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Franz Haider (1907-1968) - KPÖ Oberösterreich

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<strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong> (<strong>1907</strong>-<strong>1968</strong>)<br />

Magistratsbediensteter, Sportler, Parteifunktionär,<br />

Widerstandskämpfer, Arbeiterpolitiker, Journalist:<br />

Das vielseitige Leben des Kommunisten <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>.<br />

Eine Dokumentation der KPÖ-Oberösterreich


Seite 2<br />

Ein Vorwort<br />

Am 11. Sep tem ber <strong>1907</strong> wur de<br />

<strong>Franz</strong> Hai der ge bo ren, sein hun dert ster<br />

Ge burts tag ist uns An lass für eine Do -<br />

ku men ta ti on, die weit ge hend auf die<br />

umfangreichen Materialsammlungen<br />

von Pe ter Kam mers tät ter (1911-1993)<br />

basiert.<br />

Das Le ben von <strong>Franz</strong> Hai der war<br />

sehr be wegt und da mit cha rak ter is tisch<br />

für ei nen Po li ti ker der Ar bei te rIn nen be -<br />

we gung des 20. Jahr hun derts. Früh zei -<br />

tig in der so zial de mo kra ti schen Ar bei -<br />

te rIn nen be we gung und im Sport ver ein<br />

tä tig kam er schon 1933 zur KPÖ, wo er<br />

von An fang an füh ren de Funk tio nen<br />

wahrnahm. <strong>Haider</strong> war maßgeblich im<br />

Wi der stand ge gen den grü nen und<br />

brau nen Fa schis mus tä tig und war bis<br />

zur Be frei ung 1945 in Gars ten in haf -<br />

tiert.<br />

1945 wur de er als Nach fol ger des im<br />

KZ Maut hau sen er mor de ten Sepp Teufl<br />

zum Lan des ob mann der KPÖ ge wählt –<br />

eine Funk ti on die er 23 Jah re lang bis<br />

zu sei nem Tode im Jah re <strong>1968</strong> aus üb te.<br />

Kurz fris tig war Hai der auch Lan des -<br />

haupt manns tell ver tre ter in der pro vi so -<br />

rischen Landesregierung, später Vertre -<br />

ter der KPÖ in der Zi vil ver wal tung<br />

Mühl vier tel für den sow je tisch be setz -<br />

ten Teil Ober ös ter reichs und spä ter von<br />

1955 bis <strong>1968</strong> Ge mein de rat der Lan -<br />

des haupt stadt Linz.<br />

Heu er wäre <strong>Franz</strong> Hai der hun dert<br />

Jah re alt ge wor den – Grund ge nug für<br />

eine Wür di gung, auch in Form ei ner<br />

Do ku men ta ti on. Wir ver su chen mit<br />

aus ge wähl ten Re den und Ar ti keln von<br />

und über <strong>Franz</strong> Hai der der Viel sei tig -<br />

keit sei ner Per son als Par tei funk tio när<br />

und Po li ti ker ge recht zu wer den.<br />

Wenn wir mit die ser Do ku men ta ti on<br />

<strong>Franz</strong> Hai der wür di gen, dann tun wir<br />

dies nicht als historische Reminiszenz,<br />

son dern in dem Be wusst sein und der<br />

Ab sicht, sei ne Ta ten, Er fah run gen und<br />

An re gun gen als Teil der Par tei ge -<br />

schichte festzuhalten. In diesem Sinne<br />

bleibt er uns in Er in ne rung.<br />

Leo Furtlehner<br />

Landessprecher der<br />

KPÖ-Oberösterreich<br />

Linz, Au gust 2007<br />

Im pres sum: Me dien in ha ber (Ver le ger),<br />

Herausgeber, Hersteller: KPÖ-Ober ös -<br />

terreich, Me li char stra ße 8, 4020 Linz,<br />

Te le fon +43 732 652156, Mail<br />

ooe@kpoe.at, Web http://ooe.kpoe.at<br />

Vom lin ken So zial de mo kra ten zum Lan des ob mann der KPÖ<br />

Widerstandskämpfer und<br />

Kommunist<br />

<strong>Franz</strong> Hai der wur de am 11. Sep -<br />

tem ber <strong>1907</strong> in Linz ge bo ren. Sein<br />

Va ter <strong>Franz</strong> Hai der war ein aus<br />

Ansfelden gebürtiger Bauernknecht,<br />

Zimmermann und später Oberbauar<br />

bei ter bei der Bahn, sei ne Mut ter<br />

Maria <strong>Haider</strong>, geborene Müller war<br />

ein aus Sa xen ge bür ti ges Haus mäd -<br />

chen und spä ter Ta bak ar bei te rin,<br />

bei de wa ren ab 1905 Mit glie der der<br />

So zial de mo kra tie.<br />

<strong>Franz</strong> Hai der be such te bis 1921 die<br />

Volks- und Bür ger schu le und be gann<br />

nach ei nem Zwi schen spiel als Hü ter<br />

und Stall bur sche bei ei nem Groß bau ern<br />

1922 eine kauf män ni sche Leh re bei der<br />

EBG, wo er dann bis 1925 als An ge -<br />

stell ter tä tig war. Zwi schen 1925 und<br />

1927 war er Ober bau ar bei ter bei der<br />

Bahn und 1927 am Streik ge gen das<br />

Schattendorf-Urteil beteiligt. Das Abbla<br />

sen die ses Streiks durch die<br />

SPÖ-Füh rung wirk te auf ihn wie auch<br />

an de re jun ge So zial de mo kra ten nie der -<br />

schmet ternd und sie be gan nen die Po li -<br />

tik der SPÖ-Füh rung mit kri ti schen Au -<br />

gen zu be trach ten. Von 1927 bis 1934<br />

war <strong>Haider</strong> Magistratsangestellter im<br />

städtischen Gaswerk.<br />

Von frü her Ju gend auf war <strong>Franz</strong><br />

<strong>Haider</strong> in der sozialdemokratischen Bewe<br />

gung tä tig, in der Ge werk schafts ju -<br />

gend und als Wehr tur ner im Schutz -<br />

bund, von 1927 bis 1933 war er Mit -<br />

glied der SPÖ. Vor al lem aber mach te<br />

er sich als Sport ler mit her vor ra gen den<br />

Lei stun gen ei nen Na men. Be reits 1928<br />

wur de er Sport wart des ATSV-Linz und<br />

ge hör te ab 1931 dem Aus schuss die ses<br />

Ver eins an. 1931 ver lor er bei ei nem<br />

tra gi schen Berg un fall am Mon te Rosa<br />

(Schweiz) durch Er frie run gen Fin ger<br />

und Ze hen, wo durch sei ne ak ti ve Sport -<br />

lauf bahn been det wur de, er je doch wei -<br />

ter hin als Sport funk tio när tä tig war.<br />

Der gescheiterte Heimwehrputsch<br />

von 1931 war für die Wehr tur ner An -<br />

lass zu er höh ten An stren gun gen zur<br />

Ver tei di gung der De mo kra tie, wo bei<br />

die jun gen So zia lis ten in den füh ren den<br />

Schutz bund funk tio nä ren Ri chard Stras -<br />

ser, Ri chard Ber na schek und Otto<br />

Husch ka Ga ran ten da für sa hen, dass die<br />

lin ken Kräf te im ent schei den den Au -<br />

gen blick rich tig han deln wür den. Die<br />

be harr li che Auf klä rungs ar beit des<br />

Kom mu nis ten Hein rich Frau en ber ger<br />

bei den Wehr tur nern war je doch der<br />

Aus gangs punkt für ein er wa chen des In -<br />

ter es se von Hai der und an de ren an der<br />

Po li tik der Sow jet union. Ge gen ei ni gen<br />

Wi der stand in ner halb der SPÖ im März<br />

1933 nahm Hai der an ei ner in ter na tio -<br />

na len Kon fe renz der Ar bei ter sport ler<br />

teil, de ren Er geb nis se er in mehr als 30<br />

Vor trä gen pro pa gier te.<br />

Zustrom zur KPÖ<br />

Be reits 1933 ström te ein Teil der mit<br />

der Füh rung der SPÖ un zu frie de nen<br />

Ar bei ter, vor al lem Ar bei ter sport ler so -<br />

wie sämt li che 300 Mit glie der der so -<br />

zialdemokratischen „Arbeiterhilfe“ zur<br />

KPÖ, ob wohl die Kom mu nis ti sche Par -<br />

tei seit 26. Mai 1933 ver bo ten war. Bei<br />

ei ner Lan des kon fe renz der KPÖ im<br />

Sep tem ber 1933 im Gast haus Neu wirt<br />

auf der „Gis“ (Ge mein de Lich ten berg)<br />

nahm eine Ab ord nung lin ker So zial de -<br />

mo kra ten un ter Füh rung von <strong>Franz</strong> Hai -<br />

der teil, die im Ver lau fe die ser Kon fe -<br />

renz auch of fi ziell Mit glie der der KPÖ<br />

wur den, der Hai der schon nach sei ner<br />

Rüc kkehr von der Ar bei ter de le ga ti on in<br />

die Sow jet union im Mai 1933 bei ge tre -<br />

ten war. Be reits bei die ser Lan des kon -<br />

ferenz wurde <strong>Haider</strong> Mitglied der<br />

KPÖ-Lan des lei tung und als Agit prop<br />

(Ver ant wort li cher für Agi ta ti on und<br />

Pro pa gan da) be auf tragt.<br />

Im Vor feld des Fe bru ar auf stan des<br />

1934 trug die KPÖ be wusst die Aus ein -<br />

an ders et zung über den ein zu schla gen -<br />

den Weg in die So zial de mo kra ti sche<br />

Par tei hin ein. Da bei spiel te auch <strong>Franz</strong><br />

Hai der eine wich ti ge Rol le. Bei drei<br />

gro ßen Ver trau ens män ner kon fer en zen<br />

der SPÖ im Herbst 1933 tra ten im The -


e sien saal Sepp Teufl, in Ur fahr Fe lix<br />

Brand stät ter und in der Dorf hal le in der<br />

Franc kstra ße <strong>Franz</strong> Hai der als kom mu -<br />

nis ti scher Dis kus sions red ner auf.<br />

Der sozialdemokratische Referent in<br />

der Dorf hal le war kein ge rin ge rer als<br />

Otto Bau er und mu ß te in sei nem<br />

Schluss wort ein räu men: „Der jun ge Ge -<br />

nos se (näm lich <strong>Franz</strong> Hai der, die Red.)<br />

hat zu 99 Pro zent recht. Was aber ist<br />

dann, wenn das eine Pro zent ein tritt,<br />

dass die Ar bei ter schaft die Ge fahr noch<br />

nicht ge nug ver steht?“ Schon am 10.<br />

Fe bru ar 1934 rief die KPÖ-Zei tung<br />

„Rote Fahne“zum Generalstreik auf.<br />

Die KPÖ rich te te im Gast haus „Zur<br />

Stadt Linz“ eine ei ge ne Ver bin dungs -<br />

stel le ein und Hai der hat te Ri chard Ber -<br />

na schek ver geb lich vor ge schla gen die<br />

Lei tung des Schutz bun des vom „Ho tel<br />

Schiff“ in ein il le ga les Zen trum zu ver -<br />

le gen. Am 12. Fe bru ar 1934 mel de ten<br />

sich vie le Kom mu nis ten bei den Sam -<br />

mel plät zen des Schutz bun des und nah -<br />

men an den Kämp fen teil, <strong>Franz</strong> Hai der<br />

beim Wirt schafts hof, der Dies ter weg -<br />

schu le und der Dorf hal le. Die Wehr tur -<br />

ner ab tei lung des Schutz bun des ar bei te -<br />

te mit der 54. Schutz bund ab tei lung zu -<br />

sammen, die als radikalste Abteilung<br />

galt.<br />

Gegen den grünen Faschismus<br />

Nach der Nie der schla gung des Fe -<br />

bruaraufstandes etablierte sich das aus -<br />

trofaschistische Regime. Für die illega -<br />

le Ar bei ter be we gung be gan nen Jah re<br />

der Ver fol gung. <strong>Franz</strong> Hai der wur de<br />

aus dem Ma gi strats dienst ent las sen und<br />

war ab 1934 Be rufs re vo lu tio när, wo bei<br />

er die Or ga ni sie rung der Un ter stüt zung<br />

der Fe bru ar op fer über die „Rote Hil fe“,<br />

die Ge win nung der ent täusch ten So zial -<br />

de mo kra tIn nen für die KPÖ und die<br />

He raus ga be der „Ro ten Front“ (Auf la ge<br />

2.500 bis 3.000 Exem pla re) als Haupt -<br />

auf ga ben sah. Bei ei ner Lan des kon fe -<br />

renz der KPÖ Ende Au gust 1934 bei<br />

dem Klein bau ern Eder in Am berg (Ge -<br />

meinde Gramastetten) wurde <strong>Franz</strong><br />

Hai der wie der um als Mit glied der Lan -<br />

des lei tung ge wählt.<br />

Am 12. Sep tem ber 1934 wur de Hai -<br />

der ver haf tet und zu ei ner sechs mo na ti -<br />

gen Polizeiverwaltungsstrafe verurteilt,<br />

aus wel cher er am 12. März 1935 ent -<br />

las sen wur de. In ei nem Be richt der<br />

Bun des po li zei di rek ti on Linz vom 23.<br />

Sep tem ber 1934 wird Hai der im Zu -<br />

sam men hang mit Er mitt lun gen ge gen<br />

<strong>Franz</strong> Sin zin ger, Hans Go lob, Mi cha el<br />

Rei sin ger und an de ren we gen Her stel -<br />

lung und Ver brei tung der il le ga len „Ro -<br />

ten Front“ er wähnt, wo bei Hai der als<br />

„Lieferant der mit Flugschriftentext<br />

versehenen Matrize“ fungierte. Am 18.<br />

Jän ner 1935 mu ß te die Staats an walt -<br />

schaft Linz je doch im Zu sam men hang<br />

mit einer Anklage eines Hochverratsver<br />

fah rens die Er mitt lun gen ge gen<br />

<strong>Haider</strong> sowie gegen zahlreiche andere<br />

der 55 Angeklagten wegen Mangels an<br />

Beweisen einstellen.<br />

Am 7. Ok to ber 1935 er folg te die Be -<br />

ru fung Hai ders zur il le ga len In lands lei -<br />

tung der KPÖ nach Wien, vom Fe bru ar<br />

1936 bis 1938 ab sol vier te er ein Stu di -<br />

um an der Le nin-Schu le in Mos kau wo<br />

er auch sei ne spä te re Frau Anna La dis -<br />

lav ken nen lern te. An fang 1938 kehr te<br />

er nach Brünn (CSR) zu rück und ließ<br />

sich dort als österreichischer Flüchtling<br />

le ga li sie ren. Zum Zeit punkt der Ok ku -<br />

pa ti on Ös ter reichs durch Na zi deutsch -<br />

land im März 1938 war Hai der in der<br />

Tsche cho slo wa kei und die Ge sta po re -<br />

gi strier te in ei nem Be richt vom 2. No -<br />

vem ber 1938, dass Hai der als Emi grant<br />

in der CSR in ver schie de nen Or ten an<br />

der ehemaligen Grenze des mittlerweile<br />

eben falls an nek tier ten Su de ten lan des<br />

und Ober do naus neue Kurierlinien<br />

aufzubauen bemüht war. 1938 wurde in<br />

Wien sein Sohn Helmut geboren.<br />

Nach der Ok ku pa ti on der Tsche cho -<br />

slo wa kei durch Hit ler deutsch land war<br />

Hai der in der Grenz ar beit an der tsche -<br />

chisch-pol ni schen Gren ze tä tig und<br />

wur de am 29. März 1939 ver haf tet, von<br />

dort nach Dres den und am 4. Sep tem ber<br />

1939 nach Linz über stellt, wo ein spä ter<br />

eingestelltes Verfahren wegen Hochund<br />

Lan des ver rat er öff net wur de bis er<br />

am 27. Sep tem ber 1939 ent las sen wur -<br />

de. 1939 er folg te eine Re or ga ni sie rung<br />

der Landespartei, wobei <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong><br />

als Ver bin dungs mann zu Willi Schmidt<br />

in Wien beauftragt wurde.<br />

Neubildung der Landesleitung<br />

Vom Herbst 1939 bis 1941 war Hai -<br />

der wie der als An ge stell ter des Gas -<br />

werks tä tig. 1940 hei ra te ten <strong>Franz</strong> und<br />

Anna Hai der, sei ne Gat tin und sein<br />

Sohn über sie del ten nach Linz. Im sel -<br />

ben Jahr erfolgte eine neuerliche Umstruk<br />

tu rie rung durch Bil dung ei ner<br />

Lan des lei tung, die sich aus Sepp Teu -<br />

fel, <strong>Franz</strong> Hai der, Karl Reindl, <strong>Franz</strong><br />

Ha sel mayr, Max Grüll und Eli sa beth<br />

Rechka zusammensetzte und deren<br />

Ver bin dungs mann zum ZK der KPÖ<br />

Er win Pu schmann war und mit Gi se la<br />

Tscho fe nig-Tau rer, die 1945 im La ger<br />

Schör gen hub er mor det wur de, zu sam -<br />

menarbeitete. Anna <strong>Haider</strong> ging zur<br />

illegalen Arbeit nach Wien.<br />

Am 5. Mai 1941 wur den <strong>Franz</strong> und<br />

Anna Hai der in Linz we gen „kom mu -<br />

nistischer Betätigung“ verhaftet, seine<br />

Frau wur de so fort, <strong>Franz</strong> Hai der am 5.<br />

Juni 1941 nach Wien über stellt. Ge -<br />

mein sam mit Er win Pu schmann, <strong>Franz</strong><br />

Se bek und Mar ga re the Schüt te-Li hotz -<br />

ky und Karl Li setz stan den bei de am<br />

22. Sep tem ber 1942 vor dem 2. Se nat<br />

Seite 3<br />

des Nazi-Volks ge richts ho fes in Wien.<br />

<strong>Franz</strong> Hai der wur den die bür ger li chen<br />

Ehrenrechte für zehn Jahre aberkannt<br />

und er wur de zu 13 Jah ren Zucht haus<br />

wegen „Nichtanzeige eines hochverräterischen<br />

Unternehmens“ verurteilt.<br />

Anna Hai der wur de zu 15 Jah ren Zucht -<br />

haus verurteilt und in die Strafanstalt<br />

Aichach (Bayern) eingewiesen.<br />

Am 3. No vem ber 1942 wur de <strong>Franz</strong><br />

Hai der un ter der Num mer 391/42 in das<br />

Zucht haus Gars ten ein ge wie sen, wo er<br />

gemeinsam mit anderen Widerstands -<br />

kämp fern – so etwa dem 1996 ver stor -<br />

be nen Rai mund Zim per nik – bis zur<br />

Be frei ung durch die US-Ar mee im Mai<br />

1945 in haf tiert war. Nach der Ver haf -<br />

tung <strong>Franz</strong> Hai ders wur de 1941 die<br />

Lan des lei tung nach Wels ver legt und<br />

von Her mann Höl ler mann, Karl Schar -<br />

rer, Karl Misch ka und Lud wig Hartl ge -<br />

bil det, die spä ter alle von den Na zis er -<br />

mor det wur den. Noch im Jän ner 1945<br />

wur de Hai ders Mut ter Ma ria in Linz<br />

von der Ge sta po ver haf tet, über leb te ei -<br />

nen US-Bom ben an griff auf das Frau en -<br />

ge fäng nis Ka plan hof stra ße und wur de<br />

nach der Befreiung am 3. Mai 1945 aus<br />

dem Lager Schörgenhub entlassen.<br />

Landesobmann der KPÖ<br />

<strong>Franz</strong> Hai der wur de am 7. Mai 1945<br />

aus dem Zucht haus Gars ten ent las sen<br />

und ge lang te über Steyr und Wien Ende<br />

Mai nach Linz. Dort über nahm <strong>Franz</strong><br />

Hai der die Funk ti on als KPÖ-Lan des -<br />

ob mann und wur de als sol cher vom 13.<br />

Lan des par tei tag am 23./24. Fe bru ar<br />

1946 be stä tigt, er übte die se Funk ti on<br />

bis zu sei nem Tod am 15. März <strong>1968</strong><br />

aus. Ab Juni 1945 fun gier te Hai der als<br />

He raus ge ber und Mit ar bei ter der<br />

KPÖ-Zei tung „Österreichische Nach -<br />

rich ten“, im mer noch il le gal, weil in der<br />

US-Be sat zungs zo ne erst ab 19. Sep tem -<br />

ber 1945 Parteien und Parteizeitungen<br />

erlaubt waren.<br />

Im Juni 1945 nahm Hai der an Be -<br />

sprechungen der „Österreichischen<br />

Frei heits be we gung“ und der ihr an ge -<br />

schlos se nen Wi der stands be we gun gen<br />

in Ried im Inn kreis teil und wur de in<br />

de ren Lan des au schuss ge wählt. Im Juni<br />

und Au gust 1945 fan den Kon takt ge -<br />

sprä che Hai ders mit Lud wig Ber na -<br />

schek über die Grün dung ei ner ein heit -<br />

lichen Arbeiterpartei statt, die jedoch<br />

dann von der SPÖ ab ge bro chen wur -<br />

den. Im Sep tem ber und Ok to ber 1945<br />

nahm Hai der an der ers ten und zwei ten<br />

Län der kon fe renz in Wien teil. Vom 29.<br />

Ok to ber bis 13. De zem ber 1945 war<br />

<strong>Haider</strong> auf Grund eines Dreiparteienab -<br />

kom mens zwi schen ÖVP, SPÖ und<br />

KPÖ kurz fris tig Lan des haupt mannstellvertreter<br />

in der provisorischen<br />

Landesregierung.<br />

Die Ver fol gung war frei lich noch


Seite 4<br />

nicht zu Ende. Am 29. Mai 1946 wur de<br />

<strong>Franz</strong> Hai der, der auch He raus ge ber des<br />

Par tei or gans „Neue Zeit“ war, von der<br />

US-Be sat zungs be hör de fest ge nom men,<br />

weil angeblich in einem Artikel der<br />

„Neu en Zeit“ am 20. Mai ein Aus -<br />

spruch des US-Leut nants Ryon vor sätz -<br />

lich falsch zi tiert wor den war. Am 29.<br />

Mai 1946 wur de Hai der von ei nem Mi -<br />

litärgericht zu zwei Monaten Gefängnis<br />

so wie 600 Schil ling Geld stra fe ver ur -<br />

teilt, die er in ei ner Au ßen stel le des<br />

Landesgerichtes Linz absitzen mußte.<br />

Vom 16. De zem ber 1947 bis 27. Juli<br />

1952 ge hör te Hai der dem po li ti schen<br />

Beirat der Zivilverwaltung Mühlviertel<br />

(die ser Teil Ober ös ter reichs war sow je -<br />

tisch be setzt und hat te da her eine ei ge ne<br />

Ver wal tung) an. Vom 15. No vem ber<br />

1955 bis zu sei nem Tode im Jah re <strong>1968</strong><br />

war <strong>Haider</strong> auch Gemeinderat von<br />

Linz. Be reits 1938 war Hai der Mit glied<br />

des illegalen Zentralkomitees der KPÖ,<br />

dem er of fi ziell vom 13. Par tei tag am<br />

19.-21. April 1946 bis zu sei nem Tod<br />

im Jah re <strong>1968</strong> an ge hör te. Von 1949 bis<br />

1951 war er auch Mitglied des<br />

Politischen Büros des ZK der KPÖ.<br />

Quellen:<br />

Wi der stand und Ver fol gung in Ober -<br />

ös ter reich 1934-1945, Ös ter rei chi scher<br />

Bun des ver lag, 1982<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Haider</strong> <strong>Franz</strong> –<br />

Ein Le ben im Dien ste der ös ter rei chi -<br />

schen Arbeiterklasse, Berichte aus seinem<br />

Le ben, Re den und Auf sät ze, 1987<br />

<strong>Franz</strong> Hai der und der Sport:<br />

Mit großer Energie…<br />

Aus sei nen ei ge nen Er zäh lun gen<br />

oder den Erzählungen seiner Freun -<br />

de geht her vor, wie viel <strong>Franz</strong> Hai der<br />

der Sport be deu te te. Er be trieb vie le<br />

Sport ar ten, die da mals in der Zeit<br />

von 1923 bis 1934 in der Ar bei ter -<br />

sport be we gung be son ders po pu lär<br />

wa ren, zum Bei spiel die Frei übun gen<br />

(Gymnastik), Geräteturnen,<br />

Schwimmen, besonders Leichtathletik,<br />

Schi lau fen, Hand ball usw.<br />

Was der Wunsch je des gro ßen<br />

Leicht ath le ten war, war auch sein<br />

Wunsch, näm lich Zehn kampf meis ter zu<br />

wer den. Nach den Aus sa gen sei ner ehe -<br />

ma li gen Sport ka mer aden und Freun de<br />

war er dem Ziel sehr nahe in der Ar bei -<br />

ter sport be we gung Ös ter reichs. Die ses<br />

Ziel wur de krass been det durch den<br />

Berg un fall am Mon te Rosa (Sig nal kup -<br />

pe 4.600 m).<br />

Nach der erfolgreichen Besteigung<br />

des Gip fels am 26. April 1931 und der<br />

Näch ti gung in ei ner dem Gip fel nahe<br />

ge le ge nen Un ter kunft, ge schah beim<br />

Ab stieg und bei der Ab fahrt am 27.<br />

April beim Grenz glet scher zum Aus -<br />

gangs punkt zu der Betenns-Hütte das<br />

Un glück. Der Seil ge fähr te von <strong>Franz</strong><br />

Hai der, An ton Eis ner stürz te in eine<br />

Gletscherspalte. Trotz großer Bemü -<br />

hun gen von <strong>Franz</strong> Hai der und der bei -<br />

den anderen Bergkameraden Karl Derndor<br />

fer und Al fred Ehart ge lang es ih nen<br />

nicht, den Ver un glüc kten zu retten.<br />

An ton Eis ner wur de ei ni ge Tage spä -<br />

ter vom Zer mat ter Berg füh rer tot ge bor -<br />

gen. Die an de ren drei zo gen sich bei<br />

die ser Ret tungs ak ti on schwe re Er frie -<br />

run gen zu. Ab ge se hen von meh re ren<br />

Mo na ten Kran ken haus auf ent halt wur -<br />

den ih nen auf ope ra ti vem Weg un ter<br />

an de rem Fin ger und Ze hen ab ge nom -<br />

men. Am Ende die ses Ab schnit tes wird<br />

ein Be richt über die ses Ge sche hen ab -<br />

ge druckt. Da mit wa ren die gro ßen Zie le<br />

in sei nem Sport ler le ben für im mer ver -<br />

lo ren.<br />

Schon mit 21 Jahren Sportwart<br />

Mit gro ßer Ener gie, wie wir spä ter<br />

le sen wer den, ver such te er, trotz schwe -<br />

ren Be hin de run gen an der Spit ze mit zu -<br />

hal ten, was durch die po li ti schen Er eig -<br />

nis se 1933, 1934 und den da rauf fol -<br />

gen den Jah ren bis 1945 zum voll kom -<br />

menen Stillstand seiner sportlichen Tä -<br />

tigkeit führte.<br />

<strong>Franz</strong> Hai der war nicht nur ak ti ver<br />

Sport ler, son dern ne ben bei auch ak ti ver<br />

Sport funk tio när, der sich nach sei nem<br />

Berg un fall durch be son de re Ak ti vi tät<br />

be merk bar mach te. Mit 21 Jah ren (11.<br />

3. 1928) war er be reits Sport wart des<br />

ATSV des Be zir kes Linz. In den Aus -<br />

schuss des Groß ver ei nes des ATSV von<br />

Linz wur de er am 3. 3. 1931 als Sport -<br />

wart ge wählt.<br />

<strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong> berichtete, dass Ende<br />

1931 das In ter es se für den Sport und<br />

den Spiel ver kehr im ATSV be gann, mit<br />

der Sow jet union lang sam im mer stär ker<br />

wur de. Er schreibt in dem Ab schnitt<br />

„Der Weg zur Par tei“ da rü ber. Die De -<br />

le gie rung zur in ter na tio na len Sport kon -<br />

fe renz 1933 nach Mos kau fand ein mü ti -<br />

gen Wi der hall in der Ar bei ter Turn- und<br />

Sport be we gung: die Be zirks lei tung der<br />

SP muss te sich den Be schlüs sen der<br />

Tur ner an schlie ßen und die De le gie -<br />

rung be stä ti gen.<br />

Nach sei ner Rüc kkehr aus der SU<br />

ge hör te er ei ner Kom mis si on des 18.<br />

Turn krei ses an, die alle Vor be rei tun gen<br />

für ein Sport ab zei chen nach dem sow je -<br />

tischen Muster trafen: „Ludwig Berna -<br />

schek arbeitete aktiv mit mir zusammen<br />

für die po li ti sche Prü fung. Die Kom -<br />

mis si on be stand un ter an de rem aus<br />

Lud wig Ber na schek, <strong>Franz</strong> Hai der und<br />

<strong>Franz</strong> Be lik. Sie be in hal te te ca. 40 Fra -<br />

gen. Es wur de auf eine brei te Ver bin -<br />

dung mit dem sow je ti schen Sport ein -<br />

geleitet“, so berichtet <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>.<br />

Ehemalige Sportkameraden über<br />

<strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong><br />

Josef Bakule: „<strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong> hatte<br />

we nig Zeit, er mach te eine Abend schu le<br />

und hat te für den Sport we nig Zeit, dass<br />

er bei Wettkämpfen mitmachte. Im<br />

Zehn kampf war er mein Kon kur rent. Er<br />

war ein gu ter Sport ler. Da mals wa ren<br />

wir die be sten von Ober ös ter reich. Die -<br />

se Tech nik, die sie heu te ha ben, bringt<br />

so hohe Lei stun gen. Wir mach ten das<br />

da mals nicht so rich tig. Wir mach ten<br />

auch da mals vor her (vor dem Kampf)<br />

kein Wär me trai ning, son dern tra ten<br />

‘kalt’ beim Wett kampf an, (dar um sind<br />

ge gen heu te die Lei stun gen nied rig, da -<br />

mals wa ren sie hoch) .“<br />

Hil de Feich tin ger, ge bo re ne Neu -<br />

bau er (sie hat te in der ers ten Ar bei ter -<br />

olym pia de 1925 in Frank furt am Main<br />

im Acht kampf der Frau en den 1. Platz<br />

be legt. Bei der 2. Olym pia de 1931<br />

konn te Hil de Neu bau er ih ren Sieg von<br />

1925 wie der ho len). Un ter an de rem sag -<br />

te sie über <strong>Franz</strong> Hai der: „Er war ein<br />

her vor ra gen der Zehn kämp fer, den<br />

Sport nahm er sehr ernst. Au ßer dem<br />

war er beim Schwim men tä tig und ging


Schi fah ren.“<br />

Theo dor Schim böck: „Ich lern te<br />

<strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong> beim Handballspielen<br />

1926/27 ken nen. 1928 wur de er Zehn -<br />

kämp fer. Wir wa ren Zehn kämp fer und<br />

trainierten gerne gemeinsam Stabhoch -<br />

sprung. <strong>Franz</strong> war be son ders stark in<br />

den Sport ar ten Wurf und Sprin ten, weil<br />

er ein schnel ler Läu fer war … zu den<br />

Aus tra gun gen, zum Bei spiel in Gmun -<br />

den, Laa kir chen oder Steyr fuh ren wir<br />

mit den Fahr rä dern, denn für eine Bahn -<br />

kar te hät te es nie ge reicht. Es gab kei -<br />

nen Trai ner. Jetzt gibt es über all Trai -<br />

ner.“<br />

Lisl Rechka: „Im Arbeiterschwimmver<br />

ein war er Lehr wart.“<br />

Jo sef Wink ler: „<strong>Franz</strong> Hai der war im<br />

tech ni schen Aus schuss. Er fun gier te<br />

dort als Schieds rich ter. Er nahm den<br />

Sport sehr ernst, trotz sei ner Fin gers tut -<br />

zen war er der ein zi ge, der uns zei gen<br />

konn te, wie man ei nen Speer rich tig<br />

wirft, kein an de rer Trai ner konn te ihm<br />

den klei nen Fin ger rei chen. Er war für<br />

uns ein Vor bild. Er hat te im mer einen<br />

ehrlichen Charakter.“<br />

Jo sef Nit sche: „Vor dem Un glück<br />

war er in ei ner kör per li chen Ver fas -<br />

sung, dass er zu ei nem der be sten Zehn -<br />

kampf sport ler von Ös ter reich ge hört<br />

hat te. Al les blic kte im mer auf den <strong>Franz</strong><br />

Hai der, denn er fiel durch sei ne<br />

Leistungen auf.“<br />

Sportliche Leistungen<br />

Lei der ge ben die vor han de nen Un -<br />

ter la gen kei ne Be stä ti gung von sei nen<br />

sport li chen Lei stun gen. Die von Hans<br />

Scho bers ber ger und Dr. Fritz Mayrho -<br />

fer verfasste „Geschichte der Linzer Ar -<br />

bei ter-Turn- und Sport be we gung (1903<br />

- 1934) be stä ti gen nicht die von vie len<br />

Freun den vor han de ne Mei nung. In der<br />

vor hin er wähn ten Ar beit heißt es: „Der<br />

gro ße Do mi na tor bei die sen Kämp fen<br />

war in den zwan zi ger Jah ren Max Lot -<br />

te ra ner … der in den meis ten Ein zel dis -<br />

zi pli nen den Sieg er rang … Bei der Ju -<br />

gend bzw. in der all ge mei nen Klas se<br />

anfangs der dreißiger Jahre waren es<br />

dann Wil li Rauch, <strong>Franz</strong> Presslmayr,<br />

<strong>Franz</strong> Gründling und <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>, die<br />

diese Tradition weiterführten.“<br />

So man che Sport art in der ös ter rei -<br />

chi schen Ar bei ter sport be we gung wur -<br />

de nach dem Ers ten Welt krieg or ga ni -<br />

siert, das heißt, es wur den dem ent spre -<br />

chen de Ver ei ne ge grün det. In Linz Ers -<br />

ter Lin zer Ar bei ter-Schwimm ver ein<br />

(ASV) am 20. Sep tem ber 1921. Das<br />

erste Wettschwimmen in seiner Ver -<br />

eins ge schich te wur de von die sem Ver -<br />

ein am 19. 9. 1926 im Mi li tär be cken der<br />

städ ti schen Schwimm schu le durch ge -<br />

führt. In ei ner Dis tanz von 94 Me ter er -<br />

reich te <strong>Franz</strong> Hai der den ers ten Platz im<br />

Rückenschwimmen in der Zeit von 1<br />

Minute und 47 Sekunden.<br />

Bei der Vereinsmeisterschaft am 28.<br />

8. 1927 lan de te <strong>Franz</strong> Hai der bei 50<br />

Meter Rückenschwimmen am 3. Platz<br />

mit ei ner Zeit von 47.3 Se kun den bei ei -<br />

ner Luft- und Was ser tem pe ra tur von 14<br />

Grad Celsius. Beim Wettschwimmen<br />

am 9. Sep tem ber 1928, bei ei ner Lage<br />

von 48 m er reich te <strong>Franz</strong> Hai der den<br />

ers ten Platz in ei ner Zeit von 40 Se kun -<br />

den. Bei der Vereinsmeisterschaft am<br />

25. Au gust 1929 er reich te <strong>Franz</strong> Hai der<br />

bei 48 m im Rü cken schwim men den<br />

ers ten Platz in ei ner Zeit von 31.4 Se -<br />

kun den. Weitere Kämpfe wurden nicht<br />

festgehalten.<br />

Trotz Behinderung dabei<br />

Einige Beispiele von seiner Beteili -<br />

gung an leicht ath le ti schen Aus tra gun -<br />

gen der ATSV vor und nach sei ner<br />

Verletzung:<br />

25 Jah re ATSV Linz, 23./24. 6. und<br />

30. 6./1. 7. 1928: Bei der Aus tra gung<br />

der Zehnkampf-Männer erreichte Josef<br />

Ba ku le den 1. Platz und <strong>Franz</strong> Hai der<br />

Seite 5<br />

den 2. Platz. In den Ein zel kämp fen bei<br />

dieser Veranstaltung erreichte beim 200<br />

m Lauf <strong>Franz</strong> Hai der den 1. Platz mit<br />

ei ner Zeit von 26 Se kun den, auch im<br />

Speer wer fen er hielt er den 1. Platz mit<br />

ei ner Weite von 38.13 Metern.<br />

Bei ei ner Ver an stal tung am 6. und 7.<br />

Au gust 1932 er reich te <strong>Franz</strong> Hai der in<br />

Salz burg bei der leicht ath le ti schen und<br />

wehr sport li chen Meis ter schaft des 18.<br />

Krei ses beim Speer wer fen eine Wei te<br />

von 42.25 Me tern und da mit wie der den<br />

ers ten Platz, eben so im Ku gels to ßen<br />

mit ei ner Weite von 11.43 Metern.<br />

Theo dor Schim böck, der eben falls<br />

bei dieser Meisterschaft angetreten war:<br />

„Ich war sehr über rascht, als ich beim<br />

200 m Lauf dem <strong>Franz</strong> Hai der, ob wohl<br />

er be hin dert ge we sen war, nicht da von -<br />

lau fen konn te. Wir ka men da mals<br />

zugleich ins Ziel.“<br />

Am 16. Juli 1933 bei der Meis ter -<br />

schaft des ASKÖ, Be zirk Linz er reich te<br />

<strong>Franz</strong> Hai der beim Ku gels to ßen 11.55<br />

m und da mit den 2. Platz und beim<br />

Speer wer fen den 1. Platz mit ei ner Wei -<br />

te von 38.54 Meter.<br />

Nach den Be rich ten sei ner Freun de<br />

war er ein begeisterter Schifahrer, aber<br />

bei Schi wett kämp fen scheint er nir -<br />

gends auf. Fredl Ehart be rich tet:<br />

„Haupt säch lich wa ren wir auf dem<br />

Dachs tein. Den kann ten wir bes ser als<br />

un se re nä he re Um ge bung. <strong>Franz</strong> war<br />

ein gu ter Schi fah rer.“ Er war auch ein<br />

gu ter Berg stei ger, der große Pläne<br />

hatte.<br />

Fredl Ehart: „Wir hat ten im mer<br />

schon vor, dass wir eine gro ße Berg tour<br />

ma chen woll ten. Im Ge spräch war der<br />

Mon te Rosa mit dem Grenz glet scher<br />

mit dem Blick auf das Mat ter horn.<br />

Quelle:<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Franz</strong> Hai -<br />

der…<br />

Hand ball mann schaft des ATSV Linz Stamm 1927 (<strong>Franz</strong> Hai der 5. von links<br />

in der letz ten Rei he)


Seite 6<br />

Aus den Er in ne run gen von Anna Hai der:<br />

Der <strong>Franz</strong>l<br />

Ein Ge spräch vom 6. 8. 1987 mit<br />

Hai der Anni, Jahr gang 1902 (22. 3.)<br />

wohn haft im Hil lin ger Se nio ren heim<br />

Linz.<br />

Den <strong>Franz</strong>l sah ich zum ers ten Mal<br />

nach dem 34er Jahr auf dem Leo pol di -<br />

berg, wo wir Schutz bünd ler uns tra fen.<br />

Es war auch ein ge wis ser Hau er da bei,<br />

war sein il le ga ler Name. Wir ka men da -<br />

mals zu sam men, um da rü ber zu spre -<br />

chen, was wir wei ter ma chen woll ten.<br />

Das war nach dem Fe bru ar 1934. Der<br />

<strong>Franz</strong> sprach da mals über Ober ös ter -<br />

reich. Ich war da mals noch mit ei nem<br />

an de ren li iert, dem Va ter von Kar li,<br />

des halb hör te ich ihm nur in halt lich zu,<br />

weil ich ja per sön lich als Mann an ihm<br />

nicht interessiert gewesen war. Danach<br />

ging der Kar li mit den Schutz bünd lern<br />

in die Sow jet union.<br />

Der Ma rek <strong>Franz</strong>l sag te dann zu mir,<br />

dass ich in die Sow jet union fah ren soll -<br />

te, um zu stu die ren. Ich fuhr hin über.<br />

Der Ma rek brach te mich zur Bahn, und<br />

ich fuhr nach Prag. Ich hat te dort eine<br />

Stel le, wo ich mich mel den soll te,<br />

Tschisch kov. Ich kam zu ei ner Frau, zu<br />

der Mut ter der Ös ter rei cher. Sie führ te<br />

mich mit dem Lau scher Fritz zu sam -<br />

men, der mich in die Alt stadt zu Ma ri na<br />

brach te, eine lie be Tsche chin. Ein mal<br />

muss te ich aufs tsche chi sche Kon su lat,<br />

wo mir ein Bild in die Hand fiel, wo<br />

stand 75 Pro zent Wai sen. Da rauf sah<br />

ich mei nen Kar li, wie er Fuß ball spiel te.<br />

Ich bat den Kon sul, dass ich mir das<br />

Bild he raus neh men dürf te, weil mein<br />

Kind drauf war. Ich er zähl te ihm al les<br />

und durf te mir das Bild neh men. Da -<br />

rauf hin gab er mir das Vi sum auch<br />

gleich mit. Das Bild schic kte ich von<br />

Prag aus mei ner Mut ter zum Auf he ben,<br />

und ich habe es bis heu te noch.<br />

Ich fuhr gleich mit der ers ten Par tie<br />

hin über. Der Fritz sag te zu mir, dass ich<br />

mir als ers tes um ei nen Mann schau en<br />

soll te, weil das wür de das wich tigs te<br />

sein. Das war ty pisch Fritz. Er sag te, ich<br />

soll te für ei nen Mann gleich zwei Kof -<br />

fer mit neh men. Er er zähl te mir, dass es<br />

sich um ei nen Ober ös ter rei cher han del -<br />

te, der kei ne Fin ger hät te. Ich sag te, ob<br />

die Kof fer nicht ein an de rer Mann tra -<br />

gen könn te, aber der Fritz sag te, dass es<br />

für mich sehr wich tig wäre, dass ich die<br />

Kof fer trug. Er glaub te nicht, dass ich<br />

an ban deln soll te, son dern er woll te<br />

wirk lich nur, dass ich die sem Mann<br />

half.<br />

Wir ka men hin über, an der Gren ze<br />

wur den wir ab ge holt und vor ge führt.<br />

Ich ging mit mei nem fal schen Pass nach<br />

vor ne und frag te, was ich ma chen soll te.<br />

Ich woll te in die Sow jet union. Ich sag -<br />

te, dass ich mein Kind be su chen woll te,<br />

das mit den Schutz bünd lern nach 1934<br />

in die Sow jet union ge kom men war.<br />

Des halb lie ßen sie mich durch. Das war<br />

die Rote Ar mee. Auf der pol ni schen<br />

Gren ze durf ten wir durch fah ren.<br />

Im Mos kau ka men wir auf den Bahn -<br />

hof. Das war Fe bru ar 1936. Am 1. Mai<br />

1936 war ich beim Auf marsch da bei,<br />

ich wein te da mals wie ein klei nes Kind.<br />

Auf dem Bahn hof stand ein Of fi zier der<br />

Ro ten Ar mee. Er hör te mich re den, kam<br />

auf mich zu und frag te mich, ob ich et -<br />

was such te Er nahm uns alle mit, die<br />

Sprecherin war eigentlich ich. Der<br />

Kom pein Si mon aus Kärn ten war auch<br />

da bei. Er half mir auch ver schie de nes.<br />

Ein Mann war da bei, der woll te mich zu<br />

Frau en in Prag mit neh men, der ging auf<br />

alle Frau en los. Der Si mon riet mir da -<br />

von ab.<br />

Ich wur de auf ein Zim mer ge führt,<br />

dann kam plötz lich der Ernst Fi scher zu<br />

mir. Ich er zähl te ihm ei ni ges, auch wie<br />

wir die Schutz bünd ler über die Gren ze<br />

ge bracht hat ten. Ich konn te ja schie ßen,<br />

denn das lern te ich als Wehr tur ne rin<br />

beim Schutz bund. Plötz lich ging die<br />

Türe auf, ein Mann kam he rein mit ei -<br />

nem grau en An zug, ich kann te ihn<br />

nicht, doch er kam mir be kannt vor. Der<br />

Ge nos se Fi scher sag te mir, dass es ein<br />

Oberösterreicher wäre. Ich erzählte ihm<br />

von dem ers ten Tref fen. Da sah ich den<br />

Hai der das zwei te Mal.<br />

Ein mal spiel ten wir in ei ner Schu le<br />

Vol ley ball, da bei war auch der Ho fer<br />

Pe ter, der Fuchs Ernst, eine gan ze Men -<br />

ge wa ren dort. Die meis ten gin gen dann<br />

an die Spa nien front, auch ich woll te<br />

nach Spa nien, Ich sprach da rü ber mit<br />

dem Fürn berg Friedl, der mich aber<br />

frag te, was ich dort ei gent lich tun woll -<br />

te. Ich hieß da mals He le ne. Kol ver aber<br />

Mirl rie fen mich alle. Wir spiel ten Vol -<br />

ley ball, als plötz lich die Türe auf ging,<br />

und eine gan ze Men ge Män ner trat he -<br />

rein. Mit ten drin nen war der <strong>Franz</strong>l. Er<br />

zog den Rock aus, stell te sich so hin,<br />

warf den Ball ganz ge schickt zu rück.<br />

Ich be kam so ei nen Zorn, warf ihm den<br />

Ball hin auf, schrie, dass er ihn sich be -<br />

hal ten soll te und ging weg.<br />

Dann wa ren wir ge mein sam in der<br />

Schu le. Im Mai un ge fähr fing die Schu -<br />

le an. Die Go go lewsky schu le brann te<br />

ab. In der Nacht saß ich im mer und stu -<br />

dier te, denn fast alle an de ren hat ten<br />

schon Vor kennt nis se, aber ich muss te<br />

Anna Hai der (1902-1990)<br />

von Grund auf an fan gen. Ich ar bei te te<br />

Tag und Nacht. Ein mal klet ter te je mand<br />

beim Fens ter he rein, es war der <strong>Franz</strong>l,<br />

er schrec kte sich, weil er dach te, er<br />

wäre in sei nem Zim mer, klet ter te so fort<br />

zu rück und ne ben an ins Fens ter, in sein<br />

Zim mer. Jetzt hat ten sie Angst, dass ich<br />

et was sa gen wür de, aber es war mir<br />

egal.<br />

Dem Kar li sein Va ter wur de dann<br />

Nazi. Er war Tsche che, ich konn te ihn<br />

nicht hei ra ten, weil ich sonst al les ver -<br />

lo ren hät te. Er war beim SA-Mo tor -<br />

sturm. Das war für mich aus schlag ge -<br />

bend, dass ich von ihm weg ging. Un se -<br />

rem Sohn sag te ich nichts, er wuss te es<br />

bis zum Schluss nicht, dass sein Va ter<br />

Nationalsozialist gewesen war. Sein<br />

Va ter hieß Karl Ulip. Er war si cher kein<br />

über zeug ter Nazi, aber trotz dem. Sei ne<br />

Eltern waren Sozialdemokraten. Er<br />

war te te sehr lan ge auf mich. Auch sein<br />

Va ter hat te ihn ver sto ßen, aber die Mut -<br />

ter hielt zu ihm. Sein Va ter war ein lie -<br />

ber Kerl.<br />

Be vor die Schu le be gon nen hat te,<br />

gin gen der Schül ler Ri chard, der Teubl<br />

Ro bert und ich spa zie ren. Ich hat te an<br />

den Ri chard eine gro ße Bit te, näm lich<br />

mei nen Sohn zu se hen. Er sag te, dass<br />

wir gleich ge hen wür den. Da sah ich<br />

mei nen Sohn zum ers ten Mal. Ich stand<br />

an ei ner Hau se cke, als plötz lich ein gro -<br />

ßer Bub da her kam. Ich hat te ihn zwei<br />

Jah re nicht mehr ge se hen. Er schau te<br />

mich an und schrie nur mehr: „Mama,<br />

Mama, Mama, das kann nicht wahr<br />

sein.“ Wir fie len uns um den Hals und<br />

konn ten über haupt nichts re den. Er war<br />

da mals elf Jah re alt. Wir gin gen ganz<br />

lang spa zie ren. Ich wohn te da mals noch<br />

im Lux-Ho tel, wo wir ins Res tau rant<br />

gin gen. Ich glaub te, dass Kir schen was -<br />

ser ein gu tes Ge tränk war, aber der


Kell ner sag te zum Kar li, dass er mir sa -<br />

gen soll te, dass das ein Schnaps sei. Wir<br />

lachten natürlich. Der Karli musste wie -<br />

der weg und sag te, dass er mir am<br />

nächs ten Tag, wenn er wie der Ruhe ge -<br />

funden hätte, alles erzählen würde. Er<br />

ging heim, ich blieb im Ho tel Lux. Für<br />

den nächs ten Tag mach ten wir uns et -<br />

was aus. Er führ te mich ins Le nin Mau -<br />

so leum. Er sag te, dass ich im mer dort -<br />

hin ge hen soll te, wenn mich et was be -<br />

drüc kte, wenn ich Heim weh hät te,<br />

wenn ich ir gend wel che Sor gen hät te,<br />

denn dort wür de ich stark, das wür de<br />

mir Kräf te ge ben. Auf dem Ro ten Platz<br />

setz ten wir uns nie der. Dort er zähl te er<br />

mir dann vie les.<br />

Er er zähl te mir auch, dass er zur Lei -<br />

tung ge ru fen wor den war. Er wuss te<br />

nicht, was sie von ihm woll ten, er dach -<br />

te, er hät te et was an ge stellt. Er ging<br />

zum Lei ter, der ihm nur sag te, dass je -<br />

mand ge kom men wäre, auf den er sich<br />

sehr freu en wür de, näm lich sei ne Mut -<br />

ter. Er sag te, er hät te sich nicht hal ten<br />

kön nen, fiel hin und wein te nur aus lau -<br />

ter Freu de. Der Lei ter sag te ihm, dass<br />

sei ne Mut ter aus dem Land Oster reich<br />

ge kom men war, dass sie eine bra ve Ge -<br />

nos sin wäre, und dass er sie so oft se hen<br />

könn te wie er nur woll te, aber dass eine<br />

Zeit kom men wür de, wo die se Be su che<br />

wie der auf hö ren wür den. Der Kar li fiel<br />

dem Lei ter um den Hals, bus sel te ihn ab<br />

und ging. Dann kam er zu mir. Er konn -<br />

te es gar nicht glau ben. Die se Er in ne -<br />

run gen sind für mich ganz furcht bar.<br />

Dann kam ich ständig mit ihm<br />

zusammen.<br />

Wir gin gen im mer in ein Cafe, wo er<br />

sich im mer et was kau fen durf te, denn er<br />

selbst hat te ja kein Geld. Ein mal sag te<br />

er zu mir, ich soll te ihm Geld ge ben,<br />

weil er sich eine Pi rosch ka kau fen woll -<br />

te. Er woll te sie gar nicht wirk lich, son -<br />

dern ihm fiel auf, dass uns dau ernd ein<br />

Mann be ob ach te te, und er nahm an,<br />

dass es ein Spit zel sein wür de. Er woll te<br />

nach vor ne ge hen, und ich soll te mich<br />

un auf fäl lig nach die sem Mann um se -<br />

hen. Ich schau te mich um und be merk -<br />

te, dass es der <strong>Franz</strong>l ge we sen war.<br />

Es hieß ja im mer schon, dass ich ir -<br />

gend wo ei nen rus si schen Mann ha ben<br />

müsste, weil ich jedes Wochenende<br />

weg fuhr und im mer zur sel ben Zeit wie -<br />

der heim kam, des halb fuhr mir der<br />

<strong>Franz</strong>l nach und schau te sich das an.<br />

Dann setz te er sich zu uns. Der Kar li<br />

sag te ab dem Mo ment nicht mehr Mama<br />

zu mir, son dern nur mehr Ge nos sin<br />

Mirl. Der <strong>Franz</strong>l er kann te so fort die<br />

Ähnlichkeit. Karli benannte immer meine<br />

Mut ter, also sei ne Groß mut ter als<br />

Mut ter le und ich war im mer das An nerl.<br />

So kam ich dann ei gent lich mit dem<br />

<strong>Franz</strong> zu sam men. Es gab über mich sehr<br />

vie le Nie der schrif ten noch vom Schutz -<br />

bund. Der <strong>Franz</strong>l er kun dig te sich über -<br />

all und er fuhr so sehr viel, das heißt, er<br />

wuss te dann schon mehr über mich als<br />

ich selbst von mir wuss te. Ich glau be,<br />

dass die Schutz bünd ler auch<br />

übertrieben hatten.<br />

Ich hat te ein mal gro ße Pro ble me und<br />

muss te mit je man den da rü ber re den,<br />

des halb ging ich zum <strong>Franz</strong>l, der mir<br />

vieles ausredete, der sagte, dass nicht<br />

je der gleich wäre, und dass die Men -<br />

schen un ter die ser Zeit sehr lei den wür -<br />

den. Wir gin gen dann öf ters mit ein an -<br />

der spa zie ren. So ka men wir dann zu -<br />

sammen.<br />

Ich hat te ein Zim mer für mich al lei -<br />

ne, weil ich die ein zi ge Frau war. Au -<br />

ßer dem war die Han si dort, die mit dem<br />

Fall schirm ab ge sprun gen war. Das war<br />

irgendwie dem Karli seine zweite<br />

Mami. Sie hat te ei nen Mann mit ei nem<br />

Kind.<br />

In der Schu le wa ren wir un ge fähr<br />

zwei ein halb Jah re. Im Jän ner 1938 kam<br />

ich nach Hau se, am 15. Fe bru ar ent band<br />

ich den Hel muth. Ich war hoch schwan -<br />

ger zu rüc kge fah ren. Ich kam in Qua ran -<br />

tä ne, nur der <strong>Franz</strong>l durf te zu mir kom -<br />

men. In der Tsche cho slo wa kei über -<br />

nahm mich der Hon ner, der nach schau -<br />

te, ob ich nicht et was mit ge nom men<br />

hat te, aber ich hat te trotz dem et was mit<br />

für den Hirsch Ber ti. Er hei ra te te die<br />

Menz Pep pi. Die saß ein mal mit mir.<br />

Ich fuhr heim, der <strong>Franz</strong> kam im<br />

März nach Prag, dann ging er kurz nach<br />

Brunn und mel de te sich dort als ös ter -<br />

rei chi scher Flücht ling. Ich weiß noch,<br />

dass der Vati, der Pu schmann, ein mal<br />

zu mir ge kom men war und sag te, dass<br />

er den Alex - den <strong>Franz</strong>l - nicht fin den<br />

konn te, aber ich konn te ihm nicht hel -<br />

fen. Das war 1938. Der <strong>Franz</strong> kam dann<br />

mit dem Point ner nach Dres den, nach -<br />

dem sie in Prag ver haf tet wor den wa -<br />

ren.<br />

Es wur de sehr schnell in Linz be -<br />

kannt, dass der <strong>Franz</strong>l in Prag ver haf tet<br />

wor den war, und die gan zen Sport ler,<br />

wo die meis ten Nazi ge wor den wa ren,<br />

setz ten sich da für ein, dass der <strong>Franz</strong>l<br />

nach Österreich überstellt wurde.<br />

Der <strong>Franz</strong>l hat te es mir er zählt, dass<br />

ei nes Ta ges ein Mann in sei ne Zel le<br />

kam, nach sei nen Fin gern frag te, sei nen<br />

fal schen Pass zer riss und das Geld, das<br />

<strong>Franz</strong>l hat te, ein stec kte und zu ihm sag -<br />

te, dass er ei gent lich auf der an de ren<br />

Sei te kämp fen soll te und sich ein set zen,<br />

und dass er nach Ös ter reich über stellt<br />

wür de. Mit Be glei tung wur de er nach<br />

Ös ter reich ge schickt, ins Kol ping haus.<br />

Er wur de vor ge führt, aber es wa ren kei -<br />

ne Un ter la gen da, wes halb sie ihn frei -<br />

las sen muss ten, und wir konn ten<br />

heiraten.<br />

Ich war da mals in Wien. Er schrieb<br />

mir, dass er frei wäre. Er such te sich<br />

Seite 7<br />

eine Ar beit und konn te wie der dort ar -<br />

bei ten, wo er an ge fan gen hat te, bei der<br />

EBG. Er schrieb, dass er eine Ar beit<br />

hät te, dass alle Wege ge si chert wä ren<br />

und wir hei ra ten könn ten. Er kam nach<br />

Wien, wo wir dann hei ra te ten. Gleich<br />

nach der Hoch zeit fuhr ich mit ihm nach<br />

Linz zu rück. Bei mei ner Schwä ge rin,<br />

der Ma rek Pol di, hat ten wir die Ta fel.<br />

Der Stre cha Wal li war mein Bei stand,<br />

der Ma rek Lois war dem <strong>Franz</strong>l sein<br />

Bei stand. Wir zo gen in die da ma li ge<br />

Ring stra ße - heu ti ge Gru ber stra ße - ein.<br />

Der Hon ner hat te mich sechs Mo na te<br />

kalt ge stellt ge habt, aber dann ar bei te te<br />

ich wie der. Dann ar bei te te ich mit dem<br />

Tul lan Wal ter. Ich war die zwei te in der<br />

ös ter rei chi schen Lei tung, und ich muss -<br />

te noch eine zwei te Lei tung zu sam men -<br />

stel len. Au ßer dem hat te ich eine jü di -<br />

sche Ärz tin da bei, die Be ne dikt.<br />

Ein mal kam die Hel la Pu schmann zu<br />

mir. Mit dem Tul lan traf ich mich im<br />

Kaf fee Stadt park, dann gin gen sie hoch,<br />

und ich zog mich zu rück. Als die Pu -<br />

schmann zu mir kam, sag te sie, dass alle<br />

auf mich war ten wür den, was denn mit<br />

mir los wäre. Ich sag te zu ihr, dass sie<br />

nicht schnell ge nug ver schwin den<br />

könn te, dass ich mich schon mel den<br />

wür de, wenn es wie der gin ge, aber zu<br />

die ser Zeit hat te ich nicht ge wusst, wie<br />

ich dran wäre.<br />

Aber der Pu schmann woll te, dass ich<br />

nach Prag käme, aber mein Pass war<br />

schon ab ge lau fen. Ich woll te zur Ge sta -<br />

po und sa gen, dass ich nach Zel pau fah -<br />

ren müss te, dort hat te ich ei nen Cou sin.<br />

Ich schrieb ihm ei nen Brief, dass er mir<br />

schrei ben soll te, dass ich zur Ent bin -<br />

dung sei ner Frau kom men soll te. Sie<br />

stand wirk lich vor der Ent bin dung. Mit<br />

sei nem Brief und dem ab ge lau fe nen<br />

Pass ging ich auf die Ge sta po. Die Ge -<br />

sta po sag te, ich soll te mir gleich ei nen<br />

fri schen Pass neh men, und er ließ mich<br />

dort hin fah ren. Au ßer dem ließ ich<br />

gleich den Hel muth in den Pass ein tra -<br />

gen, weil ich ihn mit neh men woll te. Ich<br />

fuhr na tür lich nicht zu mei nem Cou sin,<br />

son dern fuhr nach Prag<br />

Mit mei nem Sohn stieg ich in Prag<br />

aus und ging zu der Mut ter der Ös ter rei -<br />

cher, die mich in ein Zim mer führ te, wo<br />

der Vati, der - Alex (<strong>Franz</strong>l) und noch<br />

zwei Ge nos sen, ei ner der Point ner, sas -<br />

sen. Der Hel mut war da mals 10 Mo na te<br />

alt, und der <strong>Franz</strong>l sah ihn zu die sem<br />

Zeit punkt das ers te Mal. Das war im<br />

De zem ber 1938. Ich blieb zwei oder<br />

drei Wo chen. Wir wa ren schon an nek -<br />

tiert. Ich schrieb ihm vor her schon im -<br />

mer und schrieb ihm auch, dass ich ver -<br />

folgt wür de. Sie woll ten ein fach wis sen,<br />

wer der Va ter die ses Kin des war. Ich<br />

sag te im mer, dass es ein Kind der Lie be<br />

wäre. Ich sag te im mer, dass ich nicht<br />

wüss te, wer der Va ter wäre, dass ich


Seite 8<br />

den Na men ver ges sen hät te, aber dass<br />

ich ei nes ge nau wüss te, dass der Va ter<br />

kein Jude war.<br />

Ich erzählte ihnen alles, alles über<br />

die Leu te, die hoch ge gan gen wa ren,<br />

auch dass die Hel la zu mir ge kom men<br />

war und ver lang te, dass ich nach Prag<br />

fah ren soll te. Ich er zähl te auch, wie ich<br />

es schaff te, nach Prag zu fah ren. Ich<br />

wuss te, dass ich noch nicht be ob ach tet<br />

wur de und dass ich ru hig ar bei ten konn -<br />

te, das war sehr wich tig.<br />

Die Mutter der Österreicher stellte<br />

uns ein Schlaf zim mer zur Ver fü gung,<br />

und der Bub schlief zwi schen uns, denn<br />

er konn te nicht al lei ne schla fen, er<br />

muss te im mer bei mir lie gen. Wir ka -<br />

men auch mit dem Stei ner <strong>Franz</strong> zu sam -<br />

men, ein tsche chi scher Stu dent, und sei -<br />

ner Frau, die auch stu dier te. Sie hat ten<br />

ein Zim mer, wo im mer alle zu sam men -<br />

ge kom men wa ren. Bei ih nen konn te ich<br />

den Bu ben ba den.<br />

Der Vati und der <strong>Franz</strong>l be schlos sen<br />

dann, wie ich weiterzuarbeiten hätte.<br />

Mit der Kras nitz ki kam ich zu sam men,<br />

mit der sollte ich weiterarbeiten. Sie<br />

hatte als Gewerkschafterin die ganzen<br />

gro ßen Be trie be in Wien über. So hat ten<br />

wir dann die Lei tung schon ziem lich zu -<br />

sam men. Es wur de noch al les be spro -<br />

chen, was ich zu tun und zu ar bei ten<br />

hät te, dann fuhr ich zu rück und stieg in<br />

die Ar beit ein. Bei den Flo rids dor fern<br />

war einer, der im Zentralkomitee war,<br />

der <strong>Franz</strong> war in der Lei tung und ein<br />

paar an de re. Ich such te mir mei ne Leu -<br />

te, von de nen ich ge wusst hat te, dass sie<br />

gut wa ren. (Turner <strong>Franz</strong>)<br />

Ich be kam auch an de re dazu, zum<br />

Bei spiel ei nen Stra ßen bah ner, dann den<br />

Srch, den Se bek, das war auch ein gu ter<br />

Bursche. So arbeiteten wir zusammen,<br />

und so hat te ich die Lei tung bei sam -<br />

men. In der Fa vo ri ten stra ße ka men wir<br />

zu sam men, der Vati kam auch vor bei,<br />

der half auch mit. Er über prüf te die Lei -<br />

tung, und er kam zu dem Er geb nis, dass<br />

es rich tig ge we sen war, wie ich es ge -<br />

macht hat te.<br />

Ei ner war da bei, ein Trotz kist, der<br />

sag te, dass sie sich von ei ner Frau be -<br />

vor mun den las sen müss ten. Der Leo<br />

Frit sche war auch da bei. Er brach te ein<br />

Flug blatt he raus. Ich schau te den Vati<br />

an und sag te, dass das kein Flug blatt<br />

wäre.<br />

Dem <strong>Franz</strong> und mir mach te die Schu -<br />

le sehr viel Freu de. Als er zu rüc kkam<br />

hat te er bis zu sei ner Ver haf tung die<br />

Funk ti on des Se kre tärs vom Teufl<br />

Sepp. Das war in Ös ter reich. In der<br />

Tschechei machte er Grenzarbeit, ich<br />

weiß es zwar nicht, aber ich glau be,<br />

dass er in der Tsche chei auch eine<br />

Funk ti on hat te, da er ja mit dem Vati<br />

gearbeitet hatte. Den Altrichter lernten<br />

wir auf der Schu le ken nen, er war<br />

Kreis se kre tär in Bud weis.<br />

Ich traf mich ein mal mit dem Vati,<br />

der mir sag te, dass der <strong>Franz</strong>l un auf -<br />

find bar wäre, und dass ich aufs<br />

schlimms te ge fasst sein müss te. Der<br />

<strong>Franz</strong>l ging mit dem Point ner in Prag<br />

spa zie ren, wur de ab ge fan gen und es<br />

wur de ein Pass bei ihm ge fun den. Der<br />

<strong>Franz</strong>l soll te nach Eng land, er woll te<br />

aber nach Ös ter reich. Der Point ner<br />

woll te auch nach Ös ter reich, auch nicht<br />

nach Eng land. Des halb hat ten sie sich<br />

ge trof fen. Es war Stand recht. Es war<br />

Raz zia. Der Pass und das Geld wur den<br />

ge fun den, des halb wur den sie gleich<br />

verhaftet.<br />

Die bei den ka men nach Dres den. Als<br />

er ver hört wur de in ei nem Zim mer,<br />

woll te er, wenn die Türe auf ging, beim<br />

Fens ter hin aus sprin gen und gleich flie -<br />

hen. Die Türe ging auf, aber der Mann<br />

stürz te gleich auf den <strong>Franz</strong>l, und sie la -<br />

gen bei de auf dem Tisch. Der Ge sta po -<br />

mann sag te, dass er nach Ös ter reich<br />

müss te, dass ihm dort der Pro zess ge -<br />

macht wür de. So ähn lich muss es ge we -<br />

sen sein. Ich glau be nicht, dass er dort<br />

ge schla gen wor den war, aber ganz si -<br />

cher weiß ich es nicht. Der Point ner<br />

wur de un heim lich ge schla gen.<br />

Sie woll ten den Hai der <strong>Franz</strong> er -<br />

schla gen, er woll te sich ver tei di gen und<br />

zog ei nen Ge sta po mann über den Tisch.<br />

Bei de la gen über dem Tisch. Dann kam<br />

der Chef und sag te, er sol le sich zu sam -<br />

men pa cken. Dann wur den ihm Pass und<br />

Geld weg ge nom men. Er kam nach Ös -<br />

terreich, wo sie keine Unterlagen über<br />

ihn ge fun den hat ten. Die wa ren alle ver -<br />

nich tet. Wir hei ra te ten am 2. März<br />

1940.<br />

Ei nes Ta ges kam ein Brief, dass ich<br />

nach Wien fah ren soll te. Ich nahm mei -<br />

nen Sohn, fuhr nach Wien und brach te<br />

mei nen Sohn zur Mut ter. Die Woh nung<br />

ge hör te ei gent lich mir, aber be vor ich<br />

damals weggefahren war, überschrieb<br />

ich die Woh nung auf mei ne Mut ter, da -<br />

mit sie sie nicht hin aus schmei ßen konn -<br />

ten, wenn irgendetwas geschehen wäre.<br />

Ich wohn te im mer mit mei ner Mut ter<br />

zusammen.<br />

Als wir im Ge fäng nis wa ren, durf ten<br />

wir nur alle vier Mo na te schrei ben und<br />

alle vier Monate Besuch bekommen.<br />

Nach der Ver haf tung sa hen wir uns<br />

neun Mo na te nicht. Ich be kam da mals<br />

nur zwei Hie be, aber ich sah die Ster ne<br />

und die Zäh ne wa ren ein ge schla gen,<br />

Als ich in die Zel le kam, rann mir das<br />

Blut run ter. Ein sehr net ter Poli zist<br />

wisch te mir das ge stoc kte Blut ab und<br />

zog mei ne Zäh ne he raus. Zu die sem<br />

Zeit punkt war mir schon al les egal. Ich<br />

war in ei ner klei nen Zel le mit ei ner 300<br />

Watt Bir ne, denn ich war ja blind bzw.<br />

ge blen det, als ich he raus kam. Das Ge -<br />

wand wur de zwar ge wa schen, aber es<br />

war um den Hals noch ganz blu tig. Das<br />

Ge wand wur de dann mei ner Mut ter<br />

nach Hau se ge schickt, und alle glaub -<br />

ten, ich sei schon geköpft worden.<br />

In Linz wohn te ich zu sam men mit<br />

meiner Schwiegermutter, mit dem<br />

<strong>Franz</strong>l und mei nem Sohn. Den Brief be -<br />

kam ich da mals vom Pu schmann aus<br />

Wien. An ei nem be stimm ten Tag muss -<br />

te ich nach Hüt tel dorf fah ren, die Hel la<br />

war te te mich ab, und wir tra fen den<br />

Vati in sei nem Haus. Er sag te, dass ich<br />

eine schwere Arbeit übernehmen müss -<br />

te. Bis dort hin hat te ich ja nur die Antifa-Front<br />

auf ge baut.<br />

Be vor ich noch in die Sow jet union<br />

ge kom men war, mach ten wir ei ni ge op -<br />

ti sche Ak tio nen, zum Bei spiel häng ten<br />

wir ein mal den Doll fuß auf ei nen Gal -<br />

gen ge hängt und auf ge hängt. Zwei<br />

Tage hing die ses Pla kat, weil sie es<br />

nicht he run ter brach ten. Von über all her<br />

ka men die Leu te, um die ses Pla kat zu<br />

se hen. 28 Mann wa ren da und ver such -<br />

ten, das Pla kat he run ter zu ho len. Sie<br />

glaub ten, dass eine Bom be oben wäre.<br />

Wir ha ben recht ge lacht.<br />

Mei ne Mut ter war zwar eine recht<br />

tap fe re Frau, aber sie sag te trotz dem, als<br />

ich da mals nach Wien kam, dass ich<br />

jetzt schon wie der an fin ge, ich soll te es<br />

doch las sen. Aber ich er wi der te ihr,<br />

dass ich müss te, dass ich nicht an ders<br />

könn te. Sie woll te halt nicht dass es mir<br />

schlecht gin ge.<br />

Mit der Hel la und dem Vati fuh ren<br />

wir dann in die Fa vo ri ten stra ße, wo ich<br />

den Sche beg, den Srch, Frit sche, Sturm,<br />

Libetz getroffen hatte. So waren wir<br />

beisammen. Die Leitung musste zusammengestellt<br />

werden. Der Turner Walter<br />

war hoch ge gan gen. Ich bau te das auf<br />

und muss te noch an de re Leu te da zu ge -<br />

ben. Den <strong>Franz</strong>l aus Flo rids dorf, Mei er<br />

Adi gab ich dazu. Bei die ser Sit zung<br />

wur den zwei Fra gen auf ge wor fen. Der<br />

Li betz und der Sturm wehr ten sich, dass<br />

das eine Frau ma chen soll te. Das zwei te<br />

war, dass ich eine Phio le ho len soll te.<br />

Ich tat es nicht gern, weil Le nin sag te,<br />

dass in die Parteiarbeit keine Sabotage<br />

kom men dürf te, aber dass sie sa hen,<br />

dass ich nicht fei ge war, tat ich es. Die<br />

Phio le über gab ich dem Ossi, aber sie<br />

ist nicht mehr auf ge taucht. (Phio le,<br />

Glasbehälter mit Gift-Gas)<br />

Dann fuhr ich mit mei nem Sohn wie -<br />

der nach Linz und sag te, dass ich nach<br />

Wien ar bei ten gin ge. Der <strong>Franz</strong>l war<br />

ein ver stan den. Nach der Ak ti on mit der<br />

Phio le gin gen dann ei ni ge hoch. Auch<br />

ich wur de von die sem Zeit punkt an be -<br />

ob ach tet. Be merkt habe ich es des halb,<br />

weil ich in der Stra ßen bahn eine Frau<br />

aus mei nem Haus traf, sie stand, ich<br />

sass, wir grü ß ten uns nur, und nach die -<br />

ser Be grü ßung be merk te ich schon, wie<br />

sie be ob ach tet wur de, also war es für


mich klar, dass ich be ob ach tet wur de.<br />

Sie war mit ei nem Ver bre cher zu -<br />

sam men. Sie hat te die Auf ga be ih rem<br />

Freund zu deu ten, wenn eine Pro sti tu -<br />

ier te mit Geld ein ge stie gen war. Ihr<br />

Freund ging der nach und ent riss ihr die<br />

Hand ta sche. Er wur de dann da mals ver -<br />

haf tet und hin ge rich tet. Da durch dass<br />

wir uns ge grüßt hat ten und sie kei ner<br />

kann te, wur den so fort sie und ihr<br />

Freund be ob ach tet. Zwei Tage spä ter<br />

kam dann die Ge sta po zu mir. Ich wuss -<br />

te das da mals nicht, und die Ge sta po<br />

glaub te, dass ich bei die sen Ver bre chen<br />

mitbeteiligt gewesen war.<br />

Ein mal ging ich mit mei ner Mut ter<br />

ins Kino. In die ser Nacht läu te te es um<br />

vier Uhr in der Früh an mei ner Woh -<br />

nungs tür. Ich schau te nach, und es war<br />

die Formanek, die Hausmeisterin. Sie<br />

war ganz über rascht, was ich da woll te,<br />

und ich sag te, dass ich doch wohl noch<br />

meine Mutter besuchen dürfte. Sie hatte<br />

das Jahr 1934 mit er lebt. Sie sag te, dass<br />

die Gestapo gerade bei ihr gewesen<br />

war. Sie wur de ge fragt, ob bei ihr im<br />

Haus eine Frau mit ei nem grau en Kos -<br />

tüm und ei nem wei ßen Haar strei fen im<br />

Haar sein wür de. Ich hat te eine Pig -<br />

ment stö rung, da durch der wei ße Strei -<br />

fen. Sie sag te, dass sie so eine Frau<br />

noch nie im Haus ge se hen hät te. Der<br />

Ge sta po mann ging hin auf und zeig te ihr<br />

die Tür, wo er glaub te, dass ich wohn te.<br />

Es war die Türe mei ner Mut ter. Die<br />

Hausmeisterin erzählte uns das gleich,<br />

und so be schloss ich, um mei ne Mut ter<br />

nir gends hin ein zu zie hen, wieder zu<br />

verschwinden.<br />

Ich ging zur Reith Kät he, die mir ei -<br />

nen An zug und eine Kap pe von ih rem<br />

Sohn von der Front gab. Ich hat te die<br />

Haa re wie ei nen Bu ben kopf ge schnit ten<br />

und setz te die Kap pe auf. Ich sag te mei -<br />

ne gan zen Tref fen ab. Ich sag te, dass<br />

wir uns in zwei bis drei Wo chen zur<br />

glei chen Zeit wie der ref fen wür den. Ich<br />

kam aber nicht mehr dazu. Der <strong>Franz</strong>l<br />

von Flo rids dorf kam hin auf und frag te,<br />

was los wäre. Ich er zähl te es ihm.<br />

Dann fuhr ich nach Linz. In mei nem<br />

ei ge nen Wag gon traf ich zwei Män ner,<br />

die mich auch be ob ach tet hat ten. Ich<br />

ging in die Ring stra ße, mach te kein<br />

Licht und blieb im Fins tern sit zen. Ich<br />

hör te den <strong>Franz</strong>l pfei fend nach Hau se<br />

kom men. Er glaub te ja, ich wäre in<br />

Wien. Er kam he rein, mach te Licht und<br />

frag te, was ich hier täte. Ich hät te mich<br />

nicht hin ein ja gen las sen sol len. Ich war<br />

wie der zu hau se. Ein mal kam der <strong>Franz</strong>l<br />

aus Wien und er zähl te mir, dass der<br />

Vati ge sagt hät te, dass ich um ge fal len<br />

wäre, aber der <strong>Franz</strong>l be stritt dies aufs<br />

hef tigs te. Er konn te sich das nicht vor -<br />

stel len, und es stimm te auch nicht. Der<br />

Ossi er zähl te dem Vati, dass ich alle<br />

Ver ab re dun gen ab ge sagt hät te, des halb<br />

hat te der Vati ge glaubt, dass ich um ge -<br />

fal len wäre, da bei war es der Ossi. Der<br />

<strong>Franz</strong>l re de te mit dem Teufl Sepp da rü -<br />

ber, der sag te, dass man sich bei kei nem<br />

Men schen si cher sein könn te, aber dass<br />

er auf jeden Fall abwarten sollte.<br />

Ich ging im mer ins Ei sen bah -<br />

ner-Dampf bad. Dort kam auch die<br />

Rech ka Liesl hin. Sie woll te mit mir<br />

hin ge hen, aber ich sag te ihr, dass ich<br />

glaub te, be ob ach tet zu wer den. Aber<br />

auch sie glaub te, dass ich al les nur über -<br />

spitz te. Sie sag te, wenn ich halt nicht<br />

mit ihr ge hen woll te, dann gin ge sie<br />

eben al lei ne. Ich ging, und als ich an der<br />

Land stra ße ging, sprang ein Mann aus<br />

einem Haus, der mich fotografierte. Er<br />

hat te aber kei nen Fo to ap pa rat in der<br />

Hand, ich hör te es aber kli cken. Ich<br />

glaub te schon fast, dass ich spin ne, der<br />

<strong>Franz</strong>l auch, und auch alle an de ren wa -<br />

ren der Mei nung, dass ich mir al les ein -<br />

bildete.<br />

Ich ging zum Kin der arzt Mei er. Die<br />

Mut ter ging auch mit. Ich ließ den Bu -<br />

ben un ter su chen. Als ich hin ein ge hen<br />

woll te, sag te der Arzt, dass es noch ei -<br />

nen Mo ment dau ern wür de, und zwei<br />

Män ner gin gen vor mir hin ein und blie -<br />

ben nur ganz kurz. Dann hol te mich der<br />

Arzt hin ein. Er un ter such te den Bu ben<br />

und sag te dann, ich soll te nach Hau se<br />

ge hen. Da bei schau te er mich ganz ei -<br />

gen tüm lich an. Kur ze Zeit spä ter ver -<br />

letz te sich der Hel mut bei Ei sen roh ren,<br />

und ich ließ den Dok tor Mei er ho len. Er<br />

sag te, wir soll ten auf den Bu ben nicht<br />

so hei kel sein, er wür de schon sei nen<br />

Mann stel len. So ging er fort.<br />

Ei nes Ta ges kam der <strong>Franz</strong>l und sag -<br />

te, dass er auch be ob ach tet wür de. Er<br />

ging zur EBG, ein Mann kam auf ihn zu<br />

und sag te: „Herr Hai der“, sonst ei gent -<br />

lich nichts. Ein Mann, der Di rek tor bei<br />

der EBG wer den soll te, warn te ihn und<br />

sag te ihm, dass eine Nach fra ge we gen<br />

ihm gewesen wäre.<br />

Er ging zum Teufl Sepp und sag te,<br />

dass ich mir nichts ein bil den wür de,<br />

dass er auch be ob ach tet wür de. Er ging<br />

zur Mir li und woll te über den Mei er Ig -<br />

naz wis sen, was los wäre. Es stimm te,<br />

wir be ka men die Aus kunft, dass wir<br />

bei de un un ter bro chen be ob ach tet wür -<br />

den. So hat ten wir die Be stä ti gung. Mir<br />

sag te er nichts da von, weil er mich in<br />

Sicherheit wiegen wollte. Wir beschlos -<br />

sen nur, nichts mehr zu ma chen, weil<br />

wir kei ne Loc kvö gel sein woll ten.<br />

Eines Tages, ich strickte gerade meiner<br />

Mut ter eine We ste, war ge ra de fer -<br />

tig, läu te te es, die Türe ging auf und der<br />

Mei er Ig naz kam he rein. Die Mut ter<br />

wur de blass, weil sie ihn kann te, ich<br />

kann te ihn nicht. Ich frag te, was er<br />

woll te. Er sag te zur Mut ter: „Frau Hai -<br />

der, Sie ken nen mich eh.“ Ich frag te,<br />

wer er wäre. Er sag te, dass ihn die<br />

Seite 9<br />

Schwie ger mut ter ken nen wür de, und<br />

dass wir in den Kel ler ge hen müss ten.<br />

Dort woll te er was nach schau en. In<br />

Wirk lich keit sag te er uns, dass wir ver -<br />

haf tet wer den wür den. Es war ein zwei -<br />

ter Wiener Gestapomann dabei, der in<br />

der Zwi schen zeit in der Woh nung<br />

blieb. Die ser such te alle Bü cher durch.<br />

Der Hel mut frag te auch, was der Mann<br />

woll te. Er nahm mich um den Hals und<br />

woll te mich nicht mehr los las sen. Der<br />

Ge sta po mann frag te mich, wo wir was<br />

ver steckt hät ten. Ich sag te, dass ich<br />

nicht wüss te, wo nach sie such ten, und<br />

sie soll ten nur su chen bis sie fin den,<br />

was sie wollten. Ich wusste von nichts.<br />

Der Mei er kam mit der Schwie ger -<br />

mut ter wie der he rauf. Sie war ganz<br />

blass, weil sie ja auch schon wuss te,<br />

dass der <strong>Franz</strong>l zur glei chen Zeit in der<br />

EBG ver haf tet wur de. Ein Mann, ein<br />

Schwarzer, hatte damals beobachtet,<br />

dass die Män ner vor her in die Lade des<br />

<strong>Franz</strong>ls etwas hineingelegt hatten, da -<br />

mit sie ei nen Grund hat ten, ihn zu ver -<br />

haf ten. Der sag te es auch dem Di rek tor.<br />

Alle zwei ka men wir ins Kol ping haus.<br />

Ich hör te den Bu ben nach mir schrei en,<br />

der Wie ner Ge sta po mann warf ihm ein<br />

Stück Scho ko la de hin. Wir ahn ten ja<br />

schon, dass un se re Ver haf tung be vor -<br />

ste hen wür de, des halb hat ten wir uns<br />

vor her noch alle fo to gra fie ren las sen,<br />

da mit ein An den ken von uns<br />

dagewesen war.<br />

Ich sah den <strong>Franz</strong>l nicht mehr, ob -<br />

wohl wir bei de ins Kol ping haus ge -<br />

bracht wor den wa ren. Der <strong>Franz</strong>l blieb<br />

in Linz, ich wur de nach Wien ge bracht.<br />

Ich wur de in Wien ver hört und saß dort<br />

sechs Monate im Gestapokeller. Dort<br />

hau ten sie mir auch die Zäh ne ein. Der<br />

<strong>Franz</strong>l blieb in Linz. Ich kam in die<br />

Schiffs amt gas se. Da kam er erst nach<br />

Wien, was ich aber nicht ge wusst hat te.<br />

In der Schiff amts gas se war ich sehr<br />

un glüc klich, ich wein te un un ter bro -<br />

chen. Ein mal ging die Türe auf und die<br />

Menz Pep pi kam he rein. Sie strich mir<br />

übers Haar. Sie frag te, ob ich eine Wie -<br />

ne rin wäre. Ich be jah te. Sie wun der te<br />

sich, dass ich von Linz ge kom men war,<br />

aber ich klär te es auf, weil ich ja mit ei -<br />

nem Lin zer ver hei ra tet war. Sie sag te,<br />

dass sie alle ge weint hät ten, als sie hier -<br />

her ge kom men wa ren. Ich soll te mich<br />

nur aus wei nen, dann bei dem Guc kloch<br />

hin un ter schau en und das Zei chen-ABC<br />

lernen.<br />

Ich stieg hin auf, lern te das Zei -<br />

chen-ABC, konn te mich so mit ver stän -<br />

di gen und be merk te, was dort für ein<br />

Elend herrsch te. Frau en mit acht Kin -<br />

dern, das klein ste acht zehn Mo na te alt<br />

und wei ter sol che Fäl le. Ich sah so viel<br />

Elend, dass mei ne Sor gen im mer klei -<br />

ner und we ni ger wur den, dass ich ei -<br />

gent lich gar nicht be rech tigt war, über


Seite 10<br />

mei ne Klei nig kei ten zu wei nen. Und so<br />

fing ich an zu ar bei ten.<br />

Ein mal kam je mand, der sag te, dass<br />

ein Herr hier wäre, der mich ken nen<br />

wür de. Ich glaub te es nicht, denn ich<br />

nahm an, dass mich kei ner hier ken nen<br />

könn te. Ich kam mit ihm zu sam men. Er<br />

sag te, er wäre der klei ne Wil li. Er war<br />

schon zu le bens läng lich ver ur teilt, als<br />

ihn noch je mand be las tet hat te, wo -<br />

durch er dann das To des ur teil aus ge -<br />

spro chen be kam.<br />

Ich muss te sehr viel über mich er ge -<br />

hen las sen. Sie dämpf ten auf mei nen<br />

Hän den ihre Zi ga ret ten aus, aber ich<br />

sag te, dass es mir nichts aus ma chen<br />

wür de und dass sie nur ganz fest aus -<br />

dämp fen soll ten. Ich er trug al les, ob -<br />

wohl ich furcht ba re Schmer zen hat te<br />

Dann be kam ich auch mei ne zwei Ohr -<br />

feigen.<br />

Je des Mal, wenn ich weg ge ru fen<br />

wur de und sah, dass die Se kre tä rin an -<br />

we send war, war ich er leich tert, weil es<br />

nur zu ei nem Ver hör kom men wür de,<br />

aber wenn nie mand da war, wenn ich<br />

ge ru fen wur de, be kam ich so gro ße<br />

Angst, dass ich mir am liebs ten das Le -<br />

ben ge nom men hät te.<br />

Ein mal hol ten sie mich und nie mand<br />

war da. Ich hat te furcht ba re Angst. Sie<br />

stell ten mir den Frit sche ge gen über. Der<br />

Fritsche wurde geschlagen, so etwas<br />

habe ich noch nie ge se hen. Al les war<br />

rot. Er sag te nichts. Ich sag te schon im -<br />

mer, dass er ja sa gen soll te, aber er er -<br />

wi der te, wozu soll ich ja sa gen, wenn es<br />

nicht stimm te.<br />

Wir ar bei te ten da mals bei der Tep -<br />

pich er zeu gung. Es staub te dort und war<br />

sehr schmut zig, ich hol te mir eine Blut -<br />

ver gif tung. Der Arm war schon ganz<br />

blau, und ich konn te ihn über haupt<br />

nicht mehr be we gen. Der Arzt kam,<br />

sag te ich soll te mich um dre hen und gab<br />

mir ei nen Tritt. Ich kam in die Zel le.<br />

Eine sozialistische Aufseherin schimpfte<br />

selbst über die se Ak ti on. Am nächs -<br />

ten Tag konn te ich den Arm über haupt<br />

nicht mehr be we gen. Die Auf se he rin<br />

sah mei nen Arm, wusch mich, zog mich<br />

an und brach te mich zu den Schwes tern<br />

ins Kran ken haus. Dort sah ich dann den<br />

<strong>Franz</strong>l wieder.<br />

Von den Schwes tern schrieb ich ihm.<br />

Ich schic kte ihm ei ni ge Sa chen, die<br />

Schwes tern wa ren sehr lieb und brach -<br />

ten mir so gar Bau ern speck, den ich ihm<br />

schic kte. Die nächs te Wo che da rauf<br />

ging beim <strong>Franz</strong>l die Zel len tü re auf,<br />

und er soll te zum Zahn arzt ge hen, ob -<br />

wohl er sich nicht ge mel det hat te.<br />

Die Schwes ter Ja ko bi ner kam zu mir<br />

ins Zim mer und frag te mich, ob mein<br />

Mann leicht kei ne Fin ger hät te. Ich er -<br />

zähl te ihr von dem Un fall, und sie sag te,<br />

dass er hier wäre. Ich bet tel te sie an,<br />

mich zu ihm zu las sen. Da sah ich ihn<br />

dann. Ich ver sprach ihr nur ei nen Sand<br />

zu ho len und wie der zu rüc kzu ge hen.<br />

Ich woll te ihn nur se hen. Der <strong>Franz</strong>l<br />

ging auf die Toi let te, ich stand hin ter<br />

dem Guc kloch und schrie ihm. Ich hielt<br />

al les, was ich der Schwes ter ver spro -<br />

chen hat te. Das nächs te Mal be kam ich<br />

ei nen Brief mit der Sta lin re de, die At -<br />

lantikkarte.<br />

Ungefähr zwei Wochen später waren<br />

wir Frau en alle bei sam men, denn Män -<br />

ner und Frau en durf ten ja nicht bei sam -<br />

men sein. Es kam je mand, der sag te,<br />

dass alle Frau en in Qua ran tä ne muss ten.<br />

Auf ein mal hieß es: „Hai de rin!“ Ich<br />

ging hin aus und mit ten im Gang stand<br />

der <strong>Franz</strong>l. Die Schwes ter Ve ven zia<br />

mach te ihr Zim mer auf, stieß uns bei de<br />

hin ein und sperr te zu. Wir be spra chen<br />

gleich, was wir jetzt ma chen könn ten.<br />

Wir woll ten eine Zei tung hin aus ge -<br />

ben. Wir hat ten nur klei ne Pa pier chen<br />

und schrie ben in Druc kschrift. Die De -<br />

se rek Wil ma, die Haas <strong>Franz</strong>l, die<br />

Schwester Restituta und ich arbeiteten<br />

da ran. Von die sem Mo ment an ga ben<br />

wir eine rich ti ge Zei tung he raus. Der<br />

Tul ler Wal ter mach te es auch und wur -<br />

de aus die sem Grund ge köpft.<br />

Da sah ich ihn das ers te Mal nach<br />

neun Mo na ten. Er schrieb gleich mei ner<br />

Mut ter, dass ich nicht tot wäre, dass ich<br />

wahr schein lich ei nen Hieb be kom men<br />

hat te. Bei der Ver hand lung konn te ich<br />

mit dem <strong>Franz</strong>l re den. Der Vati kam<br />

dann auch dazu, der sag te, dass wir froh<br />

sein soll ten, dass al les so vor über ge gan -<br />

gen war.<br />

Ich wur de zu erst ver hört, dann der<br />

<strong>Franz</strong>l. Der Pu schmann sag te (Vati ist<br />

der Dec kna me von Pu schmann) dass<br />

ich ihm ver zei hen soll te, dass er an mir<br />

ge zwei felt hat te, er wäre noch nie so<br />

ent täuscht wor den wie da mals. Der Se -<br />

bek sag te auch, dass es ihm jetzt klar<br />

wäre, dass sie bei mir nie et was zu<br />

fürch ten ge habt hät ten. Dann ka men<br />

wir wieder auseinander. Der <strong>Franz</strong>l<br />

woll te, dass ich al les ver su chen soll te,<br />

um noch im Kran ken haus blei ben zu<br />

kön nen, denn dort konn te ich sehr gut<br />

po li tisch ar bei ten, aber es ging nicht.<br />

Ich hat te ja auch ein sehr gu tes Ver -<br />

hält nis mit den Schwes tern, den Auf se -<br />

hern und so wei ter, es war ein ein fa ches<br />

Ar bei ten, ob wohl ich als Kom mu nis tin<br />

be kannt ge we sen war. Ich be kam auch<br />

von den Ärz ten al les, was ich brauch te<br />

und woll te, ich ver mu te, dass dies alle<br />

keine richtigen Nazi gewesen waren.<br />

Die Mut ter vom <strong>Franz</strong>l nahm Kon -<br />

tak te auf. Ich trug al les zu sam men, was<br />

ich nur be kom men konn te und schic kte<br />

al les dem <strong>Franz</strong>l. Ich kann mich noch<br />

ge nau er in nern, dass der Wolfs tei ner,<br />

ein Nazi, ei nen gro ßen Ren ken Speck<br />

im Gast haus her ge zeigt hat te mit der<br />

Be mer kung, dass die sen am nächs ten<br />

Tag der Hai der be kom men wür de. Die -<br />

ser Speck wür de nach Gars ten ge hen.<br />

Der Wolfs tei ner tat viel für den <strong>Franz</strong>l,<br />

das hat er der Mimi zu ver dan ken, der<br />

Frau vom Wolfs tei ner. Sie hielt sehr<br />

viel auf den <strong>Franz</strong>.<br />

In Gars ten lern te er ei nen tsche chi -<br />

schen Of fi zier ken nen, mit dem er sich<br />

spä ter noch traf. Der Tsche che kam ex -<br />

tra zu sei nem Fünf zi ger. Der <strong>Franz</strong>l ar -<br />

beitete in Garsten auch politisch, zum<br />

Bei spiel in der Wä sche rei. Er half auch<br />

ei nem Arzt, der ihm sehr viel ge hol fen<br />

hat te, in Goi sern Fuß zu fas sen. Es gab<br />

dort auch noch ei nen Kri mi nel len, der<br />

nach Ried ge kom men war, der ih nen<br />

auch sehr viel ge hol fen hat te. Er wur de<br />

aber wie der rüc kfäl lig. Nach sei ner Ent -<br />

las sung in Gars ten fuhr er nach Wien<br />

zum Ko ple nig und Fi scher, Hon ner,<br />

Friedl. Sie saßen bei sam men und un ter -<br />

hiel ten sich über die Lan des lei tung. Er<br />

wurde vorgeschlagen.<br />

Bei der Ver haf tung im Jah re 1946<br />

wur de er von der Po li zei ab ge holt, nicht<br />

von zu hau se. Der Le har Sepp war Hilfs -<br />

polizist, der entlassen werden sollte.<br />

Der <strong>Franz</strong> ging hin zum In ter ven ie ren.<br />

Der <strong>Franz</strong>l gab ei nen Ar ti kel in die Zei -<br />

tung, wie die Ame ri ka ner bei uns<br />

herrsch ten. Da rauf hin wur de er ver haf -<br />

tet. Er war zwei Mo na te in Haft und be -<br />

kam den Pa ra ty phus. Er kam krank<br />

nach Hau se.<br />

Bei ihm kann man wirk lich sa gen,<br />

dass er sein gan zes Le ben der Ar bei ter -<br />

be we gung ge op fert hat te. Wenn ich<br />

ehr lich sa gen kann, dann kann ich nur<br />

sa gen, dass mein Mann so für die Ar -<br />

bei ter be we gung ge ar bei tet und hat da -<br />

durch sehr we nig Zeit für die Fa mi lie<br />

auf ge bracht. Der Hel mut muss Taxi<br />

fah ren, ob wohl er stu die ren hät te kön -<br />

nen, aber die Nazi-Leh rer lie ßen ihn<br />

nicht zu, weil er ein Kom mu nis ten kind<br />

war. Auch ich muss te auf vie les ver -<br />

zichten.<br />

Der Glei ß ner mach te in Ried eine<br />

Ver samm lung. Er re de te und re de te. Er<br />

sag te da mals, dass sie wüss ten, dass die<br />

Kom mu nis ten kom men wür den, aber<br />

dass sie sie so lan ge hin aus zö gern wür -<br />

den, so lan ge es gin ge. Der Glei ß ner<br />

woll te ha ben, dass ich eine Tra fik be kä -<br />

me, da mit ich aus der po li ti schen Bahn<br />

hin aus flie gen wür de. Ich pass te ihm<br />

nicht, das sag te er mir so gar selbst. Er<br />

ließ da mals durch bli cken, dass Frau en<br />

nichts in der Po li tik zu tun hät ten. Er<br />

woll te mich im mer weg ha ben. Ir gend -<br />

wie war mir die Tra fik nicht unan ge -<br />

nehm, weil ich den <strong>Franz</strong>l ein bis serl<br />

un ter stüt zen hät te kön nen, wenn ich et -<br />

was ver dient hät te. Der <strong>Franz</strong>l wollte<br />

das nicht.<br />

Ein mal sag te eine Ge nos sin, dass alle<br />

KZler eine Tra fik be kä men, dass sie zu -<br />

erst ins KZ gin gen und dann wol len sie


eine Tra fik. Sie sag te, es fehl te nur<br />

mehr, dass die Hai ders auch noch eine<br />

be kä men. Der <strong>Franz</strong>l hat te das ge hört,<br />

frag te mich, ob ich das auch ge hört hät -<br />

te und ich rief so fort an, dass ich kei ne<br />

Tra fik ha ben möch te. Ein Jahr spä ter<br />

be kam die se Ge nos sin auch eine Tra fik.<br />

Mein <strong>Franz</strong>l ar bei te te im mer ohne ei -<br />

ge ne In ter es sen für sei ne Ideo lo gie. Ich<br />

bin heu te stolz auf ihn, dass ich ihm ge -<br />

folgt bin und nicht ge gen ihn ge ar bei tet<br />

hat te. Der Küh rer Rudi sag te dem<br />

<strong>Franz</strong>l, dass er in der Kriegs ge fan gen -<br />

schaft von Hex mann er fah ren hat te,<br />

dass ich zum Tode ver ur teilt wor den<br />

war.<br />

Der Frank Wil li ar bei te te mit mir im<br />

An ti fa 1934. Da bau ten wir die Antifa-Front-Be<br />

we gung auf. Wenn der<br />

Frank Wil li zu ei nem Treff nicht kom -<br />

men hat te kön nen, schrieb er mir im mer<br />

ei nen Lie bes brief, wenn er zum Bei -<br />

spiel be schat tet wor den war. Ein mal<br />

schic kte er mir je man den, dass er be -<br />

schat tet wür de, und wir brach ten ihn in<br />

die Tsche chei und von dort in die Sow -<br />

jet union. So kam er zu den Schutz bund -<br />

kin dern. Au ßer dem hat te er die Kriegs -<br />

ge fan ge nen über. Dort lern te ihn der<br />

Kar li ken nen. Der Kar li hat te auch eine<br />

Sym pa thie für ihn. Über ein Foto ka -<br />

men sie da rauf, dass ich den Frank hin -<br />

über ge bracht hät te. Jetzt häng te sich der<br />

Kar li mit Leib und See le an den Wil li.<br />

Er wur de sein best er Freund. Der Wil li<br />

ging dann nach Jugoslawien.<br />

Ein mal kam dann je mand hin ins<br />

Heim und frag te, ob ein Ober ös ter rei -<br />

cher dort wäre. Der Wil li mel de te sich,<br />

und er wur de ge fragt, ob er ei nen Hai -<br />

der <strong>Franz</strong> ken nen wür de, was er be jah -<br />

te. So er fuhr er, dass <strong>Franz</strong>l und ich zum<br />

Tode ver ur teilt wa ren. (To des ur teil<br />

wur de be an tragt, Hai der Anni be kam<br />

15 Jah re, Hai der <strong>Franz</strong> be kam 13 Jah -<br />

re.) Von der Be gna di gung wuss te er<br />

nichts. Er ging nach Hau se zum Kar li,<br />

et was blass, der ihn so fort frag te, ob er<br />

et was Neu es über mich ge hört hät te. Er<br />

ver nein te, aber der Kar li glaub te ihm<br />

nicht. Da sag te er ihm, dass ich zum<br />

Tode ver ur teilt wor den war. 1944 fiel<br />

der Kar li. Das er fuhr ich vom Stei ner<br />

Hansl. Er war bei den Schutzbündlern.<br />

Den Ros ner lern te ich auch drü ben<br />

ken nen. Im mer wenn ich ge kocht hat te,<br />

roch er, dann sag te er, dass es gut wäre,<br />

und dass er das schon es sen wür de. In<br />

der Le nin schu le war der <strong>Franz</strong>l in ei -<br />

nem an de ren Sek tor wie ich, denn wir<br />

waren damals sehr viele Österreicher.<br />

In Strass hof hat te ich ei nen Grund.<br />

Der Kar li, der Va ter von Kar li war ein<br />

Tsche che und konn te sich nichts kau -<br />

fen, des halb spar te ich und kauf te den<br />

Grund. Ich war bei der Ge mein de an ge -<br />

stellt. Ich ließ den Grund auf ihn schrei -<br />

ben und leg te ihm im mer das Geld hin,<br />

da mit er ein zah len konn te. Er war ja<br />

vor her Schutz bünd ler. Er bau te sich ein<br />

Häus chen hin und wohn te dort. Ich<br />

lern te ei nen Un garn ken nen, den Imre,<br />

der dort auch ei nen Grund ge habt hat te.<br />

Sei ne Frau hat te bei den Na zis die<br />

Brief kon trol le ge habt. Sie saß an ei ner<br />

Stel le, wo die Post durch kam. Sie ließ<br />

die Post zu Kar li durch, aber das er fuhr<br />

ich erst im Jah re 1945. Es kam so gar<br />

eine Kar te mit Git tern durch, wo rauf<br />

stand, dass ich krank wäre und im Kran -<br />

ken haus, so gar dies ließ sie durch. Der<br />

Kar li hat te sich so fort aus ge kannt. Alle<br />

Brie fe von uns gingen durch.<br />

Meine Schwiegermutter war vier<br />

Mo na te be vor wir frei ge gan gen wa ren,<br />

ver haf tet wor den, im Jän ner 1945. Den<br />

Bu ben gab sie zur Sche va lek und warf<br />

ihr die Geld bör se hin. Sie hielt den Bu -<br />

ben bei sich, mei ne Schwie ger mut ter<br />

wur de von der Ge sta po weg ge bracht<br />

Ein gewisser Gahleitner, ein National -<br />

so zia list, wohn te auch in der Ring gas se.<br />

Sei ne Frau brach te dem Hel mut im mer<br />

Bä cke rei. Ein mal brach te sie ihm eine<br />

Oran ge und Scho ko la de, was die Haus -<br />

meis te rin sah. Eine Stun de spä ter wur de<br />

die Frau Gah leit ner schon vor ge la den<br />

und zur Rede ge stellt, aber sie sag te,<br />

dass das Kind wohl nichts da für könn te.<br />

Drei Tage vor der Ver haf tung der<br />

Schwie ger mut ter kam die Frau Gah leit -<br />

ner und sag te, dass sie et was we gen<br />

dem Bu ben un ter neh men soll ten, da er<br />

sonst nach Hart heim ge bracht wür de.<br />

Die Sche va lek schic kte so fort ein Te le -<br />

gramm, die Pol di soll te den Bu ben so -<br />

fort ho len. Ihr Mann hol te ihn dann mit -<br />

ten in der Nacht, bei der Sche va lek,<br />

brach te ihn zu mei ner Schwes ter nach<br />

Enns, die fuhr mit ihm nach Wien, stell -<br />

te ihn der Mutter vor die Türe, läutete<br />

und fuhr sofort in die Arbeit<br />

Quelle:<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>…<br />

Anni <strong>Haider</strong><br />

(1902-1990)<br />

Seite 11<br />

Anni Hai der, ge bo re ne La dis lav,<br />

kam am 22. März 1902 als Toch ter ei -<br />

ner Wiener Arbeiterfamilie zur Welt.<br />

Schon vor dem Fe bru ar 1934 war sie<br />

Betriebsrätin in einem Textilbetrieb<br />

und nahm ak tiv an den Fe bru ar kämp fen<br />

des Jah res 1934 teil. Sie emi gier te an -<br />

schlie ßend in die Tsche cho slo wa kei<br />

und von dort aus 1936 in die Sow jet -<br />

union, wo hin ihr am 11. Sep tem ber<br />

1924 ge bo re ner Sohn Karl La dis lav<br />

(aus ei ner Be zie hung mit Karl Ulip)<br />

schon kurz nach den Fe bru ar er eig nis -<br />

sen mit ei ner Kin der grup pe ge kom men<br />

war.<br />

Wäh rend der Emi gra ti on in Mos kau<br />

lern te sie <strong>Franz</strong> Hai der ken nen. Anni<br />

und <strong>Franz</strong> Hai der kehr ten An fang 1938<br />

nach Ös ter reich zu rück, wo sie am 15.<br />

Fe bru ar 1938 ih ren Sohn Hel mut zur<br />

Welt brach te. Auch in den nächs ten<br />

Jah ren war sie stän dig zwi schen Wien,<br />

Linz und Prag für die il le ga le KPÖ tä -<br />

tig. Am 2. März 1940 hei ra te ten Anni<br />

und <strong>Franz</strong> Hai der. 1941 wur de sie ge -<br />

mein sam mit <strong>Franz</strong> Hai der, Er win Pu -<br />

schmann, <strong>Franz</strong> Sebek, Margarete<br />

Schüt te-Li hotz ky und Karl Li setz durch<br />

eine Spitzel in der Leitung verraten und<br />

verhaftet.<br />

Anni Hai der wur de we gen „Nicht an -<br />

zeige des Vorhabens eines hochverräteri<br />

schen Un ter neh mens“ am 22. Sep tem -<br />

ber 1942 zu 15 Jah ren, <strong>Franz</strong> Hai der zu<br />

13 Jah ren Zucht haus ver ur teilt. Pu -<br />

schmann, Se bek und Li setz we gen<br />

„Vor be rei tung zum Hoch ver rat“ zum<br />

Tode, Schüt te-Li hotz ky zu 15 Jahren<br />

Zuchthaus ver ur teilt. Anni Hai der war<br />

eben so wie Schüt te-Li hotz ky im Zucht -<br />

haus Ai chach in Bay ern in haf tiert, in<br />

dem sie schließ lich von den US-Trup -<br />

pen am 29. April 1945 be freit wur de.<br />

<strong>Franz</strong> Hai der war im Zucht haus Gars -<br />

ten bei Steyr ein ge sperrt. Im Jah re 1943<br />

kam ihr Sohn Karl La dis lav bei ei nem<br />

Par ti sa nen ein satz in der Sowjetunion<br />

ums Leben.<br />

Nach dem Krieg übte sie wich ti ge<br />

Funk tio nen in der Par tei, in der Frau en -<br />

be we gung und spä ter in der Pen sio nis -<br />

ten be we gung aus. So war sie nach 1945<br />

Frau en vor sit zen de der KPÖ in Ober ös -<br />

ter reich und spä ter lang jäh ri ge Lan des -<br />

vor sit zen de des Bun des De mo kra ti -<br />

scher Frau en (BDF). Von 1946 bis<br />

1955 ge hör te sie der Landesleitung der<br />

KPÖ-Oberösterreich an.<br />

Anni Hai der ge noss durch ihre an ti -<br />

fa schis ti sche Tra di ti on und ih ren auf -<br />

rech ten Cha rak ter brei te Ach tung und<br />

An er ken nung. Sie starb nach län ge rem<br />

Lei den am 22. Juni 1990 in Linz.


Seite 12<br />

<strong>Franz</strong> Hai der vor dem NS-Volks ge richts hof:<br />

13 Jahre Zuchthaus wegen Hochverrat<br />

Im nach ste hen den Aus zug be rich -<br />

tet Margarethe Schütte über den<br />

Pro zess, der am 22. Sep tem ber 1942<br />

ge gen Er win Pu schmann, <strong>Franz</strong> Se -<br />

bek, Anna Hai der, <strong>Franz</strong> Hai der,<br />

Margarethe Schütte und Karl Lisetz<br />

wegen Vorbereitung zum Hochverrat<br />

statt ge fun den hat te:<br />

Mit te Juli 1942 er hiel ten wir die An -<br />

kla ge, am 22. Sep tem ber war die Ver -<br />

hand lung vor dem Zwei ten Se nat des<br />

Volks ge richts ho fes Ber lin im gro ßen<br />

Schwurgerichtssaal des Landesgerichts<br />

in Wien.<br />

Die Anklage<br />

In der An kla ge schrift (die ich hier<br />

trotz vie ler Be mü hun gen lei der nicht<br />

auf trei ben konn te) wa ren fünf Ge nos -<br />

sen zusammengefasst: Erwin Pu -<br />

schmann, <strong>Franz</strong> Se bek, Anna Hai der,<br />

<strong>Franz</strong> Hai der und ich. Ge nos se Li setz<br />

war al lein an ge klagt und wur de erst bei<br />

der Ver hand lung uns an ge glie dert. Die<br />

An kla ge schrift war ein Buch von 36<br />

Seiten. Alle waren wegen Vorbereitung<br />

zum Hoch ver rat, Er win au ßer dem we -<br />

gen Landesverrat angeklagt. Es waren<br />

neun Pa ra gra phen an ge führt.<br />

Im ers ten Ab schnitt, in wel chem der<br />

Staatsanwalt kurz umreißt, weshalb<br />

man an ge klagt ist, stand: „Ich kla ge an:<br />

Er win Pu schmann die il le ga le KPÖ in<br />

Österreich wieder aufgebaut zu haben.<br />

Sämtliche Angeklagte waren ihm dabei<br />

be hilf lich, ins be son de re die an ge klag te<br />

Schüt te, die die Ver bin dung zwi schen<br />

ihm und dem Aus lands ap pa rat her zu -<br />

stel len ver sucht hat! ...“<br />

Es folgte eine ein ge hen de Schil de -<br />

rung der Tä tig keit der KPÖ seit ih rer Il -<br />

legalität, die erstaunlich sachlich und<br />

nicht un rich tig ab ge fasst war. Da nach<br />

kam von je dem ein zel nen eine Be -<br />

schrei bung sei nes po li ti schen Vor le -<br />

bens, dann sei ner Straf tat.<br />

Die Anklageschrift war geheim, die<br />

Ver hand lung ge schlos sen. Au ßer dem<br />

Ge richt und den An wäl ten wa ren nur<br />

Ge sta po und Pres se an we send, ob wohl<br />

in den Zei tun gen na tür lich nichts über<br />

die se Ver hand lun gen er schien. Die An -<br />

ge hö ri gen wur den bei un se rer Ver hand -<br />

lung das ers te Mal, aber nur zur Ur teils -<br />

ver kün dung, in den Ge richts saal ge las -<br />

sen, das wuss ten wir aber vor her nicht.<br />

Verteidigung (allgemein)<br />

Was un ser Ver hal ten vor Ge richt an -<br />

be trifft, so ha ben wir Ge fan ge ne im Be -<br />

zirks ge fäng nis Schiff amts gas se uns auf<br />

fol gen den Stand punkt ge ei nigt: Die<br />

Ver hand lun gen sind, da dort kei ner lei<br />

Pub li kum von au ßen, nicht ein mal un -<br />

se re An ge hö ri gen, zu ge las sen wer den,<br />

als rein fa schis ti sches Thea ter zu be -<br />

trachten. Die einzig wichtige Aufgabe<br />

da bei ist für uns, sich so zu ver hal ten,<br />

dass mög lichst vie le Ge nos sen mit dem<br />

Le ben da von kom men, da mit sie sich<br />

spä ter wie der dem Kampf der Par tei<br />

wid men kön nen. Re vo lu tio nä res Auf -<br />

treten war diesem faschistischen Ge -<br />

richt gegenüber als falsches Heldentum<br />

zu betrachten.<br />

Das war unsere allgemeine Richtlinie,<br />

na tür lich muss te sich je der im Rah -<br />

men dieser Richtlinie entsprechend seinen<br />

per sön li chen Mög lich kei ten ver tei -<br />

di gen. Wem es mög lich war, der soll te<br />

sich am be sten ganz dumm stel len, was<br />

man chen Frau en half. Wer dies nicht<br />

konn te, soll te sich ge ge be nen falls auf<br />

den Pakt be ru fen, vor al lem da rauf hin -<br />

wei sen, dass er die Straf tat in ei ner Zeit<br />

be ging, in der man mit ei ner be vor ste -<br />

hen den be waff ne ten Aus ein an ders et -<br />

zung SU-Deutsch land nicht rech nen<br />

konn te.<br />

Das Gericht<br />

Un se re Ver hand lung dau er te mit<br />

kur zer Mit tags pau se 12 Stun den. Die ser<br />

II. Ber li ner Se nat des Volks ge richts ho -<br />

fes fäll te be reits seit Ende Au gust bei<br />

KP in Wien fast nur To des ur tei le. Al -<br />

lein in der Wo che un se rer Ver hand lung<br />

wur den von die sem Se nat in 5 Ver hand -<br />

lun gen von 29 an ge klag ten Ge nos sen<br />

(da von 11 Frau en) 20 zum Tode ver ur -<br />

teilt (da von 4 Frau en). Be an tragt wur de<br />

bei al len 29 das To des ur teil, das wur de<br />

bereits vorher in Berlin festgelegt. Der<br />

Vor sit zen de hieß Hart mann, au ßer ihm<br />

wa ren noch ein Bei sit zer, 2 Wehr -<br />

machtsoffiziere und ein Offizier des<br />

Reichsarbeitsdienstes, Mitglieder des<br />

Gerichts. Mit Ausnahme des Beisitzers<br />

(Wiener) waren alle, einschließlich<br />

Staatsanwalt und Sekretär, Deutsche.<br />

Die Ver hand lung wur de mit äu ßers -<br />

ter Schär fe ge führt. Er win wur de oft an -<br />

ge schrie en, vor al lem, weil er so lei se<br />

sprach, er konn te aber nicht lau ter spre -<br />

chen. Sei ne Stim me hat sich ge gen frü -<br />

her ganz ver än dert, weil man ihm bei<br />

der Gestapo die Geschlechtsteile zer -<br />

schla gen hat. Es fiel auch auf, dass alle<br />

männ li chen An ge klag ten, mit Aus nah -<br />

me des Ge nos sen Hai der schlecht hör -<br />

ten, weil sie so ge schla gen wor den wa -<br />

ren.<br />

Die Verhandlung<br />

Er win stritt na tür lich al les ab, was<br />

nur ir gend mög lich war. Er ver tei dig te<br />

sich auf fol gen der Platt form. Er und sei -<br />

ne Mitarbeiter betätigten sich während<br />

der Zeit des Pak tes zwi schen der SU<br />

und Deutsch land, die Ar beit be schränk -<br />

te sich da bei auf ei nen Kampf um die<br />

Besserstellung der Arbeiterschaft. Wir<br />

arbeiteten nicht für eine Niederlage<br />

Deutsch lands. Da mit hoff te er, wohl al -<br />

len an de ren Ge nos sen zu hel fen.<br />

Se bek nahm ei nen ähn li chen Stand -<br />

punkt ein, be ton te, dass er die sen<br />

Kampf nur in ner halb der le ga len Na zi -<br />

or ga ni sa tio nen füh ren woll te und stritt<br />

jede illegale Betätigung ab. Anna Hai -<br />

der konn te wür dig ab strei ten und wur de<br />

nur we gen Nicht an zei ge Pusch manns<br />

ver ur teilt, eben so <strong>Franz</strong> Hai der, der sich<br />

hin ter sei ner Sport or ga ni sa ti on ver -<br />

schanz te. Ich selbst be stritt na tür lich<br />

auch was nur ir gend mög lich, da mir<br />

nur eine ca. drei wö chi ge Ar beit nach -<br />

weis bar war, stell te ich die se als eine<br />

vor ei li ge Un über legt heit hin.<br />

Be son ders tra gisch war fol gen der<br />

Vorfall: Die Gestapo belastete Erwin<br />

mit ei ner Flug schrift, die er bei der Ge -<br />

sta po zug ab, selbst ver fasst zu ha ben,<br />

die aber nicht mehr ver viel fäl tigt und<br />

ver teilt wer den konn te. Bei der Ver -<br />

hand lung er klär te Er win, dass die se<br />

Schrift gar nicht von ihm, son dern von<br />

„Ossi“ ver fasst wor den war. Auf die<br />

Fra ge, wa rum er bei der Ge sta po an ders<br />

ausgesagt hätte, erklärte er, .diese Sache<br />

dort auf sich ge nom men zu ha ben, weil<br />

er „Ossi“, der nicht ver haf tet war, ret ten<br />

wollte! Diese scharfe, äußerst gefährliche<br />

Schrift war also nichts an de res als<br />

eine Pro vo ka ti on der Ge sta po selbst,<br />

durch „Ossi“.<br />

Ge nos se Frit sche, der am Tage vor -<br />

her zum Tode ver ur teilt wor den war. Er<br />

ent las te te Hai der voll kom men und leg te<br />

ein völ lig un ge bro che nes Auf tre ten an<br />

den Tag. Ein Gestapobeamter, der zu -<br />

erst auch nur we gen ei ni ger De tails<br />

über den Ge nos sen Hai der be fragt wur -<br />

de.<br />

Diese Gelegenheit benützte aber Er -<br />

win, um eine of fi ziel le Äu ße rung über<br />

„Ossi“ zu er zwin gen. Er win ließ näm -<br />

lich durch sei nen An walt den Ge sta po -<br />

zeugen fragen, wer eigentlich dieser<br />

„Ossi“ mit le ga lem Na men Gla ser sei,<br />

von dem die An ge klag ten so viel re den,<br />

und der gar nicht ein mal ver haf tet zu<br />

sein scheint und auch nir gends als Zeu -<br />

ge aufträte. Der Gestapozeuge verweigerte<br />

darüber jede Aussage, aus staats-


Seite 13<br />

Literatur<br />

Fahn dungs bild der Ge sta po von <strong>Franz</strong> Hai der<br />

po li zei li chen Grün den, wie er sag te.<br />

Da mit war das, was Er win be zwec kte,<br />

erreicht, es war sozusagen amtlich be -<br />

stä tigt, wel che Rol le „Ossi“ spiel te.<br />

Die Rede des Staats an walts brach te<br />

zuerst einen allgemeinen Überblick der<br />

Tä tig keit der KPÖ seit 193S. Dann ging<br />

er auf die spe ziel le Tä tig keit Er wins<br />

über, der als höch ster Spit zen funk tio när<br />

der KPÖ, der bis da hin vor ei nem deut -<br />

schen Ge richt stand, be zeich net wur de.<br />

Auch alle an de ren An ge klag ten wur den<br />

als wichtige Funktionäre hingestellt,<br />

wo bei Pu schmann, Se bek, Li setz und<br />

Schüt te zu sam men ge fasst wur den, da<br />

sie gar nicht we gen ak ti ver Be tä ti gung,<br />

son dern nur we gen Nicht an zei ge, ver -<br />

ur teilt wer den konn ten. Zum Schluss<br />

beantragte der Staatsanwalt für alle 6<br />

Angeklagten das Todesurteil.<br />

Die 5 Anwälte beantragten bei allen<br />

eine Mil de rung der Stra fen auf Zucht -<br />

haus stra fen und hiel ten ent spre chen de<br />

Ver tei di gungs re den, aber das ge hör te<br />

eben auch zu dem von vor ne he rein ab -<br />

gekarteten Theater. Mit Ausnahme des<br />

Genossen <strong>Haider</strong> machten alle Genos -<br />

sen von ih rem Schluss wort Ge brauch<br />

und ver tei dig ten sich auf die oben be -<br />

schriebene Weise. Alle machten äußerlich<br />

ei nen ganz ru hi gen und festen<br />

Eindruck.<br />

Das Urteil<br />

Um 5 Uhr zog sich der Se nat zu rück,<br />

um 6 Uhr soll te das Ur teil ver kün det<br />

wer den. Aber erst nach drei stün di ger<br />

Be ra tung, also erst um 8 Uhr abend er -<br />

schien das Ge richt wie der und ver kün -<br />

de te das Ur teil, nach dem die An ge hö ri -<br />

gen in den Saal ge las sen wur den. Pu -<br />

schmann, Se bek und Li setz wur den<br />

zum Tode, Schüt te und Anna Hai der zu<br />

15 Jah ren Zucht haus, <strong>Franz</strong> Hai der zu<br />

13 Jah ren Zucht haus ver ur teilt. Al les<br />

ver lief in voll kom me ner Ruhe, die Ge -<br />

nossen hielten sich ausgezeichnet. Das<br />

Ur teil war güns ti ger als wir er war te ten,<br />

denn wir rech ne ten fest da mit, dass wir<br />

alle 6 zu Tode ver ur teilt werden<br />

würden.<br />

Was bei de Hai ders an be langt, so wa -<br />

ren sie wohl et was leich ter be las tet als<br />

die an de ren, und was mich be trifft, so<br />

hat mich le dig lich die da ma li ge au ßen -<br />

politische Lage gerettet, in welcher<br />

Deutsch land noch sehr gro ßen Wert auf<br />

gute Be zie hun gen zur Tür kei leg te. Da<br />

ich dort an säs sig war, mein Mann zur<br />

Zeit der Ver hand lung dort leb te, ich<br />

selbst so wie auch mein Mann im tür ki -<br />

schen Unterrichtsministerium arbeite -<br />

ten, wäre es für Deutsch lands Pres ti ge<br />

in der Tür kei nicht güns tig ge we sen,<br />

wenn ich hier hin ge rich tet worden<br />

wäre.<br />

Er win soll sich noch in der Zeit zwi -<br />

schen der Ver hand lung und sei nem<br />

Tode sehr ver än dert ha ben, be son ders<br />

nachdem unsere Kagraner Genossen,<br />

die Ende Au gust alle elf bei ei ner Ver -<br />

hand lung zum Tode ver ur teilt wor den<br />

wa ren, hin ge rich tet wur den. Bis da hin<br />

hoff te er im mer noch, dass es für die<br />

leichter Belasteten besonders für die<br />

Frau en Be gna di gun gen ge ben wür de.<br />

Da durch, dass er „Ossi“ sol ches Ver -<br />

trau en schenk te, fühl te er sich für die se<br />

gan ze Tra gö die voll ver ant wort lich. Er<br />

mach te sich die un sag bars ten Vor wür fe<br />

da rü ber und hat des halb noch zum<br />

Schluss die entsetzlichsten Qualen, die<br />

je ein Genosse ertragen musste, erlitten.<br />

Am 7. Jän ner 1943 wur de er hin ge rich -<br />

tet. Von „Ossi“ habe ich später nichts<br />

mehr gehört.<br />

Quelle:<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>…<br />

Wi der stand und Ver fol gung in<br />

Ober ös ter reich 1934-1945, Ös ter -<br />

rei chi scher Bun des ver lag, 1982<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Haider</strong><br />

<strong>Franz</strong> – Ein Le ben im Dien ste der<br />

österreichischen Arbeiterklasse,<br />

Berichte aus seinem Leben, Reden<br />

und Auf sät ze, 1987<br />

Gugglber ger Mar ti na, „Ver su -<br />

che, an stän dig zu blei ben“ - Wi -<br />

der stand und Ver fol gung von<br />

Frau en im Reichs gau Ober do nau.<br />

In: Hauch Ga briel la (Hg.), Frau en<br />

im Reichs gau Ober do nau, Ge -<br />

schlechtsspezifische Bruchlinien<br />

im Nationalsozialismus, Reihe:<br />

Ober ös ter reich in der Zeit des Na -<br />

tionalsozialismus, Band 5, OÖ<br />

Lan des ar chiv, Linz, 2006<br />

Um Ober ös ter reich. Der 13.<br />

oberösterreichische Landesparteitag<br />

der KPÖ, Ver lag Neue Zeit,<br />

1946<br />

Oliver Rathkolb, Politische<br />

Pro pa gan da der ame ri ka ni schen<br />

Besatzungsmacht in Österreich<br />

1945 bis 1950. Ein Bei trag zur<br />

Geschichte des Kalten Krieges in<br />

der Pres se-, Kul tur- und Rund -<br />

funkpolitik, Dissertation, Wien,<br />

1981.<br />

Friedrich Hausjell, Österreichische<br />

Ta ges zei tungs jour na lis ten<br />

am Be ginn der Zwei ten Re pub lik<br />

(1945 - 1947). Eine kol lek tiv bio -<br />

gra phi sche Ana ly se ih rer be ruf li -<br />

chen und po li ti schen Her kunft.,<br />

Dis ser ta ti on, Salz burg, 1985<br />

Amts blatt der Lan des haupt stadt<br />

Linz, Jahr gang 1955, Num mer 16<br />

Pro to koll des 14. Par tei ta ges<br />

der KPÖ, Wien, 1948<br />

Pro to koll des 16. Par tei ta ges<br />

der KPÖ, Wien, 1954<br />

Pro to koll des 17. Par tei ta ges<br />

der KPÖ, Wien, 1957<br />

Pro to koll des 18. Par tei ta ges<br />

der KPÖ, Wien, 1961<br />

Wolf gang Mueller, Ar nold<br />

Sup pan, Nor man M. Naimark,<br />

Gen na dij Bord ju gov (Hg.), Sow -<br />

jetische Politik in Österreich<br />

1945-1955, Ver lag der Ös ter rei -<br />

chischen Akademie der Wissenschaf<br />

ten, Wien, 2005


Seite 14<br />

<strong>Franz</strong> Hai der an Sepp Teufl (Lan des ob mann der il le ga len KPÖ):<br />

Brief aus dem Gefängnis Garsten<br />

Lie ber Freund!<br />

Die gan ze Sa che ist vor läu fig ab ge -<br />

schlos sen. Ur sprüng lich hat te ich mit<br />

ei ner Min dest dau er die ser Etap pe von<br />

ca. 24 - 26 Mo na te ge rech net. Die Ver -<br />

kür zung brach te auch die Ver schär fung<br />

- auf grund der Zu spit zung der all ge mei -<br />

nen Lage; das Gute da ran: ein Wie der -<br />

se hen um ein hal bes Jahr frü her, hof fe<br />

längs tens in ca. ei nem Jahr!<br />

Zu dem letz ten kurz Ge schil der ten: Die<br />

Vor ge schich te kennst Du ja. Lei der war<br />

im Moment meines Unfalles die Situati -<br />

on eine ver än der te. Du weißt ja, mit<br />

Un fall rech ne te ich stark, dazu war mir<br />

letz tes Tref fen beim Ski lauf wert voll. Du<br />

weißt dar um auch um mei ne Zwei fel an<br />

O. H. (Otto Husch ka) Ver si che run gen:<br />

„mir kön ne nichts ge sche hen“.<br />

Nun bei den ers ten „Be hand lungs ver -<br />

su chen“ wuss te ich, dass Puhl mann<br />

nicht jene Rol le spiel te wie wir so si cher<br />

an neh men muss ten. Zu gleich aber spür -<br />

te ich - mehr Qua li tät mir ge gen über -<br />

dass mei ne Frau ernst haft ge fähr det,<br />

aber auch ich (trotz der Mei nung un se -<br />

res Freun des „M.“) (Mai er Ig naz) nicht<br />

zu hal ten sei. Noch mehr: dass so wohl<br />

M. wie O. H. - bei de von ver schie de nen<br />

Stand punk ten ir re ge führt (be wusst), um<br />

mich wie der ir re zu füh ren.<br />

Für mich gab es da durch nur eine Auf -<br />

ga be: mich ein zu schal ten und die Din ge<br />

so gut als mög lich zu ent wir ren. Mei ne<br />

Aus sa gen be zo gen sich rein auf mich,<br />

und wa ren so ge hal ten wei te ren Schrit -<br />

ten einen Riegel vorzuschieben (von<br />

hier aus!!!) und den ers ten Ret tungs an -<br />

ker für mei ne Frau zu wer fen. (Also vor<br />

„un nö ti gem Zu ge ben“ war kei ne Spur,<br />

das schien der Form nach - dem In halt<br />

nach war es eine Not wen dig keit. Die<br />

frü he re Ent wic klung gab mir Recht.<br />

Man ches kann ich heu te noch nicht da -<br />

rü ber schrei ben.)<br />

Im Ver lau fe der Mo na te wur de das Bild<br />

im mer kla rer. Vo rerst die vol le Rein wa -<br />

schung von P. von dem schwe ren Ver -<br />

dacht: die Fest stel lung, das Op fer ei nes<br />

ganz ge ris se nen Be trü gers ge we sen zu<br />

sein (durch wel che Feh ler? heu te we nig<br />

Wort da rü ber breit zu re den; eins: im -<br />

mer wieder: Wachsamkeit, prüfen!)<br />

dann die ver schie de nen Ir re füh run gen -<br />

für künf ti ge Zwe cke! Dann noch eine<br />

Fest stel lung: die Kon kur renz ar beit auf<br />

den ver schie de nen Or ga ni sa tio nen viel<br />

ge gen ein an der, aber auf grund des Sys -<br />

tems schärfs ter Zen tra li sa ti on und ei nes<br />

im men sen Pa pier krie ges. Kommt als<br />

Ergebnis ein ziemlich lückenloses Wissen<br />

um die Din ge an ei ner Stel le (oder<br />

zwei) he raus, ohne dass sich die ein zel -<br />

nen Glie der des Ge samt ver hält nis ses<br />

be wusst sind.<br />

Da rauf muss te ich eben falls Rüc ksicht<br />

nehmen! Die letzten Beweise konnte nur<br />

die Ver hand lung lie fern. (Zug um Zug<br />

...)<br />

Für mich steht fest: Puhl mann Op fer.<br />

Hal tung vor Ge richt ein wand frei. Feh -<br />

ler? Ja, ge nug und schwe re; aber zu ur -<br />

tei len ohne den Me cha nis mus ge nau zu<br />

ken nen ist kin disch. „Ossi“ war ihm<br />

mehr als ein Bru der - das war der fol -<br />

gen schwers te Feh ler; Du kannst Dir ja<br />

vor stel len, was „Ossi“ al les wuss te.<br />

„Fast“ al les!<br />

Dann wur de „Wera“ (Chi le nin) zum<br />

Zu sam men klap pen ge bracht. Wenn ich<br />

ernst lich ge ar bei tet hät te! Sie hat mehr<br />

ge sagt als ge wusst! Preis: sie ist in ih -<br />

rer Hei mat.<br />

Weiter die wichtigsten Wiener Leute<br />

schrie ben Pro to kol le von 100 - 200 und<br />

mehr Sei ten. Dar un ter auch Fritz sche;<br />

setz te sich an die Ma schi ne und schrieb<br />

sein Pro to koll selbst mit ca. 120 Sei ten.<br />

Fol ge: St. Pöl ten, Krems, Kla gen furt,<br />

Graz: die To des ur tei le; und de ren teil -<br />

weise schon Vollstreckung (diese Wo -<br />

che in der Zei tung die 3 Krem ser; in<br />

Zei tung kommt nur trop fen wei se!). Sein<br />

Auf tre ten als Zeu ge ge gen mich war po -<br />

si tiv, das heißt, er sag te wort wört lich<br />

das, was ich sag te. Ge ra de das und wie<br />

er auf trat, lässt nur zwei Schlüs se<br />

übrig: mei nen Ver dacht oder er hat ei -<br />

nen Knacks be kom men.<br />

Bei „Wal li“, glau be ich, woll te man es<br />

so ma chen. Si cher ist si cher, denn Pu.<br />

sag te mir, er lern te W. durch „Ossi“<br />

ken nen. Kon kur renz weiß von Wal li viel<br />

oder al les; laut Pu.<br />

Auf grund von all dem nahm ich Stel -<br />

lung im Pro zess; ver band mein Schic -<br />

ksal mit dem von mei ner Frau auf ent -<br />

we der - vie ler (nicht zu of fen) bis Eu rer<br />

Hil fe, und es hat ge klappt. Doch nicht<br />

ich verkannte eure Schwierigkeiten.<br />

Aber Ein satz von Euch konn te und<br />

muss te ich ver lan gen - nicht um mei net -<br />

wil len! (Nach dem Mot to: „Das La chen<br />

ist der Gü ter höch stes nicht, der Übel<br />

grö ß tes aber ist die Schuld“)<br />

Kurz noch zum Pro zess: Mi schung von<br />

ab sto ßen der Ko mö die und kal ter Ver -<br />

nich tung. Raf fi nier te Aus nüt zung für<br />

Abschreckung der Öffentlichkeit.<br />

Schwie rig keit be züg lich Hal tung: öf -<br />

fent li che Ver hand lung, die nicht öf fent -<br />

lich war; da durch aber Mög lich keit<br />

und Ge fahr, dein Wort je der zeit öf fent -<br />

lich aus nüt zen zu kön nen, ohne dass du<br />

selbst dieselbe Möglichkeit hattest.<br />

Von dem Stand punkt schien mei ne Hal -<br />

tung in Be zug S. M. und Welt an schau -<br />

ung et was un ge schickt und be la stend<br />

war, aber die ein zig trag ba re. Des halb<br />

auch ver zich te te ich vor Schluss auf<br />

eine Bit te um Le ben und Ehre (wie alle<br />

übri gen ha ben).<br />

Gruß an alle Freun de Euer Alex.*<br />

* Dec kna me von <strong>Franz</strong> Hai der<br />

Quelle:<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>…<br />

Im Zucht haus Gars ten war <strong>Franz</strong> Hai der von 1942 bis 1945 in haf tiert.


<strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong> als Landeshauptmannstellvertreter:<br />

Seite 15<br />

Die Wiedererrichtung der Landesverwaltung<br />

Das unmittelbare Kriegsende<br />

zeich ne te sich im Lau fe des 5. Mai<br />

ab. Die Ar mee der USA hat Linz,<br />

Steyr, Enns be setzt - be freit und war<br />

bis nach Grein vor ge drun gen. Drü -<br />

ber der Enns hiel ten die deut schen<br />

Truppen weiterhin ihre Verteidi -<br />

gungs stel lung, erst am 8. Mai ge lang<br />

es der amerikanischen Armee über<br />

die Enns brü cke vor zu drin gen. Die<br />

deut schen Trup pen be ka men noch<br />

Be feh le, sich nach dem Wes ten ab zu -<br />

set zen. Nach der Ka pi tu la ti on von 8.<br />

auf den 9. Mai ge rie ten mehr als<br />

600.000 Mann in die ame ri ka ni sche<br />

Gefangenschaft.<br />

Die Rote Ar mee hat bis zum 10./12.<br />

Mai das Untere Mühlviertel (äußerste<br />

Grenze Freistadt, Neumarkt, Pregarten,<br />

Gaisbach-Wartberg, die Bahn li nie zur<br />

Felda ist ent lang bis zur Do nau) be setzt.<br />

Nach dem Zu sam men bruch des na -<br />

tionalsozialistischen Regimes durch die<br />

Be set zung Ober ös ter reichs durch die<br />

ame ri ka ni schen und sow je ti schen Ar -<br />

meen sah es in Ober ös ter reich durch<br />

Flie ger an grif fe und Kampf hand lun gen<br />

ver hee rend aus, etwa 10.000 Woh nun -<br />

gen wa ren völ lig zer stört, etwa 16.000<br />

Woh nun gen wa ren be schä digt. 3.000<br />

Men schen wur den Op fer von Bom ben -<br />

an grif fen und Kriegs hand lun gen. Auf<br />

ös ter rei chi schem Bo den be fan den sich<br />

etwa 177.000 aus län di sche Ar bei te rin -<br />

nen und Ar bei ter, etwa 86.000<br />

KZ-Häft lin ge, 10.000 Flücht lin ge, die<br />

die deut sche Ar mee vom Schwar zen<br />

Meer über den gan zen Bal kan he rauf -<br />

trie ben, und die schon er wähn ten deut -<br />

schen Trup pen, die zur Ka pi tu la ti on auf<br />

un se rem Bo den ge zwun gen wor den wa -<br />

ren. Die oberösterreichische Bevölke -<br />

rung hat te sich auf die se Wei se ver dop -<br />

pelt.<br />

Oberösterreich in den<br />

Nachkriegswirren<br />

Ei ni ge tau send Ober ös ter rei cher hat -<br />

ten das Glück aus den Höh len der KZs<br />

und der Ge fäng nis se zu ent kom men. Ei -<br />

ni ge hun dert hat ten nicht mehr das<br />

Glück, heim zu kom men, weil sie in den<br />

KZs und Ge fäng nis sen ent we der durch<br />

den elek tri schen Draht, durch Ku geln<br />

der KZ-Auf se her, durch Knüp peln oder<br />

Fallbeile getötet worden waren.<br />

Weit über 200.000 wa ren in das<br />

deut sche Heer ein ge zo gen wor den, da -<br />

von wa ren etwa 37.000 in die sem Krieg<br />

gefallen oder in Lazaretten oder in<br />

Kriegs ge fan gen schaft ge stor ben.<br />

In un se rem Land wa ren die Stra ßen,<br />

die Brü cken, die Bahn kör per, die Lo ko -<br />

mo ti ven, die Bahn wag gons (Gü ter oder<br />

Per so nen) durch die Kriegs ein wir kun -<br />

gen arg be schä digt wor den oder un -<br />

brauchbar geworden. Viele Betriebe<br />

stan den still, die Kriegs pro duk ti on wur -<br />

de ein ge stellt - klar und na tür lich. Es<br />

ent stand die Fra ge, was über haupt pro -<br />

du ziert wer den soll te, es fehl ten die<br />

Rohstof fe für die le bens wich ti ge Pro -<br />

duk ti on. Man wuss te auch nicht, wo hin<br />

mit den Ar beits kräf ten. Vo rerst wur den<br />

zum Bei spiel die Frau en dienst ver -<br />

pflich tet. Wenn sie die ser Auf ga be<br />

nicht nach ge kom men wa ren, wur den<br />

sie be straft. Dies ging bis zum Ar beits -<br />

erziehungslager. Jetzt waren sie die ers -<br />

ten, die ent las sen wur den.<br />

Durch den Zu sam men bruch war die<br />

Ver sor gung stark ge stört. Vor al lem<br />

wa ren die oh ne hin sehr we ni gen Le -<br />

bens mit tel zum Teil in die Hän de der<br />

Besatzungsarmeen gelangt, so weit sie<br />

nicht nur von den Nicht-An säs si gen an -<br />

ge eig net wur den. Es hät te die hier an -<br />

säs si ge Be völ ke rung, die zehn tau sen -<br />

den total abgemagert waren, ehemaligen<br />

KZ-Häft lin ge, und die zur Ar beit<br />

ge zwun ge nen aus län di schen Ar bei te -<br />

rin nen, de ren Zahl schon ge nannt wur -<br />

de, er nährt und ver sorgt wer den müs -<br />

sen. Erst ab dem 24. Mai 1945 gab es<br />

eine geregelte Lebensmittelkartenaus -<br />

ga be.<br />

Neuaufbau der Landesregierung<br />

Die Le bens mit tel, die für eine Wo -<br />

che aus ge ge ben wor den wa ren, hät ten<br />

bei ei nem nor ma len Le ben für. ein ein -<br />

halb Tage ge reicht. Es muss ten die Bar -<br />

rie ren der Be sat zun gen über wun den<br />

wer den. Die Si tua ti on er schien un über -<br />

wind bar. Um die se Si tua ti on zu meis -<br />

tern, war man der Mei nung, dass man<br />

alle demokratischen Kräfte zum Aufbau<br />

heranziehen musste. Die amerikanische<br />

Be sat zungs macht war auf grund ih rer<br />

Auf fas sung zu die ser Zeit nicht be reit<br />

gewesen, von ihrer Leitlinie abzuzie -<br />

hen.<br />

Auf grund der Vor spra che des Dr.<br />

Ko ref und sei nen po li ti schen Freun den<br />

an 5. Mai bei den vor läu fi gen Stadt -<br />

kom man dan ten der ame ri ka ni schen Ar -<br />

mee, kam es erst am 8. Mai zur Be auf -<br />

tra gung des Stadt ober haup tes von Linz.<br />

Ob wohl die Ame ri ka ner die Be tä ti gung<br />

von po li ti schen Par tei en ver bo ten hat te,<br />

stell te Dr. Ko ref trotz dem den Stadt rat<br />

nach par tei po li ti schen Ge sichts punk ten<br />

zusammen. Aus dem Bürgermeister,<br />

vier Mit glie dern der SPÖ, vier Mit glie -<br />

dern der christlich-sozialen Partei und<br />

zwei von der KP Ober ös ter reich wur de<br />

der Stadtrat gebildet.<br />

Im Lan des maßstab gab es be trächt li -<br />

che Schwie rig kei ten bis zur Bil dung ei -<br />

ner demokratisch zusammengesetzten<br />

Lan des re gie rung. Es ist selbst ver ständ -<br />

lich, dass sich die ein zel nen Funk tio nä -<br />

re der seit 1933 und 1938 ver bo te nen<br />

Par tei en in den letz ten Mo na ten, be son -<br />

ders in den letz ten Ta gen, be ra ten hat -<br />

ten, wie und wer an die Spit ze der Par -<br />

tei lei tung oder in den öf fent li chen Kör -<br />

per schaf ten tä tig sein wür de, wenn das<br />

NS-Regime zusammengebrochen war.<br />

Wie sollten die wiederzugelassenen de -<br />

mokratischen Parteien auf dieser Basis<br />

funk tio nie ren? Wie soll ten die künf ti -<br />

gen Ge werk schaf ten mit ih ren Auf ga -<br />

ben funk tio nie ren? Die Re gie rungs bil -<br />

dung war durch Dr. Ren ner schon ge -<br />

klärt, das heißt es gab eine de mo kra ti -<br />

sche Zusammensetzung der drei Partei -<br />

en, die ja auch die Grund la ge der Re gie -<br />

rung Ren ners war.<br />

Recht ku ri os schien auch die Tä tig -<br />

keit ei ni ger so zial de mo kra ti scher Funk -<br />

tionäre, wie der ehemalige Chefredak -<br />

teur des Tag blat tes, Dr. Alois Ober -<br />

hummer, der ehemalige Gewerkschaftsse<br />

kre tär Hans Ot ten ba cher und noch ei -<br />

ni ge Ge sin nungs ge nos sen, die beim<br />

Lin zer Bi schof Dr. Flie ßer vor spra chen<br />

und die sen er such ten, ei nen Christ -<br />

lich-So zia len, der kein Fa schist ge we -<br />

sen war, für die Neu bil dung der Lan -<br />

des re gie rung vor zu schla gen. Der Bi -<br />

schof Flie ßer no mi nier te den Hof rat Dr.<br />

Jo sef Ze hent ner, der die Funk ti on ei nes<br />

Landeshauptmannstellvertreters ein -<br />

neh men soll te. Dr. Ober hum mer und<br />

Dr. Ze hent ner ver such ten in ei ge ner<br />

Re gie im Land haus ihre Tä tig keit auf -<br />

zu neh men. Sie soll kei ne zwei Tage ge -<br />

dau ert ha ben.<br />

Die Neukonstituierung der KPÖ<br />

Die kom mu nis ti schen Funk tio nä re,<br />

etwa zwi schen 30 und 40, tra ten trotz<br />

Verbot der Amerikaner am Nachmittag<br />

des 14. Mai in ei nem Hin ter zim mer des<br />

Gast hau ses „Zum Grü nen Stern“ in der<br />

Lessingstraße zu einer Beratung zusammen,<br />

die un ter dem Vor sitz von Jo sef<br />

Mitter tagte. Dort wurde eine provisorische<br />

Stadt lei tung ge wählt, die vor läu fig<br />

auch die Auf ga ben des Lan des über -<br />

nahm. <strong>Franz</strong> Hai der war nicht an we -<br />

send, kei ner wuss te, was mit ihm war<br />

und wo er sich be fand.<br />

Nach dem er nach Linz zu rüc kge -


Seite 16<br />

kom men war, er zähl te er, dass er nach<br />

sei ner Ent las sung aus der Haft an stalt<br />

Gars ten so fort nach Steyr ge gan gen<br />

war, wo er bei der Kon sti tu ie rung der<br />

Be zirks lei tung von Steyr an we send ge -<br />

we sen war. Dann fuhr er nach Wien<br />

zum ZK der KPÖ und er hielt dort den<br />

Auf trag, in Ober ös ter reich tä tig zu wer -<br />

den. Man wuss te da mals auch noch<br />

nicht, was mit dem Lan des ob mann der<br />

KP Ober ös ter reich, Sepp Teufl, der im<br />

KZ Maut hau sen fest ge hal ten wor den<br />

war, ge sche hen war. Erst spä ter wur de<br />

in Er fah rung ge bracht, dass Teufl mit<br />

sei nen Ka mer aden vom 28. auf den 29.<br />

April ge tö tet wor den war.<br />

Bei die ser Zu sam men kunft wur den<br />

für den Lin zer Stadt rat Brunn Otto für<br />

die Auf ga ben der Er näh rung, Ver sor -<br />

gung mit Bedarfsartikeln (Wirtschafts -<br />

amt, Er näh rungs amt, Markt amt, Volks -<br />

kü che) und Ram mers tor fer <strong>Franz</strong> für<br />

den Be reich Woh nungs ver ge bung ein -<br />

schließlich der Arbeiterlager, gewählt.<br />

Die amerikanische Armee erstellte in<br />

Ober ös ter reich am 14. Mai 1945 eine<br />

Militärregierung aus Offizieren aus ih -<br />

ren Rei hen mit 13 Ress orts. De nen wur -<br />

den Fachberater beigegeben, die aus<br />

dem Stande der oberösterreichischen<br />

Landesbeamten waren, die später als zivi<br />

le Lan des re gie rung wirk sam wur den.<br />

Am 17. Mai 1945 durch die An ord nung<br />

Nr. 2 das von Lan des haupt mann Dr.<br />

Eigl vor ge schla ge ne Be am ten ka bi nett<br />

bestätigt. Die amerikanische Militärre -<br />

gie rung in Ober ös ter reich war nach den<br />

Worten des Generalmajor Handlege<br />

Rein hart, um den Beamten Autorität zu<br />

verleihen, sehr bemüht.<br />

Die Bewegung „Freies<br />

Osterreich“<br />

Durch die Schaf fung ei ner Be am ten -<br />

re gie rung fühl ten sich die Wi der stands -<br />

or ga ni sa tio nen über gan gen. Am Sonn -<br />

tag vor mit tag des 10. Juni 1945 tra ten<br />

trotz Ver bot, die ein zel nen Be zirks -<br />

gren zen zu ver las sen, un ter dem Vor sit -<br />

ze von Dr. Hans Chr. Bro da (der spä te re<br />

Justizminister der österreichischen<br />

Bun des re gie rung) die Ver tre ter der Wi -<br />

der stands or ga ni sa tio nen - ös ter rei chi -<br />

sche Frei heits be we gung von Ober ös ter -<br />

reich zu ei ner vor be rei te ten Sit zung für<br />

das am Nachmittag tagende Plenum<br />

zusammen.<br />

An we send wa ren: Dr. Blum, Linz;<br />

Jo sef Plie seis, Bad Ischl; <strong>Franz</strong> Ha zoth,<br />

Linz; <strong>Franz</strong> Hai der, Linz; Ste fan Fi -<br />

scher, Steyr; Prof. Erich Zde nek, Steyr;<br />

Dr. Jo sef Bi schof, Steyr; Dr. Jo sef Ko -<br />

fer, Gries kir chen; Dr. Leo pold Weis -<br />

mann, Vöc kla bruck; Graf Carl Georg<br />

Stürgkh, Ried; Dr. Hans Chr. Bro da,<br />

Linz; spä ter: Dr. Rit schel, Brau nau; Ing.<br />

Pro has ka, Brau nau.<br />

Auf die ser Be ra tung wur de der Zu -<br />

sammenschluss der Bewegung „Freies<br />

Osterreich“ in Oberösterreich getätigt<br />

und da rü ber ließ man der ame ri ka ni -<br />

schen Militärregierung einen- Bericht<br />

zu kom men. Der wei te re Zweck der Sit -<br />

zung war, eine Platt form als Grund la ge<br />

für die weitere Tätigkeit der österreichischen<br />

Frei heits be we gung fest zu le gen<br />

und eine vor läu fi ge Ei ni gung über die<br />

bei der Ple nums-Voll ver samm lung<br />

stattfindende Repräsentanten-Wahl zu<br />

erzielen. Die einzelnen Vertreter der<br />

Be zir ke und Or ga ni sa tio nen be rich te ten<br />

über den Stand ihrer Tätigkeiten.<br />

Es wur de der Wunsch aus ge spro -<br />

chen, dass in der ös ter rei chi schen Frei -<br />

heits be we gung nur sol che Per so nen tä -<br />

tig sein soll ten, die tat säch lich für die<br />

Befreiung Österreichs gekämpft hatten.<br />

„Herr Hai der gab da ge gen zu be den -<br />

ken, dass die ser Stand punkt eine Spit ze<br />

ge gen jene dar stel len könn te, die das<br />

Glück hatten, trotz aktiver Beteiligung<br />

an den österreichischen Freiheitskämp -<br />

fen nicht ge fasst und ge maß re gelt wor -<br />

den zu sein.“ (Aus dem Lin zer Pro to -<br />

koll)<br />

Minimalprogramm erarbeitet<br />

Es wur de ein Mi ni mal pro gramm mit<br />

einem zusätzlichen internen Arbeitspro -<br />

gramm für die österreichische Freiheits -<br />

be we gung aus ge ar bei tet. In die sem war<br />

unter anderem enthalten: „Man sollte<br />

auf die Not wen dig keit der Ver an ke rung<br />

einer österreichischen Landesregierung<br />

im Volks wil len hinweisen. Man müss te<br />

auch den Ame ri ka nern klar ma chen,<br />

dass sie die Aufgaben der Militärregierung<br />

nur mit Un ter stüt zung des Vol kes<br />

eben in der Form der ös ter rei chi schen<br />

Frei heits be we gung be wäl ti gen kön -<br />

nen.“<br />

Es wur de ein Vor schlag des Exe ku -<br />

tionsausschusses ausgearbeitet, deren<br />

Vor sit zen der Lud wig Ber na schek sein<br />

soll te. Dr. Bro da soll te als ge schäfts füh -<br />

render Vorsitzender tätig sein.<br />

In der Lan des aus schuss sit zung am<br />

Nach mit tag des 10. Juni 1945 nah men<br />

weitere Delegierte aus den oberösterrei -<br />

chischen Bezirken teil. Nicht vertreten<br />

wa ren die Be zir ke Freis tadt und Perg.<br />

Das vor ge leg te Mi ni mal pro gramm wur -<br />

de durch weitere Vorschläge ergänzt<br />

und dieses mit Einstimmigkeit ange -<br />

nom men.<br />

In der wei te ren Dis kus si on wur de<br />

fest ge stellt, dass sich in der Ober ös ter -<br />

rei chi schen Lan des re gie rung ei ni ge<br />

Mit glie der be fan den, die der NSDAP<br />

angehört hatten, die ausgewechselt wer -<br />

den soll ten.<br />

Die Art der Über tra gung des Pro -<br />

gramms der Frei heits be we gung an die<br />

amerikanische Militärregierung sollte<br />

dem Exe ku tions aus schuss über las sen<br />

wer den.<br />

Der Lan des aus schuss wur de aus 28<br />

Per so nen no mi niert. Der Exe ku tions -<br />

aus schuss setz te sich aus fol gen den<br />

Herren zusammen: Bernaschek, Reisetbau<br />

er, Hai der, Dr. Blum, Dr. Ho fer, Dr.<br />

Weismann, Fischer, Plieseis, Lindner,<br />

Dr. Bro da.<br />

Der Ar beits plan des Exe ku tions aus -<br />

schusses der oberösterreichischen Frei -<br />

heits be we gung dien te als Grund la ge für<br />

ihre Tätigkeit.<br />

Wäh rend der Zu sam men kunft der<br />

Vertreter der Freiheitsbewegung in<br />

Ried, gab es eine Aus spra che un ter dem<br />

Vor sitz von Dr. Bro da zwi schen den<br />

Vertretern der Sozialdemokraten und<br />

den Kom mu nis ten von Ober ös ter reich.<br />

Zweck die ses Ge sprä ches war die Mög -<br />

lichkeit eines Zusammenschlusses der<br />

So zial de mo kra ten und Kom mu nis ten<br />

zu einer einheitlichen Arbeiterpartei.<br />

Die se Idee wur de von Dr. Bro da und<br />

dem späteren SPÖ-Nationalrat Wimber<br />

ger Alois stark ver tre ten. Ber na -<br />

schek Lud wig wand te sich ge gen die sen<br />

Zu sam men schluss. <strong>Franz</strong> Hai der be grü -<br />

ß te die sen Vor schlag, weil man ab war -<br />

ten müss te, da die se In itia ti ve von den<br />

zen tra len Füh run gen der bei den Par tei -<br />

en aus ge hen muss te. (Am 11. Au gust<br />

1945 trat in ei nem Schrei ben die Lan -<br />

des lei tung der KP Ober ös ter reich an<br />

den pro vi so ri schen Par teivor stand der<br />

SP Ober ös ter reich mit dem Vor schlag<br />

he ran, eine Ak tions ein heit bei der Par -<br />

tei en durch zu füh ren, um eine ein heit li -<br />

che Arbeiterbewegung zu schaffen.<br />

Dieser Vorschlag wurde von dem Partei<br />

vorstand der SPÖ Oberösterreich<br />

abgelehnt.)<br />

Misstrauische Militärregierung<br />

Die amerikanische Militärregierung<br />

wuss te be reits am 11. Juni 1945 von der<br />

am 10. Juni in Ried durch ge führ ten<br />

Grün dungs ver samm lung des Lan des -<br />

ausschusses der österreichischen Frei -<br />

heits be we gung. Der Aus schuss wur de<br />

für den 15. Juni zur Mi li tär re gie rung<br />

be foh len. Aus dem Ge dächt nis pro to koll<br />

vom 30. Juni 1945 von Dr. Blum heißt<br />

es unter anderem:<br />

„Bei die ser Sit zung (Snook und Har -<br />

ti gan) wur de uns das Il le ga le un se res<br />

Tuns vor ge hal ten, un ter Vor la ge un se -<br />

res Min dest pro gramms be ka men wir<br />

aber die Zu si che rung, dass die Mi li tär -<br />

re gie rung un se re Wün sche sach lich<br />

prü fen und uns nach die ser Prü fung zur<br />

Be kannt ga be ih rer Ent schei dung wie -<br />

der zusammenrufen werde.“...<br />

„Am 29. Juni wur de dann der Exe ku -<br />

tiv aus schuss neu er dings zur Mi li tär re -<br />

gie rung ge ru fen. An we send wa ren wie -<br />

der um Snook und Har ti gan, au ßer dem<br />

der Lei ter des CIC und au ßer dem Lan -<br />

des haupt mann Dr. Eigl, der schon bei<br />

der ers ten Be spre chung am 15. Juni zu -


Seite 17<br />

gegen gewesen war.“ ...<br />

„Dann gab er in län ge ren Aus füh -<br />

run gen sei ne Ent schei dung be kannt. Es<br />

sei für die Mi li tär re gie rung un mög lich,<br />

dass sie eine Be tä ti gung des Aus schus -<br />

ses als Be we gung oder als Grup pe oder<br />

als Ein heit aner ken nen und zu las sen<br />

kön ne. Jede Art der Mit ar beit bei der<br />

Militärregierung sei nur möglich als<br />

Ein zel per son und die se Mit ar beit sei<br />

durch aus er wünscht. Es kön ne sich da -<br />

bei in ers ter Li nie um die Hil fe zur Säu -<br />

be rung des Lan des von den Nazi und<br />

den Deut schen han deln, und für die se<br />

Mitarbeit bitte er jeden Österreicher als<br />

Ein zel per son. Zu die sem Zweck sei der<br />

CIC er heb lich er wei tert und aus ge baut<br />

wor den, und mit die ser Stel le soll ten<br />

wir als Einzelpersonen<br />

zusammenarbeiten.“ ...<br />

“Weitere Versuche unsererseits, die<br />

Aussprache auf eine andere Basis zu<br />

brin gen und un ter Auf zäh lung vor -<br />

dringlicher Probleme die Mitarbeit als<br />

Ein zel per son für we nig zwec kmä ßig<br />

nach zu wei sen, blie ben er folg los. Snook<br />

be stand wie der holt auf sei nem Wil len,<br />

keinerlei Gruppenarbeit zu gestatten.<br />

In fol ge des sen ver zich te ten wir auf die<br />

Vor le gung des vor be rei te ten Me mo ran -<br />

dums, das un se re kon kre ten Wün sche<br />

und For de run gen ent hielt, und Ber na -<br />

schek gab zum Schluss un se rem Be dau -<br />

ern Aus druck, dass un se re auf rich ti gen<br />

Be mü hun gen als Ös ter rei cher und De -<br />

mo kra ten, der Mi li tär re gie rung und<br />

dem Lande weiterzuhelfen, hiermit als<br />

gescheitert anzusehen seien..“ ...<br />

Am 6. Au gust 1945 wur de von der<br />

ame ri ka ni schen Mi li tär re gie rung der<br />

Voll zugs be fehl N 28 er las sen (sie he<br />

Do ku men te). Der Voll zugs be fehl be -<br />

stimm te, dass der Lan des haupt mann<br />

mit der Zu stim mung der ame ri ka ni -<br />

schen Militärregierung einen Beirat zu<br />

er nen nen habe, der „in je der Hin sicht<br />

die ge sam te Be völ ke rung von Ober ös -<br />

terreich zu repräsentieren habe“, unter<br />

an de rem, „die Pflicht des Bei ra tes sei<br />

es, den Lan des haupt mann in al len die<br />

Wohl fahrt und die In ter es sen des Vol -<br />

kes betreffenden Fragen zu beraten“.<br />

Die ser Be fehl kam durch die Ver haf -<br />

tung des Lan des haupt man nes Dr. Eigl<br />

am 22. 8. 1945 nicht mehr zum Tra gen.<br />

Ohne den Lan des haupt mann war die<br />

Be ru fung des Bei ra tes nicht mög lich.<br />

Parteien endlich legalisiert<br />

In den nächs ten Ta gen und Wo chen<br />

über stürz ten sich die Er eig nis se. Am<br />

11. Sep tem ber 1945 hat te der Al li ier te<br />

Rat in Wien un ter an de rem den be ste -<br />

hen den an ti fa schis ti schen de mo kra ti -<br />

schen Parteien Österreichs gestattet,<br />

ihre Tä tig keit in ganz Ös ter reich aus zu -<br />

üben.<br />

Dazu erließ die amerikanische Militärregierung<br />

den allgemeinen Befehl N<br />

3 vom 19. Sep tem ber 1945, der die Tä -<br />

tigkeit der demokratischen Parteien er -<br />

laub te.<br />

Die Lan des lei tung der KP Ober ös -<br />

ter reich hat te so fort nach dem Zu sam -<br />

men bruch des NS-Re gimes (das heißt<br />

sie hat te sich we der in der Zeit des Fa -<br />

schis mus noch in der Zeit des Na tio nal -<br />

so zia lis mus ab brin gen las sen, ihre Tä -<br />

tig kei ten fort zu set zen trotz der gro ßen<br />

Ge fah ren) so fort un ge ach tet des Ver bo -<br />

tes in er höh tem Maße fort ge setzt, in den<br />

Be trie ben, den Ge mein den und Städ ten<br />

und in den Be zir ken. In der vor lie gen -<br />

den Ar beit über <strong>Franz</strong> Hai der wer den<br />

Zu sam men künf te, Be triebs ar bei ter kon -<br />

fer en zen usw. angeführt.<br />

Es wur de so fort am 1. Juni 1945 eine<br />

illegale Tageszeitung „Österreichische<br />

Nachrichten“ herausgebracht. Trotz eif -<br />

ri gen Su chens (Haus su chun gen) durch<br />

CIC wur de der Her stel lungs ort nicht<br />

ge fun den.<br />

An der ers ten Län der kon fe renz, die<br />

vom 24. bis 27. Sep tem ber in Wien tag -<br />

te, nah men un ter an de rem <strong>Franz</strong> Hai -<br />

der, Kam me rer Fritz, Pe trak Wil li teil,<br />

die auch in der Kom mis si on mit ar bei te -<br />

ten. Dort wur de im We sent li chen die<br />

An er ken nung der pro vi so ri schen<br />

Staatsregierung als die Voraussetzung<br />

für eine ein heit li che Ver wal tung und<br />

die ra sches te Durch füh rung von Wah -<br />

len als die wich tigs te gesehen.<br />

Die zweite Länderkonferenz<br />

An der 2. Län der kon fe renz, die vom<br />

9. bis 11. Ok to ber in Wien tag te, war<br />

<strong>Franz</strong> Hai der wie der mit an de ren sei ner<br />

Parteifreunde dabei.<br />

Diese Konferenz beschäftigte sich<br />

vor wie gend mit den Vor be rei tun gen<br />

des Na tio nal rats und den Land tags wah -<br />

len sowie inwieweit die ehemaligen Na -<br />

tio nal so zia lis ten sich an den Wah len<br />

be tei li gen dür fen.<br />

Auf grund der Zu las sung der po li ti -<br />

schen Par tei en am 19. Sep tem ber (in<br />

der Ami zo ne Ober oster reich-Sow jet -<br />

union wa ren die se be reits seit dem April<br />

1945 erlaubt), richtete Staatskanzler Dr.<br />

Ren ner in ei nem Schrei ben vom 5. Ok -<br />

to ber 1945 die Wei sun gen über die Be -<br />

stel lung ei ner Lan des re gie rung nach<br />

den Be stim mun gen der pro vi so ri schen<br />

Ver fas sung an den Lan des haupt manns -<br />

tellvertreter von Oberösterreich. Die<br />

zah len mä ßi ge Zu sam men set zung der<br />

Mitglieder soll proportional der Stärke<br />

der Par tei en vor ge nom men wer den.<br />

Unter anderem gab es Gespräche mit<br />

den Ver tre tern der Mi li tär re gie rung, die<br />

am 26. 10. 1945 die of fi ziel le Er laub nis<br />

zur Bestellung einer demokratischen<br />

Landesregierung gab.<br />

An die Spit ze der Lan des re gie rung<br />

wur de Dr. Hein rich Glei ß ner (ÖVP) be -<br />

ru fen. Als Lan des haupt manns tell ver tre -<br />

ter wur de Dr. <strong>Franz</strong> Lo ren zo ni (ÖVP),<br />

Lud wig Ber na schek (SPÖ), und <strong>Franz</strong><br />

Hai der (KPÖ), dazu drei Lan des rä te der<br />

ÖVP und zwei der SPÖ be stellt. Die<br />

Zu sam men set zung war 5:3:1. Sie he<br />

Stel lung nah men der KP in der Neu en<br />

Zeit und an de ren ober ös ter rei chi schen<br />

Zei tun gen, die an schlie ßend bei ge ge -<br />

ben sind.<br />

Am 29. Ok to ber wur de die fei er li che<br />

Ein set zung der neu en Lan des re gie rung<br />

durch die amerikanische Militärregierung<br />

vor ge nom men.<br />

Am 30. Ok to ber hielt die Lan des re -<br />

gie rung ihre ers te Sit zung ab. Sie be -<br />

schlos sen, für die vol le Ein heit des Lan -<br />

des sich ein zu set zen, den Ab bau der<br />

De mar ka tions li nie an zu stre ben und<br />

durch all ge mei ne Wah len eine vom<br />

Volk be stell te Lan des re gie rung zu<br />

schaf fen. <strong>Franz</strong> Hai der wur de das Re fe -<br />

rat für Woh nungs- und Sied lungs we -<br />

sen, allgemeine Fürsorge etc. übertra -<br />

Feier des 50. Geburtstages von <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong> mit zahlreichen KommunistIn -<br />

nen aus Ober ös ter reich und Süd böh men am Bahn hof Bud weis im Jah re 1957.


Seite 18<br />

gen.<br />

Die se Auf ga be nahm <strong>Franz</strong> Hai der<br />

sehr ernst wie alle Auf ga ben, die er in<br />

sei nem Le ben über nom men hat te. Es<br />

klingt wie eine Anek do te: „Es war<br />

schon spät in der Nacht, die Lich ter in<br />

al len Fens tern wa ren bis auf ei nes er lo -<br />

schen, der Nacht por tier dach te, dass da<br />

je mand das Licht nicht ab ge dreht hat te.<br />

Als er die sen Raum be trat, sah er zu sei -<br />

nem gro ßen Ers tau nen, dass dort vor<br />

ihm ein Berg von Ak ten lag. Da vor sass<br />

der Lan des haupt manns tell ver tre ter<br />

<strong>Franz</strong> Hai der und ar bei te te. Das war<br />

<strong>Franz</strong> Hai der wie immer.<br />

Schicksalwahl 1945<br />

Am 9. No vem ber 1930 wa ren die<br />

letzten Landtagswahlen vor der faschis -<br />

ti schen und na tio nal so zia lis ti schen Pe -<br />

ri ode. Am 25. No vem ber 1945 wur de in<br />

Ober ös ter reich nach 15 Jah ren wie der<br />

gewählt (Nationalrats-, Bundesratsund<br />

Land tags wah len).<br />

Es waren demokratische Wahlen, die<br />

KP wur de bei ih rer Wahl wer bung von<br />

der Ami-Wehrmacht behindert. Nach<br />

die sen de mo kra ti schen Wah len in<br />

Ober ös ter reich wur de das Land Ober -<br />

österreich in fünf Wahlkreise eingeteilt.<br />

Die KP Ober ös ter reich hat bei die ser<br />

Wahl 12.391 Stim men be kom men, das<br />

wa ren 2,8 Pro zent. Es wa ren 48 Man da -<br />

te zu vergeben. Wäre Oberösterreich<br />

ein Wahl kreis ge we sen, wäre die KP<br />

mit einem gut gesicherten Mandat im<br />

Landtag vertreten gewesen. Ja, wenn es<br />

nicht eine be stimm te Demokratie gäbe.<br />

Am 13. De zem ber 1945 trat der ge -<br />

wähl te Land tag zu sei ner ers ten Sit zung<br />

der 16. Gesetzgebungszeit zusammen.<br />

Lan des haupt mann Dr. Glei ß ner führ te<br />

in sei ner Er öff nungs re de un ter an de rem<br />

aus:<br />

„Ich habe aber auch die Fest stel lung<br />

zu machen, dass die oberösterreichische<br />

Be völ ke rung selbst, ihre Ver tre ter in<br />

der bis her igen Lan des re gie rung und die<br />

Beamtenschaft eine Arbeitsfreudigkeit<br />

an den Tag leg ten, die von dem wie der -<br />

erwachten Lebenswillen Österreichs<br />

Zeug nis ab legt. Ich dan ke dem aus der<br />

Lan des re gie rung schei den den Lan des -<br />

hauptmannstellvertreter <strong>Haider</strong> für seine<br />

ehrliche gewissenhafte Mitarbeit in<br />

der Landesregierung ...“<br />

Quelle:<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>…<br />

<strong>Franz</strong> Hai der am Lan des par tei tag im Fe bru ar 1946:<br />

„Auf dem Weg nach vorwärts…“<br />

In ei ner aus führ li chen Grund satz -<br />

rede umriss der damalige KPÖ-Lan -<br />

des ob mann <strong>Franz</strong> Hai der beim 1.<br />

(auch als 13. be zeich ne ten) Lan des -<br />

parteitag der KPÖ-Oberösterreich<br />

am 23. Fe bru ar 1946 die Ent wic -<br />

klung, die 1938 zum Un ter gang Ös -<br />

terreichs als selbständiger Staat ge -<br />

führt hat te und den brei ten Wi der -<br />

stand der KPÖ ge gen die Hit ler dik -<br />

ta tur.<br />

Im zwei ten Teil die ser Rede ging<br />

Hai der auf die Ent wic klung nach der<br />

Be frei ung im Mai 1945 so wie die Si tua -<br />

ti on und Rol le der KPÖ in der Grün -<br />

dungs pha se der zwei ten Re pub lik ein.<br />

Nach ste hend ein Aus zug über die Pha se<br />

von der Be frei ung bis nach der No vem -<br />

ber wahl:<br />

”In Ober do nau wird ge stan den und<br />

ge kämpft", hat te Ei gru ber noch ver kün -<br />

det, als er selbst schon längst in die Ber -<br />

ge ge flo hen war. Die Ver bre cher woll -<br />

ten, dass ihre Op fer nicht über leb ten.<br />

Ta ge lang don ner ten die Ka no nen auf<br />

Linz. Nur der to ta len Auf lö sung des<br />

„totalen Staates" nebst dem Eingreifen<br />

we ni ger be herz ter Män ner ist es zu ver -<br />

dan ken, dass die Dör fer und Städ te<br />

Ober ös ter reichs nicht völ lig zer stört<br />

wur den. Ös ter reich aber hat te nicht die<br />

Kraft ge habt, sich selbst zu be frei en;<br />

wir wur den von au ßen be freit.<br />

Der faschistische Machtapparat war<br />

zu sam men ge bro chen, doch die Pfei ler<br />

der neu en Ord nung fehl ten. Die Ver tre -<br />

ter der neu en Par tei en über ga ben der<br />

Be sat zungs macht die Schlüs sel von<br />

Stadt und Land. So fort aber wur de jede<br />

po li ti sche Be we gung ver bo ten. Nur<br />

klei ne Scha ren un se rer Ge nos sen ver -<br />

such ten, eine Or ga ni sa ti on zu bil den.<br />

Stärker waren diese Organisationen in<br />

Steyr, Bad IschI, Wels, Ried und Goi -<br />

sern.<br />

Aber wirkliche Organe einer ak -<br />

tions fä hi gen Ar bei ter klas se fehl ten.<br />

Eine un ge heu re Um wäl zung hat te sich<br />

voll zo gen, aber es war eine Um wäl zung<br />

ohne Re vo lu ti on … So war die Ar bei -<br />

ter klas se in ei nem un vor stell ba ren Aus -<br />

ma ße ato mi siert und ak tions un fä hig.<br />

Es ging um Le ben und Ar beit. Im<br />

Heiz haus wur den Werk zeu ge und Ma -<br />

schi nen Tag und Nacht be wacht. Kaum<br />

ein Dut zend Lo ko mo ti ven wa ren be -<br />

triebs fä hig. Die Stadt hun ger te.<br />

Zwangs ar bei ter und Ge fan ge ne ver -<br />

lang ten stür misch die Rüc kbe för de -<br />

rung.<br />

Da mals sam mel ten sich die ak tivsten<br />

Kämp fer für die de mo kra ti sche Er neue -<br />

rung aus al len Par tei en, durch die In itia -<br />

ti ve un se rer Ge nos sen, in der KZ-Ver -<br />

ei ni gung. Sie war ein ers ter Ver such,<br />

die Legalität zu erzwingen. Immer mehr<br />

wuch sen un se re Sor gen und un se re An -<br />

stren gun gen. Hun der te KZler woll ten<br />

heim nach Wien, Niederösterreich,<br />

Stei er mark. Aus den Lin zer Ei sen- und<br />

Stahl wer ken ka men die Män ner um Rat<br />

und Hil fe, da mit die Ar beit in dem gro -<br />

ßen Be trie be wie der neu or ga ni siert<br />

wer de. Da ne ben wur de im mer dring li -<br />

cher der Kampf um die Li qui die rung<br />

des Na tio nal so zia lis mus, der Kampf ge -<br />

gen Sa bo ta ge der Kriegs ver bre cher, die<br />

alle noch ihre lei ten den Pos ten in ne hat -<br />

ten.<br />

Wenn ich an die Tage zu rüc kden ke,<br />

als der Ring der Frei heit um Linz auf<br />

sechs Ki lo me ter be grenzt war, wie nie -<br />

mand ohne ei nem Aus weis der Mi li tär -<br />

re gie rung die Fahrt zur ers ten Kon fe -<br />

renz der oberösterreichischen Freiheits -<br />

be we gung nach Ried wa gen woll te und<br />

die Stim mung dort ei ner klei nen Re vo -<br />

lution glich, wie damals alle demokrati -<br />

schen Kräfte unseres Landes darum<br />

kämpften, dass die Beamten-Regierung<br />

in eine de mo kra ti sche Lan des re gie rung<br />

um ge wan delt wer de, so weiß ich, wie<br />

je der von uns da mals kämp fen muss te,<br />

um we nigs tens den Schat ten ei ner le ga -<br />

len Po si ti on zu er rei chen.<br />

Der Oberkommandierende der ameri<br />

ka ni schen Streit kräf te in Ober ös ter -<br />

reich, Co lo nel Snook, er klär te da mals<br />

den Ver tre tern der Frei heits be we gung:<br />

„Ich weiß, es gibt in Ös ter reich noch<br />

kei ne De mo kra tie, es gibt nur eine in di -<br />

viduelle Freiheit, und als Österreicher<br />

kön nen Sie mit ar bei ten."<br />

Dies war die Lage. Die ÖVP hielt<br />

sich an die Po si ti on in der Lan des haupt -<br />

mann schaft, die SPÖ wahr te ihre Stel -<br />

lung in der Ge mein de, wir aber muss ten<br />

uns neue Waf fen schmie den. Wir ga ben<br />

eine illegale Zeitung heraus. Die „Ös -<br />

terreichischen Nachrichten", schlicht<br />

und ein fach ab ge zo gen, ga ben un se ren<br />

Ge nos sen in den Be trie ben Rat und Hil -<br />

fe und wur den zum schar fen Schwert<br />

ge gen die Sa bo teu re der De mo kra tie<br />

und die Fein de des Vol kes. Die Zei tung<br />

hing am schwar zen Brett der Lin zer Ei -<br />

sen wer ke und gab den ent schei den den<br />

Ans toß, dass die Kriegs ver bre cher von<br />

ih ren Di rek tions-Ses seln ins Nazi-La -<br />

ger nach Gla sen bach ka men.<br />

Die Par tei be sitzt nur ei nen Raum in<br />

der Beth le hem stra ße 7, aber sie wächst.<br />

An fangs Juni fin det eine Be triebs ar bei -


ter-Kon fe renz mit 80 Ver trau ens män -<br />

nern aus al len Lin zer Be trie ben statt.<br />

Ver bin dungs ko mi tees der drei de mo -<br />

kratischen Parteien entstehen auf unsere<br />

Initiative, zerfallen wieder, werden neu<br />

geschaffen. Ein Partei-Ausschuss an<br />

der Seite der Militärregierung wird ge -<br />

plant, tritt je doch erst mit der Le ga li tät<br />

der Par tei en in Ak ti on. Zwi schen So -<br />

zial de mo kra ten und Kom mu nis ten bil -<br />

den sich die so ge nann ten Ein heits par -<br />

tei en. Man strei tet um Na men und Pro -<br />

gramm, doch wirk li che, prak ti sche Auf -<br />

bauarbeit wird wenig geleistet.<br />

Schließ lich wur de auch Linz selbst<br />

vom schar fen Mes ser der De mar ka -<br />

tionslinie zerschnitten. Das stellte die<br />

Partei vor neue Schwierigkeiten. Da -<br />

mals schuf eine un ver ant wort li che Flüs -<br />

ter pro pa gan da eine Pa nik stim mung und<br />

eine Zeit des In ter reg nums nörd lich der<br />

Do nau. Die kom mu nis ti sche Par tei ist<br />

es, die mit al len Mit teln um die Ord -<br />

nung kämpft. Die „Ös ter rei chi schen<br />

Nachrichten" verlegen ihren Sitz nach<br />

Ur fahr. Ein be waff ne ter Selbst schutz<br />

ge gen plün dern de Aus län der wird auf -<br />

ge stellt und ar bei tet mit den schwa chen<br />

Polizeikräften zusammen. Nach dem<br />

Vor bild der Wie ner Re gie rung wird auf<br />

Grund von Par tei ver ein ba run gen eine<br />

neue Zivilverwaltung gebildet.<br />

Ohne Er fah rung über neh men un se re<br />

Ge nos sen die schwie ri gen Ress orts der<br />

Er näh rung und Für sor ge, sie ar bei ten<br />

ver ant wort lich in der Wirt schaft und in<br />

der Ge mein de. Rasch er holt sich, dank<br />

der Ar beit un se rer Par tei, das Le ben im<br />

Mühlviertel wieder. Ein neues Theater<br />

wird er öff net, das Kino kann wie der<br />

spie len, die Kin der hei me und In va li -<br />

den-Er ho lungs stät ten be gin nen ihre se -<br />

gensreiche Tätigkeit.<br />

Endlich werden die Parteien erlaubt.<br />

Die erste Landeskonferenz unserer Par -<br />

tei, die im gro ßen Rat haus-Saal statt fin -<br />

det, spie gelt un se ren Kampf und un se -<br />

ren Op fer wil len. Al ter Kampf geist paart<br />

sich mit neu en Men schen. So wol len<br />

wir an die Lö sung der neu en Auf ga ben<br />

ge hen.<br />

Endlich mussten die Mitglieder der<br />

Be am ten-Re gie rung, von de nen die<br />

Hälfte mitsamt dem Landeshauptmann<br />

bereits verhaftet war, abtreten. Auf<br />

Grund der Par tei en ver ein ba rung wur de<br />

eine neue Lan des re gie rung ge bil det.<br />

Zum ers ten Mal zieht ein Kom mu nist in<br />

die oberösterreichische Landesregie -<br />

rung ein.<br />

Ein wei te rer Schritt vor wärts ist die<br />

Bewilligung unserer Parteipresse. Die<br />

„Neue Zeit" wird zum wich tigs ten In -<br />

strument unseres Kampfes, zum wert -<br />

voll sten Hel fer beim Auf bau un se rer<br />

Par tei. So zieht un se re Par tei in den<br />

Wahl kampf.<br />

Der Charakter dieser Wahlen spielt<br />

bei der Be ur tei lung des Wahl er geb nis -<br />

ses die grö ß te Rol le. Die Par tei war or -<br />

ga ni sa to risch nicht ge nug ge fes tigt, um<br />

alle Möglichkeiten einer Wahl auszu -<br />

schöp fen. Fa schis ten und Re ak tio nä re<br />

ta ten sich zu sam men, um eine wüs te<br />

Het ze ge gen die Rote Ar mee zu ent fa -<br />

chen. Den noch wis sen wir, dass im gro -<br />

ßen Krieg der Geis ter um die Neu ord -<br />

nung der Welt eine Wahl schlacht kein<br />

Endsieg ist.<br />

Vor drei zehn Jah ren war un se re Par -<br />

tei klein und un be deu tend, we ni ge spür -<br />

ten ihre mo ra li sche und geis ti ge Kraft.<br />

Dreizehn Jahre Faschismus, sieben Jah -<br />

re schlimms te Bar ba rei und sechs Jah re<br />

Krieg, die se gan ze Zeit ei ner scho -<br />

nungs lo sen Ver fol gung un se rer Ge nos -<br />

sen hat uns ge ra de hier in Ober ös ter -<br />

reich wertvollstes Blut gekostet. Dieses<br />

Blut fehl te im neu en Kampf. Und in fol -<br />

ge ei ner Jahr zehn te lan gen ver lo ge nen<br />

Pro pa gan da konn ten nur die Mu tigs ten<br />

und die Kühns ten, die wirk lich Su chen -<br />

den und die ehr lich Rin gen den in die ser<br />

Zeit den Weg zu un se rer Partei und zu<br />

unseren Idealen finden.<br />

So be deu te ten die Wah len für uns le -<br />

diglich einen zeitlichen Abschnitt. Erst<br />

nach den Wah len be gann die Par tei<br />

rich tig zu wach sen. Die Haupt schwä -<br />

chen auf po li ti schem Ge biet wur den<br />

über wun den. Die or ga ni sa to ri sche und<br />

ideo lo gi sche Fes ti gung der Par tei wur -<br />

de ver stärkt. So ge hen wir an die neu en<br />

Auf ga ben he ran. Ös ter reich muss den<br />

An schluss fin den an die fort schritt li che -<br />

re Ent wic klung der eu ro päi schen<br />

Staaten.<br />

Ver glei chen wir die Ent wic klung in<br />

der CSR, in Ju go sla wien, in Bul ga rien,<br />

so se hen wir, wie sich eine voll kom men<br />

neue po li ti sche und wirt schaft li che<br />

Ord nung stür misch ent fal tet. Die se<br />

Völ ker ha ben sich im Feu er des an ti fa -<br />

schistischen Kampfes eine fortschrittli -<br />

che, wahr haft de mo kra ti sche, volks ver -<br />

bun de ne Exe ku ti ve ge schaf fen.<br />

In Ös ter reich aber, das nicht die<br />

Kraft hat te, sie selbst zu be frei en, ver su -<br />

chen immer noch reaktionäre Kräfte mit<br />

dem geis ti gen Rüst zeug der Ver gan gen -<br />

heit ihre Macht zu fes ti gen und aus zu -<br />

bau en, ei nen Sturm bock zu schaf fen ge -<br />

gen die fort schritt li che Ent wic klung un -<br />

seres Landes.<br />

Aber je dem sei es ge sagt: Wer eine<br />

fortschrittliche Entwicklung will, wer<br />

ei nen fried li chen und de mo kra ti schen<br />

Weg will, muss mit uns für eine de mo -<br />

kra ti sche, fort schritt li che, volks ver bun -<br />

de ne Exe ku ti ve und Be am ten schaft<br />

kämp fen, um eine Exe ku ti ve, die völ lig<br />

ge rei nigt ist von Ver tre tern an ti de mo -<br />

kratischer, faschistischer Tendenzen.<br />

Soll denn die De mo kra tie nichts als<br />

eine For ma li tät sein? Für die An hän ger<br />

der Pro porz-De mo kra tie be deu tet sie<br />

Seite 19<br />

frei lich nicht mehr als ein Re chen exem -<br />

pel. Wir aber glau ben nicht an die<br />

Wahl-Arith me tik, son dern an die neu en<br />

For men.<br />

Be deu te ten über 12.000 Kom mu nis -<br />

ten-Stim men im Lan de nichts für die<br />

Mit wir kung am Wie der auf bau? Ha ben<br />

die se 12.000 Stim men ge ra de in<br />

schwers ter Zeit kein Recht auf Ver tre -<br />

tung? Sol len wie der die al ten, star ren<br />

For men ei ner Wahl ord nung gel ten oder<br />

die hö he re Not wen dig keit des le ben di -<br />

gen Le bens?<br />

Nur die Kon zen tra ti on al ler de mo -<br />

kratischen, aller aufbauwilligen Kräfte<br />

wird Wirt schaft und Le ben Ös ter reich<br />

wie der er heb lich in Schwung brin gen.<br />

Die gro ßen Wer ke un se res Lan des, die<br />

Ei sen- und Stahl wer ke von Linz, die<br />

Steyr-Wer ke, die gewaltigen Werke der<br />

che mi schen In du strie in Linz, die Wer -<br />

ke in Eben see, in Len zing, die Ni be lun -<br />

gen-Wer ke, die zahl rei chen Pro duk -<br />

tionsstellen unserer Energiewirtschaft,<br />

ver lan gen end lich nach ei ner küh nen<br />

Pla nung. Aus die sen gi gan ti schen Rüst -<br />

kam mern der Kriegs in du strie sol len<br />

macht vol le Werkstätten des Friedens<br />

entstehen.<br />

Und so ist uns al len klar wie Kris tall:<br />

Nur das Volk selbst kann der Be sit zer<br />

die ser Wer ke sein. Das ist die ein zi ge<br />

Garantie, dass alle diese Maschinen<br />

nicht für den Krieg und für das Mo no -<br />

pol ka pi tal, son dern für Frie den und<br />

Volk pro du zie ren wer den. Ge nos sen,<br />

wir ste hen in die sem Kampf al lein.<br />

Aber wir fra gen nicht da nach, wir fra -<br />

gen auch nicht nach West und Ost. Wir<br />

fra gen nach Ober ös ter reich, wir fra gen,<br />

was brau chen un se re Ar bei ter, un se re<br />

Bau ern, was braucht un ser Volk.<br />

Die Rohstof fe, die wir brau chen, den<br />

Ab satz, den wir ver lan gen, kön nen uns<br />

vor al lem un se re süd öst li chen und öst li -<br />

chen Nach barn bie ten. Die Wirt schaft<br />

der Sow jet-Union kann uns eine gro ße<br />

Hil fe sein. Aber eben so wie wir er ken -<br />

nen müs sen, wo die ech ten Part ner un -<br />

se rer Wirt schaft sind, müs sen wir uns<br />

auch auf unsere eigenen Kräfte besin -<br />

nen, nicht ewig war ten oder spe ku lie ren<br />

auf die Hil fe von drau ßen; das ist der<br />

reale Ausweg für unsere Wirtschaft, das<br />

ist der Weg des Wie der auf bau es.<br />

Die gan ze Welt er kennt heu te an,<br />

dass die Sow jet-Union eine Frie dens -<br />

macht ist. So le sen wir in ei nem Ar ti kel<br />

von Wil li am Man del in „The New Re -<br />

pub lic", den der Lin zer „Welt spie gel"<br />

zitiert: „Von russischer Seite unter dem<br />

heutigen System besteht keinerlei Ge -<br />

fahr ei nes An griffs krie ges. Russ land<br />

be sitzt alle die Rohstof fe, die es<br />

braucht, und ist be reit, uns al les, was<br />

wir brau chen, im Tau schweg, zu lie -<br />

fern. Das rus si sche Sys tem, die Er hö -<br />

hung der Kauf kraft im Ver hält nis zur


Seite 20<br />

Er hö hung der Er zeu gung, lie fert ei nen<br />

dau ernd auf nah me fä hi gen in ne ren<br />

Markt. Russ land tä tigt nur Aus lands -<br />

ver käu fe, die für die Ein hal tung sei nes<br />

Pro duk tions pla nes not wen dig sind oder<br />

um Ein käu fe aus zu glei chen. Aus die -<br />

sem Grun de kennt die Sow jet-Union<br />

kei nen im per ia lis ti schen Drang nach<br />

Aus lands märk ten. Das rus si sche Sys -<br />

tem schafft kein über flüs si ges Ka pi tal,<br />

das schließlich mangels ertragreicher<br />

In ves ti tions mög lich kei ten ge zwun gen<br />

wäre, auszuwandern. Aus diesem<br />

Grund braucht die Sowjet-Union weder<br />

Kolonien noch Einflusszonen, sie<br />

braucht lediglich Sicherheit.“<br />

Das müs sen die po li ti schen Er wä -<br />

gun gen sein, die für Ös ter reich maß -<br />

geb lich sind: Die Freund schaft al ler de -<br />

mo kra ti schen Völ ker zu ge win nen, die<br />

Freund schaft je nes Vol kes vor al lem,<br />

das durch sei ne Op fer, durch sei nen<br />

Hel den mut den bar ba ri schen Fa schis -<br />

mus zu Bo den zwang. Das wäre Ös ter -<br />

reichs wirk li che Freund schafts po li tik<br />

an Stel le der ver stärk ten Het ze, die heu -<br />

te um kurzsichtige Parteiinteressen wil -<br />

len die wahren Interessen des österrei -<br />

chi schen Volkes gefährdet.<br />

Wenn wir so die wich ti gen Pro ble me<br />

unseres Lande betrachten, müssen wir<br />

fest stel len: Auf dem Weg nach vor -<br />

wärts ge hen wir Kom mu nis ten al lein.<br />

Diese Tatsache macht unseren Weg<br />

zwar schwie rig, soll aber un se re Her zen<br />

nur noch mu ti ger ma chen. Dar um ap -<br />

pel lie re ich an die Ge nos sen des Par tei -<br />

ta ges: Die ser Par tei tag muss uns die<br />

Mit tel ge ben, den Weg in die Zu kunft<br />

nun auch wirk lich zu be schrei ten.<br />

Quelle:<br />

Um Ober ös ter reich. Der 13. ober ös -<br />

terreichische Landesparteitag der KPÖ,<br />

Ver lag Neue Zeit, 1946<br />

<strong>Franz</strong> Hai der und die „Neue Zeit“ in Linz<br />

Im Visier der<br />

US-Besatzungsbehörde<br />

Ganz an ders wur de bei ei nem<br />

Verstoß der kommunistischen Ta -<br />

ges zei tung in Linz ge gen die US-Mi -<br />

li tär vor schrif ten vor ge gan gen. Re -<br />

dak teur <strong>Franz</strong> Hai der zi tier te in ei -<br />

nem Ar ti kel vom 20. Mai 1946, „Lin -<br />

zer Polizeisäuberung“, den amerika -<br />

ni schen Ober leut nant Eu ge ne S.<br />

Ryan, der an geb lich be haup tet hat te,<br />

dass der Polizeireservist Josef Leher<br />

von dem Linzer Polizeidirektor<br />

Brückner unter anderem deswegen<br />

ent las sen wur de, weil er Mit glied der<br />

KPÖ war.<br />

Brüc kner selbst be stritt den Vor wurf,<br />

da die Ent las sung von Po li zei re ser vi -<br />

sten einem Erlass des Bundesministeri -<br />

ums für In ne res ent sprach: Le her hät te<br />

als gelernter Schuhmacher einen Beruf<br />

und au ßer dem wäre er zu alt ge we sen<br />

(44 Jah re). Auch Ryan und der Dol met -<br />

scher be strit ten die se Aus sa ge, und Hai -<br />

der gab schließ lich zu, Ryan falsch zi -<br />

tiert zu ha ben. Auf Grund la ge des Be -<br />

fehls 200, Art. II, Sec. 41 wur de er von<br />

einen einfachen Militärgericht zu zwei<br />

Mo na ten Ge fäng nis ver ur teilt.<br />

Erst nach Ver ur tei lung Hai ders<br />

schaltete der Militärkommandant für<br />

Ober ös ter reich, Oberst Lloyd M. Han -<br />

na, die IH 3 ein. Bis da hin hat te Han na<br />

die Vor un ter su chung selbst ge lei tet. Im<br />

Laufe der „militärischen“ Beweisauf -<br />

nah me war ein Ter min zur Ein ver nah -<br />

me des He raus ge bers und In ha bers des<br />

Permits, Hans Kerschbaumer, verein -<br />

bart wor den. Kersch bau mer kam aber<br />

nicht - wie ver spro chen um 11 Uhr,<br />

son dern erst um 15 Uhr. Trotz Auf for -<br />

de rung von Oberst Han na ent schul dig te<br />

er sich auch nicht für sei ne Un höf lich -<br />

keit in der Neu en Zeit.<br />

Die Entlassung Kerschbaumers<br />

Aus die sem Grund wur de am 21.<br />

Juni 1946 vom Pub li ca tions Board die<br />

so for ti ge Ent las sung Kersch bau mers<br />

aus ge spro chen; die Ver let zung pres se -<br />

rechtlicher Vorschriften spielte bei der<br />

Ur teils be grün dung kei ne Rol le. An -<br />

schei nend hat te Han na ei nen Vor wand<br />

ge sucht, Kersch bau mer zu ent las sen; ob<br />

aus ei nem la ten ten An ti kom mu nis mus<br />

he raus oder aus Grün den ob rig keit li -<br />

chen Machtanspruches der amerikani -<br />

schen Be sat zungs macht ist nicht ein -<br />

deutig verifizierbar. Die entsprechen -<br />

den Ak ten in hal te deu ten aber da rauf<br />

hin, dass Kersch bau mer vor al lem we -<br />

gen der Ver let zung der Be sat zungs au to -<br />

ri tät ge hen muss te und nicht weil er<br />

Kom mu nist war. Im Fall des So zia lis ten<br />

Ober hum mers hat te sich der ver ant -<br />

wort li che He raus ge ber wäh rend der<br />

gan zen Un ter su chung un ter wür fig ver -<br />

hal ten und „muss te“ da her auch nicht<br />

aus ge wech selt wer den. Aus ge hend von<br />

der prin zi piell - wenn auch nicht durch -<br />

ge hend - an ti kom mu nis ti schen Hal tung<br />

bei US-Mi li tärs seit 1946 kann an ge -<br />

nom men wer den, dass die Tat sa che,<br />

dass ein Kom mu nist von der Ent las sung<br />

be trof fen war, die Ent schei dung zu min -<br />

dest erleichtert hat<br />

Ver gleicht man die Er geb nis se um<br />

Pol lak und Hai der, so liegt der Schluss<br />

nahe, dass seit Mai/Juni 1946 auf die<br />

Durchsetzung presserechtlicher Bestim<br />

mun gen von der ame ri ka ni schen<br />

Be sat zungs macht, aber nicht von al len<br />

ISB-Of fi zie ren verzichtet wurde, wenn<br />

sich die Haupt stoß rich tung der pub li zis -<br />

tischen Aktivitäten des Beschuldigten<br />

ge gen die UdSSR und nur aus nahms -<br />

wei se ge gen die USA rich te te. Nicht<br />

mehr die 1945 pos tu lier te ge rech te Be -<br />

hand lung al ler Ver stö ße ge gen von den<br />

Alliierten gesetzte presserechtlichen<br />

Nor men war ober stes Ziel der US-Pres -<br />

se über wa chung, son dern die ein deu ti ge<br />

Be vor zu gung von Ein zel per so nen oder<br />

po li ti schen Grup pie run gen, die in ers ter<br />

Li nie Pro pa gan da ge gen die sow je ti -<br />

sche Be sat zungs macht und die KPÖ be -<br />

trieben, degradierte jene „Presseverfahren“<br />

zu Ali bi hand lun gen. Die se Ent -<br />

wic klung wur de auch von der ISB<br />

selbst als Ver stoß ge gen bis her durch -<br />

ge setz te Prin zi pien ver stan den, doch<br />

konn te sie sich als un ter ge ord ne tes Or -<br />

gan ge gen das ame ri ka ni sche Ober kom -<br />

man do nicht durch set zen.<br />

Antikommunistische<br />

Stoßrichtung<br />

Da her ist es kei nes wegs ver wun der -<br />

lich, dass ei ni ge Mo na te nach der Ver -<br />

ur tei lung Hai ders und der Nicht-Ver ur -<br />

teilung Pollaks der machtpolitisch motivier<br />

te Ver zicht auf Über wa chungs funk -<br />

tio nen ge gen über der ös ter rei chi schen<br />

Presse bereits als oberste Maxime der<br />

US-Po si ti on ge gen über Li zenz zei tun -<br />

gen re spek ti ve der übri gen Pres se ge -<br />

festigt war.<br />

An ders wäre es nicht zu er klä ren,<br />

dass der bis dato - aus ame ri ka ni scher<br />

Sicht - schärfste antiamerikanische Ar -<br />

ti kel über ras si sche Un gleich heit in den


USA kom men tar- und kon se quenz los<br />

zur Kennt nis ge nom men wur de. (Un se -<br />

re Welt, No vem ber 1946, S. 24 ff; der<br />

Verfasser beschäftigte sich vor allem<br />

mit der un aus ge wo ge nen so zia len<br />

Struk tur der USA, wo bei er be son ders<br />

die ras si sche Dis kri mi nie rung der Ita -<br />

liener als Beispiel herausarbeitete und<br />

auch nä her auf vor han de ne an ti se mi tis -<br />

tische Tendenzen einging. Im Dezember<br />

1946, S. 21 ff wur de der Grund ton<br />

der Artikelserie „Amerikanische Tatsachen“<br />

et was ge mä ßig ter, wenn auch die<br />

„Benachteiligung“ der Neger kritisiert<br />

wur de.)<br />

Der überaus kritisch gehaltene Bericht<br />

war in dem so zia lis ti schen Ju gend -<br />

magazin „Unsere Welt“ erschienen,<br />

wur de von den Ame ri ka nern aber nicht<br />

ein mal vor das Sub-Com mit tee for<br />

Press and En ter tain ment in der Al li ier -<br />

ten Kom mis si on ge bracht, wie es die<br />

ISB ge for dert hat te, um den treu es ten<br />

Ver bün de ten in der ideo lo gi schen und<br />

pro pa gan dis ti schen Kon fron ta ti on mit<br />

der Sow jet union, die SPÖ, nicht zu des -<br />

avou ie ren und da mit der kom mu nis ti -<br />

schen Propaganda Material für antiameri<br />

ka ni sche An grif fe zu lie fern. (In tern<br />

hat te aber die SPÖ wahr schein lich<br />

selbst Kon se quen zen ge setzt, denn nach<br />

der zwei ten Num mer im De zem ber<br />

1946 wur de das Ju gend ma ga zin „Un se -<br />

re Welt“ ein ge stellt.)<br />

Auslegung der Pressefreiheit<br />

Ungeklärt ist, ob der umstrittene<br />

Aufsatz von einem emigrierten Öster -<br />

rei cher ge schrie ben wur de, oder ob der<br />

ver ant wort li che Re dak teur der Aus ga -<br />

be, Pe ter Stras ser, wie er spä ter mit teil -<br />

te, den Ar ti kel ver fasst hat te. (NA-RG<br />

260/888/Fol der: Un se re Welt, La due an<br />

De pu ty US High Commissioner-Memo,<br />

17. Fe bru ar 1947. Ganz aus ge schlos sen<br />

ist es aber nicht, dass der in kri mi nier te<br />

Artikel von einem emigrierten Österrei -<br />

cher ge schrie ben wur de oder dass zu -<br />

min dest In for ma tio nen an Stras ser ge -<br />

lang ten, da er sehr eng mit dem US-Le -<br />

gal Of fi cer und So zia lis ten Dr. Jo sef T.<br />

Si son be freun det war.)<br />

Der totale Antikommunismus sollte<br />

bei vereinzelten kritischen Stimmen aus<br />

dem La ger der Ver bün de ten nicht auf -<br />

ge ge ben wer den und hat te 1946/1947<br />

absolute Priorität erlangt. In erster Linie<br />

wollte das amerikanische Oberkomman<br />

do in Ös ter reich den Kom mu nis -<br />

mus auf pro pa gan dis ti scher Ebe ne tref -<br />

fen, wann und wo im mer es mög lich<br />

war. Die sem Ziel muss ten sich die noch<br />

immer gültigen presserechtlichen Bestim<br />

mun gen, die die ISB an satz wei se<br />

durch zu set zen ver such te, un ter ord nen<br />

und wur den in der Pra xis für An ti kom -<br />

mu nis ten auf ge ho ben, so weit jene in<br />

das po li ti sche Kon zept der US-Be sat -<br />

zungs macht pass ten.<br />

In lo gi scher Kon se quenz stell te sich<br />

da her die Fra ge, ob die Be stim mun gen<br />

in der „Deklaration über die Pressefrei -<br />

heit in Ös ter reich“ von 1. Ok to ber 1945<br />

über haupt noch gel ten soll ten, oder ob<br />

sie nicht die an ti kom mu nis ti sche und<br />

an ti sow je ti sche Pro pa gan da hin der ten,<br />

da laut Ar ti kel 1 Abs. c die de mo kra ti -<br />

sche Pres se „von der Ver öf fent li chung<br />

böswilligen Materials abstehen soll,<br />

welches gegen die Besatzungsmächte<br />

oder eine der sel ben ge rich tet ist und den<br />

Zweck ver folgt, Zwie spalt zwi schen<br />

den Al li ier ten zu säen oder das Miss -<br />

trau en und die Feind schaft des ös ter rei -<br />

chi schen Vol kes ge gen die Be sat zungs -<br />

mäch te oder eine der sel ben oder ge gen<br />

die Trup pen in Ös ter reich zu er zeu gen“.<br />

Die se Form der kon trol lier ten Pres -<br />

sefreiheit, der de jure politische Neutra -<br />

li tät ver ord net wor den war - so weit sie<br />

die Interessen der Alliierten in Osterreich,<br />

aber auch im Aus land be traf -,<br />

stör te nicht nur Os car Pol lak, der das<br />

Privileg der Alliierten auf die Darstel -<br />

lung in ter al li ier ter Kon flik te un be dingt<br />

bre chen woll te, son dern auch den Lei ter<br />

der In tel li gen ce Coor di na ti on, Kretz -<br />

mann. Wäh rend Pol lak eine „Selbst be -<br />

auf sich ti gung“ der ös ter rei chi schen<br />

Pres se und eine da mit von den Al li ier -<br />

ten un ab hän gi ge Pres se frei heit an streb -<br />

te, woll te Kretz mann das De kret aus an -<br />

de ren Grün den „be sei ti gen“: Für ihn re -<br />

präsentierten die alliierten Pressevor -<br />

schrif ten in ers ter Li nie nicht eine Ein -<br />

schrän kung der Sou ver äni tät des „be -<br />

freiten“ Österreichs, sondern ein Hin -<br />

der nis auf dem Weg zu ei ner ef fek ti ve -<br />

ren, weil to ta len ideo lo gi schen Kriegs -<br />

füh rung ge gen die sow je ti sche Be sat -<br />

zungs macht.<br />

Beginnender "Kalter Krieg"<br />

Ar ti kel 1c des De krets vom 1. Ok to -<br />

ber 1945, das fast zur Gän ze auf ei nem<br />

ame ri ka ni schen Ent wurf ba sier te, hin -<br />

der te sei ner Auf fas sung nach noch zahl -<br />

rei che ÖVP- und SPÖ-nahe Zei tun gen,<br />

voll auf eine an ti kom mu nis ti sche und<br />

an ti sow je ti sche Li nie um zu schwen ken.<br />

Daher sollten Artikel in kommunisti -<br />

schen Pub li ka tio nen über Miss stän de,<br />

die durch US-Be sat zungs trup pen ver ur -<br />

sacht wor den wa ren, zum An lass ge -<br />

nom men wer den, um de ren Ver ur tei -<br />

lung im Al li ier ten Rat zu for dern.<br />

Da dies je doch die Sow jets mit ab so -<br />

lu ter Si cher heit eben so ab leh nen wür -<br />

den wie die Ame ri ka ner die For de rung<br />

der Sow jets nach Ent las sung Pol laks,<br />

soll te das De kret ge mein sam für nutz los<br />

er klärt und die Auf he bung der re strik ti -<br />

ven Be stim mun gen durch ge setzt wer -<br />

ten. Mit diesem raffinierten Schachzug<br />

soll te den Sow jets auf je den Fall ge -<br />

scha det wer den, denn ent we der stimm -<br />

Seite 21<br />

ten sie ei ner Auf he bung zu, was eine<br />

ver stärk te an ti sow je ti sche Pro pa gan da<br />

in den Print me dien der Koa li tions par -<br />

tei en zur Fol ge hät te, oder sie lehn ten<br />

den ame ri ka ni schen An trag, der pa the -<br />

tisch und schein bar de mo kra tisch-li be -<br />

ral for mu liert war, ab, was sie aber zum<br />

Gegner der Pressefreiheit stempelte.<br />

Der Vor schlag wur de wirk lich im Al li -<br />

ier ten Rat durch ge zo gen, doch stell ten<br />

sie nicht nur die völ lig per ple xen Sow -<br />

jets, son dern auch die Bri ten ge gen die<br />

US-Initiative.<br />

Es ist wich tig, dass der for mal ein -<br />

wand freie An trag der Ame ri ka ner auf<br />

Gewährung echter Pressefreiheit - unter<br />

.Beachtung der österreichischen Geset -<br />

ze - nicht als selbst lo ser Schritt zur Ver -<br />

wirk li chung ei ner de mo kra ti schen, plu -<br />

ra lis ti schen und un ab hän gi gen Pres se<br />

gedeutet werden darf. Diese scheinbare<br />

Pressefreiheit sollte mithelfen, die zu<br />

jenem Zeitpunkt verstärkt lancierten an -<br />

ti ame ri ka ni schen Ar ti kel durch an ti -<br />

sow je ti sche Be rich te in nicht-kom mu -<br />

nistischen österreichischen Parteizeitun<br />

gen zu kom pen sie ren.<br />

Wäh rend be reits 1945 der Be griff<br />

„Pressefreiheit“ durch alliierte Beschrän<br />

kun gen und eine an fangs - vor al -<br />

lem in der US-Besatzungszone Westös -<br />

ter reichs - ri go ros ge hand hab te Nach -<br />

zensur keineswegs österreichbezogen<br />

und un ab hän gig, son dern „un po li tisch<br />

von den Alliierten interpretiert worden<br />

war, so hat te auch 1947 der Ter mi nus<br />

nicht jene Be deu tung, die ihm heu te zu -<br />

kommt: Die österreichische Presse, die<br />

auf grund der da ma li gen Er fah run gen<br />

als groß teils pro-west lich und an ti kom -<br />

mu nis tisch ein ge ord net wer den konn te,<br />

sollte nicht von der alliierten Kontrolle<br />

be freit wer den, son dern zur Stär kung<br />

der an ti kom mu nis ti schen Pro pa gan da<br />

die nen. Die po li ti schen Ent wic klun gen<br />

hätten eine Neutralität österreichischer<br />

Print me dien, die auch heu te noch als re -<br />

la tiv und kei nes falls ab so lut an ge se hen<br />

wer den kann, bis 1955 nie mals zu ge las -<br />

sen.<br />

Steigerung antikommunistischer<br />

Propaganda<br />

1947 be ab sich tig ten die Ame ri ka ner<br />

die Auf he bung al ler pres se recht li chen<br />

Restriktionen nicht als logische Fortset -<br />

zung ih rer ree du ka tions po li ti schen<br />

Über le gun gen, die 1945 zur tem po rä ren<br />

Über wa chung der ös ter rei chi schen Zei -<br />

tun gen ge führt hat ten, son dern sie woll -<br />

ten Frei heit zur Stei ge rung der an ti kom -<br />

mu nis ti schen Pro pa gan da, denn die<br />

Mehr zahl der Print me dien war be reits<br />

prowestlich determiniert. Diese Prämis -<br />

se er mög lich te es auch der US-Besat -<br />

zungs macht, schein bar völ lig un ei gen -<br />

nüt zig eine Auf he bung der al li ier ten<br />

Kon trol le zu for dern. Zwar konn ten sie


Seite 22<br />

sich nicht durch set zen, da Bri ten und<br />

Sow jets den Vor schlag ab lehn ten, aber<br />

der US-Vor stoß im Al li ier ten Rat hat te<br />

schließ lich doch noch die von Kretz -<br />

mann ge wünsch te Sig nal Wir kung,<br />

weil da durch de fac to das De kret vom<br />

1. Ok to ber 1945 zum to ten Recht er -<br />

klärt wur de.<br />

Ob wohl die of fi ziel le Auf he bung der<br />

pres se recht li chen Be schrän kun gen erst<br />

im Juni 1955 er folg te, war der Ar ti kel<br />

1c in der Pra xis seit 1946/47 nicht mehr<br />

gültig, da eine interalliierte Einigung in<br />

den meis ten Ein zel fäl len nicht mehr er -<br />

zielt wer den konn te Poi lak hat te das<br />

von ihm be kämpf te Pri vi leg der Al li ier -<br />

ten ge bro chen und durf te mit in di rek ter<br />

Zu stim mung der Ame ri ka ner sei ne In -<br />

ter pre ta ti on von Pres se frei heit ver wirk -<br />

lichen.<br />

So be frem dend es klin gen mag, aber<br />

der Ver zicht der ISB auf Nach zen sur<br />

war durch ideo lo gi sche Nach jus tie rung<br />

auf to ta le an ti kom mu nis ti sche Pro pa -<br />

gan da be wirkt wor den und wur de nicht<br />

als weiterer Schritt zur antifaschisti -<br />

schen Um er zie hung und Neu ge stal tung<br />

der österreichischen Presse gesetzt.<br />

Quellen:<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>…<br />

Oliver Rathkolb, Politische Propa -<br />

ganda der amerikanischen Besatzungsmacht<br />

in Ös ter reich 1945 bis 1950. Ein<br />

Bei trag zur Ge schich te des Kal ten Krie -<br />

ges in der Pres se-, Kul tur- und Rund -<br />

funk po li tik, Dis ser ta ti on, Wien, 1981.<br />

Friedrich Hausjell, Österreichische<br />

Ta ges zei tungs jour na lis ten am Be ginn<br />

der Zwei ten Re pub lik (1945 - 1947).<br />

Eine kol lek tiv bio gra phi sche Ana ly se<br />

ih rer be ruf li chen und po li ti schen Her -<br />

kunft., Dis ser ta ti on, Salz burg, 1985<br />

In der Zi vil ver wal tung Mühl vier tel:<br />

Gespaltenes Oberösterreich<br />

<strong>Franz</strong> Hai der war vom 16. De -<br />

zem ber 1947 bis zum 27. Juli 1952<br />

im politischen Beirat der Zivil Ver -<br />

wal tung Mühl vier tel tä tig. Frau Ga -<br />

briele Hindringer berichtet in ihrer<br />

Ar beit „Das Kriegs en de und der<br />

Wiederaufbau demokratischer Ver -<br />

hältnisse in Oberösterreich im Jahre<br />

1945“ über die bevorstehende Beset -<br />

zung des gesamten Mühlviertels (von<br />

Freis tadt, Schwert berg bis an die<br />

bayrische Grenze).<br />

„Als sich an fangs Juli das Ge rücht<br />

verbreitete, es werde eine Änderung der<br />

Be sat zungs zo nen vor ge nom men bzw.<br />

das Mühl vier tel von der Ro ten Ar mee<br />

besetzt, löste diese Nachricht Schre -<br />

cken und Angst un ter der Be völ ke rung<br />

aus und hat te ei nen Flücht lings strom<br />

zur Fol ge, der sich vor al lem über Linz<br />

er goss. Un ter den ca. 900 Fa mi lien, die<br />

vor den Rus sen die Flucht er grif fen, be -<br />

fan den sich in der Haupt sa che Reichs -<br />

deutsche, ehemalige Parteigenossen,<br />

die von den Rus sen eine weit schlim me -<br />

re Be hand lung be fürch te ten.<br />

Verstärkt wurde diese Massenbewegung<br />

noch durch die Wei sung der ame -<br />

ri ka ni schen Mi li tär re gie rung an ihre<br />

Sol da ten, alle an Nord ufer der Do nau<br />

vor An ker lie gen den Schlepp schif fe so -<br />

fort nach Bay ern in die ame ri ka ni sche<br />

Zone zu brin gen. Alle ent behr li chen<br />

Wa gen der Mühl kreis bahn wur den<br />

nach Linz ge bracht, alle La ger häu ser<br />

geräumt, Saatgut, Vieh, Maschinen, ja<br />

so gar Stra ßen be leuch tung, kurz al les<br />

be weg li che Gut wur de von den ame ri -<br />

ka ni schen Trup pen ab trans por tiert.<br />

Änderung der Besatzungszonen<br />

Da sich die amerikanische Militärregie<br />

rung über die Vor gän ge in Schwei -<br />

gen hüll te und nicht be reit war, ein deu -<br />

ti ge Er klä run gen ab zu ge ben, ob wohl<br />

dies wesentlich zur allgemeinen Beru -<br />

hi gung bei ge tra gen hät te, wuch sen die<br />

im Um lauf be find li chen Ge rüch te so<br />

weit, dass man be fürch te te, die Rus sen<br />

wür den auch die Lan des haupt stadt Linz<br />

und weitere Teile von Oberösterreich<br />

be set zen. Nach dem Be richt des Sit -<br />

zungs pro to kolls des Lin zer Stadt ra tes<br />

vom 3. Juli 1945 er klär te Lan des haupt -<br />

mann Dr. Eigl so gar dem ame ri ka ni -<br />

schen Mi li tär kom man dan ten, dass er<br />

un ter den herr schen den Ver hält nis sen<br />

de mis sio nie ren wol le. Auch Bür ger -<br />

meis ter Dr. Ko ref be schloss, sich im<br />

Falle eines Rücktrittes des Landes -<br />

haupt mann die sem Schritt an zu schlie -<br />

ßen...“<br />

„Die se Än de rung der Be sat zungs zo -<br />

nen war auf Be trei ben der Rus sen<br />

durch ge führt wor den, die das ge sam te<br />

Mühl vier tel für sich be an spruch ten.<br />

Durch das Ab kom men „über die Be sat -<br />

zungs zo nen von Oster reich und die<br />

Ver wal tung der Stadt Wien“, wel ches<br />

am 9. Juli 1945 vom Be ra ten den Aus -<br />

schuss für eu ro päi sche An ge le gen hei -<br />

ten (EAC: Eu ro pe an Ad vi so ry Com -<br />

mis si on) un ter zeich net wor den war,<br />

wur den die De mar ka tions li nien neu<br />

fest ge legt. In die sem Ab kom men wur -<br />

den Nie der ös ter reich und der auf dem<br />

lin ken Do nau ufer ge le genen Teil von<br />

Ober ös ter reich so wie das Bur gen land<br />

zur rus si schen Be sat zungs zo ne er klärt,<br />

Salz burg und der rechts der Do nau ge -<br />

legene Teil von Oberösterreich (dieser<br />

in klu si ve des stei ri schen Aus seer Lan -<br />

des) zur ame ri ka ni schen, Ti rol und<br />

Vor arl berg zur fran zö si schen, Kärn ten,<br />

Ost ti rol und die Stei er mark zur bri ti -<br />

schen Zone. Die Stadt Wien wur de von<br />

den Streit kräf ten al ler vier Mäch te ge -<br />

meinsam besetzt ...“<br />

„Durch das Ab kom men am 9. Juli<br />

1945 er reich ten die Rus sen nun im Ver -<br />

hand lungs we ge die Aus deh nung ih rer<br />

Zone auf das gan ze Mühl vier tel, muss -<br />

ten da für aber die Oststei er mark räu -<br />

men, die der eng li schen Be sat zungs zo -<br />

ne zu ge schla gen wur de ...“<br />

Eigene Verwaltung für das<br />

Mühlviertel<br />

„Als im Juni zu erst nur ge rüch te wei -<br />

se eine rus si sche Be set zung des Mühl -<br />

vier tels be fürch tet wor den war, traf<br />

auch die pro vi so ri sche Lan des re gie rung<br />

Vor be rei tun gen und Maß nah men, da -<br />

mit im Be set zungs fal le eine für die Ver -<br />

wal tung des Mühl vier tels zu stän di ge<br />

Be hör de vor han den wäre, die für die<br />

Auf recht er haltung der Ord nung sor gen<br />

und die In ter es sen der Be völ ke rung der<br />

Besatzungsmacht gegenüber vertreten<br />

könn te. Frei lich konn ten die se Vor be -<br />

rei tun gen nur ein Pro vi so ri um be deu -<br />

ten, denn bei ei ner rus si schen Be set -<br />

zung war die pro vi so ri sche Staats re gie -<br />

rung in Wien aus schon be kann ten<br />

Grün den für das Mühl vier tel zu stän dig.<br />

Mit te Juni wur de der spä te re Staats -<br />

be auf trag te für das Mühl vier tel, Jo hann<br />

Blöchl, von sei nem Be sitz in Las berg<br />

über die De mar ka tions li nie nach Ur fahr<br />

ge schmug gelt, wo sich im Hau se der<br />

Fran zö si schen Schwes tern die füh ren -<br />

den Män ner der Par tei en zu ei ner Be -<br />

spre chung ein ge fun den hat ten und an


Blöchl mit der Bit te he ran tra ten, er<br />

möge sich für den Auf bau ei ner zi vi len<br />

Ver wal tung und für die Funk ti on ei nes<br />

Vor sit zen den zur Ver fü gung stel len ...“<br />

„In der ersten gemeinsamen Sitzung<br />

zwi schen der rus si schen Be sat zungs be -<br />

hör de und Her ren der Zi vil ver wal tung<br />

am 2. Au gust 1945 be stimm te der rus si -<br />

sche Stadt kom man dant von Ur fahr die<br />

Er rich tung fol gen der Ab tei lun gen in -<br />

ner halb der Ver wal tung: Land wirt -<br />

schaft, Ge sund heits we sen, Er näh rung,<br />

Ge rich te, Für sor ge, Wirt schaft und<br />

Ver kehr. Be son de ren Wert schie nen die<br />

Rus sen auf die Er rich tung ei nes um -<br />

fangreichen Polizeiapparates zu legen,<br />

denn der Stadt kom man dant ver füg te<br />

fer ner eine Ab tei lung für Staats po li zei,<br />

Gendarmerie, Kriminalpolizei und<br />

Geheime Polizei.<br />

Die Rus sen wa ren be strebt, eine von<br />

ih nen ab hän gi ge Lan des ver wal tung im<br />

Mühl vier tel zu er rich ten und jede Ein -<br />

fluss nah me der pro vi so ri schen Lan des -<br />

re gie rung aus zu schal ten ...“<br />

„Da die Rus sen die pro vi so ri sche<br />

Staats re gie rung in Wien aber als le ga le<br />

ös ter rei chi sche Re gie rung aner kannt<br />

hat ten, war es not wen dig, zur Re ge lung<br />

der Ver wal tungs auf ga ben und zur An -<br />

er ken nung ei ner Zi vil ver wal tung Mühl -<br />

vier tel die Ge neh mi gung der pro vi so ri -<br />

schen Staats re gie rung ein zu ho len. In ei -<br />

ner Sit zung der pro vi so ri schen Zi vil ver -<br />

wal tung, an der auch die Be zirks haupt -<br />

leute teilnahmen, wurde daher der Beschluss<br />

ge fasst, eine Ab ord nung nach<br />

Wien zu schicken ...“<br />

Staatsbeauftragter Blöchl<br />

„Die Ab ord nung setz te sich zu sam -<br />

men aus den Her ren Blöchl, Dr. Blum,<br />

Dr. Hirsch und dem Lan des haupt mann<br />

Dr. Eigl. Sie wur den vom Staats kanz ler<br />

Ren ner in Wien emp fan gen, um mit ihm<br />

ge mein sam über die Er rich tung ei ner<br />

Ver wal tungs be hör de für das Mühl vier -<br />

tel auf Oberster Landesebene zu beraten<br />

...“<br />

„Die bei die ser Be spre chung fest ge -<br />

legten Grundsätze bekamen zunächst<br />

die Form ei nes Re gie rungs be schlus ses,<br />

in dem es hieß:<br />

‘Die österreichische Staatsregierung<br />

be stellt zur Wahr neh mung der zi vi len<br />

Ver wal tung in dem von der Ro ten Ar -<br />

mee besetzten Teil Oberösterreichs im<br />

Ein ver neh men mit dem Herrn Lan des -<br />

haupt mann von Ober ös ter reich den<br />

Herrn Jo hann Blöchl als Staats be auf -<br />

trag ten . . .<br />

„Dieser einfache Regierungsbe -<br />

schluss wur de er wei tert und mit 7. Au -<br />

gust 1945 zum Ver fas sungs ge setz er ho -<br />

ben. In die sem Ge setz wur de aber aus -<br />

drüc klich da rauf hin ge wie sen, dass die<br />

ver fas sungs mä ßi ge Ein heit des Lan des<br />

Oberösterreich nicht beeinträchtigt<br />

werde und dass der Staatsbeauftragte<br />

im Na men des Lan des haupt man nes von<br />

Oberösterreich zusammen mit seinen<br />

Bei sit zern die Be fug nis se ei nes pro vi -<br />

so ri schen Lan des aus schus ses aus zu -<br />

üben habe. Durch die Be stel lung des<br />

Staatsbeauftragten im Einvernehmen<br />

mit der oberösterreichischen Landesregie<br />

rung wur de der Wil le zum Aus druck<br />

ge bracht, die Ver bin dung mit dem<br />

südlichen<br />

Oberösterreich<br />

aufrechtzuerhalten ...“<br />

Herr Blöchl be rief auf grund des Ge -<br />

set zes tex tes und des Re gie rungs be -<br />

schlus ses ei nen Lan des aus schuss, der<br />

sich aus drei Parteivertretern zusammensetzte.<br />

Die personelle Zusammen -<br />

set zung der ZVM: Lan des aus schuss,<br />

-bei rat und Amt; sie setz ten sich aus den<br />

Ress orts zu sam men: 1. Ho heits ver wal -<br />

tung, per sön li che An ge le gen heit, Or ga -<br />

ni sa ti on In ne res und Ge mein de an ge le -<br />

gen hei ten; 2. Er zie hung und Auf klä -<br />

rung; 3. Si cher heit; 4. Wirt schaft, 5.<br />

Land wirt schaft; 6. Holz- und Forst wirt -<br />

schaft; 7. Er näh rung; 8. So zia le Für sor -<br />

ge und Um sied lung; 9. Fi nan zen und<br />

Ver mö gens rüc kga be; 10. Ver kehr und<br />

Post; 11. und die Lei tung des Amtes.<br />

Sitz der ZVM Urfahr, Rudolfstraße 3<br />

Beträchtliche Schwierigkeiten<br />

Die ZVM hat te mit be trächt li chen<br />

Schwie rig kei ten zu kämp fen in je der<br />

Rich tung. Der Aus schuss ver än der te<br />

sich im Lau fe der zehn Jah re des Be ste -<br />

hens (Ab gang durch Tod, Pen sio nie run -<br />

gen oder die Mit glie der wur den mit an -<br />

de ren Auf ga ben be traut, der Lan des aus -<br />

schuss und sei ne Bei räte wur den ver rin -<br />

gert). Nur der Staatsbeauftragte Blöchl<br />

ver blieb bis zur Auf lö sung der ZVM im<br />

Jah re 1955.<br />

In der Zeit vom 16. 12. 1947 bis zum<br />

27. Juli 1952 ge hör te <strong>Franz</strong> Hai der dem<br />

po li ti schen Bei rat an. Dr. phil. Erich<br />

Leimlehner berichtet in seinem Buch<br />

„Das Kriegs en de und die Fol gen der<br />

sowjetischen Besetzung im Mühlviertel<br />

1945 bis 1955“ über den Auf tritt von<br />

<strong>Franz</strong> Hai der. Dort heißt es un ter an de -<br />

rem:<br />

„Differenzen bei der Zusammenar -<br />

beit des Aus schus ses der ZVM<br />

Von Zeit punkt der ers ten Land tags -<br />

wah len an, als die Kom mu nis ten nur<br />

696 von 76.551 Stim men im Mühl vier -<br />

tel und da mit null Man da te er hiel ten,<br />

hät ten sie nach de mo kra ti schen Ge pflo -<br />

gen hei ten ei gent lich kein An recht mehr<br />

auf Sitz und Stim me im Aus schuss der<br />

ZVM ge habt. Trotz dem wa ren die<br />

Kommunisten bis zuletzt im politischen<br />

Aus schuss der ZVM ver tre ten.<br />

Dies war na tür lich nur mit Rüc ksicht<br />

auf die sowjetische Besatzungsmacht<br />

ge sche hen, die ei ner voll stän di gen Eli -<br />

mi nie rung der Kom mu nis ten im Mühl -<br />

Seite 23<br />

vier tel nicht gleich gül tig ge gen über ge -<br />

standen wäre.<br />

Auf Grund der Ge schäfts ord nung<br />

des Aus schus ses, die in al len Fra gen<br />

Ein stim mig keit ver lang te, wä ren nun<br />

die Kom mu nis ten in die Lage ge kom -<br />

men, die Ar beit des Aus schus ses durch<br />

ihr Veto zu blo ckie ren.<br />

Aus die ser Si tua ti on he raus kam es<br />

im Früh jahr 1949 zu ei ner hef ti gen<br />

Aus ein an ders et zung zwi schen den Ver -<br />

tre tern der OVP und de nen der SPÖ ei -<br />

ner seits und den Kom mu nis ten, ver tre -<br />

ten durch <strong>Franz</strong> Hai der, an der er seits.<br />

Aus gangs punkt des Strei tes bil de te ein<br />

von <strong>Franz</strong> Hai der na mens der KP-Frak -<br />

ti on ge stell ter An trag be züg lich der Be -<br />

sat zungs kos tens teu er.<br />

Landesbeirat <strong>Haider</strong> führte unter an -<br />

de rem zu die sem Punkt aus: ‘Der Pro -<br />

test breitester Volksschichten beweist,<br />

dass die werk tä ti gen Schich ten im Staa -<br />

te nicht im stan de sind, das enor me Aus -<br />

maß dieser Besatzungssteuer zu ertra -<br />

gen. Es liegt völ lig klar, dass die se<br />

Steu er ein nah men nicht zur De ckung<br />

der Be sat zungs kos ten ver wen det wer -<br />

den, son dern zur Er rich tung ei ner<br />

Wehr macht und dies muss ener gisch<br />

ab ge lehnt wer den. Dies ist der An trag,<br />

den ich im Na men mei ner Frak ti on an<br />

den Herrn Staatsbeauftragten richte, zur<br />

Wei ter lei tung an die Bun des re gie rung,<br />

be tref fend der von der Re gie rung be -<br />

schlos se nen und dem Par la ment ein ge -<br />

reich ten Vorschläge der Be sat zungsteu -<br />

er. ‘<br />

ZVM muss Stellung beziehen<br />

Hai der mein te, dass die ZVM als öf -<br />

fentliche Körperschaft zu diesem Pro -<br />

blem Stel lung zu be zie hen habe. Se bin -<br />

ger (ÖVP) hak te nun ge ra de hier mit der<br />

Be mer kung ein, dass die ZVM le dig lich<br />

eine Ver wal tungs be hör de sei und des -<br />

halb mit so hoch po li ti schen Din gen<br />

nichts zu tun hät te und au ßer dem die<br />

KP die sen An trag hät te ein brin gen sol -<br />

len, da mit sich die an de ren Par tei en da -<br />

mit hät ten be schäf ti gen können.<br />

Auch Prof. De muth von der so zia lis -<br />

tischen Fraktion pflichtete diesem Ar -<br />

gu ment Se bin gers bei und be kräf tig te,<br />

dass die ZVM keine gesetzgebende<br />

Kör per schaft sei, da her könn te sie sich<br />

auch nicht mit der Fra ge der Be sat -<br />

zungssteuer beschäftigen. Dies sei Sa -<br />

che des Par la ments. Und nun sei ner seits<br />

auf ein Pro blem ein ge hend fuhr Prof.<br />

De muth fort, dass, wenn schon ein<br />

Schrei ben an die Lan des re gie rung und<br />

an die Bun des re gie rung ge rich tet wer -<br />

de, eine Pro te stre so lu ti on ver fasst wer -<br />

den soll te, die sich über die Zu stän de an<br />

der Demarkationslinie befasste. Dabei<br />

müss ten die Fra gen auf ge wor fen wer -<br />

den, warum Telefongespräche nach<br />

Ober ös ter reich - Süd im mer noch über -


Seite 24<br />

wacht wür den und warum die<br />

Brückenkontrollen immer noch<br />

stattfänden.<br />

Aus der wei te ren Dis kus si on er ga -<br />

ben sich zwei prin zi piel le Stand punk te:<br />

Die Ver tre ter der ÖVP und SPÖ wei -<br />

ger ten sich in ih ren Vo ten, ei nen An trag<br />

zu bil li gen, der ei nen Ap pell an die<br />

Bun des re gie rung zur Fol ge ge habt hät -<br />

te. Die KP woll te, dass der Aus schuss<br />

der ZVM eine sol che Re so lu ti on be -<br />

schlie ßen soll te. Hai der be schul dig te<br />

die bei den an de ren Par tei en noch, die<br />

Be sat zungs steu er nur als Wahl pro pa -<br />

gan da zu be nüt zen, da 1949 ein Wahl -<br />

jahr wäre. Man spre che doch von der<br />

„Russen-Steuer“, in Wirklichkeit werde<br />

die se aber nur für den Auf bau ei ner<br />

Wehrmacht in Österreich benützt.<br />

Im Verlaufe der Auseinandersetzung<br />

prall ten die An sich ten der art hef tig auf -<br />

ein an der und gip fel ten schließ lich im<br />

Vor wurf Hai ders, dass man es hier in<br />

der ZVM mit „Heimwehrdiktatur“ zu<br />

tun habe, als der Staats be auf trag te zwar<br />

über alle gestellten Anträge abstimmen<br />

las sen woll te, aber den Vor schlag der<br />

Kom mu nis ten nicht als ers ten zur Ab -<br />

stim mung brach te.<br />

Schließ lich wur de die ser Ta ges ord -<br />

nungs punkt vo rerst an die Ob män ner -<br />

kon fe renz ver wie sen und ver tagt. Um<br />

die Wo gen zu glät ten und ein gu tes Ein -<br />

ver neh men im Aus schuss wie der her zu -<br />

stellen, richtete der Staatsbeauftragte in<br />

der Fol ge ein Schrei ben an die Par tei ob -<br />

män ner, in dem er im we sent li chen aus -<br />

führ te, dass es der Zi vil ver wal tung<br />

Mühlviertel unter schwierigen Verhält -<br />

nis sen in den vier Jah ren ih res Be ste -<br />

hens ge lun gen sei, ihre Auf ga be recht<br />

und schlecht zu er fül len. Dies sei aber<br />

auf die po li ti sche Zu sam men ar beit der<br />

drei Par tei en zu rüc kzu füh ren, so wie auf<br />

das gute Einvernehmen mit der Be sat -<br />

zungs macht.<br />

Verwaltung, keine Gesetzgebung<br />

In letz ter Zeit sei en nur An trä ge ge -<br />

stellt wor den, die Pro ble me be han del -<br />

ten, für die die Zi vil ver wal tung Mühl -<br />

vier tel nicht zu stän dig sei und sie auch<br />

nicht zu lö sen ver mö ge. Die Zi vil Ver -<br />

wal tung sei eine Ver wal tungs ein rich -<br />

tung, ihr stün de kei ne Ge setz ge bung zu.<br />

An der er seits wür de man ja in ei ner frei -<br />

en De mo kra tie le ben und es stün de je -<br />

dem frei, in Ver samm lun gen Re so lu tio -<br />

nen be schlie ßen zu las sen und die se an<br />

zuständige Stellen weiterzuleiten. Zu -<br />

stän dig aber sei en für die ge plan te Be -<br />

sat zungs steu er wohl die Re gie rung und<br />

das Par la ment. Wenn nun von den Par -<br />

tei en An trä ge von der Art, wie dies in<br />

den letz ten Sit zun gen der Fall ge we sen<br />

sei, ge stellt wer den, so sei er ger ne be -<br />

reit, die se an die zu stän di ge Stel le in<br />

seiner Eigenschaft als Staatsbeauftrag -<br />

ter wei ter zu lei ten. Er wür de es aber im<br />

Interesse einer ersprießlichen Zusammen<br />

ar beit und im Hin blick auf die Ge -<br />

bo te der Rüc ksicht nah me ge gen über<br />

der Be sat zungs be hör de für zwec kmä -<br />

ßig hal ten, dass es kei nen Sinn habe, im<br />

Ausschuss über Probleme<br />

abzustimmen, die von dem Forum nicht<br />

erledigt werden könnten.<br />

Auf der Sit zung vom 20. April 1949<br />

konn te Blöchl die sen Ta ges punkt mit<br />

der Er klä rung er öff nen, dass er auf sein<br />

Schrei ben hin po si ti ve Ant wor ten von<br />

der ÖVP und SPÖ er hal ten habe, dass<br />

aber die KPÖ das The ma „Be sat zungs -<br />

steu ern“ noch mals dis ku tie ren möch te.<br />

Lan des bei rat Hai der (KP) führ te nun<br />

in sei ner Stel lung nah me aus, dass der<br />

In halt des Schrei bens mit den An schau -<br />

un gen der KP-Frak ti on nicht ver ein bar<br />

sei. Der po li ti sche Aus schuss habe sich<br />

nach der Mei nung der KP nicht nur mit<br />

ver wal tungs tech ni schen Din gen zu be -<br />

fas sen. Es sei zwar für die Mühl viert ler<br />

Be völ ke rung äu ßerst frucht brin gend,<br />

wenn der Aus schuss die se ver wal tungs -<br />

tech ni schen Auf ga ben gut er fül le, aber<br />

sei ne Frak ti on sei der Mei nung, dass<br />

man auch die se Auf ga be nicht voll und<br />

ganz er fül len kön ne, wenn man sich der<br />

Not wen dig keit ent schla ge, zu den po li -<br />

ti schen Dingen Stellung zu nehmen.<br />

Nicht unerhebliches Gewicht…<br />

Prof. De muth (SPÖ) stell te, „nach -<br />

dem ja so wie so kei ne Ei ni gung er zielt<br />

wird“, den An trag, das Pro blem end gül -<br />

tig an die Ob män ner kon fe renz zu ver -<br />

wei sen. Die ser An trag wur de nun zur<br />

Ab stim mung ge bracht und er reich te Ei -<br />

nig keit.<br />

In der Ob män ner kon fe renz konn te<br />

aber of fen bar auch kei ne Ei ni gung er -<br />

zielt wer den, weil das Pro blem auf der<br />

Sit zung vom 17. 5. 1949 wie der zur<br />

Spra che kam. Die bei den Par tei en SPÖ<br />

und ÖVP hat ten aber in zwi schen ihre<br />

Tak tik, sol chen Vor stö ßen sei tens der<br />

KP ge gen über zu tre ten, ge än dert ...“<br />

„Konn te die KP zwar nur auf ein<br />

kleines Häuflein Stimmen zählen, so<br />

stand doch auch wie der eine Macht hin -<br />

ter ihr, die ih rer Stim me nicht un er heb -<br />

li ches Ge wicht ver lieh. Des halb war die<br />

Par tei auch nicht so leicht aus dem Aus -<br />

schuss hin aus zu bugs ie ren.<br />

Dies wur de auch of fen kun dig, als<br />

der Staatsbeauftragte auf der Sitzung<br />

vom 4. Au gust 1949 ei nen der ar ti gen<br />

Versuch startete. Sicherlich hing es eng<br />

mit den vor aus ge gan ge nen Rei be rei en<br />

zu sam men, dass Blöchl in der ge nann -<br />

ten Sit zung den An trag ein brach te, den<br />

po li ti schen Aus schuss bei der ZVM<br />

nach den be vor ste hen den Wah len vom<br />

9. 10. 1949 nach dem wirk li chen Wahl -<br />

er geb nis zu sam men zu stel len. Auf die -<br />

sen An trag rea gier te die KPÖ denn<br />

auch gleich sehr emp find lich. Lan des -<br />

bei rat Hai der führ te aus, dass der An -<br />

trag des Staatsbeauftragten derzeit kei -<br />

ne rea le Be rech ti gung habe, son dern es<br />

müs se erst nach dem Wahl er geb nis<br />

über die Zu sam men set zung des Aus -<br />

schus ses der ZVM durch den Herrn<br />

Staatsbeauftragten entschieden werden.<br />

Und wie der zum Mit tel grei fend, Fra -<br />

gen der Bun des po li tik in die De bat te zu<br />

brin gen, mein te Hai der: ‘Es liegt nicht<br />

im Interesse des Mühlviertels, dass ge -<br />

ra de in dem Mo ment, wo über die end -<br />

gül ti ge Fas sung des Staats ver tra ges ver -<br />

han delt wird, sich die OVP mit dem<br />

drin gen den Wunsch, in den Nord at lan -<br />

tik pakt auf ge nom men zu wer den, be -<br />

fasst. Dies be deu tet den Staats ver trag<br />

zu sa bo tie ren. Die KPÖ hal te es da her<br />

aus po li ti schen Grün den nicht für glüc -<br />

klich, für eine Um bil dung der ZVM zu<br />

spre chen, da die se Um bil dung je der zeit<br />

nach dem Wahl er geb nis vorgenommen<br />

werden kann. Die Zivilverwaltung<br />

wurde gebildet auf Grund der<br />

besonderen Verhältnisse in Ober ös ter -<br />

reich...“<br />

„Auf den Vor wurf Hai ders, dass die -<br />

ser An trag Blöchls ‘offensichtlich<br />

Wahlpropaganda’ sei, ver deut lich te<br />

Blöchl den wah ren Hin ter grund die ses<br />

An tra ges:<br />

‘Bei der Zu sam men set zung des Aus -<br />

schus ses der ZVM, der ja ei gent lich den<br />

de mo kra ti schen Ge pflo gen hei ten nicht<br />

ent spricht und auch nicht dem Wil len<br />

der Wäh ler - we nigs tens nicht ent spro -<br />

chen hat - ha ben wir, um über die Klip -<br />

pe zu kom men, be schlos sen, dass die<br />

Ge schäfts ord nung die Ein stim mig keit<br />

erfordere, um zu Beschlüssen zu gelan -<br />

gen. Nun glau be ich, dass die ZVM mit<br />

die ser Ge schäfts ord nung nicht durch -<br />

kommt, son dern dass es schon an der<br />

Zeit ist, Mehrheitsbeschlüsse zu<br />

fordern’ ...“<br />

„Nach dem Ge setz 125 wer de ich mit<br />

den Par tei en ver han deln, und ich wer de,<br />

wenn die KPÖ durch fal len soll te,<br />

selbstverständlich einen Vertreter der<br />

KPÖ ha ben wol len. Es muss aber über<br />

die Ge schäfts Ord nung ab ge stimmt<br />

wer den, und es müs sen dann nach dem<br />

Wil len der Wäh ler die Be schlüs se ge -<br />

fasst wer den. Es liegt mir voll stän dig<br />

fern (..), dass ich vor ha be oder dass ich<br />

den Wunsch hät te, dass die KPÖ im<br />

Aus schuss der ZVM nicht ver tre ten<br />

wäre ...“<br />

Blöchls Erinnerungen<br />

Ein Ab schnitt in den Le bens er in ne -<br />

run gen Blöchls deu tet da rauf hin, dass<br />

die An ge le gen heit doch hoch in tern in<br />

münd li chen Aus ein an ders et zun gen au -<br />

ßer halb der Sit zun gen des Aus schus ses<br />

eine ‘friedliche Lö sung ge fun den hat te.<br />

Blöchl stellt näm lich aus der Er in ne -


ung den Kom mu nis ten fol gen des<br />

Zeug nis aus:<br />

‘Ich muss auch den in der Zi vil ver -<br />

wal tung ver tre te nen Kom mu nis ten das<br />

Zeug nis aus stel len, dass sie im mer echt<br />

österreichisch und als gute Österreicher<br />

han del ten. So hat ten wir nur ei nes im<br />

Auge: un se re Auf ga be zu er fül len, die<br />

da rin be stand, un se rem so schwer be -<br />

dräng ten Mühl vier tel zu hel fen und<br />

über die Do nau hin weg Fa den um Fa -<br />

den zu knüp fen zum Band ei nes wie der -<br />

vereinten Oberösterreichs.’„<br />

<strong>Franz</strong> Hai der be müh te sich, alle po li -<br />

ti schen Fra gen, die für un ser Land<br />

wichtig oder eine Gefahr bedeuteten,<br />

ei ner Lö sung zu zu füh ren, sie in alle Fo -<br />

rums, die ihm zu gäng lich wa ren - so<br />

auch die ZVM - hin ein zu tra gen, um die<br />

Men schen dort für die Lö sung der Fra -<br />

gen zum ge mein sa men Han deln zu ge -<br />

win nen.<br />

<strong>Franz</strong> Hai der wand te sich auch ent -<br />

schie den ge gen die vor han de nen Auf -<br />

fas sun gen, die es in der Lan des or ga ni -<br />

sa ti on der KP Ober ös ter reich gab. Be -<br />

son ders bei den Mühl viert ler Ge nos sen<br />

galt es, sich der Si tua ti on an zu pas sen<br />

und eine Lan des lei tung Mühl vier tel zu<br />

er rich ten. Er ver trat die Auf fas sung,<br />

Oberösterreich ist ein einheitliches ge -<br />

schlossenes Land. Seine geschichtliche<br />

Ent wic klung weist uns da rauf hin, und<br />

wenn es vor über ge hend ge trennt wur -<br />

de, es wird bald wie der die Zeit kom -<br />

men, wo es ver eint sein wird. Das war<br />

sei ne Auf fas sung, für die er entschieden<br />

eintrat.<br />

Quelle:<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>…<br />

<strong>Franz</strong> Hai der als Ge mein de rat von Linz:<br />

Ein aufrechter Arbeitervertreter<br />

<strong>Franz</strong> Hai der ge hör te dem Lin zer<br />

Gemeinderat als Vertreter der KPÖ<br />

bzw. KLS (Kom mu nis ten und Links -<br />

so zia lis ten) vom 15. No vem ber 1955<br />

bis zum plötz li chen Ab le ben am 15.<br />

März <strong>1968</strong> an. In die sem Zeit raum<br />

war er 1955 im Ver fas sungs aus -<br />

schuss, 1955 bis 1967 im Fi nanz-, Ju -<br />

gend für sor ge-, Schul- und Kul tur -<br />

aus schuss und von 1961 bis 1967 in<br />

der Personalkommission mit bera -<br />

tender Stimme tätig.<br />

Er nahm sei ne Tä tig keit als Ge mein -<br />

de rat sehr ernst, au ßer er war krank oder<br />

hat te be son de re be ruf li che Auf ga ben<br />

oder Ur laub, was ihn an der Ge mein de -<br />

rattätigkeit hinderte. Sonst war er immer<br />

anwesend. Er bereitete sich immer<br />

gründ lich vor und ver such te in sei nen<br />

Re den, nicht nur zu sei nen ob li ga ten<br />

Ge mein de rats-The men Stel lung zu neh -<br />

men, son dern er nahm auch im Ple num<br />

des Gemeinderats zu zentralen politi -<br />

schen Bundesfragen Österreichs Stellung<br />

und ver such te da bei die Zu sam -<br />

men hän ge dar zu le gen. Nicht nur, dass<br />

er ver such te die gro ßen Fra gen wie<br />

Krieg und Frie den, ös ter rei chi sche<br />

Neut ra li tät, Fa schis mus und Neo na zis -<br />

mus, die bei sei nen Kol le gen gro ßes<br />

Miss fal len aus lös ten, zu be han deln. Sie<br />

tra ten ihm auch mit nicht sach li chen<br />

oder mir iro ni schen Zwi schen ru fen ent -<br />

ge gen.<br />

Professor Max Lotteraner schreibt<br />

hier in die ser Ar beit über <strong>Franz</strong> Hai der:<br />

„Im Linzer Gemeinderat achtete ich ihn<br />

Seite 25<br />

ob sei ner Un ver dros sen heit, mit der er<br />

den Stand punkt ei ner klei nen Min der -<br />

heit, wie sie die KPÖ im Lin zer Ge -<br />

meinderat darstellte, nachdrücklich ver -<br />

trat. Er hat te es wahr lich nicht leicht,<br />

sich Ge hör zu ver schaf fen. Doch er war<br />

ein aufrechter Arbeitervertreter. Sein<br />

Klas sen be wusst sein präg te ihn. Für ihn<br />

war das Marx’sche Prin zip im mer ent -<br />

scheidend, dass das gesellschaftliche<br />

Sein das Be wusst sein be stimmt.“<br />

Sein Auftreten im Gemeinderat so<br />

wie auch bei anderen Gelegenheiten<br />

entsprach seiner festen innerlichen<br />

Über zeu gung ei nes Kom mu nis ten, die<br />

Men schen für ein ge mein sa mes Vor ge -<br />

hen zum Nut zen al ler zu ge win nen,<br />

auch für jene, die es noch nicht wahr ha -<br />

ben woll ten.<br />

<strong>Franz</strong> Hai der hielt nach sei ner Wahl<br />

in den Ge mein de rat von Linz am 15.<br />

No vem ber 1955 sei ne ers te und we ni ge<br />

Tage vor sei nem Tod am 11. März <strong>1968</strong><br />

sei ne letz te Rede. Um fang reich ist die<br />

Zahl sei ner Re den und Zwi schen ru fe,<br />

die er in den fast 13 Jah ren im Lin zer<br />

Gemeinderat hielt.<br />

Quelle:<br />

Peter Kammerstätter, <strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong>…<br />

Von 1955 bis zu sei nem Tode im Jah re <strong>1968</strong> war <strong>Franz</strong> Hai der Mit glied des<br />

Linzer Gemeinderates. Im Bild: Das Linzer Rathaus.


Seite 26<br />

<strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong> im Linzer Gemeinderat:<br />

„Eine gründliche Beratung aller Probleme…“<br />

<strong>Franz</strong> Hai der bei der Kon sti tu ie -<br />

rung des Linzer Gemeinderates am<br />

15. No vem ber 1955.<br />

Bür ger meis ter Dr. Ko ref: Eine weitere<br />

Wort mel dung? Zum Wor te hat sich<br />

noch Herr Ge mein de rat Hai der ge mel -<br />

det.<br />

Ge mein de rat Hai der: Sehr ge ehr te Da -<br />

men und Her ren! Un se re Stadt, heu te<br />

ei nes der grö ß ten In du strie zen tren Ös -<br />

ter reichs, hat durch die letz te Wahl eine<br />

Arbeitermehrheit bekommen. Wir hof -<br />

fen, dass es da durch leich ter sein wird,<br />

den be rech tig ten For de run gen der ar -<br />

bei ten den Men schen von Linz ent spre -<br />

chend Ge hör zu ver schaf fen. Wir Kom -<br />

mu nis ten wer den über all – so auch in<br />

der Lin zer Ge mein de stu be – al les un -<br />

ter stüt zen, was der ar bei ten den Be völ -<br />

ke rung zug ute kommt. Wir wer den uns<br />

aber ge gen al les wen den, was zu ih rem<br />

Scha den ist.<br />

Es ist lei der mein al ter Freund Al bin<br />

Geb hardt ge we sen – er ist im Au gen -<br />

blick nicht hier —, der in sei nen Aus -<br />

füh run gen da rauf hin ge wie sen hat, dass<br />

es viel leicht auch ge lin gen wird, die<br />

bei den Kom mu nis ten zu ei ner po si ti ven<br />

Mitarbeit zu bringen. Vielleicht wird<br />

un ser Freund Al bin sich doch er in nern,<br />

dass un se re Frak ti on in den ver gan ge -<br />

nen Jah ren rund 60 An trä ge ge stellt<br />

hat. Viel leicht wird er ei nen Wi der -<br />

spruch entdecken in seinem eigenen Be -<br />

richt, da er selbst be ton te, dass die gro -<br />

ße Zahl der Be schlüs se ein stim mig<br />

durch ge führt wur de; und da rin liegt ein<br />

star kes Maß an Mit ar beit. Wir sind der<br />

Mei nung, dass es kein be son ders gu tes<br />

Omen ist, wenn man be reits die kon sti -<br />

tu ie ren de Sit zung so be ginnt.<br />

Viel leicht war es wit zig ge meint, aber<br />

uns scheint, man muss auch bei ei nem<br />

Witz bei der Wahr heit blei ben und die<br />

Lei stun gen al ler aner ken nen, auch die<br />

einer Minderheit, einer kleinen Frakti -<br />

on. Ich be dau re es be son ders des halb,<br />

weil ich den Herrn Vizebürgermeister<br />

sehr gut aus der Sport be we gung her<br />

ken ne und weil er das Ge setz des Spor -<br />

tes, das „fair play“, auch ken nen müss -<br />

te. Es wird für die Zu kunft nur gut sein,<br />

wenn in der Lin zer Ge mein de stu be eine<br />

Op po si ti on be steht, und mir scheint,<br />

dass mit Opposition eine positive Mit -<br />

ar beit sehr wohl zu ver ein ba ren ist. Sie<br />

wird mei ner Mei nung nach die gan ze<br />

Tä tig keit nur be le ben. Nur sol len wir<br />

uns vor De ma go gie hü ten. Sie wür de<br />

die Mit ar beit und die Ar beit auf kei nen<br />

Fall be le ben.<br />

Mehrere Zwischenrufe: Ah, ah!<br />

Ge mein de rat Hai der: Vielleicht über -<br />

las sen wir das der Zu kunft. Viel leicht<br />

sind Ta ten bes ser als Wor te, Wor te<br />

spre chen sich oft sehr leicht aus.<br />

Wenn Öster reich durch den Ab schluss<br />

des Staats ver tra ges in eine neue Ära<br />

ein ge tre ten ist, dann soll sich das nicht<br />

nur im Rah men der Re gie rungs po li tik<br />

aus wir ken, son dern be son ders in der<br />

un ter sten un mit tel ba ren Zel le der De -<br />

mo kra tie, in der Ver wal tung der Ge -<br />

mein we sen, und da rauf ha ben ja die<br />

ver schie de nen Wahl pro gram me der<br />

Par tei en wäh rend des Wahl kamp fes<br />

hin rei chend hin ge wie sen. Ich möch te<br />

des halb hier nicht das gan ze Pro gramm<br />

un se rer Par tei, das si cher lich al len Ge -<br />

mein de rä ten be kennt ist, wie der ho len.<br />

Aber eine ent schei den de Auf ga be wird<br />

es sein, da für zu sor gen, dass die se Pro -<br />

gramme keine leeren Versprechungen<br />

blei ben, son dern dass viel mehr die<br />

Durch füh rung ra schest und tat kräf tigst<br />

in die Wege ge lei tet wird. Und es wird<br />

ge ra de nach dem Ab schluss des Staats -<br />

ver tra ges not wen dig sein, we ni ger mit<br />

Be grif fen und Schlag wör tern he rum zu -<br />

wer fen, son dern sich ehr lich zu der<br />

Freiheit, die Osterreich bekommen hat,<br />

zu be ken nen, und es wun dert mich, es<br />

wun dert mich sehr, dass der Ver tre ter<br />

der Freiheitlichen Partei Österreichs,<br />

wie sie jetzt heißt, hier er klärt hat, Ös -<br />

ter reich hät te noch nicht sei ne Frei heit<br />

bekommen.<br />

Zwischenruf Gemeinderat Dr. Steinsky:<br />

Noch nicht ganz!<br />

Ge mein de rat Hai der: Mir scheint,<br />

wenn das Volk am 15. Mai und auch<br />

spä ter ge ju belt hat, wenn das Par la -<br />

ment ein stim mig – au ßer den Stim men<br />

des VdU – die Neut ra li täts er klä rung<br />

be schlos sen hat, dann ist die se Zeit ge -<br />

kom men, und es wird an uns lie gen, sie<br />

zu nüt zen und die Frei heit zu schüt zen<br />

und nicht hier zu er klä ren, sie sei noch<br />

nicht ge kom men.<br />

Zwischenruf Gemeinderat Dr. Steinsky:<br />

Ihre Frei heit viel leicht!<br />

Ge mein de rat Hai der: Es ist mehr als<br />

eine gefährliche Spielerei, ja es ist<br />

Hoch ver rat, wenn man sich heu te nicht<br />

zur Frei heit, die Öster reich, das Volk<br />

vor al lem, wie rich tig ge sagt wur de, er -<br />

run gen hat, be kennt. Und wer steht letz -<br />

ten En des da hin ter? Es ste hen jene da -<br />

hinter, die Österreich bereits einmal in<br />

Un frei heit- und Krieg ge führt ha ben<br />

und wir ha ben al len Grund, al les zu<br />

tun, da mit es Oster reich nie mehr pas -<br />

siert. Der Staats ver trag hat au ßer dem<br />

fest ge stellt, dass Öster reich ein de mo -<br />

kratischer Staat ist.<br />

Und bei den Mos kau er Ver hand lun gen<br />

ha ben sich die Her ren der Re gie rungs -<br />

delegation verpflichtet, jede Diskrimi -<br />

nie rung ös ter rei chi scher Staats bür ger<br />

zu verhindern’. Wir emp fin den da her<br />

die In haf tie rung des ehe ma li gen Po li -<br />

zei di rek tors von Ur fahr, des Po li zei ra -<br />

tes Grün ber ger, der jah re lang ge treu -<br />

lich sei ne Pflicht zum. Woh le der Be völ -<br />

ke rung er füllt hat, als eine sol che un -<br />

ver ständ li che Dis kri mi nie rung und als<br />

ei nen of fen sicht li chen Ver stoß ge gen<br />

die per sön li che Si cher heit ei nes Bür -<br />

gers und ei nes ver dien ten 3eam ten un -<br />

se rer Stadt. Die Stim mung brei ter Krei -<br />

se un se rer Be völ ke rung, die wir hö ren<br />

sol len und müs sen, ist ein deut li cher<br />

Be weis da für. Wir rich ten da her an den<br />

Herrn Bür ger meis ter den Ap pell ge ra de<br />

auf Grund des § 8 des Ge mein de sta tu -<br />

tes entsprechende Schritte einzuleiten<br />

und die sen Fall ra schest im Sin ne der<br />

Mei nung der Be völ ke rung von Linz aus<br />

der Welt zu schaf fen.<br />

Die se neue Pe ri ode, die durch den<br />

Staatsvertrag in Osterreich eingeleitet<br />

wur de, der un ser Land von den Fes seln<br />

der Be sat zung be freit und uns die Ver -<br />

fü gungs ge walt über ei nen neu en, ge -<br />

wal ti gen Reich tum ge ge ben hat, er füllt<br />

die Men schen mit der Hoff nung auf ein<br />

schö ne res und bes se res Le ben. Und die<br />

Men schen, die Wäh ler, er war ten da her<br />

ohne Zwei fel, dass ge ra de von den ge -<br />

wähl ten Volks ver tre tern, den Man da ta -<br />

ren der Ge mein de, eine wahr haft so zia -<br />

le Po li tik ge trie ben wird. Sie hof fen,<br />

dass nichts ge gen ihre In ter es sen, ge -<br />

gen die In ter es sen der brei ten Mas sen<br />

ge schieht, und das be son ders auf dem<br />

Ge bie te der Ta ri fe und der Ge büh ren;<br />

denn die Lage der ar bei ten den Men -<br />

schen ist auf Grund der wach sen den<br />

Teue run gen – das ha ben die letz ten Ak -<br />

tio nen, die Streiks bei der Bun des bahn<br />

und an ders wo be wie sen – heu te so, dass<br />

sie kei ne neu en Be la stun gen er tra gen<br />

kön nen.<br />

Und die se Be we gung geht wei ter und<br />

die Ge mein de kann auf ih rem Ge biet<br />

viel mit hel fen, dass das Real ein kom men<br />

der ar bei ten den Men schen nicht ver -<br />

klei nert wird. Die Ge mein de Wien hat<br />

zum Bei spiel be reits be schlos sen, dass


Seite 27<br />

<strong>Franz</strong> <strong>Haider</strong> berichtet der KPÖ-Landesdelegiertenkonferenz im Jah re 1961.<br />

den An ge stell ten eine Son der lei stung,<br />

ein Son der zu schlag, be wil ligt wird. Es<br />

wäre auch für un se re Ge mein de mög -<br />

lich, den Ge mein de be dien ste ten die se<br />

Son der zu la ge zu ge ben; wir wür den das<br />

sehr be grü ßen.<br />

Die Ge mein de muss mit gu tem Bei spiel<br />

vor an ge hen und alle schlech ten Bei -<br />

spie le mei den. Neh men wir die Grund -<br />

ge bühr für elek tri schen Strom, die<br />

durch wegs und all ge mein als un so zial<br />

emp fun den wird, da be kannt ist, dass<br />

wir den Strom bil lig ins Aus land lie fern,<br />

ver gli chen mit dem Preis, den die Kon -<br />

su men ten in Öster reich be zah len müs -<br />

sen. Hier müss te mit Hil fe der Ge mein -<br />

de bei den zu stän di gen Ste llen, in dem<br />

Fall der ESG, ra schest eine Er mä ßi -<br />

gung oder Ab schaf fung der Grund ge -<br />

bühr für den Ar bei ter haus halt, für den<br />

Kleinhaushalt erreicht werden, wie es<br />

in Wien zu ei nem gro ßen Teil der Fall<br />

ist.<br />

Neh men wir die Loge der al ten Men -<br />

schen, der Rent ner, der Ge mein de be -<br />

für sorg ten, der In va li den, aber auch<br />

der Ar beits lo sen, de ren Zahl zum Glück<br />

nicht sehr groß ist, und al ler, die wirt -<br />

schaft lich schwach ge stellt sind: Für sie<br />

bedeutet der kommende Winter eine<br />

neue gro ße Sor ge. Hel fen wir die sen<br />

Menschen mit einer verstärkten Einwin -<br />

te rungs- und Brenn ma te ri al aus hil fe;<br />

sie ver die nen es und wer den uns dank -<br />

bar sein.<br />

In unserer weiteren Tätigkeit steht<br />

zwei fel los an der Spit ze die Ent fal tung<br />

des so zia len Wohn bau es, von Woh nun -<br />

gen mit trag ba ren Miet zin sen, da mit<br />

Ba ra cke ne lend und Woh nungs not ver -<br />

schwin den. Herr Bür ger meis ter-Stell -<br />

ver tre ter Dr. Walk hat da rauf hin ge wie -<br />

sen, dass das für die Stadt Linz eine<br />

gro ße Auf ga be ist und dass die se Auf ge -<br />

be von Ge sell schaf ten und Be trie ben<br />

ge löst wer den soll. Mir scheint, wir<br />

müs sen stär ke res Ge wicht da rauf le gen,<br />

dass hier Bund und Land, dass al les zu -<br />

sam men hilft, vor al lem jene, die Geld<br />

ha ben.<br />

Wir un ter stüt zen auch al les, was in die -<br />

ser Rich tung liegt: Neue Schul bau ten<br />

zur Ab hil fe der Schul raum not, aber<br />

auch die Ge wäh rung von Frei lern mit tel<br />

für die Schü ler - ohne Un ter schied.<br />

Wei te re gro ße Auf ga ben – und das wur -<br />

de heu te schon ei ni ge Maie ge sagt –<br />

ste hen in der Sor ge um Mut ter und Kind<br />

vor uns, in ei ner groß an ge leg ten Hil fe<br />

für die Ju gend auf kul tu rel lem und<br />

sport li chem Ge biet. Aber uns scheint,<br />

dass dazu auch ge hört, den Schutt und<br />

Schmutz und Schund weg zu räu men, der<br />

sich in den letz ten zehn Jah ren be son -<br />

ders hier in Linz ab ge la gert hat und der<br />

vie le jun ge Ge hir ne ver gif tet hat und<br />

noch weiter vergiftet.<br />

Die Ge mein de Linz selbst als eine star -<br />

ke wirt schaft li che Kraft mit ih rem Ein -<br />

fluss auf die gro ßen Be trie be, die in ih -<br />

rem Be reich lie gen, kann auch er folg -<br />

reich mithelfen, wenn bestimmte Maßnah<br />

men ge trof fen wer den, um die heu ti -<br />

ge Voll be schäf ti gung und Kon junk tur<br />

si chern zu hel fen und vor al lem auch,<br />

um die Mas sen kauf kraft der Lin zer Be -<br />

völ ke rung zu he ben. Und sol che Maß -<br />

neh men sind zwei fel los die Schaf fung<br />

neu er Ar beits mög lich kei ten durch den<br />

so zia len Woh nungs bau, durch den Bau<br />

von Schu len und die An wen dung von<br />

In ves ti tio nen. Wir sind uns be wusst,<br />

dass das Geld kos tet. Die Mit tel aber<br />

kön nen auf ge bracht wer den, wenn die<br />

volle finanzielle Autonomie der Ge -<br />

mein de er reicht wird, wenn alle Steu -<br />

ern, die ihr zu kom men, auch wirk lich –<br />

be son ders von der gro ßen In du strie –<br />

ihr zu flie ßen und wenn das Bun des prä -<br />

zi pu um end lich zu Fall ge bracht wird.<br />

Unsere Kommunistische Partei ist hier<br />

im Gemeinderat eine Minderheit; wir<br />

er klä ren aber aus drüc klich noch ein -<br />

mal, wir sind be reit, al les zu un ter stüt -<br />

zen, was zum Woh le der ar bei ten den<br />

Men schen un se rer Stadt ge macht wird.<br />

Die Wäh ler ver lan gen die Mit ar beit al -<br />

ler Man da ta re, ob Mehr heit oder Min -<br />

der heit, im Ge mein de rat – wir den ken<br />

auch in den Aus schüs sen – sie ver lan -<br />

gen eine gründ li che Be ra tung al ler<br />

Pro ble me, al ler Vor schlä ge und An trä -<br />

ge, die in die sem Haus ge stellt wer den.<br />

Denn nichts ist ei nem wirk lich de mo -<br />

kratischen Gemeinwesen schädlicher,<br />

als eine for ma le Ab stim mungs ma schi -<br />

ne rie. Wich tig er scheint uns auch, al les<br />

zu tun, um die Wäh ler, die Be völ ke rung<br />

von Linz selbst an ei ner stän di gen Mit -<br />

ar beit zu in ter es sie ren.<br />

Ge stat ten Sie mir ei nen Hin weis auf die<br />

Tat sa che, dass un se re Lan des haupt -<br />

stadt einige Vertreter im Nationalrat<br />

hat – vor al lem un se ren Herrn Bür ger -<br />

meis ter Dr. Ko ref selbst —, de ren ober -<br />

ste Auf ga be es sein muss, dort die In ter -<br />

essen der Gemeindebewohner zu ver -<br />

tre ten, die in viel sei ti ger Wei se und aufs<br />

engs te mit der Ge setz ge bung ver knüpft<br />

sind. Alle Par tei en ha ben heu te im We -<br />

sent li chen ihr Wahl pro gramm kür zer<br />

oder län ger wie der holt und ha ben<br />

grund sätz li che Er klä run gen ab ge ge -<br />

ben.<br />

Es wird da von ab hän gen, wie sich jede<br />

ein zel ne der ein zel nen Par tei en an die<br />

Wor te von heu te hält, um Ta ten für<br />

mor gen da raus zu ma chen. Wir hof fen,<br />

dass die se grund sätz li che. Stel lung nah -<br />

me be ach tet wird, um eine ge deih li che,<br />

den In ter es sen der Be völ ke rung die nen -<br />

de Zu sam men ar beit zu er rei chen und<br />

um auch uns als Min der heit zu be fä hi -<br />

gen, zum Woh le der Ge mein de, der<br />

Men schen in un se rer Staat, al les zu tun,<br />

um un se rer Ver ant wor tung ge gen über<br />

den Wäh lern ge recht zu wer den. (Bei -<br />

fall Gemeinderat Kerschbaumer!)<br />

Quelle:<br />

Amts blatt der Lan des haupt stadt<br />

Linz, Jahr gang 1955, Num mer 16


Seite 28<br />

Rede von <strong>Franz</strong> Hai der beim 18. Par tei tag der KPÖ:<br />

Es gilt, alle demokratischen Kräfte zu vereinen…<br />

Die West mäch te ha ben durch den<br />

Bruch des Pots da mer Ab kom mens, das<br />

ein einheitliches, friedliebendes, demokra<br />

ti sches Deutsch land vor sah, den Im -<br />

perialismus und Militarismus in West -<br />

deutsch land wie der zum Le ben er -<br />

weckt. Mit ten im Her zen Eu ro pas ist<br />

ein ge fähr li cher Atom kriegs herd ent -<br />

stan den.<br />

Am 8. Juli 1960 ent hüll te der aus<br />

Westdeutschland geflüchtete Presseof -<br />

fi zier, Ma jor Bru no Win zer, auf ei ner<br />

Konferenz in Berlin die Blitzkriegsplä -<br />

ne West deutsch lands ge gen die DDR:<br />

„Über fall auf die DDR von Nord, West<br />

und Süd, Tren nung der DDR von Po len<br />

und der CSSR und Durch marsch ohne<br />

Wi der stand durch das neut ra le Ös ter -<br />

reich.“ Da mit wur den die von Ge nos sen<br />

Walter Ulbricht bereits enthüllten<br />

Kriegspläne des westdeutschen Kriegs -<br />

ministeriums bestätigt: Vorbereitung ei -<br />

ner Millionenarmee, Raketen- und<br />

Atom be waff nung, im mer stär ke re Um -<br />

stel lung der Wirt schaft auf Rü stung und<br />

Krieg, psychologische Kriegsführung.<br />

Kamm hu ber, der Chef der west deut -<br />

schen Luftwaffe, erklärte bereits im<br />

März 1957: „Die nahe Zu kunft wird uns<br />

schon die Waf fen brin gen, die un se re<br />

Geg ner ra di kal ver nich ten. Ich mei ne,<br />

die ato ma re Be waff nung der Bun des -<br />

wehr. Dann ist der Geg ner to ter als tot.“<br />

In zwi schen ha ben die ge wal ti gen<br />

Ver än de run gen in der welt po li ti schen<br />

Lage schon man chen Strich durch die se<br />

Rech nung ge macht, aber noch sind die<br />

Plä ne nicht auf ge ge ben. Ihre Plä ne und<br />

der Ein fluss des west deut schen Im per -<br />

ia lis mus in Ös ter reich sind auch wei ter -<br />

hin die stärks te Be dro hung der wirt -<br />

schaft li chen und po li ti schen Un ab hän -<br />

gig keit, Neut ra li tät und de mo kra ti schen<br />

Ent wic klung Österreichs.<br />

Die Einfuhr westdeutscher Waren ist<br />

be reits fünf mal so groß wie un se re Aus -<br />

fuhr nach West deutsch land. Im mer<br />

stär ker wird der Ein fluss des west deut -<br />

schen Ka pi tals durch Be tei li gun gen an<br />

der ös ter rei chi schen In du strie. Zir ka<br />

zwei Dut zend west deut scher In du strie -<br />

be triebs grün dun gen gibt es al lein in den<br />

letzten Jahren in Oberösterreich. Ein<br />

sol cher deut scher Un ter neh mer in<br />

Gmun den er klärt gro ß spu rig: „Ich wer -<br />

de da für sor gen, dass die Ver hält nis se<br />

ge nau so wer den, wie in mei nen vier<br />

westdeutschen Betrieben, ich habe ge -<br />

nug Ka pi tal, um Be trie be in Österreich<br />

zusammenzukaufen.“<br />

Li zenz ver trä ge und Pro duk tions ab -<br />

kom men mit der ös ter rei chi schen Gro ß -<br />

in du strie sind eine an de re ge fähr li che<br />

Me tho de der west deut schen Durch drin -<br />

gung, wie z.B. die Ent wic klung ei ner<br />

neu en Kunst fa ser in Len zing mit Hil fe<br />

westdeutscher Experten.<br />

Eine Flut von Schund- und Kriegs li -<br />

te ra tur strömt zu uns nach Ös ter reich.<br />

SS- und Sol da ten tref fen fin den mit Be -<br />

teiligung westdeutscher Generäle statt.<br />

Wir ha ben da ge gen er folg rei che Ak tio -<br />

nen in Gmun den, Wels und an de ren Or -<br />

ten ge macht. Im Som mer soll ein gro ßes<br />

Soldatentreffen im Innviertel, in Rie -<br />

dau, durch ge führt wer den. Die Grenz -<br />

ge bie te des Inn- und Mühl vier tels wer -<br />

den im mer mehr zum Tum mel platz für<br />

west deut sche Agen ten und Kriegs ver -<br />

bre cher, die - wie z. B. die rech te Hand<br />

des ehemaligen Gauleiters Eigruber,<br />

Peterseil - immer frecher erklären: „Ös -<br />

ter reich ge hört schon uns, mit der auf -<br />

ge wer te ten Mark werden wir euch<br />

auffressen.“<br />

Eine sol che Ent wic klung war nur<br />

mög lich durch die Un ter stüt zung der re -<br />

aktionären Kräfte in Österreich. Bis<br />

heu te wur de die DDR nicht aner kannt,<br />

ob wohl die se al lein von den bei den<br />

deutschen Staaten unsere Neutralität<br />

fei er lich be stä tigt hat. Es ist an der Zeit,<br />

das an de re Deutsch land, das Deutsch -<br />

land des Frie dens, an zu er ken nen.<br />

Ganz be son ders aber tritt die of fe ne<br />

west deut sche Agen tur in Ös ter reich, die<br />

FPÖ, her vor. 1949 vom ehe ma li gen<br />

SP-In nen ni nis ter als VDU aus der Tau -<br />

fe ge ho ben, hat die se Par tei von al lem<br />

An fang an als neo fa schis ti sche und<br />

neo na zis ti sche Agen tur des west deut -<br />

schen Im per ia lis mus ge wirkt. Sie hat<br />

die Un ter stüt zung der Re gie rungs koa li -<br />

ti on und des ös ter rei chi schen Ka pi tals.<br />

Nicht zu letzt durch un se ren Kampf hat<br />

sie 1955 bei den Land tags wah len sechs<br />

von ih ren zehn Mandaten verloren.<br />

Ihr Bun des ob mann, Pe ter, ein<br />

SS-An ge hö ri ger, be trach tet das schein -<br />

hei li ge Be kennt nis zur ös ter rei chi schen<br />

Eigenstaatlichkeit nur als „zeitbedingte<br />

Nach kriegs kon zes si on, an de ren Stel le<br />

ein deut scher Staat in ei nem grö ße ren<br />

ver ein ten Eu ro pa tre ten soll“. Die FPÖ<br />

tritt scheinheilig als Verfechterin des<br />

Rechtsstaates auf, benützt die Entartung<br />

der Koa li tions de mo kra tie, um als<br />

Schein op po si ti on mit dem Na zisch lag -<br />

wort der „po li ti schen Neu ord nung“ Ös -<br />

terreichs die Demokratie zu<br />

unterhöhlen und zu zerstören.<br />

Die se Ideo lo gie kommt auch deut -<br />

lich in ih rer Füh rung zum Aus druck. In<br />

der auf dem letz ten Par tei tag ge wähl ten<br />

Bun des lei tung sind 25 ex po nier te, pro -<br />

minente Machthaber Hitler-Deutsch -<br />

lands, der NSDAP, der SS so wie hohe<br />

Of fi zie re der Hit ler-Wehr macht. Ihre<br />

Befehlsstelle ist eindeutig Bonn. Von<br />

dort be zie hen sie: Ras sen hass und An ti -<br />

se mi tis mus, Re van che geist und wü ten -<br />

den An ti kom mu nis mus. Als wir im Lin -<br />

zer Gemeinderat anlässlich der antise -<br />

mi tis ti schen Stö rungs ver su che ge gen<br />

die Auf füh rung des Schau spiels der<br />

„Anne Frank“ ihre Hal tung scho nungs -<br />

los an pran ger ten, zo gen sie wü tend aus<br />

der Ge mein de stu be aus. Die Inn viert ler<br />

Bur schen ver ei ne ver lan gen das Ha ken -<br />

kreuz in den Kriegs aus zeich nun gen.<br />

Seit Jah ren ist in Roit ham bei Gmun den<br />

ein ideo lo gi sches Zen trum des Neo na -<br />

zis mus mit den Zeit schrif ten „Die Platt -<br />

form“ und die „Grenz mark“. In ei ner<br />

Auf la ge von 5000 Stück die nen sie un -<br />

ver hüllt dem Zweck der Schu lung le ga -<br />

ler und illegaler neonazistischer Kader.<br />

Der He raus ge ber Striegl ist Agent der<br />

west deut schen Ost ab wehr und hat noch<br />

kei nen An klä ger im Kreis ge richt Wels<br />

ge fun den. Aber im sel ben Kreis ge richt<br />

werden öffentliche Mandatare<br />

angeklagt, weil sie gegen Kriegs- und<br />

Schundliteratur aufgetreten sind.<br />

Die FPÖ för dert alle die se Ös ter reich<br />

feind li chen, an ti de mo kra ti schen Um -<br />

trie be; sie ver langt die Frei las sung des<br />

Kriegsverbrechers Major Reder aus der<br />

ita lie ni schen Haft, nennt die An kla ge<br />

ge gen den Mas sen mör der Eich mann<br />

eine Ver leum dung und stem pelt sich<br />

da mit selbst zur Eich mann-Par tei.<br />

Un se re Auf ga be als Kom mu nis ten<br />

ist es, alle de mo kra ti schen und an ti fa -<br />

schistischen Kräfte zusammenzuschließen<br />

zu ge mein sa men Ak tio nen, wie bei<br />

der Schil ler-Fei er in Wien und bei der<br />

Ak ti on ge gen den BHJ in Linz, wo Sei -<br />

te an Sei te die Ju gend li chen von der<br />

FÖJ, der SJ und ka tho li sche Ju gend li -<br />

che mit So zia lis ten und Kom mu nis ten<br />

den Neo na zis ten ge zeigt ha ben, dass für<br />

sie in Ös ter reich kein Platz ist. Es gilt,<br />

alle demokratischen Kräfte zu<br />

vereinen....<br />

Quelle:<br />

Pro to koll des 18. Par tei ta ges der<br />

KPÖ, Wien, 1961

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