12. Sonntag im Jahreskreis - St. Antonius Frankfurt Rödelheim
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Liebe Schwestern und Brüder,<br />
<strong>12.</strong> <strong>Sonntag</strong> <strong>im</strong> <strong>Jahreskreis</strong> B Mk 4, 35-41<br />
kennen Sie das? Sie leben Ihren Alltag, ruhig und gelassen. Alles geht seinen<br />
gewohnten Gang. Sie sind zufrieden und haben sich an den Alltagstrott<br />
gewöhnt.<br />
Und plötzlich gibt es wie aus heiterem H<strong>im</strong>mel ein Ereignis, das Ihr Leben auf<br />
den Kopf stellt, es aus den gewohnten Gleisen wirft. Es entsteht auf einmal ein<br />
Chaos, das Durcheinander, Leid und Angst bringt. Kennen Sie das? So ein<br />
übergangsloser Schritt von der Ruhe zum haltlosen Chaos?<br />
So ein Lebenssturm kann durch vieles ausgelöst sein: ein Brief, eine Wahrheit,<br />
die mir von anderen mitgeteilt wird und die die Sicherheit meines Lebens<br />
wegreißt wie einen Teppich unter den Füßen. Es kann die plötzliche Gewissheit<br />
sein, dass in meinem Leben etwas falsch gelaufen ist, dass ich vielleicht noch<br />
gar nicht wirklich gelebt habe. Oder es kann eine Krankheit sein, der Tod eines<br />
geliebten Menschen oder eine Leidenschaft, die nicht mehr unter Kontrolle zu<br />
bekommen ist. Beispiele gibt es unzählige. So ein <strong>St</strong>urm kann durch vieles<br />
ausgelöst sein.<br />
Diese Erfahrung wird <strong>im</strong> Evangelium beschrieben, die Erfahrung eines <strong>St</strong>urmes,<br />
der plötzlich alle Sicherheit auflöst und ungeheuer bedrohend wirkt.<br />
Meteorologisch betrachtet ist es einer der heftigen Fallwinde von den<br />
galiläischen Bergen, die ganz plötzlich auftreten und genauso plötzlich wieder<br />
verschwinden können. Es geht aber hier nicht so sehr um ein Naturereignis. Was<br />
hätten wir auch sonst davon, dass uns der Evangelist Markus davon erzählt, was<br />
vor etwa 2000 Jahren passiert ist; denn auch heute noch kann ein solcher<br />
Fallwind einen <strong>St</strong>urm auslösen. Wir könnten bestenfalls sagen: schön, dass die<br />
Jünger das damals erlebt haben und auf wunderbare Weise gerettet worden sind.<br />
Schade nur, dass das nicht meine Erfahrung ist.<br />
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Nein, <strong>im</strong> Evangelium geht es <strong>im</strong>mer um unser Leben, um unser Heute, um unser<br />
Er-leben. Es lädt uns ein, anhand der Glaubenserfahrungen der Menschen, von<br />
denen <strong>im</strong> Evangelium erzählt wird, unser eigenes Leben zu deuten und <strong>im</strong><br />
Glauben zu verstehen. Was da geschildert wird, ist den Jüngern und den<br />
Menschen aller Zeiten <strong>im</strong>mer wieder passiert.<br />
Ja, mitten in der scheinbaren Ruhe des Alltags kann der <strong>St</strong>urm losbrechen, der<br />
die schrecklichsten Ängste in uns aufwirbelt, denen wir hilflos ausgeliefert<br />
scheinen. Mitten in unserem Alltag kann sich alles verändern und Tod und<br />
Vernichtung drohen für alles, was uns lieb und kostbar ist. Das Meer, der <strong>St</strong>urm<br />
auf dem Meer, ist schon <strong>im</strong>mer ein Symbol für das Unbewusste <strong>im</strong> Menschen,<br />
für die verschlingenden Chaosmächte, für die Ängste.<br />
Wenn wir diese Angst in uns spüren – was ist dann zu tun? Auf diese Frage will<br />
uns das Evangelium, will uns Jesus eine Antwort geben.<br />
Das Evangelium sagt uns: Zunächst ist erst einmal nichts zu tun. Es gilt erst<br />
einmal auszuhalten, was ist. Der schlafende Jesus macht sichtbar: Inmitten der<br />
aufgepeitschten See, inmitten all der Unruhe, der zerstörerischen Gefahr behält<br />
er die Ruhe und das Vertrauen. Es geht darum, das Schiff unseres Lebens dort<br />
zu verankern, wo unterhalb der aufgewühlten See der <strong>St</strong>urm nicht mehr<br />
hinreicht. So stark der <strong>St</strong>urm auch sein mag: Vielleicht peitscht er die Wellen<br />
des Sees in einer Tiefe von 3, 4 Metern auf. Angesichts der mehr als 200 Meter<br />
Tiefe des Sees Gennesaret ist das aber fast nichts. Schon kurz unter der<br />
Oberfläche des Sees bleibt alles ruhig und sogar unberührt.<br />
So ist es auch in unserem Leben: Wir können manchen <strong>St</strong>ürmen unseres Lebens<br />
nicht ausweichen. Sie erreichen uns, wühlen uns auf, treiben uns um. Und<br />
dennoch gilt es – <strong>im</strong> Blick auf Jesus – ein Vertrauen zu lernen, dass uns all das<br />
<strong>im</strong> Letzten nicht gefährden kann. Das bedeutet nicht, dass wir unberührt bleiben<br />
und <strong>St</strong>oiker werden sollten oder können, denen letztlich alles egal ist. Aber es<br />
heißt, uns mit unserem Leben und mit all dem, was uns darin begegnet, uns mit<br />
unserem Glauben, mit unserem Vertrauen in einer Tiefe zu verankern, wo uns<br />
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die <strong>St</strong>ürme nicht erreichen können. Oft genug zeigt sich dann aus einer solchen<br />
Haltung durchaus auch überraschend Rettung und Ausweg, wo vorher nichts<br />
mehr zu tun schien. Zunächst aber gilt es: ruhig zu werden, auszuhalten,<br />
Vertrauen zu lernen.<br />
Ich erinnere mich gut, dass ich als Kind, als ich dieses Evangelium hörte, <strong>im</strong>mer<br />
gedacht habe: Jesus kann gut mitten <strong>im</strong> <strong>St</strong>urm schlafen. Er braucht nur ein<br />
Machtwort zu sprechen, und Wind und <strong>St</strong>urm schweigen still. Mittlerweile weiß<br />
ich sehr wohl, dass die Ruhe Jesu nicht daher kommt, dass er nicht gefährdet<br />
gewesen wäre. Nein, nicht lange nach dieser Begebenheit steht er selber wieder<br />
in einem <strong>St</strong>urm. Und diesmal wird ihm der <strong>St</strong>urm das Leben kosten – der <strong>St</strong>urm<br />
<strong>im</strong> Garten Getsemani und auf Golgota.<br />
Die Ruhe und Gelassenheit Jesu sind nicht darin begründet, dass der <strong>St</strong>urm nicht<br />
gefährlich wäre, sondern dass er sich in <strong>St</strong>urm und Wind in Gott geborgen weiß.<br />
Man könnte dieses Vertrauen in einem Wort zum Ausdruck bringen: „Was<br />
kümmert mich der Schiffbruch, wenn Gott der Ozean ist?“<br />
„Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ Dieses Wort<br />
Jesu sagt den Jüngern nicht: Es wird euch nichts passieren. Und es sagt uns<br />
nicht, dass wir als Glaubende nicht den realen Gefährdungen unserer Welt<br />
ausgesetzt wären. Nein, Bedrohung, Unglück auch der Tod gehören zum Leben<br />
von uns Menschen, natürlich auch zum Leben der Glaubenden, so wie ja auch<br />
Jesus und die Jünger alle miteinander diesen Weg gehen mussten.<br />
„Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ Dieses Wort<br />
lädt uns ein, uns mit allem, was uns <strong>im</strong> Leben passiert, in der Gegenwart Gottes<br />
zu verankern. Inmitten der <strong>St</strong>ürme unseres Lebens sind wir nicht allein. Aus<br />
dieser Sicherheit dürfen wir unser Leben gestalten. Amen.<br />
S<strong>im</strong>one Gerlitzki, Pastoralreferentin<br />
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Einführung<br />
Es gibt Zeiten <strong>im</strong> Leben, da hat man den Eindruck: Ich halte mein Leben nur<br />
noch über Wasser. Nichts gibt mir mehr die <strong>St</strong>ütze und den Halt, die ich so nötig<br />
brauche. Auf wen oder was ich mein Leben baute, es bricht über und unter mir<br />
zusammen. Manchmal geschieht es so urplötzlich und unerwartet wie ein <strong>St</strong>urm<br />
auf einem Meer, dass einem die Zeit zum Nachdenken fehlt. Dann ist schnelle<br />
Hilfe angesagt, ich muss nach Rettern Ausschau halten und eventuell sehr<br />
deutlich auf mich aufmerksam machen.<br />
In diesem Gottesdienst wollen wir uns an Gott, unseren Vater, wenden. Er kennt<br />
uns und unsere Sorgen, Ängste und Nöte.<br />
S<strong>im</strong>one Gerlitzki, Pastoralreferentin<br />
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