GL 3/2009 - der Lorber-Gesellschaft eV
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Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
Die Burg des Melchisedek<br />
Gedanken zum Gebet<br />
Gott o<strong>der</strong> Vater<br />
Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />
Unversöhnlichkeit bis über den Tod hinaus<br />
Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe<br />
Die Turmuhr
INHALT<br />
Otto Hillig Die Liebe S. 2<br />
Klaus W. Kardelke Editorial S. 3<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits S. 5<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> Morgendank S. 15<br />
Peter Keune Die Burg des Melchisedek S. 16<br />
Willigis Jäger Gedanken zum Gebet S. 34<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> Gebet des Herzens S. 38<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> Gott o<strong>der</strong> Vater S. 39<br />
Alexan<strong>der</strong> Stern Die Entwicklungsstufen im Jenseits S. 42<br />
Johannes Gommel Unversöhnlichkeit bis über den Tod hinaus S. 45<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe S. 47<br />
Leopold Engel Rat eines Seligen S. 48<br />
Ramakrishna Christusvision S. 49<br />
Iwan Turgenjew Das Geschenk des Bettlers S. 50<br />
Jakob <strong>Lorber</strong> Die Turmuhr S. 51<br />
Weisheitsgeschichten Wo kann ich Gott finden S. 52<br />
Hingabe S. 53<br />
Der Mensch und sein Schatten S. 53<br />
Mein Bru<strong>der</strong> S. 54<br />
Von <strong>der</strong> Suche S. 54<br />
Klarheit S. 54<br />
Verschiedenes S. 55<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />
Verwaltungsanschrift: Postfach 114<br />
83731 Hausham / Deutschland<br />
Tel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294<br />
E-Mail-Anschrift:<br />
<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de<br />
Internet-Seite:<br />
www.<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.de<br />
www.andritzquelle.de<br />
Schriftleitung:<br />
Klaus W. Kardelke<br />
Redaktion:<br />
Angelika Penkin<br />
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- Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -<br />
Jahrgang 29 <strong>2009</strong> Heft 3<br />
„Ich komme um zu retten, was noch zu retten ist, wie ein<br />
Blitz, <strong>der</strong> vom Aufgang bis zum Nie<strong>der</strong>gang leuchtet. Wer da<br />
das Licht dieses Blitzes annimmt, <strong>der</strong> wird gerettet. Wer aber<br />
dieses Licht nicht annimmt, <strong>der</strong> geht zugrunde; d.h. er begibt<br />
sich auf einen Weg, auf dem es sehr schwer wird, das ihm von<br />
Gott gestellte Ziel zu erlangen.<br />
Du aber hast das Licht des Blitzes wohl ergriffen. Daher kam<br />
auch <strong>der</strong> Retter Selbst zu dir und führt dich nun des rechten<br />
Weges. Aber du musst dem Retter willig folgen und Ihm<br />
durch deinen äußeren Verstand keine Hemmnisse in den Weg<br />
legen, sonst verzögerst du selbst die Erreichung des Zieles.“<br />
(Von <strong>der</strong> Hölle bis zum Himmel Bd.1 Kap. 39,12-13)
2 Die Liebe<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Die Liebe<br />
Liebe krönt des Menschen Seele,<br />
Liebe nie ersticken kann.<br />
Tust du auch so manche Fehle,<br />
Liebe bricht sich wie<strong>der</strong> Bahn.<br />
Liebe segnet die, die fluchen,<br />
Liebe lin<strong>der</strong>t jeden Schmerz;<br />
Liebe wird dich einstens rufen,<br />
so nur Lieb' erfüllt dein Herz.<br />
Liebe kehret ein bei Armen,<br />
bricht den Hungrigen das Brot,<br />
Liebe spendet voll Erbarmen,<br />
Liebe lin<strong>der</strong>t jede Not.<br />
Liebe ist ein göttlich Wesen,<br />
das <strong>der</strong> Erde nicht entstammt,<br />
hilft dir geistig zum Genesen,<br />
sie des Frommen Herz durchflammt.<br />
Die Liebe schützt dich vor'm Gericht,<br />
denn Gott, die Ew'ge Liebe spricht:<br />
„So lasse, Kind, in deinem Herzen<br />
<strong>der</strong> Liebe vollen, freien Lauf,<br />
sie hilft dir tragen deine Schmerzen<br />
und nimmt dich einst in Gnaden auf.“<br />
Otto Hillig
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Editorial<br />
3<br />
Editorial<br />
Wir leben in einer Welt voller Gegensätze und<br />
Trennungen. Wir erleben sie in den Polaritäten von Tag und<br />
Nacht, gut und böse, licht und dunkel, arm und reich,<br />
schwarz und weiß und wo immer wir nur hinschauen.<br />
Selbst in uns finden wir gegensätzliche Kräfte, finden<br />
wir Licht- und Schattenseiten. Eine Seite in uns strebt nach<br />
Höherem, dem Lichte entgegen, während die an<strong>der</strong>e Seite<br />
sich dem Materiellem, Erdhaftem und Sinnlichem zuneigt.<br />
Klaus W. Kardelke<br />
Geschäftsführen<strong>der</strong><br />
Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />
Bereits Goethe erkannte: „Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust,<br />
die eine will sich von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n trennen; die eine hält, in <strong>der</strong>ber<br />
Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen; die an<strong>der</strong>e hebt<br />
gewaltsam sich vom Dust (= Staub) zu den Gefilden hoher Ahnen.“<br />
Schon in <strong>der</strong> Schöpfungsgeschichte <strong>der</strong> Bibel, die ja auch ein Bild<br />
unserer eigenen geistigen Entwicklung darstellt, trennte Gott das Licht von<br />
<strong>der</strong> Finsternis: „da schied Gott das Licht von <strong>der</strong> Finsternis; und Gott<br />
nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht.“ (1.Mos.1,4)<br />
So sind wir als von Gott getrennte Wesen in eine getrennte Welt gesetzt<br />
mit all ihren vielfältigen Gegensätzlichkeiten und mit <strong>der</strong> hohen<br />
Bestimmung wie<strong>der</strong> in die Einheit mit Gott und uns selbst zurückzufinden.<br />
Und so stehen wir im beständigen Wi<strong>der</strong>streit und in Feindschaft mit<br />
unserer äußeren und inneren Welt, mit unseren Fehlern und Schwächen,<br />
mit unseren tief verborgenen und allzu oft verdrängten Schattenseiten.<br />
Doch unser eigentliches inneres Wesen, unser wahres Selbst ist geistig<br />
und göttlicher Natur, ist Liebe, wie es <strong>der</strong> Herr uns bestätigt: „Ihr seid ja<br />
selbst nur pur Liebe aus Gott und in Gott, und euer Dasein ist in sich<br />
durch den Willen <strong>der</strong> Liebe Gottes selbst ja nur verkörperte Liebe<br />
Gottes!“ (GEJ. 7; 141,05)<br />
Da wir nun Liebe sind, so ist es auch unsere Aufgabe alles mit Liebe<br />
anzunehmen, selbst unsere Schattenseiten. Denn unsere Fehler und<br />
Schwächen sind uns nicht gegeben zu unserem Leid, son<strong>der</strong>n damit wir<br />
uns erkennen und vervollkommnen und unsere wahre Identität und Einheit<br />
allein in Gott wie<strong>der</strong>finden und Seine Eigenschaften in uns entwickeln.<br />
„Denn die Schwäche in uns ist ein vom Herrn geflissentlich<br />
unvollendeter Teil unseres Wesens, den wir selbst vollenden sollen, um<br />
dadurch die göttliche Ähnlichkeit unseres Geistes in uns selbst<br />
bekräftigend zu rechtfertigen und dadurch ein wahrhaft freies Leben für<br />
ewig durch uns selbst zu gründen.“ (HGt. 3; 110,08)<br />
Die inneren Schatten zu erkennen und zu bekennen und damit ans Licht
4 Editorial<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
<strong>der</strong> göttlichen Wahrheit und Liebe zu för<strong>der</strong>n, damit sie in dieser verklärt<br />
werden, ist unsere Aufgabe. Denn unsere Schatten können im Lichte nicht<br />
bestehen, sie lösen sich gänzlich auf und wandeln sich ebenfalls in Licht<br />
um.<br />
„So wir aber nur lieber unsere Schwächen verdeckt, als geoffenbart in<br />
uns tragen wollen, da schaden wir uns ja nur selbst und sind selbst<br />
Schuldträger, so wir am Ende durch sie zugrunde gehen!“ (HGt. 3; 110,09)<br />
Letztendlich sind unsere Fehler und Schwächen, unser Ärger und unser<br />
Zorn Bestandteile unserer noch unvollkommenen Seele, sind geistige<br />
Kräfte und Energien, sind Wesenheiten, die auf Erlösung harren, über die<br />
wir mit Liebe herrschen sollen, sie in die richtige Richtung weisend.<br />
„Ihr wisst, dass all das Böse und Falsche herrührt von den im<br />
Menschen wohnenden argen Geistern, die sämtlich danach streben, den<br />
Willen des Menschen für sich zu gewinnen, um sich mittels desselben<br />
auch endlich seiner Liebe zu bemächtigen.“ (HiG. Bd. 3, S. 70,4)<br />
Unsere Aufgabe ist es, mit göttlicher Hilfe die Herrschaft über diese<br />
inneren Kräfte zu erlangen, sie uns untertan zu machen, sodass sie uns<br />
dienen und nicht wir ihnen, um so die göttliche Ordnung und damit den<br />
göttlichen Geist in unserer Seele wie<strong>der</strong> Raum zu verschaffen.<br />
Sagte Jesus nicht: ‚Liebet eure Feinde!‘ und meinte Er damit wirklich<br />
nur die äußeren und nicht auch die inneren Feinde? Denn vielfach sind wir<br />
ja unser größter Feind selbst, unbarmherzig und verdammend gegen uns<br />
und unseren missverstandenen Fehlern und Schwächen, die uns<br />
letztendlich nur unseren Weg zum Heil weisen wollen.<br />
Gilt es denn nicht auch die dunklen, lichtlosen Seiten unseres eigenen<br />
Wesens liebevoll anzunehmen und zu veredeln, als ein von Gott gegebenes<br />
Gut zu unserer Vervollkommnung.<br />
Nur allzuoft sehen wir unsere negativen Seiten in uns als störend und<br />
hin<strong>der</strong>lich an, kämpfen gegen sie und verleihen ihnen dadurch noch mehr<br />
Macht über uns.<br />
Doch kann es nicht sein, dass gerade sie es sind, die uns bei gerechter<br />
Betrachtung und Überwindung als Sprungbretter zu geistigen Höhen<br />
dienen, die uns immer wie<strong>der</strong> zu geistigen Höchstleistungen anspornen.<br />
Vielleicht wäre es einmal angebracht über unsere eigenen Schatten zu<br />
springen und auch unseren inneren Feinde mehr mit Liebe und Verständnis<br />
zu begegnen und sie im göttlichen Lichte zu betrachten, als Geschenke<br />
eines liebenden Vaters an Seine Kin<strong>der</strong> auf dem Weg zu ihrer Vollendung.<br />
Euer Klaus Kardelke
6 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
heller Denkenden mit Händen zu greifen sein - zumal ihm dafür noch<br />
tausend Beweise aus dem Leben <strong>der</strong> Somnambulen und vieler Seher und<br />
Propheten zur Einsicht zu Gebote stehen -, dass das rein geistige Leben<br />
jenseits ein viel helleres, sich seiner selbst und aller an<strong>der</strong>n subjektiven<br />
und objektiven Vorgänge, Zustände und Verhältnisse des Lebens ein um<br />
ebensoviel reiner Bewussteres sein muss, als um wie viel <strong>der</strong> Geist über<br />
alle Materie - die, wie gezeigt, nichts als ein fixierter Ausdruck seiner<br />
Gedanken und Ideen ist - für ewig steht als selbst Licht, Leben, Kraft und<br />
vollstes Bewusstsein in sich.<br />
Weil aber nicht nur ein, son<strong>der</strong>n alle nach Meiner Ordnung lebenden<br />
Menschen in ein gleiches allervollkommenstes Leben übergehen, so ist die<br />
Frage ob des einstigen Wie<strong>der</strong>sehens eine eitle. Denn so die Menschen in<br />
diesem unvollkommenen Puppenleben schon die Fähigkeit des sich<br />
Wie<strong>der</strong>erkennens und natürlichen Wie<strong>der</strong>sehens besitzen, die sie doch<br />
nicht abstreiten o<strong>der</strong> bezweifeln können, so werden sie diese Fähigkeit<br />
wohl um so mehr im vollkommensten, rein geistigen Leben besitzen, wo<br />
ihr ganzes Wesen <strong>der</strong> unvergängliche Ausdruck und das Grundprinzip<br />
alles Lebens und aller Verhältnisse und Vorkommnisse desselben ist! Auf<br />
dieser Welt erkennt ja auch durch den Leib hindurch die Seele durch den<br />
Geist in ihr die ihr bekannten und verwandten Menschen, kann sich an<strong>der</strong>n<br />
befreundet und vollends verwandt machen und erkennt sie dann als solche<br />
<strong>der</strong> Gestalt und dem Charakter nach allzeit wie<strong>der</strong>. So aber solches die<br />
Seele und <strong>der</strong> Geist vermag durch all die tausend Kerkerwände des in sich<br />
selbst toten Leibes, um wie viel mehr wird sie solches in ihrem völlig<br />
freien Zustande vermögen, wie solches schon an sehr vielen Somnambulen<br />
nur zu oft beobachtet worden ist, die mit fest verschlossenen Augen nicht<br />
nur ihre Umgebung oft bis auf den innersten Lebensgrund, son<strong>der</strong>n auch<br />
die in fernen Landen sich irgendwo befindenden Menschen, um die sie<br />
befragt wurden, mit allen ihren Zuständen und Verhältnissen geschwind<br />
und überaus wohl erkannten! Und doch ist die Seele einer noch so hellen<br />
Somnambule noch bei weitem nicht in dem freien Zustande, wie eine<br />
sogar noch mehr unvollkommene Seele nach dem Abfalle ihres Leibes!<br />
Dass unvollkommene Seelen sich nach ihrem Freiwerden vom Leibe<br />
nur zu bald mehr und mehr verfinstern, das liegt in ihrem bösen Willen.<br />
Solche Seelen sehen dann freilich von <strong>der</strong> Welt nichts mehr, was sehr<br />
notwendig ist, da sie in einem sehenden Zustande <strong>der</strong> Welt und namentlich<br />
denen, die sie zu ihren Feinden rechneten, einen zu bedeutenden Schaden<br />
zufügen würden. Solche Seelen und respektive Geister sehen dann nur das,<br />
was sich aus ihrer Phantasie gleich einer nie<strong>der</strong>sten Traumwelt entwickelt.<br />
In solcher Phantasiewelt verharren solche Seelen dann oft Hun<strong>der</strong>te von
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
7<br />
Jahren, sehen die stets neu ankommenden Seelen, wenn sie auch auf <strong>der</strong><br />
Erde ihre nächsten Verwandten waren und diese sie sogleich ersehen,<br />
nicht. Sie sehen nur ihre lang andauernde Phantasiewelt und sind daher nur<br />
den Engeln durch pure Entsprechungen, die die Engel in die Phantasiewelt<br />
solcher blinden Seelen hineinzuschieben imstande sind, zur Belehrung<br />
zugänglich.<br />
Wenn sie Belehrung und dadurch eine Besserung ihres Willens<br />
annehmen, so verschwindet nach und nach ihre Phantasiewelt, und sie<br />
kommen dann stets mehr und mehr zum wahren Licht und zur Anschauung<br />
all des Daseienden und somit zum Wie<strong>der</strong>sehen ihrer Verwandten und<br />
Freunde. Sie erkennen sie dann als solche auch gar bald wie<strong>der</strong> und haben<br />
eine rechte Freude an ihnen.<br />
Bessern sie sich aber nicht, so bleiben sie in ihrer stets ärger werdenden<br />
Traumwelt lange Zeiten <strong>der</strong> Zeiten. Und da ist dann vom erfreulichen<br />
Wie<strong>der</strong>sehen und Wie<strong>der</strong>erkennen keine Rede. Sowenig irgend ein<br />
materieller Mensch in einem sehr materievollen Traume sich irgend seiner<br />
Außenverhältnisse und Lebenszustände erinnern kann, son<strong>der</strong>n nur das<br />
schaut, was ihm seine Phantasie als plastisch vorgaukelt, ebenso wenig<br />
und eigentlich noch bei weitem weniger kann eine finstere Seele sich<br />
jenseits irgend an etwas erinnern o<strong>der</strong> etwas erkennen in ihrem<br />
Traumkreise, in dem sie sich nie tätig, son<strong>der</strong>n allzeit nur leidend befindet<br />
und sich daher aus sich selbst auch eine nahe ewig andauernde Zeit, nach<br />
dem Maße dieser Erde genommen, nimmer frei machen kann!<br />
Wer hier nicht wenigstens zur Hälfte im Geiste wie<strong>der</strong>geboren wird,<br />
kommt jenseits mehr o<strong>der</strong> weniger in den oben bezeichneten Zustand und<br />
kann sich selbst darin ebenso wenig helfen wie <strong>der</strong> Embryo im<br />
Mutterleibe, dessen Regen und Bewegen von dem notwendigen äußeren<br />
Zustande <strong>der</strong> Mutter abhängt. Aber es waltet dennoch eine ganz eigene<br />
Bewandtnis bei solchen Seelen ob, was da mit dem Zustande des Embryo<br />
im Mutterleibe etwas Unterschiedliches hat. Und das besteht, um für den<br />
Verstand <strong>der</strong> Menschen vernehmlich zu reden, darin, dass <strong>der</strong> Embryo im<br />
Mutterleibe als sich neubildende Kreatur durchaus leidend ist, während die<br />
finstere Seele ganz aus sich tätig und leidend zugleich ist und, weil sie<br />
nicht will, nicht untätig werden kann, auf dass sie dadurch möchte<br />
unleidend werden.<br />
Wie kommt aber das? So ein Mensch auf dieser Welt entwe<strong>der</strong> nur sehr<br />
wenig o<strong>der</strong> zumeist wohl auch gar nichts zur Belebung und Bildung<br />
dessen, was seine Seele in ihrem Herzen verborgen trägt, getan hat,<br />
son<strong>der</strong>n alles nur auf den äußeren Verstand verwendete und diesen dann<br />
dazu benutzte, wohlberechnete Wege einzuschlagen, um auf diesen sich
8 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
weltliche Schätze - welcher Art und welchen Namens sie auch immer sein<br />
mögen - zu verschaffen, um sich durch sie die möglichst feinsten und in<br />
je<strong>der</strong> Hinsicht wohlschmeckendsten Genüsse und Lustreize zu bereiten, so<br />
ist, wenn dann solch eines Menschen Seele jenseits ankommt, ihre<br />
göttliche Lichtkammer dicht verrammt und verschlossen. Das irdische<br />
Verstandeslicht aber, das eigentlich bloß eine Kombination <strong>der</strong> äußeren,<br />
materiellen Lichtbil<strong>der</strong> ist, die an den vielen Millionen Flächen <strong>der</strong><br />
Gehirntäfelchen für die Seele ersichtlich sind, und aus denen die Seele<br />
allzeit, nach Art <strong>der</strong> dummen Astrologen, ihre Berechnungen macht und<br />
dann wie von <strong>der</strong> Macht des dicksten Aberglaubens sich danach zu<br />
handeln genötigt fühlt, bleibt ohnehin so wie die Bil<strong>der</strong>galerie eines<br />
Bil<strong>der</strong>liebhabers, wenn er stirbt, in <strong>der</strong> Welt zurück. Die Folge ist, dass<br />
solch eine Seele dann notwendig total finster in <strong>der</strong> Geisterwelt anlangen<br />
muss und nichts behält als das Bewusstsein o<strong>der</strong> den Ausdruck des Lebens<br />
und nur insoweit die Erinnerung an ihre irdischen Zustände und<br />
Verhältnisse, inwieweit solche in <strong>der</strong> (dem leiblichen Gehirn)<br />
entsprechenden Gehirnkammer <strong>der</strong> Seele in entsprechenden Typen<br />
aufgezeichnet sind, welche die immerhin höchst sensible Seele fühlt und<br />
ihrer gewahr wird, wenn sie dieselben zufolge ihrer Finsternis auch nicht<br />
klar beschauen kann.<br />
Dass ein solcher Zustand einer an alle Lustreize des Lebens gewöhnten<br />
Seele nur zu bald unerträglich wird, lässt sich hoffentlich leicht begreifen<br />
und sogar lebendig fühlen. Solch eine Seele gerät dann bald in eine große<br />
Furcht, Angst und am Ende in einen großen Ärger und Zorn, wodurch sich<br />
in ihr dann eine Art Glutschimmer entwickelt.<br />
Denn wo immer jemand schon in <strong>der</strong> gerichteten Materiewelt<br />
irgendeine starke Tätigkeit ersieht - wie etwa einen heftigen Sturm, eine<br />
starke Meeresbrandung, eine starke Reibung zweier Gegenstände gleicher<br />
o<strong>der</strong> ungleicher Art, einen mächtigen Druck zweier harter Körper<br />
aufeinan<strong>der</strong> und <strong>der</strong>artiges mehr, - da wird er dabei, beson<strong>der</strong>s zur<br />
Nachtzeit, auch eine Feuer- und Licht- o<strong>der</strong> wenigstens eine<br />
Schimmerentwicklung bemerken, welche von den Naturgelehrten mit dem<br />
allgemeinen, aber eben nicht immer tauglichen Namen Elektrizität<br />
bezeichnet wird, - im Grunde aber und ganz eigentlich <strong>der</strong> vollen Wahrheit<br />
gemäß nichts als eine Erregtheit <strong>der</strong> in aller Materie mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
hart gefangenen Naturgeister ist, die stets desto eher und leichter erregt<br />
werden können, je härter sie gefangen sind. Sind sie aber leichter gehalten,<br />
wie etwa in <strong>der</strong> Luft, im Wasser, im Lehm und in allerart an<strong>der</strong>en flüssigen<br />
und weichen Körpern, so gehört auch im Verhältnis eine heftigere<br />
Bewegung (Tätigkeit, s.o.) dazu, damit die ihr nicht so schnell ausweichen
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
9<br />
könnenden Naturgeister erregt und durch ihre höchst schnell vibrierende<br />
Bewegung innerhalb ihrer sie gefangen haltenden leichten und höchst<br />
durchsichtigen Hülse als ein Licht o<strong>der</strong> als ein Glühen ersichtlich werden.<br />
Dass diese Erregung <strong>der</strong> Naturgeister aber in <strong>der</strong> Vibration besteht,<br />
kann ein je<strong>der</strong> Mensch von nur einigem Beobachtungsgeiste beseelt leicht<br />
aus tausendfachen Erscheinungen in <strong>der</strong> Naturwelt ersehen und erkennen.<br />
Wenn irgend ein Mensch o<strong>der</strong> sogar auch ein Tier durch was immer in<br />
seinem Gemüt sehr erregt wird, so wird an ihm ein Beben bemerkt,<br />
welches von nichts an<strong>der</strong>em als lediglich von <strong>der</strong> Erregtheit <strong>der</strong> im Fleisch<br />
und Blut gefangenen Naturgeister herrührt. Eine Saite auf einem<br />
Toninstrument vibriert, wenn sie einen Stoß o<strong>der</strong> Schlag bekommt, weil<br />
die in <strong>der</strong> Materie <strong>der</strong> Saite gefangenen Geister durch den Schlag o<strong>der</strong><br />
Stoß erregt werden. Die Flamme jeden Lichtes, die nichts als ein Akt <strong>der</strong><br />
Freiwerdung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Materie gefangenen Naturgeister ist, besteht in<br />
stets sichtbarer Vibration, die durch die Tätigkeit <strong>der</strong> frei werdenden<br />
Naturgeister entsteht. Und <strong>der</strong>gleichen Erscheinungen gibt es noch<br />
Tausende und abermals Tausende, an denen <strong>der</strong>selbe Akt beobachtet<br />
werden kann. - - -<br />
Es ist gesagt worden, dass die Seele durch den Verlust ihres Weltlichtes<br />
und aller aus demselben hervorgehenden Lustbarkeiten zuerst in eine<br />
große Furcht und Angst und am Ende in einen großen Ärger und Zorn<br />
gerät, wodurch in ihr eine Art Glutschimmer erzeugt wird. Dieser<br />
Glutschimmer entsteht im Wesen <strong>der</strong> Seele entsprechend auf die ganz<br />
gleiche Weise wie in <strong>der</strong> Naturwelt.<br />
Die Furcht ist die erste Erregung <strong>der</strong> in je<strong>der</strong> einzelnen Seele<br />
vorhandenen endlos vielen seelisch-geistigen Spezifikalpotenzen. Wenn<br />
alle Potenzen in ein immer heftigeres Beben geraten, so wird <strong>der</strong> ihnen<br />
gegebene Formraum bald zu eng. Da aber die äußere Form, innerhalb <strong>der</strong><br />
alle die zahllosen Potenzen zu einem Leben vereinigt sind, bald zu eng<br />
wird - weil sie nicht so leicht erweitert werden kann und darf -, so ist die<br />
Folge davon dann notwendig ein immer heftigeres Drängen und Drücken<br />
nach allen Seiten hin, wodurch in dem konkreten Gesamt o<strong>der</strong> besser<br />
gesagt Ein-Leben das Gefühl <strong>der</strong> Angst zum Vorschein kommt.<br />
Wenn das Drängen und Drücken stets heftiger werdend andauert, so<br />
entsteht daraus eine geistige Gärung, die man Ärger nennt. Wie aber schon<br />
in <strong>der</strong> Natur das Resultat einer stets heftiger werdenden Gärung eine volle<br />
Entzündung ist, ebenso ist das Endresultat <strong>der</strong> großen Gärung <strong>der</strong><br />
seelischen Spezifikalpotenzen eine volle Entzündung, und diese heißt<br />
Zorn. Und von solchem Zorn rührt dann auch die Erscheinlichkeit des<br />
Glutschimmers her, <strong>der</strong>, so er heftiger und heftiger wird, endlich in einen
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<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
vollen Brand übergeht, <strong>der</strong> als böseste Erscheinung des Lebens Wut und<br />
im eigentlichsten Sinne Hölle heißt und ist.<br />
Wenn nun eine abgeschiedene Seele sogestaltig in den besprochenen<br />
Glutschimmer gerät, so fängt sie dadurch an, die in ihrem Gehirne<br />
vorhandenen geistigen Stigmata sehr matt zu erschauen und erkennt bald<br />
viel eitel Böses und wenig Gutes in ihrem Wesen. Sie sieht in solchem<br />
Zwielicht auch nicht selten die Mücke für einen Elefanten und umgekehrt<br />
den Elefanten für eine Mücke an. Aus solchen Anschauungen entwickeln<br />
sich dann in <strong>der</strong> Seele allerlei ganz luftige und durchsichtige, man könnte<br />
sagen formlose Formen gleich den Luftschlössern eines verliebten<br />
Jünglings auf <strong>der</strong> Welt, die bei einer sehr heftigen Phantasie nicht selten<br />
auf Augenblicke in eine förmlich ersichtliche Erscheinlichkeit treten, aber<br />
bei <strong>der</strong> geringsten Gemütsstörung in ein Nichts verschwimmen.<br />
Weil aber die Seele auf die gezeigte Weise nichts zu einer bleibenden<br />
Realität bringen kann und durch die momentan auftauchenden, mehr Zerrals<br />
wohlgeordneten Bil<strong>der</strong> nur stets mehr gereizt und erregt wird, wodurch<br />
am Ende sogar das Innerste „Herzensstöße“ zu bekommen anfängt, so<br />
kommt dadurch dieses Innerste dann auch in eine, aber ganz<br />
entgegengesetzte Tätigkeit.<br />
Durch diese Tätigkeit (ihres Urgeistes aus Gott) wird die wilde<br />
Tätigkeit <strong>der</strong> Seele beruhigt, so dass am Ende die Seele in sich selbst in<br />
einen förmlichen Schlaf gerät, also ruht, und in dieser Ruhe als mehr<br />
vereinigt mit ihrem Urgeiste aus Mir in einen förmlichen Traum kommt<br />
und, weil sie sich in solchem Zustande ganz behaglich fühlt, darin auch<br />
verbleibt, - ein Zustand, den die alten Seelen- und Lebensforscher den<br />
Seelenschlaf nannten.<br />
Der im Herzen <strong>der</strong> Seele nun gegen die Gelüste <strong>der</strong> Seele tätige Urgeist<br />
schafft nun für die Seele stets mehr und mehr solche Bil<strong>der</strong>, die einesteils<br />
stets das enthalten, was <strong>der</strong> Seele selbstliebigem und herrsch- und<br />
genusssüchtigem Sinne zusagt. Aber sowie sie solches in ihrem Traume,<br />
den sie natürlich für Wirklichkeit hält, vollgierig ergreifen will, so wird es<br />
entwe<strong>der</strong> zunichte o<strong>der</strong> es weicht zurück und flieht von dannen.<br />
An<strong>der</strong>nteils aber wird <strong>der</strong> Seele auch solches produziert, was ihr frommt,<br />
und so sie es ergreift und zu ihrem wahren Besten verwendet, so bleibt es,<br />
und es fängt also aus dem Traume eine feste und bleibende Welt (für die<br />
Seele) sich zu entwickeln an.<br />
Je mehr die Seele das ergreift, was ihr von ihrem Urgeiste geboten<br />
wird, desto mehr einigt sie sich mit ihm und geht so unvermerkt in ihren<br />
Urgeist ein und mit demselben zum Urlichte und aller Wahrheit aus ihm.<br />
Und sie erkennt da bald sich vollends wie<strong>der</strong> und alle ihre Bekannten und
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
11<br />
Verwandten und wird gewöhnlich durch sie dann zu Mir Selbst hingeleitet,<br />
wo ihr dann auch nach dem Maße ihrer Vollendung und Einswerdung mit<br />
ihrem Geiste stets mehr Licht und Weisheit gegeben wird und das volle<br />
Vermögen, in die Naturwelten schauen und ersprießlich tätig werden zu<br />
können. Dass in diesem Falle ein vielseitiges Wie<strong>der</strong>sehen eine ganz<br />
natürliche Folge ihrer geistigen Vollendung ist, bedarf wohl keines<br />
weiteren Beweises mehr.<br />
Aber was geschieht denn hernach mit jenen Seelen, denen in ihrem<br />
jenseitigen Traumleben die vorgespiegelten Bil<strong>der</strong> und Erscheinlichkeiten,<br />
nach denen ihr selbst- und genusssüchtiger Sinn giert, durch die guten<br />
Erscheinlichkeiten nicht aus dem Begehrsinne getrieben werden können?<br />
Was geschieht, frage Ich, mit solch einer Seele, die darum stets mehr in<br />
Wut gerät, weil sie die Gegenstände ihrer Lust, die ihr vorgezaubert<br />
werden, nicht erreichen und festhalten kann? Gibt es in diesem Falle auch<br />
ein Wie<strong>der</strong>sehen? Nein, sage Ich, da gibt es kein Wie<strong>der</strong>sehen!<br />
Solch einer Seele wird dann ihr eigener Geist zum unerbittlichsten<br />
Richter. Er lässt sie am Ende die vorgespiegelten Dinge und Objekte<br />
erreichen und sich nach ihrem argen Sinn an ihnen erlustigen; aber solche<br />
Erlustigung bereitet <strong>der</strong> Seele allzeit den größten und brennendsten<br />
Schmerz und macht sie auf eine lange Zeit wie<strong>der</strong> ganz finster.<br />
Der Geist lässt dann zu, dass eine also finster gewordene Seele in ihrer<br />
größten Wut, die sie durchglüht und ihr also ein böses Licht gibt, um<br />
ihresgleichen außer sich wahrzunehmen, nun wirklich mit Seelen ihrer Art<br />
zusammenkommt.<br />
Da geschehen dann sogleich Verbindungen und Zusammenrottungen<br />
von solchen, die sich ihre Wut gegenseitig mitzuteilen beginnen. Sie<br />
verschanzen sich gegen die Feinde, mit denen sie in ihrem Traumleben,<br />
das solche Seelen aber für Wirklichkeit halten, in eine für sie widrigste<br />
Berührung kommen und fassen die racheglühendsten Beschlüsse, sich eher<br />
selbst nach aller Möglichkeit zu töten, als sich irgendeine noch so geringe<br />
göttliche Anordnung mehr gefallen zu lassen.<br />
In einer solchen Verschanzung, zu <strong>der</strong> sie das Material aus ihrer<br />
Einbildung nehmen - insoweit sie irgendeiner Einbildung in ihrem<br />
Wutglühlichte fähig sind -, verharren sie oft sehr geraume Zeiten und<br />
werden darob nur von neuem ärgerlicher, zorniger und wüten<strong>der</strong>,<br />
durchbrechen dann selbst ihre Verschanzung und gehen hordenweise den<br />
Feind suchen, weil keiner in ihre Verschanzung eindringen wollte, dass sie<br />
an ihm ihre Rache hätten kühlen können. Aber ihr Suchen ist ein<br />
vergebliches. Sie kommen nur mit an<strong>der</strong>en ihresgleichen den Feind<br />
suchenden Horden zusammen und machen mit ihnen bald gemeinsame
12 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Sache, suchen dann so gemeinsam mit aller Hast den Feind, finden aber<br />
natürlich nie einen.<br />
Wenn solch elen<strong>der</strong> Seelen einmal mehrere Tausend beisammen sind -<br />
<strong>der</strong>en Haufen sich in <strong>der</strong> Geisterwelt für das Auge <strong>der</strong> reinen Geister<br />
ungefähr also ausnimmt, wie auf dieser Erde allenfalls das Glühen <strong>der</strong> Luft<br />
durch ein in <strong>der</strong> Tiefe irgendwo brennendes Haus -, so erwählen sie den<br />
Glühendsten unter ihnen, den sie für den Mutigsten und Weisesten halten,<br />
als Anführer, <strong>der</strong> sie dann über einen Boden führt, <strong>der</strong> gewöhnlich auch<br />
<strong>der</strong> Einbildung solcher Seelen entspricht - entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Form einer<br />
finsteren Sandsteppe o<strong>der</strong> einer unabsehbaren Ebene, auf <strong>der</strong> nichts als<br />
trockenes Moos zum Vorschein kommt. Auf solchen Böden finden sie<br />
nach langem Umherziehen und unter großem Hunger und Durst auch<br />
gewöhnlich nichts als etwa wie<strong>der</strong> eine ähnlich herumziehende Horde<br />
unter einem stark glühenden Anführer. Und da geschieht es entwe<strong>der</strong>, dass<br />
sie einan<strong>der</strong> anfallen aus schon zu großer Rachewut, sich zerreißen und<br />
verstümmeln, o<strong>der</strong> sie vereinigen sich unter zwei Anführern, was aber<br />
schon gleichfort zu Reibungen Anlass gibt, weil da ein je<strong>der</strong> <strong>der</strong> beiden<br />
Anführer <strong>der</strong> Erste sein will, was in kurzer Weile dennoch einen Krieg <strong>der</strong><br />
beiden Horden zuwege bringt.<br />
Wenn sich bei solchen Kriegen solche höchst unglückseligen Seelen<br />
nahezu ganz zu kleinen Stücken zerrissen haben - natürlich alles nur<br />
scheinbar -, so kommen sie wie<strong>der</strong> zu einer gewissen Ruhe und ihr Geist<br />
zeigt ihnen dann wie<strong>der</strong> wie in einem helleren Traume, wie nichtig,<br />
fruchtlos und eitel ihr töricht-blindestes Bemühen war, und zeigt ihnen den<br />
besseren Weg zur Umkehr.<br />
Manchmal nehmen einige solche Weisung an und bekehren sich. Aber<br />
zumeist werden sie nach einem solchen Gesicht erst ganz toll und treten in<br />
ihren geistlosen puren Seelenzustand zurück, <strong>der</strong> dann bei weitem<br />
schlechter wird, als da war <strong>der</strong> erste. Und solche Zustände sind dann schon<br />
Hölle, aus <strong>der</strong> ein Ausweg schwer zu finden ist! Wer da nicht geht den<br />
schmalen Pfad durch sein eigenes Herz, <strong>der</strong> kommt nimmer zurecht und<br />
kann Trillionen und Dezillionen von Erdjahreszeitlängen in solcher Hölle<br />
verharren. -<br />
Es ist nun also gezeigt worden, wie das Seelenleben jenseits in zwei<br />
einan<strong>der</strong> schroffst entgegengesetzten Hauptzügen und Beschaffenheiten<br />
zuständlich geartet ist: entwe<strong>der</strong> nach oben o<strong>der</strong> nach unten. Aber es soll<br />
mit dem allem dennoch nicht jede Erscheinlichkeit in <strong>der</strong> Geisterwelt<br />
dargestellt sein, son<strong>der</strong>n wie gesagt nur die beiden allgemeinen Hauptzüge,<br />
also das schroffste Pro und Kontra.<br />
In <strong>der</strong> Mitte dieser zwei Hauptzustände gibt es noch eine zahllose
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
13<br />
Menge von Erscheinlichkeiten, die hier nicht dargestellt zu sein brauchen,<br />
da sie in den Werken: „Die geistige Sonne“, „Erde und Mond“ und in den<br />
„Szenen <strong>der</strong> Geisterwelt“ zur Übergenüge gezeigt worden sind, so wie<br />
teilweise in den mannigfachen an<strong>der</strong>en Mitteilungen und Naturzeugnissen.<br />
Aber alle die darin geschil<strong>der</strong>ten wie immer gearteten Erscheinlichkeiten<br />
fußen auf <strong>der</strong> nun gezeigten Hauptnorm, und die Grundwege entwe<strong>der</strong><br />
nach oben o<strong>der</strong> nach unten sind in sich die gleichen.<br />
Das eigentliche wahre Wie<strong>der</strong>sehen kommt erst im Gottesreich, das ist<br />
im Himmel vor, welcher die ganze Unendlichkeit dem Raume nach erfüllt<br />
und sonach allenthalben gegenwärtig ist, in den aber je<strong>der</strong> Mensch nur<br />
durch sein Herz gelangen kann. -<br />
Da es aber doch viele in <strong>der</strong> Welt nun gibt, die so materiell sind, dass<br />
sie von den geistigen Verhältnissen <strong>der</strong> Dinge keine Spur und keine<br />
Ahnung haben, hier aber von den „Naturgeistern“ lesen und nicht<br />
verstehen, was diese sind und worin sie bestehen, so soll dahin hier noch<br />
eine ganz kurze Naturerläuterung folgen.<br />
Die ganze materielle wie auch die rein geistige Schöpfung ist nichts<br />
als eine durch <strong>der</strong> Gottheit allmächtigen Willen festgehaltene Idee aus<br />
dem Herzen o<strong>der</strong> Leben <strong>der</strong> Gottheit Selbst und - weil aus Gott - im<br />
Grunde des Grundes geistig. Würde nun alle die so genannte materielle<br />
Schöpfung, was Gott gar leicht möglich wäre, <strong>der</strong> gleichfort andauernden<br />
Festhaltung ledig, so würde sie wie<strong>der</strong> als ein nur <strong>der</strong> Gottheit sichtbarer<br />
großer Gedanke ganz geistig im Gemüte Gottes Platz fassen und mit <strong>der</strong><br />
Realisierung <strong>der</strong> freien Selbständigkeit von zahllosen Wesen wäre es zu<br />
Ende!<br />
Aber Gott will es ewig gleichfort, dass Seine großen Gedanken und<br />
Ideen ewigfort zur freiesten Selbständigkeit sollen realisiert werden. Und<br />
so hatte Gott darum für die einzig dadurch mögliche Realisierung, dass all<br />
die göttlichen Gedanken und Ideen als unwandelbar gefestet dastehen<br />
müssen Seiner Pläne und Zwecke willen, diesen allein wirksamen Weg<br />
eingeschlagen:<br />
Die zahllosen Gedanken und Ideen müssen gewisserart nur in allerartig<br />
kleinsten geistigen Teilchen sukzessive freier und freier gemacht werden,<br />
aber dabei dennoch lange von irgend einer Hauptidee Gottes, die da<br />
erscheinlich als ein Weltkörper im endlosen Gedanken- und Ideenraume<br />
als gefestet schwebt, angezogen und gehalten werden, bis sie nach und<br />
nach ihrer Gleichartigkeit nach sich mehr und mehr zusammenfinden und<br />
so in eine immer größere Wesenheit bis zum Menschen hin übergehen.<br />
Solche von <strong>der</strong> totalen Hauptidee (dem Weltkörper) freier und freier<br />
gelassenen Teilchen sowie die noch nicht frei gelassenen, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong>
14 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Hauptidee noch festgehaltenen Teile heißen bis zum Menschen hinan<br />
„Naturgeister“. Diese freieren Naturgeister - o<strong>der</strong> Naturkräfte, wie es die<br />
Weltgelehrten nennen - befinden sich als schon selbsttätig entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Luft, im Wasser o<strong>der</strong> im weicheren Erdreiche und locken da die noch hart<br />
gefangenen Geister in die Freiheit heraus, vereinigen sich mit ihnen und<br />
bilden dadurch, dass sie sich mit den noch unfreieren Geistern umhüllen,<br />
allerlei Lebensformen: zuerst Pflanzen, aus diesen Tierchen und Tiere<br />
größerer und größter Art - bis zum Menschen hin, wo sie als Seele und<br />
auch - dem unfreieren, noch groben Teile nach - als dessen Leib dann erst<br />
durch Gottes Urwesen Selbst, nun schon zur Genüge zur vollfreien<br />
Selbständigkeit reif, wie<strong>der</strong> ergriffen und förmlich - aber anfangs noch<br />
immer wie von außen her - für den folgenden reingeistigen, ewig<br />
dauernden Zustand durchgeschult und geübt werden.<br />
Die dann ein solches Durchschulen sich gefallen lassen und also<br />
freiwillig in die Ordnung eingehen, in <strong>der</strong> ihr ewig selbständiger, freiester<br />
Lebenszustand allein möglich ist, - diese kommen dann auch zum großen<br />
Wie<strong>der</strong>sehen Dessen, aus dem sie hervorgegangen sind. Sie werden sehen,<br />
wie und woher und durch Wessen Macht und Weisheit und unwandelbare<br />
Beharrlichkeit sie vom eigentlichen Nichtsein ins vollste, freieste und<br />
selbständige Sein und Erkennen gekommen sind.<br />
Zugleich aber, weil mit ihrem Urgrunde ein und dieselbe Wesenheit,<br />
werden sie auch selbst auf die gleiche Weise zu ihrer großen Beseligung<br />
aus ihrer nun höchsteigenen, aber <strong>der</strong> göttlichen völlig gleichen Weisheit<br />
neue Schöpfungen ins Werk setzen und sonach ganz in Meiner Ordnung<br />
Schöpfer ihrer höchsteigenen Himmel sein, wodurch sie dann zum<br />
realisierten Wie<strong>der</strong>sehen aller ihrer Gedanken und Ideen gelangen werden.<br />
Und das alles wird dann ein großes, ewig dauerndes realisiertes<br />
Wie<strong>der</strong>sehen sein in <strong>der</strong> endlosen Fülle alles dessen, was ein göttlicher<br />
Geist ewig unerschöpflich in sich birgt. Und das ist dann erst das<br />
vollkommene, große Wie<strong>der</strong>sehen!<br />
Ich meine nun, wer da Augen hat zum Sehen und Ohren zum Hören,<br />
<strong>der</strong> wird daraus zu seinem ewigen Vorteil unbeschreibbar vieles schöpfen<br />
können zur vollen Erkenntnis des geistigen Lebens.<br />
Wer es aber nur lesen wird aus einer Art Neugierde und wird daran<br />
legen die Feile seines Weltverstandes, dem wird es einst gerade also<br />
ergehen, wie es in dieser Beschreibung zu lesen ist. Denn Mein Erbarmen<br />
kann und darf sich nicht und nie über die Schranken Meiner nun aus dem<br />
Fundamente gezeigten unwandelbaren Ordnung erstrecken. Denn diese<br />
Ordnung ist an und für sich schon Meine ewige Erbarmung.<br />
Wer aber über die Schranken dieser Ordnung tritt, <strong>der</strong> wird nur sich
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Morgendank<br />
15<br />
selbst einen überaus langen, unglückseligsten Zustand jenseits zuzuschreiben<br />
haben. Denn es muss ein je<strong>der</strong> sich selbst gestalten, so er sein<br />
will das, was er sein soll. Will jemand sich diese Mühe nicht nehmen, so<br />
muss er dann auch so lange im ewig notwendigen Gerichte verharren, bis<br />
er sich selbst zu umstalten anfangen wird, was die Seele einen harten<br />
Kampf kosten würde!<br />
Hüte sich daher ein je<strong>der</strong> von euch vor (eigensüchtigem Trachten nach)<br />
irdischen Gütern, Reichtum, Glanz und Ansehen, sei aber nach seinen<br />
Kräften reichlich mildtätig gegen seine ärmeren Brü<strong>der</strong> und Schwestern,<br />
so wird ihm <strong>der</strong> Kampf mit <strong>der</strong> Finsternis ein leichter sein. Amen.<br />
Das sagt <strong>der</strong> Herr allen Lebens zu euch allen. Amen. Amen. Amen.“<br />
(Jakob <strong>Lorber</strong> - Jenseits <strong>der</strong> Schwelle - Anhang)<br />
<br />
Morgendank<br />
„O liebevollster, heiliger Vater, Dir danken wir, Dich lieben wir, Dich<br />
loben wir! Wie unaussprechlich gut bist Du, o heiliger Vater! Dir sei alle<br />
Ehre, alles Lob, aller Preis, aller Dank, alle Liebe, aller Ruhm und alle<br />
Anbetung!<br />
Entziehe uns, die wir uns Deine Kin<strong>der</strong> nennen, aber eigentlich nur<br />
lauter Sün<strong>der</strong> sind, Deine Erbarmung, Deine heilige Liebe und Deine<br />
heilige Gnade nicht! Segne uns, rühre uns und führe uns, schärfe unsere<br />
Sinne, und unsere harten Herzen erweiche, dass sie lieblich sein möchten<br />
wie Honig und Wachs, und erweitere unsere enge Brust, dass sie stets<br />
mehr und mehr aufnehmen könne <strong>der</strong> wahren Liebe aus Dir, o heiliger<br />
Vater!<br />
Gib uns auch den Segen, dass wir dadurch vermöchten, Dir allein<br />
wohlgefällig Deinen heutigen heiligen Sabbat zu feiern! Und so Du,<br />
heiliger Vater, in uns noch sehr viele und große Makel entdecken wirst und<br />
schon sicher jetzt entdeckst, wie Du sie schon entdeckt hast von Ewigkeit<br />
her, dann züchtige in Deiner Liebe, Erbarmung und Gnade uns und mache,<br />
dass wir Dich würdiger möchten ,Vater‘ heißen und Dich dann auch mit<br />
reinerem Herzen lieben und mit reinerer Zunge preisen!<br />
O Du guter, lieber Vater, sei und bleibe uns ewig <strong>der</strong>selbe heilige,<br />
liebe, gute Vater, <strong>der</strong> Du uns es warst schon von Ewigkeit her; aber nicht<br />
nur uns, die wir hier zugegen sind, son<strong>der</strong>n allen unseren Kin<strong>der</strong>n und<br />
auch spätesten Nachkommen sei und bleibe es ewig! Amen. Dein heiliger<br />
Wille. Amen. Deine Liebe, Erbarmung und Gnade. Amen!“ (HGt.1; 167,4-7)
16 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Die Burg des Melchisedek<br />
Peter Keune<br />
Die Werke des Herrn durch Jakob <strong>Lorber</strong> sind schon äußerlich so<br />
vielfältig, dass man ihren Inhalt kaum erfassen kann. Und doch stellt diese<br />
äußere Ebene nur einen Bruchteil dessen dar, was uns mit <strong>der</strong><br />
Neuoffenbarung wirklich gegeben wurde. Ich sehe dabei das himmlische<br />
Jerusalem, das ein entsprechendes Bild <strong>der</strong> Lehre des Herrn ist, und die Er<br />
uns in bisher nie geahnter Tiefe durch Emanuel Swedenborg und Jakob<br />
<strong>Lorber</strong> geschenkt hat. Der äußere Wortsinn <strong>der</strong> Bücher ist mit den Mauern<br />
um die Heilige Stadt zu vergleichen. In die Mauern sind die<br />
verschiedensten Edelsteine eingearbeitet, welche auf himmlische und<br />
geistige Lebenswahrheiten hinweisen. Aber erst im Inneren zeigt die Stadt<br />
ihre ganze Schönheit. Denken wir nur an den goldenen Marktplatz, die<br />
gläsernen Straßen o<strong>der</strong> das immerwährende Licht, das in ihr leuchtet. Von<br />
außen betrachtet ist das Innere <strong>der</strong> Stadt durch die sie umgebende Mauer<br />
verborgen. Und so ist es mit jeglicher Gabe des Herrn, wie z.B. auch mit<br />
den Büchern, die vor uns wie auf einem „Gabentisch“ ausgebreitet liegen.<br />
Nach außen sind es Bücher wie an<strong>der</strong>e, auf vielen Seiten sind erhebende<br />
und belehrende Erklärungen, Darstellungen und Geschichten nie<strong>der</strong>geschrieben,<br />
innen jedoch liegt das Beson<strong>der</strong>e verborgen, nämlich <strong>der</strong><br />
geistige und himmlische Sinn. Denn die Begebenheiten, Orte und vor<br />
allem Namen drücken auf einer tieferen Sinnebene innere Zustände und<br />
Verhältnisse <strong>der</strong> Menschen auf ihrem geistigen Entwicklungsweg aus.<br />
Diese Zusammenhänge können wir uns nicht selbst erschließen,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> himmlische Vater macht uns Schritt für Schritt zur Aufnahme<br />
bereit. Die äußeren Begebenheiten, die in den Texten geschil<strong>der</strong>t werden,<br />
sind wie die oben erwähnten Edelsteine in <strong>der</strong> Mauer des himmlischen<br />
Jerusalems, <strong>der</strong>en eigentliches Feuer <strong>der</strong> Leser erst erkennt, wenn er sich<br />
dieser verborgenen Ebene öffnet. Je<strong>der</strong> wird aus <strong>der</strong> Fülle des gebotenen<br />
Lichtes das ihm Entsprechende finden. Und Licht muss sein, damit die<br />
Edelsteine erstrahlen können. Das Licht des wahren Lebens ist unser<br />
himmlischer Vater Selbst, <strong>der</strong> Sein Wort bei uns allen „in das rechte<br />
Licht“ rücken muss. Auch wir Menschen können als Edelsteine betrachtet<br />
werden, gewissermaßen als Rohedelsteine, die noch zu Diamanten und<br />
an<strong>der</strong>en schön glänzenden Steinen geschliffen werden sollen. Unbearbeitet<br />
sind Edelsteine eher unansehnlich, nur <strong>der</strong> Kenner ist in <strong>der</strong> Lage, ihren<br />
Wert einzuschätzen. Erst <strong>der</strong> Edelsteinschleifer bringt sie in ihre, ihnen<br />
entsprechende, optimale Form. Je besser er dieses Handwerk versteht,<br />
desto schöner werden die Steine geschliffen und desto großartiger
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
17<br />
entsprüht aus ihnen das himmlische Feuer. Ein Fachmann weiß genau, wie<br />
er jedem Stein sein ihm eigenes Feuer entlocken kann. Der Herr Selbst ist<br />
<strong>der</strong> unübertroffene Meister aller Meister im Schleifen des Rohlings zum<br />
hellsprühenden Diamant o<strong>der</strong> Rubin.<br />
Und so wollen wir einen schönen „Stein“ aus <strong>der</strong> schützenden Mauer<br />
des Buchstabens unserer Schriften herausnehmen und näher betrachten.<br />
Die Begebenheit um „die Burg des Melchisedek“ ist ein solches<br />
Kleinod. Wir finden diese im 55. bis 62. Kapitel des 10. Bandes des<br />
„Großen Evangelium Johannes“.<br />
Wir wollen uns zunächst einmal mit <strong>der</strong> äußeren Handlung bekannt<br />
machen.<br />
Der Herr begibt sich mit den Seinen, 40 an <strong>der</strong> Zahl, nach Abila, einer<br />
größeren Stadt im Golan, heute in Jordanien gelegen. Diese Stadt war fast<br />
nur von Heiden-Griechen bewohnt. Nur zehn Judenfamilien lebten noch<br />
zurückgezogen außerhalb <strong>der</strong> Stadt in einem sehr alten Gemäuer. Im<br />
Übrigen waren sie mehr o<strong>der</strong> weniger zu Sklaven <strong>der</strong> Griechen geworden.<br />
Ihre eigene Lehre, also die des Judentums, hatten sie nur noch vage im<br />
Gedächtnis. Kaum dass sie danach lebten. Noch nicht einmal eine<br />
Synagoge gab es dort, wo die Bücher Mose gelesen und ausgelegt werden<br />
konnten. Das Gemäuer, das ihnen als Wohnung diente, war schon sehr<br />
zerfallen. Obwohl in ihm eigentlich viele Zimmer angelegt waren, hatte die<br />
kleine Gemeinschaft nur noch einen einzigen einigermaßen brauchbaren<br />
Raum zur Verfügung, während alle an<strong>der</strong>en <strong>der</strong>artig verwüstet waren, dass<br />
Unkraut in ihnen wuchs und vor allem Schlangen, Skorpione und an<strong>der</strong>es<br />
Geschmeiß darinnen hauste.<br />
Der Herr kam nun mit seinen Jüngern in diese Stadt und wollte partout<br />
in diese desolate Behausung einkehren. Keine Einwände des römischen<br />
Stadtobersten halfen, denn <strong>der</strong> Herr war hauptsächlich dieser Juden wegen<br />
in die Stadt gekommen. Die vom Obersten herbeizitierten Betroffenen<br />
argumentierten, dass sie zudem auch nichts anzubieten hätten, denn ihre<br />
Speisekammern wären leer. Als alles Sträuben nichts mehr half, sagten sie:<br />
„Ja, ja, er komme nur, wie es ihm beliebt! So er dasein wird, da wird er sich<br />
wohl von allem selbst überzeugen, wie es mit uns steht.“ Und <strong>der</strong> Herr<br />
antwortete: „Freund, erspare dir die Rede, da Ich ja schon lange um gar<br />
alles weiß! Ich bin aber ja . . . eben darum zu ihnen gekommen“.<br />
Die Räume waren wirklich in dem bezeichneten Zustand, zudem<br />
offenbarten die zerrissenen Klei<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bewohner ihren gänzlich verarmten<br />
Zustand. Der Herr ging mit <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> durch die kaum noch<br />
begehbaren Räume. Im letzten Raum wendete Er sich zu dem Obersten <strong>der</strong>
18 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Juden und sagte: „Nun sollst du die Macht Gottes in Mir, auch ein<br />
Menschensohn dem Fleische nach, kennenlernen!“ Wir können uns<br />
denken, wie verständnislos die armen Leute den vermeintlichen Gast<br />
anblickten. Kurz zusammengefasst: Indem <strong>der</strong> Herr nun wie<strong>der</strong> mit ihnen<br />
zum Ausgangspunkt zurückging, war je<strong>der</strong> Raum völlig im alten Glanze<br />
wie<strong>der</strong> hergestellt, kein Geschmeiß war mehr zu sehen, die ganze Burg<br />
konnte sofort bewohnt werden. Darüber waren die Bewohner <strong>der</strong>artig<br />
verwun<strong>der</strong>t, dass sie die Hände über dem Kopf zusammenschlugen und<br />
meinten, solches wäre nur Gott Selbst, aber keinem Menschen möglich!<br />
Ihre Worte lauteten: „Das kann nur dem möglich sein, <strong>der</strong> Himmel und<br />
Erde geschaffen hat, darum Dir, o großer Gott, alles Lob, <strong>der</strong> Du dem<br />
Menschen eine solche Macht gegeben hast.“ – Bald lernten sie den Herrn<br />
tatsächlich als das, was Er ist, kennen.<br />
Als ihnen <strong>der</strong> Herr vollends als Gott und Heiland bekannt war, wollte<br />
Er nun auch die Speisekammern inspizieren, in denen nichts als etwas<br />
verschimmeltes Brot vorgefunden wurde. Unmittelbar darauf waren die<br />
Speisekammern jedoch, wie zuvor die Wohnräume, wun<strong>der</strong>bar<br />
verwandelt. Sie waren mit allem angefüllt, was Menschen zur Stillung<br />
ihres Hungers und Durstes vonnöten haben. Die Juden konnten lange vor<br />
Staunen nicht reden. –<br />
Hier erleben wir etwas von <strong>der</strong> Fülle, die uns <strong>der</strong> himmlische Vater<br />
schenkt, wenn wir aufnahmebereit sind. - Über die große Überraschung ob<br />
des neuerlichen Wun<strong>der</strong>s stellte sich dann aber die Frage, wie die Speisen<br />
zubereitet werden sollten, d.h. nach einem des Kochens Kundigen, sowie<br />
nach Brennholz und Feuer. Seit Jahren schon hatten sie nicht mehr kochen<br />
können!<br />
Auch da half <strong>der</strong> Herr und fragte weiter: „In dieser Burg befindet sich<br />
ja auch ein großer, aus Basaltsteinen gemauerter Keller! Hast du diesen<br />
noch niemals entdeckt und gesehen?“ Die Hausbewohner wussten wohl<br />
von einem Keller, aber <strong>der</strong> Eingang war so unzugänglich, dass sie dorthin<br />
niemals vorgedrungen waren. Und nun for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Herr sie zu einem<br />
Besuch dieses Gewölbes auf. Von <strong>der</strong> Küche führte ein mit Säulen<br />
verzierter Gang bis an eine große Basalt-Tür. Mit Leichtigkeit öffnete <strong>der</strong><br />
Herr die schwere Tür und eine breite Treppe kam zum Vorschein, die in<br />
die Kellerräume hinunterführte. Die Räume waren mit Weinfässern sowie<br />
vielen Schränken und Regalen angefüllt, in denen Gold- und Silberpokale<br />
standen, sowie auch irdene Krüge und <strong>der</strong>gleichen. Nun hieß <strong>der</strong> Herr sie<br />
die Fässer öffnen. Der Hahn am Spund ließ sich leicht aufdrehen und sie<br />
zapften wun<strong>der</strong>bar duftenden Wein. Der Herr klärte sie nun über dieses
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
19<br />
Gemäuer auf. Es sei einst die Burg des Königs und Hohenpriesters<br />
Melchisedek gewesen, <strong>der</strong> von hier aus die Völker regierte. Diesen hier in<br />
Fässern ruhenden Wein habe Er Selbst als <strong>der</strong> damalige und heutige,<br />
wahre Melchisedek, bis zu diesem Zeitpunkt erhalten. Es sei noch <strong>der</strong><br />
damals eingelagerte Zehntwein, <strong>der</strong> von den Königen dem obersten König<br />
und Oberpriester Melchisedek als Tribut dargebracht worden war. Wir<br />
erinnern uns an den biblischen König Melchisedek, <strong>der</strong> Abram segnete, als<br />
dieser seinen Neffen Lot aus <strong>der</strong> Gefangenschaft freigekämpft hatte und<br />
nun Brot und Wein zu dessen Stärkung reichte.<br />
Der Herr sagte dann zu dem Ältesten <strong>der</strong> Juden: „Der Herr Judas und<br />
Israels bin Ich Selbst. Ich komme erneut in meine alte Burg, um sie euch<br />
zu öffnen und neu zu erschließen, auf dass ihr wie<strong>der</strong> lebendig werdet und<br />
euch am Überfluss meiner Gaben labt, d.h. eure alte Lehre, die ihr so<br />
verwahrlost habt, wie<strong>der</strong> neu belebt. Denn ihr wart selbst schuld an eurem<br />
Unglück, da ihr lau wart und euch von <strong>der</strong> Welt habt ziehen lassen und zu<br />
Sklaven geworden“.<br />
Nun wurden die Krüge mit Wein in den ebenfalls neu hergerichteten<br />
Speisesaal nach oben getragen, wo bereits zwei Tische mit reinstem<br />
Byssus (weißem Leinen) bedeckt bereitstanden. 100 Leuchter waren<br />
aufgestellt worden und alles versammelte sich zum Abendessen, wo <strong>der</strong><br />
Wein aus goldenen, silbernen und irdenen Krügen getrunken wurde. Das<br />
Brot kam aus dem neu entstandenen Vorrat <strong>der</strong> Speisekammer.<br />
Soweit diese äußere Begebenheit.<br />
Diese mirakelhaft klingende Geschichte findet bereits im Text eine<br />
Aufschlüsselung, die wir aber mit Hilfe <strong>der</strong> Entsprechungslehre noch<br />
vertiefen wollen. Es kommt dabei nicht nur auf die Geschichte als solche<br />
an, son<strong>der</strong>n vor allem, welche Worte gebraucht werden. Die in den Bil<strong>der</strong>n<br />
liegenden Wahrheiten machen erst den eigentlichen „Schliff“ aus.<br />
Swedenborg weist darauf hin, dass <strong>der</strong> Herr nie an<strong>der</strong>s als in<br />
Entsprechungen mit uns (und den Engeln) kommunizieren kann. Was Er<br />
uns hier durch seinen „Schreibknecht“ Jakob <strong>Lorber</strong> geschenkt hat, könnte<br />
vielleicht erst einmal wie die romanhafte Erzählung einer regen Phantasie<br />
erscheinen. Die äußeren Geschichten sind jedoch nur die Hülle für eine<br />
verborgene Seite. Wenn man diese Einkleidung durchdringt und sie mit<br />
den Augen des Herzens lesen lernt, erkennt man zunächst den Geber auf<br />
eine ganz an<strong>der</strong>e Art und wird Ihm mehr und mehr in Liebe zugetan. Im<br />
weiteren Verlauf des Lesens, Fühlens und Denkens eröffnen sich durch die<br />
erworbenen Kenntnisse <strong>der</strong> Entsprechungen auch tiefere geistige<br />
Wahrheiten.
20 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Wir wollen jetzt unseren Text mit Hilfe <strong>der</strong> Entsprechungslehre etwas<br />
näher beleuchten. Hierbei sei gleich vorangestellt, dass die Burg des<br />
Melchisedek für unsere Herzens- und Glaubensburg steht, welche als<br />
Lebenswohnung <strong>der</strong> Liebe und Erbarmung Gottes für die Seelen Seiner<br />
Kin<strong>der</strong> nahezu völlig unbrauchbar geworden war.<br />
Die Stadt stellt immer eine Ansammlung von Lehrgebäuden dar,<br />
welcher Art auch immer. Eine Burg steht für sich, meist auf einer Höhe<br />
gelegen. Es handelt sich also um etwas Herausgehobenes, Beherrschendes.<br />
Wir wissen, dass im wie<strong>der</strong>geborenen Zustand <strong>der</strong> Herr Selbst unser Leben<br />
führt und leitet. Seine Lehre, die Ordnung Gottes, ist dann das<br />
Bestimmende unseres Lebens. Aber wie sieht Seine Burg/Sein Haus/Sein<br />
Tempel im einzelnen Menschen, wie in <strong>der</strong> gesamten Menschheit schon zu<br />
Seiner Zeit und beson<strong>der</strong>s heute aus? Gerade weil uns <strong>der</strong> himmlische<br />
Vater wie<strong>der</strong> lebendig machen will, legt Er Selbst Hand an, um Seine<br />
Wohnstätte wie<strong>der</strong> herzustellen. Und so heißt es gleich eingangs: „...auch<br />
diese Stadt war zumeist von Heiden bewohnt. Nur zehn jüdische Familien<br />
hatten in dieser Stadt ein sehr untergeordnetes Unterkommen und mussten<br />
den Heiden dienen und von ihnen leben. Alle zehn Familien hatten nur ein<br />
uraltes, ruinenartiges Haus zu bewohnen. Und sie hatten daher in dieser<br />
Stadt keine eigene Herberge und keine Synagoge“ -. Die Zehn ist immer<br />
das Ganze im Natürlichen, das heißt in diesem Falle, <strong>der</strong> ganze noch in uns<br />
verbliebene Rest <strong>der</strong> früher einmal angelernten Glaubenswahrheiten. Alles<br />
an<strong>der</strong>e sind Heiden, also Zustände <strong>der</strong> Verweltlichung, wobei die Religion<br />
eine ganz untergeordnete, und dem Wohlleben völlig dienende Funktion<br />
hat. Und sie haben auch keinen Lehrraum mehr, also keine Synagoge,<br />
heißt: keinen Unterricht in <strong>der</strong> Lehre Gottes. Wenn Gott hier nicht Selbst<br />
eingreifen würde, ginge alles Geistige bald gänzlich zugrunde.<br />
Der Herr kommt mit vierzig Jüngern, die in diesem Haus ein<br />
Unterkommen finden sollen - was hier auf diejenigen Versuchungen<br />
hindeutet, die mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt einhergehen. Denn Vierzig ist die Zahl<br />
<strong>der</strong> Versuchungen. Die Ankunft des Herrn stellt für den natürlichen<br />
Menschen immer eine Art Anfechtung dar, da man dann seinen eigenen<br />
desolaten Zustand offenlegen und ein neues Leben beginnen muss. Daher<br />
wird zunächst abgewehrt: „Alte zerfallene Zimmer wären wohl noch zur<br />
Genüge da, aber wer mag darin wohnen? Kröten, Nattern, Salaman<strong>der</strong>,<br />
Skorpione gibt es zur Übergenüge darin, und da kann man doch keinen<br />
Menschen hineintun. Was aber unser Zimmer betrifft, da haben wir ja<br />
kaum hinreichenden Raum zur Wohnung, beson<strong>der</strong>s zur Nachtzeit.“ Was<br />
bedeutet hier „Nachtzeit“? Die geschil<strong>der</strong>ten Juden, die als Israeliten den
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
21<br />
religiösen Bereich in jedem Menschen, wie auch <strong>der</strong> gesamten<br />
Menschheit, verkörpern, haben zur Nachtzeit – wenn also Mangel an<br />
(geistigem) Licht herrscht - beson<strong>der</strong>s wenig Raum, da in diesem Zustand<br />
das Lebenszentrum mit allerlei Arten von Geschmeiß (dem Bösen und<br />
Falschen <strong>der</strong> Welt) angefüllt ist. Denn wenn kein Licht mehr da ist, wenn<br />
die Welt in <strong>der</strong> Seele überhand nimmt und es in ihr finster wird, brauchen<br />
wir ja gerade einen bergenden Raum: Religion, o<strong>der</strong> doch wenigstens<br />
Glauben! Und dieser kleine Überrest des Glaubens an Gott Jehovah<br />
entsprach dem einen halbwegs brauchbaren Raum. Halbwegs, weil es nur<br />
ein überlieferter und nicht gelebter Glaube war. Und nun kommt <strong>der</strong> Herr,<br />
um aus diesem Rest wie<strong>der</strong> alles neu erstehen zu lassen!<br />
Nun wurde aber auch noch auf die zerschlissenen Klei<strong>der</strong> hingewiesen.<br />
Auch Klei<strong>der</strong> stellen die Lehre dar. Warum einmal als „Stadt“ und einmal<br />
als „Klei<strong>der</strong>“? In einer Stadt wohnen viele Menschen zusammen, sie<br />
symbolisiert die allgemeine Lehre, wie z.B. die Glaubensverfassung <strong>der</strong><br />
evangelischen o<strong>der</strong> katholischen Kirche. Klei<strong>der</strong> jedoch zieht je<strong>der</strong> für sich<br />
nach seinem persönlichen Geschmack (Einstellung) an. Wir denken hierbei<br />
z.B. an die Jenseitswerke Jakob <strong>Lorber</strong>s, wie oft dort Klei<strong>der</strong> gewechselt<br />
werden. In den Werken „Von <strong>der</strong> Hölle bis zum Himmel“ o<strong>der</strong> „Bischof<br />
Martin“ bekamen die handelnden Personen nach jedem Zustandswechsel<br />
neue Klei<strong>der</strong>. Passgenau! Es ging dabei nicht um Hexerei o<strong>der</strong> blumige<br />
Ausschmückungen, son<strong>der</strong>n um geistige Entsprechungen gewandelter<br />
Glaubenseinstellungen.<br />
Nach <strong>der</strong> völligen Offenlegung ihres elenden Zustandes gab <strong>der</strong> Herr<br />
eine Erklärung zu den Ursachen dieser Entwicklung:<br />
„Ihr seid zum großen Teil selbst schuld an eurem Elend. Denn durch<br />
die Trägheit und durch so gar kein Vertrauen auf Gott, dem alleinigen<br />
Herrn und Geber aller guten Gaben, kommt kein Mensch auf einen grünen<br />
Zweig auf dieser Erde. Solange ihr noch Mittel und Kräfte hattet, da tatet<br />
ihr nichts zur Ausbesserung eures alten Hauses, ließet auch Jehova einen<br />
guten Herrn sein und machtet euch mit <strong>der</strong> blinden Lehre <strong>der</strong> griechischen<br />
Weisen vertraut, durch die ihr dann erst ums Vielfache elen<strong>der</strong> geworden<br />
seid, als ihr es je zuvor einmal waret. Nun seid ihr gar zu Sklaven <strong>der</strong><br />
Heiden geworden und müsset euch von ihnen für schwere Arbeiten ein<br />
karges Brot erbetteln, als dass ihr zu ihnen sagen könnt: Wir haben es uns<br />
im Schweiße unseres Angesichtes verdient!“<br />
„Sklaven <strong>der</strong> Heiden“ heißt hier, die geistigen Lehren als so gering<br />
achten, dass <strong>der</strong> wahre innere Mensch nicht mehr anerkannt ist,<br />
geschweige noch geistige Nahrung findet. Denken wir nur an die absurden
22 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Auslegungen <strong>der</strong> Bibel durch die kritische Theologie, und welche geistige<br />
Nährkraft – mit ihren Augen gesehen - heute noch vom Worte Gottes<br />
übriggeblieben ist. Bei den meisten Christen bleibt im Höchstfall <strong>der</strong><br />
krampfhaft aufrecht erhaltene äußere Kirchenglaube, ähnlich des einzig<br />
verbliebenen Zimmers in <strong>der</strong> Burgruine. Wie viele von uns sind Sklaven<br />
<strong>der</strong> herrschenden Weltmeinung geworden. „Denn es ist schwer denen zu<br />
dienen, die an keinen Gott und an kein Fortleben <strong>der</strong> Seele nach dem Tode<br />
des Leibes und somit auch an keine Wie<strong>der</strong>vergeltung im großen Jenseits<br />
glauben, und somit auch keine Nächstenliebe haben und sogar Feinde ihres<br />
eigenen Lebens sind. Nun in eurer größten Not habet ihr angefangen, des<br />
alten Jehova zu gedenken und bei ihm Hilfe zu erflehen. Und das hat Mich<br />
auch bewogen zu euch zu kommen.“<br />
Erst in <strong>der</strong> größten Not, wenn die Sehnsucht nach einer Verbesserung<br />
unseres Zustandes vorherrschend wird, kommt <strong>der</strong> Herr, um unser<br />
hinfälliges (Glaubens-) Gebäude aufzurichten. Er tritt Selbst in die von<br />
Geschmeiß (mit dem eingenisteten Falschen und Bösen) besetzten Räume<br />
ein, und stellt dort die alte Ordnung wie<strong>der</strong> her. Dies mag auch ein Trost<br />
für diese Zeit sein, in <strong>der</strong> die geistige Not immer stärker zunimmt. „Ich<br />
komme euch zu helfen im Angesicht <strong>der</strong> vielen gar zu stockblinden<br />
Heiden, die wegen ihres Diogenes den Glauben an ihre Götter haben<br />
fahren lassen, auf dass sie merken, dass <strong>der</strong> alte Gott noch lebt und denen<br />
hilft, die an Ihn glauben, Sein Gebot erhalten und von Ihm die rechte Hilfe<br />
im wahren und ungezweifelten Vertrauen erwarben.“<br />
Wie gesagt, auch in <strong>der</strong> heutigen Zeit sind wir wie<strong>der</strong> an dem Punkt<br />
angelangt, wo <strong>der</strong> Herr Selbst Hand anlegen muss, um unser Glaubensgebäude<br />
neu aufzurichten. Den <strong>der</strong>zeitigen glaubensarmen Zustand hat <strong>der</strong><br />
Herr längst im Voraus gewusst und das Gegenmittel schon vor 150 Jahren<br />
in Form dieser Werke gegeben, eingedenk <strong>der</strong> langen Zeit seiner<br />
Verbreitung. Die Neuoffenbarung ist das Himmelsbrot für die Suchenden<br />
in <strong>der</strong> verwüsteten Speisekammer des Geisteslebens. „Und dann wollen<br />
wir immer wie<strong>der</strong> prüfen, wie viel Vorrat sich in den Speisekammern noch<br />
befindet.“<br />
Wie gesagt, ging <strong>der</strong> Herr durch die Gemächer bis zum letzten Raum.<br />
Von dort begann Er, alles wie<strong>der</strong> neu zu beleben. „Als wir uns aber im<br />
äußersten und letzten Gemach befanden, da sagte Ich: ’Nun sollt ihr die<br />
Macht Gottes in Mir, auch einem Menschensohn dem Fleische nach,<br />
kennen lernen! Siehe, über Mauertrümmer, Säulenstücke, Dorngestrüpp<br />
und allerlei Geschmeiß sind wir bis zu diesem Gemach vorgedrungen, und<br />
durch königlich gezierte, wohlgeschmückte und mit allem versehene
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
23<br />
Gemächer werden wir unseren Rückzug machen, in denen sich wohl<br />
übernachten lassen wird. Ich will es, also sei es!‘ Als Ich dies also<br />
ausgesprochen hatte, war das ganze Haus schon umgewandelt, und als wir<br />
darauf alle Zimmer und Gemächer durchzogen, da war auch nicht ein<br />
Schadhaftes irgend mehr zu entdecken.“<br />
Was bedeutet <strong>der</strong> letzte Raum? Dieser ist das äußere Verständnis des<br />
göttlichen Wortes bei den Menschen, das äußerste und letzte von Gott aus<br />
gesehen, die materielle, buchstäbliche Lesart <strong>der</strong> Bibel. An diesem<br />
Buchstaben wird die Kehrtwendung eingeleitet, wird wie<strong>der</strong> hergestellt,<br />
was verwüstet wurde.<br />
Wir können nochmals das Beispiel <strong>der</strong> kritischen Theologie<br />
heranziehen: Der Wahrheitsgehalt <strong>der</strong> (buchstäblich genommenen)<br />
Heiligen Schrift wird heute auf Grund <strong>der</strong> vielen offensichtlichen<br />
Wi<strong>der</strong>sprüche von <strong>der</strong> kritischen Theologie völlig verworfen. Als<br />
Menschenwort eingestuft, misst man <strong>der</strong> Bibel keinen göttlichen Wert<br />
mehr zu und versucht sie mehr und mehr wissenschaftlich „richtig“ zu<br />
stellen. Diese Kritiker kennen keine Entsprechungslehre und göttliche<br />
Symbolik, da ihnen Gott fremd geworden ist. Mit diesem Vorzeichen kann<br />
auch das Heilige <strong>der</strong> Bibel nicht mehr wahrgenommen werden und hat<br />
jegliche Bedeutung als „lebendiges Wasser“ verloren. Sie ist damit zu<br />
einer toten Hülle ihrer selbst geworden. Unsere Geschichte gibt von<br />
diesem Zustand Zeugnis, da bei den Juden aus Abila keine Bereitschaft<br />
vorhanden war, den inneren göttlichen Sinn <strong>der</strong> Schrift ernsthaft zu<br />
erforschen. Deshalb wurde gesagt: Es „waren auch keine Synagogen in<br />
dieser Stadt“. Erst durch den Herrn wurden die Ursachen <strong>der</strong> Situation als<br />
solche offenbar. Mit Ihm zeigen sich erst die wahren Verhältnisse <strong>der</strong><br />
Dinge. Dies trifft auch auf die Heilige Schrift zu. Wir erkennen, dass alles<br />
in den Schriften bis auf jeden einzelnen Buchstaben, jedes Jota, stimmig<br />
ist. Uns hat die Neuoffenbarung und die Werke Swedenborgs die Augen<br />
geöffnet: Der unbekannte Gott – unser Vater! Die Heiligkeit <strong>der</strong> Schrift<br />
durch die Entsprechungslehre bestätigt! Die jenseitigen Welten aufgetan<br />
und damit die Angst vor dem Tod besiegt! Deshalb sagten die Juden: „Das<br />
kann nur Dem möglich sein, <strong>der</strong> Himmel und Erde geschaffen hat. Darum<br />
Dir, o großer Gott, alles Lob, <strong>der</strong> Du dem Menschen eine solche große<br />
Macht gegeben hast. Ja, das kann doch nur ein Gott gemacht haben.“<br />
Wir sprachen von <strong>der</strong> Kehrtwendung im letzten Raum, <strong>der</strong> nur über<br />
Mauertrümmer, Säulenreste und Dornengestrüpp erreichbar war. „Mauertrümmer,<br />
Säulenstücke, Dorngestrüpp“ sind ebenfalls Entsprechungen für<br />
Geistiges. Mauern sind die äußeren Wahrheiten <strong>der</strong> Lehre, und Säulen sind
24 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
die Verbindungen und Stützen <strong>der</strong> Geschosse, was hier <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong><br />
natürlichen, geistigen und himmlischen Wahrheiten bedeutet. Dornen sind<br />
die Verstrickungen menschlicher Denkweisen. Nun können wir das Bild<br />
schon besser begreifen und sehen die gegenwärtige „Verstrickung“ <strong>der</strong><br />
kritischen Theologie in ihre eigenen Denkvorstellungen. Das Geschmeiß<br />
stellt, wie schon gesagt, das menschlich Böse und Falsche (Eigenliebe,<br />
Hochmut etc.) dar, das unseren Handlungen zugrunde liegt und das<br />
göttliche Wirken in uns behin<strong>der</strong>t, indem es das Herz für Gott<br />
unbewohnbar macht.<br />
Nun kommen wir an eine Stelle, die sehr interessant ist. Der Älteste <strong>der</strong><br />
Juden sagte nämlich: „Herr, dieses Werk wird in <strong>der</strong> Gegend <strong>der</strong> sechzig<br />
Städte ein größtes Aufsehen erregen, sowohl bei den wenigen Juden, wie<br />
auch bei den vielen Heiden sowohl dieser Stadt, als mit <strong>der</strong> Zeit auch in<br />
den an<strong>der</strong>en Städten. Wenn die Menschen von allen Seiten hierher<br />
kommen und sehen werden, dass unser schon so lange verfallenes Haus<br />
auf einmal in eine wahre königliche Burg umgewandelt worden ist, und<br />
werden uns fragen, wie das vor sich gegangen ist, - was werden wir ihnen<br />
dann zur Antwort geben können?“<br />
Und da bekam er vom Herrn zu seiner Beruhigung gesagt: „Darum<br />
sorget euch nicht; denn so ihr vor den Menschen von dieser Tat und von<br />
Mir zu reden genötigt seid, dann wird es euch schon in den Mund gelegt<br />
werden, was ihr zu reden habt!“ Und in einem späteren Gespräch setzt <strong>der</strong><br />
Herr diesbezüglich noch hinzu: „. . . dass aber dieses Wun<strong>der</strong> nicht so bald<br />
als ein solches auch von außen her erkannt werde, so sieht die Burg dem<br />
Außen nach wenig verän<strong>der</strong>t aus, son<strong>der</strong>n nur im Inneren“.<br />
Das heißt hier in <strong>der</strong> Aufschlüsselung: Das äußere Wort bleibt<br />
weitgehend unverän<strong>der</strong>t, aber das Verständnis des geistigen Sinnes wird<br />
wie<strong>der</strong> hergestellt. Der geistig nicht Geweckte sieht die inwendige Pracht<br />
weiterhin nicht, da er nur die Fassade beurteilt. „Die gar zu Zudringlichen<br />
verweiset an den Hauptmann und seine Unterdiener, die alle das Werk mit<br />
angesehen haben, - da werden sie schon die rechte Aufklärung erhalten.“ -<br />
„Die gar zu Zudringlichen“ sind diejenigen geistigeren Menschen, die die<br />
innere Umwandlung an<strong>der</strong>er Menschen bemerken und nun Näheres<br />
erfahren wollen. Der Hauptmann und seine Unterdiener repräsentieren<br />
Eigenschaften in uns, die es ermöglichen, geordnet auf dem geistigen Weg<br />
voranzuschreiten.<br />
Nun wollen wir nochmals in die Speisekammer zurückkehren. Wir<br />
erinnern uns, dass die Juden angesichts <strong>der</strong> vollen Speisekammern lange<br />
vor Staunen nicht reden konnten. Geht es uns nicht auch so, bei <strong>der</strong>
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
25<br />
Überfülle <strong>der</strong> neuen Offenbarung des Herrn? Welche Speisekammer hat<br />
uns <strong>der</strong> Vater geöffnet, aus <strong>der</strong> wir gerade in dieser Zeit <strong>der</strong> höchsten<br />
geistigen Not schöpfen können! Sein lebendiges Wort spricht zu uns,<br />
während alle Welt am fernen Gott zweifelt. Wir können die<br />
Neuoffenbarung nehmen und können sie verkosten als ein köstliches Mahl<br />
<strong>der</strong> Seele, während die Welt nach geistiger Erkenntnis hungert. – Welch‘<br />
eine Fülle in <strong>der</strong> Kammer, in welcher zuvor nur verschimmeltes Brot lag!<br />
Was bedeutet in diesem Zusammenhang „verschimmeltes“ Brot? Brot ist<br />
die nährende Liebe Gottes auf <strong>der</strong> natürlichen Ebene. Diese Liebe gibt Er<br />
uns als lebendig machende Kost. „Verschimmelt“ bedeutet, dass Sein<br />
„Brot“ liegen geblieben und schlecht geworden ist, weil es nicht <strong>der</strong><br />
tätigen Nächstenliebe zugeführt wurde. Deshalb sagt <strong>der</strong> Herr zu den<br />
staunenden Juden: „Der Glaube an Mich ist wohl ein lebendiges Licht aus<br />
den Himmeln, aber erst durch die Werke <strong>der</strong> Liebe. Wie aber ein Licht,<br />
das in <strong>der</strong> Nacht leuchtet, erlischt, so es nicht durch ein stets erneuertes<br />
Hinzutun des Öles genährt wird, ebenso erlischt auch <strong>der</strong> anfangs noch so<br />
ungezweifelte Glaube ohne die steten Werke <strong>der</strong> Liebe. Ich habe durch<br />
dieses mir leicht mögliche Wun<strong>der</strong>werk nicht nur euren völlig gefallenen<br />
Glauben in eurer Seele aufgerichtet, son<strong>der</strong>n auch eure Liebe zu Mir<br />
angefacht. Aus dem Licht dieser wahren, ewigen Lebensflamme habt ihr<br />
dann auch bald und leicht erkannt, wer in Mir zu euch gekommen ist. Weil<br />
ihr das aber so bald und ohne viele Mühe und Predigt erkannt habt, so tut<br />
nun auch danach, dass ihr und eure Nachkommen durch die Werke <strong>der</strong><br />
Liebe in Meinem Namen verbleibet, im lebendigen Glauben!“<br />
„Es sind von dieser alten Glaubensburg wohl noch einige verwitterte,<br />
zerklüftete und zerfallene Wahrheitsreste vorhanden; aber sie taugen nicht<br />
mehr zu einer Lebenswohnung Meiner Liebe und Erbarmung für die<br />
Seelen Meiner Kin<strong>der</strong>, wie sie waren zu den Zeiten des Königs von Salem,<br />
son<strong>der</strong>n nur zur Wohnung solcher, die da in ihrem Gemüte vollends<br />
gleichen dem Geschmeiß, das für lange die Burg vielfach und vielgestaltig<br />
bewohnt hat“.<br />
Salem findet sich in <strong>der</strong> Endsilbe von Jerusalem wie<strong>der</strong>. Jerusalem steht<br />
genau an <strong>der</strong> Stelle, wo sich einst Salem befand. Auf dem Berg Moria, <strong>der</strong><br />
Stätte, auf dem Abraham seinen Sohn Isaak opfern sollte, wurde später<br />
durch Salomo <strong>der</strong> erste jüdische Tempel errichtet. Der Zustand <strong>der</strong> Burg<br />
war sonach auch ein treues Abbild <strong>der</strong> geistigen Verhältnisse, die zur Zeit<br />
Jesu in Jerusalem herrschten.<br />
„So da aber Mein Gericht kommen wird über die Gottlosen zu<br />
Jerusalem und seiner weiten Umgebung und Meine wenigen Treuen die
26 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Flucht ergreifen werden, dann werden sie auch hierher kommen und dann<br />
nehmet sie auf und machet dadurch vollends lebendig den in euch nun neu<br />
erweckten Glauben durch die Werke <strong>der</strong> Liebe in meinem Namen“. Der<br />
Herr baute also schon im Voraus eine Bastion, wo diejenigen Juden nach<br />
<strong>der</strong> Zerstörung Jerusalems eine Zuflucht finden sollten, die für eine höhere<br />
Lehre fähig waren. Diese Juden stellen in <strong>der</strong> Entsprechung ebenfalls die<br />
Überreste aus <strong>der</strong> zerstörten Lehre dar. Sie wurden damals nicht nur nach<br />
Abila, son<strong>der</strong>n auch nach Pella und an<strong>der</strong>e Orte <strong>der</strong> sechzig Städte am<br />
Golan geführt, in denen sie Schulungsstätten zur Erneuerung <strong>der</strong> Religion<br />
vorfanden. Auch heute hat <strong>der</strong> Herr <strong>der</strong> völligen Glaubenslosigkeit<br />
vorgebaut, und Seine Neuoffenbarung wie eine Oase in die Wüste <strong>der</strong><br />
Glaubenslosigkeit gelegt. Auch heute führt Er diejenigen, die Seine neue<br />
Lehre aufnehmen wollen, an die Stellen, wo sie die wahre Speise finden<br />
können.<br />
Die Juden hatten erzählt, dass sie bereits seit Jahren nicht mehr gekocht<br />
und es nun auch gänzlich verlernt hätten. Bezogen auf die Neuoffenbarung<br />
heißt Kochen, im Sinne von Speisen zubereiten Folgendes: Zum Kochen<br />
braucht man Brennholz und Feuer. Bäume stellen höhere, insbeson<strong>der</strong>e<br />
religiöse Erkenntnisse und Holz das daraus abgeleitete Gute dar, während<br />
Feuer <strong>der</strong> Liebe des Menschen entspricht. Die religiösen Erkenntnisse des<br />
Lebens müssen eine Verbindung mit <strong>der</strong> Liebe als Neigung im Menschen<br />
eingehen und so zu einem Handeln aus selbstloser Liebe werden. Es geht<br />
also darum, nicht nur aus Erkenntnis, son<strong>der</strong>n hauptsächlich auch aus<br />
Liebe gut zu handeln. Erst durch den lebendigen Prozess dieser<br />
Verbindung werden die Glaubenswahrheiten zu festen Bausteinen unseres<br />
Lebens und können auch an<strong>der</strong>en hungernden und dürstenden Menschen<br />
zum festen Halt werden, d.h. als Nahrung dienen. In diesem<br />
Zusammenhang sei auf eine vergleichbare Entsprechung hingewiesen. Das<br />
bekannte Emblem des Judensterns, zwei ineinan<strong>der</strong> geschobene Dreiecke,<br />
drückt die gleiche Tatsache aus.<br />
Das Dreieck mit <strong>der</strong> Spitze nach unten stellt einen Wassertropfen<br />
(lebendiges Wasser) dar, wie vom Himmel fallende Wahrheiten, während<br />
das zweite Dreieck mit <strong>der</strong> Spitze nach oben gerichtet, das Feuer <strong>der</strong> Liebe<br />
symbolisiert. Auch hier die Verbindung <strong>der</strong> göttlichen Eigenschaften:<br />
Wahrheit und Liebe.<br />
Wie das Feuer <strong>der</strong> Liebe beschaffen sein muss, wird in <strong>der</strong><br />
„Haushaltung Gottes“ näher beschrieben. Die Priesterin Purista musste in<br />
ihrer Küche die Töpfe (<strong>der</strong> Nächstenliebe) immer am Kochen halten, damit<br />
die wahre Speise, die ja <strong>der</strong> Herr Selbst ist, an alle ausgeteilt werden
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
27<br />
konnte. Nun gibt es auch in <strong>der</strong> Burg des Melchisedek eine solche<br />
„Köchin“. Wie schon gesagt, baten die Juden den Herrn: „Möchtest Du<br />
uns doch jemand, <strong>der</strong> des Kochens kundig wäre, besorgen, denn wir haben<br />
schon seit vielen Jahren nichts mehr gekocht, haben auch kein Feuer in<br />
dieser Gegend, auch kein Brennholz für den Herd. Es ist darum für uns in<br />
dreifacher Hinsicht beinahe unmöglich, für Dich und für die, welche mit<br />
Dir sind, ein gekochtes Nachtmahl herzustellen, obschon alle die großen<br />
und kleinen Speisekammern von allerlei Vorräten durch Deine Gnade<br />
überfüllt sind. Es wird durch Deine Gnade auch fürs Brennholz und fürs<br />
Feuer wohl gesorgt worden sein. Aber was nützt das, so wir alle des<br />
Kochens und Speisebereitens völlig unkundig sind?“<br />
Immer wie<strong>der</strong> wird darauf hingewiesen: uns fehlen sowohl<br />
Erkenntnisse als auch Liebe, um wahre Nächstenliebe zu üben. Dieses<br />
wahre Lebensfeuer, von dem wir heute im ersten Lied, <strong>der</strong> Nationalhymne<br />
Israels, gehört haben, muss entzündet werden, damit die Verbindung zum<br />
Herrn aufrechterhalten werden kann. Die Köchin für dieses Mahl in <strong>der</strong><br />
neu entstandenen Herzens- und Glaubensburg ist die Tochter des<br />
Hauptmanns. Sie ging mit ein paar Unterdienern in die große Küche, in <strong>der</strong><br />
sich auch ein Fischbehälter befand, <strong>der</strong> nun voller Fische war, und<br />
bereitete für alle ein gutes Nachtmahl.- Die Fische sind Früchte des<br />
Meeres, also die geistigen Erkenntnisse o<strong>der</strong> Wahrheiten aus <strong>der</strong> Fülle<br />
unseres Wissens. Das Meer ist das zusammengeflossene Wasser unserer<br />
erworbenen Kenntnisse, aus denen wir immer wie<strong>der</strong> schöpfen, und<br />
weshalb auch die Jünger meist Fischer waren und später<br />
„Menschenfischer“ genannt wurden. Es ist überhaupt erstaunlich, wie oft<br />
in dem Großen Evangelium des Johannes Edelfische und <strong>der</strong>en Verzehr<br />
eine Rolle spielen.<br />
Des Hauptmanns Tochter ist hier als Köchin die Neigung zum Wohltun<br />
o<strong>der</strong> Dienen, die aus <strong>der</strong> neuen Sicht <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Dinge hervorgeht.<br />
Gewissermaßen aus <strong>der</strong> Lust, nun ein neues Leben <strong>der</strong> Nächstenliebe zu<br />
beginnen.<br />
Nun wollen wir die schon am Anfang etwas weiter ausgeführte Stelle<br />
mit dem Basaltkeller etwas näher betrachten. Der Herr: „In dieser Burg<br />
befindet sich ja auch ein großer, aus Basaltsteinen gemauerter Keller! Hast<br />
du diesen noch niemals entdeckt und gesehen?“ Basalt ist ein ganz<br />
beson<strong>der</strong>s harter und wi<strong>der</strong>standsfähiger Stein. Der Herr bewahrt die<br />
Überreste <strong>der</strong> Liebe des Menschen zu Gott und die ersten religiösen<br />
Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Kindheit über alle Wirrnisse <strong>der</strong> Zeiten hinweg auf,<br />
wie in einem Tresor (Basaltkeller). Für den von Gott entfernten Menschen
28 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
ist die Tür zu den göttlichen Quellen verschlossen. Nur <strong>der</strong> Herr Selbst<br />
kann sie öffnen. Mit <strong>der</strong> vorgefundenen Wachsfackel (Bienenwachsfackeln<br />
= Licht, das aus himmlischen Substanzen genährt wird) in <strong>der</strong><br />
Hand war erkennbar, dass zu diesem Keller <strong>der</strong> bereits erwähnte breite<br />
Säulenweg führte. Eingangs hatte ich gesagt, dass Säulen die Geschosse<br />
eines Hauses verbinden, bzw. tragen. Sie stellen entsprechungsmäßig auch<br />
die Verbindung vom Natürlichen zum Geistigen dar. Sie tragen das Dach<br />
o<strong>der</strong> Obergeschoss und sind nach Swedenborg „die nie<strong>der</strong>en Wahrheiten,<br />
die die höheren stützen“ (Erklärte Offenbarung 219). Vielleicht sehen wir jetzt<br />
die erwähnten „Säulenstücke“ in den verwüsteten Räumen mit an<strong>der</strong>en<br />
Augen. Die Ordnung <strong>der</strong> geistigen Verhältnisse war bereits gänzlich<br />
zugrunde gerichtet, ein Oben und Unten <strong>der</strong> Anschauungen nicht mehr<br />
erkennbar. Aus diesem Grund war die Basalttür des Kellers auch<br />
verschlossen. Mit Hilfe des Herrn (d.h. <strong>der</strong> Erkenntnisse aus dem Herrn)<br />
kann sie jedoch ohne Anstrengung geöffnet werden - sie ging wie von<br />
selbst auf! In einem neuen geistigen Zustand zeigt sich dann die völlige<br />
Unversehrtheit des Gewölbes. Alles wirkte gereinigt und einladend, und<br />
alle staunten, was dort zu finden war. Zur genaueren Betrachtung <strong>der</strong><br />
einzelnen Entsprechungselemente wollen wir uns noch einmal in den<br />
genauen Text vertiefen. Der Herr: „Aber da von euch niemand den<br />
Eingang in denselben kennt, so folget Mir und Ich werde euch in den<br />
Keller führen.“ – Nur <strong>der</strong> Herr kennt unsere innere Beschaffenheit und<br />
geistigen Verhältnisse. Ihm sollen wir folgen! „Darauf folgten Mir <strong>der</strong> Alte<br />
und noch zehn seiner Leute“. Wir müssen Ihm ganz folgen (zehn – „das<br />
Ganze des Natürlichen“, folgt mit ihrem Obersten (Willen) dem Herrn –<br />
zusammen 12 also „das Ganze des Glaubens“) „mit einer angezündeten<br />
Wachsfackel, die wir in <strong>der</strong> großen Küche, wo viele vorrätig waren,<br />
nahmen und daselbst anzündeten. Von <strong>der</strong> besagten Großküche führte ein<br />
Säulengang zu einem großen Tor, das aus einer Basaltplatte angefertigt<br />
war“. Die Tür zu dem Keller war aus einer (einzigen) Platte gefertigt, was<br />
symbolisiert, dass es nur eine göttliche Wahrheit, d.h. nur einen Gott, gibt.<br />
„Ich zeigte, wie dieses Tor ganz leicht zu öffnen sei, und Ich Selbst öffnete<br />
das große und schwere Tor. Als das Tor geöffnet war, da ward alsbald eine<br />
breite Treppe ersichtlich, über die man ganz gut in den weitläufigen Keller<br />
gelangen konnte. Da fanden wir denn auch eine große Menge von großen<br />
und kleinen Steingefäßen und eine größere Menge von steinernen,<br />
tönernen, silbernen und auch goldenen Trinkgeschirren, worüber die<br />
armen Juden nun freilich große Augen machten und nicht wussten, ob<br />
auch diese Dinge von Mir wun<strong>der</strong>bar erschaffen worden seien, o<strong>der</strong> ob sie
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
29<br />
ihrem Aussehen nach aus <strong>der</strong> Urzeit herrührten.“ – Diese Trinkgefäße<br />
stellen die natürlichen (Steinzeug und Ton), geistigen (Silber) und<br />
himmlischen (Gold) Wahrheiten dar, die in uns ruhen und darauf warten,<br />
mit göttlichem Leben gefüllt zu werden.<br />
„Ich aber sagte zu ihnen: „Dieses alles, was wir da gefunden haben,<br />
rührt noch aus <strong>der</strong> Zeit des großen Königs und Hohenpriesters von Salem<br />
her. Dieses war auf <strong>der</strong> Erde seine Burg, die wie die Berge mit ihren oft<br />
sehr wun<strong>der</strong>baren Grotten und Höhlen nicht von Menschenhänden,<br />
son<strong>der</strong>n durch dieselbe Macht, durch die sie nun wie<strong>der</strong> wie neu aufgebaut<br />
wurde, hergestellt ward. Denn Ich alleine bin <strong>der</strong> wahre König von Salem,<br />
<strong>der</strong> Hohepriester Melchisedek in Ewigkeit. Nun aber nehmet eure Krüge,<br />
füllt sie mit Wein, von dem ihr in großen Gefäßen einen übergroßen Vorrat<br />
habt“. –<br />
Wie<strong>der</strong> ein wenig innehaltend machen wir uns klar, dass hier von<br />
unserem innersten geistigen Leben die Rede ist, <strong>der</strong>en Quelle verschlossen<br />
und sogar unbekannt ist. Unsere Hilferufe in <strong>der</strong> äußersten Not führen uns<br />
wie<strong>der</strong> dem Herrn zu, <strong>der</strong> diese verborgenen Schätze ans „Tageslicht“<br />
bringt. Vorerst aber muss <strong>der</strong> Wein aus den steinernen Gefäßen gezapft<br />
werden und stellt sich als völlig unverdorben und mit höchst würzigem<br />
Geruch heraus. Wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong> Herr zu den Juden: „Siehe, dieser Wein ist<br />
zwar auch von Trauben, welche in diesem Lande gewachsen sind,<br />
gepresst, - aber er ist beinahe ebenso alt wie diese Burg! Es ist dies ein<br />
Zehntwein, den alle Könige, über die <strong>der</strong> König von Salem herrschte, ihm<br />
zum Opfer brachten, und musste bis jetzt erhalten werden, auf dass Ich<br />
nun, als ganz <strong>der</strong>selbe König, vom selben alten Zehntweine trinke mit<br />
allen denen, die an Mich glauben und Mir folgen“<br />
Der Wein, das wissen wir auch von dem Heiligen Abendmahl, stellt<br />
geistige Wahrheiten dar. Diese werden unzerstörbar in eines jeden<br />
Menschen Allerinnersten zum Schutz vor seinen eigenen bösen Neigungen<br />
und Begierden so lange verborgen gehalten, bis <strong>der</strong> Zeitpunkt eintritt, wo<br />
<strong>der</strong> Mensch so reif geworden ist, dass sie wie<strong>der</strong> hervorgeholt (aktiviert)<br />
werden können. Dieser Zustand tritt erst dann ein, wenn <strong>der</strong> Herr von uns<br />
gerufen, erneuernd zu uns kommt, um den Lebensborn wie<strong>der</strong> zu<br />
erschließen. Bezogen auf Sein Wort hat <strong>der</strong> Herr darauf hingewiesen, dass<br />
nur unser (göttlicher) Geist dessen Tiefen ausloten könne. Niemand<br />
erkennt noch im Fleische lebend die geistigen Zusammenhänge in<br />
umfassen<strong>der</strong> Weise, son<strong>der</strong>n nur insofern, als <strong>der</strong> Herr die Augen für<br />
Weniges öffnet. Mit zunehmen<strong>der</strong> Reife werden die Tiefen wohl immer<br />
mehr erschlossen und zu einem größeren Bild verarbeitet, aber letztlich
30 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
bleibt unsere Erkenntnis mehr o<strong>der</strong> weniger Stückwerk. Ein bescheidener<br />
Anfang ist jedoch besser als kein Bemühen um geistige Erkenntnisse. Ein<br />
Versuch beispielsweise, die Bücher <strong>der</strong> Neuoffenbarung Menschen in <strong>der</strong><br />
Fußgängerzone einer beliebigen Stadt zu verteilen, würde auf wenig Erfolg<br />
stoßen. Unverständnis über die gleichen Worte, die uns zutiefst berührten,<br />
macht betroffen. Der Grund ist, dass <strong>der</strong> Geist vieler Menschen noch hinter<br />
<strong>der</strong> „Basaltplatte“ eingeschlossen ist und sie noch keine Suchenden sind.<br />
Heutzutage ist Tiefseetauchen Mode geworden. Jetzt hat man<br />
Methoden entwickelt, in großen Tiefen zu filmen, gesunkene Schiffe<br />
ausfindig zu machen und sie sogar zu heben. Man will auf diese Weise<br />
ungeheure Schätze bergen, ganze Galeeren samt ihrem Inhalt, oft auch<br />
Goldstücke. Da wird alle Technik eingesetzt, um zum Ziel zu gelangen.<br />
Und man lässt es sich etwas kosten. Aber welche Aufwendungen werden<br />
getroffen, um in den „Basaltkeller“ einzusteigen und die dortigen<br />
verborgenen Schätze zu orten und die himmlischen Wahrheiten ans<br />
Tageslicht zu holen? O<strong>der</strong> welche unermesslichen Schätze sind im<br />
göttlichen Wort und warten ebenfalls auf ihre Entdeckung! Wahrheiten<br />
lassen sich dabei auf verschiedenen Ebenen suchen und finden. Deshalb<br />
fanden die jüdischen Hausbewohner unserer Geschichte auch viele<br />
unterschiedliche Trinkgefäße, die die verschiedenen Bereiche des Lebens<br />
repräsentieren. So waren Gefäße für die natürlichen Wahrheiten vorhanden<br />
(z.B. Erkenntnisse aus den verschiedensten Wissenschaften, dem sozialen,<br />
familiären und politischen Leben etc.). Es gab solche für die geistigen<br />
Wahrheiten, welche den Glaubenswahrheiten entsprechen und schließlich<br />
solche für die himmlischen Liebe-Wahrheiten. Aller dieser Gefäße sollen<br />
wir uns bedienen und sie ans Tageslicht, also in unser Bewußtsein,<br />
bringen. Das Trinken aus diesen Gefäßen bedeutet, sie in unser Leben zu<br />
integrieren. Deshalb trugen die Juden die gefüllten Krüge nach oben in den<br />
Speisesaal.<br />
In diesem Zusammenhang sagte <strong>der</strong> Herr: „Solange diese Burg in<br />
Meinem Namen bestehen wird, wird auch <strong>der</strong> Wein nicht versiegen.“ Das<br />
heißt, solange wir den Geist Gottes in uns zulassen und Zuflucht bei Ihm<br />
suchen. Die Wege <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt müssen wir Ihm überlassen. Er gibt<br />
„reichlichst, tausendfach und überfließend!“<br />
Aber sobald wir uns von Ihm abkehren, fällt wie im Märchen hinter<br />
dem unwürdigen Menschen die Tür <strong>der</strong> Grotte zu, und er geht aller<br />
Schätze verlustig. „Aber dennoch wird in 300 Jahren nach Meiner Auffahrt<br />
durch die Macht unserer Wi<strong>der</strong>sacher diese Burg und ein großer Teil<br />
dieser Stadt <strong>der</strong>artig zerstört werden, dass man nicht mehr erkennen wird,
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
31<br />
wo sie nun steht.“<br />
Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang bedeutsam, dass vom<br />
Moment dieser Rede etwa 300 Jahre später, die schicksalhaften Konzilien<br />
begonnen haben, <strong>der</strong>en Auswirkungen dazu führten, dass das junge<br />
Christentum in die Bande <strong>der</strong> äußeren Kirche gelegt und diesem in <strong>der</strong><br />
Folge mehr und mehr <strong>der</strong> freie Geist abgeschnürt wurde. So versiegte also<br />
<strong>der</strong> Wein, <strong>der</strong> aus dem geheimnisvollen Keller des Herzens hervorgehen<br />
soll. Unabhängig davon, was die äußere Kirche macht, trägt jedoch je<strong>der</strong><br />
Einzelne diese Burg des Melchisedek in sich und kann sich an den<br />
Vorräten stärken, so er nur will. Daher tröstet <strong>der</strong> Herr den Leser<br />
anschließend: „Es macht das aber nichts. Denn Ich erbaue Mir nun eine<br />
neue Burg in eurem Herzen, die da, wenn sie einmal gegründet ist,<br />
nimmermehr wird zerstört werden können. Diese alten Denkmale sind<br />
dann auch gut weg, auf dass die Menschen mit ihnen keine Abgötterei<br />
treiben können. Aber nahe an 300 Jahre nach meiner Auffahrt wird die<br />
Burg noch halten und dieser Wein nicht versiegen und werden den aus<br />
Jerusalem hierher Geflüchteten zur Unterkunft und Stärkung dienen.“<br />
Der Herr weiter: „Bei denen Ich aber wohnen werde, die werden Mich<br />
denn auch wohl wahrnehmen, und Ich werde sie selbst lehren und führen,<br />
und so werden sie, Meine rechten Liebhaber allzeit von Mir belehrt und<br />
geführt werden und werden in sich haben das ewige Leben. Aber die sich<br />
von Mir entfernen werden, wie in <strong>der</strong> Altzeit sich auch die Könige aus<br />
purer Weltliebe von dem König von Salem entfernt haben und ihm nicht<br />
mehr darbrachten, was sie ihm hätten darbringen sollen“, nämlich den<br />
Zehntwein. Unser ganzes Leben in seiner vollen Ausbreitung sollen wir<br />
aus Gottes Hand nehmen und Ihm auch wie<strong>der</strong>bringen, weil es ganz und<br />
gar Ihm gehört! Unser eigentliches Leben ist das Wahre und Gute unseres<br />
Wesens, welches nur von Gott kommt. Zum Gedenken an diese geistigen<br />
Verhältnisse sollten die Völker ein Zehntel (den Zehnt) <strong>der</strong> Ernte, <strong>der</strong><br />
Garben (das Gute) und hier des Weines (das Wahre) abtreten. Deswegen<br />
war dieser Wein aus <strong>der</strong> Burg des Melchisedek auch so wun<strong>der</strong>bar, weil<br />
man nicht irgendeinen gewöhnlichen dafür nahm, son<strong>der</strong>n den<br />
ausgesuchtesten.<br />
„Und die Ihm hätten darbringen sollen (aber es nicht tun), <strong>der</strong>en<br />
Herzensburgen werden von Mir verlassen werden. Und wie dann auch zu<br />
den Zeiten des Königs von Salem, als er diese Burg mit allen Engeln, die<br />
ihm dienten, verließ und unter den Völkern und Königen nur zu bald<br />
allerlei Zwietracht, Neid, Missgunst und dadurch auch Kriege entstanden,<br />
also wird es auch in <strong>der</strong> Folge unter jenen sein, <strong>der</strong>en Herzensburgen Ich
32 Die Burg des Melchisedek<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
verlasse. Und da wird sich erheben ein Volk wi<strong>der</strong> das an<strong>der</strong>e und es zu<br />
unterjochen trachten. Darum, wer in meiner Lehre und Liebe verbleiben<br />
wird, in dem werde Ich auch verbleiben und wahrlich aus seinen Lenden<br />
sollen Ströme des lebendigen Wassers fließen, und wer von solchen<br />
Wassern trinken wird, den wird nimmerdar dürsten in Ewigkeit! Meine<br />
Lehre und die göttliche Weisheit in ihr aber ist das wahre lebendige<br />
Wasser. Wer davon trinken wird, dessen Seele wird bald mit aller Weisheit<br />
erfüllt und für ewig gesättigt werden. Und es wird sie nimmerdar dürsten<br />
und hungern nach einer höheren Wahrheit und Weisheit.“<br />
Nun wollen wir abschließend noch einen Blick in den wie<strong>der</strong> erstellten<br />
Speisesaal werfen, <strong>der</strong> ebenfalls unsere neuen Lebenszustände<br />
entsprechungsmäßig vorbildet. „Auf diese Meine Worte begaben wir uns<br />
aus dem Keller und kamen bald in den großen Speisesaal, <strong>der</strong> mit hun<strong>der</strong>t<br />
Lampen bestens erleuchtet war und vor kurzem auch eine <strong>der</strong>artige Ruine<br />
war, dass es wohl niemand hätte merken können, dass da jemals ein großer<br />
Speisesaal bestanden hätte. Zwei große steinerne Tische auf festen Säulen<br />
ruhend, waren im Saal in <strong>der</strong> besten Ordnung aufgestellt und mit feinstem<br />
Byssus zierlich überdeckt. Und um jeden <strong>der</strong> beiden Tische waren eine<br />
rechte Anzahl ganz bequemer Stühle gestellt und beide Tische waren mit<br />
den bestbereiteten Fischen, mit Brot und mit Wein bestgestellt“.<br />
Dieses vom Herrn bereitete Abendmahl zeigt uns, wie wir uns stärken<br />
können, aufnehmen was Er gibt. Da stehen zwei säulenartige Tische,<br />
entsprechend <strong>der</strong> Liebe und dem Glauben. Es sind die beiden Grundelemente<br />
in uns, aus denen heraus wir leben, bzw. was wir zum Leben<br />
brauchen o<strong>der</strong> (ver)zehren. Die Säulen sind, wie schon an an<strong>der</strong>er Stelle<br />
erwähnt, die Stützen höherer Wahrheiten (hier diejenigen Elemente, die<br />
Liebe und Glaube „untermauern“, stützen, tragen) mit feinstem Byssus<br />
bedeckt, mit <strong>der</strong> „echten Wahrheit aus dem Licht des<br />
Himmels“ (Swedenborg). Darauf stehen Brot, Wein und die „allerbestens<br />
zubereiteten“ Fische. Wie<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>, die für die Segnungen des Herrn in<br />
unserem Leben stehen: Seiner Liebe als Brot des Lebens, Seiner Wahrheit<br />
(in Form <strong>der</strong> Lehre) in dem Wein und die aus unserem Erleben<br />
gewonnenen tieferen Erkenntnisse (als die Fische), die alle für das geistige<br />
und himmlische Leben „bestens zubereitet“ worden sind. Rundherum<br />
stehen eine „rechte Anzahl bequemer Stühle“, wo man sich „nie<strong>der</strong>lassen“,<br />
„zu Hause“ sein kann. Da speist man nicht an einem Stehtisch und eilt<br />
wie<strong>der</strong> unstet (zu einer an<strong>der</strong>en Lehre) davon, son<strong>der</strong>n hier sind unser<br />
Sein, unsere Geborgenheit und die heilige Sabbatruhe. Hier haben die<br />
Kämpfe <strong>der</strong> Anfechtungen aufgehört, hier ist gut bleiben.
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />
33<br />
Die hun<strong>der</strong>t Lampen, die diesen Raum erleuchten, sind auch keine<br />
literarische Ausschmückung, denn hun<strong>der</strong>t entspricht als Zahl einem zur<br />
völligen Reife gelangten Zustand. Hier handelt es sich also um die Fülle<br />
des Lichtes, im Sinne geistiger Erkenntnis.<br />
Der Raum ist unser innerster Lebensbereich, <strong>der</strong> durch das<br />
Himmelslicht optimal erleuchtet wird. Wir sehen in allem die göttliche<br />
Vorsehung walten. Ein Beispiel aus <strong>der</strong> „Geistigen Sonne“ beschreibt, wie<br />
ein Prior, ein ehemaliger Abt, in sein himmlisches Haus kam. Wie kann es<br />
an<strong>der</strong>s sein, auch da war ein Keller und darüber liegende Etagen. Diese<br />
Etagen entsprachen den verschiedenen Zeitepochen o<strong>der</strong> „Kirchen“,<br />
entsprechend dem Alten und Neuen Testament. Wir können sicher sein,<br />
dass für uns noch eine weitere Etage hinzugekommen ist: die<br />
Neuoffenbarung! Alle sind notwendige Lebensetagen, und mit <strong>der</strong><br />
Neuoffenbarung fällt keine darunter liegende Ebene weg. Im Gegenteil,<br />
diese werden durch die „hun<strong>der</strong>t Lampen“ erst richtig beleuchtet und uns<br />
besser zugänglich gemacht. Deshalb haben wir jetzt auch die einst verloren<br />
gegangene „Haushaltung Gottes“ (das „Alte Wort“) wie<strong>der</strong>bekommen, in<br />
<strong>der</strong> schon die ganze Anlage <strong>der</strong> Heiligen Schrift enthalten ist.<br />
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass unsere Herzens- und<br />
Glaubensburg das Haus ist, in dem wir leben und wirken. Wir erhalten zu<br />
unserer Stärkung den Wein <strong>der</strong> Wahrheit aus den Tiefen unseres Herzens,<br />
und wir haben auch den Speisesaal vor uns, <strong>der</strong> die Aufnahme des<br />
göttlichen Einflusses symbolisiert, sowie die Anordnung <strong>der</strong> zwei Tische,<br />
<strong>der</strong>en Säulen die Liebe und den lebendigen Glauben bezeichnen.<br />
Schließlich deckt <strong>der</strong> Herr den Tisch mit Seiner wahren Lebenslehre <strong>der</strong><br />
Gottes- und Nächstenliebe und stärkt uns in unseren Tätigkeiten mit<br />
wahrer Himmelskost. Wir lassen uns nie<strong>der</strong> und wollen nimmerdar diese<br />
Lebenssphäre verlassen. -<br />
Es ist sicher nicht alles über diese geheimnisvolle Burg gesagt, aber das<br />
ist auch gar nicht möglich. Meine Ausführungen sollten hauptsächlich<br />
Anregung sein, das Wort des Herrn – im Alten und Neuen Testament, wie<br />
auch das <strong>der</strong> Neuoffenbarung – mit an<strong>der</strong>en Augen zu lesen. Denn alles,<br />
was immer <strong>der</strong> Herr sagt und tut, hat Entsprechungscharakter. Durch<br />
Swedenborgs Vorarbeit ist es in <strong>der</strong> heutigen Zeit eher möglich, das neue<br />
Wort des Herrn mit Hilfe <strong>der</strong> „hun<strong>der</strong>t Lampen“ noch besser zu<br />
durchleuchten, und dadurch in <strong>der</strong> Liebe zu unserem himmlischen Vater zu<br />
wachsen. -
34 Gedanken zum Gebet<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Gedanken zum Gebet<br />
Willigis Jäger<br />
In <strong>der</strong> christlichen Tradition kennen wir verschiedene Formen des<br />
Betens und <strong>der</strong> Gebetshaltungen. Beten ist Ausdruck dessen, was in<br />
unserem Inneren vorgeht. Der Mensch sucht in <strong>der</strong> Krise jene inneren<br />
Räume auf, in denen er „daheim“ ist, sich sicher fühlt. Krisen geben meist<br />
den Impuls, den entscheidenden Ausschlag für eine solche Haltung. Es<br />
sind zunächst gleichsam Regressionen in einen geborgenen Zustand, wie<br />
er ihn in seinen frühen Kindheitsjahren erlebt hat. Es kann sein, dass er<br />
aber unter Störungen leidet, die auf ein gebrochenes Verhältnis zu seinen<br />
Eltern in dieser frühen Phase hinweisen. Dann fehlt ihm manchmal jenes<br />
Urvertrauen, um das es im Gebet geht.<br />
Der Mensch drückt in seinem Beten formal o<strong>der</strong> gedanklich individuell<br />
aus, was ihm am Herzen liegt und was er geän<strong>der</strong>t sehen möchte. Ein<br />
formuliertes Gebet ist dann wie eine Brücke, die den Transfer des Inneren<br />
ins Äußere und umgekehrt gewährleistet und ermöglicht.<br />
Drei Formen des Betens kannte man in <strong>der</strong> Tradition bis ins Mittelalter:<br />
Oratio, meditatio, contemplatio. Oratio war und ist bis heute das Bittgebet,<br />
das sich im Hersagen vorformulierter o<strong>der</strong> freier Gebetstexte äußert. Es ist<br />
die schlichte einfache Form des Betens, wie man sie zunächst kennenlernt.<br />
Meditatio ist jene Gebetshaltung, in <strong>der</strong> das Denken, das Empfinden, die<br />
Sinne, <strong>der</strong> Geist auf ein Objekt gerichtet werden. Das kann ein Bild sein,<br />
ein Musikstück, ein Wort aus <strong>der</strong> Heiligen Schrift o<strong>der</strong> ein bestimmtes<br />
Ereignis, das uns gefangen hält. Die höchste Stufe und eigentliche Form<br />
des Gebets aber war die contemplatio. Hierunter verstand man das<br />
Zurückdrängen eigener Wünsche, Anliegen, Vorstellungen und Empfindungen.<br />
Der Mensch sollte sich leer machen, damit in ihm das Neue<br />
einziehen könnte. Wenn alles zum Schweigen gebracht ist, dann kann Gott<br />
gewissermaßen gehört, verstanden, erfahren werden. Darum ist diese Form<br />
des Betens zugleich die schwierigste. Denn es gelingt nicht immer, sich<br />
vollkommen leer zu machen. Es ist nicht leicht zu sagen: Dein Wille<br />
geschehe! Meist betet man das zwar, aber wenn dann <strong>der</strong> Wille Gottes<br />
geschieht, wird dies als schicksalhaftes Leid o<strong>der</strong> als schmerzliche<br />
Verän<strong>der</strong>ung erlebt. Dann sollte <strong>der</strong> Wille zuletzt doch so geschehen, wie<br />
man sich das selber vorstellt. Das Vertrauen in den Folgeprozess fehlt.<br />
Darum gehört regelmäßige Übung dazu, ein fortgesetztes Beten. Es ist das,<br />
was in <strong>der</strong> Bibel so gesagt ist: „Betet ohne Unterlass“. Es bedeutet die<br />
kontinuierliche Fortsetzung des Betens in <strong>der</strong> Stille, des Hörens, nicht den<br />
hartnäckigen Vortrag eigener Interessenlagen vor Gott.
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Gedanken zum Gebet<br />
35<br />
Ein Zitat von C.G. Jung: „Ist Glaube echt und lebendig, dann wirkt er.<br />
Ist er aber nur Einbildung und Willensanstrengung ohne Verständnis,<br />
dann achte ich seinen inneren Weg gering. Lei<strong>der</strong> ist dieser<br />
unbefriedigende Zustand in unserer Zeit sehr verbreitet, und da dem, <strong>der</strong><br />
nicht glauben kann, son<strong>der</strong>n verstehen möchte, nur Zweifel und Skepsis<br />
bleiben, wird die ganze christliche Überlieferung als bloße Phantasie über<br />
Bord geworfen. Darin sehe ich einen ungeheuren Verlust, für den wir<br />
einen schrecklichen Preis zu zahlen haben werden. Die Wirkung zeigt sich<br />
in <strong>der</strong> Auflösung ethischer Werte und einer totalen Desorientierung<br />
unserer ‚Weltanschauung‘. Die unter bestimmten Voraussetzungen<br />
gefundenen „Wahrheiten“ von Naturwissenschaft und ‚Existentialphilosophie‘<br />
sind ein schwacher Ersatz.“<br />
Beten, das auf Verstehen und vor allem Einsicht gegründet ist, ist mehr<br />
als bloße Naivität und die Wie<strong>der</strong>holung von Bil<strong>der</strong>welten. Es verlangt ein<br />
höheres Maß an Phantasie, Distanzierungsvermögen und Lebensreife. Im<br />
Grunde ist es mit schmerzlichen Vorgängen und einem grundlegenden<br />
Wandel des Menschen verbunden. Die gesamte Existenz ist<br />
eingeschlossen, nichts bleibt ausgeklammert, was unser Menschsein<br />
ausmacht. Das wird in <strong>der</strong> Kontemplation geübt. Johannes vom Kreuz<br />
schreibt über die Kontemplation, dass sie „Trockenheiten <strong>der</strong> Seele kennt,<br />
in denen Gott die Menschen vom Leben im Sinnenbereich weg zum Leben<br />
im Geist, das ist von <strong>der</strong> Meditation zur Kontemplation führt, wo <strong>der</strong><br />
Mensch mit seinem eigenen Seelenvermögen nicht mehr wirken kann o<strong>der</strong><br />
sich über die göttlichen Dinge Gedankengänge zu entwickeln vermag.“ In<br />
diesen Phasen sind es nicht die Trockenheiten, die schmerzen, son<strong>der</strong>n die<br />
auftretenden Ängste, die Befürchtung, verlassen zu sein und den Weg zu<br />
verlieren. „So plagen sie sich ab und bemühen sich, wie sie es gewohnt<br />
waren, an irgendeinem Gegenstand zum Nachdenken eine Stütze und ein<br />
wenig Wohlgeschmack für ihr Seelenvermögen zu finden, da sie meinen,<br />
dass nichts geschieht, wenn sie dieses nicht tun und sich nicht am Werk<br />
erleben.“ Hier geht es wirklich um einen grundlegenden Unterschied in<br />
den Zuständen: Im Fall <strong>der</strong> Meditation ist <strong>der</strong> Geist immer noch auf Dinge<br />
gerichtet, von denen er das Ich des Menschen sich bestimmen, erfüllen<br />
o<strong>der</strong> an denen es sich orientieren kann. Im Bereich <strong>der</strong> kontemplativen<br />
Übung empfindet man sich oft völlig von den Dingen abgeschnitten,<br />
verlassen, wie in einem freien Fall. Die bisherige Welt bricht mitunter<br />
vollständig zusammen, Beziehungen lösen sich auf, Bindungen gehen<br />
verloren. Das wird als schmerzlich erlebt und man sucht nach Halt o<strong>der</strong><br />
einer an<strong>der</strong>en Form <strong>der</strong> Übung, statt sich auf die Bewegung einzulassen.<br />
Johannes vom Kreuz schreibt: „Doch das bringt gar nichts, weil Gott sie
36 Gedanken zum Gebet<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
bereits auf einem an<strong>der</strong>en Weg führt, dem <strong>der</strong> Kontemplation, <strong>der</strong> ganz<br />
an<strong>der</strong>s ist als <strong>der</strong> erste. Der eine ist ja ein Weg <strong>der</strong> Meditation und<br />
Gedankengänge, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e hat mit Meditation o<strong>der</strong> Gedankengängen<br />
nichts zu tun.... Menschen, die sich in einer solchen Lage sehen, sollen sich<br />
trösten, geduldig ausharren und sich nicht grämen. Sie mögen auf Gott<br />
vertrauen .... bis er sie zum klaren und reinen Licht <strong>der</strong> Liebe führt. Die<br />
Verhaltensweise, die sie in dieser Nacht des Sinnenbereichs annehmen<br />
sollen ist, dass sie sich aus Gedankengängen und Meditation nichts<br />
machen, da das jetzt nicht dran ist. Sie sollen vielmehr die Seele ruhig sein<br />
und ausruhen lassen, auch wenn sie deutlich den Eindruck haben, dass sie<br />
nichts tun und Zeit verlieren, ja selbst wenn ihnen scheint, sie hätten nur<br />
wegen ihrer Nachlässigkeit keine Lust, über viel nachzudenken. Sie tun<br />
nämlich bereits sehr viel, wenn sie geduldig im Gebet ausharren, ohne<br />
dabei etwas zu tun.“ Über das Beten kann man dann auch an<strong>der</strong>e Dinge<br />
sagen als nur Wünsche vortragen o<strong>der</strong> einfach zu bitten. Zum Gebet zählt<br />
ein Vorgang, <strong>der</strong> nur in <strong>der</strong> Stille geschehen kann. Wie<strong>der</strong> zitiere ich<br />
Johannes vom Kreuz: „Kontemplation ist ja nichts an<strong>der</strong>es als ein<br />
geheimes, friedliches und liebendes Einströmen Gottes, so dass er, wenn<br />
man ihm Raum gibt, den Menschen im Geist <strong>der</strong> Liebe entflammt.“<br />
Um aber in diese Lage zu gelangen, muß alles, was diesen Vorgang<br />
hin<strong>der</strong>t, beseitigt werden. Darum wird <strong>der</strong> Mensch „leer“ gemacht. Es<br />
wird auch verständlich, weshalb es in diesem Vorgang keine Steigerung<br />
gibt, etwa seliger als selig zu sein. Es gibt keine Vergleiche, weiter zu sein,<br />
mehr zu sein, mehr zu wissen, eine beson<strong>der</strong>e Stellung erreichen zu wollen<br />
o<strong>der</strong> etwas lehren zu wollen. Alles, was übrig bleibt, ist Begleitung,<br />
Geduld und Liebe. „Gott versetzt den Menschen nämlich auf solche Weise<br />
in diesen Zustand und führt ihn auf einem ganz an<strong>der</strong>en Weg, dass dieser<br />
ihn beim Werk, das er in ihm vollbringen will, eher stört als hilft, wenn er<br />
mit seinem Seelenvermögen wirken möchte; das war früher genau<br />
umgekehrt. Der Grund dafür ist, dass in diesem Zustand <strong>der</strong><br />
Kontemplation, wenn also <strong>der</strong> Mensch das diskursive Nachdenken aufgibt<br />
und in den Zustand des Fortgeschrittenen eintritt, es bereits Gott ist, <strong>der</strong><br />
im Menschen wirkt. Dadurch bindet er sein inneres Seelenvermögen fest<br />
und läßt ihm we<strong>der</strong> Stütze im Erkenntnisvermögen noch Saft im<br />
Empfindungsvermögen, noch diskursives Nachdenken im Erinnerungsvermögen.<br />
Denn was <strong>der</strong> Mensch in dieser Zeit von sich aus wirken kann,<br />
dient ... nur dazu, seinen inneren Frieden und das Werk, das Gott während<br />
dieser Trockenheit des Sinnenbereichs in seinem Geiste vollbringt, zu<br />
stören.“ Das aber ist nicht vom Menschen her machbar; es ist auch keine<br />
Art Auszeichnung o<strong>der</strong> Beson<strong>der</strong>heit, wie man den Begriff „Erleuchtung“
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Gedanken zum Gebet<br />
37<br />
auch missverstehen kann. Doch es gibt Menschen, „denen es nie ganz<br />
gelingt, ihren Sinnenbereich von den Brüsten <strong>der</strong> Betrachtungen und<br />
Gedankengänge loszureißen, son<strong>der</strong>n ... nur von Zeit zu Zeit für eine<br />
Weile.“ Es bleibt ein Geheimnis, weshalb dies so ist. Dafür gibt es keine<br />
Erklärung. Man kann sich nur selbst fragen, was einen bindet und festhält.<br />
„...denn nicht alle, die sich ausdrücklich auf dem Weg des Geistes<br />
einüben, führt Gott zur Kontemplation, ja nicht einmal die Hälfte von<br />
ihnen; warum, das weiß nur er.“<br />
Im Fürbittengebet versetzt man sich in die Lage eines an<strong>der</strong>en. Der<br />
Betende identifiziert sich mit einem an<strong>der</strong>en Menschen und stellt sich<br />
gleichzeitig eine für ihn bessere Zukunft vor. Diese Art von Gebet<br />
verlangt, dass vom eigenen Wunschdenken abgesehen werden kann und<br />
man wahrnimmt, was vorgeht. Der Betende spricht hingebungsvoll aus,<br />
was ihm bei diesem „Verstehen“ (= sich in den an<strong>der</strong>en Menschen<br />
versetzen) „einsichtig“ wird.<br />
Im individuellen Bereich erkennt <strong>der</strong> Beter in dieser Weise des Betens,<br />
dass er sich schuldig gemacht hat. (Bußgebet). Auch hier gewinnt <strong>der</strong><br />
Betende Abstand von sich selbst, indem er sieht, worin die Last besteht,<br />
die er verursacht hat. Der Betende begreift, dass er sich von <strong>der</strong><br />
Vergangenheit lösen kann. Neue Möglichkeiten und Chancen werden<br />
entdeckt und ausgesprochen. Gleichzeitig erkennt man, dass sich etwas<br />
Neues dadurch entfaltet. Es muß nicht dem eigenen Willen und <strong>der</strong><br />
eigenen Vorstellung entsprechen.<br />
Nicht die Anrede „Herr“ o<strong>der</strong> „Gott“ macht ein Gebet aus, son<strong>der</strong>n<br />
die Echtheit, Wahrhaftigkeit und Hingabe, mit <strong>der</strong> ich wahrnehme, spreche<br />
und handle. Der Betende ist immer konfrontiert mit <strong>der</strong> Frage, wie ehrlich,<br />
offen und hingebungsvoll er mit sich, an<strong>der</strong>en Menschen und schließlich<br />
mit Gott kommuniziert. Das „Amen“ schließt deswegen jedes Gebet ab,<br />
weil es diese Bekräftigung ausdrückt.<br />
Im Beten schiebt <strong>der</strong> Betende die Verantwortung nicht von sich weg<br />
auf einen fernen Gott, son<strong>der</strong>n sucht nach Antwort, Kraft und Mut, um<br />
eine Perspektive zu finden und die eigene Haltung zu verän<strong>der</strong>n. Beten soll<br />
die Hoffnung auf eine bessere Zukunft erhalten, liebesfähiger machen und<br />
am Wirken Gottes beteiligen. Beten wird somit zu einer Lebenshaltung.<br />
Beten kann so grundlegend wie Atmen werden. Es ist wie Ausatmen und<br />
Einatmen. Ich achte darauf, dass ich die verbrauchte Luft nicht noch<br />
einmal einatme, son<strong>der</strong>n neue Luft bekomme. Da zeichnet sich auch <strong>der</strong><br />
Übergang in tiefere Formen des Betens schon im Ansatz ab. Wer betet, <strong>der</strong><br />
möchte eine Antwort erhalten. Diese kann reichhaltiger, vielfältiger,<br />
überraschen<strong>der</strong>, schöpferischer, schmerzlicher o<strong>der</strong> freudiger sein, als wir
38 Gebet des Herzens<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
planen o<strong>der</strong> denken können. Der Philosoph Sören Kierkegaard schreibt<br />
darüber:<br />
„Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte<br />
ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich<br />
wurde, was womöglich ein größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde<br />
ein Hörer. Ich meinte erst, Beten sei Reden. Ich lernte aber, dass Beten<br />
nicht nur Schweigen ist, son<strong>der</strong>n Hören. So ist es: Beten heißt nicht, sich<br />
selbst reden hören; beten heißt, still werden und still sein und warten, bis<br />
<strong>der</strong> Betende Gott hört.“<br />
Nicht die Menge <strong>der</strong> Worte ist entscheidend. Entscheidend ist, eine<br />
lebendige Antwort zu erfassen. An<strong>der</strong>s gesagt: Die Antwort auf alles<br />
Bitten ist schon gegeben. Das Gebet kann also nicht mehr tun, als die<br />
Antwort Gottes in mich hineinzuholen. Im Grunde endet jedes Beten mit<br />
dem Hören in <strong>der</strong> Stille, mit dem Wahrnehmen dessen, was ich nicht mit<br />
meinem Geist und meiner Verfügungskraft bewerkstelligen kann. Wir<br />
beten nicht, damit Gott hört und unsere Bitten erfüllt, son<strong>der</strong>n weil Gott<br />
hört und damit wir wahrnehmen können und dessen gewahr werden, was<br />
Gott wirkt.<br />
Gebet des Herzens<br />
„Sprechet aber nun auch in euren Herzen mit mir und saget es laut:<br />
O du allmächtige, heilige Liebe,<br />
du allerbarmherzigster Herr und Vater in Jesu Christo!<br />
Wir bekennen nun unsere alte, große Schuld vor Dir;<br />
wir sagen hier, dass wir allzeit nicht nur unnütze, son<strong>der</strong>n die<br />
allerschlechtesten Knechte vor Dir waren,<br />
und bekennen, dass all unsere vermeintliche Verdienstlichkeit<br />
von unserer Seite Dir, o heiliger Vater, gegenüber ein Greuel sein musste,<br />
bitten Dich aber dennoch hier in unserer äußersten und größten Not,<br />
dass Du uns gnädig und barmherzig sein möchtest!<br />
Lass uns hier zu wahren Brü<strong>der</strong>n werden, die sich allzeit durch Deine<br />
Gnade und Erbarmung lieben und Dir geben in jeglichem Zustande<br />
alle Ehre, alles Lob und allen Preis!<br />
Und wir bitten Dich auch aus dem Grunde unseres Herzens,<br />
dass Du, o heiliger Vater, uns nur diese allerhöchste Gnade verleihen<br />
möchtest, dass wir allergrößten Sün<strong>der</strong> vor Dir -<br />
Dich, o ewige Liebe, aber dennoch aus allen unseren Kräften<br />
lieben dürfen!“<br />
(Geistige Sonne Bd.1, 89,13)
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Gott o<strong>der</strong> Vater<br />
39<br />
Gott o<strong>der</strong> Vater<br />
„Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!“<br />
(Hebr. 10,31)<br />
„Ihr aber sollet nicht beten zu Gott, <strong>der</strong> da heilig, heilig, heilig ist, denn<br />
allein in des Vaters Liebe; denn Gott sind alle Menschen ein Gräuel, – nur<br />
dem Vater sind sie Kin<strong>der</strong>.<br />
Gottes Heiligkeit ist unantastbar; aber des Vaters Liebe steigt zu den<br />
Kin<strong>der</strong>n herab.<br />
Gottes Zorn richtet alle Dinge <strong>der</strong> ewigen Vernichtung zu; aber des<br />
Vaters Erbarmung läßt auch sogar jeglichen Traum nimmerdar zugrunde<br />
gehen. Von Gott aus muss alles sterben; aber dann kommt das Leben des<br />
Vaters über die Toten. Wer da sucht Gott, <strong>der</strong> wird Ihn verlieren, sich und<br />
sein Leben; denn Gott lässt Sich nicht anrühren. Und <strong>der</strong> Menschen<br />
Weisheit, die Ihn sucht, ist Ihm eine greulich anekelnde Torheit und den<br />
Suchenden aber unvermeidlich tötend. Denn mit <strong>der</strong> Weisheit rührt er Gott<br />
an; diesen aber kann kein geschaffenes Wesen mit was immer für einem<br />
Sinne anrühren und behalten das Leben.<br />
Denn Gott ist ein ewiges, allerreinstes, aber auch allerunendlichst<br />
heftigstes Feuer, welches nimmerdar erlischt; und wo es <strong>der</strong> Vater nicht<br />
mil<strong>der</strong>n möchte, da würde es alsbald alles auf ewig zerstören. Daher soll<br />
je<strong>der</strong> Gott fürchten über alles und den Vater aber lieben über alles; denn<br />
<strong>der</strong> Vater ist das allerblankste Gegenteil von Gott.<br />
Und doch wäre Gott nicht Gott ohne den Vater, welcher ist die ewige<br />
Liebe in Gott; und <strong>der</strong> Vater aber wäre nicht Vater ohne Gott.<br />
Wie aber <strong>der</strong> Vater ist alles Leben in Gott, so auch ist Gott alle Kraft<br />
und Macht im Vater. Ohne den Vater wäre Gott Sich Selbst<br />
unaussprechlich; denn alles Wort in Ihm ist <strong>der</strong> Vater. Der Vater aber wäre<br />
nie Vater ohne Gott; und so sind Gott und <strong>der</strong> Vater eins!<br />
Wer also den Vater rührt mit <strong>der</strong> Liebe, <strong>der</strong> rührt auch Gott. Wer aber<br />
des Vaters vergisst und mit seiner Weisheit nur die Gottheit rühren will,<br />
den wird <strong>der</strong> Vater nicht ansehen; <strong>der</strong> Gottheit Feuer aber wird ihn<br />
ergreifen und ihn zerreißen und vernichten ins Unendliche, dass er sich<br />
dann ewig nimmerdar finden wird. Und es wird dann auch nicht leicht<br />
mehr geschehen, dass ihn <strong>der</strong> Vater wie<strong>der</strong> aus aller Unendlichkeit<br />
zusammensuchen und sodann wie<strong>der</strong> von neuem bilden wird.<br />
Wo aber <strong>der</strong> Vater ist, da ist Gott auch. Aber allein <strong>der</strong> Vater offenbart<br />
Sich den Kin<strong>der</strong>n; Gott aber kann Sich niemandem offenbaren, außer<br />
allein durch den Vater, und da offenbart, wie jetzt, <strong>der</strong> Vater die Gottheit.<br />
Wer also Mich hört, sieht und liebt, <strong>der</strong> hört, sieht und liebt auch Gott.
40 Gott o<strong>der</strong> Vater<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Wer aufgenommen wird vom Vater, <strong>der</strong> wird auch aufgenommen werden<br />
von Gott.<br />
Wenn jemand Unwürdigen <strong>der</strong> Vater nicht annehmen wird, <strong>der</strong> wird<br />
fallen in die Hände <strong>der</strong> richtenden und vernichtenden Gottheit allein, und<br />
da wird kein Erbarmen sein, noch irgendeine Liebe und Gnade!<br />
Daher fürchtet die Gottheit; denn es ist schrecklich, in Ihre Hände zu<br />
fallen!<br />
Aber den Vater liebet! Haltet fest an Seiner Liebe und lasset euch<br />
allzeit rühren und führen von <strong>der</strong> Liebe des Vaters, so werdet ihr den Tod<br />
nimmerdar schmecken ewig, außer die Trennung vom Leibe, <strong>der</strong> da ist ein<br />
Fluch <strong>der</strong> Gottheit, in welchem das Leben aus dem Vater vor dem Zorne<br />
<strong>der</strong> Gottheit geschützt wird durch die schirmende Liebe des Vaters.<br />
Aus <strong>der</strong> Hand Gottes empfängst du den Fluch, – aus <strong>der</strong> Hand des<br />
Vaters aber den Segen <strong>der</strong> Liebe und alles Lebens aus ihr. Daher halte dich<br />
ewig an die Liebe, so wirst du bestehen in <strong>der</strong> Liebe! Wo du dich aber<br />
hältst an die Weisheit, da wirst du vergehen und wirst zunichte verweht<br />
werden auf ewig vom Geiste <strong>der</strong> Gottheit!<br />
Dieses Gesagte sei euch eine große Sabbatmorgengabe vom Vater,<br />
dessen Kin<strong>der</strong> ihr seid, und <strong>der</strong> euch darum liebt mehr als alles in <strong>der</strong><br />
reichen Unendlichkeit! Bedenket es in eurem Herzen, und tuet danach, so<br />
werdet ihr leben und nie in <strong>der</strong> Gottheit Hände fallen!“ (HGt. 1, 167,09-22)<br />
„Alsbald fielen alle vor dem erkannten Fremden nie<strong>der</strong> und lobten und<br />
priesen in Ihm den heiligsten Vater, darum Er ihnen so viel Gnade und<br />
Erbarmung erwies, dass Er auch diesmal gewollt hatte – also, wie Er es<br />
verheißen hatte – auch am Streittage noch unter ihnen zu verweilen.<br />
Und <strong>der</strong> Fremde aber hieß sie alsbald alle wie<strong>der</strong> erstehen und sagte<br />
darauf zu ihnen: „Kindlein, Abba ist Mein Name; also sollet ihr Mich<br />
allezeit in eurem Herzen rufen!<br />
Wenn ihr Mich im Geiste und aller Wahrheit also rufen werdet, so<br />
werde Ich euren Ruf allzeit erhören; so ihr Mich aber mit was immer für<br />
einem an<strong>der</strong>n Namen rufen werdet, da werde Ich euren Ruf nicht anhören,<br />
son<strong>der</strong>n werde hinwegwenden Mein Ohr von eurem Munde, und mit<br />
Meinen Augen werde Ich nicht ansehen eure Werke!<br />
Der Sklave hat einen Herrn, die Natur hat einen unerbittlichen Gott<br />
zum Schöpfer und zum Richter; vor Jehova muß alles vergehen, denn <strong>der</strong><br />
Ewige und Unendliche duldet nichts in und außer Sich – denn Seine<br />
Heiligkeit ist unantastbar –, nur allein <strong>der</strong> Vater kennt Seine Kindlein, und<br />
diese sollen allein Ihn erkennen und rufen: ,Abba, lieber Vater!‘, so wird<br />
Er sie allzeit hören und wird ihnen geben alles, was Er Selbst hat, nämlich<br />
das vollkommene, ewige Leben und alle endlosen Schätze desselben.
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Gott o<strong>der</strong> Vater<br />
41<br />
Ihr saget zwar in euren Herzen und fraget: ,Wie werden wir denn das<br />
wohl tun können? Denn <strong>der</strong> Vater ist ja auch <strong>der</strong> alleinige ewige Gott und<br />
ist unendlich und überheilig! So wir den Vater rufen, da rufen wir ja auch<br />
verborgenermaßen das, was wir nicht rufen sollen!<br />
Wie können wir ,Vater‘ rufen, ohne uns dabei doch allzeit zu erinnern,<br />
wer <strong>der</strong> Vater ist?!‘<br />
Ich aber sage euch allen und gebiete euch sogar, dass ihr allzeit wohl<br />
bedenken sollet, wer da ist euer Vater; denn Er hat auch euch, wie die<br />
ganze Unendlichkeit, erschaffen. Aber alle Geschöpfe hat Er belassen also,<br />
wie sie sind erschaffen worden; euch aber hat Er aus Seiner ewigen Liebe<br />
umgewandelt zu Seinen Kin<strong>der</strong>n!<br />
Daher sollet ihr Ihn denn auch allzeit ,Vater‘ rufen, aber dabei auch<br />
allzeit wohl bedenken, wer <strong>der</strong> Vater ist, so wird Er euch allezeit hören!<br />
Als Gott bin Ich ein ewiger Richter nach Meiner unendlichen Weisheit<br />
und Heiligkeit – denn Gott kann sich nichts nahen und leben –; aber in<br />
Meiner eben also unendlichen Liebe bin Ich ein Vater und will alle Meine<br />
Kin<strong>der</strong> um Mich versammeln!<br />
Fraget nicht, wer da <strong>der</strong> Mächtigere ist, ob Gott o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vater; denn es<br />
ist nur ein Gott und ein Vater, und dieses alles bin Ich nun ersichtlich vor<br />
euch. Haltet euch aber alle an den Vater, so werdet ihr nimmerdar gerichtet<br />
werden und zugrunde gehen; denn <strong>der</strong> Vater richtet niemanden – und am<br />
allerwenigsten Seine Kin<strong>der</strong>, die Ihn da allzeit wahrhaftig und getreu als<br />
den allein wahren, guten Vater in ihren Herzen bekennen und also auch<br />
lebendig anrufen!<br />
Wie aber ihr eure Kin<strong>der</strong> nicht richtet, son<strong>der</strong>n nur ziehet, lehret und<br />
führet, desgleichen tue auch Ich.<br />
Dass Ich aber also tue, dessen könnet ihr euch eben jetzt überweisen,<br />
indem Ich zu euch gekommen bin und lehre euch Selbst, zu wandeln auf<br />
den Wegen des Lebens!<br />
Würde Ich wohl solches tun, wenn ihr nicht Meine Kin<strong>der</strong> wäret und<br />
Ich euer guter Vater?!<br />
O sicher nicht! Denn es wäre Mir ja ein viel Leichteres, euch zu halten<br />
in einer gerichteten Ordnung gleich allen an<strong>der</strong>en Geschöpfen; allein, da<br />
Ich aber solches nicht tue, so ist es ja klar, dass ihr Meine Kin<strong>der</strong> und Ich<br />
euer aller guter Vater bin!<br />
Ich kam heute wie<strong>der</strong> als ein Fremdling zu euch, und ihr habt Mich<br />
nicht erkannt, – darum ihr ,Jehova‘, aber nicht wahrhaftig ,Vater‘ gerufen<br />
habet.<br />
Bleibet daher beim Vater vollkommen, so werde Ich euch hinfort kein<br />
Fremdling mehr sein!“ (Haushaltung Gottes Bd. 2, Kap. 156,01-18)
42 Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />
nach Johannes Gommel (1811-1841)<br />
Diesen frommen Jüngling, <strong>der</strong> im Jahre 1841 in noch jugendlichem<br />
Alter heimging, war von Gott viel Licht in jenseitige Zustände geschenkt.<br />
Schon in seiner Kindheit hatte er Erscheinungen von Abgeschiedenen. Er<br />
kannte jenseitige Zustände so genau, weil Abgeschiedene von allerlei<br />
Graden in großer Menge sich an ihn um sein Gebet und Beistand, zum<br />
Heiland zu kommen, wendeten. In späteren Jahren nahm er sie jedoch<br />
nicht mehr an, son<strong>der</strong>n wies sie an den Heiland selbst.<br />
Solche Blicke in das Reich <strong>der</strong> Geister, von dem wir, wie er sah und<br />
erfuhr, überall umgeben seien, eröffnete er aber nur Vertrauten.<br />
Er hielt es für einen schweren Irrtum, wenn man sich einbilde, wenn<br />
man nur im Glauben an den Heiland sterbe, so komme man gleich ohne<br />
Unterschied zum Anschauen Jesu. Es stehe ja klar in <strong>der</strong> Schrift, dass man<br />
ohne Heiligung, ohne ein gereinigtes Herz Gott nicht schauen könne. Nur<br />
die Überwin<strong>der</strong> können eingehen in die Stadt Gottes, darum sei es sehr<br />
wichtig, dass wir hier loswerden von allem Unreinen nach Geist, Seele und<br />
Leib.<br />
Wenn wir nicht durch das treueste Wachen über uns selbst und durch<br />
fortwährendes Bleiben an Jesu uns bewahren lassen, könnten wir nicht zur<br />
ersten Auferstehung kommen und müssten die tausend Jahre warten bis<br />
zur allgemeinen Auferstehung, was ein unbeschreiblicher Schmerz für die<br />
sei, die zurückbleiben müssen. Von ihm selbst wird bezeugt, dass er ganz<br />
in Jesu und aus Ihm lebte. „Sein Leben war ein wohlgeordneter Fluss aus<br />
dem Lebensstrom Jesu, <strong>der</strong> allen wie<strong>der</strong> zum Segen war, die den Segen<br />
davon annahmen. Und ob er gleich sich zu den Allergeringsten <strong>der</strong><br />
Angehörigen Jesu zählte, das wusste er gewiss, dass er zu seinem Heiland<br />
komme, wenn er nicht dessen nahe Wie<strong>der</strong>kunft erleben werde.“ Im<br />
Augenblick seines Abscheidens war es den Anwesenden bei allem<br />
Schmerz des Verlustes so unaussprechlich wohl, dass sie hätten ein<br />
Halleluja anstimmen mögen, denn sie fühlten sich von unsichtbaren<br />
seligen Wesen umgeben.<br />
In Bezug auf die Entwicklungsstufen im Jenseits berichtete Gommel,<br />
die Erde sei zunächst vom so genannten Luftreich o<strong>der</strong> Todestal umgeben.<br />
Dies sei eine Sphäre, die angefüllt sei von unzähligen Geistern, welche<br />
sich infolge <strong>der</strong> Schwerkraft ihres irdischen Wesens nicht höher emporschwingen<br />
können. Sie seien daselbst den Fürsten und Gewaltigen, die in<br />
<strong>der</strong> Finsternis dieser Welt herrschen (Epheser 6,12) preisgegeben und noch
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />
43<br />
allen Unbilden <strong>der</strong> Elemente ausgesetzt. Ihr dortiger Aufenthalt sei oft von<br />
langer Dauer, was durch den Verlust des Heimatgefühls und die<br />
Entbehrung jeglichen Schutzes ein überaus trauriges Los sei.<br />
Vom Todestal führe <strong>der</strong> Weg in den Hades, welcher ein stiller, einsamer<br />
Ort des Nachdenkens sei. Beleuchtung und Natur seien ganz dem<br />
unvollkommenen Zustande <strong>der</strong> dort weilenden Seelen entsprechend,<br />
welche dieses Land tiefer Dämmerungen erst nach gewonnener<br />
Selbsterkenntnis verlassen können.<br />
Hierauf gelangen sie in die Orte <strong>der</strong> Reinigung, die aus sieben<br />
Hauptstufen bestehen, <strong>der</strong>en jede wie<strong>der</strong> sieben Grade mit je drei<br />
Unterabteilungen habe. Hier sei den an Gott und die Erlösung glaubenden<br />
Seelen noch Gelegenheit gegeben, von den auf <strong>der</strong> Erde nicht abgelegten<br />
Leidenschaften und Untugenden frei zu werden, was aber, da sie die Zeit<br />
<strong>der</strong> Gnade versäumt haben, mit viel größerer Mühe und unter viel<br />
schwierigeren Umständen und bei weit längerer Zeitdauer als im<br />
Erdenleben stattfinde. Die dort befindlichen Seelen würden in ähnliche<br />
Verhältnisse, wie diejenigen, in welchen sie sich vor dem Sterben befunden<br />
haben, versetzt, in denen sie das Versäumte dann alles nachholen müssen.<br />
Schmerzen und Sorgen, Jammer und Elend empfänden sie noch stärker als<br />
auf <strong>der</strong> Erde und an ein Entrinnen irgendwelcher Art sei nicht zu denken.<br />
Erst wenn sie vom Grobsinnlichen losgeworden und vom Unflat <strong>der</strong> Sünde<br />
gereinigt seien, dürften sie die Ewigkeitstiegel verlassen und würden dann<br />
nach Durchwan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> immer heller werdenden Grade, Unterabteilungen<br />
und Übergangsstufen in die Orte <strong>der</strong> Heiligung gelangen.<br />
Über den Reinigungsorten befänden sich siebenstufige Räume, eine Art<br />
Vorparadies, in welchen gutartige Kin<strong>der</strong>, die etwa im schulpflichtigen<br />
Alter in die Ewigkeit abgerufen worden seien, dort weiter erzogen und<br />
gelehrt würden. Sie hätten daselbst ihre Unarten abzulegen, und zu ihrer<br />
Erziehung würden solche gläubige Lehrer und Lehrerinnen verwendet,<br />
welche dabei die ihnen noch mangelnde Liebe, Sanftmut und Geduld<br />
nachzuholen hätten.<br />
In dieser Region sei auch <strong>der</strong> Ort, wo gutdenkende Heiden und<br />
gottesfürchtige Juden, welche zu ihren Lebzeiten ohne eigenes Verschulden<br />
vom Evangelium keine o<strong>der</strong> ungenügende Kenntnis hätten bekommen<br />
können, unterrichtet und für die Seligkeit zubereitet werden.<br />
Die Heiligungsorte o<strong>der</strong> Vorhallen des Himmels, auch Vorhimmel<br />
genannt, bestünden ebenfalls aus sieben Hauptstufen mit je sieben Graden<br />
und je drei Unterabteilungen, in welchen die in Gnaden aufgenommenen<br />
Seelen sich schon unaussprechlich selig fühlen und hier für die eigentlichen
44 Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Himmel zubereitet werden. Sie erhalten das Kleid des Heils und den Rock<br />
<strong>der</strong> Gerechtigkeit und je nachdem sie gesät bei Leibesleben, ein größeres<br />
o<strong>der</strong> kleineres Besitztum, über welches sie auch dann noch verfügen<br />
dürfen, wenn sie in eine höhere Seligkeit versetzt werden. Nicht wenige,<br />
welche Kin<strong>der</strong>n Gottes im Leben Gutes erwiesen haben, jedoch in <strong>der</strong><br />
Seligkeit kein eigenes Erbteil antreffen, werden von letzteren aus<br />
Dankbarkeit in ihre Wohnungen aufgenommen, wo dann das Wort des<br />
Herrn in Erfüllung gehe: „Machet euch Freunde mit dem ungerechten<br />
Mammon in die ewigen Hütten.“ (Lukas 16,9) Die Natur und alles, was in<br />
den Vorhimmeln vorhanden sei, übertreffe schon weit alle Herrlichkeit <strong>der</strong><br />
Erde, und was das Herz erfreuen könne, sei dort vorhanden. Die Bewohner<br />
jener Heiligungsstufen seien bereits auch einerlei Glaubens und feiern in<br />
prächtigen Tempeln erhebende Gottesdienste, bei welchen keine einzige<br />
Seele fehle und jedes sich darauf freue, wie<strong>der</strong> neuer Segnungen teilhaftig<br />
zu werden.<br />
Über die einzelnen Stufen, Grade und Abteilungen seien Vorsteher<br />
gesetzt, welche über die himmlische Ordnung wachen und alles<br />
beaufsichtigen und leiten. Seien die Seelen dann nach Durchwan<strong>der</strong>ung<br />
aller Stufen von allem Unheiligen frei und reinen Herzens geworden, so<br />
brechen aus dem Innersten ihres Wesens Strahlen hervor und zögen sie<br />
höher empor.<br />
Die Herrlichkeit, welche sie dann in den Orten <strong>der</strong> Verklärung erwarte,<br />
lasse sich mit menschlichen Worten nicht beschreiben. Alles atme dort<br />
Liebe und Frieden und sei voll Licht und Leben. Zu Festzeiten durchziehe<br />
<strong>der</strong> König <strong>der</strong> Könige mit großem Gefolge die einzelnen Herrlichkeitsstufen,<br />
bei welcher Gelegenheit ihn alle Bewohner <strong>der</strong> Verklärung<br />
anschauen dürfen. Unaussprechlich herrlich seien die von himmlischer<br />
Musik begleiteten Lob- und Danklie<strong>der</strong>, und <strong>der</strong> Pilger im Staube könne<br />
sich keine Vorstellung von dem Jubel machen, welcher dann die Himmel<br />
erfülle.<br />
In dem Grade, wie eine Seele von einer Klarheit zur an<strong>der</strong>n reife,<br />
nehme auch ihre Liebe zum Heiland zu, und erst nach Abstreifen auch des<br />
letzten Überbleibsels eigenen Wesens, werde sie mit ihrem Auferstehungsleibe<br />
vereinigt.<br />
Dann erst sei sie tüchtig, in die Stadt Gottes einzugehen. Näheres über<br />
ihre Aufnahme in diese Stadt, von den sieben Stufen <strong>der</strong>selben bis zu dem<br />
Berge Zion, dem Thronsitz des ewigen Gottes, von welchem alles Licht<br />
und alle Seligkeit ausgeht, wolle <strong>der</strong> geneigte Leser in dem oben<br />
erwähnten Buche nachlesen. Noch sei erwähnt, dass im Vorgarten <strong>der</strong><br />
Stadt Gottes sich das Kin<strong>der</strong>reich befindet, in welchem die früh
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Unversöhnlichkeit über den Tod hinaus<br />
45<br />
verstorbenen Kin<strong>der</strong> erzogen werden. Die Oberleitung desselben liege in<br />
den Händen Marias, <strong>der</strong> Mutter Jesu und des Lieblingsjüngers Johannes.<br />
(Pfarrer Alexan<strong>der</strong> Stern – Blicke ins Jenseits)<br />
<br />
Unversöhnlichkeit über den Tod hinaus<br />
Johannes Gommel<br />
Die Menschen ahnen nicht, wie nahe ihnen die Geisterwelt ist, wie viel<br />
Einfluss die Geister auf sie haben, gute und böse. Wer spricht: „Die<br />
Verstorbenen wissen nichts von uns”, <strong>der</strong> hat gar keinen Begriff von <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Welt. Sie wissen vieles! Und wenn sie nicht selbst um die<br />
Menschen sein können, so erkundigen sie sich bei den Engeln nach den<br />
Zurückgebliebenen. Immerdar besteht eine Verbindung, die Liebe hört<br />
nicht auf, aber auch <strong>der</strong> Hass oft lange nicht von den Bösen. Viele<br />
Menschen gehen mit Hass wi<strong>der</strong> den Nächsten in die Ewigkeit. Sie wirken<br />
nach dem Tode auf jene Seele ein und möchten ihr viel Übles tun, wenn sie<br />
nicht zurückgehalten würden von den Engeln. Bei vielen Menschen wird<br />
das erst in <strong>der</strong> Ewigkeit ausgemacht, was sie hätten hier tun sollen:<br />
einan<strong>der</strong> vergeben und das Vergangene vergessen. Da warten viele schon<br />
am Sterbebette, um Rache zu nehmen. Darum betet, dass niemand etwas<br />
wi<strong>der</strong> euch haben möge, wenn auch in geringerem Grade, auf dass man<br />
euch nichts anhaben kann auf dem Gang durchs Tal des Todes.<br />
Hier soll alles durchgerichtet werden, wenn man drüben fertig sein will<br />
und ungehin<strong>der</strong>t durchs Tal des Todes gehen. Es sind oft ganz geringe<br />
Sachen, welche ein Mensch dem an<strong>der</strong>n nachträgt, oft bis in die Ewigkeit<br />
hinein. Sie können nicht darüber wegkommen über das, was sie jetzt gerade<br />
wi<strong>der</strong> den Nächsten haben. Lasset niemals die Sonne untergehen, wenn ihr<br />
denket, es habe jemand etwas wi<strong>der</strong> euch; gehet hin und versöhnet euch mit<br />
demselben. Es gibt freilich oft Dinge, man weiß es nicht einmal, dass ein<br />
an<strong>der</strong>er etwas wi<strong>der</strong> einen hat. In diesem Falle bist du außer Schuld. Bete<br />
jeden Abend: „Herr, vergib mir, wenn ich jemand beleidigt habe. Streiche<br />
aus meine Schuld, wenn eines o<strong>der</strong> das an<strong>der</strong>e mich zu tadeln hätte und<br />
durch mich im Herzen verletzt worden wäre.“ Es gibt aber auch Seelen,<br />
welche beson<strong>der</strong>s dazu geneigt sind, die Zwietracht im Herzen festzuhalten.<br />
Solche mögen beten, dass sie sich nicht an allem ärgern und sich nicht<br />
immer aufhalten am Nächsten, son<strong>der</strong>n in ihr eigenes Herz schauen lernen,<br />
wie vieles da drinnen verborgen ist, das auch sie noch vom Himmel<br />
fernhält.
46 Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Bete so lange am Abend, bis du in deinem Herzen fühlst, dass du frei<br />
geworden bist von dem Bande des Hasses; denn es ist eben Hass, auch<br />
wenn du im geringen Grade etwas gegen deinen Nächsten trägst, man kann<br />
es nicht an<strong>der</strong>s nennen. O nur nichts in sich behalten und nicht alles<br />
voneinan<strong>der</strong> übel aufnehmen. Da hat <strong>der</strong> Feind schon gewonnenes Spiel,<br />
wenn du nur einen Gedanken in dein Herz aufnimmst. Im nächsten<br />
Augenblick macht er jenen Fehler noch einmal so groß in deinen Augen.<br />
Und hegst du noch länger den Gedanken, so wird er in einem Tage so<br />
groß, dass <strong>der</strong> Hass in deinem Herzen aufsteigt. Darum hinweg mit dem<br />
ersten Gedanken gegen deinen Nächsten! Kämpfe und lasse solche<br />
Gedanken nicht in dir aufkommen, sonst wirst du bis in die Ewigkeit<br />
hinüber nicht fertig; denn täglich kommen ja Ärgernisse vor, und würdest<br />
du nicht alles von dir weisen, so könntest du niemals fertig werden.<br />
Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe<br />
„Der Herr ist zwar überall <strong>der</strong> allmächtige Helfer und Besieger aller<br />
Hin<strong>der</strong>nisse, aber Er muss auch nach dem Grade und Maße des<br />
Hin<strong>der</strong>nisses zu Hilfe gerufen werden, sodann erst wird es geschehen, was<br />
da geschehen soll. Ihr saget hier freilich: Ja, warum aber das? So wir den<br />
Herrn um Hilfe anflehen, da wird Er uns wohl nicht weniger helfen, als wir<br />
es vonnöten haben. Ich sage euch: Ihr habt in einer Hinsicht zwar wohl<br />
recht, aber nur insoweit, als ihr daneben irrigerweise anzunehmen genötigt<br />
seid, dem Herrn sei wenig o<strong>der</strong> gar nichts daran gelegen, wie euer eigenes<br />
Erkenntnisvermögen bestellt ist. So etwas aber anzunehmen, meine ich,<br />
dürfte doch ein wenig zu töricht sein. Der Herr aber will ja vor allem die<br />
Selbsterkenntnis <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> erheben; daher lässt er auch alles von ihnen<br />
(selbst) eher beurteilen und bemessen, also auch ihre Not, auf dass sie ihm<br />
dann dieselbe nach ihrer Erkenntnis vortragen sollen, und Er ihnen dann<br />
helfe nach ihrer eigenen Erkenntnis und Verlangen.<br />
Aus diesem Grunde aber, meine lieben Freunde und Brü<strong>der</strong>, soll da auf<br />
<strong>der</strong> Erde auch niemand ein sündiges Hin<strong>der</strong>nis auf <strong>der</strong> eben sein sollenden<br />
Bahn seines Lebens mit einem leichtfertigen Maßstabe bemessen, sonst<br />
muß er es sich selbst zuschreiben, wenn ihm nach vielen Gebeten nicht die<br />
erwünschte völlige Hilfe wird. Denn <strong>der</strong> Herr ist zwar überaus liebevollst<br />
gut und freigebig mit seiner Gnade und Erbarmung, aber dabei dennoch<br />
stets im vollkommensten Grade respektierend die freie Tätigkeit des<br />
Geistes in je<strong>der</strong> Beziehung, sowohl in <strong>der</strong> Willens- als in <strong>der</strong><br />
Erkenntnissphäre. Unter uns aber gesagt, tut ein je<strong>der</strong> Mensch für sich<br />
genommen besser, wenn er in Anbetracht seiner selbst, wie ihr zu sagen
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe<br />
47<br />
pfleget, aus einer Mücke einen Elefanten macht, als umgekehrt, und es<br />
wird dann sein, dass <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> von solch einem Standpunkte aus um<br />
vieles bittet, auch viel empfangen wird; wer aber um weniges bittet, <strong>der</strong><br />
erwarte ja nicht, dass ihm <strong>der</strong> Herr ein unerkanntes und unverlangtes Plus<br />
auf den Rücken nachwerfen wird.<br />
Tut ihr ja auch das gleiche auf <strong>der</strong> Erde untereinan<strong>der</strong>. Warum sollte es<br />
<strong>der</strong> Herr nicht tun, <strong>der</strong> dafür den liebeweisesten Grund hat? Wird wohl<br />
selbst ein allerbestgesinnter reicher Mann einem, <strong>der</strong> ihn bittet, ihm<br />
zweihun<strong>der</strong>t Taler zu leihen, allenfalls streng benötigte zweitausend Taler<br />
geben? Ich sage euch: Solches wird er nicht tun, und wüsste er es auch<br />
augenscheinlichst, dass <strong>der</strong> bittende Entleiher unumgänglich notwendig<br />
<strong>der</strong> größeren Summe vonnöten hat. Er wird wohl, ebenfalls aus dem edlen<br />
Grunde seines Herzens, zum Entleiher sagen: Ich leihe dir recht gerne die<br />
verlangte Summe, wenn sie dir in deinem Bedürfnisse nur genügen wird.<br />
Wenn bei solch einem Stupfer <strong>der</strong> Entleiher noch immer in seinen<br />
blindtörichten Schüchternheitsschranken sich bewegt und bleibt bei seiner<br />
ersten Petition, saget euch selbst, wer dann die Schuld trägt, wenn dem<br />
Entleiher mit 200 Talern nicht gedient ist. Aus dem Grunde aber soll sich<br />
ein je<strong>der</strong> genau erforschen und seine Not genau bemessen, und dann erst<br />
an den heiligen, allmächtigen Helfer sich wenden, so wird ihm schon<br />
sicher die gerechte Hilfe werden, wenn er dieselbe glaubensfest,<br />
vertrauensvoll und liebeernstlich von Ihm erwartet.“ (GS, Bd 2, 30,10-18)<br />
<br />
Ein Jahr älter durch Gottes Gnade. Ein Schritt weiter auf Seinem Pfade,<br />
immer ferner dem eitlen Spiele, immer näher dem hohen Ziele,<br />
immer leerer des bloßen Scheins, immer voller des wahren Seins,<br />
immer kleiner im eigenen Herzen, immer größer durch Christi Schmerzen,<br />
immer betrübter ob meiner Schuld, immer froher ob Deiner Huld,<br />
immer ärmer am eignen Werke, immer reicher durch Deine Stärke,<br />
immer verschlossner zu klagen <strong>der</strong> Mund, offner zum Beten in je<strong>der</strong> Stund,<br />
immer strenger im eignen Verbrechen, immer mil<strong>der</strong> bei andren<br />
Gebrechen,<br />
immer befreiter vom Sündenreiz, immer gebundener an Christi Kreuz,<br />
immer stiller mein Kreuz zu tragen, immer lauter Sein Lob zu sagen,<br />
immer seliger in Seiner Liebe. O, dass ich´ s würde und immer bliebe!<br />
Anton Wünsch
48 Rat eines Seligen<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Rat eines Seligen<br />
„Du hast einen Berater, an den du dich wenden musst, den du kennst, und<br />
an den du dich noch nicht so recht herantraust, trotzdem du Ihn sehr wohl<br />
kennst. Bevor du nicht diese Scheu überwindest, bevor du nicht im innersten<br />
Wesen dich Ihm tatsächlich ganz ergibst und Ihn mit aller Sehnsucht anziehst,<br />
wird Er sichtbar Sich dir auch nicht zeigen. Gerade weil du Seine<br />
Offenbarungen kennst, hast du es schwerer als an<strong>der</strong>e, denen sie fremd<br />
blieben. Wem viel gegeben, von dem wird auch viel gefor<strong>der</strong>t. Seelen, die<br />
guten Herzens sind, wenn auch noch in Unwissenheit stehend, kann sich <strong>der</strong><br />
Herr weit eher zeigen aus Gnade und Barmherzigkeit als solchen, die Sein<br />
Wesen kennen, es trotzdem aber noch nicht fertig bringen, Ihn in wirklicher<br />
Sehnsucht heranzuziehen.<br />
Es ist das ein eigen Ding mit dem Wissen und voll Ausführen einer<br />
Seelenempfindung. Es gibt da so viele feine Unterschiede, die zu Hemmungen<br />
führen können, dass du noch, bei weiterer Erfahrung, aus <strong>der</strong> Verwun<strong>der</strong>ung<br />
gar nicht herauskommst. Glaube mir, es gibt auch hier (im Jenseits) eine große<br />
Anzahl Seelen, die die neuen Offenbarungen auf Erden völlig kennen lernten,<br />
von ihren Angehörigen und Mitgläubigen als Borne <strong>der</strong> Weisheit angestaunt<br />
wurden und sich nur zu sehr in dem Wahne eigener Vortrefflichkeit wiegten,<br />
und die noch alle eine recht harte Schule <strong>der</strong> Selbstverleugnung<br />
durchzumachen haben, noch weit davon entfernt sind, den Herrn nur zu sehen,<br />
geschweige in Seiner Gemeinschaft zu leben, wie sie sicher dachten.<br />
Warum aber? Weil sie im Grunde ihres Herzens den Herrn nur um ihrer<br />
selbst willen lieben, nicht aber wahrhaft in <strong>der</strong> Entäußerung je<strong>der</strong> Selbstliebe.<br />
Sie wollten als Auserwählte des Herrn anerkannte Führer des Volkes, <strong>der</strong><br />
einzelnen Brü<strong>der</strong> sein, um reiche Ernte an Bewun<strong>der</strong>ung einzuheimsen. Diese<br />
Seelen bezahlten sich selbst durch ihre Sucht, lebten sich in eine Art<br />
Größenwahn hinein und wollten, mehr o<strong>der</strong> weniger unbewusst, nicht<br />
För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> Sache Gottes sein, als vielmehr Vertreter und Anbeter einer<br />
egoistischen Selbstherrlichkeit. Sie sind Luzifers Kin<strong>der</strong>, nicht Gotteskin<strong>der</strong>;<br />
sie sind befleckten Herzens, leben in Selbsttäuschung, Überhebung, sind<br />
fromm in Äußerlichkeiten und bedenken nicht, dass ein frommes, wirklich<br />
Gott ergebenes Gemüt keinerlei äußere Anerkennung erstrebt, dass ihm diese<br />
sogar höchst unangenehm ist und treue Pflichterfüllung einer solchen Seele<br />
höher steht, als alles Lob <strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong> Glaubensgenossen. Denke daher daran,<br />
nur dem Herrn allein zu gefallen, nicht mehr durch in diesem Wunsche<br />
bedingte Taten, son<strong>der</strong>n durch selbstverständliches Erfüllen Seiner Gebote,<br />
wobei du von vornherein auf jeden Dank und Anerkennung verzichtest, gar<br />
nicht an diese Wirkung denkst!“<br />
(Leopold Engel - Im Jenseits)
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Ramakrishnas Christusvision<br />
49<br />
Ramakrishnas Christusvision (1836-1886)<br />
Etwa 1874 wünschte sich Ramakrishnas Geist das Erlangen <strong>der</strong><br />
göttlichen Erfahrung mittels wie<strong>der</strong> eines an<strong>der</strong>en Weges. Damals machte<br />
Ramakrishna Bekanntschaft mit jemandem, <strong>der</strong> ihm aus <strong>der</strong> Bibel vorlas.<br />
So erfuhr er vom Leben Jesu und dem Glauben, den dieser gegründet<br />
hatte. Der Wunsch, den spirituellen Übungen dieses Weges zu folgen,<br />
erwachte sogleich in ihm. Ein Freund hatte ein herrschaftliches<br />
Gartenhaus, in dem sich neben an<strong>der</strong>en Gemälden ein Bild des Jesuskinds<br />
auf dem Schoß seiner Mutter befand. Ramakrishna berichtet, dass er eines<br />
Tages in diesem Haus saß, intensiv das Bild betrachtete und an das<br />
außergewöhnliche Leben Jesu dachte. Plötzlich fühlte er, dass das Bild<br />
lebendig wurde und dass ein glänzen<strong>der</strong> Lichtstrom vom Körper <strong>der</strong><br />
Mutter und des Kindes ausging, in sein Herz eindrang und radikal alle<br />
Ideen in seinem Geist verän<strong>der</strong>te. Als er merkte, dass seine ererbten<br />
Hindu-Tendenzen in eine winzige Ecke seines Geistes zusammenschrumpften<br />
und neue Tendenzen aufkamen, versuchte er sich auf<br />
verschiedene Arten zu kontrollieren und betete inbrünstig zur göttlichen<br />
Mutter: „Mutter, was für seltsame Verän<strong>der</strong>ungen bewirkst du in mir?“<br />
Aber alles war zwecklos. Wellen neuer Eindrücke erhoben sich mit<br />
großer Kraft in ihm und überwältigten vollständig die Hindu-Ideen in<br />
seinem Geist. Seine Liebe für die indischen Götter und Göttinnen<br />
verschwand, und stattdessen ergriffen ihn ein großer Glaube und eine<br />
starke Verehrung für Jesus und seine Religion. Er sah auf einmal vor<br />
seinem inneren Auge christliche Gottesverehrer, die Weihrauch und<br />
Kerzen vor dem Bildnis Jesu in einer Kirche darbrachten. Sein Geist<br />
verband sich mit <strong>der</strong> Sehnsucht dieser Verehrer nach Gott, welche sie<br />
durch ihre aufrichtigen Gebete ausdrückten. In diesem Zustand kehrte<br />
Ramakrishna zum Tempel von Dakshineswar zurück und blieb ganz<br />
gefangen im Nachsinnen über diese inneren Ereignisse. Er vergaß völlig,<br />
zum Schrein <strong>der</strong> göttlichen Mutter zu gehen und ihr Verehrung zu<br />
erweisen. Die Wellen jener neuen Ideen hielten seinen Geist tagelang in<br />
ihrer Gewalt.<br />
Einige Tage später, als Ramakrishna unter den Bäumen seines<br />
Meditationsplatzes entlangging, sah er, dass ihm ein wun<strong>der</strong>barer<br />
Gottmensch von heller Hautfarbe entgegenkam und ihn fest anblickte.<br />
Ramakrishna bemerkte sofort, dass es sich um einen Auslän<strong>der</strong> handelte.<br />
Er berichtet, dass dessen längliche Augen seinem Gesicht eine wun<strong>der</strong>bare<br />
Schönheit verliehen, und dass die Spitze seiner Nase, obwohl ein bisschen<br />
flach, keineswegs diese Schönheit störte. Ramakrishna war wie verzaubert
50 Das Geschenk des Bettlers<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
von dem ungewöhnlich göttlichen Ausdruck dieses schönen Antlitzes und<br />
wun<strong>der</strong>te sich, wer dieser Mann wohl sei. Der Mann kam näher, und<br />
daraufhin stiegen aus den Tiefen von Ramakrishnas Herzen die Worte wie<br />
ein Glockenklang: „Jesus, <strong>der</strong> Christus! Der große Yogi, <strong>der</strong> liebende Sohn<br />
Gottes, <strong>der</strong> eins ist mit dem Vater, <strong>der</strong> sein Herzblut vergoss und endlose<br />
Qual erlitt, um die Menschen von Leid und Elend zu befreien!“<br />
Jesus, <strong>der</strong> Gottmensch, umarmte daraufhin Ramakrishna und trat in<br />
dessen Körper ein und verschwand darin. Ramakrishna verlor das normale<br />
Bewusstsein, fiel in Ekstase und blieb einige Zeit vereinigt mit dem<br />
allgegenwärtigen Göttlichen als Quelle aller edlen Eigenschaften.<br />
Nachdem er so die Vision Jesu erlangt hatte, blieben Ramakrishna nicht<br />
die geringsten Zweifel, dass Christus eine göttliche Inkarnation gewesen<br />
war.<br />
<br />
Das Geschenk des Bettlers<br />
Ich ging die Straße hinunter. Ein bedürftiger, gebrechlicher Greis hielt<br />
mich an. Entzündete, tränende Augen, fahlblaue Lippen, zerfetzte Lumpen,<br />
unsaubere Schwären. Oh, wie schrecklich hatte die Not dieses<br />
unglückliche Geschöpf verunstaltet!<br />
Er streckte mir seine gerötete, verschwollene, schmutzige Hand hin. Er<br />
stöhnte, er ächzte um Hilfe.<br />
Ich begann, all meine Taschen zu durchsuchen. Aber we<strong>der</strong> Geldbeutel<br />
noch Uhr, nicht einmal das Taschentuch war da. Ich hatte nichts<br />
mitgenommen.<br />
Der Bettler aber wartete noch immer und seine ausgestreckte Hand<br />
bebte und zitterte vor Schwäche.<br />
Verwirrt und verlegen ergriff ich mit kräftigem Druck diese<br />
schmutzige, zitternde Hand.<br />
„Zürn mir nicht, Bru<strong>der</strong>; ich habe gar nichts bei mir, mein Bru<strong>der</strong>.“<br />
Der Bettler richtete seine entzündeten Augen auf mich; ein Lächeln<br />
kam auf seine fahlen Lippen — und dann drückte auch er meine erkalteten<br />
Finger.<br />
„Lass es gut sein, Bru<strong>der</strong>“, sagte er leise; „auch dafür bin ich dir<br />
dankbar. Auch das ist eine Gabe, mein Bru<strong>der</strong>.“<br />
Da fühlte ich, dass auch ich von meinem Bru<strong>der</strong> eine Gabe empfangen<br />
hatte.<br />
(Iwan Turgenjew)
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Turmuhr<br />
51<br />
Die Turmuhr<br />
Auf einem hohen Turme in einer Stadt dieser Zeit ließ ein Herzog eine<br />
prachtvolle Uhr aufrichten. Da <strong>der</strong> Turm achteckig war, so ließ er an je<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> acht Flächen, die natürlich zwischen die acht Ecken fielen, ein<br />
Zifferblatt machen, auf daß je<strong>der</strong>mann von allen möglichen Punkten aus<br />
die Stunden bemerken, sehen und sich überzeugen könne, um die wievielte<br />
Tagesstunde, Minute und Sekunde es sei.<br />
Nebst <strong>der</strong> genauesten Zeiteinteilung von <strong>der</strong> Stunde bis zur Sekunde<br />
zeigte die Uhr aber auch das monatliche Tagesdatum, den Stand des<br />
Mondes und auch den Stand <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Planeten, sowie die tägliche<br />
Dauer des Lichtes vom Aufgange bis zum Nie<strong>der</strong>gange <strong>der</strong> Sonne, und<br />
danebst auch die vier Jahreszeiten, - aber natürlich alle diese beson<strong>der</strong>en<br />
astronomischen Daten auf eigenen, unter dem Hauptuhrblatte<br />
angebrachten astronomischen Zifferblättern.<br />
Nebst all dem aber, was diese Uhr auf ihren Zifferblättern zeigte, hatte<br />
sie auch ein ganz vortreffliches Stunden- und Viertelstundenschlagwerk<br />
und dabei auch noch ein allerreinstes Glockenspielwerk - und für all diesen<br />
überaus kompliziert künstlichen Mechanismus nur ein einziges<br />
Triebgewicht; kurz und gut, diese Uhr suchte vergeblich ihresgleichen<br />
irgendwo in <strong>der</strong> ganzen gebildeten Welt!<br />
Allein daran liegt nichts, auch daran nicht, daß sie einen so<br />
verschiedenen Dienst so überaus richtig verrichtete; aber daß da alle diese<br />
unter sich sehr verschiedenen Verrichtungen nur von einem und demselben<br />
Triebgewichte in die zweckdienlichste Bewegung gesetzt wurden, das war<br />
das eigentliche Wun<strong>der</strong>bare bei dieser Uhr.<br />
Als ein Frem<strong>der</strong> in diese Stadt kam, da fiel ihm die also ersichtliche<br />
Uhr wohl zuerst auf, und er fragte den nächsten besten, wie viele<br />
Triebfe<strong>der</strong>n und Gewichte wohl etwa diese Uhr habe. Als man ihn<br />
beschied: „Nur eines!“, da ward er völlig verblüfft und ungläubig und<br />
sprach: „Das ist eine Unmöglichkeit! So viele und so verschiedene<br />
Verrichtungen und nur eine Triebkraft!? Nein, nein, das geht nicht, das ist<br />
unmöglich!“<br />
Wie<strong>der</strong> kam ein an<strong>der</strong>er von <strong>der</strong> Fremde und besah die Uhr und<br />
verwun<strong>der</strong>te sich über und über, als man ihm erklärte, was die Uhr alles<br />
verrichte. Er meinte, es müsse da ein jedes Zifferblatt ein eigenes<br />
Triebwerk haben, wodurch <strong>der</strong> Turm natürlich von lauter verschiedenen<br />
Uhren angestopft sein müßte. Als man ihm aber erklärte, daß da nur ein<br />
einziges Triebwerk all die Zeiger bewege, ward er völlig aufgebracht, da er<br />
meinte, daß man sich ob seiner Unwissenheit mit ihm nur einen Spaß
52 Die Turmuhr<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
erlaube, und er ging von dannen und erkundigte sich nicht weiter um dies<br />
Uhrwerk.<br />
Und wie<strong>der</strong> kam ein an<strong>der</strong>er aus <strong>der</strong> Fremde und bewun<strong>der</strong>te diese Uhr<br />
und fragte nach dem Meister <strong>der</strong>selben und man gab ihm zur Antwort:<br />
„Der Meister dieser Uhr war ein ganz schlichter Landmann, und es ist<br />
nicht gewiß, ob er des Lesens und Schreibens kundig war!“<br />
Diese richtige Antwort brachte den Fremden in eine förmliche Wut, daß<br />
er darob schwieg und bald ging, weil er nicht gekommen sei, um sich da<br />
für einen blöden Narren auf eine so plumpe Art schelten zu lassen.<br />
Und so kamen noch eine Menge und fragten wie die ersten; als man sie<br />
aber näher in die Geheimnisse dieses Kunstwerkes einweihen wollte, da<br />
wurden sie alle ärgerlich und sprachen: „Bis wir das mit eigenen Augen<br />
gesehen haben, können wir es nicht glauben!“<br />
Und siehe, man führte sie in den Turm. Als sie aber da das nahezu<br />
zahllose Rä<strong>der</strong>werk, die vielen Hebel, Zylin<strong>der</strong>, Haken, Stangen und noch<br />
tausend an<strong>der</strong>e mechanische Vorrichtungen und Verbindungen erblickten,<br />
da wurden sie förmlich unsinnig und sprachen und schrieen: „Wer kann<br />
dieses Werk durchschauen und begreifen? Das kann kein Mensch gemacht<br />
haben! Da gehören hun<strong>der</strong>t Menschenalter dazu, um nur die Bestandteile<br />
dieses Werkes abzuzählen, geschweige erst zu machen!“ - Und all diese<br />
Fremden gingen ganz unsinnig von dannen.<br />
Nur wenige ließen sich über die Richtigkeit dieses Werkes belehren,<br />
obwohl den wenigen Besseren <strong>der</strong> zu schlichte und unwissenschaftlich<br />
gebildete Werkmeister ein Stein des Anstoßes blieb - mehr o<strong>der</strong> weniger.<br />
Was wohl lehret dieses Bild? Was ist dessen innerer, geheimer Sinn? -<br />
Darüber denke je<strong>der</strong> ein wenig nach und übe sich also im Aufsuchen <strong>der</strong><br />
inneren Wahrheiten und entdecke darin so viel, als ihm möglich ist, bis<br />
seiner Zeit die vollkommene Löse gegeben werden wird! Amen.<br />
(Die Erde)<br />
<br />
Wo kann ich Gott finden?<br />
„Hier sitze ich neben dir“, sagte Gott zu einem eifrigen Anhänger, „und<br />
du zerbrichst dir den Kopf weiter über mich, bemühst deine Zunge, um<br />
über mich zu reden, und Bücher, um über mich zu lesen.<br />
Wann wirst du endlich still und spürst mich?“
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Weisheitsgeschichten<br />
53<br />
Hingabe<br />
Der Alte des Dorfes wurde zum Thema Hingabe gefragt. Entgegen<br />
seiner sonstigen, so bedächtigen Art antwortete er dieses Mal unmittelbar:<br />
„Mach einfach die Augen auf, schau, staune. Die Natur zeigt es dir.<br />
Hingabe hat ganz viel mit Einverstanden sein zu tun. Wie oft wollen wir<br />
uns hingeben, aber nur auf die von uns vorgestellte Art? Wo ist da das<br />
Einverstanden sein mit dem, was ist?<br />
Gegenüber den Pflanzen, die da wachsen müssen, wo <strong>der</strong> Same hinfällt,<br />
haben wir als Menschen die freie Wahl, unser Lebensumfeld selbst zu<br />
schöpfen. Unsere Lebenssituation spiegelt genau das, was wir erzeugt<br />
haben. Sind wir damit nicht einverstanden, so wenden wir uns gegen<br />
unsere eigene Schöpfung. Wi<strong>der</strong>stand ist Fortbestand. Nehmen wir an, was<br />
ist, so schalten wir den Weg zur Verän<strong>der</strong>ung frei.<br />
Hingabe hat auch mit Vertrauen zu tun. Vertrauen darauf, dass sich<br />
vieles än<strong>der</strong>n wird, sobald wir uns <strong>der</strong> momentanen Situation hingeben. Im<br />
tiefsten Grunde unseres Herzens haben wir alle ein wenig Angst vor<br />
Verän<strong>der</strong>ung, weil uns das Vertrauen fehlt.<br />
Lernen wir, das anzunehmen, was ist und vertrauen wir darauf, dass<br />
sich alles zum Besten än<strong>der</strong>n wird, dann ist Hingabe an das Leben ganz<br />
einfach.“ Dann schwieg er und sagte nichts mehr.<br />
<br />
Der Mensch und sein Schatten<br />
Ein Mann entdeckte eines Tages, dass er einen Schatten hatte. Eine<br />
<strong>der</strong>artige Angst überfiel ihn, dass er davonrannte, um seinen Schatten<br />
loszuwerden. Als er nach einigen Tagen immer noch auf <strong>der</strong> Flucht war,<br />
versagten seine Kräfte und er brach tot zusammen.<br />
Was hätte er tun können, um die Angst vor seinem eigenen Schatten zu<br />
verlieren?<br />
Wenn er in den Schatten eines großen Baumes getreten wäre, hätte er<br />
ein wenig Ruhe gefunden und festgestellt, dass <strong>der</strong> Baum seinen Schatten<br />
aufgenommen hat.<br />
Wie viel mehr wird Christus, wenn wir innehalten und zu ihm rufen,<br />
unseren Schatten liebend annehmen und verwandeln?
54 Weisheitsgeschichten<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Mein Bru<strong>der</strong><br />
Auf steiler Straße traf ich jüngst ein Mädchen, den kleinen Bru<strong>der</strong> auf<br />
dem Rücken tragend.<br />
„Ei“, sagte ich, „Kind, da trägst du eine Schwere Last!“<br />
Darauf sieht verwun<strong>der</strong>t mich das Mädchen an und spricht: „Mein<br />
Herr, ich trage keine Last, ich trage meinen Bru<strong>der</strong>.“<br />
Ich stand betroffen. Tief hat sich das Wort des tapfern Kindes mir ins<br />
Herz gegraben.<br />
Und immer, wenn die Not <strong>der</strong> Menschen mich bedrückt und mir wie<br />
eine schwere Last den Mut will rauben, so mahnt des Mädchens Antwort<br />
mich und tröstet: „Du trägst ja keine Last, du trägst doch deinen Bru<strong>der</strong>.“<br />
Von <strong>der</strong> Suche<br />
Rabbi Baruchs Enkel, <strong>der</strong> Knabe Jechiel, spielte einst mit einem<br />
an<strong>der</strong>en Knaben Verstecken. Er verbarg sich gut und wartete, dass ihn<br />
sein Gefährte suche. Als er lange gewartet hatte, kam er aus dem<br />
Versteck; aber <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e war nirgends zu sehen. Nun merkte Jechiel,<br />
dass jener ihn von Anfang an nicht gesucht hatte. Darüber musste er<br />
weinen, kam weinend in die Stube seines Großvaters gelaufen und<br />
beklagte sich über den bösen Spielgefährten.<br />
Da flossen dem Rabbi Baruch die Augen über, und er sagte: „So<br />
spricht Gott auch: Ich verberge mich, aber keiner will mich suchen.“<br />
Klarheit<br />
Schaut euch nicht suchend um nach Gott“, sagte <strong>der</strong> Meister. „Schaut<br />
einfach - und alles wird sich zeigen.“ „Aber wie soll man schauen?“<br />
„Jedes Mal, wenn du etwas ansiehst, sieh' nur das, was da ist und<br />
nichts sonst.“<br />
Die Schüler waren verwun<strong>der</strong>t, also sagte <strong>der</strong> Meister es einfacher:<br />
„Wenn ihr z. B. den Mond betrachtet, seht nur den Mond und nichts<br />
sonst.“ „Was könnte man denn noch sehen außer dem Mond, wenn man<br />
den Mond betrachtet?“<br />
„Jemand, <strong>der</strong> Hunger hat, könnte einen Käselaib sehen, ein Lieben<strong>der</strong><br />
das Gesicht seiner Geliebten.“
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Verschiedenes<br />
55<br />
Herbst-Tagung <strong>der</strong> Schweizer <strong>Lorber</strong>freunde<br />
im Bildungszentrum Matt, CH 6103 Schwarzenberg<br />
Tel.: +41 (0) 499 70 99 / email: bzmatt@swissonline.ch<br />
vom 1. bis 4. Oktober <strong>2009</strong><br />
Geplante Vorträge:<br />
Karl Ulrich - Mariam - Maria, gelöst vom Rufe römischer Heiligkeit<br />
Jürgen Kramke - Die sechs Stufen zur geistigen Wie<strong>der</strong>geburt<br />
Franz Schny<strong>der</strong> - Evolution und Kreationismus<br />
Günter Oberschmid - Was hat Yoga mit Christentum zu tun?<br />
Wilfried Schlätz - Hochmut und Demut<br />
Die Pensionskosten belaufen sich ab 63,35 € bis 90,00 € / Tag inkl.<br />
Vollpension.<br />
Anreise mit dem Auto: Autobahn Luzern Ri. Bern, Ausfahrt Emmen<br />
Süd / Malters / Schwarzenberg<br />
Öffentl. Verkehrsmittel: ab Bahnhof Luzern mit SBB nach Malters, dann<br />
mit dem Postauto nach Schwarzenberg, Haltestelle direkt vor dem Haus.<br />
Anmeldung bis 22. September <strong>2009</strong> und Auskunft:<br />
Marianne Schny<strong>der</strong>, Rütimattstr. 3<br />
CH-6030 Ebikon<br />
Tel.: (0041) (0) 41 440 81 56<br />
Vorträge <strong>der</strong> Tagung in Hohenwart<br />
Tonbandkassetten bzw. CDs <strong>der</strong> Vorträge von <strong>der</strong> Tagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<br />
<strong>Gesellschaft</strong> in Hohenwart können bestellt werden beim:<br />
Kassettendienst Lothar Schuller,<br />
Anton-Beilhackstr. 11, D-83278 Traunstein<br />
Eine DVD mit sämtlichen Vorträgen im MP3-Format und Video-<br />
Format, sowie zahlreichen Fotos von <strong>der</strong> Tagung kann ebenfalls über<br />
obige Adresse bestellt werden.<br />
Ferner können die Vorträge auch auf <strong>der</strong> Internetseite <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<br />
<strong>Gesellschaft</strong> (www.<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.de) bezogen werden.
56 Verschiedenes<br />
<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />
Gründung eines <strong>Lorber</strong>kreises im Raum Fulda<br />
Gerne möchte ich mich einmal im Monat mit <strong>Lorber</strong>- und Swedenborg-<br />
Freunden treffen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.<br />
Bitte ruft mich an unter: 06651-217625 o<strong>der</strong> E-Mail-Anschrift:<br />
sylka.schaefer@gmx.de<br />
Ehemaliges <strong>Lorber</strong>-Grundstück in Kaniza zu verkaufen<br />
Verkaufe in Kaniza/Slowenien direkt neben bzw. vor dem einstmaligen<br />
Haus <strong>der</strong> Fam. <strong>Lorber</strong>, ein Wirtschaftsgebäude (55qm)<br />
und einen Obstgarten (301qm).<br />
Informationen unter: 0049-07142-9156764<br />
Seminare nach den Eingebungen Jakob <strong>Lorber</strong>s<br />
Sonntag, 27.September <strong>2009</strong><br />
Der Ursprung <strong>der</strong> Gedanken und die Versenkung im Lichte Jesu<br />
mit Wilfried Schlätz, Kenner <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>werke<br />
Beginn: 9 Uhr bis ca. 16 Uhr auf Spendenbasis<br />
Sonntag, 11. Oktober <strong>2009</strong><br />
Die 35 Schwächen und Stärken unserer Seele – Ihre Verbindung<br />
zum Körper – Ihre Transformation durch Wort, Mineral, Pflanze,<br />
Übung mit Günter Oberschmid<br />
Beginn : 10 Uhr 30 bis ca. 16 Uhr € 35,-<br />
Sonntag, 22. November <strong>2009</strong><br />
Die Himmelfahrt des Sehel, des Henoch, des Elia und Jesu<br />
mit Wilfried Schlätz<br />
Beginn: 9 Uhr bis ca. 16 Uhr auf Spendenbasis<br />
Unkostenbeitrag mit Tagesverpflegung mit Wilfried € 25,-<br />
Übernachtung: € 20,--<br />
Seminarhaus „Heidewuhr“im schönen Schwarzwald<br />
79736 Rickenbach – Bergalingen<br />
Anmeldung Tel: 07765 – 1006 o<strong>der</strong> 07761 – 2041<br />
mail: seminarhaus.heidewuhr@t-online.de<br />
www.lorberfreunde-schwarzwald.de
Die Hauptwerke des Mystikers Jakob <strong>Lorber</strong> (1800-1864)<br />
Das große Evangelium Johannes (10 Bände, je 450 Seiten) - In diesem großen und<br />
herrlichen Offenbarungswerk erhalten wir nach <strong>der</strong> Verheißung Joh. 14,26 eine genaue,<br />
eingehende und tief gedankenvolle Schil<strong>der</strong>ung alles dessen, was Jesus in den drei Jahren<br />
Seiner irdischen Lehrtätigkeit getan und gesprochen hat. Von <strong>der</strong> Fülle des in Joh.<br />
21,25 Angedeuteten hat die Liebe und Gnade des Himmlischen Vaters hier den Menschen<br />
zu ihrer Erleuchtung und Rettung endlos Großes geoffenbart.<br />
Die Haushaltung Gottes (3 Bände, je 450 Seiten) - Dieses Werk entrollt in machtvoller<br />
Sprache ein gewaltiges Bild des göttlichen Weltplanes, <strong>der</strong> Schöpfungsgeschichte und<br />
<strong>der</strong> Urgeschichte <strong>der</strong> Menschheit von <strong>der</strong> Erschaffung Adams bis zur Sündflut.<br />
Die Jugend Jesu (420 Seiten) - Dies ist die Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> verschollenen, von Jakobus,<br />
dem Stiefbru<strong>der</strong> des Herrn, verfassten Jugendgeschichte Jesu, des sog. Jakobus-<br />
Evangeliums. Enthaltend die wun<strong>der</strong>bare Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kindheit Jesu, gibt sie uns<br />
auch zugleich ein helles Licht über das Rätsel von Gott und Mensch in <strong>der</strong> Person Jesu.<br />
Die geistige Sonne (2 Bände, je 500 Seiten) - Grundsätzliche Belehrung über die Zustände<br />
im Jenseits und die dortige Weiterentwicklung <strong>der</strong> Seelen. Ein hoch bedeutendes<br />
Werk für Fortgeschrittene.<br />
Bischof Martin (500 Seiten) - Entwicklungswege eines in menschlicher Unvollkommenheit<br />
abgeschiedenen Bischofs im Jenseits bis zu seiner Vollendung.<br />
Von <strong>der</strong> Hölle bis zum Himmel (Robert Blum) (2 Bände, je 500 Seiten) - Erfahrungen<br />
und Erlebnisse des 1848 erschossenen Revolutionärs Robert Blum im Jenseits. Dieses<br />
Werk gibt ein überaus lebendiges, vielseitig aufgeklärtes Bild <strong>der</strong> jenseitigen Weiterentwicklung<br />
dieser politischen Persönlichkeit zum Gotteskind.<br />
Erde und Mond (250 Seiten) - Wichtiges Hauptwerk über die geistige Welterklärung.<br />
Umfassende Darstellung des Baues und <strong>der</strong> Bedeutung von Erde und Mond.<br />
Die natürliche Sonne (1 Band, 320 Seiten) - Mehr als die Werke <strong>der</strong> gelehrten Sternkunde<br />
enthüllt uns dieses Buch die Schöpfungen unseres Sonnensystems. Die Hauptsache<br />
aber dieser Sonnen- und Sternenkunde führt uns zu Gott und zum Leben aus Gott.<br />
Schrifttexterklärungen (112 Seiten) - Lichtvolle, aufschlussreiche Erklärung wichtiger<br />
Bibelstellen.<br />
Die drei Tage im Tempel (96 Seiten) - Der zwölfjährige Jesus im Tempel zu Jerusalem.<br />
Briefwechsel Jesu mit Abgarus (40 Seiten) - Wie<strong>der</strong>gabe des einzigen, echten Briefwechsels<br />
Jesu, von welchem das Geschichtswerk des Kirchenvaters Eusebius Kunde<br />
gibt.<br />
Der Großglockner (80 Seiten) - Ein Evangelium <strong>der</strong> Berge, behandelnd die natürliche<br />
und geistige Bedeutung <strong>der</strong> Gebirge und das Wesen und Walten <strong>der</strong> Naturgeister in <strong>der</strong><br />
Bergwelt.<br />
Heilung und Gesundheitspflege (240 Seiten) – Zusammenstellung von Ratschlägen für<br />
die Heilung und Gesun<strong>der</strong>haltung von Leib und Seele.<br />
Kurt Eggenstein – Der unbekannte Prophet Jakob <strong>Lorber</strong>. Ein Einführungsbüchlein.<br />
Gesamtprospekt und Bücher sind zu beziehen durch den LORBER-Verlag<br />
Postfach 1851, 74308 Bietigheim, Deutschland<br />
E-Mail: info@lorber-verlag.de<br />
http://www.lorber-verlag.de
Besinnliche Texte zur Meditation<br />
„Der Weg, <strong>der</strong> zum Leben des Geistes führt, ist ein<br />
dorniger und schmaler! Das will so viel sagen als: Alles<br />
was dir in diesem Leben von seiten <strong>der</strong> Menschen auch<br />
immer Ärgerliches, Bitteres und Unangenehmes<br />
begegnen kann, das bekämpfe du mit aller Geduld und<br />
Sanftmut, und wer dir Übles tut, dem tue nicht wie<strong>der</strong><br />
dasselbe zurück, son<strong>der</strong>n das Gegenteil, so wirst du glühende<br />
Kohlen über seinem Haupte sammeln! Wer dich schlägt, dem<br />
vergelte nicht Gleiches mit Gleichem, nimm lieber noch einen<br />
Schlag von ihm, auf daß Friede und Einigkeit zwischen euch sei<br />
und bleibe; denn nur im Frieden gedeiht das Herz und des Geistes<br />
Wachstum in <strong>der</strong> Seele.“ (Gr.Ev.Joh. 4; 78,5) Jakob <strong>Lorber</strong> (1800-1864)<br />
<br />
„Je näher wir Gott sind, um so karger werden unsere Worte. Wo<br />
wir viele Worte machen, statt anzubeten, statt zu verehren, statt<br />
voll Ehrfurcht auf die Knie zu sinken: Da sind wir von Gott noch<br />
weit. Je näher wir Gott sind, um so stiller wird es. Und beginnt das<br />
Schweigen, dann hört auch das Fragen auf: Dann sind wir bei<br />
Gott.“<br />
Dionysius Areopagita (um 550 n. Chr.)<br />
<br />
„Warum ist das Tote Meer tot? Weil es die ganze Zeit<br />
nur empfängt, aber nichts hergibt. Warum sind so viele<br />
Christen erkaltet? Weil sie immer nur empfangen und<br />
nie etwas hergeben.“ Dwight L.Moody (1937-1899)<br />
<br />
„Wir haben im Grunde in unserer Welt nur eine einzige<br />
Aufgabe: unserem Nächsten eine hilfreiche Hand zu<br />
bieten, sein Schicksal auf uns zu nehmen, in <strong>der</strong> Not des<br />
an<strong>der</strong>en einzusteigen, das fremde Leid auszutragen und<br />
so das Leid <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en zu überwinden.<br />
Tun wir das, so werden wir es zwar schwer haben in <strong>der</strong> Welt.<br />
Aber wir werden glücklich sein.“ Ladislaus Boros (1927-1981)