärker weg von der Abstraktion<br />

hin zu unterschiedlichen Formen der gegenständlichen Malerei führt, haben Sie ja zweifellos profitiert. Zählen<br />

Sie sich zum sogenannten Neuen Realismus?<br />

Wie schon gesagt (sie lacht), ich halte nicht viel von diesem Schubladen-Denken. Aber vielleicht will<br />

man heute die überbordende Bilderflut gefiltert sehen, gefiltert durch das Auge des Künstlers. Oder es<br />

ist einfach eine Gegenwelt zur Abstraktion. Ich weiß es nicht. Für mich sind die Bemühungen um die<br />

Bildgegenstände, um Körper, um Gesichter, um Hände wichtig. Natürlich genauso der Raum, in dem<br />

sich alles bewegt! Das Ergebnis muss in sich stimmig sein. Ich kann mich viel freier entscheiden, wenn<br />

ich unterschiedliche Lösungen wirklich „durchdekliniert“ habe.<br />

In sich stimmig? Da fällt mir eine Anekdote zu Liebermann und Cézanne ein. Liebermann steht in Begleitung<br />

vor Cézannes „Bildnis eines jungen Mannes“. Der Begleiter moniert: „Aber der Arm ist ja viel zu lang.“ Darauf<br />

Liebermann: „Aber der ist so schön gemalt, der kann gar nicht lang genug sein!“<br />

Das ist wunderbar! Cézanne hat sich im Sinne seiner Malerei gegenüber dem Naturvorbild immer große<br />

Freiheiten gestattet. Ich weiß nicht, wie viele ganz unterschiedliche Bilder er von seinem Lieblingsmotiv,<br />

dem Mont Sainte-Victoire gemalt hat.<br />

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