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Franz Haider (1907-1968) - KPÖ Oberösterreich

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Seite 6<br />

Aus den Er in ne run gen von Anna Hai der:<br />

Der <strong>Franz</strong>l<br />

Ein Ge spräch vom 6. 8. 1987 mit<br />

Hai der Anni, Jahr gang 1902 (22. 3.)<br />

wohn haft im Hil lin ger Se nio ren heim<br />

Linz.<br />

Den <strong>Franz</strong>l sah ich zum ers ten Mal<br />

nach dem 34er Jahr auf dem Leo pol di -<br />

berg, wo wir Schutz bünd ler uns tra fen.<br />

Es war auch ein ge wis ser Hau er da bei,<br />

war sein il le ga ler Name. Wir ka men da -<br />

mals zu sam men, um da rü ber zu spre -<br />

chen, was wir wei ter ma chen woll ten.<br />

Das war nach dem Fe bru ar 1934. Der<br />

<strong>Franz</strong> sprach da mals über Ober ös ter -<br />

reich. Ich war da mals noch mit ei nem<br />

an de ren li iert, dem Va ter von Kar li,<br />

des halb hör te ich ihm nur in halt lich zu,<br />

weil ich ja per sön lich als Mann an ihm<br />

nicht interessiert gewesen war. Danach<br />

ging der Kar li mit den Schutz bünd lern<br />

in die Sow jet union.<br />

Der Ma rek <strong>Franz</strong>l sag te dann zu mir,<br />

dass ich in die Sow jet union fah ren soll -<br />

te, um zu stu die ren. Ich fuhr hin über.<br />

Der Ma rek brach te mich zur Bahn, und<br />

ich fuhr nach Prag. Ich hat te dort eine<br />

Stel le, wo ich mich mel den soll te,<br />

Tschisch kov. Ich kam zu ei ner Frau, zu<br />

der Mut ter der Ös ter rei cher. Sie führ te<br />

mich mit dem Lau scher Fritz zu sam -<br />

men, der mich in die Alt stadt zu Ma ri na<br />

brach te, eine lie be Tsche chin. Ein mal<br />

muss te ich aufs tsche chi sche Kon su lat,<br />

wo mir ein Bild in die Hand fiel, wo<br />

stand 75 Pro zent Wai sen. Da rauf sah<br />

ich mei nen Kar li, wie er Fuß ball spiel te.<br />

Ich bat den Kon sul, dass ich mir das<br />

Bild he raus neh men dürf te, weil mein<br />

Kind drauf war. Ich er zähl te ihm al les<br />

und durf te mir das Bild neh men. Da -<br />

rauf hin gab er mir das Vi sum auch<br />

gleich mit. Das Bild schic kte ich von<br />

Prag aus mei ner Mut ter zum Auf he ben,<br />

und ich habe es bis heu te noch.<br />

Ich fuhr gleich mit der ers ten Par tie<br />

hin über. Der Fritz sag te zu mir, dass ich<br />

mir als ers tes um ei nen Mann schau en<br />

soll te, weil das wür de das wich tigs te<br />

sein. Das war ty pisch Fritz. Er sag te, ich<br />

soll te für ei nen Mann gleich zwei Kof -<br />

fer mit neh men. Er er zähl te mir, dass es<br />

sich um ei nen Ober ös ter rei cher han del -<br />

te, der kei ne Fin ger hät te. Ich sag te, ob<br />

die Kof fer nicht ein an de rer Mann tra -<br />

gen könn te, aber der Fritz sag te, dass es<br />

für mich sehr wich tig wäre, dass ich die<br />

Kof fer trug. Er glaub te nicht, dass ich<br />

an ban deln soll te, son dern er woll te<br />

wirk lich nur, dass ich die sem Mann<br />

half.<br />

Wir ka men hin über, an der Gren ze<br />

wur den wir ab ge holt und vor ge führt.<br />

Ich ging mit mei nem fal schen Pass nach<br />

vor ne und frag te, was ich ma chen soll te.<br />

Ich woll te in die Sow jet union. Ich sag -<br />

te, dass ich mein Kind be su chen woll te,<br />

das mit den Schutz bünd lern nach 1934<br />

in die Sow jet union ge kom men war.<br />

Des halb lie ßen sie mich durch. Das war<br />

die Rote Ar mee. Auf der pol ni schen<br />

Gren ze durf ten wir durch fah ren.<br />

Im Mos kau ka men wir auf den Bahn -<br />

hof. Das war Fe bru ar 1936. Am 1. Mai<br />

1936 war ich beim Auf marsch da bei,<br />

ich wein te da mals wie ein klei nes Kind.<br />

Auf dem Bahn hof stand ein Of fi zier der<br />

Ro ten Ar mee. Er hör te mich re den, kam<br />

auf mich zu und frag te mich, ob ich et -<br />

was such te Er nahm uns alle mit, die<br />

Sprecherin war eigentlich ich. Der<br />

Kom pein Si mon aus Kärn ten war auch<br />

da bei. Er half mir auch ver schie de nes.<br />

Ein Mann war da bei, der woll te mich zu<br />

Frau en in Prag mit neh men, der ging auf<br />

alle Frau en los. Der Si mon riet mir da -<br />

von ab.<br />

Ich wur de auf ein Zim mer ge führt,<br />

dann kam plötz lich der Ernst Fi scher zu<br />

mir. Ich er zähl te ihm ei ni ges, auch wie<br />

wir die Schutz bünd ler über die Gren ze<br />

ge bracht hat ten. Ich konn te ja schie ßen,<br />

denn das lern te ich als Wehr tur ne rin<br />

beim Schutz bund. Plötz lich ging die<br />

Türe auf, ein Mann kam he rein mit ei -<br />

nem grau en An zug, ich kann te ihn<br />

nicht, doch er kam mir be kannt vor. Der<br />

Ge nos se Fi scher sag te mir, dass es ein<br />

Oberösterreicher wäre. Ich erzählte ihm<br />

von dem ers ten Tref fen. Da sah ich den<br />

Hai der das zwei te Mal.<br />

Ein mal spiel ten wir in ei ner Schu le<br />

Vol ley ball, da bei war auch der Ho fer<br />

Pe ter, der Fuchs Ernst, eine gan ze Men -<br />

ge wa ren dort. Die meis ten gin gen dann<br />

an die Spa nien front, auch ich woll te<br />

nach Spa nien, Ich sprach da rü ber mit<br />

dem Fürn berg Friedl, der mich aber<br />

frag te, was ich dort ei gent lich tun woll -<br />

te. Ich hieß da mals He le ne. Kol ver aber<br />

Mirl rie fen mich alle. Wir spiel ten Vol -<br />

ley ball, als plötz lich die Türe auf ging,<br />

und eine gan ze Men ge Män ner trat he -<br />

rein. Mit ten drin nen war der <strong>Franz</strong>l. Er<br />

zog den Rock aus, stell te sich so hin,<br />

warf den Ball ganz ge schickt zu rück.<br />

Ich be kam so ei nen Zorn, warf ihm den<br />

Ball hin auf, schrie, dass er ihn sich be -<br />

hal ten soll te und ging weg.<br />

Dann wa ren wir ge mein sam in der<br />

Schu le. Im Mai un ge fähr fing die Schu -<br />

le an. Die Go go lewsky schu le brann te<br />

ab. In der Nacht saß ich im mer und stu -<br />

dier te, denn fast alle an de ren hat ten<br />

schon Vor kennt nis se, aber ich muss te<br />

Anna Hai der (1902-1990)<br />

von Grund auf an fan gen. Ich ar bei te te<br />

Tag und Nacht. Ein mal klet ter te je mand<br />

beim Fens ter he rein, es war der <strong>Franz</strong>l,<br />

er schrec kte sich, weil er dach te, er<br />

wäre in sei nem Zim mer, klet ter te so fort<br />

zu rück und ne ben an ins Fens ter, in sein<br />

Zim mer. Jetzt hat ten sie Angst, dass ich<br />

et was sa gen wür de, aber es war mir<br />

egal.<br />

Dem Kar li sein Va ter wur de dann<br />

Nazi. Er war Tsche che, ich konn te ihn<br />

nicht hei ra ten, weil ich sonst al les ver -<br />

lo ren hät te. Er war beim SA-Mo tor -<br />

sturm. Das war für mich aus schlag ge -<br />

bend, dass ich von ihm weg ging. Un se -<br />

rem Sohn sag te ich nichts, er wuss te es<br />

bis zum Schluss nicht, dass sein Va ter<br />

Nationalsozialist gewesen war. Sein<br />

Va ter hieß Karl Ulip. Er war si cher kein<br />

über zeug ter Nazi, aber trotz dem. Sei ne<br />

Eltern waren Sozialdemokraten. Er<br />

war te te sehr lan ge auf mich. Auch sein<br />

Va ter hat te ihn ver sto ßen, aber die Mut -<br />

ter hielt zu ihm. Sein Va ter war ein lie -<br />

ber Kerl.<br />

Be vor die Schu le be gon nen hat te,<br />

gin gen der Schül ler Ri chard, der Teubl<br />

Ro bert und ich spa zie ren. Ich hat te an<br />

den Ri chard eine gro ße Bit te, näm lich<br />

mei nen Sohn zu se hen. Er sag te, dass<br />

wir gleich ge hen wür den. Da sah ich<br />

mei nen Sohn zum ers ten Mal. Ich stand<br />

an ei ner Hau se cke, als plötz lich ein gro -<br />

ßer Bub da her kam. Ich hat te ihn zwei<br />

Jah re nicht mehr ge se hen. Er schau te<br />

mich an und schrie nur mehr: „Mama,<br />

Mama, Mama, das kann nicht wahr<br />

sein.“ Wir fie len uns um den Hals und<br />

konn ten über haupt nichts re den. Er war<br />

da mals elf Jah re alt. Wir gin gen ganz<br />

lang spa zie ren. Ich wohn te da mals noch<br />

im Lux-Ho tel, wo wir ins Res tau rant<br />

gin gen. Ich glaub te, dass Kir schen was -<br />

ser ein gu tes Ge tränk war, aber der

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