Predigt und Fürbitten zum Glaubenskurs - St. Antonius Frankfurt ...
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<strong>Predigt</strong> <strong>und</strong> <strong>Fürbitten</strong> „Friede – nichts für Träumer“ Geheiligt werde dein Name, Dein<br />
Reich komme 1. <strong>und</strong> 2. Bitte Mittwoch, 11.3.2009<br />
Liebe Schwestern <strong>und</strong> Brüder,<br />
Abba – ein Du sprengt unseren Horizont – «Vater unser im Himmel» war das Thema der<br />
vergangenen Woche. Wir hörten, dass der gewaltig große Schöpfergott ein uns liebender<br />
Vater ist. Wir dürfen Ihn mit Abba-Vater ansprechen. Aber noch mehr konnte uns letztes Mal<br />
ins <strong>St</strong>aunen bringen: Jesus wagt im Gespräch mit dem heiligen Gott – in aller Öffentlichkeit<br />
<strong>und</strong> gegen den religiösen Sprachgebrauch Seiner Zeit – die familiäre Anrede «Abba».<br />
Gott so anzureden war eine Revolution. Mit dieser Art, von Gott zu denken <strong>und</strong> zu sprechen<br />
wurde Jesus für viele <strong>zum</strong> Ketzer; er wurde zur Gefahr für die althergebrachten <strong>St</strong>rukturen<br />
des religiösen Lebens. Andere erfuhren durch Jesus <strong>und</strong> Seinen Abba-Gott eine große<br />
Befreiung. Denn in dem kleinen Wörtchen «Abba» war alles eingeschlossen, was die<br />
Menschen letztlich suchten <strong>und</strong> suchen: Respekt <strong>und</strong> Bew<strong>und</strong>erung, Geborgenheit <strong>und</strong><br />
Wärme.<br />
Schauen wir auf die ersten zwei Bitten des Vater Unser <strong>und</strong> damit auf das Thema der<br />
kommenden Woche: „…geheiligt werde dein Name, dein Reich komme“:<br />
Die erste Bitte beim Vaterunser „geheiligt werde dein Name“ ist das Aufschauen <strong>zum</strong><br />
himmlischen Abba-Vater. Es ist ein Aufblick voller Erwartung. Es ist das Eintreten in eine<br />
traute Zweisamkeit, in der wir ganz angenommen <strong>und</strong> ganz verstanden werden. Es ist das<br />
Eintreten in eine Beziehung von «Herz zu Herz».<br />
Genau das lebte Jesus: eine Beziehung von Herz zu Herz. In den Evangelien lesen wir, dass<br />
sich Jesus oft zurückzog, um Gemeinschaft mit Seinem Vater zu suchen. Er suchte die innere<br />
Einheit mit Gott, denn von da her kam eine Kraft, eine Bestätigung über Ihn. Da lebte Er auf.<br />
Diese innere Verb<strong>und</strong>enheit schenkte Ihm die Gewissheit, dass der Vater Ihn liebte <strong>und</strong> Ihm<br />
vertraute. «Du wirst es gut machen. Ich vertraue dir. Ich stehe ganz hinter dir.» Dieses<br />
Vertrauen stärkte Ihn <strong>und</strong> gab Ihm Mut, Seine Sendung mit Freude, innerem Frieden,<br />
Gelassenheit <strong>und</strong> Kühnheit zu leben <strong>und</strong> auch zu verkünden.<br />
Aus dieser Erfahrung heraus <strong>und</strong> Seiner Berufung folgend: den heiligen Abba-Vater, Sein<br />
Wesen, Seinen Namen zu offenbaren, sagte Jesus: «Geheiligt werde dein Name». Jesus hat<br />
Sein Gebet nicht mit «Bitte, bitte, lieber Gott, gib doch, mach doch, tu doch, lass doch …!»<br />
begonnen. Gott hat für Ihn nicht die Funktion eines Nothelfers. Gott ist für Ihn vielmehr der<br />
höchste Wert, der große Inhalt Seines Lebens. Nicht die Not lehrt Ihn beten, sondern die<br />
Begeisterung darüber, dass das Dasein von Gott – von einem solchen Gott! – getragen ist.<br />
Wie kann diese Freude an Gott, diese Bew<strong>und</strong>erung des Vaters, dieses Gr<strong>und</strong>gefühl<br />
Jesu in uns wachsen?<br />
Zwei Aspekte sind hilfreich:<br />
Die Heilung des Bildes Gottes in uns<br />
Das Bild Gottes in uns muss entgiftet werden, denn niemand von uns ist in idealen, heilen<br />
Beziehungen zu Eltern <strong>und</strong> Autoritätspersonen aufgewachsen. Auch hatte niemand ein ideales<br />
Umfeld <strong>und</strong> somit keine durch <strong>und</strong> durch heile Lebensgeschichte. So haben sich in unsere<br />
1
Beziehung zu Gott unmerklich Misstrauen, Angst, Skepsis, Auflehnung <strong>und</strong> Enttäuschung<br />
eingeschlichen. Wenn wir streng religiös erzogen wurden, ist eventuell ein moralischer<br />
Leistungsdruck dazu gekommen.<br />
Hilfreich ist daher ein Weg der Aufarbeitung <strong>und</strong> Heilung. In besonderer Weise kann es<br />
wichtig sein, die Beziehung mit unseren Eltern, sprich dem irdischen Vater (Mutter)<br />
anzuschauen <strong>und</strong> uns mit ihm (ihr) zu versöhnen. Kein Weg <strong>zum</strong> inneren Frieden führt an der<br />
Versöhnung mit unserem persönlichen Leben vorbei.<br />
Der 2. Aspekt<br />
Den Geist Jesu empfangen<br />
Noch etwas dient der Heilung des Gottesbildes, etwas, das wir nicht in uns haben.<br />
Paulus meinte, vor Gott nur durch Leistungen <strong>und</strong> Fehlerlosigkeit bestehen zu können. Er<br />
hatte Angst vor Ihm, bis ihm der wahre Gott, der Vater Jesu Christi begegnete. Da kam Gottes<br />
Geist <strong>und</strong> damit Gottes Liebe in sein Herz. Das veränderte seine Sichtweise total (vgl. Phil<br />
3,7–9). Für ihn zählte von da an nur noch eines: Diese Liebe Gottes die ihm in Jesus<br />
begegnete, im Herzen zu tragen <strong>und</strong> aus der neuen Würde als geliebter Sohn zu leben.<br />
Der Geist Jesu offenbart uns unsere wahre Identität: Im Sohn Jesus Christus geliebte Töchter<br />
<strong>und</strong> geliebte Söhne Gottes zu sein. Wir sollten versuchen Ihn in unser Herz zu lassen. -<br />
Diese Freude im Herzen lässt Jesus weiterbeten: «Dein Reich komme»- die zweite Bitte des<br />
Vater Unser. Man könnte formulieren: Deine Liebe komme in neuer Weise in unsere Welt.<br />
Wenn Jesus beten lehrt: «Dein Reich komme», dann bedeutet dies, dass es noch ein anderes<br />
Reich gibt. Die Bibel redet vom Reich dieser Welt oder vom Herrschaftsbereich dieser<br />
Welt. Jesus aber meint mit der Bitte einen geistigen Bereich, eine geistige Haltung, in denen<br />
verschiedene Mächte wirken, die dem Heilshandeln Gottes entgegenstehen. Es gibt also zwei<br />
Reiche, die ihren Einfluss geltend machen wollen.<br />
Was viele Menschen umhertreibt <strong>und</strong> bewegt, ist das <strong>St</strong>reben nach Geld, Einfluss (Macht),<br />
Lust, Sexualität <strong>und</strong> Sicherheit. Ein geläufiges Wort in unserem Volksm<strong>und</strong> formuliert es<br />
folgendermaßen: «Alle denken immer nur an sich. Nur ich denke immer an mich <strong>und</strong> damit ist<br />
an jeden gedacht.» Dieser Ausspruch zeigt, dass es in dieser Welt meist um unser eigenes<br />
Ego, um unser Ich geht. Was Menschen weiter umhertreibt, ist die Angst. Psychologen<br />
weisen darauf hin, dass 80% bis 90% des menschlichen Handelns von der Angst bestimmt<br />
oder mitbestimmt ist.<br />
Wie sieht das Leben aus, wenn der Egoismus <strong>und</strong> die Angst die treibenden Kräfte sind, wenn<br />
sie das Sagen haben <strong>und</strong> regieren? Einige <strong>St</strong>ichworte mögen das verdeutlichen:<br />
– Wenn Angst <strong>und</strong> Egoismus (Profitstreben) die treibenden Kräfte sind, führt das zu<br />
Konkurrenz- <strong>und</strong> Machtkampf. Wir vergleichen uns mit anderen, was uns zu<br />
Schadenfreude, Missgunst, Neid <strong>und</strong> Unzufriedenheit verleitet.<br />
– Angst <strong>und</strong> Egoismus wirken sich in Halbwahrheiten <strong>und</strong> Lüge aus. Die Wahrheit wird<br />
verdreht <strong>und</strong> vertuscht. Vieles geht «hinten herum». Wir haben Angst, zu uns selbst zu<br />
stehen <strong>und</strong> täuschen etwas vor.<br />
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– Angst <strong>und</strong> Egoismus führen zu vielfältigen Abhängigkeiten <strong>und</strong> zu Unterdrückung. Es gibt<br />
auch die religiöse Unterdrückung. Der Glaube kann missbraucht werden für egoistische<br />
Ziele.<br />
– Eine spürbare Auswirkung des Reiches dieser Welt betrifft auch unser Wirtschaftssystem.<br />
Nicht mehr der Mensch steht im Zentrum, sondern oft einseitig die Gewinnmaximierung.<br />
All das hat Folgen. Wo der Egoismus <strong>und</strong> die Angst regieren, werden Beziehungen gestört<br />
<strong>und</strong> zerstört. Die Folgen sind Unheil in allen Bereichen, auch über Generationen hinweg.<br />
Mitten in dieses Unheil ist Jesus gekommen. Mit Ihm beginnt ein neues Zeitalter. So beginnt<br />
Jesus Seine Verkündigung mit folgenden Worten: «Die Zeit ist erfüllt. Das Reich Gottes ist<br />
nahe. Kehrt um <strong>und</strong> glaubt an das Evangelium» (Mk 1,15).<br />
«Das Reich Gottes ist nahe.» Reich Gottes ist die Initiative des himmlischen Vaters, der<br />
Seinen Kindern zu Hilfe kommt <strong>und</strong> allen die Fülle des Lebens schenken will. Reich Gottes<br />
heißt wörtlich: Königsherrschaft Gottes.<br />
Königliches Herrschen bedeutet: Sich gütig <strong>und</strong> fürsorglich für das Leben des anvertrauten<br />
Volkes einzusetzen.<br />
Reich Gottes heißt: Gott «regiert». Gottes Liebe erfüllt die Herzen der Menschen <strong>und</strong> all ihre<br />
Beziehungen. So beginnt Gottes Liebe in uns <strong>und</strong> unter uns an Einfluss zu gewinnen. Wenn<br />
sich in den Herzen der Menschen Gottes Kraft der Liebe ausbreitet, «herrscht» ein guter<br />
Geist, eine gute Atmosphäre, ein Klima des Vertrauens, der Offenheit usw.<br />
Zusammenfassend kann man sagen: Wo Freiheit, Liebe, Solidarität, Gerechtigkeit, Freude,<br />
Friede, Ehrlichkeit <strong>und</strong> Offenheit gelebt werden, da wird das Reich Gottes spürbar <strong>und</strong> dort<br />
können Beziehungen heilen. Das Reich Gottes ist der Ort, wo die Herrschaft von Menschen<br />
über Menschen aufhört.<br />
Nach diesen Gedanken können wir uns fragen: In welchem Reich leben wir? Leben wir im<br />
Reich der Welt oder im Reich Gottes?<br />
Um ins Reich Gottes zu gelangen, braucht es unsere Entscheidung. Darum ruft Jesus die<br />
Menschen auf, umzukehren: «Kehrt um <strong>und</strong> glaubt an das Evangelium» (Mk 1,15).<br />
«Kehrt um» (griechisch: Metanoeite) bedeutet wortgetreu aus dem Griechischen übersetzt:<br />
«Denkt um!» oder: «Ändert eure Sicht, euer Denken, eure Einstellung!»<br />
Am Aschermittwoch wurde uns diese Aussage mit dem Aschenkreuz zugesprochen. Nutzen<br />
wir die Fastenzeit, um das Reich Gottes unter uns lebendig werden zu lassen, indem wir<br />
versuchen umzudenken. Amen.<br />
Simone Gerlitzki, Pastoralreferentin<br />
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<strong>Fürbitten</strong>:<br />
Gott unser Vater, Du hast uns durch Deinen Sohn beten gelehrt. Erhöre unsere Bitten:<br />
- Lass nicht zu, dass Egoismus, Neid <strong>und</strong> Hass die Oberhand gewinnen. Gott, unser Vater, wir<br />
bitten dich erhöre uns.<br />
- Lass uns in dieser Fastenzeit unser Verhalten <strong>und</strong> Denken überprüfen <strong>und</strong> gib Du uns<br />
Deinen Heiligen Geist dazu. Gott, unser Vater, wir bitten dich….<br />
- Lass Menschen in Machtpositionen ihr Denken <strong>und</strong> Handeln immer mehr auf Dich<br />
ausrichten. Gott, unser Vater, wir bitten dich...<br />
- Lass unsere Verstorben in Deinem Reich eine neue Heimat gef<strong>und</strong>en haben. Gott, unser<br />
Vater, wir bitten dich…<br />
Denn Du möchtest uns Dein Reich schenken. Dafür danken wir Dir durch Christus<br />
unseren Bruder <strong>und</strong> Herrn. Amen.<br />
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