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Franz Haider (1907-1968) - KPÖ Oberösterreich

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mich klar, dass ich be ob ach tet wur de.<br />

Sie war mit ei nem Ver bre cher zu -<br />

sam men. Sie hat te die Auf ga be ih rem<br />

Freund zu deu ten, wenn eine Pro sti tu -<br />

ier te mit Geld ein ge stie gen war. Ihr<br />

Freund ging der nach und ent riss ihr die<br />

Hand ta sche. Er wur de dann da mals ver -<br />

haf tet und hin ge rich tet. Da durch dass<br />

wir uns ge grüßt hat ten und sie kei ner<br />

kann te, wur den so fort sie und ihr<br />

Freund be ob ach tet. Zwei Tage spä ter<br />

kam dann die Ge sta po zu mir. Ich wuss -<br />

te das da mals nicht, und die Ge sta po<br />

glaub te, dass ich bei die sen Ver bre chen<br />

mitbeteiligt gewesen war.<br />

Ein mal ging ich mit mei ner Mut ter<br />

ins Kino. In die ser Nacht läu te te es um<br />

vier Uhr in der Früh an mei ner Woh -<br />

nungs tür. Ich schau te nach, und es war<br />

die Formanek, die Hausmeisterin. Sie<br />

war ganz über rascht, was ich da woll te,<br />

und ich sag te, dass ich doch wohl noch<br />

meine Mutter besuchen dürfte. Sie hatte<br />

das Jahr 1934 mit er lebt. Sie sag te, dass<br />

die Gestapo gerade bei ihr gewesen<br />

war. Sie wur de ge fragt, ob bei ihr im<br />

Haus eine Frau mit ei nem grau en Kos -<br />

tüm und ei nem wei ßen Haar strei fen im<br />

Haar sein wür de. Ich hat te eine Pig -<br />

ment stö rung, da durch der wei ße Strei -<br />

fen. Sie sag te, dass sie so eine Frau<br />

noch nie im Haus ge se hen hät te. Der<br />

Ge sta po mann ging hin auf und zeig te ihr<br />

die Tür, wo er glaub te, dass ich wohn te.<br />

Es war die Türe mei ner Mut ter. Die<br />

Hausmeisterin erzählte uns das gleich,<br />

und so be schloss ich, um mei ne Mut ter<br />

nir gends hin ein zu zie hen, wieder zu<br />

verschwinden.<br />

Ich ging zur Reith Kät he, die mir ei -<br />

nen An zug und eine Kap pe von ih rem<br />

Sohn von der Front gab. Ich hat te die<br />

Haa re wie ei nen Bu ben kopf ge schnit ten<br />

und setz te die Kap pe auf. Ich sag te mei -<br />

ne gan zen Tref fen ab. Ich sag te, dass<br />

wir uns in zwei bis drei Wo chen zur<br />

glei chen Zeit wie der ref fen wür den. Ich<br />

kam aber nicht mehr dazu. Der <strong>Franz</strong>l<br />

von Flo rids dorf kam hin auf und frag te,<br />

was los wäre. Ich er zähl te es ihm.<br />

Dann fuhr ich nach Linz. In mei nem<br />

ei ge nen Wag gon traf ich zwei Män ner,<br />

die mich auch be ob ach tet hat ten. Ich<br />

ging in die Ring stra ße, mach te kein<br />

Licht und blieb im Fins tern sit zen. Ich<br />

hör te den <strong>Franz</strong>l pfei fend nach Hau se<br />

kom men. Er glaub te ja, ich wäre in<br />

Wien. Er kam he rein, mach te Licht und<br />

frag te, was ich hier täte. Ich hät te mich<br />

nicht hin ein ja gen las sen sol len. Ich war<br />

wie der zu hau se. Ein mal kam der <strong>Franz</strong>l<br />

aus Wien und er zähl te mir, dass der<br />

Vati ge sagt hät te, dass ich um ge fal len<br />

wäre, aber der <strong>Franz</strong>l be stritt dies aufs<br />

hef tigs te. Er konn te sich das nicht vor -<br />

stel len, und es stimm te auch nicht. Der<br />

Ossi er zähl te dem Vati, dass ich alle<br />

Ver ab re dun gen ab ge sagt hät te, des halb<br />

hat te der Vati ge glaubt, dass ich um ge -<br />

fal len wäre, da bei war es der Ossi. Der<br />

<strong>Franz</strong>l re de te mit dem Teufl Sepp da rü -<br />

ber, der sag te, dass man sich bei kei nem<br />

Men schen si cher sein könn te, aber dass<br />

er auf jeden Fall abwarten sollte.<br />

Ich ging im mer ins Ei sen bah -<br />

ner-Dampf bad. Dort kam auch die<br />

Rech ka Liesl hin. Sie woll te mit mir<br />

hin ge hen, aber ich sag te ihr, dass ich<br />

glaub te, be ob ach tet zu wer den. Aber<br />

auch sie glaub te, dass ich al les nur über -<br />

spitz te. Sie sag te, wenn ich halt nicht<br />

mit ihr ge hen woll te, dann gin ge sie<br />

eben al lei ne. Ich ging, und als ich an der<br />

Land stra ße ging, sprang ein Mann aus<br />

einem Haus, der mich fotografierte. Er<br />

hat te aber kei nen Fo to ap pa rat in der<br />

Hand, ich hör te es aber kli cken. Ich<br />

glaub te schon fast, dass ich spin ne, der<br />

<strong>Franz</strong>l auch, und auch alle an de ren wa -<br />

ren der Mei nung, dass ich mir al les ein -<br />

bildete.<br />

Ich ging zum Kin der arzt Mei er. Die<br />

Mut ter ging auch mit. Ich ließ den Bu -<br />

ben un ter su chen. Als ich hin ein ge hen<br />

woll te, sag te der Arzt, dass es noch ei -<br />

nen Mo ment dau ern wür de, und zwei<br />

Män ner gin gen vor mir hin ein und blie -<br />

ben nur ganz kurz. Dann hol te mich der<br />

Arzt hin ein. Er un ter such te den Bu ben<br />

und sag te dann, ich soll te nach Hau se<br />

ge hen. Da bei schau te er mich ganz ei -<br />

gen tüm lich an. Kur ze Zeit spä ter ver -<br />

letz te sich der Hel mut bei Ei sen roh ren,<br />

und ich ließ den Dok tor Mei er ho len. Er<br />

sag te, wir soll ten auf den Bu ben nicht<br />

so hei kel sein, er wür de schon sei nen<br />

Mann stel len. So ging er fort.<br />

Ei nes Ta ges kam der <strong>Franz</strong>l und sag -<br />

te, dass er auch be ob ach tet wür de. Er<br />

ging zur EBG, ein Mann kam auf ihn zu<br />

und sag te: „Herr Hai der“, sonst ei gent -<br />

lich nichts. Ein Mann, der Di rek tor bei<br />

der EBG wer den soll te, warn te ihn und<br />

sag te ihm, dass eine Nach fra ge we gen<br />

ihm gewesen wäre.<br />

Er ging zum Teufl Sepp und sag te,<br />

dass ich mir nichts ein bil den wür de,<br />

dass er auch be ob ach tet wür de. Er ging<br />

zur Mir li und woll te über den Mei er Ig -<br />

naz wis sen, was los wäre. Es stimm te,<br />

wir be ka men die Aus kunft, dass wir<br />

bei de un un ter bro chen be ob ach tet wür -<br />

den. So hat ten wir die Be stä ti gung. Mir<br />

sag te er nichts da von, weil er mich in<br />

Sicherheit wiegen wollte. Wir beschlos -<br />

sen nur, nichts mehr zu ma chen, weil<br />

wir kei ne Loc kvö gel sein woll ten.<br />

Eines Tages, ich strickte gerade meiner<br />

Mut ter eine We ste, war ge ra de fer -<br />

tig, läu te te es, die Türe ging auf und der<br />

Mei er Ig naz kam he rein. Die Mut ter<br />

wur de blass, weil sie ihn kann te, ich<br />

kann te ihn nicht. Ich frag te, was er<br />

woll te. Er sag te zur Mut ter: „Frau Hai -<br />

der, Sie ken nen mich eh.“ Ich frag te,<br />

wer er wäre. Er sag te, dass ihn die<br />

Seite 9<br />

Schwie ger mut ter ken nen wür de, und<br />

dass wir in den Kel ler ge hen müss ten.<br />

Dort woll te er was nach schau en. In<br />

Wirk lich keit sag te er uns, dass wir ver -<br />

haf tet wer den wür den. Es war ein zwei -<br />

ter Wiener Gestapomann dabei, der in<br />

der Zwi schen zeit in der Woh nung<br />

blieb. Die ser such te alle Bü cher durch.<br />

Der Hel mut frag te auch, was der Mann<br />

woll te. Er nahm mich um den Hals und<br />

woll te mich nicht mehr los las sen. Der<br />

Ge sta po mann frag te mich, wo wir was<br />

ver steckt hät ten. Ich sag te, dass ich<br />

nicht wüss te, wo nach sie such ten, und<br />

sie soll ten nur su chen bis sie fin den,<br />

was sie wollten. Ich wusste von nichts.<br />

Der Mei er kam mit der Schwie ger -<br />

mut ter wie der he rauf. Sie war ganz<br />

blass, weil sie ja auch schon wuss te,<br />

dass der <strong>Franz</strong>l zur glei chen Zeit in der<br />

EBG ver haf tet wur de. Ein Mann, ein<br />

Schwarzer, hatte damals beobachtet,<br />

dass die Män ner vor her in die Lade des<br />

<strong>Franz</strong>ls etwas hineingelegt hatten, da -<br />

mit sie ei nen Grund hat ten, ihn zu ver -<br />

haf ten. Der sag te es auch dem Di rek tor.<br />

Alle zwei ka men wir ins Kol ping haus.<br />

Ich hör te den Bu ben nach mir schrei en,<br />

der Wie ner Ge sta po mann warf ihm ein<br />

Stück Scho ko la de hin. Wir ahn ten ja<br />

schon, dass un se re Ver haf tung be vor -<br />

ste hen wür de, des halb hat ten wir uns<br />

vor her noch alle fo to gra fie ren las sen,<br />

da mit ein An den ken von uns<br />

dagewesen war.<br />

Ich sah den <strong>Franz</strong>l nicht mehr, ob -<br />

wohl wir bei de ins Kol ping haus ge -<br />

bracht wor den wa ren. Der <strong>Franz</strong>l blieb<br />

in Linz, ich wur de nach Wien ge bracht.<br />

Ich wur de in Wien ver hört und saß dort<br />

sechs Monate im Gestapokeller. Dort<br />

hau ten sie mir auch die Zäh ne ein. Der<br />

<strong>Franz</strong>l blieb in Linz. Ich kam in die<br />

Schiffs amt gas se. Da kam er erst nach<br />

Wien, was ich aber nicht ge wusst hat te.<br />

In der Schiff amts gas se war ich sehr<br />

un glüc klich, ich wein te un un ter bro -<br />

chen. Ein mal ging die Türe auf und die<br />

Menz Pep pi kam he rein. Sie strich mir<br />

übers Haar. Sie frag te, ob ich eine Wie -<br />

ne rin wäre. Ich be jah te. Sie wun der te<br />

sich, dass ich von Linz ge kom men war,<br />

aber ich klär te es auf, weil ich ja mit ei -<br />

nem Lin zer ver hei ra tet war. Sie sag te,<br />

dass sie alle ge weint hät ten, als sie hier -<br />

her ge kom men wa ren. Ich soll te mich<br />

nur aus wei nen, dann bei dem Guc kloch<br />

hin un ter schau en und das Zei chen-ABC<br />

lernen.<br />

Ich stieg hin auf, lern te das Zei -<br />

chen-ABC, konn te mich so mit ver stän -<br />

di gen und be merk te, was dort für ein<br />

Elend herrsch te. Frau en mit acht Kin -<br />

dern, das klein ste acht zehn Mo na te alt<br />

und wei ter sol che Fäl le. Ich sah so viel<br />

Elend, dass mei ne Sor gen im mer klei -<br />

ner und we ni ger wur den, dass ich ei -<br />

gent lich gar nicht be rech tigt war, über

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