Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Café <strong>KPÖ</strong><br />
Linke Zeitschrift<br />
für <strong>Oberösterreich</strong><br />
Nummer 4, Jänner 2005<br />
Inhaltsübersicht<br />
Seite 3<br />
Über die grünen Militaristen<br />
berichtet Günter Reder.<br />
Seite 4<br />
Die Unterschiede zwischen<br />
schwarzen und roten<br />
Privatisierungen skizziert Leo<br />
Furtlehner.<br />
Seite 6/7<br />
Blöder als die Polizei ist oft<br />
nur die Staatspolizei. Satire<br />
von Hanns Christian Schiff.<br />
Seite 8<br />
Die reaktionäre Larmoyanz<br />
von Scheidungsvätern<br />
untersucht Romana Gadje.<br />
Seite 11<br />
Über prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse<br />
in der KAPU<br />
spricht Anatol Bogendorfer<br />
Bilder einer Ausgabe<br />
Abbildungen von Abbildungen.<br />
Ultrarealistische Skulpturen<br />
Duane Hansons, die vor zehn<br />
Jahren in Linz ausgestellt waren.<br />
A Boring Old<br />
Der Philosoph und Publizist Oliver<br />
Marchart schrieb bereits 2001, dass sich<br />
die Grünen in das nationale Schulterschlussprojekt<br />
von Schwarzblau eingereiht<br />
hätten, weil keine Abgrenzung zu<br />
konkurrierenden politischen Projekten,<br />
wie beispielsweise dem damaligen Nulldefizit,<br />
formuliert worden sei. Die Grünen<br />
hätten sich somit aus dem politischen<br />
Farbspektrum verabschiedet. Ihre Farblosigkeit<br />
sei bestenfalls Politiksimulation,<br />
die im Wesentlichen aus nicht Auffallen<br />
und Mitmachen besteht.<br />
Das war 2001. Marchart wünschte sich<br />
eine parlamentarische Opposition. Und<br />
wurde enttäuscht. Heute, die Grünen sind<br />
in <strong>Oberösterreich</strong> in der Regierung, ist die<br />
ehemalige Oppositionspartei einen Schritt<br />
weiter. Es kann keine antisoziale Maßnahme<br />
geben, die nicht die schweigende<br />
Bitch!<br />
Zustimmung der Mittepartei fände. Parteichef<br />
Van der Bellen und in <strong>Oberösterreich</strong><br />
Anschober haben in ihrer absolutistischen<br />
Machtfülle alles, was sich links wähnte<br />
oder links roch, aus der Partei entfernt<br />
oder in Ketten gelegt. Nun lassen die Grünen<br />
mit ihrem Vorschlag aufhorchen, die<br />
österreichische Neutralität zu entsorgen<br />
und ehestens bei den militärischen<br />
Schlachtgruppen der EU mitzumetzeln.<br />
Das hat Tradition. Wie es geht, zeigte<br />
schon der frühere deutsche Kommisskopf<br />
und grüne Bundestagsabgeordnete Gerd<br />
Bastian. Der General hatte zuerst seine<br />
Lebensgefährtin und Fraktionskollegin Petra<br />
Kelly, schließlich sich selbst mit einer<br />
Neun-Millimeter hingemurxt. Die Grüne<br />
Partei hat Tradition. Sie ist eine fade, alte<br />
Schlampe geworden. Alt, wie alle anderen.<br />
Alois Franz
Seite 2<br />
Abrissbirne<br />
überlebt!<br />
Willkommen im<br />
Café <strong>KPÖ</strong>!<br />
Wir sind umzingelt von einem<br />
Journalismus, dem man zuviel<br />
Ehre antäte, stellte man ihn<br />
in die Nähe der Krausschen<br />
korrupten „Journaille“. Denn<br />
Korruption erfordert doch,<br />
dass die Korrumpierten eine<br />
Gegenleistung für ihre Dienste<br />
erhielten. Doch was sich medial<br />
hierzulande abspielt, ist viel<br />
furchtbarer noch, als man<br />
glauben möchte. Sind sich<br />
doch die vollends an die<br />
Erklärungen des Ministerrates<br />
und des Landespressedienstes<br />
angepassten Medienfiguren sicher,<br />
dass das, was sie uns<br />
vorsetzen, klug, intelligent, ja<br />
vielleicht sogar gescheit sei.<br />
Diese rücksichtslose, wie unverweslich<br />
ballernde Medientorheit<br />
ist unfassbar in ihrer<br />
Totalität.<br />
Schiffs Polit-Rundschau<br />
Die Inkompetenz der schwarzbraunen<br />
Regierung angesichts der tödlichen Flut<br />
wurde nur von einem übertroffen, von Altkanzler<br />
Helmut Kohl. Da verblassen sogar<br />
die windigen „Erklärungen“ Karl-Heinz<br />
Grassers. „Es war wie nach einem Bombenangriff“,<br />
titelte Kohl in der peinlichsten Gazette<br />
auf Erden, in der „Bild“-Zeitung am 30.<br />
Dezember. Kohl verglich die aktuelle Naturkatastrophe<br />
doch glatt mit der größten Naturkatastrophe,<br />
die den Fritzen jemals<br />
widerfahren ist, nämlich mit dem „Bombenterror<br />
der Alliierten“: „Das Meer hatte alles<br />
mit sich genommen. Mir kamen Bilder aus<br />
dem Krieg in Erinnerung, den ich als Junge<br />
erlebte.“ Leider haben die Bomben damals<br />
nicht mehr mit sich genommen, möchte<br />
man hier ergänzen.<br />
Wie die meisten Asien-Urlauber legte auch<br />
Witwer Kohl Wert darauf, zu betonen, nicht<br />
allein, sondern mit Freunden im<br />
Katastrophengebiet zu verweilen. Der ledige<br />
Finananzjongleur Grasser brachte geschickt<br />
seine Freundin ins Spiel. Anscheinend<br />
wissen die honorigen Herren, wie schnell<br />
der gute Ruf mit der reißenden Flut weggespült<br />
wird. Schließlich will niemand in den<br />
Geruch kommen, ein Sextourist, schlimmer<br />
noch, ein Kinderficker zu sein. Doch ganz<br />
ohne Kinder geht’s halt nicht. Kohl, der sein<br />
ramponiertes Hotel längst verlassen hat und<br />
in ein unversehrtes, schlichtes Fünfsterndomizil<br />
gezogen ist, lässt uns wissen: „Wir<br />
bleiben, weil wir helfen wollen, Projekte,<br />
insbesondere für die Kinder auf den Weg zu<br />
bringen. Wir wollen nicht die Augen vor<br />
dem großen Leid verschließen.“<br />
Im Sommer wird die alte Birne wieder das<br />
Salzkammergut unsicher machen.<br />
Womöglich mit einem Thai-Mäderl im<br />
Dirndl an der Hand. Doch er sei hiermit<br />
nachdrücklich gewarnt. Die Nobelpreisträgerin<br />
und ihr Schlingensief sind nicht zu<br />
unterschätzen. Sie können den Wolfgangsee<br />
in einem Wassersportstück mit viel Theaterregen<br />
spielend zum Überlaufen bringen.<br />
Änderbar? So leicht nicht,<br />
denn solange die Gefoppten<br />
überzeugt davon sind, dass es<br />
gut, würdig und recht ist, dass<br />
sie gefoppt werden, scheint<br />
Änderung nicht gefragt. Doch<br />
mediale Freiräume zu erobern,<br />
sie zu erweitern und zu verteidigen,<br />
das können wir. Café<br />
<strong>KPÖ</strong> ist eine dieser selbstbestimmten<br />
Enklaven. Als Plattform<br />
für all jene, die nicht die<br />
neoliberale Schleimspur<br />
ziehen. Einmalig in dieser<br />
Nummer ist ein satirischliterarischer<br />
Beitrag von H.C.<br />
Schiff zu Turbulenzen im<br />
repressiven Teil des Staatsapparates.<br />
Seit der letzten<br />
Nummer begleitet uns Balubas<br />
zeichnerischer Kommentar zum<br />
Zeitgeschehen. Er wird es weiterhin<br />
tun. Viel Vergnügen mit<br />
der akuten Nummer.<br />
Ihre Café-<strong>KPÖ</strong>-Redaktion<br />
Cartoon : Baluba
Grüne<br />
Krieger<br />
Von Günter Reder<br />
Am 29. Oktober 2004, an dem Tag, an dem<br />
Bundeskanzler Schüssel in Rom die EU-<br />
Verfassung, die mit der österreichischen<br />
Neutralität unvereinbar ist, unterzeichnete,<br />
fasste der erweiterte Bundesvorstand<br />
der Grünen einen Beschluss, in dem er<br />
sich von der österreichischen Neutralität<br />
verabschiedete. Ein europäisches Heer unter<br />
einem europäischen Verteidigungsminister<br />
solle die nationalen Armeen<br />
ablösen. In den folgenden Tagen<br />
demonstrierten die Grünen, wie ernst sie<br />
es mit ihrem Kriegskurs meinen, indem sie<br />
die Bildung von 13 „Battle-Groups“ der EU<br />
befürworteten.<br />
Diese „Schlachtgruppen“ der EU bestehen<br />
aus je 1.500 SoldatInnen und sollen innerhalb<br />
von fünf Tagen weltweit zum Einsatz<br />
kommen. Sie sind die Vorhut der 60.000<br />
SoldatInnen starken EU-Armee, die als<br />
schnell einsetzbare Interventionstruppen<br />
den Weg für die anschließenden<br />
Besatzungstruppen vorbereiten. Der<br />
Grünen-Chef Alexander Van der Bellen<br />
kann sich zukünftige EU-Schlachten sogar<br />
ohne UNO-Mandat vorstellen.<br />
Dahinter steckt der – vom grünen Kriegssprecher<br />
Peter Pilz oft<br />
formulierte – chauvinistische<br />
Wahn, eine militärische<br />
Supermacht EU<br />
gegen die militärische Supermacht<br />
USA positionieren<br />
zu wollen. Euro-Chauvinismus<br />
(vorzugsweise<br />
unter deutscher Führung)<br />
plus Anti-Amerikanismus<br />
sind die ideologischen<br />
Zwillinge dieser Strategie,<br />
die ganz auf der Linie der<br />
herrschenden Eliten liegt<br />
und zunehmend die<br />
verschiedenen<br />
rechtsextremen Strömungen<br />
eint. Wohlwollend<br />
bewirbt das<br />
rechtsextreme Monatsmagazin<br />
„Nation & Europa“<br />
das Buch von Peter Pilz<br />
„Mit Gott gegen alle,<br />
Amerikas Kampf um die<br />
Weltherrschaft“. Kein<br />
Wunder, gipfelt doch sein<br />
Plädoyer für eine<br />
militärisch starke<br />
Weltmacht EU in einem<br />
Satz, bei dem alle Nazis<br />
feuchte Augen kriegen:<br />
„Der Schlüssel zur neuen<br />
europäischen Rolle liegt<br />
in Deutschland“. Dass 200 österreichische<br />
SoldatInnen an einer deutsch geführten<br />
„EU-Schlachtgruppe“ teilnehmen werden,<br />
passt zu diesem Konzept.<br />
Widerstand dagegen:<br />
http://www.friedensvolksbegehren.at<br />
Seite 3<br />
Dr. Friedls<br />
Leserpost<br />
An die<br />
ErlagscheinschickerInnen!<br />
Um die Jahreswende war es<br />
wieder soweit: Massenhaft<br />
wurden Spendenaufrufe<br />
versandt. Von Ärzte ohne<br />
Grenzen bis hin zu mit Zehen<br />
malenden Künstlerinnen reicht<br />
der Bogen - und alle Bittbriefe<br />
sind herzerweichend. Hin- und<br />
hergerissen, wer schlussendlich<br />
in den Genuss meiner Unterstützung<br />
kommt, entscheide ich<br />
mich schweren Herzens für die<br />
Opfer der Flutkatastrophe in<br />
Asien, die sie wirklich benötigen.<br />
Allerdings werden diese<br />
Aufrufe jährlich mehr - und<br />
das kann's nicht sein!<br />
Der Staat verabschiedet sich zusehends<br />
aus seiner Verpflichtung,<br />
Organisationen zu<br />
fördern, die ein halbwegs<br />
erträgliches (Zusammen-)Leben<br />
garantieren und wälzt deren<br />
Weiterbestehen auf die<br />
einzelnen BürgerInnen ab. „Weniger<br />
Staat, mehr privat“ heißt<br />
der Zynismus und erzeugt damit<br />
massenhaft soziale Schäbigkeit.<br />
Großbetriebe und Banken<br />
putzen sich dabei gänzlich ab,<br />
in dem sie immer weniger Steuern<br />
zahlen. Dafür dürfen dann<br />
die Kellnerin – nach abgezogener<br />
Trinkgeldsteuer - und der<br />
„Hackler“ - nach einbehaltener<br />
Unfallrentensteuer - ihre paar<br />
Euros zusammenkratzen und<br />
spenden. Lieb ist das! Noch lieber<br />
wäre mir aber, gäbe es<br />
überhaupt kein Geld mehr.<br />
Ohne diese abstrakten Zahlen<br />
könnten wir uns eine Menge ersparen<br />
- Schuldnerberatung,<br />
Banken, Aktiengesellschaften<br />
etc. „Licht ins Dunkel“ und<br />
Albert Fortell sowieso…
Seite 4<br />
Die<br />
Farbe<br />
Mascherls<br />
des<br />
von Helmut Huber<br />
Kurz und<br />
Schmerzvoll<br />
Eine in das Linzer Frauenhaus<br />
geflüchtete Philippina muß<br />
mit ihrem Kleinkind wieder zu<br />
ihrem prügelnden österreichischen<br />
Ehemann zurück,<br />
ansonsten wird das Kinder–<br />
geld gestrichen. Laut Sozialministerium<br />
ist dieses nämlich<br />
an den gemeinsamen Haushalt<br />
und den Bezug der<br />
Familienbeihilfe durch den<br />
Mann gebunden.<br />
•••<br />
Von der <strong>Oberösterreich</strong>ischen<br />
Gebietskrankenkasse<br />
erhielten 900.000 Versicherte<br />
eine „gläserne Rechnung“<br />
über die von ihnen verursachten<br />
Arztkosten. Angesichts der<br />
Kosten von 750.000 Euro für<br />
diese Aktion müssen wir<br />
vermuten, dass damit Schuldbewusstsein<br />
erzeugt werden<br />
sollte. Bezeichnenderweise<br />
wurden die bezahlten<br />
Krankenversicherungsbeiträge,<br />
Rezeptgebühren und<br />
Krankenscheingebühren nämlich<br />
nicht aufgelistet.<br />
•••<br />
Mit „Viducit“ verabschiedete<br />
sich Altbäckermeister Franz<br />
Rath (31.8.1922 bis 1.11.2004)<br />
aus dieser Welt. Auf in den<br />
Rath-Filialen plakatiertem<br />
Nachruf, versehen mit den<br />
germanischen Nazi-Runen für<br />
Geburts- und Todestag, wie<br />
man sie des öfteren auch in<br />
Nachrufen in den „<strong>Oberösterreich</strong>ischen<br />
Nachrichten“ findet.<br />
Von Leo Furtlehner<br />
Haider macht seinem Namen alle Ehre –<br />
nicht Jörg, sondern Erich. Der blaue Populismus<br />
stürzte bei der EU-Wahl ab, die rote<br />
Spielart hingegen expandiert. 2003 hat<br />
man damit einen satten Wahlsieg eingefahren.<br />
Laut Caspar Einem verhalten sich SPÖ<br />
und FPÖ zueinander wie „kommunizierende<br />
Gefäße“. Man holt sich also nur zurück,<br />
was man ab 1986 an die FPÖ verlor.<br />
Lautstarkes Lamento gegen Privatisierung<br />
ist Thema zur Stimmenmaximierung. Mit<br />
der Voest konnte Erich Haider massiv<br />
punkten. Nun wird die Schiene VA Tech,<br />
Postbus, Telekom, Post, ÖBB, Bundeswohnungen<br />
weiter gefahren. Geschickt<br />
verdrängt wird dabei, dass die SPÖ bis zum<br />
Jahre 2000 Weltmeister in punkto Privatisierung<br />
war. Ex-Minister Rudolf Streicher<br />
brachte mit der Aussage „Unser Katechismus<br />
ist das Aktienrecht“ das größte<br />
Privatisierungsprogramm der Zweite Republik<br />
auf den Punkt. Nun scheint die SPÖ<br />
geläutert, ebenso die Gewerkschaften, die<br />
dem Ganzen schließlich zugestimmt hatten.<br />
SPÖ-Haiders Truppe will der ÖVP die heiße<br />
Kartoffel zuspielen und fordert Landesbeteiligungen,<br />
garniert mit den obligaten<br />
Krisengipfeln im Landhaus. Warum fordert<br />
sie aber nicht nahe liegend, dass öffentliches<br />
Eigentum im Besitz des Bundes<br />
bleibt? Der Verdacht drängt sich auf, dass<br />
die SPÖ sich keine Fesseln für den Wiedereintritt<br />
in die Bundesregierung anlegen<br />
will. Warum sollte sie anders handeln als<br />
ihre deutschen „Genossen der Bosse“<br />
Schröder & Müntefering, die gerade das<br />
größte Privatisierungsprogramm durchziehen?<br />
Und hat nicht Gusenbauer schon<br />
2002 gemeint: “Es wird keine Privatisierung<br />
rückgängig gemacht”?<br />
Verkehrte Welt – Haider wettert lautstark,<br />
seine SPÖ-FreundInnen praktizieren: Die absolute<br />
SPÖ-Mehrheit in Linz gliedert aus dem<br />
Magistrat aus, was nicht niet- und nagelfest<br />
ist. In Wien verkaufte die SPÖ die Bank Austria<br />
an die deutsche HypoVereinsbank. Die<br />
Wiener SPÖ-Stadträtin Brauner machte aus<br />
ihrem Herzen keine Mördergrube: „Ich glaube,<br />
dass Public Private Partnership in vielen<br />
Bereichen etwas Gutes ist. Das heißt nicht,<br />
dass man sich aus der sozialen Verantwortung<br />
stehlen kann, wie das der Bund<br />
tut.“ Im Klartext: Schwarzblaue Privatisierung<br />
ist schlecht, SPÖ-Privatisierung ist<br />
gut. Nur die Farbe des Mascherls ist anders.
Seite 5<br />
Sozialismus oder<br />
Barbarei<br />
Über die Herrschaft der Arbeit, soziale<br />
Verwilderungen und mögliche<br />
Alternativen sprach Café <strong>KPÖ</strong> mit<br />
Romana Gadje.<br />
Cafe <strong>KPÖ</strong>: Du bist derzeit selbst<br />
arbeitslos, kennst also die Situation<br />
aus eigener Erfahrung.<br />
Romana Gadje: Ich bin nicht das erst Mal<br />
auf Arbeitsuche – also sozusagen nicht<br />
ganz unerfahren. Da gibt es die positiven<br />
Aspekte: Man hat, solange man vom AMS<br />
in Ruhe gelassen wird, endlich mal Zeit<br />
für sich selbst und alles, was Spaß macht.<br />
Das kommt dem Anliegen der alten marxistischen<br />
Denker „Jeder nach seinen<br />
Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen“<br />
schon recht nahe. Andererseits<br />
drücken natürlich die Geldsorgen,<br />
Zukunftsängste und Wortspenden einer<br />
arbeitsbesessenen Gesellschaft, die jedem<br />
Arbeitslosen schuldhaftes Verhalten und<br />
Sabotage der Vermittlung am bekanntlich<br />
ja so stellenreichen Arbeitsmarkt<br />
unterstellt.<br />
Es gibt im neuen Jahr nun ja auch<br />
Verschärfungen für Arbeitslose.<br />
Ja, so fällt nun schon nach 100 Tagen der<br />
Berufsschutz und man kann dann<br />
ungeachtet der beruflichen Qualifikation<br />
vermittelt werden. Einziger Schutz ist<br />
noch das frühere Gehalt, das bei einer<br />
neuen Vermittlung nicht unterschritten<br />
werden darf. Das ist aber vor allem für<br />
Frauen, die ohnehin keine hohen<br />
Gehälter beziehen, kein wirklicher Schutz<br />
vor miesen Jobs. Obwohl jeder weiß, dass<br />
der Arbeitsmarkt am Boden liegt, wird<br />
die ganze Verantwortung auf die<br />
Arbeitssuchenden abgeschoben. Das<br />
ist aber nur die Spitze des Eisberges.<br />
Ich kenne genug, die auf Grund ihrer<br />
vorherigen Beschäftigungsformen wie<br />
geringfügig Beschäftigte, IchAGs, freie<br />
DienstnehmerInnen gar keinen<br />
Anspruch auf Arbeitslose erwerben<br />
konnten und völlig in der Luft hängen.<br />
Im Übrigen schützt auch die beste<br />
Qualifikation nicht vor<br />
Arbeitslosigkeit.<br />
Was müsste geschehen, um die<br />
Situation von Arbeitslosen zu verbessern?<br />
Als erstes gehört mit einigen Mythen<br />
aufgeräumt. Seit Jahren befindet sich<br />
die fordistische Arbeitsgesellschaft in<br />
Auflösung und alle, voran der ÖGB,<br />
tun so, als wäre alles beim Alten. Tatsache<br />
ist aber, dass immer mehr Tätigkeitsfelder<br />
mit akzeptabler Bezahlung<br />
und Arbeitsbedingungen<br />
verschwinden. Exemplarisch sei hier<br />
auf die Stagnation im öffentlichen Sektor,<br />
das Kaputtsparen im Sozial- und Kulturbereich<br />
oder ganz banal auf die technologische<br />
Entwicklung, die durch Rationalisierung<br />
Menschenarbeit überflüssig macht,<br />
verwiesen. Die Deregulierung und Flexibilisierung<br />
von Arbeitsrechten tut ihr Übriges<br />
zur Prekarisierung der Lage. Neben<br />
dieser illusionslosen Bestandsaufnahme<br />
und der richtigen Schlüsse daraus, fällt<br />
mir als letztendliche Lösung nur der<br />
Spruch von Rosa Luxemburg ein: „Sozialismus<br />
oder Barbarei“.<br />
Unter<br />
jeder<br />
Kritik!<br />
Ist das nicht kongenial? Im<br />
Linzer Kellertheater führen sie<br />
eine Schmierenkomödie über<br />
Sozialbetrug auf, und im Parlament<br />
führen die Schmierenkomödianten<br />
den Begriff Sozialbetrug<br />
im Strafgesetzbuch<br />
ein. Das Theaterstück heißt<br />
„Und ewig rauschen die<br />
Gelder“. Autor Michael Cooney<br />
ist ein kleiner Konsalik der<br />
Bühne. Die Handlung: Reuiger<br />
Sozialbetrüger sattelt um, wird<br />
Detektiv und – dreimal darf<br />
man raten – entlarvt Sozialbetrüger.<br />
Im Publikum: Hände<br />
und Schenkel klatschende<br />
Möchtegern-Krankenkassenkontrollore,<br />
denen man, ist<br />
doch der Verdienst eines Kontrollorgans<br />
nicht gerade<br />
berauschend, an den Nasenspitzen<br />
ansieht, wie gerne sie<br />
selbst hin und wieder einen<br />
Betrug begehen. Für diesen<br />
Topfen, der natürlich ein Kassenschlager<br />
ist, verdienen alle,<br />
auf der Bühne und im<br />
Publikum, ein veritables<br />
Topfentortenattentat.<br />
Stimmt etwa das Gerücht, dass<br />
das tiefste Theater von Linz,<br />
nachdem die Regierung die Sicherungshaft<br />
über verdächtige<br />
Ausländer verhängen lässt,<br />
demnächst ein Lachstück über<br />
die Schutzhaft in Vergangenheit<br />
und Gegenwart herausbringt?<br />
Da würden sie sich<br />
aber freuen, die Linzer Zuckerbäcker,<br />
und mit diesen<br />
künftige Theaterkritiker und<br />
Tortenattentäter.<br />
Chrisi Schinagl
Seite 6<br />
Krone<br />
hinter dem<br />
Mond<br />
Am 12. November, als der<br />
Mondkalender für die nächsten<br />
Tage in der Kronen-<br />
Zeitung zu lesen war, traute<br />
man den Augen nicht.<br />
Demnach wäre der 13. November<br />
„ein idealer Tag für den<br />
Umgang mit Ausländern“ gewesen.<br />
Aber der Kalender der<br />
Astrologin Helga Kuhn wird<br />
nicht nur im Voraus abgedruckt.<br />
Er ziert auch die tägliche<br />
Horoskopseite. Es blieb<br />
also ein Tag, um ihn der Blattlinie<br />
anzupassen.<br />
Hatte Mini-Stürmer Wolf<br />
Martin schon in den Sturm der<br />
Entrüstung gereimt: Schießt<br />
Kuhn samt Kalender auf den<br />
Mond, damit sich die deutsche<br />
Raumfahrt lohnt? Hatten sich<br />
empörte Redakteure selbst Leserbriefe<br />
geschrieben, in<br />
denen die Empfehlung für den<br />
Dreizehnten in den Halbmondkalender<br />
verwiesen wurde?<br />
Wir wissen es nicht.<br />
Was wir wissen, das reicht. Im<br />
Tageskalender fehlte die<br />
Ausländerfreundlichkeit. Man<br />
ist gespannt, was am 31. März<br />
in der Krone stehen wird. Das<br />
wäre wieder ein Ausländertag,<br />
laut Mondkalender 2005, erschienen<br />
als Buch. Was wir zudem<br />
wissen: Eine dauerhafte<br />
Zusammenarbeit mit dem<br />
Kanakengesocks ist nicht möglich.<br />
Schuld daran sind die<br />
Gestirne.<br />
Chrisi<br />
Polizeilic<br />
Eine Satire von Hanns Christian Schiff<br />
Kollegen verprügelten zwei zu einer<br />
Demonstration in Hamburg<br />
abkommandierte Polizisten aus<br />
Thüringen, weil sie die Beamten in Zivil<br />
für Demonstranten hielten.<br />
Er zeigte die Kurzmeldung der Wirtin und<br />
dem Wirt sowie einem Gast, der auf<br />
einem Hocker an der Bar saß. Er<br />
kannte alle drei recht gut. Der polizeiliche<br />
Irrtum erinnerte ihn an<br />
einen Jahre zurückliegenden<br />
Vorfall im Café Wien. Man<br />
beschloß, die Kurzmeldung zu<br />
kopieren und gut sichtbar<br />
aufzuhängen, was tags darauf<br />
geschah. Der Rotwein hatte ihn<br />
schon ein bisschen aufgeheitert,<br />
und so gab er die Anekdote vom<br />
Café Wien zum Besten, die er aus<br />
zweiter Hand erfahren hatte. Die<br />
Prügelmeldung erinnert mich an<br />
eine Geschichte, in der unser<br />
Staatspolizist eine Rolle spielt, begann<br />
er. Die anderen wurden hellhörig.<br />
Unser Staatspolizist, das war<br />
ein hoher Beamter, der hie und da<br />
einen über den Durst trank, wegen<br />
seiner umgänglichen Art aber bei<br />
vielen recht beliebt war.<br />
Vor einigen Jahren, setzte er fort,<br />
reservierten junge Faschisten einige<br />
Tische im Café Wien. Sie<br />
tarnten die Versammlung dem<br />
Wirt gegenüber als Geburtstagsfeier.<br />
Das entsprach ihrer damaligen<br />
Taktik. Einmal gaben sie vor,<br />
eine Feier zu veranstalten, ein<br />
anderes Mal ein Klassentreffen.<br />
Irgendwie, sei es durch einen<br />
Zuträger oder eines dieser<br />
Reizwörter im Telefon, irgendwie<br />
jedenfalls bekam die Polizei Wind<br />
von dem Treffen. Unser Geheimpolizist<br />
war aber schlauer als die Nazis.<br />
Er schleuste in das Café zwei<br />
junge Beamte ein, die sich unter<br />
die Skinheads mischten, was nicht weiter<br />
auffiel, da die beiden, die gerade erst die<br />
Polizeischule hinter sich hatten, den übrigen<br />
Glatzen gar nicht so unähnlich waren.<br />
Sie wurden genau instruiert und sollten<br />
unseren Staatspolizisten per Handy verständigen,<br />
falls sie eine gesetzwidrige<br />
Handlung entdeckten. Tatsächlich<br />
Ir
he<br />
rtümer<br />
Nachhilfe<br />
enthüllten die Nazis, die allesamt schwer<br />
betrunken waren, mit einem Male die<br />
Reichskriegsflagge. Unser Staatspolizist,<br />
der in einem nahen Torbogen wartete,<br />
wurde kontaktiert. In einer Seitengasse<br />
standen mehrere Funkstreifenbesatzungen<br />
bereit, um das Café zu stürmen und alle<br />
Glatzen zur Feststellung der Personalien<br />
auf das<br />
Polizeipräsidium zu<br />
eskortieren. Eingenäht<br />
haben sie natürlich<br />
niemanden, wollte der<br />
Gast auf dem Hocker<br />
wissen.<br />
Natürlich nicht,<br />
bestätigte der Erzähler,<br />
und der andere, ein<br />
ewiger Student,<br />
murmelte verschmitzt:<br />
Der Skandal fängt<br />
bekanntlich an, wenn<br />
ihm die Polizei ein<br />
Ende macht. Dieses<br />
Bonmot stammt aber<br />
nicht von dir, warf die<br />
Wirtin ein. Natürlich<br />
nicht. Das war ein<br />
Zitat, so der an der<br />
Bar.<br />
Weiter kam der<br />
Erzähler nicht, stand<br />
doch urplötzlich unser<br />
Staatspolizist in der<br />
Tür. Fortsetzung folgt,<br />
sagte er kurz angebunden.<br />
Die anderen<br />
verstanden. Der Rotwein<br />
hatte ihn, wie<br />
schon gesagt, etwas<br />
aufgeheitert. Und es<br />
schien, als ritte ihn der<br />
Teufel, wie man sagt.<br />
Jedenfalls hielt er zum<br />
Gaudium der anderen<br />
dem Staatspolizisten<br />
die Kurzmeldung unter die Nase. Die<br />
anderen glucksten hinter vorgehaltener<br />
Hand und waren gespannt auf den nun<br />
fälligen Kommentar. So etwas kann auch<br />
nur in Deutschland passieren, meinte<br />
trocken und schmallippig der Geheime.<br />
Ihn ritt schon wieder der Teufel beziehungsweise<br />
der Rotwein. Aber geh´,<br />
erwiderte er, einen triumphierenden<br />
Ton anschlagend, ich sage nur: Café Wien.<br />
Der Geheime: Ich verstehe dich nicht. Und<br />
er: Du wirst mich gleich verstehen. Da<br />
habt ihr vergessen, den Bullen zu sagen,<br />
dass zwei eigene Leute eingeschleust<br />
waren. Die wurden zusammen mit den<br />
Glatzen verhaftet. Der Geheime schüttelte<br />
den Kopf. Er aber ließ nicht locker: Erst<br />
auf dem Präsidium wurden sie entdeckt.<br />
Angeblich mussten sie stundenlang sieden.<br />
Jetzt hätte sein Kontrahent die Gelegenheit<br />
gehabt, das Gespräch in eine neue<br />
Richtung zu lenken. Er hätte nur sagen<br />
müssen: Das war doch ein Trick von uns.<br />
Aber die rettende Idee mit der trojanischen<br />
List hatte er nicht. Auch hätte er<br />
sich auf eine Art Härtetest ausreden<br />
können. Aber auch diese Ausflucht ergriff<br />
der Geheime nicht. Energisch, aber immer<br />
noch freundlich, meinte er: Wer hat dir<br />
eigentlich diesen Blödsinn erzählt? Die<br />
Antwort fiel kurz und bündig aus: Deine<br />
geschiedene Frau. Unser Staatspolizist trat<br />
den Rückzug an. Kleinlaut setzte er nach:<br />
Wem glaubst du eigentlich mehr, mir oder<br />
meiner geschiedenen Frau? Die Antwort<br />
ging im allgemeinen Gelächter unter.<br />
Ein erst kürzlich eingetretener Stammgast<br />
namens Franz, der wie alle Anwesenden,<br />
aber das muss jetzt ausdrücklich betont<br />
werden, über jeden Zweifel erhaben war,<br />
Sympathien für Ewiggestrige und ihre<br />
glatzköpfigen Nachfahren zu hegen,<br />
brachte die polizeilichen Irrtümer auf den<br />
Punkt, indem er meinte: Eigentlich<br />
beruhigend, von dieser Polizei geht keine<br />
Gefahr aus.<br />
Seite 7<br />
Gustostückerl<br />
aus dem<br />
Cafésud<br />
in Ökonomie braucht<br />
Wirtschaftskammer-Boss Leitl.<br />
Er fordert die Abschaffung der<br />
Werbeabgabe, weil der Unfug<br />
tausende Jobs koste und rechnet<br />
uns vor, dass bei Abschaffung<br />
der Steuer mehr Werbung<br />
gemacht wird und die Nachfrage<br />
steigt. Fehlt nur das Geld<br />
zum Kaufen, oder bekommen<br />
wir das dann von den<br />
Werbeagenturen?<br />
•••<br />
Die Gefahr, dass sich „kleinkrämerischer,<br />
provinzieller<br />
Mief breit macht“ befürchtet<br />
OÖN-Tratschtante Karin Haas<br />
zur Debatte um die Sonntagsöffnung<br />
des Spar-Supermarktes<br />
am Linzer Bahnhof. „Sonntags<br />
verbieten zu wollen, steht<br />
einer Stadt wie Linz und einem<br />
Land wie <strong>Oberösterreich</strong> nicht<br />
gut zu Gesicht“. Wir freuen<br />
uns, Frau Haas künftig sonntags<br />
als neue Kassierin im Spar<br />
begrüßen zu dürfen…<br />
•••<br />
Er „glaubt an Gott und besucht<br />
Gottesdienste“: Nein, nicht George<br />
Bush, sondern Josef<br />
Ackerl, seines Zeichens SPÖ-<br />
Soziallandesrat, ist gemeint,<br />
wie die „OÖN“ genüsslich<br />
berichten. Wie wär’s mit Exerzitien<br />
beim Freidenkerbund?<br />
•••<br />
„Es geht meist um den<br />
schnöden Mammon“, diese<br />
scharfsinnige Erkenntnis hat<br />
nicht ein Marxist getroffen,<br />
sondern Rundschau-Chefredakteur<br />
Josef Ertl. Freilich nur in<br />
einem Kommentar über die<br />
große Weltpolitik. Denn<br />
hierzulande will man sich die<br />
Geschäfte doch nicht<br />
verderben.<br />
L.F.
Seite 8<br />
Hass<br />
Vom<br />
der<br />
von Helmut Huber<br />
Mäuse<br />
Sex<br />
Gender<br />
& more<br />
Im April 2005 ist es soweit: In<br />
Salzburg wird es dann möglich<br />
sein, in den Landesspitälern<br />
Schwangerschaftsabbrüche<br />
vornehmen zu lassen. Das ist<br />
seit nunmehr 30 Jahren<br />
Fristenlösung samt Stillstand<br />
in der Umsetzung der erste<br />
Schritt in die richtige<br />
Richtung. Man sollte nun meinen,<br />
dass sich sozialdemokratische<br />
Politikerinnen Burgstallers<br />
Vorstoß zu Herzen<br />
nehmen und auch in ihrem<br />
Einflussbereich für die längst<br />
überfällige Umsetzung der<br />
Gesetzeslage sorgen. Die<br />
zuständige Landesrätin Stöger,<br />
selbst als Gynäkologin wohl<br />
bestens vertraut mit der Lage<br />
ungewollt schwangerer Frauen,<br />
hüllt sich in vornehmes<br />
Schweigen, anstatt auch in<br />
<strong>Oberösterreich</strong>s Landesspitälern<br />
klar Schiff zu machen.<br />
Die Landes-SPÖ inszeniert sich<br />
zwar gerne als wortradikale<br />
Opposition, lässt es aber dort,<br />
wo sie das Sagen hat, an Taten<br />
mangeln. Auch von den<br />
frauenbewegten Grünen kein<br />
Sterbenswörtchen zur Causa.<br />
Man will sich offensichtlich<br />
den Kuschelkurs mit der ÖVP<br />
nicht versauen. Daher muss<br />
man jetzt erst recht mit Nachdruck<br />
fordern: Sofortige<br />
Öffnung der Landesspitäler<br />
und die Einführung eines<br />
Sozialtarifes mit der Perspektive<br />
der Übernahme der Kosten<br />
durch die Krankenkassen,<br />
meint<br />
Eure Frau Tritura<br />
Von Romana Gadje<br />
Der aufmerksamen Mediennutzerin kann<br />
es nicht entgangen sein. Das Nachrichtenmagazin<br />
Profil titelte unlängst „Die armen<br />
Väter. Geld weg, Kinder weg“, und verlieh<br />
damit einem Lieblingsthema der ultrakonservativen<br />
Phalanx – den von ihren<br />
Exfrauen angeblich abgezockten und den<br />
eigenen Kindern bösartig entfremdeten<br />
Scheidungsvätern - breite mediale<br />
Aufmerksamkeit. Das wäre nun nicht weiter<br />
bemerkenswert, wenn diese Debatte<br />
rund um weidwunde Rosenkrieger nicht<br />
ein weiteres Indiz für den antifeministischen<br />
und damit antiemanzipatorischen<br />
Backlash wäre.<br />
Um Missverständnissen vorzubeugen – es<br />
geht hier nicht um die emotionalen Verletzungen,<br />
die Trennungen ungeachtet des<br />
Geschlechts nach sich ziehen – sondern<br />
um die ungeheuerliche Politik, die unter<br />
dem Deckmäntelchen der Interessensvertretung<br />
betrieben wird. Besonders der<br />
blaue Regierungspart versteht es, die vermeintlichen<br />
männlichen Opfer der<br />
Frauenemanzipation auf seine Seite zu<br />
ziehen. So hatte Frauenminister a.D.<br />
Haupt eine gut dotierte Männerabteilung<br />
bei gleichzeitiger Subventionskürzung für<br />
Fraueneinrichtungen ins Leben gerufen.<br />
Im Reich Jörg Haiders lief der Pilotversuch<br />
fürs Kindergeld und unter dem<br />
blauen Justizminister Böhmdorfer ging die<br />
Kindsrechtsreform zugunsten der gemeinsamen<br />
Obsorge über die Bühne. Die<br />
Stoßrichtung ist klar. Der Stachel im<br />
Fleisch der Rechtskonservativen – die antipatriarchalen<br />
Errungenschaften der 70er<br />
Jahre mit Eherechtsreform, Liberalisierung<br />
des Sexualstrafrechtes, Entdiskriminierung<br />
der Homosexualität und<br />
Liberalisierung der Abtreibung soll<br />
gezogen werden. Und dafür sollen die im<br />
Spannungsfeld des Privilegienverlusts zerrupften<br />
Männer gewonnen werden, indem<br />
man vorgibt, ihre Interessen und die<br />
ihrer Kinder gegen den alles verschlingenden<br />
Medusenkopf Frauenemanzipation<br />
zu verteidigen. Frei nach dem Motto: Mit<br />
Speck fängt man Mäuse, mit Hass auf<br />
Frauen Männerstimmen.<br />
Nicht zu übersehen ist aber auch, dass<br />
sich neben der reaktionären Regierungsmacht<br />
ein breites Spektrum zivilgesellschaftlicher<br />
Organisationen herausgebildet<br />
hat, die offen ultrakonservativ,<br />
zumeist aber politisch naiv-therapeutisch<br />
diesem Anliegen in die Hände arbeiten.<br />
Exemplarisch seien hier die Mühen ums<br />
Mannswohl eines rührigen Linzer Anwalts<br />
genannt, von dessen Vereinszeitungscover<br />
auch einmal die freiheitliche Regierungsriege<br />
samt Alibikind lächelt. Erstaunt<br />
muss die geneigte Leserin zur Kenntnis<br />
nehmen: „Die Fuchsjagd in England hat<br />
mehr Gegner als die Väterhatz in<br />
Österreich.“
Puffbesuch<br />
als<br />
Prämie<br />
Von Alois Franz<br />
Seite 9<br />
Rado Prostackis<br />
Medien-<br />
Ambulanz<br />
Interview mit Wolfgang Rohrstorfer, Präsident<br />
des Schachvereins Spartakus.<br />
Café <strong>KPÖ</strong>: Schachverein Spartakus,<br />
warum dieser Vereinsname?<br />
Wolfgang Rohrstorfer: Selbstverständlich<br />
bezieht sich dieser Name auf jenen<br />
Spartakus, der den Sklavenaufstand im alten<br />
Rom angezettelt hat. Aber er bedeutet<br />
gleichzeitig einen Widerspruch: Spartakus<br />
hatte weder Strategie noch Taktik, was<br />
für einen Schachverein nicht erstrebenswert<br />
ist. Gleichzeitig bezieht sich der<br />
Verein auf den Spartakusbund, den Rosa<br />
Luxemburg und Karl Liebknecht gegründet<br />
haben. Aber die Revolution von 1918 wurde<br />
auch niedergeschlagen. Das passt auch<br />
nicht für einen Schachclub, der erfolgreich<br />
sein will.<br />
Versteht sich der Schachverein<br />
Spartakus als politischer Verein?<br />
In unserem Statut ist festgehalten, dass<br />
sich der Verein für den Kampf für den<br />
Frieden einsetzen wird, was wir auch immer<br />
wieder durch die Teilnahme an Friedens-<br />
und antimilitaristischen Demonstrationen<br />
bewiesen haben. Auch ist der Antifaschismus<br />
als wesentliche Bestimmung<br />
im Statut verankert.<br />
Schachverein – das hört sich etwas<br />
männerbündlerisch an?<br />
Dem ist leider so. In <strong>Oberösterreich</strong><br />
waren bei der letzten Meisterschaft rund<br />
100 Frauen gemeldet. Solange so wenige<br />
Frauen aktiv sind, wird es so sein, dass<br />
beispielsweise ein Schachclub als<br />
Siegesprämie einen Puffbesuch zahlt. Dieser<br />
Club ist zum Glück eingegangen. Aber<br />
die Trottelhaftigkeit muss bekämpft<br />
werden. Also wird es weiterhin Ziel des<br />
Schachvereins Spartakus sein, ein eigens<br />
Frauenteam aufzustellen.<br />
Euer Training macht oft eher den<br />
Eindruck einer Volxküche...<br />
Essen, Trinken, Spielen und Diskutieren<br />
gehören für uns zusammen.<br />
Selbstverständlich sind wir ein geselliger<br />
Verein. Denn wer nur spielt und auf die<br />
Genüsse und die Räusche verzichtet, wer<br />
andere Auseinandersetzungen nicht führt,<br />
der verblödet auch auf gewisse Weise.<br />
Warum Schach und nicht Minigolf?<br />
Es geht um Strategie, um Taktik und um<br />
Siegeswille. Es geht um die Schulung des<br />
Denkens. Es geht um „die Welt als Wille<br />
und Vorstellung“, um den alten<br />
Schopenhauer zu strapazieren. Einen<br />
Aspekt möchte ich noch hervorheben: Es<br />
geht um die Dialektik von der Einsamkeit<br />
am Brett und darum, trotzdem Teil einer<br />
Mannschaft zu sein. Das ist das Reizvolle<br />
an unserem Schachverein.<br />
Wie läuft es in der Meisterschaft?<br />
Die erste Mannschaft ist letzte Saison<br />
Meister in der Kreisliga geworden und in<br />
die zweite Landesliga aufgestiegen. Jetzt<br />
liegen wir am zweiten Platz. Die zweite<br />
Mannschaft spielt in der untersten Klasse.<br />
Es geht bei Spartakus nicht nur um den<br />
Leistungsaspekt einer gewissen Elite.<br />
Ganz wichtig für uns sind der Breitensportaspekt<br />
und der Spaß am Spiel.<br />
Herr Christian Hehenberger ist<br />
Geschäftsführer des Instituts<br />
für Marketing- und Trendanalysen<br />
mit Sitz in der<br />
mondänen Metropole Gutau.<br />
Der Chefredakteur des<br />
Weltblattes „Sonntagsrundschau“,<br />
Josef Ertl, bat Herrn<br />
Hehenberger zum Interview,<br />
der uns Kraft seines Amtes als<br />
Zukunftsforscher erklärt, wie<br />
der Hase weltweit läuft und,<br />
womit wir hierzulande zu<br />
rechnen hätten.<br />
„2005 wird es in Österreich einen<br />
positiven Aufschwung<br />
geben“, doziert der Trendanalytiker<br />
frohlockend und<br />
erklärt sogleich, was ihn so<br />
optimistisch stimme. „Wir werden<br />
im Jahr 2010 wieder 45<br />
Stunden arbeiten müssen und<br />
das Lohnniveau wird aus<br />
heutiger Sicht in Deutschland<br />
und in Österreich um zehn bis<br />
20 Prozent sinken“, weissagt<br />
der Prognostiker aus Gutau.<br />
Zukunftsfroh ist Herr Hehenberger<br />
auch deswegen, weil<br />
die Menschen in Hinkunft<br />
lieber zwei, drei Teilzeitjobs<br />
annehmen werden, statt<br />
arbeitslos zu sein.<br />
Abgesehen davon, dass die<br />
prognostische Leistung des<br />
Mühlviertler Zukunftsforschers<br />
darin besteht, die Forderungskataloge<br />
von ÖVP-Wirtschaftsbund<br />
und Industriellenvereinigung<br />
einigermaßen korrekt<br />
wiederzugeben, bleibt nur<br />
noch mit Henscheid zu reden:<br />
„Ihre höhere Ranküne<br />
spekuliert darauf, sie dürfe jeden<br />
der Banausie zeihen, der<br />
vor dem Wortgeklingel nicht<br />
trotzdem den Hut zieht;<br />
sondern es als den Unflat<br />
benennt, der es strahlend ist.“
Seite 10<br />
Die Idiotie des<br />
Landlebens<br />
Blinde<br />
Flecken<br />
Von Eugenie Kain<br />
Adventische<br />
Nachbetrachtung<br />
Ende November. Das Dorf<br />
erstrahlt bereits in weihnachtlicher<br />
Beleuchtung und mahnt<br />
auch uns, diverse Vorkehrungen<br />
zu treffen, deren Lohn<br />
im Glanz leuchtender Kinderaugen<br />
besteht.<br />
Ein rotes Gewand soll der<br />
Nikolaus tragen. Auf dem Dachboden<br />
findet sich eine rotweiß-rote<br />
Fahne von meinen<br />
verstorbenen Großeltern, etwa<br />
40 Jahre alt, aber der Stoff ist<br />
noch gut. Und so sitze ich<br />
alsbald in meiner Küche und<br />
trenne „das Weiße aus der rotweiß-roten<br />
Fahne“, wie die<br />
Schmetterlinge einst so schön<br />
gesungen haben. Sauber<br />
gemacht, dauert das<br />
Auftrennen und Aneinandernähen<br />
der beiden roten<br />
Stoffbahnen, bei einer ungeübten<br />
Näherin wie mir, eine gute<br />
Stunde. Eine Stunde Lebenszeit<br />
verplempert in Dumpfheit,<br />
einer reaktionären Beeinflussung<br />
der heranwachsenden<br />
Generation Vorschub leistend.<br />
Und ich nähe zwei Stiche vor<br />
und einen wieder zurück, und<br />
denke: Hat nicht auch Lenin<br />
Ähnliches vorgeschlagen? Und<br />
recht hat er gehabt, denn so<br />
hält der Faden wirklich.<br />
Und vielleicht ist diese Stunde<br />
doch nicht ganz verloren, denn<br />
wenn es so weit ist, brauche<br />
ich nur das goldene Kreuz herunterzutrennen.<br />
Das geht dann<br />
ganz schnell, weil ich habe ja<br />
schon eine Stunde geübt. Bis<br />
dahin lehre ich die Kinder<br />
schon mal die Internationale.<br />
Doris Rögner<br />
Drei Sinti - Frauen, Großmutter,<br />
Mutter und Enkeltochter<br />
schreiben ein Buch, in dem sie<br />
ihre Geschichte erzählen. Der<br />
Titel: “Uns hat es nicht geben sollen“.<br />
Über einen Abschnitt ihres Lebens<br />
– die Zeit im Anhaltelager<br />
Maxglan, ihr Mitwirken als<br />
Statistin im Film „Tiefland“ von<br />
Leni Riefenstahl und die Jahre im<br />
KZ Ravensbrück - hat Rosa<br />
Winter bereits 1987 in dem Buch<br />
„Ich geb Dir einen Mantel, dass<br />
du ihn noch in Freiheit tragen<br />
kannst. Widerstehen im KZ “<br />
gesprochen.<br />
Dort endet sie mit den Worten<br />
„...Aber KZ-Geld habe ich keines<br />
gekriegt....Meine Tochter hat<br />
dann angesucht, sie ist<br />
schriftgelernt. Haben sie<br />
zurückgeschrieben: abgelehnt.<br />
Vorher wollten sie noch wissen,<br />
ob ich vor 38 überhaupt in Österreich<br />
war. So viele Zeugen hab ich<br />
dafür gebraucht. Mehr wie genug<br />
hab ich ihnen gebracht, aber noch<br />
mehr hätten sie wollen.<br />
Abgelehnt. Mein ganzes Leben war<br />
ich in Österreich...“ Von den rund<br />
300 Mitgliedern von Rosa Winters Großfamilie<br />
haben nur 3 den Holocaust überlebt.<br />
16 Jahre lang musste Gitta Martl für ihre<br />
Mutter um die Zuerkennung der<br />
Österreichischen Staatsbürgerschaft<br />
kämpfen, dabei lässt sich die Geschichte<br />
von Rosas Familie, der Familie<br />
Kerndlbacher im Innviertler Hochburg -<br />
Ach laut Taufregister bis ins Jahr 1765<br />
zurückverfolgen.<br />
Das Buch trägt dazu bei, blinde Flecken<br />
der Heimat zu verkleinern. Vom Reisen<br />
wird erzählt, vom „Mangern“, dem Hausieren,<br />
von der (Alltags)Kultur der Sinti und<br />
Gitta Martl rückt mit ihren Kindheitserinnerungen<br />
auch ein längst verschwundenes<br />
Stück Linz ins Blicklicht, das Linz der Barackensiedlungen<br />
und Brachen. Enkelin<br />
Nicole Martl ist die erste der Familie, die<br />
studiert und sie veranlasst Herausgeber<br />
Ludwig Laher im Nachwort zu der<br />
Mutmaßung...“Vielleicht steht Nicoles Generation...nicht<br />
am Anfang vom Ende,<br />
sondern am Anfang einer großen Herausforderung:<br />
Europa beizubringen, dass es<br />
innerhalb seiner Grenzen mehr Roma und<br />
Sinti als Dänen, Iren oder Esten gibt. Und<br />
dass sie als seine BürgerInnen nicht<br />
länger ignoriert und diskriminiert werden<br />
wollen.<br />
Rosa Winter, Gitta und Nicole Martl:<br />
Uns hat es nicht geben sollen.<br />
Drei Generationen Sinti-Frauen erzählen.<br />
Edition Geschichte der Heimat. Linz 2004.
Prekäre<br />
Verhältnisse<br />
Von Alois Franz<br />
Seite 11<br />
Arbeiten am Limit, das ist für die<br />
MitarbeiterInnen des Kulturvereins KAPU<br />
seit Jahren Realität. Jetzt ist ein Punkt gekommen,<br />
wo es so nicht mehr<br />
weitergehen kann, sagt Anatol Bogendorfer,<br />
Geschäftsführer der KAPU.<br />
Café <strong>KPÖ</strong>: Der jetzige Landesrat<br />
Ackerl hat vor Jahren, als er noch<br />
Linzer Stadtrat war, gesagt: „Gebt<br />
doch der KAPU Geld, dann haben<br />
wir diese Leute nicht auf der<br />
Straße.“<br />
Anatol Bogendorfer: Das ist die pragmatische<br />
Sichtweise eines SP-Politikers.<br />
Denen geht es immer um eine Art von Beschäftigungspolitik.<br />
Die haben einen stark<br />
sozialtherapeutischen Ansatz von<br />
Kulturarbeit. Die Leute, die im Umfeld der<br />
KAPU arbeiten, können mit so einem Ansatz<br />
überhaupt nichts anfangen. Die<br />
wollen nicht von irgendwem beschäftigt<br />
werden. Es geht da eher darum,<br />
autonome Geschichten und eigene<br />
Lebensentwürfe zu entwickeln. Das ist genau<br />
das Gegenteil von diesem Ansatz, der<br />
doch nur auf das Ruhigstellen von Leuten<br />
und Szenen rausläuft.<br />
Was darf man sich unter KAPU nun<br />
vorstellen?<br />
Die KAPU ist ein unabhängiger Kulturverein.<br />
Wir sind einerseits eine kulturelle<br />
Nische in der Stadt Linz, andererseits ein<br />
Ort des Austausches für viele Menschen,<br />
auch über die Grenzen der Stadt hinaus.<br />
In gewisser Weise ist die KAPU eine Basis<br />
für Jugend- und Subkultur in Linz und ein<br />
sozialer Knotenpunkt. Ein Beispiel: Im<br />
nächsten Umfeld der KAPU sind Bands<br />
entstanden, die nicht nur international<br />
erfolgreich sind und mit ihrem<br />
Expertenwissen und ihren Kontakten die<br />
KAPU unterstützen. Diese Bands sind auch<br />
durch das Wesen der KAPU geprägt<br />
worden. Ich nenne nur Seven Sioux, Wipe<br />
Out, Texta, Strahler 80, Valina,<br />
Soundsgood. Die wirkliche Zahl ist<br />
wesentlich größer. Ein ganz wesentlicher<br />
Aspekt der KAPU war auch immer der Do-<br />
It-Yourself-Gedanke. Die Leute wurden<br />
aufgefordert, selber tätig zu werden, und<br />
nicht bloß zu konsumieren.<br />
Wie schauts nun mit dem Geld aus?<br />
Es scheint ja derzeit eine veritable<br />
Krise zu geben.<br />
Die aktuelle Krise ist das Resultat einer<br />
jahrelangen Unterdotierung unseres<br />
Vereins. Die KAPU ist in den letzten<br />
Jahren inhaltlich wie räumlich stark<br />
erweitert worden. Seit dem Jahr 2001 haben<br />
wir ja das gesamte Haus als Mieter<br />
übernommen, nachdem wir mehr als 15<br />
Jahre ein prekäres Untermietverhältnis<br />
hatten. Inhaltlich bedeutet das, dass wir<br />
auch auf dem Feld der Literatur, des Diskurses,<br />
der Medien aktiv geworden sind.<br />
Grundsätzlich möchte ich anmerken, dass<br />
die akute Geldkrise, in der sich die KAPU<br />
derzeit befindet, nicht von gestern<br />
auf heute aufgetreten<br />
ist. Wir haben einfach nie<br />
genug Geld von den<br />
öffentlichen Subventionsgebern<br />
bekommen. Wir haben<br />
immer wieder darauf hingewiesen.<br />
Es sollte auch niemand<br />
überraschen, dass sich das so<br />
zugespitzt hat. Jetzt sind wir<br />
aber an einem Punkt angelangt,<br />
an dem wir sagen<br />
müssen: Wenn die Subventionsgeber<br />
nicht darauf reagieren<br />
und der KAPU soviel Geld<br />
geben, wie es ihrem Status quo<br />
entspricht, dann wird es die<br />
KAPU in dieser Form nicht<br />
mehr geben können.<br />
Was tut sich aufgrund dieser<br />
Tatsache im Umfeld<br />
der KAPU?<br />
Wir hatten im letzten<br />
Dezember zwei Benefizveranstaltungen,<br />
die sensationell<br />
besucht waren. Vor allem<br />
hat uns aber gefreut, dass es<br />
von den unterschiedlichsten<br />
Kulturinitiativen aus<br />
Österreich und in der ganzen<br />
Welt Solidaritätsbekundungen<br />
gegeben hat. Das hat uns auch<br />
gezeigt, dass das Problem, das<br />
die KAPU jetzt hat, in einem<br />
internationalen Kontext<br />
gesehen werden muss. Es gibt<br />
in vielen urbanen Metropolen<br />
ähnliche Räume. Und die politischen<br />
und ökonomischen Repressionen<br />
nehmen überall zu.<br />
Viele Leute haben uns aber<br />
auch gesagt, dass sie, wenn es<br />
die KAPU in dieser Form nicht<br />
mehr geben würde, in andere<br />
Städte ziehen müssten. Weil<br />
sie einfach das Programm, die<br />
Partys, die Konzerte und die<br />
übrigen anderen Veranstaltungen<br />
vermissen würden.
Seite 12<br />
Herr Groll<br />
auf Reisen<br />
Von Erwin Riess<br />
Tipps &<br />
Termine<br />
Vortrag<br />
Oliver Tolmein: „Der 11.9. und<br />
die Folgen für den Rechtsstaat“.<br />
Der Journalist (Konkret,<br />
Jungle World) und Jurist<br />
skizziert den deutschen Herbst<br />
1977 und untersucht Parallelen<br />
zur Sicherheitspolitik nach<br />
dem 11.9.2001.<br />
Donnerstag, 3. Februar 2005<br />
20 Uhr, KAPU,<br />
Kapuzinerstraße 36, Linz<br />
Aus aktuellem<br />
Anlass<br />
Es ist darin von Riesenwellen<br />
namens Kaventsman die Rede,<br />
aber auch von vielen anderen<br />
Absonderlichkeiten in Natur<br />
und Gesellschaft.<br />
Eugenie Kain: Hohe<br />
Wasser, Otto Müller<br />
Verlag, Salzburg 2004<br />
Aktionskonferenz<br />
„Nein zur Teilnahme an den<br />
EU-Schlachtgruppen! Nein zur<br />
Aufrüstungsverpflichtung! Ja<br />
zur Neutralität!“, Friedensvolksbegehren.<br />
Samstag, 22. Jänner 2005<br />
Impressum:<br />
Aktuell, Nummer 01, Jänner 2005<br />
Medieninhaber (Verleger), Herausgeber,<br />
Hersteller: <strong>KPÖ</strong>-<strong>Oberösterreich</strong>,<br />
Melicharstraße 8, 4020 Linz, Telefon (0732)<br />
652156, Mail kpoe.ooe@aon.at , Web<br />
www.kpoe.at/ooe<br />
Redaktion: Alois Franz, Leo Furtlehner,<br />
Romana Gadje, Eugenie Kain,<br />
Hanns Christian Schiff. Grafik: Alois Franz<br />
Offenlegung laut Mediengesetz:<br />
Laut 25, Absatz 2: Medieninhaber (Verleger)<br />
ist die Kommunistische Partei Österreichs<br />
(<strong>KPÖ</strong>). Die <strong>KPÖ</strong> ist eine politische Partei.<br />
Bundesvorsitzender der Partei ist Mag.<br />
Walter Baier. Laut Paragraph 25, Absatz 4:<br />
Die Blattlinie entspricht der politischen<br />
Linie der <strong>KPÖ</strong>.<br />
Bálff, Neusiedlersee. Kurz nach Sopron<br />
war Groll gezwungen, das Tempo zu reduzieren,<br />
denn in schattigen Waldstücken lag<br />
noch Schnee auf der Fahrbahn. Die kleine<br />
Ortschaft Bálff lag am äußersten Ende des<br />
Schilfgürtels, vom See selber war nichts zu<br />
sehen. Nur die höchsten Erhebungen des<br />
Soproner Hügellandes erlauben einen Blick<br />
auf den ungarischen Teil des Neusiedlersees.<br />
"Bálff am Schilfgürtel" müßte die Ortschaft<br />
heißen, dachte Groll, als er die<br />
Abzweigung ins Ortszentrum nahm, das an<br />
einem steilen Abhang lag. Er fuhr im<br />
Schritttempo. Die Vorsicht machte sich bezahlt,<br />
als ein gelber Ikarus-Bus mit hoher<br />
Geschwindigkeit um eine Häuserecke bog<br />
und über die Fahrbahn schlingernd den<br />
Berg in Angriff nahm. Nur mit Mühe gelang<br />
es Groll, eine Kollison zu verhindern. Er<br />
durchquerte den Ort und hielt nach der<br />
"Pension Romantica" Ausschau. Groll zweifelte<br />
schon, ob das Zeitungsinserat,<br />
welches eine preiswerte rollstuhlgerechte<br />
Pension am Seeufer angepriesen hatte, ein<br />
Scherz gewesen war. Nacheinander fragte<br />
er drei Männer nach dem Weg. Alle drei<br />
waren betrunken gewesen, so auch der<br />
Radfahrer, den Groll vor den Toren der<br />
Mineralwasserfabrik angesprochen hatte.<br />
Der Mann, dessen Schnapsatem noch in<br />
drei Metern Entfernung zu riechen war,<br />
hatte sein Fahrrad auf den Boden gelegt<br />
und wollte Groll einladen, mit ihm zu<br />
kommen. Er hätte selbstgebrannten<br />
Schnaps zu Hause. Ohne sich zu<br />
verabschieden, war Groll davongefahren.<br />
Der Radfahrer hatte geflucht und nach<br />
dem Wagen getreten. Dabei war er auf<br />
dem Eis ausgerutscht und rücklings auf die<br />
Straße gestürzt.<br />
Endlich fand Groll die Pension. Sie lag an<br />
einer Seitengasse, am Ortsausgang, dort,<br />
wo das Gefälle am steilsten war. Eine<br />
schwindelerregende Treppe führte zum<br />
Eingang. Groll hupte mehrmals. Es dauerte<br />
lange, bis ein Männerkopf sich am Fenster<br />
zeigte. Wenige Minuten später saß ein<br />
blonder Bursche, der Sohn der Besitzerin,<br />
neben Groll und lotste den Wagen über einen<br />
vereisten Feldweg auf die Rückseite<br />
des Anwesens. Groll lud den Rollstuhl aus<br />
und ließ sich von dem Jungen, der leidlich<br />
Deutsch sprach, über eine Rampe, die so<br />
steil war, daß Groll um ein Haar aus dem<br />
Rollstuhl gerutscht wäre, zum Haus<br />
hinunterführen, wo bereits eine grell<br />
geschminkte Frau mit hochtoupiertem<br />
blondem Haarschopf auf ihn wartete. Das<br />
Haus erwies sich tatsächlich als<br />
rollstuhlgerecht. Den Grund sah Groll bald.<br />
Der Großvater saß, nach einem<br />
Schlaganfall halbseitig gelähmt, im<br />
Rollstuhl. Stufen und andere Hindernisse<br />
im Haus waren entfernt worden, so daß<br />
der alte Herr sich zumindest hier bewegen<br />
konnte. Er sei früher Fischer gewesen, erzählte<br />
die Blonde. Der Alte tat, als höre er<br />
sie nicht; trotzig löffelte er eine Suppe und<br />
verschüttete dabei die Hälfte. Er sehe, daß<br />
es sich bei der Pension um ein vorbildlich<br />
eingerichtetes, von menschlicher Wärme<br />
erfülltes Haus handle, sagte Groll. Im Sommer<br />
würde er gern für ein paar Tage die<br />
Gastfreundschaft der "Romantica"<br />
genießen, für den Winter aber müsse er<br />
infolge der schwierigen Zufahrt von einem<br />
Besuch Abstand nehmen.<br />
Die Wirtin zeigte sich verständig und half<br />
Groll über den Hang zum Wagen zurück.<br />
Dabei redete sie unentwegt auf ihn ein,<br />
lobte das Klima, den Wein und die Luft.<br />
Groll klopfte den Schnee von den Rädern<br />
und bewunderte die Ausdauer der Wirtin,<br />
die mit Sandalen im Schnee stand. Am<br />
Hauptplatz suchte Groll das Dorfwirtshaus<br />
auf. Bald darauf ruhte Grolls Blick liebevoll<br />
auf einem Topf mit dampfender<br />
Fischsuppe, und er beschloß bei sich, im<br />
"Manhattan Wheeling Courier" einen lobenden<br />
Bericht über die Pension zu schreiben.<br />
Österreichische Post AG. Sponsoring-Post, Verlags- und Herstellungsort: Linz, Erscheinungsort Linz, Verlagspostamt 4020<br />
Linz, P.b.b. Vertragsnummer GZ 02Z030467 S