03.11.2013 Aufrufe

40 Jahre Telefonseelsorge Wien - moderndesign.at

40 Jahre Telefonseelsorge Wien - moderndesign.at

40 Jahre Telefonseelsorge Wien - moderndesign.at

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Für mich bedeutet der Dienst in der TS, d. h. die Arbeit<br />

mit Menschen, eine „sinnvolle“ Tätigkeit. Es ist mein<br />

Weg, soziales Engagement zu zeigen.<br />

C. D., Management Ber<strong>at</strong>er für Reorganis<strong>at</strong>ion und<br />

Geschäftsprozessoptimierung, Leiter eines Softwareentwicklungslabors<br />

Müde, und sonst?<br />

Beweggründe eines Ehrenamtlichen,<br />

der nebenbei einen Beruf mit eher<br />

mehr als <strong>40</strong> Wochenstunden ausübt.<br />

Jetzt, im sicheren Abstand von zehn <strong>Jahre</strong>n, kann ich’s<br />

ja gestehen: Ich kam 1997 zur <strong>Telefonseelsorge</strong>, weil<br />

ich nicht sechs Urlaubswochen auf einmal auf den<br />

Tisch legen wollte.<br />

So lange nämlich, exakt 2<strong>40</strong> Stunden, h<strong>at</strong> das Praktikum<br />

zu dauern, das Psychologiestudenten zu absolvieren<br />

haben. Wer hauptberuflich arbeitet, wird bei fünf<br />

Wochen <strong>Jahre</strong>surlaub eben ein wenig heikel, also<br />

schien mir eine zeitliche R<strong>at</strong>enzahlung der beste Weg.<br />

Glücklicherweise saß ein Zimmer neben meinem<br />

hauptberuflichen Büro ein Kollege, der gerade eine<br />

Lebensber<strong>at</strong>erausbildung absolvierte (= 500 Praxisstunden,<br />

wenn ich meine Gedanken jetzt richtig ordnen<br />

kann), und er absolvierte sie bei der <strong>Telefonseelsorge</strong>.<br />

(Die Tage nach seinen TS-Nachtdiensten<br />

erkannten wir übrigens daran, dass er am Schreibtisch<br />

quasi schlief und beim Abheben des Telefons seinen<br />

Namen nicht ganz so laut hineinbrüllte wie sonst.)<br />

Er vermittelte mir ein Vorstellungsgespräch bei der<br />

<strong>Telefonseelsorge</strong>, im Jänner 1997 ging’s los, ich zielte<br />

hauptsächlich auf Nachtdienste – bei Herausforderungen<br />

sind mir einige große Brocken lieber als viele<br />

kleine Bissen.<br />

konnten: Auch wenn man nach einem Nachtdienst<br />

ziemlich müde in den Alltag hinaustritt, ist man im<br />

Idealfall innerlich rund und zufrieden, und ein paar<br />

andere Menschen draußen in der Stadt sind es hoffentlich<br />

auch.<br />

Fast könnte man sagen, dass es Spaß macht, anderen<br />

Menschen zu helfen, aber diese Formulierung wäre<br />

ein wenig ungerecht den Anrufern gegenüber. Sagen<br />

wir einfach: Ich mag das Gefühl, einigen Menschen<br />

beim Bearbeiten ihrer Probleme beigestanden zu sein,<br />

wenn sonst niemand bei ihnen war. Telefon<strong>at</strong>e, aus<br />

denen beide Gesprächspartner gestärkt hervorgehen,<br />

gibt’s ja auch immer wieder, und hie und da flüstert<br />

mir meine Freundin zu, dass sie es toll findet, was ich<br />

da mache.<br />

Der Weg vom <strong>Telefonseelsorge</strong>-Nachtdienst bis zum<br />

Alltags-Schreibtisch ist übrigens schlanke zehn Gehminuten<br />

lang. Das reicht, um wieder in der Realität<br />

abseits der Telefonleitung anzukommen, und für diese<br />

Tage lege ich mir ein paar nicht allzu schwierige Aufgaben<br />

bereit. Vielleicht habe ich mich dann schon mit<br />

„<strong>Telefonseelsorge</strong>, Notrufdienst“ am Telefon gemeldet,<br />

und bisweilen bin ich gewiss auch schon eingenickt,<br />

was am Schreibtisch ja nicht wirklich gefährlich werden<br />

kann.<br />

Taxi- und Fernfahrer müssten sich allerdings eine<br />

bessere Str<strong>at</strong>egie überlegen.<br />

M. S., Journalist<br />

Als die 2<strong>40</strong> Praxisstunden absolviert waren, blieb ich<br />

einfach hinter dem Telefon sitzen.<br />

Die Nachtdienste waren längst Bestandteil meines<br />

Lebens geworden, ein kleines Abtauchen in eine<br />

bedürftige Welt, ein Teilen von Ressourcen, die<br />

dadurch auf mirakulöse Weise auch mehr werden<br />

9<br />

15:10 Unverständliches Schreien und Schimpfen.<br />

15:15 Anruferin wird delogiert, sucht verzweifelt eine<br />

Wohnung.<br />

15:20 Die junge Frau ist im 6. Mon<strong>at</strong> schwanger und<br />

leidet unter Panik<strong>at</strong>tacken.<br />

15:35 Selbsthilfegruppe für Freund.<br />

16:10 Schon so lange arbeitslos, alle Versuche umsonst.<br />

16:10 Die Anruferin ist auf Grund ihrer Krankheit<br />

arbeitsunfähig und voller Wut über ihre<br />

Lebenssitu<strong>at</strong>ion, sie weint und schreit.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!