40 Jahre Telefonseelsorge Wien - moderndesign.at
40 Jahre Telefonseelsorge Wien - moderndesign.at
40 Jahre Telefonseelsorge Wien - moderndesign.at
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ber<strong>at</strong>ung im Internet<br />
Seit 6 <strong>Jahre</strong>n (November 2001) bietet die <strong>Telefonseelsorge</strong><br />
Ber<strong>at</strong>ung im Internet an. Dieses Medium ist<br />
noch anonymer und bietet Menschen, die sich nicht<br />
trauen würden, anzurufen, eine Möglichkeit der<br />
Kontaktaufnahme. So kann es ein vorsichtiges Herantasten<br />
und Ausprobieren sein, sich mitzuteilen und zu<br />
beschreiben, was einen bedrängt, wenn man den<br />
direkten Kontakt scheut.<br />
Schreiben h<strong>at</strong> aber auch für sich allein eine heilsame<br />
Wirkung. Es schafft Entlastung und Erleichterung.<br />
„So, jetzt habe ich mir einmal alles von der Seele<br />
geschrieben, danke fürs Lesen“ (aus einer E-Mail<br />
eines R<strong>at</strong>suchenden)<br />
Wenn Menschen ihre Emotionen sprachlich ausdrücken,<br />
finden sie Wörter für Situ<strong>at</strong>ionen, in denen sie sonst<br />
vielleicht sprachlos sind. Etwas in Begriffe zu bringen,<br />
heißt, es begreifbarer und dadurch verständlicher zu<br />
machen für sich und für das Gegenüber.<br />
Mailen h<strong>at</strong> sich zu einem zeitgemäßen Weg der Verständigung<br />
entwickelt und zu begegnen entwickelt.<br />
Der R<strong>at</strong>suchende kann das, was er zum Ausdruck bringen<br />
möchte noch besser kontrollieren, noch einmal<br />
durchlesen bevor er es abschickt.<br />
Bei der Beantwortung der E-Mails ist wie bei der Telefonber<strong>at</strong>ung<br />
Emp<strong>at</strong>hie, Wertschätzung und Ehrlichkeit<br />
in der Begegnung gefragt. Hinter mageren Buchstaben<br />
sind starke Gefühle wahrnehmbar. Obwohl lautlos<br />
klingt die Beschreibung der Enge und Verletztheit<br />
einer missbrauchten Frau wie ein einziger Schrei. Die<br />
Trauer über die Trennung von einem lieben Menschen<br />
ist über das geschriebene genau so (manchmal intensiver)<br />
spürbar wie bei einem gesprochenen Wort.<br />
Nicht selten besteht ein mehrmaliger Mailkontakt, in<br />
Krisenzeiten manchmal über einen längeren Zeitraum<br />
hinweg.<br />
In <strong>Wien</strong> haben wir in diesen 6 <strong>Jahre</strong>n mehr als 2000<br />
E-Mails von R<strong>at</strong>suchenden beantwortet.<br />
Auch hier waren etwa 2/3 Frauen und Mädchen.<br />
Im Vergleich zur Telefonber<strong>at</strong>ung waren die R<strong>at</strong>suchenden<br />
jünger.<br />
Meistgenannte Themen waren:<br />
Lieber Herr Krimmel, vielleicht könnten Sie daraus<br />
auch eine Grafik machen.<br />
Beziehung und Partnerschaft. 23,2 %<br />
Selbstwert und Identität: 15,4 %<br />
Probleme in der Familie: 8,2 %<br />
Inform<strong>at</strong>ionen u. Fachauskünfte 6,2 %<br />
Suizidgedanken: 5,9 %<br />
Auffallend ist immer wieder der rel<strong>at</strong>iv hohe Prozents<strong>at</strong>z<br />
der Mails mit Suizidgedanken im Verhältnis zur<br />
Telefonber<strong>at</strong>ung. Offensichtlich fällt es manchen leichter,<br />
Ängste und Ambivalenzen zwischen Leben und<br />
Tod auf diese Weise zu formulieren, als es in einem<br />
direkten Kontakt möglich wäre.<br />
In akuten Krisen drängen wir in unseren Antwortmails<br />
auf Telefonber<strong>at</strong>ung oder den Besuch einer<br />
Kriseninterventionsstelle.<br />
Das zum Ausdruck zu bringen, was den lesenden<br />
Ber<strong>at</strong>er bewegt, was betroffen gemacht h<strong>at</strong>, welche<br />
Bilder und Gedanken aufgestiegen sind, schafft Kontakt<br />
und Beziehung, wenn es in einer wertschätzenden<br />
und respektvollen Würdigung der Lebenssitu<strong>at</strong>ion des<br />
R<strong>at</strong>suchenden geschieht.<br />
15<br />
23:15 Mädchen h<strong>at</strong> Probleme mit den Eltern.<br />
Darf nicht ins Wohnzimmer.<br />
23:20 Eine langjährige Beziehung ist in die Brüche<br />
gegangen, das Leben h<strong>at</strong> keinen Sinn mehr.<br />
23:35 Eine ältere Frau ist besorgt um ihre Mutter, die<br />
sich umbringen will.<br />
23:37 Ein 50 jähriger Mann pflegt seine schwer kranke<br />
Frau. Er ist erschöpft und möchte ein wenig reden.<br />
00:04 Schweigeanruf.<br />
00:10 Mann h<strong>at</strong> sich aus der Wohnung ausgesperrt,