Hahn, T. & Rath, C. - Institut für Psychologie - Universität Würzburg
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Bericht zum Forschungspraktikum<br />
Vergleich der Inkongruenzmessung mittels Q-Sort und SASB<br />
vorgelegt von:<br />
Tanja <strong>Hahn</strong> und Corinna <strong>Rath</strong><br />
28. Oktober 2003 (aktualisiert 30.6.05)<br />
betreut von:<br />
Prof. Dr. Dieter Tscheulin<br />
<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Psychologie</strong> IV<br />
Bayerische Julius-Maximilians-<strong>Universität</strong> <strong>Würzburg</strong>
Inhaltsverzeichnis<br />
0. Zusammenfassung ............................................................................................................................................2<br />
1. Einleitung und theoretischer Hintergrund...........................................................................................2<br />
2. Fragestellung und Hypothesen ..................................................................................................................3<br />
3. Methodik.................................................................................................................................................................3<br />
3.1. Stichprobe................................................................................................................................................................3<br />
3.2. Versuchsmaterial.....................................................................................................................................................4<br />
3.3. Versuchsablauf ........................................................................................................................................................4<br />
3.4. Auswertung .............................................................................................................................................................4<br />
4.Ergebnisse ...............................................................................................................................................................5<br />
5. Diskussion .............................................................................................................................................................7<br />
5.1. Besprechung der Ergebnisse....................................................................................................................................7<br />
5.2. Vergleich der Kongruenzwerte der Probanden anhand der vorläufigen Normen...................................................8<br />
5.3. Vergleich der Inkongruenzmessung durch SASB und Q-Sort ................................................................................9<br />
7. Abkürzungsverzeichnis................................................................................................................................10<br />
8.Anhang....................................................................................................................................................................10<br />
0. Zusammenfassung<br />
In der vorliegenden Studie wurde die Messung von Inkongruenz im Sinne von Rogers<br />
mittels der diagnostischen Messverfahren Q-Sortierungs-Methode (Q-Sort) und der Strukturalen<br />
Analyse Sozialen Beziehungsverhaltens (SASB) verglichen. Der Q-Sort ist bereits hinsichtlich der<br />
Inkongruenzmessung erprobt, in der SASB wurde zu diesem Zweck die Instruktion geändert. Ziel<br />
des Vergleichs war die Beantwortung der Frage, ob beide Messverfahren gleich gut Inkongruenz<br />
erfassen können, sodass in Zukunft ein weiteres Messinstrument zur Verfügung stehen könnte.<br />
Dazu wurden in einer vorgefundenen Stichprobe von allen Probanden beide Fragebögen bearbeitet<br />
und ihre Inkongruenzwerte miteinander verglichen. Es zeigte sich ein signifikanter positiver<br />
Zusammenhang der Ergebnisse. Ferner wurde festgestellt, dass beide Messinstrumente unabhängig<br />
von Alter und Geschlecht messen. Zur besseren Vergleichbarkeit wurden Stanine-Normwerte <strong>für</strong><br />
die jeweiligen Inkongruenzwerte berechnet. Unter Einbeziehung der vorliegenden Ergebnisse<br />
werden insgesamt jeweils Vor- und Nachteile der einzelnen Messverfahren dargestellt. Allerdings<br />
bleiben noch Unklarheiten, die in weiteren Untersuchungen genauer durchleuchtet werden sollten.<br />
1. Einleitung und theoretischer Hintergrund<br />
Rogers sieht im Zustand der Inkongruenz den entscheidenden Faktor, der das Risiko einer<br />
psychischen Fehlentwicklung maßgeblich erhöhen kann. „Inkongruenz ist die unter Umständen<br />
2
vorhandene Diskrepanz zwischen dem Erleben des Organismus und dem bewussten<br />
Selbstkonzept.“ (Rogers, 1987, S.43) Eine solche Diskrepanz führt zu Spannungen und innerer<br />
Konfusion.<br />
Rogers selbst verwendete die Q-Sortierungs-Methode (Q-Sort) als diagnostisches<br />
Messverfahren zur Erfassung von Inkongruenz. Patienten schätzen anhand dieses Fragebogens<br />
sowohl ihr reales als auch ihr ideales Bild von sich selbst ein. Der Zusammenhang zwischen diesen<br />
beiden Einschätzungen wird als Ausdruck des gesunden "sich selbst Seins" interpretiert. Aufbauend<br />
auf der Persönlichkeitstheorie von Rogers wird angenommen, dass bei psychisch unauffälligen<br />
(„gesunden“) Menschen eine höhere Übereinstimmung zwischen Real- und Idealbild besteht als bei<br />
neurotischen Patienten. Die vorliegende Fragebogenform wurde von Tscheulin (2001) entwickelt.<br />
In der Praxis hat sich die "Strukturale Analyse Sozialen Beziehungsverhaltens", kurz SASB,<br />
von Benjamin, als vielseitiges und hilfreiches Diagnoseinstrument bewährt. SASB ermöglicht die<br />
Erfassung sozialen Verhaltens auf drei Ebenen: transitives, intransitives und intrapsychisches<br />
Verhalten. Mit dem Fragebogen Form A, der den Fokus auf das intrapsychische Verhalten legt,<br />
wird der Umgang des Patienten mit sich selbst erfragt. Auf diese Weise wird ein reales Selbstbild<br />
des Patienten erhoben. Die Instruktion kann dahingehend verändert werden, dass mit dem SASB<br />
Fragebogen Form A zusätzlich der ideale Umgang mit sich selbst beschrieben werden soll. Die<br />
Autoren nehmen an, dass der Zusammenhang zwischen Real- und Idealbild, wenn die beiden<br />
Selbstbilder mit SASB erfasst werden, als Maß <strong>für</strong> Inkongruenz im Sinne von Rogers dienen kann.<br />
Nach dem Wissen der Autoren wurde dies noch nicht empirisch überprüft. Es wurde jedoch keine<br />
Literaturrecherche durchgeführt.<br />
2. Fragestellung und Hypothesen<br />
Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine empirische Untersuchung der Frage, wie hoch der<br />
lineare Zusammenhang zwischen den Messwerten ist, wenn man mit Q-Sort und SASB<br />
Inkongruenz zu messen versucht. Vorab wurden folgenden Hypothesen formuliert:<br />
Nullhypothese H0: Es besteht kein linearer Zusammenhang zwischen den intraindividuellen<br />
Messwerten aus Q-Sort und SASB.<br />
Alternativhypothese H1: Es besteht ein linearer Zusammenhang zwischen den<br />
intraindividuellen Messwerten aus Q-Sort und SASB.<br />
Wenn die Alternativhypothese zutrifft, bietet sich die Möglichkeit, die beiden<br />
Messverfahren genauer miteinander zu vergleichen und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile<br />
gegeneinander abzuwägen. Zu diesem Zweck soll ein Norm-Maßstab <strong>für</strong> die Stichprobe erstellt<br />
werden.<br />
3. Methodik<br />
3.1. Stichprobe<br />
Die Stichprobe bestand aus 104 Probanden, die durch ein „Schneeballsystem“ über Freunde<br />
und Bekannte gewonnen wurden. Das Durchschnittsalter betrug gerundet 34 Jahre (SD=14). Die<br />
Altersspanne reichte dabei von 14 bis 64 Jahren, 5 Personen machten keine Angaben zu ihrem<br />
Alter. Die Stichprobe setzte sich aus 35 Männern (34 %) und aus 68 Frauen (65 %) zusammen.<br />
Eine Person (1%) machte keine Angaben zum Geschlecht.<br />
3
Es handelte sich also um eine vorgefundene Stichprobe, an die keine bestimmten<br />
Auswahlkriterien gestellt wurden.<br />
3.2. Versuchsmaterial<br />
Jeder Person wurde jeweils die Papier-und-Bleistift-Version des Q-Sort und des SASB-<br />
Fragebogen (Form A) mit Antwortblatt vorgelegt. Die Blätter waren in unterschiedlicher Farbe<br />
gedruckt, sodass die Probanden sie besser unterscheiden konnten. Auf einem zusätzlichen Blatt<br />
erhielten sie eine ausführliche Anleitung, damit sie die Bögen problemlos ohne Testleiter zu Hause<br />
ausfüllen konnten.<br />
3.3. Versuchsablauf<br />
Jeder Proband erhielt das gesamte Testmaterial <strong>für</strong> sich selbst und weitere Exemplare mit<br />
der Bitte um baldige Rückgabe und Weitergabe an Freunde und Bekannte/Verwandte. 50% der<br />
Probanden erhielten die Instruktion, zuerst den Q-Sort auszufüllen und dann die SASB, die andere<br />
Hälfte entsprechend umgekehrt. Dadurch sollten Reihenfolgeeffekte vermieden werden. Nach<br />
Rückgabe der Bögen wurden die Daten getrennt <strong>für</strong> Q-Sort und SASB ausgewertet und<br />
anschließend zusammengefügt.<br />
3.4. Auswertung<br />
Zur Ermittlung des Zusammenhangs zwischen Real- und Idealbild – gemessen mit dem Q-<br />
Sort – wurde eine nonparametrische Phi-Korrelation über ein Rechenblatt (z.B. Excel) berechnet.<br />
Für die Berechnung des Zusammenhangs in SASB, Form A, konnte ein bestehendes Programm<br />
(MakeMapsWin von Harms-Soft) benutzt werden. Der SASB Langform Fragebogen kennt zwei<br />
Berechnungen: einmal über die 36 Einzelitems und einmal über acht Verhaltenskategorien<br />
(Cluster), welche jeweils vier bzw. fünf Items umfassen. Drei Häufigkeitsverteilungen wurden<br />
aufgestellt und mit einer Gauß`schen Normalverteilung verglichen, um festzulegen, ob der lineare<br />
Zusammenhang zwischen den Ergebnissen aus den beiden diagnostischen Messverfahren durch<br />
Pearsons Korrelationskoeffizienten erfasst werden kann oder mit Spearmans rho ein<br />
nonparametrisches Korrelationsmaß benutzt werden muss. Hier<strong>für</strong> wurde der Kolmogoroff-<br />
Smirnoff-Anpassungstest verwendet. Die Prüfung auf statistische Signifikanz erfolgte einseitig.<br />
Um auszuschließen, dass weder das Alter noch das Geschlecht der Probanden die Ergebnisse<br />
signifikant beeinflusst hat, wurde eine zweifaktorielle Varianzanalyse durchgeführt.<br />
Als Norm-Maßstab wurden die auf Centil-Normen basierenden Staninewerte berechnet. Die<br />
Art der rechnerischen Ableitung ist ebenfalls davon abhängig, ob es sich um normal- oder anomal<br />
verteilte Daten handelt. Im Falle einer Normalverteilung kann die Normierung standardmäßig über<br />
z-Werte erfolgen, da hier lineare Transformationen zulässig sind. Bei anomal verteilten Rohwerten<br />
müssen dagegen zur Berechnung der Staninewerte flächentransformierte Standardwerte<br />
herangezogen werden. Neben dieser Herleitung besteht die Möglichkeit, Staninewerte <strong>für</strong> anomal<br />
verteilte Stichproben zu erhalten, „ [...] wenn man die Testrohwerte den 9 Stanine-Werten<br />
entsprechend einer Normalverteilung zuordnet:<br />
Stanine-Werte: 1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />
Testrohwerte: 4% 7% 12% 17% 20% 17% 12% 7% 4%<br />
Die niedrigsten 4% der Testrohwerte erhalten also den Stanine-Wert 1, die nächsthöheren 7% den<br />
Stanine-Wert 2 usf. bis zum Stanine-Wert 9.“ (Lienert & Raatz, 1998, S.296).<br />
4
4.Ergebnisse<br />
Der Kolmogoroff-Smirnoff-Anpassungstest zeigte, dass keine der drei beobachteten<br />
Verteilungen eine gute Anpassung an die Normalverteilung aufwies, deshalb wurde Spearmans rho<br />
berechnet. Zwischen den Ergebnissen aus Q-Sort und den Ergebnissen aus SASB (Einzelitems)<br />
ergab sich ein hoher und hoch signifikanter positiver Zusammenhang (r = .635, p = 0.01). Die<br />
Ergebnisse aus Q-Sort und SASB (Cluster) korrelierten ebenfalls hoch signifikant positiv (r = .644,<br />
p = 0.01). Damit konnte die Nullhypothese zurückgewiesen werden: Es besteht ein linearer<br />
Zusammenhang zwischen den intraindividuellen Messwerten aus Q-Sort und SASB.<br />
Tabelle 1 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der korrelativ ermittelten<br />
Messwerte. Die Probanden beschreiben mittels SASB durchschnittlich einen höheren<br />
Zusammenhang zwischen ihrem Real- und Idealbild als mittels Q-Sort. Die geringere Streuung der<br />
SASB-Messwerte weist außerdem darauf hin, dass die Selbsteinschätzungen sich weniger<br />
unterscheiden.<br />
Tabelle 1<br />
Mittelwerte und Standardabweichungen der beobachteten Verteilungen<br />
der Messwerte aus Q-Sort und SASB (N = 104)<br />
Art des Tests M SD<br />
Q-Sort .437 .427<br />
SASB (Einzelitems) .655 .318<br />
SASB (Cluster) .757 .356<br />
Anmerkung: M = arithmetisches Mittel der Korrelationen,<br />
SD = Standardabweichung der Korrelationen<br />
Die folgende Abbildung 1 illustriert den Zusammenhang zwischen den durch SASB und<br />
den durch Q-Sort ermittelten Korrelationen. Es zeigt sich, dass die Werte größtenteils nahe der<br />
Regressionsgeraden (rho = 1) liegen. Dies spiegelt den rechnerisch ermittelten hohen und hoch<br />
signifikanten positiven Zusammenhang wieder. Zudem wird ersichtlich, dass die Mehrzahl der<br />
Werte im hohen Korrelationsbereich liegt.<br />
5
Q-Sort-Korrelation<br />
1,00<br />
0,50<br />
0,00<br />
-0,50<br />
y = - 0.12 + 0.86 * x<br />
A A A<br />
A A A A A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A A<br />
A A<br />
A A A A<br />
R² = .41<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A A<br />
A<br />
A<br />
A A A A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A A A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A A<br />
A<br />
A A A<br />
A A<br />
A A A<br />
A A A<br />
A<br />
A A A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
A A<br />
A<br />
A<br />
A<br />
-0,4000 0,0000 0,4000 0,8000<br />
SASB-Korrelation (Einzelitems)<br />
Abbildung 1<br />
Graphische Darstellung der linearen Regression zur Vorhersage der Q-Sort-Messwerte<br />
aus den SASB-Messwerten (N = 104)<br />
Anmerkungen: Jeder Punkt entspricht einem Probanden. Auf der Abszisse sind seine durch SASB ermittelten<br />
Kongruenzwerte abgetragen, auf der Ordinate seine durch Q-Sort ermittelten Kongruenzwerte.<br />
y = Q-Sort-Messwert, x = SASB-Messwert, R² = Anteil der durch x aufgeklärten Varianz von y.<br />
Alle weiteren Berechnungen wurden nur noch <strong>für</strong> Q-Sort und SASB (Einzelitems)<br />
durchgeführt.<br />
Um Alters- und Geschlechtseffekte auf die Ergebnisse auszuschließen, wurde eine<br />
zweifaktorielle Varianzanalyse durchgeführt. Tabelle 2 illustriert, dass beide diagnostische<br />
Verfahren unabhängig von Alter und Geschlecht messen.<br />
Tabelle 2<br />
Varianzanalyse zum Einfluss der Faktoren Alter und Geschlecht auf die SASB- und Q-Sort-<br />
Messwerte (N = 104)<br />
Quelle der Varianz df F ( SASB) F ( Q-Sort)<br />
Gruppenvergleich<br />
Altersklassen (A) 1 0.006 0.001<br />
Geschlecht (G) 2 0.146 0.401<br />
A * G 2 0.562 0.265<br />
Fehler 93 (0.108) (0.195)<br />
Anmerkungen: Werte innerhalb der Klammern repräsentieren die mittleren Quadratfehler.<br />
SASB = durch SASB ermittelte Kongruenzwerte, Q-Sort = durch Q-Sort ermittelte Kongruenzwerte. Zur Berechnung<br />
wurde das Alter in Altersklassen eingeteilt. Signifikanzniveau: p= 0.05.<br />
6
Aufgrund der anomalen Rohwertverteilungen konnte keine Standardnormierung<br />
vorgenommen werden. Daher wurden zur Berechnung der Staninewerte einerseits flächentransformierte<br />
Standardwerte herangezogen und andererseits die bereits beschriebene alternative<br />
Zuordnungsmethode verwendet. Zur Vereinfachung wurden die Rohwerte <strong>für</strong> die Flächentransformation<br />
auf eine Dezimalstelle gerundet. Die Aussagekraft der Korrelationen ist dadurch<br />
jedoch nicht beeinträchtigt. Beide Verfahren führten mit gerundeten Rohwerten zu den gleichen<br />
Ergebnissen. Aufgrund der Einfachheit der alternativen Berechnungsweise konnten auch nicht<br />
gerundeten Rohwerten Staninewerte im Sinne einer Normalverteilung zugeordnet werden. Tabelle<br />
3 zeigt die Ergebnisse der Normierung. Gerundete und nicht gerundete Rohwerte führen zu<br />
ähnlichen Ergebnissen. Letztere scheinen v. a. im oberen Bereich eine bessere Differenzierung zu<br />
ermöglichen. Tabelle 3 ermöglicht so eine einfache Zuordnung der gerundeten Kongruenzwerte der<br />
Probanden zum entsprechenden Staninewert. Mit Hilfe der Staninewerte können die Ergebnisse aus<br />
der SASB und dem Q-Sort direkt miteinander verglichen werden. Im Folgenden wird unter 5.2.<br />
genauer auf diesen Vergleich eingegangen.<br />
Tabelle 3<br />
Vorläufige Normen <strong>für</strong> SASB und Q-Sort auf Basis der Messwerte der untersuchten Stichprobe<br />
(N = 104)<br />
Staninewert<br />
Messwerte<br />
SASB<br />
Q-Sort<br />
gerundet nicht gerundet gerundet nicht gerundet<br />
1 -.4 bis -.2 -.352 bis -.163 -.7 bis -.5 -.70 bis -.49<br />
niedrig 2 -.1 bis .2 -.162 bis .180 -.4 bis -.2 -.48 bis -.19<br />
3 .3 bis .4 .181 bis .446 -.1 bis .1 -.18 bis .10<br />
4 .5 bis .7 .447 bis .722 .2 bis .4 .11 bis .44<br />
mittel 5 .8 .723 bis .829 .5 bis .7 .45 bis .65<br />
6 .9 .830 bis .890 .8 .66 bis .80<br />
7 .9 .891 bis .935 .9 .81 bis .90<br />
hoch 8 1.0 .936 bis .966 1.0 .91 bis 1.00<br />
9 1.0 .967 bis .988 1.0 1.00<br />
5. Diskussion<br />
5.1. Besprechung der Ergebnisse<br />
Es konnte gezeigt werden, dass Inkongruenz nicht nur mit Hilfe des Q-Sorts, sondern auch<br />
mit der SASB gemessen werden kann. In der Praxis steht dem Therapeuten also ein weiteres<br />
diagnostisches Instrument zur Verfügung. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass beide<br />
diagnostische Verfahren in der vorgefundenen Stichprobe unabhängig von Alter und Geschlecht<br />
messen.<br />
7
Der durchschnittlich höhere Zusammenhang zwischen Real- und Idealbild der Probanden in<br />
der SASB könnte auf folgendes zurück zu führen sein: Zum einen müsste die unterschiedliche Art<br />
der Berechnung der Korrelation des Q-Sort und der SASB deren Höhe beeinflussen. Während im<br />
Q-Sort die möglichen Werte von 1 bis 6 in die Wertebereiche 1-3 und 4-6 dichotomisiert werden<br />
und somit nur noch Nominalniveau vorliegt, werden mittels der bivariaten Korrelation in SASB<br />
zwei intervallskalierte Merkmale miteinander verglichen. Aufgrund des höheren Skalenniveaus<br />
fließt daher mehr Information aus den Daten in die Berechnung mit ein. Zum zweiten gab ein<br />
Großteil der Probanden die informelle Rückmeldung, dass die Formulierungen der inhaltsnegativen<br />
Items (Items mit mehr oder weniger feindselig formulierten Inhalt) der SASB auf sie so<br />
befremdend wirkten, dass es ihnen hier leichter fiel als beim Q-Sort, die Aussage sowohl im Realals<br />
auch Idealbild eindeutig zu verneinen.<br />
Dies lässt zwei spekulative Schlussfolgerungen zu: a) Der Q-Sort misst Inkongruenz<br />
sensitiver als die SASB, d.h. der Q-Sort ist besser da<strong>für</strong> geeignet, die vom Probanden erlebte<br />
Inkongruenz zu erkennen, oder b) die SASB weist eine höhere Spezifität bei der<br />
Inkongruenzmessung auf als der Q-Sort, d.h. die SASB ist besser da<strong>für</strong> geeignet, nur solche<br />
Probanden als inkongruent zu beschreiben, die auch tatsächlich Inkongruenz erleben. In der<br />
vorliegenden Stichprobe ist jedoch die Anzahl der Probanden, bei denen die SASB einen höheren<br />
Wert liefert, annähernd gleich mit der Anzahl der Probanden, bei denen der Q-Sort einen höheren<br />
Wert liefert. Die Frage nach der Sensitivität bzw. der Spezifität der Messverfahren könnte nur<br />
anhand einer Stichprobe geklärt werden, in welcher das Ausmaß der tatsächlich erlebten<br />
Inkongruenz der Probanden bekannt ist (z.B. durch Berichte der Probanden oder<br />
Therapeutenurteile).<br />
Die Tatsache, dass die errechneten Inkongruenzwerte nicht normalverteilt sind, ist insofern<br />
nicht überraschend, als wir es mit einer nicht-klinischen vorgefundenen Stichprobe zu tun haben.<br />
Psychisch unauffällige („gesunde“) Menschen weisen einen höheren Zusammenhang zwischen<br />
Real- und Idealbild ihrer Selbsteinschätzung auf. Dementsprechend sind die beobachteten<br />
Verteilungen in der vorliegenden Studie in rechtsseitige Richtung verschoben. Rechtsseitig<br />
bedeutet in diesem Fall hohe Korrelationen und dadurch mehr Kongruenz zwischen Real- und<br />
Idealbild. Sinnvoll wäre sicherlich eine Wiederholung der Untersuchung an einer Zufallsstichprobe,<br />
um allgemeingültigere Aussagen treffen zu können. Allerdings sollte aufgrund der in der Einleitung<br />
beschriebenen Theorie in jeder nicht-klinischen Stichprobe der Mittelwert im positiven Bereich<br />
liegen. Um die Vergleichbarkeit von SASB und Q-Sort im klinischen Bereich gewährleisten zu<br />
können, bedarf es einer weiteren Untersuchung an einer klinischen Stichprobe.<br />
5.2. Vergleich der Kongruenzwerte der Probanden anhand der vorläufigen Normen<br />
Mit Hilfe der vorläufigen Normtabelle (Tabelle 2, S.7 ) lassen sich die beiden<br />
Kongruenzwerte jedes Probanden aus der beschriebenen Stichprobe direkt miteinander vergleichen.<br />
Kann man einem Probanden zu beiden durch SASB und Q-Sort ermittelten Rohwerten denselben<br />
Staninewert zuordnen, dann haben die beiden diagnostischen Verfahren bei diesem Probanden<br />
dasselbe Ausmaß an Kongruenz gemessen. Bei 70% (n=73) der Probanden finden sich jedoch<br />
unterschiedliche Staninewerte <strong>für</strong> die beiden zu vergleichenden Rohwerte. Dabei liefert die SASB<br />
bei 35% (n=36) und der Q-Sort bei 36% (n=37) der untersuchten Probanden einen jeweils höheren<br />
Staninewert. Die neun Staninewerte können zu drei Bereichen zusammengefasst werden: niedrige<br />
(Staninewerte 1,2,3), mittlere (Staninewerte 4,5,6) und hohe (Staninewerte 7,8,9) Werte. Legt man<br />
dem Vergleich diese Bereiche an Stelle der Staninewerte zugrunde, zeigt sich, dass bei 60% (n=62)<br />
der Probanden beide Werte im selben Bereich liegen. Unter den anderen 40% (n=42) findet sich<br />
8
jedoch nur ein Proband, dessen Werte sich so stark unterscheiden, dass der eine Wert im niedrigen,<br />
der andere Wert im hohen Bereich liegt.<br />
5.3. Vergleich der Inkongruenzmessung durch SASB und Q-Sort<br />
Im Folgenden sollen kurz jeweils Vor- und Nachteile der beiden Testverfahren dargestellt<br />
werden.<br />
Der Q-Sort zeichnet sich dadurch aus, dass er mit 28 Items relativ schnell auszufüllen ist. Er<br />
ist wesentlich übersichtlicher, weil die Items direkt auf dem Testbogen beantwortet werden. Die<br />
Probanden berichteten, dass sie ihn als angenehmer empfanden, da sie sich sowohl durch Inhalt als<br />
auch durch Formulierung der Items gut in den Aussagen wieder erkannten. Ein weiterer Vorteil des<br />
Q-Sort ist, dass er bereits in der Praxis zur Inkongruenzmessung verwendet wird und somit erprobt<br />
ist.<br />
Die SASB hat in der Durchführung den Nachteil, dass sie mit 36 Items mehr Zeit in<br />
Anspruch nimmt. Die aktuelle Papier-und-Bleistift-Version ist wegen des gesonderten<br />
Antwortblattes unhandlicher und unübersichtlicher. Zudem birgt sie dadurch die Gefahr von<br />
Flüchtigkeitsfehlern. Aufgrund der Möglichkeit der computergestützten Durchführung würden<br />
letztere Nachteile jedoch wegfallen. Ein Großteil der Probanden gab an, mit Inhalt und<br />
Formulierung der Items Schwierigkeiten gehabt zu haben. Zum einen wirkten die Formulierungen<br />
zum Teil befremdend und schwer verständlich, sodass die Probanden sich mitunter schwer mit den<br />
Aussagen identifizieren konnten. Zum anderen empfanden einige Probanden die Items als zu<br />
komplex, da diese sich oftmals aus mehreren Aussagen zusammensetzen ( vgl. Form A, Item 14:<br />
„Ich beobachte mich sehr genau, schränke mich ein, halte mich zurück.“), von denen nicht alle auf<br />
sie zutrafen bzw. nicht zutrafen. Dieses Problem ist jedoch bereits bekannt (mündliche Mitteilung<br />
von D. Tscheulin).<br />
Ein eindeutiger Vorteil der SASB gegenüber dem Q-Sort sind die<br />
Bearbeitungsmöglichkeiten mit dem Programm MakeMapsWin. Dadurch ist die Berechnung<br />
einfacher und die Ergebnisse können mit Hilfe von Strukturkarten visuell veranschaulicht und mit<br />
dem Patienten besprochen werden. Anhand dieser Karten ist sofort ersichtlich, in welchen Items<br />
sich Real- und Idealbild des Patienten unterscheiden bzw. wo sie gut übereinstimmen. So kann<br />
zusätzliche Information genutzt werden, der Therapeut kann sich einen Einblick in die<br />
Schwerpunkte und Eigenarten der Person im Umgang mit sich selbst verschaffen. Zudem besteht<br />
die Möglichkeit des Vergleichs mit weiteren Formen der SASB, also mit anderen<br />
Beziehungsverhältnissen des Patienten.<br />
Wenn die Inkongruenzmessung mit SASB noch weiter erprobt wird und sie sich als<br />
geeignetes Messinstrument erweist, würden die Autoren im Rahmen einer längerfristigen<br />
psychotherapeutischen Intervention die SASB dem Q-Sort vorziehen. Neben der<br />
Inkongruenzmessung können der Therapeut und der Patient die zusätzlichen Informationen<br />
gewinnbringend <strong>für</strong> die weitere Behandlung nutzen.<br />
9
6. Literaturverzeichnis<br />
Benjamin, L.S. (1977). Structural analysis of a family in therapy. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 45,<br />
391-406.<br />
Benjamin, L.S. (1979a). Structural analysis of differentiation failure. Psychiatry, 42, 1-23.<br />
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Springer Verlag.<br />
Diehl, J. & Staufenbiel, T. (2001). Statistik mit SPSS Version 10.0. Eschborn: Verlag Dietmar Klotz.<br />
Lienert, G. & Raatz, U. (1998). Testaufbau und Testanalyse. Weinheim: <strong>Psychologie</strong> Verlags Union.<br />
Müller, F.H. & Kals, E. (2004,Mai). Die Q-Methode. Ein innovatives Verfahren zur Erhebung Subjektiver<br />
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Unveröffentlichtes Manuskript, Maximilians-<strong>Universität</strong> <strong>Würzburg</strong>.<br />
Rogers, C. R. (1987). Eine Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen; Entwickelt im Rahmen des klientenzentrierten Ansatzes. Köln: GwG.<br />
Tscheulin, D. (2001). <strong>Würzburg</strong>er Leitfaden (WLF) zur Verlaufs- und Erfolgskontrolle Personenzentrierter Beratung<br />
und Psychotherapie. Köln: GwG.<br />
Tscheulin, D. & Glossner, A. (1999/2002). Die deutsche Übertragung der Intrex "Longform Questionaires": Validität<br />
und Auswertungsgrundlagen der SASB Fragebogenmethode. SASB - Die Strukturale Analyse Sozialen<br />
Verhaltens. Ein Arbeitsbuch <strong>für</strong> Forschung, Praxis und Weiterbildung in der Psychotherapie. W. Tress.<br />
Heidelberg: Asanger: 123 - 155.<br />
Tscheulin, D. (2001). MakeMapsWin-Version 2 - Software zur SASB-Fragebogen-Methode nach Benjamin in<br />
deutscher Fassung. Programmed by Harms-Soft and Distributed by CIP-Medien, München. (Copyright:<br />
Tscheulin, <strong>Würzburg</strong>, and University of Utah; Support: www.harms-soft.de)<br />
Tscheulin, D. & Harms, R. (2002). Das Programm MakeMapsWin; Ergänzung zu dem Artikel von Tscheulin &<br />
Glossner (1993) über die Auswertungsgrundlagen der SASB-Fragebogenmethode. In Tress, W. (Hrsg.), SASB -<br />
Die Strukturale Analyse Sozialen Verhaltens - Ein Arbeitsbuch (2. Aufl.). München: CIP-Medien.<br />
7. Abkürzungsverzeichnis<br />
M<br />
Mittelwert<br />
N<br />
Anzahl Probanden (Gesamtstichprobe)<br />
n<br />
Anzahl Probanden (Teilstichprobe)<br />
p<br />
Wahrscheinlichkeit des α-Fehlers<br />
Q-Sort<br />
Q-Sortierungsmethode (Fragebogen)<br />
r<br />
Korrelationsindex (Pearson-Korrelation)<br />
R² Bestimmtheitsmaß (Anteil aufgeklärter Varianz)<br />
SASB<br />
Strukturale Analyse Sozialen Beziehungsverhaltens (Fragebogen)<br />
SD<br />
Standardabweichung (standard deviation)<br />
8.Anhang<br />
- Original einer verwendeten Testmappe<br />
- Ausdruck der Datenmatrix aus SPSS<br />
- CD mit allen Daten, Berechnungen und Text<br />
- Materialien zur Diplomarbeit zum Q-Sort Projekt von W. Schäflein<br />
10