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Teil I: Motivation

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Allgemeine Psychologie II<br />

Zusammenfassung der Vorlesung von Prof. Andreas Eder<br />

Von Helge Hasselmann


<strong>Teil</strong> I: <strong>Motivation</strong><br />

<strong>Motivation</strong> wird aufgefasst als Ergebnis einer Wechselwirkung zwischen Person und Situation<br />

Allgemein keine einheitliche Definition von <strong>Motivation</strong>:<br />

- Heckhausen: <strong>Motivation</strong> ist ein Prozeß, der zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten<br />

auswählt, das Handeln steuert, auf die Erreichung motiv-spezifischer Zustände richtet und auf<br />

dem Weg dahin in Gang hält<br />

- Mook: Diejenigen Prozeße, die zielgerichtetes Verhalten auslösen und aufrechterhalten<br />

<strong>Motivation</strong>spsychologie soll ergebnisorientiertes, zielgerichtetes Verhalten (=Handeln) erklären. Dabei<br />

existieren 4 Dimensionen der Handlung:<br />

1. Richtung (Wahl)<br />

2. Intensität (Anstrengung)<br />

3. Beginn und Ende (Latenz)<br />

4. Dauer (Persistenz)<br />

� Von besonderem Interesse ist dabei normabweichendes Verhalten<br />

Dabei gibt es zwei Vorgehensweisen:<br />

1. Im Alltag: Verstehen => Gründe und Überzeugungen<br />

Die acht Grundprobleme der<br />

<strong>Motivation</strong>spsychologie


Beschreibt Zielgerichtetheit von Verhalten (Person X ist böse), hat allerdings keinen hohen<br />

Erklärungswert und ist in der Definition zirkulär<br />

2. Wissenschaft: Erklären => Ursache und Effekt => Ziel ist Vorhersage<br />

- <strong>Motivation</strong> als hypothetisches Konstrukt<br />

- Beschränkung auf wenige grundlegende Motive (Äquivalenzhypothese) => die besagt, dass der<br />

beobachtete Werte dem wahren Wert entspricht<br />

- Unabhängige Erfassung von Motiven und zu erklärendem Verhalten<br />

- Empirische Überprüfung in experimenteller Form, z.B.<br />

o UV: Direkte Manipulation der Vermittlungsprozeße<br />

o AV: kognitive und affektive Begleitprozeße<br />

Rahmenmodell der <strong>Motivation</strong><br />

Grundlegende Begriffe:<br />

1. Motiv: - sehr subjektives Bedeutungsmuster der Umwelt<br />

o Zeitlich stabile Bewertungsdisposition (z.B. Streben nach Erfolg)<br />

o Inhaltsklasse von Handlungszielen: Macht, Anschluss, Leistung<br />

o Anregung durch passende situative Hinweise (Anreiz)<br />

2. Bedürfnis<br />

o Mangelzustände und Wachstumsorientierung<br />

o Physiologische (Hunger), psychologische (Autonomie) und soziale Bedürfnisse<br />

(Macht/Anschluss)<br />

3. Trieb: veraltetes Konzept, meint: unspezifische Anspannung, dessen Reduktion als befriedigend und<br />

lustvoll erlebt wird<br />

4. Ziel: Anstreben einer positiv bewerteten Umweltveränderung (Endzustand) durch einen<br />

Verhaltensakt (Mittel)<br />

Ziele sind hierarchisch gegliedert<br />

5. Anreiz: subjektiver Wert eines Objektes oder einer Situation, bestimmt durch Bedürfnisse


Vergleich Ziel und Motiv:<br />

o Affektive Reaktion auf bedürfnisrelevante Reize (Brot ist für Hungrige wichtiger als für<br />

Satte)<br />

o Tätigkeitsanreize (intrinsisch) und Ergebnisanreize (extrinsisch)<br />

- Motive sind nur handlungsleitend, wenn sie aktiviert werden (also ist die <strong>Motivation</strong><br />

handlungsleitend); Ziele sind immer handlungsleitend<br />

- Motive können bewußt/ unbewußt sein; Ziele sind immer bewußt<br />

- Motive sind abstrakt und spezifizieren kein Verhalten; Ziele schon („x tun“)<br />

Konzeptuelle Probleme:<br />

1. Terminologische Verwirrung: Abgrenzung von Trieben etc.<br />

2. Motivklassifikation: Anzahl von Motiven?<br />

3. Richtiger Abstraktionsgrad: Welche Hierarchiestufe?<br />

4. Zirkularität: Motive werden aus Verhalten erschlossen. Motive erklären verhalten<br />

Allgemeine Verhaltensprinzipien:<br />

1. Hedonismus: Streben nach Lust und Vermeiden von Unlust => pos. Affektbilanz/ Selbstregulation<br />

möglich (z.B. Zahnarzt)<br />

2. Homöostase: Gleichgewicht soll aufrechterhalten werden<br />

Druck: Mensch ist passiv Bedürfnissen<br />

unterworfen, die ihn von innen her<br />

antreiben<br />

Zug: Verhalten wird nicht nur durch<br />

inneren Druck ausgelöst, sondern Mensch<br />

entscheidet selber aktiv


Motivmessung<br />

1. Explizite Motive: Selbsteinschätzung, bewußtes Wissen über Motive<br />

=> Selbstbericht, Fragebogen (z.B. PRF = Personality Research Form)<br />

2. Implizite Motive: Projektive Tests (Rorschach, TAT) => Motivabhängige Deutung von mehrdeutigen<br />

Reizen<br />

Einschub: der TAT<br />

Pbn sollen Geschichten zu mehreren Bildtafeln erzählen. Am Ende wird dann anhand der Geschichte (z.B.<br />

des Protagonisten) auf die Psyche des Pb geschlossen. Problem: Geringe Auswertungsobjektivität,<br />

Reliabilität und Validität<br />

Das Multi-Motiv-Gitter: ist ein semiprojektives Verfahren, bei dem mehrdeutige Bilder durch vorgegebene<br />

Statements bewertet werden müssen<br />

Vorteil:<br />

- hohe Retestreliabilität<br />

- Keine Verfälschung durch soziale Erwünschtheit<br />

Ergebnisse zu den verschiedenen Messungen:<br />

- Kaum Korrelation zwischen PRF und MMG => Beide messen also unterschiedliche Motivanteile<br />

- PFR korreliert mit realem und idealem Selbstbild, verzerrt also die Selbstanalyse (MMG<br />

zuverlässiger)<br />

Neuroanatomie<br />

- Dopamin: appetitive <strong>Motivation</strong><br />

- Serotonin: aversive <strong>Motivation</strong><br />

- Noradrenalin: Aktivation und Wachheit<br />

- Endorphin: Glücksgefühl, Schmerzunempfindlichkeit<br />

- 3 annäherungsbezogene Strukturen<br />

o Hypothalamus<br />

o Mediales Vorderhirnbüdel<br />

o Orbitofrontaler Cortex<br />

- 2 vermeidungsbezogene Strukturen<br />

Erregung kommt von der Formatio<br />

reticularis


o Amygdala<br />

o Hippocampus<br />

Das Belohnungssystem: mesolimbisches, dopaminerges System<br />

� Aufsuchende <strong>Motivation</strong> und Belohnung<br />

� Experiment von Milner & Olds: gibt man Ratten die Möglichkeit, sich per Hebeldruck im<br />

Belohnungssystem elektrisch zu stimulieren, tun sie das bis zur Erschöpfung ( > 6000 pro Stunde)<br />

=> nicht nur Triebreduktion verantwortlich für Verhalten<br />

� Drogenkonsum erhöht, Abstinenz senkt Dopaminkonzentration<br />

� Dopmainausschüttung am höchsten bei: Antizipation einer Belohnung, unerwarteter Belohnung<br />

und wenn Belohnung besser/höher als erwartet<br />

Testosteron höher wenn: Singe, Fremdgeher, Wettbewerb mit Männern, Dominanzstreben, Risikosuche<br />

<strong>Teil</strong> II: Triebtheorien, <strong>Motivation</strong> als Kraft<br />

1. Triebe: angeboren, universell, evolutionär<br />

2. Instinkte bzw. instinktives Verhalten: bspw. Das Stichling-Männchen<br />

- Automatisch (reflexhaft), unkontrollierbar und durch Schlüsselreize ausgelöst<br />

- Angeboren, nicht modifizierbar und biologisch gereift<br />

- Schlüsselreize => AAM (angeborener Auslösemechanismus) => Instinkthandlung<br />

Probleme:<br />

1. schier unendlich viele Instinkte können genannt werden (Bernard: 14.000!) => z.B. „Trieb, am Tag<br />

keinen Apfel zu essen“ => keinen Erklärungswert<br />

2. Fast jedes menschliche Verhalten ist modifizierbar, z.B. Hunger durch Anorexia oder Sexualität<br />

durchs Zölibat<br />

3. Selbst einfache Verhaltensweisen wie Aufsuchen von Essen und Trinken sind lernabhängig<br />

Exp von Changizi, McGehee und Hall (2002) zeigte:: Appetenzverhalten bei Dehydration und<br />

Nahrungsdeprivation ist gelernt! Rattenbabies müssen erst lernen, zu trinken, wenn sie durstig<br />

sind. In dem Versuch haben die also ganz junge Ratten genommen, diese durch Injektion dehydriert. Dann<br />

haben sie den Ratten die im Versuch als "experienced" bezeichnet sind, Wasser in den Mund gespritzt. Die<br />

wissen also, das Wasser die Dehydratation wieder ausgleicht. Die unerfahrenen Ratten werden nur<br />

dehydriert, machen aber die Lernerfahrung nicht. In der Testphase zeigt sich somit, das die dehydrierten<br />

"erfahrenen" Ratten sich signifikant länger in der Box mit Wasser aufhalten als die nicht-dehydrierten<br />

"erfahrenen". Bei der "unerfahrenen" Gruppe halten sich die Ratten gleich lang in der Wasserbox auf, egal<br />

ob dehydriert oder nicht - die Box ist also nichts besonders für wenn sie dehydriert sind (also sie erkennen<br />

den Zweck nicht). Also nur wenn die Ratte weiß, das Trinken ihren Durst löscht, dann wird sie auch trinken.<br />

Triebe: allgemeine, unspezifische Quelle der Verhaltensenergetisierung<br />

� <strong>Motivation</strong> als Energie, kein Verhalten ohne Aktivierung<br />

� Druckvariable, die Verhalten von Innen „anschiebt“<br />

� Zustand der unangenehmen Anspannung: Reduktionshypothese<br />

Freuds Dampfkesselmodell: unangenehme Triebenergie staut sich mit der Zeit an und verlangt nach<br />

Entladung. Dazu gibt es vier Möglichkeiten<br />

1. Primärprozeß: direkte Befriedigungsorientierung von Verhalten und Denken


2. Sekundärprozeß: Aufschub, Planen, Ersatzhandlung (Realitätsprinzip, vermittelt durch Ich)<br />

3. Abwehrmechanismen<br />

4. Katharsishypothese<br />

Empirie zu Freud:<br />

- Hauptsächlich anekdotische Evidenz (Anna O., Fehlleistungen, Traumdeutungen)<br />

- Verdrängung bzw. Wahrnehmungsabwehr<br />

- Aggressionsabbau nach der Katharishypothese<br />

Wahrnehmungsabwehr (z.B. McGinnies 1949): Latenzzeit, die Pbn zur Erkennung von Tabu- vs.<br />

Alltagswörtern brauchen, höher<br />

Kritik an der Theorie der Wahrnehmungsabwehr hat diese widerlegt:<br />

- Antwortschwelle: eher Antwort als Wahrnehmung wird verzögert (vielleicht aus Scham)<br />

- Worthäufigkeit: Tabuwörter seltener und deswegen höhere Latenz?<br />

- Wahrnehmungsparadox: Wie kann man etwas abwehren, bevor man es wahrgenommen hat?<br />

- Methodik: Zweifel an Zuverlässigkeit der Befunden, z.B. wg. Hypnose<br />

� Befunde deuten eher in die entgegengesetzte Richtung<br />

1. Negativitätsbias: bedrohliche Reize werden stärker beachtet (vgl. Phobiker)<br />

2. Relevanzbias: erhöhte Sensitivität für bedürfnisrelevante Reize<br />

Katharsishypothese: widerlegt bzw. gegenteilige Auswirkung auf Verhalten<br />

Bushman, Baumeister & Stack: Personen lesen Artikel pro oder contra Katharsis. Dann wird Ärger induziert<br />

und die Pbn gebeten zu schätzen, wie attraktiv sie das Einschlagen auf einen Sandsack finden. (erhöht bei<br />

den Pro-Katharsis). In einer zweiten Studie wird dann diese Aggression entweder ausgelebt oder nicht und<br />

danach die Aggression gegenüber einer dritten Person gemessen: Erhöht beim Ausleben!!<br />

Hulls <strong>Motivation</strong>stheorie: Verbindung von Lerntheorie und <strong>Motivation</strong><br />

- Trieb: unspezifische Antriebsquelle von Verhalten, Konzept von mehreren Trieben abgeschafft<br />

o Defizitmotivation: unbefriedigte Bedürfnisse, ohne Defizitmotivation kein Verhalten<br />

o Trieb: motivationale Komponente physiologischer Bedürfnisse , ohne Trieb kein Verhalten<br />

o Sekundäre Triebe: erlernt, z.B. konditionierte Furcht<br />

- Triebreduktion verstärkt Verhalten => ohne Verstärkung kein Lernen!<br />

- Richtung des Verhaltens wird durch gelernte Verhaltensweisen/Verhaltensgewohnheit (habits)<br />

festgelegt (das dominante Verhalten wird gezeigt) => Trieb gibt nur Energie<br />

- Habit: hierarchische Verstärkungsgeschichte eines Verhaltens in einer Situation<br />

- Gezeigt wird immer nur das Verhalten, das in der Vergangenheit am häufigsten verstärkt wurde<br />

- Verhalten wird durch ein multiplikatives Modell erklärt


Empirisch geprüfte Ableitungen:<br />

- Verhaltensstärke steigt monoton mit D bzw. H (Perin & Williams, Columbia Obstruciton Box)<br />

- Wenn H=0 und D=0, dann kein Reaktionspotenzial (Columbia Obstruction Box)<br />

Evidenz für Hulls 1. Konzeption<br />

Columbia Obstruction Box (Warden, Jenkins & Warner): Ratte ist in Käfig, wobei ihr gegenüber<br />

Futterboxen sind. Um zu diesen Boxen zu gelangen, muss die Ratte allerdings ein Elektrogitter überqueren,<br />

das ihr jedes Mal einen unangenehmen Elektroschock verpasst. Mit zunehmender Nahrungsdeprivation<br />

steigt die Anzahl der Überquerungen, ergo: Trieb nimmt zu => Anzahl der Gitterüberquerungen steigt mit<br />

Entzugsdauer (methodisches Problem: Anreiz nicht kontrolliert)<br />

Triebenergie unspezifisch?<br />

Hulls 1. Konzeption<br />

Anreiz beispielweise manipulierbar durch<br />

Variation der Futtermenge/ -qualität<br />

Spences Modell: E= (d+k)*h<br />

� Triebe nicht mehr notwendig


Einwände:<br />

- Nichtlinearer Zusammenhang zwischen Erregung und Leistung!<br />

- Braucht man das Triebkonzept überhaupt noch? Erklärung über bedürfnissensitive Anreizwerte<br />

- Woher wissen Tiere, wo sich welche Belohnungen befinden?<br />

o Kognitive Erklärung: Erwartung<br />

o Lerntheorie: fragementarische antizipatorische Zielreaktionen<br />

- Spontaner Reaktionswechsel: Tier wählt zuvor nicht verstärkte Reaktion<br />

- Einwände gegen belohnende Trieberregungsabfuhr<br />

o Spontanes Explorationsverhalten und Risikosuche (Neugier)<br />

o Aversion gegen zu geringe Stimulation (Reizentzug)<br />

o Intrakranielle Selbststimulation<br />

o Experimentelle Befunde, s.u.<br />

o AKtivationstheorie: optimales Erregungsniveau statt Triebreduktion (Berlyne)<br />

Sheffield, Wulff & Baker (1951): Männliche Ratten (die bisher noch nicht kopuliert hatten) lernten eine<br />

instrumentelle Reaktion, um mit einem läufigen Weibchen zu kopulieren (Laufen zur Kammer), obwohl der<br />

Kopulationsvorgang vor dem Orgasmus unterbrochen wurde. AV: Laufgeschwindigkeit zurück zur Kammer<br />

<strong>Teil</strong> III <strong>Motivation</strong> als Ergebnis von Verstärkung<br />

1. Klassisches Konditionieren (S-R-Lernen) : Stimulus -> Blackbox -> Response<br />

US -> UR; CS + US -> UR; CS -> CR<br />

Allerdings: Verhaltensaktivierung stärker<br />

bei passender Triebquelle<br />

Versuch ist von Merryman (1952)<br />

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass nicht<br />

die Triebreduktion, sondern<br />

Triebsteigerung belohnend wirkt =><br />

Ratten aus der Exp.-Gruppe lernen<br />

schneller


2. Operantes Konditionieren: z.B. Skinners Rate<br />

Praktische Anwendung: Die Skinner-Box<br />

Strafe und Belohnung:<br />

- Verstärkung: jedes Ereignis, das die Auftretenswahrscheinlichkeit erhöht<br />

- Bestrafung: jedes Ereignis, das die Auftretenswahrscheinlichkeit senkt<br />

Verstärker können entweder angeboren bzw. primär (z.B. Futter, Wasser) oder konditioniert bzw.<br />

sekundär (Geld, Lob…) sein<br />

Verstärker können unterschiedlich effektiv sein, je nach Bedürfnis. Allgemein gilt: Eine sofortige Belohnung<br />

ist wirksamer als eine aufgeschobene!<br />

Einschub: Kontingenz und Kontiguität<br />

Die Ratte bekommt über Hinweisreiz<br />

angezeigt, ob sie einen Hebel drücken soll,<br />

oder nicht. Bei korrekter Verhaltensweise<br />

gibt’s Futter, sonst Elektroschock. Durch<br />

operante Konditionierung kann die<br />

Auftretenswahscheinlichkeit von positivem<br />

Verhalten erhöht und die von neg.<br />

Verhalten gesenkt werden<br />

1. Kontiguität: gemeinsames Auftreten von Reaktion und Ereignis, räumliche und zeitliche Nähe<br />

P(Ereignis| Reaktion) > 0 // also wenn Reaktion, dann Ereignis<br />

Basiert auf dem sogenannten „Law of Effect“:<br />

- Lernen am Erfolg: wie in der Katzenbox<br />

1. Versuch und Irrtum, zufälliges<br />

Verhalten führt zu positiver<br />

Konsequenz<br />

2. Zufälliger Erfolg führt zu einer<br />

Verstärkung des ausgeführten<br />

Verhaltens<br />

- Gradueller Aufbau einer Assoziation zw.<br />

Ausgangssituation (S) und Aktion<br />

- Assoziation zwischen Aktion (R) und<br />

Effekt (Outcome)<br />

- Verhalten mit positiven Folgen tritt<br />

häufiger, jenes mit negativen Folgen<br />

seltener auf


2. Kontingenz: regelhaftes Auftreten (wenn-dann und nur-dann Beziehung)<br />

P(Ereignis| Reaktion) ungleich P(Ereignis | keine Reaktion)<br />

� Wenn Reaktion, dann Ereignis und wenn keine Reaktion, dann auch kein Ereignis!<br />

� Kontingenz ist notwendig für operantes Lernen, Kontiguität alleine nicht hinreichend<br />

Token-Systeme: Künstliche Währung für Eintausch gegen Belohnung<br />

- Vorteile: - Eintausch gegen individuell wirksame Verstärker<br />

� Leiche und kontrollierte Verabreichung<br />

� Keine Unterbrechung durch Konsum<br />

� Keine Sättigung<br />

- Nachteile: - Stereotypes Verhalten<br />

� Geringe Generalisierung (Knast vs. Realität)<br />

� Ethische Probleme<br />

� Korrumpierungseffekte<br />

Premack-Prinzip: Tritt eine Verhaltensweise spontan häufiger auf als eine andere, kann durch kontingenten<br />

Einsatz das häufigere Verhalten als Verstärker für das andere dienen. So ist z.B. das Verhalten "Auf den<br />

Spielplatz gehen" (hohe Präferenz zum Zeitpunkt X) als Verstärker geeignet für "Hausaufgaben machen"<br />

(niedrige Präferenz zum Zeitpunkt X)<br />

Korrumpierungseffekt: auch Effekt der übermäßigen Rechtfertigung. Durch externe Belohnung erlischt<br />

intrinsische <strong>Motivation</strong>. Wenn z.B. ein Kind gerne Matheaufgaben löst, man ihm dafür aber immer<br />

Süßigkeiten gibt, wird es irgendwann denken, dass es die Aufgaben nur wegen Schoki löst.<br />

Tritt nur auf, wenn:<br />

- Intrinsische Tätigkeitsmotivation hoch ist<br />

- Eine Belohnung erwartet wird<br />

- Die Belohnung greifbar ist (z.B. Geld)<br />

� Keine Korrumpierung bei abstrakten Belohnungen, wie z.B. Aufmerksamkeit, und die Belohnung<br />

in einem losen Zusammenhang mit der Leistung steht<br />

- Also: Belohnung alleine unterminiert nicht intrinsische <strong>Motivation</strong>, vielmehr kommt es auf die<br />

Rahmenbedingungen an!<br />

Löschung: wird Verhalten nicht mehr verstärkt, sinkt die Reaktionsrate bzw. Auftretenswahrscheinlichkeit<br />

� Ignorierte man bspw. weinende Kinder, hören diese nach einiger Zeit auf damit (weil<br />

Aufmerksamkeit hier als Verstärker gewirkt hat, der nun wegfällt)<br />

� Allerdings wird das Verhalten nach einmaliger Verstärkung wieder hergestellt (reinstatement)<br />

o Löschung bedeutet also nicht, dass sich die Assoziation auflöst!<br />

Bestrafung: von körperlicher Bestrafung sollte allgemein abgesehen werden. Wichtige Faktoren sind<br />

Intensität (je höher, desto wirksamer) und zeitliche Nähe (je kontingenter, desto wirksamer)


Erlernte Hilflosigkeit<br />

Experiment: In der Vorphase des klassischen Experiments erhielten Hunde, die sich in einer Art<br />

Aufhängung befanden, Stromstöße an die Pfoten. Diesen Stromstößen konnten die Hunde nicht<br />

ausweichen („yoked design“). Kontrollhunde hingegen konnte per Schnauzendruck auf eine Platte vor<br />

ihnen die Elektroschocks abstellen. Anschließend wurden die Tiere in eine Box gesetzt, die in zwei <strong>Teil</strong>e<br />

aufgeteilt war und durch eine kleine Barriere getrennt waren (sogenannte “shuttle box”). In der einen<br />

Hälfte erhielten die Hunde wieder Stromstöße, in der anderen jedoch nicht. Die Tiere konnten den<br />

Stromstößen also entkommen, wenn sie von einem <strong>Teil</strong> ins andere wechselten. Es zeigte sich aber, daß<br />

viele Hunde diese Fluchtmöglichkeit nicht nutzten, sondern sich stattdessen in dem <strong>Teil</strong>, in dem sie<br />

Stromschläge erhielten, niederkauerten und winselten. Tiere, die in der Vorphase keine Stromstöße an die<br />

Pfoten erhalten hatten, wechselten dagegen von einem <strong>Teil</strong> ins andere. Den Zustand derjenigen Tiere, die<br />

nicht flüchteten, bezeichnete Seligman als gelernte Hilflosigkeit.<br />

� Die Unkontrollierbarkeit von negativen Ereignissen untergräbt die <strong>Motivation</strong> für die Ausführung<br />

einer Reaktion. Erklärungsmodell für reaktive Depressionen<br />

Erklärungsversuche:<br />

1. Lerntheorie<br />

- Hund lernt, dass sein Verhalten keinen Einfluss auf den Schock hat<br />

P (Schock| Reaktion) = P(Schock| keine Reaktion)<br />

- Generalisierung dieser Lernerfahrung auf ähnliche und neue Situationen<br />

- Die Lernerfahrung, dass Reaktion und Ereignis voneinander unabhängig sind, ist wichtig!<br />

2. Kognitive Erklärung: pessimistischer Attributionsstil, Kausalattribution & Kontrollüberzeugung<br />

- Jemand nimmt scheinbar unkontrollierbare Situationen wahr<br />

- Er entwickelt die Überzeugung, dass solche Situationen nicht kontrollierbar sind<br />

- Er führt die mangelnde Kontrollierbarkeit auf zeitliche stabile Eigenschaften der eigenen<br />

Person zurück und verallgemeinert seine Überzeugung auf alle Situationen (internale, stabile<br />

und globale Attribution)<br />

� Glaubt nicht, irgendwelche positiven Veränderung verursachen zu können


Allgemeine Definitionen<br />

<strong>Teil</strong> IV: <strong>Motivation</strong> als Spannungszustand und die Feldtheorie<br />

- Feldtheorie ist eine dynamische Theorie: Verhalten und Erleben als Resultate der verschiedenen<br />

zu einem Zeitpunkt wirksamen Umwelt- und Personenkräfte<br />

- Verhalten (V) als Funktion von Merkmalen der Person (P) und der subjektiven, psychologisch<br />

erlebten Umwelt (U) => V = f(P,U)<br />

� <strong>Motivation</strong> ist eine Wechselwirkung aus Bedürfnis (Person) und Anreiz (Umwelt)<br />

- Lebensraum: aktuelle, subjektive Wahrnehmung der inneren und äußeren Situation einer<br />

Person (psychologische Realität)<br />

- Feld: Gesamtheit der inneren und äußeren Kräfte, die aktuell auf die Person einwirken<br />

- Personenmodell (P): innere Spannungen und Energien<br />

- Umweltmodell (U): Kräfte und zielgerichtetes Verhalten (Lokomotion)<br />

- Fremde Hülle: Objektive Gegebenheiten, die momentan psychisch nicht repräsentiert sind<br />

Das Personenmodell: Strukturelle Komponenten<br />

1. Bereiche einer Person entsprechen Bedürfnissen bzw. Motiven (=biologisch) und Quasibedürfnisse<br />

(Ziele und Intentionen)<br />

2. Lage von Bereichen: Je zentraler, desto bedeutsamer (innerpersonal: zentral und peripher)<br />

3. Nachbarschaft von Bereichen: je näher, desto ähnlicher das Bedürfnis<br />

4. Grenzwände sind durchlässig: Substitution und Ersatzhandlungen (z.B. Brief schreiben wenn<br />

Bedürfnis nach Kontakt)<br />

5. Aktivierung eines Bedürfnisses erzeugt Spannung<br />

Das Personenmodell: Dynamische Komponente = die Spannung<br />

1. Spannung: Gespannte Systeme innerhalb einer Person, die auf Spannungsausgleich drängen<br />

a. Ausgleich über Zugang zur sensumotorischen Zone: Handeln<br />

b. Ausgleich über Diffusion zu Nachbarbereichen: Ersatzhandlungen<br />

2. Spannung besteht so lange, bis das Bedürfnis befriedigt bzw. das Ziel erfüllt ist<br />

3. Einfluss auf Handeln: Aktivierung zielbezogener Verhaltensweisen


4. Einfluss auf Wahrnehmung: Aufforderungscharakter von Dingen, die zur Bedürfnisbefriedigung<br />

taugen<br />

5. Einfluss auf Gedächtnis: erhöhte Zugänglichkeit für zielbezogene Inhalte<br />

Empirische Untersuchungen<br />

1. Wiederaufnahme unterbrochener Handlungen (im Versuch 79 – 100%)<br />

Ovsiankina: deutliche Tendenz, eine unterbrochene Handlung wieder aufzunehmen, wenn das<br />

Handlungsziel vorher noch nicht erreicht wurde (Wiederaufnahmeeffekt)<br />

1) Unterbrechung durch andere Aufgabe: WAT 79%<br />

2) Unterbrechung durch Zufall: WAT 100%<br />

3) Wiederaufnahme selbst wenn: betont wurde, dass Aufgabe unwichtig; die Wiederaufnahme<br />

explizit untersagt wurde; die Aufgabe außer Sichtweite gerückt wurde<br />

� Lewin: Unterbrochene Aufgabe = Zustand eines gespannten Systems<br />

� unterbrochene Aufgabe löst auch ohne Anreizwert ein "Quasi-Bedürfnis" aus, die Aufgabe<br />

wieder aufzunehmen. Abhängig von: Unterbrechungsdauer (je länger, desto geringer),<br />

Unterbrechungszeitpunkt (je näher am Ziel, desto höher), Aufgabenart (je klarer, desto höher)<br />

und innerer Einstellung (je ehrgeiziger, desto höher) => auch bei negativ valenten Aufgaben<br />

2. reduzierte Wiederaufnahme nach Ersatzhandlung: Wiederaufnahmerate sinkt, wenn die<br />

Störhandlung das Bedürfnis stellvertretend befriedigt (Kriterien: Schwierigkeit, Valenz,<br />

Realitätsgrad und Ähnlichkeit)<br />

3. Erinnern unerledigter Aufgaben: Zeigarnik-Effekt<br />

= Unerledigte Handlungen bleiben besser im Gedächtnis haften als erledigte Handlungen! (wobei<br />

die subjektiv wahrgenommene Aufgabenerledigung entscheidend ist, Marrow 1938)<br />

� Marrow 1938: sagte Pbn, dass Unterbrechung gute Leistung bedeute, während Erlaubnis<br />

weiterzuarbeiten auf schlechte Leistung hindeute: umgekehrter Zeigarnik-Effekt!<br />

� Zeigarnik-Quotient bei 2:1<br />

� Wird mit der Zeit kleiner!<br />

� Häufiger Einsatz bei Film (Cliffhanger-Effekt) oder Werbung<br />

� Genauso „Rumination“ (Martin & Tesser): erhöhtes Nachgrübeln nach traumatischen Ereignissen,<br />

weil immer noch eine Restspannung vorhanden<br />

4. Erhöhte Aufmerksamkeit auf bedürfnisrelevante Reize = Wahrnehmungsstrukturierung


Umweltmodell: Strukturelle Komponente<br />

= Bereiche: psychologische bzw. kognitive Gliederung der Umwelt in Handlungsmöglichkeiten<br />

(Wege zu einem Ziel, Mittel-Zweck-Relationen, Konsummation)<br />

- Grenzen zwischen Bereichen entsprechen (unterschiedlich starken) Hindernissen auf dem Weg<br />

zum Ziel (<strong>Teil</strong>ziele müssen erreicht werden)<br />

- Umwelt als hodologischer Raum (hodos = Pfad)<br />

Umweltmodell: Dynamische Elemente<br />

Die verschiedenen Bereiche dieses<br />

Konstrukts stellen Aktivitäten bzw.<br />

<strong>Teil</strong>handlungen dar, die vom Ausgangs-<br />

zum Zielzustand führen. Grenzwände<br />

entsprechen zu überwindenden<br />

Hindernissen<br />

1. Valenz<br />

- Zielbereiche der Umwelt erhalten durch Spannung korrespondierender Personenbereiche<br />

positive oder negative Valenz<br />

- Stärke der Valenz Funktion aus Bedürfnisspannung (s) und intrinsischer Eigenschaft des<br />

Zielobjektes Z => Va= f(s,Z); Je mehr Hunger und je geeigneter Das Merkmal des Zielobjektes<br />

(Pizza), desto höher seine Valenz (korrespondierende Objekte bekommen pos. Valenz ebenfs.)<br />

- Je intensiver das Bedürfnis und je zweckdienlicher die Eigenschaften für die<br />

Bedürfnisbefriedigung, desto stärker die Valenz<br />

- Valenz (Zielbereich) wird zum Zentrum eines Kräftefeldes<br />

2. Kraft<br />

- Kraft zieht bei Objekten mit pos. Valenz und bei Objekten mit neg. Valenz stößt sie ab<br />

- Entspricht dem Quotienten von Valenz (Va) und Distanz zum Ziel (d)<br />

- Je näher an einem positiven Objekt, desto stärker Anziehungskraft. Und je näher an einem neg.<br />

Objekt, desto stärker die abstoßende Kraft (Annäherungs- und Vermeidungsgradient)<br />

- Kraft bestimmt Stärke (Betrag) und Richtung (Vorzeichen) der psychologischen Lokomotion<br />

einer Person<br />

Konflikte treten auf bei Gleichgewicht zw. anziehenden und abstoßenden Kräften<br />

� Immobilität bzw. schnell wechselndes, widersprüchliches Verhalten; mögliche Lösung: „Aus dem<br />

Feld gehen“<br />

Wein oder Bier?<br />

Pest oder Cholera?<br />

Columbia Obstruction Box<br />

Einschub: 1944 veröffentlichte Miller eine Arbeit, in der er erste Überlegungen zu dem sogenannten<br />

Gradientenmodell des Konfliktes beschrieb. Dieses Modell geht davon aus, daß psychische Konflikte bei


einem Individuum durch sich widersprechende Verhaltenstendenzen zustande kommen. Miller geht davon<br />

aus, daß die Tendenz zur Annäherung an ein appetitives Objekt umso größer ist, je näher sich das<br />

Individuum bei ihm befindet. Genauso sei die Tendenz zur Entfernung von einem aversiven Objekt umso<br />

größer, je näher ihm das Individuum ist. Beide Tendenzen sollen durch sogenannte Annäherungs- bzw.<br />

Vermeidungsgradienten darstellbar sein. Die Stärke der Gradienten sei vom Triebniveau (siehe die mittlere<br />

Phase der systematischen Verhaltenstheorie von Hull) abhängig. Entscheidend für Millers Modell ist, daß<br />

der Vermeidungsgradient eine größere Steigung als der Annäherungsgradient habe, so daß bei größerer<br />

Entfernung von einem ambivalenten Objekt das Individuum auf dieses Objekt zustrebe, um dann an dem<br />

Punkt stehen zu bleiben, der durch die gleiche Stärke beider Gradienten gekennzeichnet ist. Dies<br />

kennzeichne einen Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt.<br />

Zielgradienten (Brown, 1948): Untersuchung der Stärke der Aufsuchen - Meiden - Tendenz in Abhängigkeit<br />

von der Nähe zum Ziel<br />

Versuchsaufbau: Vier Gruppen von N=74 Ratten wurden mit Futter als Verstärker darauf trainiert, in einem<br />

Laufgang (hier konnte man an verschiedenen Punkten die Zugstärke der angeschirrten Ratten mittels Feder<br />

registrieren) rasch zum Ziel durchzulaufen. Darauf:<br />

� Gruppe1 - stark Futter-depriviert (46 h) --> starke Aufsuchen-Tendenz<br />

� Gruppe 3 - starker elektrischer Schlag am Ziel --> starke Meiden-Tendenz<br />

� Gruppe 2 = geringe Futterdeprivation, Gruppe 4 = schwacher elektr. Schlag<br />

Die Zugstärke der Ratten wurde hin bzw. weg vom Ziel in 30 und 170 cm Entfernung gemessen.<br />

� Ergebnisse: der Gruppen 1 und 3<br />

1. Mit zunehmender Annäherung an das Ziel stieg die Zugstärke in beiden Gruppen<br />

2. Der Meiden-Gradient (Anstieg) der Gruppe 3 war steiler als der Aufsuchen-Gradient der Gruppe 1<br />

3. in den Gruppen 2 und 4 fielen die Zugstärken geringer aus<br />

Entfernung und <strong>Motivation</strong>:<br />

- Time discouting: Anreiz weniger wert, wenn verzögert eintritt<br />

- Versuchsaufgabe: Konkurrenz zw. sofortiger geringer (SS: smaller, sooner) Belohnung und<br />

späterer höherer Belohnung (LL: later, larger) => „delay of gratification“ (Mischel)<br />

- Preference Reversal: Bevorzugung von LL, solange beide Reize noch relativ weit entfernt sind,<br />

aber Bevorzugung von SS, sobald dieser in kritische Nähe gerückt ist<br />

� Erklärung: hyperbolic Discounting


Rachlin & Green: 1972<br />

Choice X: grün ( 2 Futterpillen nach 2 Sekunden) vs rot (4 Futterpillen nach 4 Sekunden)<br />

� Tauben präferieren grün<br />

2. Experiment: Selber Aufbau, aber Entscheidung muss eher getroffen werden (Choice Y),<br />

blau = 1 Sekunde später sind Tauben am Punkt Choice X vs. gelb = Später nur Option der<br />

roten Taste<br />

=> Tauben wählen gelbe Taste, weil Versuchung nicht da!<br />

<strong>Teil</strong> V : <strong>Motivation</strong> als Ergebnis rationaler Kalkulation<br />

Latentes Lernen: zeigt die Probleme des Konditionierens gut auf und trennt zwischen <strong>Motivation</strong> und<br />

Lernen<br />

Weil hier Lernen ohne Bekräftigung<br />

stattgefunden hat, kann Bekräftigung also<br />

kein hinreichender Faktor für Lernen sein!<br />

Es kann also latent bleiben, sich nicht<br />

direkt im Verhalten niederschlagen. Das<br />

Verhalten erklärt sich aus der Interaktion<br />

von zwei kognitiven intervenierenden<br />

Variablen: Erwartung und Wert!


Erwartungs-Mal-Wert-Modell<br />

- Erwartung: subjektive Eintretenswahrscheinlichkeit<br />

- Wert: subjektiver Anreiz<br />

� Erwartungs-Mal-Wert-Theorie: Handlungsmotivation ergibt sich aus dem Produkt von Wert der<br />

Handlungsfolgen und der subjektiven Erwartung, mit dem Verhalten die erwünschten Folgen zu<br />

erzielen ( M = W * E ); einmalig, weil hier kognitive Faktoren (Vorwegnahme der Belohnung) eine<br />

Rolle spielen<br />

o Kein Verhalten ohne Erwartung von Folgen<br />

o Kein Verhalten ohne Anreiz<br />

Homo Oeconomicus = Moderne Nutzentheorie von Neumann & Morgenstern<br />

- Nutzen: subjektive Bewertung von Situationen und Handlungsergebnissen<br />

- Nutzenfunktion (u): Zuordnung von Nutzwerten zu Ergebnissen, z.B. Geld<br />

- Präferenz = hoher Nutzen<br />

- Handlungsentscheidungen: Nutzenmaximierung (Wahl der Option mit höchstem Nutzen) und<br />

Konsistenzpostulat (z.B. Rationalitätsaxiom)<br />

Nutzentheorie: Wahrscheinlichkeiten spielen auch eine Rolle<br />

Kritik am Modell:<br />

- Subjektivität von Einschätzungen: Abweichungen des geschätzten Nutzen vom tatsächlichen<br />

usw. (subjektiver Nutzen nicht proportional zum objektiven Nutzen)


- Einschätzung von Wert und Erwartung nicht unabhängig von einander<br />

� Seltenheit extremisiert Wert, Häufigkeit positiver Folgen häufig überschätzt)<br />

- Einflussfaktoren nicht vollständig: Motive, Normen?<br />

- Irrationales Verhalten kommt zu kurz (z.B. Rauchen)<br />

- Empirisch geringe Gültigkeit<br />

Prospect Theory (Kahneman & Tversky)<br />

= Theorie des Risikoverhaltens, also der Wahrscheinlichkeit von Verhaltensweisen bei<br />

Wahrscheinlichkeiten, nicht Sicherheiten. Berücksichtigt irrationales Verhalten und kognitive<br />

Verzerrungen<br />

Asymptotischer Verlauf der Nutzenfunktion:<br />

- Risikovermeidung bei Gewinn<br />

- Risikosuche bei Verlust<br />

- Verletzung von Rationalitätsaxiomen (z.B. Framing-Effekt)<br />

Verlustaversion: mögliche Verluste wiegen stärker als ebenbürtige Gewinne (Spiel, bei dem Kopf = 10 €<br />

und Zahl = -10€ ?)<br />

Nichtlinearer Einfluss von Wahrscheinlichkeiten auf Entscheidungen (z.B. certainty effect)<br />

� Qualitative Sprünge zwischen Unmöglichkeit vs. geringer Wahrscheinlichkeit und zwischen hoher<br />

Wahrscheinlichkeit vs. Gewissheit<br />

Verlustaversion: Der Verlust von 100 €<br />

reduziert den subjektiven Wert mehr als<br />

ein Gewinn von 100 € ihn erhöhen würde<br />

Konkav: negativ (=nach innen gekrümmt)<br />

Konvex: positiv (= nach außen gekrümmt)


Sicherheitseffekt: Als Sicherheitseffekt wird das Phänomen bezeichnet, dass Entscheider den<br />

Unterschied zwischen zwei Wahrscheinlichkeiten dann besonders stark bei ihrer Entscheidung<br />

berücksichtigen, wenn es sich um einen Übergang von „fast sicher" auf „sicher" handelt. So ist<br />

beispielsweise eine Erhöhung der Gewinnwahrscheinlichkeit um 1% dann besonders erstrebenswert, wenn<br />

dadurch der Gewinn nicht mehr mit 99%, sondern stattdessen mit 100% Wahrscheinlichkeit eintritt, oder<br />

von 0% auf 1% steigt. Ein Übergang von 30% auf 31% wird dagegen als wesentlich weniger bedeutsam<br />

empfunden<br />

Framing-Effekte: Es kommt auf die Fragestellung an! Siehe Mexiko-Dilemma<br />

Mittlere Linie: Theorie der<br />

rationalen Kalkulation<br />

Rechteck oben und unten:<br />

Certainty effect<br />

Grafik zeigt, dass<br />

unwahrscheinliche Ergebnisse über-<br />

, mittel- und hochwahrscheinliche<br />

Ereignisse jedoch unterschätzt<br />

werden<br />

Zusammenfassung des<br />

deskriptiven Modells!<br />

1. Entscheidung zwischen a) Sicherem Gewinn von 80 € und b) 85% Chance auf Gewinn von<br />

100 €<br />

� EU = 0.85* 100 = 85€ // allerdings wählt Mehrheit a) => Risikovermeidung wg. Gewinnframes<br />

2. Entscheidung zwischen a) sicherem Verlust von 80€ und b) 85% Chance auf Verlust von 100€<br />

� EU = 0.85*(-100) = -85€ // allerdings wählt Mehrheit b) => Risikosuche wg. Verlustframes


<strong>Teil</strong> VI: Inhaltstheorie der <strong>Motivation</strong> und Leistungsmotivation<br />

Motive: zeitlich stabile und bereichsübergreifende Wahrnehmungs- und Bewertungsdisposition<br />

� Beispielsweise: Wie wird eine Situation interpretiert? Was fällt auf?<br />

� Aktuell Konzentration auf wenige, zentrale Motive: Macht, Leistung, Anschluss/Bindung/Intimität<br />

Funktion von Motiven<br />

1. Erhöhung der „evolutionären Fitness“ von Individuen und Gemeinschaften, kurz Weitergabe<br />

des Erbgutes (ultimates Ziel)<br />

2. Affektveränderung als Anreiz motivierenden Verhaltens (proximales Ziel)<br />

Leistung: Stolz, Hoffnung (auf Erfolg); Scham, Angst (vor Mißerfolg)<br />

Anschluss: Geborgenheit, Sicherheit, Vertrauen, Unsicherheit …<br />

Macht: Überlegenheit, Demütigung<br />

- Motive als kognitiv-affektive Module mit physiologischer Basis<br />

Motivanteile: können sowohl explizit als auch implizit sein<br />

- Explizit: bewußte, verbalisierbare Vorlieben und Handlungspräferenzen<br />

� Messung über direkte Verfahren: z.B. Fragebogen<br />

- Implizit: unbewußte affektive Vorlieben und Reaktionsformen, die der reflektierten<br />

Selbstbeobachtung nicht zugänglich sind<br />

� Zeigen sich in Situationen mit Freiraum für unüberlegte, spontane Handlungen; Messung über<br />

indirekte, projektive Verfahren<br />

Motivanregung: Motive werden nur handlungsleitend, wenn sie durch Anreize aktiviert werden<br />

Motive gliedern sich<br />

auf in appetitive und<br />

aversive<br />

Komponenten<br />

1) Situative Anreize: Gelegenheiten und Chancen, Gefahren und Risiken<br />

a. Alpha-press: Anregung durch objektive Situationsmerkmale<br />

Erfolgs- und Mißerfolgsrückmeldung => Leistungsmotiv<br />

Einsamkeit, neu/fremd in Gruppe => Anschlussmotiv<br />

Einnehmen einer Führungsposition in einer Gruppe => Machtmotiv<br />

b. Beta-press: subjektiv interpretierte Situation (wichtiger)<br />

2) <strong>Motivation</strong>: Ergebnis des Zusammenwirkens von Motiv und passender Situation („angeregtes<br />

Motiv“)


Bedürfniskatalog von Murray:<br />

- Auflistung von universellen Person-Umwelt-Bezügen ( = Verhaltenspräferenzen)<br />

- Primäre (physiol.) Bedürfnisse: Hunger, Sex, Durst …<br />

- Sekundäre (höhere) Bedürfnisse: Macht, Leistung, Anschluss ..<br />

- Kritik: ähnliche Probleme wie Instinktkatalog (z.B. beliebige, unvollständige Auswahl)<br />

- Hierarchische Organisation: je<br />

basaler das Bedürfnis, desto<br />

einflussreicher und desto früher<br />

tritt es in der Ontogenese auf<br />

- Sequentielle<br />

Bedürfnisbefriedigung von unten<br />

nach oben => Stufen bauen<br />

aufeinander auf<br />

- Kritik: geringe empirische<br />

Gültigkeit, 5-Ebenen-Hierarchie<br />

nicht gültig<br />

� Besser: Zusammenfassung in<br />

Defizit- und Wachstumsbedürfnisse<br />

Leistungsmotivation: „Das Bestreben, die eigene Tüchtigkeit in all jenen Tätigkeiten zu steigern oder<br />

möglichst hoch zu halten, in denen man einen Gütemaßstab für verbindlich hält und deren Ausführung<br />

deshalb gelingen oder misslingen kann.“ (Heckhausen)<br />

� Unabhängig von der mit Tüchtigkeit verbundenen Folgen (Anerkennung …), entscheidend für LM<br />

ist Tüchtigkeit selbst<br />

� Zentrale Emotionen: Hoffnung auf Erfolg bzw. Stolz und Furcht vor Misserfolg bzw. Scham


� Voraussetzung: Ergebnisse bzw. Leistungen müssen erkennbar und das Resultat eigener<br />

Anstrengung sein<br />

� LM zentral für Leistungsgesellschaft (Schule), nationale Motivindizes (z.B. Auswertung von<br />

Kinderbüchern o.ä.) sagen nachfolgende (aber nicht vorherige) Steigerung der ökon. Leistung<br />

korrelativ vorher!<br />

Bsp.: Anzahl der Leistungsmotive in Kinderbüchern korreliert mit der Anzahl an angemeldeten<br />

Patenten (de Charms & Moeller)<br />

� LM ist nicht vollständig angeboren, sondern wird zu einem guten durch Erziehung bestimmt<br />

Bsp.: spätere hohe LM, wenn bereits Forderungen nach Autonomie und Tüchtigkeit an das Kind<br />

gestellt werden (Winterbottom)<br />

Das Risikowahl-Modell (Atinkson, 1957) => beruht auf Feldtheorie<br />

= Erwartungs-Mal-Wert-Modell, das die individuelle Leistungsmotivation als Motiv (Me) berücksichtigt<br />

<strong>Motivation</strong>ale Orientierung<br />

Resultierende Tendenz (RT) als Summe<br />

von aufsuchenden (Te) und meidenden<br />

( Tm) Tendenzen:<br />

RT = Te + Tm<br />

Leistungssituation: Annäherungs-<br />

Vermeidungs-Konflikt<br />

Me = disp. Motiv, Erfolg zu erzielen<br />

Mm = disp. Motiv, Misserfolg zu<br />

vermeiden<br />

TAT mit leistungsbezogenen Bildern<br />

Leistungssituation wird aufgesucht bei Te<br />

> Tm<br />

Leistungssituation wird vermieden bei Te <<br />

Tm<br />

Je schwieriger (je geringer die<br />

Erfolgswahrs.), desto höher der<br />

Erfolgsanreiz<br />

Je leichter eine Aufgabe, desto höher<br />

Misserfolgsanreiz


RT = entweder Annäherungstendenz (wenn positiv) oder<br />

Vermeidungstendenz (wenn negativ)<br />

Empirische Lage<br />

z.B. Atkinson & Litwin, 1960: Pbn können selber entscheiden, aus welcher Entfernung sie Ringe auf ein Ziel<br />

werfen<br />

Die Widerlegung des Risiko-Wahl-Modells führte zur kognitiven Wende<br />

Vorhersagen des Anspruchsniveaus<br />

1. Erfolgsmotivierte (Me > Mm)<br />

präferieren mittelschwere<br />

Aufgaben und strengen sich hier<br />

maximal an und zeigen max.<br />

Ausdauer<br />

2. Misserfolgsmotivierte (Me < Mm)<br />

Meiden generell<br />

Leistungssituationen<br />

Sind bei mittelschweren Aufgaben<br />

am meisten gehemmt und zeigen<br />

hier geringste Ausdauer und<br />

Anstrengung<br />

Präferieren sehr leichte (hoher<br />

Misserfolgsanreiz) oder sehr<br />

schwierige Aufgaben (hohe<br />

Misserfolgswahrsch.) => leichter<br />

extern zu attribuieren<br />

Risiko-Wahl-Modell würde sagen:<br />

Erfolgsmotivierte nehmen mittlere Distanzen,<br />

Misserfolgsmotivierte meiden mittelschwere<br />

Aufgaben<br />

� Das tun sie aber nicht!<br />

Misserfolgsmotivierte weichen nicht auf<br />

extreme Schwierigkeitsbereiche aus Das<br />

Risiko-Wahl-Modell ist also widerlegt<br />

� Streben nach Informationen über die eigene Fähigkeit statt antizipierter Affekt (Stolz bzw.<br />

Scham) bei Erfolg/Misserfolg im Vordergrund (steuert Leistungsverhalten)<br />

� Dieses Streben nach Informationsgewinnung ist dabei unabhängig von der<br />

Aufgabenschwierigkeit, allerdings Präferenz für mittelschwere Aufgaben, weil man dort am<br />

meisten über seine Leistungsfähigkeit erfährt (Dissoziation von Diagnostizität und<br />

Aufgabenschwierigkeit)<br />

� Diagnostizierbarkeit stärker bei Erfolgs- als bei Misserfolgsorientierten (aus Angst vor neg.<br />

Feedback?)


Kausalattributionen: Schlüssel zum Verständnis leistungsmotivierten Verhalten<br />

= höhere <strong>Motivation</strong>, wenn Erfolg/Misserfolg auf die eigene Person attribuiert wird<br />

� Zwei Dimensionen der naiven Ursachenerklärung (Haider) reichen zur Erklärung von Ereignissen<br />

1. Lokation: Person (internal) vs. Situation (external)<br />

2. Stabilität: stabil vs. variable<br />

Attributionsasymmetrien bedingen<br />

untersch. Selbstbewertungen (selbst<br />

bei identischer Leistung)!!<br />

<strong>Teil</strong> VII : Ziele und Selbstregulation<br />

1. Aufgaben mit hoher Diagnostizität<br />

generell bevorzugt, Dissoziation<br />

von Diagnostizität und<br />

Aufgabenschwierigkeit!<br />

� Tendenz, realistische Infos<br />

über die eigenen Fähigkeiten<br />

bekomme zu wollen, bestätigt<br />

2. Erfolgsmotivierte haben dabei ein<br />

noch höheres Verlangen nach<br />

Informationen<br />

3. Hohe Diagnostizität z.B. : 90% mit<br />

hoher und 60% mit niedriger lösen<br />

Aufgabe => 30% Differenz<br />

Stabilität beeinflußt<br />

Erfolgserwartung, Lokation<br />

beeinflußt Wert<br />

Selbstverstärkerzyklen als dynamischer<br />

Prozeß der Leistungsmotivation<br />

Motive (HE vs. FM) bedingen<br />

Anspruchsniveausetzung und<br />

Aufgabenwahl<br />

� HE: Erfolgsaffekte max. bei<br />

mittlerer Schwierigkeit<br />

� FM: Misserfolgsaffekte min. bei<br />

extremer Schwierigkeit<br />

Aufgabenschwierigkeit bedingt:<br />

- Erfahrung: Einsicht in die<br />

Anstrengungs- bzw.<br />

Fähigkeitsabhängigkeiten von<br />

Erfolg bzw. Misserfolg<br />

- Attribution: Asymmetrien in der<br />

Erklärung von Erfolg/ Misserfolg


Ziele als proximale Determinanten des Handelns<br />

- Bestimmen erwünschte Ergebnisse des Handelns<br />

- Basis von Handlungsplänen und Strategien<br />

- Steuern Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Bewertung und Denken<br />

Ziele und Motive im Vergleich<br />

1. Unterschiede<br />

- Ziele: spezifisch, bewußt repräsentiert, handlungsleitend<br />

- Motive: abstrakt, unbewußt, nicht handlungsleitend<br />

2. Gemeinsamkeiten: Einflussnahme auf basale kognitive und affektive Prozeße (Wahrnehmung,<br />

Denken, Fühlen)<br />

Handlungsregulation durch Ziele: z.B. kybernetische Modelle bzw. psychologische Regelkreismodelle der<br />

Handlungsregulation durch Ziele (= durch Reduktion von Diskrepanzen)<br />

� Moderatoren der Handlungsregulation (Carver & Scheier) :Selbstaufmerksamkeit,<br />

Kontrollüberzeugung und Optimismus<br />

� Disengagement: Zielablösung, Aufgabe von Zielen<br />

� Zielverfolgung und Affekt: pos./neg. Affekt als Resultat von Diskrepanzerwartungen<br />

und der Rate der Zielnäherung<br />

o Positiver Affekt: positive Diskrepanz bei höherer Geschwindigkeit als normal<br />

o Negativer Affekt: neg. Diskrepanz (Ziel nicht erreicht) und zu langsam<br />

o Kein Affekt: keine Diskrepanz und normale Annäherungsgeschwindigkeit<br />

Experiment Carver et al:<br />

Vpn sitzen vor Spiegel oder nicht (UV) und sollen Anagramme lösen. Der einen Gruppe wurden<br />

leichte Anagramme mit einigen unlösbaren, den anderen schwere mit unlösbaren gegeben.<br />

Personen mit erhöhter Selbstaufmerksamkeit (Spiegel) und leichten Aufgaben (= hoher<br />

Erfolgserwartung) sind dabei hartnäckiger, arbeiten also länger daran und haben eine höhere<br />

Erfolgserwartung, als Personen mit niedriger Selbstaufmerksamkeit und niedrigem Optimismus<br />

� Zeigt die Bedeutung von Selbstaufmerksamkeit und Optimismus als Moderatoren der<br />

Handlungsregulation und Zielverfolgung<br />

Noch frühere Aufgabe bei hoher<br />

Selbstaufmerksamkeit und niedrigem<br />

Optimismus!<br />

Kontrollprozeße<br />

(Modell von Carver und<br />

Scheier, 1986)<br />

Menschen haben<br />

internes<br />

Steuerungssystem, das<br />

aktuelles Verhalten mit<br />

Ziel vergleicht und<br />

immer Diskrepanzen<br />

feststellt, die wirken<br />

motivierend!<br />

Behav. Rückzug: z.B:<br />

Prüfungsabmeldung<br />

Mentaler Rückzug: z.B.<br />

Abwertung


Zielsetzung<br />

1. Zielschwierigkeit (Anspruchsniveau): Anspruchsvolle Ziele => hohe Leistung<br />

2. Zielspezifizität: Hohe Spezifizität ist Voraussetzung für Feedback (essentiell für<br />

Handlungsregulation), z.B. guter Student sein vs. gute Klausur schreiben<br />

3. Zielbindung (Commitment): Zielbindung als Moderator des Zusammenhangs zwischen Zielen und<br />

Ergebnissen, vermittelt durch <strong>Motivation</strong>, beeinflusst durch folgende Faktoren<br />

� Ziele sollen SMARTER sein (spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch, termingebunden;<br />

außerdem eigeninitiativ erreichbar und rückmeldungsgebunden)<br />

Intentionale Selbstgestaltung<br />

Das Selbst als Gegenstand des Handelns: Selbstdefinition und persönliche Identitätsziele als spezifisch<br />

menschliche <strong>Motivation</strong>squelle<br />

� Identitätsziele: Wer und wie wir sein und werden wollen (Persönlichkeit, Lebenslauf und<br />

Erfolgssymbole)<br />

Daraus abgeleitet: Realselbst, Idealselbst und mögliches Selbst<br />

� „possible selves“: Die Selbste, die wir gerne wären, vor denen wir Angst haben, die wir sein<br />

müssen etc. (das dünne Selbst, das schlaue Selbst, das gewissenhafte Selbst); wirken motivierend<br />

� Erwünschte und erwünschte Selbste wirkend motivierend, z.B. „Ideal self“ (Ideale) vs. „Ought<br />

Self“ (Pflichten)vs „actual self“<br />

� Unterschiedliche Selbstdiskrepanzen (Angst, wenn Realselbst ungleich Sollselbst und Traurigkeit<br />

wenn Realselbst ungleich Idealselbst); ergo unterschiedliche affektive Konsequenzen nach Tory<br />

Higgins Selbstdiskrepanztheorie<br />

� Promotion focus (Nutzen von Chancen) oder Prevention focus (Vermeidung von Fehlern)<br />

Sicherung der personalen Identität<br />

Zielsetzung und akademischer Erfolg<br />

(Morisano et al): Studenten mit<br />

Leistungsproblemen, die ein<br />

computergestüztes Zielsetzungstraining<br />

durchlaufen haben, erbringen im<br />

folgenden Semester bessere Leistungen<br />

als eine vergleichbare Kontrollgruppe<br />

ohne Training<br />

� SMARTe Ziele fördern Leistung


- Selbstaufwertung durch defensive Prozeße: z.B. self-handicapping, attributional bias und<br />

excuse-making<br />

- „self-verification“: Aufsuchen von selbstbestätigenden Umgebungen: Suche von positivem<br />

Feedback bei positivem Selbst, aber: umgekehrte Tendenz bei negativem Selbstbild<br />

- Symbolische Selbstergänzung: Ausgleich von Unvollständigkeitserfahrungen (selbstrelevanter<br />

Misserfolg, Mangel an Symbolen) durch Zuschaustellen anderen Symbole<br />

� Gewünschte soziale Identität wird durch Symbole geschaffen<br />

Von Rosenfield & Stephan (1979)<br />

UV1: Den Pbn wurde gesagt, die Aufgabe<br />

werde entweder „von Frauen besser als<br />

Männern“ oder „von Männern besser als<br />

Frauen“ gelöst.<br />

UV2: Erfolgs- oder Misserfolgsfeedback<br />

- Allgemeine Tendenz: Erfolg<br />

internal und Misserfolg external<br />

attribuiert (=> stützt Theorie)<br />

- Bei Männern günstiger Bias<br />

- In der Bedigung failure ist Bias<br />

umgedreht, also abhängig von<br />

Rückmeldung und<br />

Identitätsrelevanz der Aufgabe<br />

Personen mit einem negativen Selbstbild<br />

bevorzugen Zimmergenossen, die ihnen<br />

negatives Feedback geben. Bei Personen<br />

mit einem positiven Feedback verhält es<br />

sich umkehrt<br />

� Verhalten gelenkt durch die Suche<br />

nach realistischen Informationen


<strong>Teil</strong> VIII: <strong>Motivation</strong> und Volition<br />

1. Wahl von Handlungszielen = <strong>Motivation</strong> bzw. Selektion<br />

� Übergang vom Wünschen zum Wählen<br />

2. Realisierung dieser Ziele = Volition bzw. Realisierung<br />

� Übergang vom Wählen zum Wollen<br />

UV1: Männern bekommen eine ideale bzw.<br />

nicht ideale Rückmeldung über ihr<br />

Persönlichkeitsprofil für ihnen wichtige<br />

Aufgaben<br />

UV2: Gespräch mit einer attraktiven Frau, die<br />

entweder bescheidene oder<br />

durchsetzungsfähige Männer bevorzugt<br />

AV: positive Selbsteinschätzung<br />

Männer, die vorher diskrepantes Feedback<br />

bekommen haben, ignorieren den Wusch der<br />

Frau nach Bescheidenheit und schätzen sich<br />

signifikanter positiver ein. Männern mit<br />

idealem Feedback passen sich hingegen den<br />

Wünschen an<br />

Problem: Das bloße Haben von Zielen ist kein Garant für deren Erreichung! Nur weil ich etwas will, tue ich<br />

es noch lange nicht („Handlungsloch“)<br />

� Unzufriedenstellende Vorhersage von Verhalten durch Motive und Ziele und hohe Varianz in der<br />

Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung<br />

Das Rubikonmodell der Handlung (Heckhausen): Versucht zu erklären, warum das Haben von Zielen noch<br />

kein Garant für ihre Erreichung ist und unterscheidet <strong>Motivation</strong> und Volition


� Sequentielles Phasenmodell, das <strong>Motivation</strong> und Volition verbindet:<br />

0. Ein Wunsch bzw. Bedürfnis (z.B. Abnehmen)<br />

1. Abwägen / Wählen = motivational (z.B. Fußballspielen oder Segeln? Wir entscheiden uns für<br />

Fußball => Rubikon wird überschritten, Handlung gebildet)<br />

2. Planen = volitional (Wo und wann werde ich Fußball spielen)<br />

3. Handeln = volitional (Ich bin fit!)<br />

4. Bewerten = motivational (Nachbewertung: besser Rudern?)<br />

� Außerdem existieren drei Phasenübergänge:<br />

1. Fazit-Tendenz = Intentionsbildung => aus dem allgemeinen Wunsch (Abnehmen) ist eine<br />

konkrete Handlungsabsicht (Fußballspielen) geworden => Rubikon, wenn überschritten…<br />

2. Fiat-Tendenz = Intentionsinitiierung<br />

3. Handlungsabschluss = Intentionsdesaktivierung<br />

<strong>Motivation</strong>ale Phasen: auf die Zielauswahl gerichtet<br />

Volitionale Phasen: auf die Zielrealisierung gerichtet<br />

Bewußtseinslagen: Die verschiedenen Phasen zeichnen sich durch verschiedene Bewußtseinslagen ( = psy.<br />

Konfigurationen) aus<br />

1. Abwägenden bzw. motivationale Bewußtseinslage: prädezisionale und postaktionale Phase<br />

� Fazit-Tendenz oder offene, unvoreingenommene Infoverarbeitung (=Realismus)<br />

2. Planende oder volitionale Bewußtseinslage: präaktionale und aktionale Phase<br />

� Fiat-Tendenz oder (auf konkrete Absicht und deren Erreichung) fokussierte, parteiische<br />

Infoverarbeitung (=Optimismus)<br />

Evidenz<br />

1. Bevorzugte Aufnahme, Erinnerung und Generierung phasenspezifischer Inhalte (Gollwitzer und<br />

Heckhausen) => „cognitive tuning“


2. Kontrollillusion (Gollwitzer und Kinney)<br />

Pbn sollen einschätzen, inwiefern sie durch das Drücken eines Knopfes Einfluss auf das Erscheinen<br />

eines (tatsächlich unabhängigen) Lichtblitzes haben.<br />

Vergleich Realisierungs- und Zielintention (Vorsatz vs. Absicht)<br />

1. Zielintention: abstrakt, orientiert an ihrer Wünschbarkeit („Was will ich tun? Öfters joggen!“)<br />

2. Realisierungsintentionen: konkret, spezifizieren zusätzlich Zeitdauer, Ort und Ausführung eines<br />

best. Verhaltens („Was will ich, wann und wo?“)<br />

� Sind förderlich für eine effiziente Umsetzung zielbezogenen Verhaltens (Wenn-Dann-Pläne)<br />

Exp.: Studenten sollten einen Bericht über die Weihnachtsferien schreiben. Dabei wurden ihnen entweder<br />

nur gesagt, dass sie einen Bericht schreiben sollen (Zielintention) oder alles genau spezifiziert<br />

(Realisierungsintention). Pbn mit einer Realisierungsintention schnitt dabei besser ab, brauchten also<br />

weniger Zeit und waren zuverlässiger (Gollwitzer & Brandstätter)<br />

Volitionale Prozeße: Prozeße der Vorsatzwirkung<br />

75 – 75 – Problem: Ereignis tritt häufiger<br />

auf, nämlich in 75% der Fälle beim<br />

Drücken und 75% beim Nicht-Drücken =><br />

25-25-Problem ist analog<br />

Ergebnis: Personen mit einer abwägenden<br />

Bewußtseinslage schätzen ihre<br />

Kontrollmöglichkeit geringer (sprich:<br />

realistischer) ein als Personen mit einen<br />

planenden Bewußtseinslage<br />

1. Chronische Aktivierung der im Vorsatz spezifizierten Situation (z.B. erhöhte Aufmerksamkeit,<br />

besseres Gedächtnis)<br />

2. Automatische Initiierung der im Vorsatz vorgenommenen Handlung (unverzüglich, effizient und<br />

ohne bewußtes Wollen)<br />

3. Automatisierung der Realisierung zielfördernden Verhaltens (z.B. verringerter Verbrauch kogn.<br />

Ressourcen)


Moderatoren<br />

1. Zielschwierigkeit: je schwieriger es ist,<br />

zielförderndes Verhalten zu initiieren,<br />

desto größer ist die Vorsatzwirkung<br />

2. Zielbindung (Commitment):<br />

Vorsatzwirkung setzt hohe Zielbindung<br />

voraus<br />

3. Aktivierung der Zielintention:<br />

Übergeordnetes Ziel muss aktiv sein<br />

Begriffsklärung:<br />

<strong>Teil</strong> IX: Emotionen<br />

Es gibt mehrere Go-Signale. Alle Pbn<br />

erhalten die Anweisung „Bei 3<br />

besonders schnell zu drücken“ (=<br />

critical vs. Non-critical: andere Go-<br />

Signale ohne diese spezielle<br />

Instruktion). Die Hälfte der Pbn übt<br />

ZUSÄTZLICH zu der Instruktion<br />

selbst, diese noch mental ein (tun alles<br />

dafür sich mental auf die Reaktionen<br />

auf die 3er vorzubereiten =<br />

implementation), während sich andere<br />

nur mit der 3 vertraut machen (3er<br />

schreiben = familiarization;<br />

Kontrolliert dafür, dass die 3 als eine<br />

besondere Zahl gesehen wird, die<br />

möglicherweise besonders viele Punkte<br />

gibt).<br />

In den Ergebnissen werden jetzt<br />

einerseits gesunde implentation<br />

Menschen mit gesunden familiarization<br />

Menschen verglichen und es zeigt sich,<br />

dass die implementation einen größeren<br />

Vorteil bringt als die familiarization<br />

(Verbesserung ggüber anderen Go-<br />

Signalen und 80 vs. 60 ms).<br />

Dieser Effekt zeigt sich auch für die<br />

Läsionspatienten (Verbesserung der RT<br />

um 100 vs. 60ms)<br />

1. Affekt: allgemeiner Oberbegriff, im Deutschen: starke Emotion (vgl. Rechtsprechung – „im Affekt“<br />

=> mildernde Umstände)<br />

2. Emotion (Furcht, Angst, Hass…): objekt- bzw. ereignisbezogen, klar bestimmbare Dauer (Anfang<br />

und Ende), spezifischer als Affekt<br />

3. Stimmung: Diffus, nicht objektbezogen (Ursachen häufig unbekannt), längerer Verlauf ohne klaren<br />

Anfangs- und Endpunkt, weniger intensiv als eine Emotion<br />

4. Gefühl: subjektives Erleben von Emotionen, Messung über Selbstbericht etc.<br />

� Probleme: Qualia, retrospektiver Selbstbericht


Wegen der begrifflichen Schwierigkeit folgende Arbeitsdefinition: Emotionen sind objektgerichtete,<br />

unwillkürlich ausgelöste affektive Reaktionen, die mit zeitlich befristeten Veränderungen des Erlebens und<br />

Verhaltens einhergehen<br />

Zentrale Dimensionen von Emotionen:<br />

- Affektivität (Gefühlscharakter)<br />

- Objektgerichtetheit (Intentionalität)<br />

- Unwillkürlichkeit (Automatizität)<br />

- Zeitliche Befristung (emotionale Episode)<br />

Abgrenzbar zu <strong>Motivation</strong> durch:<br />

- <strong>Motivation</strong>: Bezugsobjekt liegt immer in der Zukunft (Ziel)<br />

- Emotion: Bezugsobjekt kann auch in der Vergangenheit liegen<br />

Die Struktur von Emotionen<br />

1. Diskret: verschiedene Grundemotionen, die klar abgrenzbar sind (Ekel, Freude, Trauer, etc.)<br />

� Strukturbestimmung durch: Aufzeigen von Homologien (ähnliches Erscheinungsbild) und<br />

Analogien (ähnliche Ursache) im emotionalen Verhalten<br />

Beispiel: Die Basisemotionen, die angeboren und universell sind sowie einen unverwechselbaren Ausdruck<br />

im Verhalten (z.B. Gesichtsausdruck) und distinkte physiologische Muster haben<br />

� Was die Anzahl an Basisemotionen angeht, existieren Schwankungen von 2 bis 10, allerdings<br />

werden übereinstimmend genannt: Freude, Trauer, Angst/Furcht und Ärger<br />

Probleme an den Basisemotionen:<br />

a. Uneinheitliche Kriterien und Unklarheit über die Anzahl<br />

b. Keine Falsifikationsmöglichkeiten<br />

Emotion lässt sich nicht<br />

sinnvoll von <strong>Motivation</strong><br />

abgrenzen, wenn das<br />

Bezugsobjekt in der Zukunft<br />

liegt


c. Keine sinnvolle Abgrenzung von durch Physiologie<br />

d. Keine sinnvolle Abgrenzung primärer Basisemotionen von sekundären Mischemotionen<br />

2. Dimensional: Basisdimension emotionalen Verhaltens (z.B. Valenz und Arousal), emotionales<br />

Erleben kontinuierlich<br />

� Strukturbestimmung durch: Begrifflichkeiten (sprachliche Bezeichnungen), Ähnlichkeitsurteile,<br />

semantisches Differential , Kovariation im Erleben, Faktoren/Clusteranalyse<br />

Beispiel: Das Circumplexmodell von Russell (1980)<br />

Emotionen sind in einem Kreis um den Nullpunkt angeordnet<br />

Beispiel 2: Positiver / negativer Affekt (Watson & Tellegen, 1985)<br />

� Positiver und negativer Affekt (später Aktivierung) als orthogonale Faktoren<br />

� Alle Modelle übereinstimmend in zwei Faktoren<br />

Struktur<br />

Probleme des dimensionalen Modells:<br />

- Abhängig von den verwendeten<br />

sprachlichen Ausdrücken<br />

- Empirische Zusammenhänge oder<br />

Sprachverständnis?<br />

- Dimensionen kulturabhängig<br />

- Arousal ist mehrdeutig und kann<br />

positive wie negativ sein<br />

- Spezifität der diskreten Emotionen<br />

nur bedingt abgebildet<br />

Diskussion:<br />

- Valenz: bipolar (eine Achse von<br />

gut bis schlecht) oder bivariat<br />

(eine Achse für gut und eine für<br />

schlecht)?<br />

- Was ist<br />

Erregung/Aktivierung/Energie?


Die Kognitive Komponente von Emotionen umfasst: Aufmerksamkeit, Ursachenzuschreiben,<br />

Überzeugungen, Bewertungen etc.<br />

� Appraisal-Theorien bspw. sehen Emotionen als Ergebnis einer Sequenz von kognitiven<br />

Einschätzungen, als da wären:<br />

1. Zielrelevanz (Ist Objekt persönlich bedeutsam?)<br />

2. Zielkongruenz (Ist das Ereignis positiv oder negativ für mich?)<br />

3. Kontrollierbarkeit …<br />

� Messung über: Selbstbericht, Verhaltensbeobachtung, kognitionspsych. Paradigmen<br />

� Beispiel kontrafaktisches Denken: Medvec et al konnten zeigen, dass Drittplatziere signifikant<br />

glücklicher aussehen als Zweitplazierte und weniger häufig sich in kontrafaktischem Denken<br />

ergehen. Die Attribution entscheidet also über die Emotion!<br />

Die motivationale Komponente löst spezifische Verhaltensimpulse aus, z.B. Furcht => Flucht, Liebe =><br />

Fürsorge, Ärger => Kampf<br />

� hat sich wohl evolutionär deswegen durchgesetzt, weil sie adaptive Verhaltensmuster aktiviert:<br />

z.B. Furcht => Flucht => Schutz<br />

� Emotionen können aber auch Verhalten hemmen (z.B. „interrupt effect“). Lerne ich zum Beispiel<br />

gerade für Allg2 und kriege dann gesagt, daß meine Mutter gestorben ist, empfinde ich<br />

(hoffentlich) starke Trauer, die meiner Arbeit unterbricht!! „Interrupt effect“: Emotion gibt eine<br />

Art Stopp-Signal der Verhaltensweise<br />

Frijda et al fanden heraus, dass es einen Zusammenhang zwischen Emotionen und abstrakten<br />

Handlungsbereitschaften gibt (diese sind <strong>Teil</strong>, nicht Folge einer Emotion)<br />

� Allerdings spricht neuere Evidenz eher für einen schwachen Zusammenhang zwischen Emotionen<br />

und spezifischen Verhaltensweisen<br />

� Logisch: wenn ich sauer bin, kann ich a) auf den Tisch hauen, b) etwas kaputt machen oder c)<br />

mich sonst wie abreagieren


Die Ausdruckskomponente findet sich in Mimik, Gestik, Stimme und Haltung<br />

� Charakteristische Mimik bei Basisemotionen (Ekman)<br />

� Emotionale Gesichtsausdruck bei Primanten und taub- und blindgeborenen Kindern<br />

� Universelles Erkennen von Gesichtsausdrücken in kulturübergreifenden Studien (von den 6<br />

Ekman-Basisemotionen)<br />

� Jedoch existiert ein Eigengruppen-Vorteil<br />

� Kulturelle Variabilität geprägt durch Darstellungsregeln usw.<br />

� Emotionsausdrücke haben auch eine sozialkommunikative Funktion: drücken Befindlichkeit,<br />

Verhaltensabsicht und Verhaltensaufforderung aus<br />

Facial Feedback Theory betont dein Einfluss der Mimik auf emotionales Verhalten (vgl. Stracks<br />

Stiftexperiment) und kommt in zwei Varianten daher:


1. Starke Variante: Mimik induziert Emotionen (von Empirie gestützt)<br />

2. Schwache Variante: Mimik moduliert emotionales Erleben (inkonsistente Befunde)<br />

Erklärungsansätze:<br />

- Aktivierung von Emotionsprogrammen<br />

- Erwartungseffekte (durch Strackis Experiment ausgeschlossen)<br />

- Vaskuläre Veränderung des zerebralen Blutflusses<br />

- Kognitive Inferenzen vom Ausdruck auf das Erleben (Selbstwahrnehmungstheorie)<br />

Physiologische Komponente von Emotionen stellt die notwendige Energie bereit, Forschung konzentriert<br />

sich auf vegetative Muster der abgrenzbaren Emotionen (insb. autonomes Nervensystem)<br />

James-Lange-Theorie: „Wir sind traurig, weil wir weinen“<br />

Stimulus (Bär) => Interpretation (Gefahr) => viszerale Veränderung (Herzrasen) => Emotion (Angst)<br />

� Emotion besteht aus der Wahrnehmung der Veränderung von körperlichen Zuständen, die<br />

emotionsspezifisch sind<br />

Kritik von Cannon:<br />

- Trennung der Eingeweide vom ZNS bewirkt keine Emotionslosigkeit<br />

- Emotionen haben größtenteils ähnliche physiologische Komponenten (Angst und Wut führen<br />

beiden zu Herzrasen etc.) => kognitive Attribution nötig<br />

Einschub: Eine Metaanalyse von Cacioppo et al fand heraus, dass diskrete Emotionen (wie Ärger<br />

und Freude) nicht zuverlässig anhand physiologischer Parameter unterschieden werden kann.<br />

Allerdings kann man zuverlässig die Valenz von Emotionen diskriminieren!<br />

- Eingeweide relativ unempfindliche Organe (stimmt nicht!)<br />

- Viszerale Veränderungen zu langsam (kritischer Punkt)<br />

- Künstliche Veränderung der Viszera führt nicht zu Emotionsinduktion (allerdings erhöht bspw.<br />

die Injektion von Adrenalin Wut) => stimmt aus heutiger Sicht<br />

Ist physiologische Erregung überhaupt notwendig? Hohmann et al (1966) führten Untersuchungen an<br />

Querschnittsgelähmten durch und fanden reduzierte sexuelle Erregbarkeit und Ärger- wie Furchtgefühle,<br />

aber auch eine Zunahme „sentimentaler“ Gefühle (Problem: die Männer wurden direkt nach ihrem Unfall<br />

untersucht!)<br />

� Bei aktiven Querschnittsgelähmten (die also div. Therapien) machen, kommt es dabei zu keiner<br />

Abnahme<br />

� Betablocker reduzieren die physiologischen, aber nicht die emotionalen Konsequenzen von<br />

Angst (Erdmann 1986)<br />

Das limbische System gilt häufig als „emotionales Gehirn“ des Menschen. Allerdings seine zentrale<br />

Bedeutung zunehmend in Frage gestellt, weil das System weder histologisch noch in den Funktionen<br />

einheitlich ist (z.B. Amygdala => Furchtreaktion, Hippocampus => u.a. Gedächtnis, Gyrus cinguli => Antrieb<br />

und <strong>Motivation</strong>)<br />

� Stattdessen ist heute das Ziel, emotionsspezifische Netzwerke zu identifizieren, die i.d.R. übers<br />

gesamte Gehirn verteilt sind


Sind Emotionen Reaktionssyndrome und vor allen Dingen in ihrer Reaktion kohärent?<br />

� Die Größen der emotionalen Reaktion auf den verschiedenen Ebenen (physiologisch,<br />

subjektivbehavorial) sollten korrelieren<br />

o Allerdings wurde nur ein mäßiger Zusammenhang bestätigt<br />

� Eher loser Zusammenhang zwischen den einzelnen Reaktionssystem, So belegt schon die<br />

Untersuchung von Riccio & Silvestri (1973), dass systematische Desensibilisierung zwar das<br />

phobische Meidungsverhalten eliminiert, nicht aber das (berichtete) subjektive Angsterleben<br />

<strong>Teil</strong> X: Funktion von Emotionen<br />

Allgemeine Funktionen von Emotionen: Handlungsleitung, Information und sozialkommunikative<br />

Evolutionsthese: Emotionen als instinktähnliche Reaktionsmuster auf typische, für das Überleben und die<br />

Reproduktion wichtige Situationen<br />

McDougall bezeichnet Emotionen als ererbte psychophysische Disposition, welche … befähigt, bestimmte<br />

Gegenstände wahrzunehmen und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken (Perzeption & Kognition), dadurch<br />

eine emotionale Erregung von ganz bestimmter Qualität zu erleben (Affekt) und daraufhin in einer<br />

bestimmten Weise zu handeln oder wenigstens den Impuls zu solchen Handlungen zu erleben.<br />

(<strong>Motivation</strong>)<br />

Emotionen können außerdem – nach Frijda- keine spezifischen Handlungsbereitschaften auslösen (s.o.),<br />

sondern entsprechen motivationalen Zuständen, die ausgerichtet auf die Erreichung, Erhaltung oder<br />

Abwendung bestimmter Person-Umwelt-Relationen (z.B. Nähe, Distanz…) sind<br />

� Emotionen sind vielmehr Handlungsschemata (also keine festen „Reaktionssets“) mit Equifinalität<br />

(meint, dass die Handlungen verschiedene Ziele befriedigen können), wie z.B. Drohen oder<br />

Attackieren<br />

� Emotionen entsprechen abstrakten Neigungen, wobei die Realisierung dieser variable ist: bloße<br />

Handlungsbereitschaft bzw. Schemata wird aktiviert<br />

� Emotionales Handeln kann auch durch impulsive Handlungstendenzen gekennzeichnet sein:<br />

direkte, automatische Schemaaktivierung und ohne Kosten-Nutzen-Abwägung (=unbewußt); eine<br />

hohe Dringlichkeit<br />

Aus diesen Gründen wird vorgeschlagen, emotionales Handeln eher aufzufassen als Aktivierung von<br />

Verhaltensdispositionen der Annäherung und Vermeidung durch emotionale Reize (z.B. bei aversivem Reiz<br />

=> Furcht => Vermeidung (= negative Emotion); oder appetitiver Reiz => Freude => Annäherung (positive<br />

Emotion)<br />

Empirische Evidenz zu dieser Idee


1. Lernpsychologie: appetitiv-aversive Interaktion<br />

a) konditionierte Furcht (Vorfreude) interferiert mit instrumentellem appetitiven<br />

(aversivem) Verhalten<br />

� Die Konkurrenz zweier inkongruenter motivationaler Systeme führt zur Verhaltensinhibition<br />

b) Emotionale Reflexpotenzierung: Stärke des defensiven Lidschlusses (Startle) als <strong>Teil</strong><br />

einer Schreckreaktion während der Betrachtung von negativen, neutralen und<br />

positiven Bildern (Lang, Bradley, Cuthbert)<br />

� Bei der Darbietung von negativen Bildern verstärkter, bei positiven Bildern schwächerer Startle<br />

(entspricht also bei positiven Emotionen einer Interferenz von positiv und Startle)<br />

c) Aktivierung von distanzregulierenden Bewegung<br />

� Beispiel 1: affektive Mappingeffekte = Zuweisung (Mapping) von armbeugenden (hin) und<br />

armstreckenden (weg) Bewegungen zu den affektiven Reizen am Computer<br />

� Dabei gefunden: die Latenz bei kongruentem Mapping (weg bei negativen und hin bei positiven<br />

Stimuli) konsequent niedriger als bei inkongruentem<br />

� Beispiel 2: distanzregulatorische Bewegungsziele von Markman & Brendl 2005 konnten allerdings<br />

zeigen, dass es bei diesem Effekt nicht die Bewegung, sondern die Valenz des Ziels entscheidend<br />

ist<br />

Informative Funktionen von Emotionen:<br />

1. Relevanzdetektoren: Aufmerksamkeitslenkung auf Chance und Risiken in der Umwelt<br />

Beispiel: erhöhte Aufmerksamkeit für emotional bedeutsame Reize, gezeigt durch folgende<br />

kognitionspsychologische Paradigmen<br />

a. Visuelle Suchaufgaben: z.B. Schlange unter Pilzen finden (s.u.)<br />

Bsp: Öhmans Furchtmodul: Pbn sollen unter verschiedenen neutralen Distraktoren (z.B.<br />

Pilzen) das Target (z.B. Spinne) finden. Ergebnis: Das Finden von gefürchteten Bilder geht


insgesamt schneller, wobei Phobiker auf ihren spezifischen Phobiereiz noch schneller<br />

reagieren. Die Entdeckung von angstrelevanten Reizen (z.B. Schlange bei SPinnenphobiker)<br />

kommt als nächstes. Hier sind die Nicht-Phobiker schneller! Die Erkennung von neutralen<br />

Bilder dauert allgemein am längsten<br />

b. Emotionale Stroop-Aufgabe: Pbn brauchen mehr Zeit um die Farbe von negativ valenten<br />

Wörtern (wie Angst) zu sagen<br />

c. Dot-Probe-Paradigma: Simultane Darbietung zweier Wörter in obere und untere<br />

Bildschirmhälfte, wobei in den kritischen Trials eines dieser Wörter bedrohlich ist. Ein Punkt<br />

oder Punktemuster ersetzen in manchen Trials eines der beiden Wörter unmittelbar nach<br />

deren Präsentation. Gemessen wird die Zeit, die zur Detektion des Dot-Probes gebraucht<br />

wird. Annahme: Detektionszeiten sind kürzer in dem Bildschirmbereich, auf den die<br />

Aufmerksamkeit durch die bedrohlichen Wörter gelenkt wurde<br />

d. Attentional-Blink-Paradigma<br />

� Schnellere Aufmerksamkeitszuwendung auf emotionale Reize und langsamere Ablösung der<br />

Aufmerksamkeit, gilt auch für positive Reize, also kein exklusiver Negativitätsbias!<br />

2. Überwachungssysteme: Überwachung von Fortschritten und Rückschlägen in der Zielverfolgung<br />

und Bedürfnisbefriedigung<br />

� Positive Emotionen (z.B. Freude, Stolz) signalisieren Erfolge („mach“ weiter) und negative<br />

Emotionen (Furcht, Ärger) signalisieren Misserfolge; zielbezogene Emotionen wie Frustration<br />

(blockiertes Ziel), Enttäuschung (verpasstes Ziel) oder Stolz (erfülltes Ziel) melden den Stand der<br />

Handlungsregulation; moralische Emotionen (Schuld, Scham…) signalisieren Normüberschreitung<br />

und Verletzung der sozialen Regeln<br />

Beispiel: Schuld (Ketelaar & Au, 2003): Schuldgefühle dienen als Information über eine<br />

Regelverletzung und sind <strong>Motivation</strong> für Wiedergutmachung (social repair; wenn unmöglich, dann<br />

Selbstbetrafung)<br />

Exp: Pbn spielen ein Ultimatum game. Dabei wird einen <strong>Teil</strong>nehmer ein gewisser Betrag geben, den<br />

er mit einem zweiten <strong>Teil</strong>nehmer teilen muss, wobei nicht gesagt wird, wie (das heißt er könnte<br />

auch alles behalten). Über 90% der <strong>Teil</strong>nehmer, die sich schuldig fühlten (also eine unfairen<br />

Handeln durchgeführt haben = nicht 50 – 50) drehten ihr Verhalten eine Woche später um und<br />

gaben dem anderen mehr. Auf der anderen Seite gaben machten nur 25% der Pbn, die sich nicht<br />

schuldig fühlten, eine Woche später ein großzügiges Angebot.<br />

3. Feedbacksysteme: Emotionale Bewertungen der Konsequenzen von Entscheidungen und<br />

Verhaltensweisen, z.B. Belohnung und Bestrafung (operantes Lernen), Antizipatorische Emotionen<br />

(Vorwegnahme von emotionalen Konsequenzen wie Schuld oder Vorfreude leitet Verhalten, vlg.<br />

Somatic Marker)<br />

� Emotionsvorhersage: Intensität und Dauer von zukünftigen Emotionen wird überschätzt<br />

(„affective forecasting“)<br />

Die Theorie der somatischen Marker (Damasio)<br />

� Integration von emotionalen und somatischen Handlungskonsequenzen in kognitive<br />

Handlungsrepräsentation (im präfrontalen Kortex)<br />

� Antizipation von Handlungsergebnissen reaktiviert assoziierte (= klassisch konditionierte)<br />

emotionale und somatische Reaktion (weil sie somatisch markiert sind) => führen zu As-if body<br />

loops: Das heißt, wir erleben im Geiste (genauer gesagt: im somatosensorischen Kortex) wieder,


wie es sich anfühlt würde, eine bestimmte Handlung – die wir in der Vergangenheit bereits<br />

ausgeführt haben und deren Konsequenzen wir kennen – erneut auszuführen<br />

� Diese somatischen Marker leiten Entscheidungsverhalten (Intuition, Entscheidung fühlt sich „gut“<br />

vs. „schlecht“ an), sind antizipierte Emotionen!<br />

� Erklärt mangelnden Effekt von Beta-Blockern<br />

� Emotionen scheinen zudem eher das Ziel von Verhalten zu sein (vgl. „mood freezing“-Experiment<br />

von Manucia, 1984)<br />

� Evidenz für James-Lange-Theorie: Körperliche Veränderung Grundlage für emotionales Erleben<br />

Exp. Iowa Gambling Task: Pbn sollen Karten von jeweils einem von 4 Stapeln ziehen und zwar mit dem Ziel,<br />

ihr Startguthaben zu maximieren. Dabei führte jede Karte entweder zu Gewinn, oder Verlust. Der Clue an<br />

der Sache: Karten aus den Stapeln A + B hatten sowohl hohe Gewinne als auch Verlust, also einen Netto-<br />

Verlust. Karten aus dem Stapel C + D hingegen waren konservativ, d.h. mit kleinem Gewinn, aber auch<br />

kleinen Verlusten, sprich einem Netto-Gewinn. Während gesunde Pbn. Langfristig den sicheren Stapel<br />

bevorzugen, ziehen Patienten mit Läsion im präfrontalen Kortex (also die keine somatischen Marker<br />

ausbilden) langfristig Karten vom risikoreichen Stapel und verlieren also Geld.<br />

Sozialkommunikative Funktion von Emotionen<br />

Gesunde Pbn haben eine erhöhte SRR,<br />

wenn sie von den Risikostapeln ziehen,<br />

kranke nicht. Ergo: Gesunde können die<br />

affektive Konsequenzen antizipieren,<br />

kranke nicht. Deswegen macht ihnen das<br />

Risiko nichts aus.<br />

� Emotionen regulieren soziale Interaktionen (soziale Emotionen sind z.B. Eifersucht, Neid, Liebe,<br />

Dominanz, Hass…) vgl. Empathie und emotionale Ansteckung<br />

� Emotionen erlauben einen Vergleich mit sozialen Normen und Standards (siehe moralische<br />

Emotionen)<br />

� Kommunikative Funktion von Emotionen: Befindlichkeit, Verhaltensabsicht und<br />

Verhaltensaufforderung<br />

Bsp: soziale Interaktionen (Kraut & Johnson) => Menschen lächeln häufiger in sozialen Interaktionen als<br />

anderen Situationen. Es wurden überrascht wenig lachenden Gesichter von Bowlern und Ice-Hockey-Fans<br />

in positiven Situationen gefunden, es sei denn, diese interagierten mit anderen. Selbiges gilt für Fußgänger.<br />

Sozialer Kontext ist wichtig für den Emotionsausdrück. Lachen kommt häufiger vor in sozialen Situationen,<br />

unabhängig vom Ergebnis des Wurfes. Lächeln ist also nicht primär Ausdruck von Freude (eine Emotion),<br />

sondern von sozialer Interaktion!


Emotionale Ansteckung (Bush et al): Pbn werden Comedyfilme entweder mit eingespieltem Lachen oder<br />

ohne gezeigt. Zusätzlich sollen die Pbn entweder ihren Gesichtsausdruck zeigen (also Mimikry erlaubt) oder<br />

unterdrücken. AV: EMG von orbicularis oculi und zygomaticus + Witzigkeitsrating. Ergebnis: Haupteffekt für<br />

Bedingung mit Publikumslachen bei spotantem Gesichtsausdruck. Erklärung: Faziale Mimikry<br />

<strong>Teil</strong> XI Emotionstheorien<br />

Emotionstheorien unterscheiden sich wesentlich in der Antwort auf zwei Grundfragen: 1. Wodurch werden<br />

Emotionen verursacht und 2) wie entstehen unterschiedliche Emotionen<br />

1. Biologische Ansätze: biologischer Ursprung von Emotionen in funktional spezialisierten<br />

Emotionsmodulen<br />

2. Kognitive Ansätze: kognitive Einschätzung in Bezug auf das eigene Wohlergehen und Wohlbefinden<br />

3. Konstruktivistische Ansätze: sozio-kulturell vereinbarte Kategorisierung von unspezifischen<br />

affektiven Zuständen (Emotionen sind kulturell akzeptierte Konstrukte)<br />

Biologische Ansätze: folgen einer evolutionspsychologischen Annahme<br />

� Emotionen und ihr Ausdruck im Verhalten sind angeborene Merkmale, die durch natürliche<br />

Selektion entstanden sind (dienen der Bewältigung von fundamentalen, immer wiederkehrenden<br />

Aufgaben, z.B. Bedrohung)<br />

� Erster Vertreter: Charles Darwin mit „The expression of the Emotions in Man an Animals), heute:<br />

Ekman, Panksepp<br />

Emotionsmodule zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:<br />

- Separate informationsverarbeitenden Systeme (Affektprogramme)<br />

o Funktionale Spezialisierung, nicht ein System für alle Emotionen (z.B. Flucht)<br />

o Domänenspezifität, z.B. Bedrohung, Untreue<br />

o Automatizität<br />

o Genetisch festgelegte Schaltkreise („affect circuits“)<br />

o Enkapsulation: einzelne Module sind relativ unzugänglich für andere Prozeße (z.B.<br />

kognitiver Art) => z.B. helfen bei Angst vor Spinnen kognitive Infos nicht<br />

- Direkte Emotionsauslösung durch Situationsmerkmale (Schlüsselreize) oder konditionierte<br />

Reize: angeborene Wahrnehmungsschemata? (Schlangen, Spinnen …)<br />

- Lernen von emotionalen Reaktionen auf neue Hinweisreize und Situationen


o Furchtkonditionierung: Little Albert (Watson & Rayner, 1920)<br />

o Biologisch vorbereitetes Lernen (Seligman, 1970): Leichter Angst Schlafen als vor Blumen<br />

zu konditionieren (= Preparedness)<br />

� Mischtheorien (wie z.B. von Plutchik – allerdings empirisch kaum gestützt) beschreiben<br />

Sekundäremotionen als eine Vermischung verschiedener Primäremotionen (z.B. Liebe = Freude +<br />

Vertrauen)<br />

� 8 Basisemotionen: Optimismus, Aggressivität, Verachtung, Reue, Missbilligung, Ehrfurcht,<br />

Unterwerfung, Liebe<br />

Angeborene Wahrnehmungsschemata? Rakinson & Derringer (2008) zeigten Säuglinge im Alter von ca. 5<br />

Monaten (die also wahrscheinlich noch keinen Kontakt zu Spinnen hatten) unterschiedlich spinnenähnliche<br />

Reize und maßen die Fixationsdauer der Kinder. Ergebnis: Die Kinder betrachten den spinnenähnlichen<br />

Reiz signifikant länger als diejenigen, die nicht mehr als Spinne zu erkennen sind.<br />

Vorbereitetes Lernen (Cook & Mineka, 1989): Affen sehen Videos, in denen andere Affen entweder Angst<br />

vor einem Spielzeugkrokodil oder einem Spielzeughasen haben. Anschließend werden ihnen einen ein<br />

Spielzeugkrokodil und ein Spielzeughase dargeboten und es wird geguckt, wovor die Tiere mehr Angst<br />

haben. In beiden Fällen reagieren die Tiere stärker auf das Spielzeugkrokodil!<br />

Kognitive Ansätze: folgen weitgehen sogenannten Appraisaltheorien<br />

� Emotionen sind abhängig von der subjektiven Einschätzung (Appraisal) einer Situation bzw.<br />

Ereignisses (Einschätzung in Hinblick auf Werte, Ziele und Normen der Person)<br />

� Spezifische Emotionen ergeben sich als Kombination verschiedener Einschätzungen, also:<br />

- Unterschiedliche Emotionen in ähnlichen (aber unterschiedlich bewerteten) Situationen<br />

- Ähnliche Emotionen in unterschiedlichen (aber ähnlich bewerteten) Situationen<br />

- Soziokulturelle Beeinflussung von Einschätzungsdimensionen<br />

- Emotion = Reaktionsprofil aus expressiven, physiologischen und motivationalen Komponenten


Das Komponenten-Prozeß-Modell (Scherer, 2001): 4 Stimulus Evaluation Checks (Einschätzungen, die<br />

sequentiell vorgenommen werden und rekursiv wirken)<br />

1. Relevanz: Neuigkeitsbewertung, intrinsische Angenehmheit, Relevanz für Ziele und Bedürfnisse<br />

2. Implikation: kausale Attribution (wer, was, warum?), Ergebniswahrscheinlichkeit, Diskrepanz zur<br />

Erwartung, Dringlichkeit, Zuträglichkeit oder Abträglichkeit zu eigenen Zielen und Bedürfnissen<br />

3. Bewältigungspotential: Kontrolle, Macht, Anpassungspotential<br />

4. Normative Signifikanz: interne und externe Standards<br />

Attributionsstile (Neumann, 2000): Pbn wurden prozedural geprimt, indem sie entweder Sätze in der<br />

ersten Person („Ich nehme…“) oder in der dritten Person („Er nimmt…“) schreiben sollten. (= internales<br />

oder externales Priming).Im Anschluss erfahren sie eine harsche Reaktion und es wird untersucht, wie die<br />

Pbn darauf reagieren.<br />

Liegt der Fokus also auf dem Selbst, dann zeigen wir eher<br />

Schuldgefühle, weil wir glauben, soziale Normen verletzt<br />

zu haben. Liegt er allerdings auf jemand anderem (durch<br />

Priming), dann empfinden wir eher Ärger! Rechnet man<br />

die Attribution aus dem Zusammenhang von<br />

Prozeduralem Priming und der Emotion heraus, dann<br />

wird der Zusammenhang nicht mehr signifikant.<br />

Attribution ist also entscheidend


Konstruktivistischer Ansatz: Emotionen werden auf Basis von unspezifischen affektiven Zuständen<br />

kognitiv „konstruiert“<br />

Die Zwei-Faktoren-Theorie von Schachter und Singer<br />

� Unspezifischer Arousal und kognitive Erklärung der Erregung durch emotionale Ursache<br />

Ist Arousal notwendig? Valins (1966): bloße Glaube der Person, erregt zu sein, reicht aus, um emotionale<br />

Einschätzung zu verändern. Männern wurde falsches Feedback über ihre Herzrate gegeben, während man<br />

ihnen Bilder von halbnackten Frauen zeigte. Die Männer sollten im Anschluss die Attraktivität der Frauen<br />

raten. Die Frauen, bei denen sich angeblich der Herzschlag der Männer (der in Wirklichkeit fingiert war)<br />

erhöhte, wurden signifikant attraktiver eingeschätzt. In der Kontrollgruppe wurde akustische Töne gezeigt.<br />

Probleme: Attraktivitätsrating ist keine Emotion, wahrgenommene Erregung nicht notwendig für Emotion,<br />

falsches Feedback könnte zu physiologischen Veränderungen führen<br />

Erregungstransfer (Zillmann, 1983): Fehlattribution einer körperlichen Resterregung aus Situation A auf<br />

eine emotionale Erregung in Situation B, z.B. Resterregung nach körperlicher Ertüchtigung wird als sexuelle<br />

Erregung durch Videoclip ausgelegt (Cantor et al) / Brückenexperiment (Dutton & Aron). Funktioniert nur,<br />

wenn Situation A nicht als Quelle der Erregung wahrgenommen wird!<br />

Moderne konstruktivistische Ansätze (durch Valins Experiment ausgelöst)<br />

Coverstory: Den Pbn wird gesagt, sie testeten ein Vitamin<br />

und dessen Auswirkung auf ihre Sehfähigkeit<br />

Wird den Pbn gesagt, das Mittel habe keine bzw. andere<br />

Nebenwirkungen, wissen sie nicht, woher das Arousal<br />

kommt. Also suchen sie nach möglichen Ursachen in der<br />

Umgebung, in diesem Falle dem Mitteilnehmer. Ist der<br />

also ärgerlich, denken die Pbn, ihre Erregung käme daher<br />

und halten sich auch für ärgerlich. Genauso verhält es<br />

sich mit Freude!<br />

� Arousal bestimmt Intensität und Kognition die<br />

Qualität von Emotionen<br />

� Aber: Notwendigkeit von Arousal fragwürdig –<br />

z.B. in Placebo-Bedingung selbe Euphorie bzw.<br />

Ärger wie bei Adrenalin!<br />

� Kritik: Bedingung Adrenalin*FN*Ärger nicht<br />

miterhoben, nicht reproduzierbar, Erregung<br />

durch Adrenalin vielleicht selbst schon negative<br />

Valenz<br />

- Emotionen entstehen durch Kategorisierungen von unspezifischen affektiven Zuständen mit<br />

Emotionskonzepten (Barret & Russel)


Modifizierte Grundannahmen:<br />

1. Emotionsunspezifischer Basisaffekt (anstelle Erregung)<br />

- Kognitiv-physiologische Reaktion auf Ereignisse<br />

- Mix aus Valenz und Erregung (dimensionales Modell) (Erregung hat also auch Valenz,<br />

widerspricht alter Annahme!!)<br />

- Objektungerichtet<br />

2. Emotionale Kategorisierung (anstelle Attribution)<br />

- Emotionskonzepte (Angst, Ärger …) als interpretative Schemata<br />

- Kategorisierung über Ähnlichkeitsbestimmungen<br />

- Objektgerichteter emotionaler Zustand<br />

Diskrete Reaktionsmuster entsprechen der Frage nach Reaktionskohärenz, die die Empirie mit einem<br />

deutliche Nein beantwortet. Das ist eine große Stärke der Konstruktivistischen Theorien.


<strong>Teil</strong> XII Emotionsregulation<br />

= alle Wege über die Person Einfluss darauf nehmen, welche Emotionen sie haben, wann sie Emotionen<br />

haben und wie sie Emotionen erleben und ausdrücken<br />

Erklärungsansätze:<br />

- Hedonistische <strong>Motivation</strong>: Lust anstreben, Unlust vermeiden<br />

- Funktionale <strong>Motivation</strong>: aufgabenbedingte Anforderungen (optimales Niveau), z.B. nett zu<br />

Gästen, böse zu Feinden<br />

- Prosoziale <strong>Motivation</strong>: Mitleid, Aggressionskontrolle usw.<br />

- Selbstschutz (z.B. Verdrängung)<br />

- Selbstdarstellung (Eindrucksmanagement)<br />

Aufmerksamkeitskontrolle: z.B. durch Beachtung nicht-emotionaler Aspekte eines Reizes bzw. der<br />

Beachtung irrelevanter Reize<br />

Leventhal, Brown et al (1979: Cold-Pressor Test (Eiswanne)<br />

Pbn sollen Hand in eine Wanne mit eiskaltem Wasser halten<br />

UV: Aufmerksamkeit auf sensorische (Gefühl in der Hand) vs. ganzheitliche Empfindungen<br />

(Körpergefühl) vs. keine Instruktion (Kontrolle)<br />

AV: Schmerzempfinden<br />

Vor bzw. nach emotionaler<br />

Reaktion!<br />

Ergebnis: Reduzierter Schmerz bei Handfokus (1) und Fokus aus sensorische Reizeigenschaften<br />

verringert Schmerz (2)<br />

Kognitive Änderungen: Neubewertungen und Uminterpretationen von emotionsauslösenden Ereignissen,<br />

z.B. Umdeutung (Reappraisal), Leugnung, Intellektualisierung, Rationalisierung, Distanzierung,<br />

Verdrängung


Lazarus et al (1965): neutrale vs. Leugnende vs. Intellektualisierende Begleitkommentare zu einem<br />

furchtauslösenden Film (Arbeitsunfälle)<br />

Reaktionskontrolle: z.B. Emotionsunterdrückung(Expression suppression) – aber auch Drogen, Sport<br />

- Reduziert Intensität des emotionalen Erlebens<br />

Aber1: erhöht kardiovaskuläre Aktivität (= mehr Erregung)<br />

Gross 1998: Vpn sehen einen ekelerregenden Film (Armamputation)<br />

UV: Suppression vs. Reappraisal vs. keine spezifische Instruktion<br />

AV: Emotionsrating, physiologische Maße<br />

Hautleitfähigkeit<br />

geringer bei<br />

kognitiven<br />

Änderungen als bei<br />

KG. Am effizientesten<br />

bei<br />

Intellektualisierung


� In der Unterdrückungsbedingung ist die Fingerpulsamplitude am höchsten, damit auch die<br />

sympathische Aktivität<br />

� Bei chronischer Angstunterdrückung („repressors“) erhöhte Anfälligkeit für Herz-, Asthma- und<br />

Krebserkrankungen<br />

Aber2: verbraucht kognitive Ressourcen („ego depletion“)<br />

Aber3: vermindert die Qualität von sozialen Interaktionen<br />

Butler et al (2003): Konversation von zwei Frauen über einen schlimmen Kriegsfilm<br />

UV: Instruktion für Akteure (neutral vs. suppression vs. reappraisal)<br />

AV: 1. Expressivität, Reaktivität, Ablenkung (Akteure)<br />

2.Erregung, Nähe, Kontaktaufnahme (Partner)


Soziales <strong>Teil</strong>en von Emotionen: Ist geteiltes Leid halbes Leid? Austausch über emotionale Erlebnisse<br />

(positive wie negative) ist generell sehr häufig und nimmt mit der Intensität des Erlebnisses zu (Rimé 1998)<br />

� Überwältigende Mehrheit glaubt, dass die bloße Aussprache von belastenden Erlebnissen zu<br />

einer emotionalen Verarbeitung beiträgt<br />

Zech & Rimé (2005): Erinnerung an das negativste Ereignis des Lebens, das sie noch immer<br />

bewegt<br />

- Messzeitpunkt 1: Baseline<br />

- 20-Minuten-Gespräch über das Ereignis<br />

- Messzeitpunkt 2: eine Woche Später<br />

- Messzeitpunkt 3: 2 Monate später<br />

Weiterhin zeigen Menschen einen starken Glauben an den objektiven Nutzen solcher Gespräche<br />

� Allerdings zeigt dieses Experiment keine Verbesserung durch emotionale Aussprache, denn die<br />

emotionale Erholung ist gleich stark, egal über was geredet wurde (Erklärung: Placebo und/oder<br />

Habituation und/oder Interaktion?)<br />

Let’s talk about it<br />

UV: Fokus während des Gesprächs: Emotionen<br />

vs. Fakten vs. triviale Dinge<br />

AV: eingeschätzter Nutzen des Gesprächs<br />

(subjektiv), emotionale Erholung (objektiv)<br />

Zeigt den subjektiven Nutzen des<br />

Gesprächs. Ein Gespräch über emotionale<br />

Dinge scheint dabei am ehesten zu helfen<br />

- Art der Gesprächsführung entscheidet über Wirkung, gilt auch für Aufschreibetechnik<br />

- Therapeutische Gespräche<br />

o Klärung der kognitiven Grundlagen und (latenten) motivationalen Antriebe von Gefühlen<br />

und Emotionen<br />

o Sensibilisierung für Unterschiede, alternative Sichtweisen, ungeprüfte Voraussetzungen,<br />

Einstellungen, Attributionsfehler …<br />

o Empathisches Verstehen, Authentizität, positive Wertschätzung, aktives Zuhören<br />

o Psychologische Gesprächsführung muss gelernt werden

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