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GL 3/2009 - der Lorber-Gesellschaft eV

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Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

Die Burg des Melchisedek<br />

Gedanken zum Gebet<br />

Gott o<strong>der</strong> Vater<br />

Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />

Unversöhnlichkeit bis über den Tod hinaus<br />

Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe<br />

Die Turmuhr


INHALT<br />

Otto Hillig Die Liebe S. 2<br />

Klaus W. Kardelke Editorial S. 3<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits S. 5<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Morgendank S. 15<br />

Peter Keune Die Burg des Melchisedek S. 16<br />

Willigis Jäger Gedanken zum Gebet S. 34<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Gebet des Herzens S. 38<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Gott o<strong>der</strong> Vater S. 39<br />

Alexan<strong>der</strong> Stern Die Entwicklungsstufen im Jenseits S. 42<br />

Johannes Gommel Unversöhnlichkeit bis über den Tod hinaus S. 45<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe S. 47<br />

Leopold Engel Rat eines Seligen S. 48<br />

Ramakrishna Christusvision S. 49<br />

Iwan Turgenjew Das Geschenk des Bettlers S. 50<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Die Turmuhr S. 51<br />

Weisheitsgeschichten Wo kann ich Gott finden S. 52<br />

Hingabe S. 53<br />

Der Mensch und sein Schatten S. 53<br />

Mein Bru<strong>der</strong> S. 54<br />

Von <strong>der</strong> Suche S. 54<br />

Klarheit S. 54<br />

Verschiedenes S. 55<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

Verwaltungsanschrift: Postfach 114<br />

83731 Hausham / Deutschland<br />

Tel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294<br />

E-Mail-Anschrift:<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de<br />

Internet-Seite:<br />

www.<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.de<br />

www.andritzquelle.de<br />

Schriftleitung:<br />

Klaus W. Kardelke<br />

Redaktion:<br />

Angelika Penkin<br />

SPENDENKONTEN<br />

Baden-Württemb. Bank AG Bietigheim-Bissingen<br />

Kto.: 7818500173 BLZ: 60050101<br />

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Creditanstalt Bankv. Graz (A) Kto 01873 312 101 BLZ 12 000<br />

Postscheckkonto Basel (CH) Kto. 80-50414-3


- Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -<br />

Jahrgang 29 <strong>2009</strong> Heft 3<br />

„Ich komme um zu retten, was noch zu retten ist, wie ein<br />

Blitz, <strong>der</strong> vom Aufgang bis zum Nie<strong>der</strong>gang leuchtet. Wer da<br />

das Licht dieses Blitzes annimmt, <strong>der</strong> wird gerettet. Wer aber<br />

dieses Licht nicht annimmt, <strong>der</strong> geht zugrunde; d.h. er begibt<br />

sich auf einen Weg, auf dem es sehr schwer wird, das ihm von<br />

Gott gestellte Ziel zu erlangen.<br />

Du aber hast das Licht des Blitzes wohl ergriffen. Daher kam<br />

auch <strong>der</strong> Retter Selbst zu dir und führt dich nun des rechten<br />

Weges. Aber du musst dem Retter willig folgen und Ihm<br />

durch deinen äußeren Verstand keine Hemmnisse in den Weg<br />

legen, sonst verzögerst du selbst die Erreichung des Zieles.“<br />

(Von <strong>der</strong> Hölle bis zum Himmel Bd.1 Kap. 39,12-13)


2 Die Liebe<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Die Liebe<br />

Liebe krönt des Menschen Seele,<br />

Liebe nie ersticken kann.<br />

Tust du auch so manche Fehle,<br />

Liebe bricht sich wie<strong>der</strong> Bahn.<br />

Liebe segnet die, die fluchen,<br />

Liebe lin<strong>der</strong>t jeden Schmerz;<br />

Liebe wird dich einstens rufen,<br />

so nur Lieb' erfüllt dein Herz.<br />

Liebe kehret ein bei Armen,<br />

bricht den Hungrigen das Brot,<br />

Liebe spendet voll Erbarmen,<br />

Liebe lin<strong>der</strong>t jede Not.<br />

Liebe ist ein göttlich Wesen,<br />

das <strong>der</strong> Erde nicht entstammt,<br />

hilft dir geistig zum Genesen,<br />

sie des Frommen Herz durchflammt.<br />

Die Liebe schützt dich vor'm Gericht,<br />

denn Gott, die Ew'ge Liebe spricht:<br />

„So lasse, Kind, in deinem Herzen<br />

<strong>der</strong> Liebe vollen, freien Lauf,<br />

sie hilft dir tragen deine Schmerzen<br />

und nimmt dich einst in Gnaden auf.“<br />

Otto Hillig


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Editorial<br />

3<br />

Editorial<br />

Wir leben in einer Welt voller Gegensätze und<br />

Trennungen. Wir erleben sie in den Polaritäten von Tag und<br />

Nacht, gut und böse, licht und dunkel, arm und reich,<br />

schwarz und weiß und wo immer wir nur hinschauen.<br />

Selbst in uns finden wir gegensätzliche Kräfte, finden<br />

wir Licht- und Schattenseiten. Eine Seite in uns strebt nach<br />

Höherem, dem Lichte entgegen, während die an<strong>der</strong>e Seite<br />

sich dem Materiellem, Erdhaftem und Sinnlichem zuneigt.<br />

Klaus W. Kardelke<br />

Geschäftsführen<strong>der</strong><br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />

Bereits Goethe erkannte: „Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust,<br />

die eine will sich von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n trennen; die eine hält, in <strong>der</strong>ber<br />

Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen; die an<strong>der</strong>e hebt<br />

gewaltsam sich vom Dust (= Staub) zu den Gefilden hoher Ahnen.“<br />

Schon in <strong>der</strong> Schöpfungsgeschichte <strong>der</strong> Bibel, die ja auch ein Bild<br />

unserer eigenen geistigen Entwicklung darstellt, trennte Gott das Licht von<br />

<strong>der</strong> Finsternis: „da schied Gott das Licht von <strong>der</strong> Finsternis; und Gott<br />

nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht.“ (1.Mos.1,4)<br />

So sind wir als von Gott getrennte Wesen in eine getrennte Welt gesetzt<br />

mit all ihren vielfältigen Gegensätzlichkeiten und mit <strong>der</strong> hohen<br />

Bestimmung wie<strong>der</strong> in die Einheit mit Gott und uns selbst zurückzufinden.<br />

Und so stehen wir im beständigen Wi<strong>der</strong>streit und in Feindschaft mit<br />

unserer äußeren und inneren Welt, mit unseren Fehlern und Schwächen,<br />

mit unseren tief verborgenen und allzu oft verdrängten Schattenseiten.<br />

Doch unser eigentliches inneres Wesen, unser wahres Selbst ist geistig<br />

und göttlicher Natur, ist Liebe, wie es <strong>der</strong> Herr uns bestätigt: „Ihr seid ja<br />

selbst nur pur Liebe aus Gott und in Gott, und euer Dasein ist in sich<br />

durch den Willen <strong>der</strong> Liebe Gottes selbst ja nur verkörperte Liebe<br />

Gottes!“ (GEJ. 7; 141,05)<br />

Da wir nun Liebe sind, so ist es auch unsere Aufgabe alles mit Liebe<br />

anzunehmen, selbst unsere Schattenseiten. Denn unsere Fehler und<br />

Schwächen sind uns nicht gegeben zu unserem Leid, son<strong>der</strong>n damit wir<br />

uns erkennen und vervollkommnen und unsere wahre Identität und Einheit<br />

allein in Gott wie<strong>der</strong>finden und Seine Eigenschaften in uns entwickeln.<br />

„Denn die Schwäche in uns ist ein vom Herrn geflissentlich<br />

unvollendeter Teil unseres Wesens, den wir selbst vollenden sollen, um<br />

dadurch die göttliche Ähnlichkeit unseres Geistes in uns selbst<br />

bekräftigend zu rechtfertigen und dadurch ein wahrhaft freies Leben für<br />

ewig durch uns selbst zu gründen.“ (HGt. 3; 110,08)<br />

Die inneren Schatten zu erkennen und zu bekennen und damit ans Licht


4 Editorial<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

<strong>der</strong> göttlichen Wahrheit und Liebe zu för<strong>der</strong>n, damit sie in dieser verklärt<br />

werden, ist unsere Aufgabe. Denn unsere Schatten können im Lichte nicht<br />

bestehen, sie lösen sich gänzlich auf und wandeln sich ebenfalls in Licht<br />

um.<br />

„So wir aber nur lieber unsere Schwächen verdeckt, als geoffenbart in<br />

uns tragen wollen, da schaden wir uns ja nur selbst und sind selbst<br />

Schuldträger, so wir am Ende durch sie zugrunde gehen!“ (HGt. 3; 110,09)<br />

Letztendlich sind unsere Fehler und Schwächen, unser Ärger und unser<br />

Zorn Bestandteile unserer noch unvollkommenen Seele, sind geistige<br />

Kräfte und Energien, sind Wesenheiten, die auf Erlösung harren, über die<br />

wir mit Liebe herrschen sollen, sie in die richtige Richtung weisend.<br />

„Ihr wisst, dass all das Böse und Falsche herrührt von den im<br />

Menschen wohnenden argen Geistern, die sämtlich danach streben, den<br />

Willen des Menschen für sich zu gewinnen, um sich mittels desselben<br />

auch endlich seiner Liebe zu bemächtigen.“ (HiG. Bd. 3, S. 70,4)<br />

Unsere Aufgabe ist es, mit göttlicher Hilfe die Herrschaft über diese<br />

inneren Kräfte zu erlangen, sie uns untertan zu machen, sodass sie uns<br />

dienen und nicht wir ihnen, um so die göttliche Ordnung und damit den<br />

göttlichen Geist in unserer Seele wie<strong>der</strong> Raum zu verschaffen.<br />

Sagte Jesus nicht: ‚Liebet eure Feinde!‘ und meinte Er damit wirklich<br />

nur die äußeren und nicht auch die inneren Feinde? Denn vielfach sind wir<br />

ja unser größter Feind selbst, unbarmherzig und verdammend gegen uns<br />

und unseren missverstandenen Fehlern und Schwächen, die uns<br />

letztendlich nur unseren Weg zum Heil weisen wollen.<br />

Gilt es denn nicht auch die dunklen, lichtlosen Seiten unseres eigenen<br />

Wesens liebevoll anzunehmen und zu veredeln, als ein von Gott gegebenes<br />

Gut zu unserer Vervollkommnung.<br />

Nur allzuoft sehen wir unsere negativen Seiten in uns als störend und<br />

hin<strong>der</strong>lich an, kämpfen gegen sie und verleihen ihnen dadurch noch mehr<br />

Macht über uns.<br />

Doch kann es nicht sein, dass gerade sie es sind, die uns bei gerechter<br />

Betrachtung und Überwindung als Sprungbretter zu geistigen Höhen<br />

dienen, die uns immer wie<strong>der</strong> zu geistigen Höchstleistungen anspornen.<br />

Vielleicht wäre es einmal angebracht über unsere eigenen Schatten zu<br />

springen und auch unseren inneren Feinde mehr mit Liebe und Verständnis<br />

zu begegnen und sie im göttlichen Lichte zu betrachten, als Geschenke<br />

eines liebenden Vaters an Seine Kin<strong>der</strong> auf dem Weg zu ihrer Vollendung.<br />

Euer Klaus Kardelke


6 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

heller Denkenden mit Händen zu greifen sein - zumal ihm dafür noch<br />

tausend Beweise aus dem Leben <strong>der</strong> Somnambulen und vieler Seher und<br />

Propheten zur Einsicht zu Gebote stehen -, dass das rein geistige Leben<br />

jenseits ein viel helleres, sich seiner selbst und aller an<strong>der</strong>n subjektiven<br />

und objektiven Vorgänge, Zustände und Verhältnisse des Lebens ein um<br />

ebensoviel reiner Bewussteres sein muss, als um wie viel <strong>der</strong> Geist über<br />

alle Materie - die, wie gezeigt, nichts als ein fixierter Ausdruck seiner<br />

Gedanken und Ideen ist - für ewig steht als selbst Licht, Leben, Kraft und<br />

vollstes Bewusstsein in sich.<br />

Weil aber nicht nur ein, son<strong>der</strong>n alle nach Meiner Ordnung lebenden<br />

Menschen in ein gleiches allervollkommenstes Leben übergehen, so ist die<br />

Frage ob des einstigen Wie<strong>der</strong>sehens eine eitle. Denn so die Menschen in<br />

diesem unvollkommenen Puppenleben schon die Fähigkeit des sich<br />

Wie<strong>der</strong>erkennens und natürlichen Wie<strong>der</strong>sehens besitzen, die sie doch<br />

nicht abstreiten o<strong>der</strong> bezweifeln können, so werden sie diese Fähigkeit<br />

wohl um so mehr im vollkommensten, rein geistigen Leben besitzen, wo<br />

ihr ganzes Wesen <strong>der</strong> unvergängliche Ausdruck und das Grundprinzip<br />

alles Lebens und aller Verhältnisse und Vorkommnisse desselben ist! Auf<br />

dieser Welt erkennt ja auch durch den Leib hindurch die Seele durch den<br />

Geist in ihr die ihr bekannten und verwandten Menschen, kann sich an<strong>der</strong>n<br />

befreundet und vollends verwandt machen und erkennt sie dann als solche<br />

<strong>der</strong> Gestalt und dem Charakter nach allzeit wie<strong>der</strong>. So aber solches die<br />

Seele und <strong>der</strong> Geist vermag durch all die tausend Kerkerwände des in sich<br />

selbst toten Leibes, um wie viel mehr wird sie solches in ihrem völlig<br />

freien Zustande vermögen, wie solches schon an sehr vielen Somnambulen<br />

nur zu oft beobachtet worden ist, die mit fest verschlossenen Augen nicht<br />

nur ihre Umgebung oft bis auf den innersten Lebensgrund, son<strong>der</strong>n auch<br />

die in fernen Landen sich irgendwo befindenden Menschen, um die sie<br />

befragt wurden, mit allen ihren Zuständen und Verhältnissen geschwind<br />

und überaus wohl erkannten! Und doch ist die Seele einer noch so hellen<br />

Somnambule noch bei weitem nicht in dem freien Zustande, wie eine<br />

sogar noch mehr unvollkommene Seele nach dem Abfalle ihres Leibes!<br />

Dass unvollkommene Seelen sich nach ihrem Freiwerden vom Leibe<br />

nur zu bald mehr und mehr verfinstern, das liegt in ihrem bösen Willen.<br />

Solche Seelen sehen dann freilich von <strong>der</strong> Welt nichts mehr, was sehr<br />

notwendig ist, da sie in einem sehenden Zustande <strong>der</strong> Welt und namentlich<br />

denen, die sie zu ihren Feinden rechneten, einen zu bedeutenden Schaden<br />

zufügen würden. Solche Seelen und respektive Geister sehen dann nur das,<br />

was sich aus ihrer Phantasie gleich einer nie<strong>der</strong>sten Traumwelt entwickelt.<br />

In solcher Phantasiewelt verharren solche Seelen dann oft Hun<strong>der</strong>te von


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

7<br />

Jahren, sehen die stets neu ankommenden Seelen, wenn sie auch auf <strong>der</strong><br />

Erde ihre nächsten Verwandten waren und diese sie sogleich ersehen,<br />

nicht. Sie sehen nur ihre lang andauernde Phantasiewelt und sind daher nur<br />

den Engeln durch pure Entsprechungen, die die Engel in die Phantasiewelt<br />

solcher blinden Seelen hineinzuschieben imstande sind, zur Belehrung<br />

zugänglich.<br />

Wenn sie Belehrung und dadurch eine Besserung ihres Willens<br />

annehmen, so verschwindet nach und nach ihre Phantasiewelt, und sie<br />

kommen dann stets mehr und mehr zum wahren Licht und zur Anschauung<br />

all des Daseienden und somit zum Wie<strong>der</strong>sehen ihrer Verwandten und<br />

Freunde. Sie erkennen sie dann als solche auch gar bald wie<strong>der</strong> und haben<br />

eine rechte Freude an ihnen.<br />

Bessern sie sich aber nicht, so bleiben sie in ihrer stets ärger werdenden<br />

Traumwelt lange Zeiten <strong>der</strong> Zeiten. Und da ist dann vom erfreulichen<br />

Wie<strong>der</strong>sehen und Wie<strong>der</strong>erkennen keine Rede. Sowenig irgend ein<br />

materieller Mensch in einem sehr materievollen Traume sich irgend seiner<br />

Außenverhältnisse und Lebenszustände erinnern kann, son<strong>der</strong>n nur das<br />

schaut, was ihm seine Phantasie als plastisch vorgaukelt, ebenso wenig<br />

und eigentlich noch bei weitem weniger kann eine finstere Seele sich<br />

jenseits irgend an etwas erinnern o<strong>der</strong> etwas erkennen in ihrem<br />

Traumkreise, in dem sie sich nie tätig, son<strong>der</strong>n allzeit nur leidend befindet<br />

und sich daher aus sich selbst auch eine nahe ewig andauernde Zeit, nach<br />

dem Maße dieser Erde genommen, nimmer frei machen kann!<br />

Wer hier nicht wenigstens zur Hälfte im Geiste wie<strong>der</strong>geboren wird,<br />

kommt jenseits mehr o<strong>der</strong> weniger in den oben bezeichneten Zustand und<br />

kann sich selbst darin ebenso wenig helfen wie <strong>der</strong> Embryo im<br />

Mutterleibe, dessen Regen und Bewegen von dem notwendigen äußeren<br />

Zustande <strong>der</strong> Mutter abhängt. Aber es waltet dennoch eine ganz eigene<br />

Bewandtnis bei solchen Seelen ob, was da mit dem Zustande des Embryo<br />

im Mutterleibe etwas Unterschiedliches hat. Und das besteht, um für den<br />

Verstand <strong>der</strong> Menschen vernehmlich zu reden, darin, dass <strong>der</strong> Embryo im<br />

Mutterleibe als sich neubildende Kreatur durchaus leidend ist, während die<br />

finstere Seele ganz aus sich tätig und leidend zugleich ist und, weil sie<br />

nicht will, nicht untätig werden kann, auf dass sie dadurch möchte<br />

unleidend werden.<br />

Wie kommt aber das? So ein Mensch auf dieser Welt entwe<strong>der</strong> nur sehr<br />

wenig o<strong>der</strong> zumeist wohl auch gar nichts zur Belebung und Bildung<br />

dessen, was seine Seele in ihrem Herzen verborgen trägt, getan hat,<br />

son<strong>der</strong>n alles nur auf den äußeren Verstand verwendete und diesen dann<br />

dazu benutzte, wohlberechnete Wege einzuschlagen, um auf diesen sich


8 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

weltliche Schätze - welcher Art und welchen Namens sie auch immer sein<br />

mögen - zu verschaffen, um sich durch sie die möglichst feinsten und in<br />

je<strong>der</strong> Hinsicht wohlschmeckendsten Genüsse und Lustreize zu bereiten, so<br />

ist, wenn dann solch eines Menschen Seele jenseits ankommt, ihre<br />

göttliche Lichtkammer dicht verrammt und verschlossen. Das irdische<br />

Verstandeslicht aber, das eigentlich bloß eine Kombination <strong>der</strong> äußeren,<br />

materiellen Lichtbil<strong>der</strong> ist, die an den vielen Millionen Flächen <strong>der</strong><br />

Gehirntäfelchen für die Seele ersichtlich sind, und aus denen die Seele<br />

allzeit, nach Art <strong>der</strong> dummen Astrologen, ihre Berechnungen macht und<br />

dann wie von <strong>der</strong> Macht des dicksten Aberglaubens sich danach zu<br />

handeln genötigt fühlt, bleibt ohnehin so wie die Bil<strong>der</strong>galerie eines<br />

Bil<strong>der</strong>liebhabers, wenn er stirbt, in <strong>der</strong> Welt zurück. Die Folge ist, dass<br />

solch eine Seele dann notwendig total finster in <strong>der</strong> Geisterwelt anlangen<br />

muss und nichts behält als das Bewusstsein o<strong>der</strong> den Ausdruck des Lebens<br />

und nur insoweit die Erinnerung an ihre irdischen Zustände und<br />

Verhältnisse, inwieweit solche in <strong>der</strong> (dem leiblichen Gehirn)<br />

entsprechenden Gehirnkammer <strong>der</strong> Seele in entsprechenden Typen<br />

aufgezeichnet sind, welche die immerhin höchst sensible Seele fühlt und<br />

ihrer gewahr wird, wenn sie dieselben zufolge ihrer Finsternis auch nicht<br />

klar beschauen kann.<br />

Dass ein solcher Zustand einer an alle Lustreize des Lebens gewöhnten<br />

Seele nur zu bald unerträglich wird, lässt sich hoffentlich leicht begreifen<br />

und sogar lebendig fühlen. Solch eine Seele gerät dann bald in eine große<br />

Furcht, Angst und am Ende in einen großen Ärger und Zorn, wodurch sich<br />

in ihr dann eine Art Glutschimmer entwickelt.<br />

Denn wo immer jemand schon in <strong>der</strong> gerichteten Materiewelt<br />

irgendeine starke Tätigkeit ersieht - wie etwa einen heftigen Sturm, eine<br />

starke Meeresbrandung, eine starke Reibung zweier Gegenstände gleicher<br />

o<strong>der</strong> ungleicher Art, einen mächtigen Druck zweier harter Körper<br />

aufeinan<strong>der</strong> und <strong>der</strong>artiges mehr, - da wird er dabei, beson<strong>der</strong>s zur<br />

Nachtzeit, auch eine Feuer- und Licht- o<strong>der</strong> wenigstens eine<br />

Schimmerentwicklung bemerken, welche von den Naturgelehrten mit dem<br />

allgemeinen, aber eben nicht immer tauglichen Namen Elektrizität<br />

bezeichnet wird, - im Grunde aber und ganz eigentlich <strong>der</strong> vollen Wahrheit<br />

gemäß nichts als eine Erregtheit <strong>der</strong> in aller Materie mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

hart gefangenen Naturgeister ist, die stets desto eher und leichter erregt<br />

werden können, je härter sie gefangen sind. Sind sie aber leichter gehalten,<br />

wie etwa in <strong>der</strong> Luft, im Wasser, im Lehm und in allerart an<strong>der</strong>en flüssigen<br />

und weichen Körpern, so gehört auch im Verhältnis eine heftigere<br />

Bewegung (Tätigkeit, s.o.) dazu, damit die ihr nicht so schnell ausweichen


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

9<br />

könnenden Naturgeister erregt und durch ihre höchst schnell vibrierende<br />

Bewegung innerhalb ihrer sie gefangen haltenden leichten und höchst<br />

durchsichtigen Hülse als ein Licht o<strong>der</strong> als ein Glühen ersichtlich werden.<br />

Dass diese Erregung <strong>der</strong> Naturgeister aber in <strong>der</strong> Vibration besteht,<br />

kann ein je<strong>der</strong> Mensch von nur einigem Beobachtungsgeiste beseelt leicht<br />

aus tausendfachen Erscheinungen in <strong>der</strong> Naturwelt ersehen und erkennen.<br />

Wenn irgend ein Mensch o<strong>der</strong> sogar auch ein Tier durch was immer in<br />

seinem Gemüt sehr erregt wird, so wird an ihm ein Beben bemerkt,<br />

welches von nichts an<strong>der</strong>em als lediglich von <strong>der</strong> Erregtheit <strong>der</strong> im Fleisch<br />

und Blut gefangenen Naturgeister herrührt. Eine Saite auf einem<br />

Toninstrument vibriert, wenn sie einen Stoß o<strong>der</strong> Schlag bekommt, weil<br />

die in <strong>der</strong> Materie <strong>der</strong> Saite gefangenen Geister durch den Schlag o<strong>der</strong><br />

Stoß erregt werden. Die Flamme jeden Lichtes, die nichts als ein Akt <strong>der</strong><br />

Freiwerdung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Materie gefangenen Naturgeister ist, besteht in<br />

stets sichtbarer Vibration, die durch die Tätigkeit <strong>der</strong> frei werdenden<br />

Naturgeister entsteht. Und <strong>der</strong>gleichen Erscheinungen gibt es noch<br />

Tausende und abermals Tausende, an denen <strong>der</strong>selbe Akt beobachtet<br />

werden kann. - - -<br />

Es ist gesagt worden, dass die Seele durch den Verlust ihres Weltlichtes<br />

und aller aus demselben hervorgehenden Lustbarkeiten zuerst in eine<br />

große Furcht und Angst und am Ende in einen großen Ärger und Zorn<br />

gerät, wodurch in ihr eine Art Glutschimmer erzeugt wird. Dieser<br />

Glutschimmer entsteht im Wesen <strong>der</strong> Seele entsprechend auf die ganz<br />

gleiche Weise wie in <strong>der</strong> Naturwelt.<br />

Die Furcht ist die erste Erregung <strong>der</strong> in je<strong>der</strong> einzelnen Seele<br />

vorhandenen endlos vielen seelisch-geistigen Spezifikalpotenzen. Wenn<br />

alle Potenzen in ein immer heftigeres Beben geraten, so wird <strong>der</strong> ihnen<br />

gegebene Formraum bald zu eng. Da aber die äußere Form, innerhalb <strong>der</strong><br />

alle die zahllosen Potenzen zu einem Leben vereinigt sind, bald zu eng<br />

wird - weil sie nicht so leicht erweitert werden kann und darf -, so ist die<br />

Folge davon dann notwendig ein immer heftigeres Drängen und Drücken<br />

nach allen Seiten hin, wodurch in dem konkreten Gesamt o<strong>der</strong> besser<br />

gesagt Ein-Leben das Gefühl <strong>der</strong> Angst zum Vorschein kommt.<br />

Wenn das Drängen und Drücken stets heftiger werdend andauert, so<br />

entsteht daraus eine geistige Gärung, die man Ärger nennt. Wie aber schon<br />

in <strong>der</strong> Natur das Resultat einer stets heftiger werdenden Gärung eine volle<br />

Entzündung ist, ebenso ist das Endresultat <strong>der</strong> großen Gärung <strong>der</strong><br />

seelischen Spezifikalpotenzen eine volle Entzündung, und diese heißt<br />

Zorn. Und von solchem Zorn rührt dann auch die Erscheinlichkeit des<br />

Glutschimmers her, <strong>der</strong>, so er heftiger und heftiger wird, endlich in einen


10 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

vollen Brand übergeht, <strong>der</strong> als böseste Erscheinung des Lebens Wut und<br />

im eigentlichsten Sinne Hölle heißt und ist.<br />

Wenn nun eine abgeschiedene Seele sogestaltig in den besprochenen<br />

Glutschimmer gerät, so fängt sie dadurch an, die in ihrem Gehirne<br />

vorhandenen geistigen Stigmata sehr matt zu erschauen und erkennt bald<br />

viel eitel Böses und wenig Gutes in ihrem Wesen. Sie sieht in solchem<br />

Zwielicht auch nicht selten die Mücke für einen Elefanten und umgekehrt<br />

den Elefanten für eine Mücke an. Aus solchen Anschauungen entwickeln<br />

sich dann in <strong>der</strong> Seele allerlei ganz luftige und durchsichtige, man könnte<br />

sagen formlose Formen gleich den Luftschlössern eines verliebten<br />

Jünglings auf <strong>der</strong> Welt, die bei einer sehr heftigen Phantasie nicht selten<br />

auf Augenblicke in eine förmlich ersichtliche Erscheinlichkeit treten, aber<br />

bei <strong>der</strong> geringsten Gemütsstörung in ein Nichts verschwimmen.<br />

Weil aber die Seele auf die gezeigte Weise nichts zu einer bleibenden<br />

Realität bringen kann und durch die momentan auftauchenden, mehr Zerrals<br />

wohlgeordneten Bil<strong>der</strong> nur stets mehr gereizt und erregt wird, wodurch<br />

am Ende sogar das Innerste „Herzensstöße“ zu bekommen anfängt, so<br />

kommt dadurch dieses Innerste dann auch in eine, aber ganz<br />

entgegengesetzte Tätigkeit.<br />

Durch diese Tätigkeit (ihres Urgeistes aus Gott) wird die wilde<br />

Tätigkeit <strong>der</strong> Seele beruhigt, so dass am Ende die Seele in sich selbst in<br />

einen förmlichen Schlaf gerät, also ruht, und in dieser Ruhe als mehr<br />

vereinigt mit ihrem Urgeiste aus Mir in einen förmlichen Traum kommt<br />

und, weil sie sich in solchem Zustande ganz behaglich fühlt, darin auch<br />

verbleibt, - ein Zustand, den die alten Seelen- und Lebensforscher den<br />

Seelenschlaf nannten.<br />

Der im Herzen <strong>der</strong> Seele nun gegen die Gelüste <strong>der</strong> Seele tätige Urgeist<br />

schafft nun für die Seele stets mehr und mehr solche Bil<strong>der</strong>, die einesteils<br />

stets das enthalten, was <strong>der</strong> Seele selbstliebigem und herrsch- und<br />

genusssüchtigem Sinne zusagt. Aber sowie sie solches in ihrem Traume,<br />

den sie natürlich für Wirklichkeit hält, vollgierig ergreifen will, so wird es<br />

entwe<strong>der</strong> zunichte o<strong>der</strong> es weicht zurück und flieht von dannen.<br />

An<strong>der</strong>nteils aber wird <strong>der</strong> Seele auch solches produziert, was ihr frommt,<br />

und so sie es ergreift und zu ihrem wahren Besten verwendet, so bleibt es,<br />

und es fängt also aus dem Traume eine feste und bleibende Welt (für die<br />

Seele) sich zu entwickeln an.<br />

Je mehr die Seele das ergreift, was ihr von ihrem Urgeiste geboten<br />

wird, desto mehr einigt sie sich mit ihm und geht so unvermerkt in ihren<br />

Urgeist ein und mit demselben zum Urlichte und aller Wahrheit aus ihm.<br />

Und sie erkennt da bald sich vollends wie<strong>der</strong> und alle ihre Bekannten und


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

11<br />

Verwandten und wird gewöhnlich durch sie dann zu Mir Selbst hingeleitet,<br />

wo ihr dann auch nach dem Maße ihrer Vollendung und Einswerdung mit<br />

ihrem Geiste stets mehr Licht und Weisheit gegeben wird und das volle<br />

Vermögen, in die Naturwelten schauen und ersprießlich tätig werden zu<br />

können. Dass in diesem Falle ein vielseitiges Wie<strong>der</strong>sehen eine ganz<br />

natürliche Folge ihrer geistigen Vollendung ist, bedarf wohl keines<br />

weiteren Beweises mehr.<br />

Aber was geschieht denn hernach mit jenen Seelen, denen in ihrem<br />

jenseitigen Traumleben die vorgespiegelten Bil<strong>der</strong> und Erscheinlichkeiten,<br />

nach denen ihr selbst- und genusssüchtiger Sinn giert, durch die guten<br />

Erscheinlichkeiten nicht aus dem Begehrsinne getrieben werden können?<br />

Was geschieht, frage Ich, mit solch einer Seele, die darum stets mehr in<br />

Wut gerät, weil sie die Gegenstände ihrer Lust, die ihr vorgezaubert<br />

werden, nicht erreichen und festhalten kann? Gibt es in diesem Falle auch<br />

ein Wie<strong>der</strong>sehen? Nein, sage Ich, da gibt es kein Wie<strong>der</strong>sehen!<br />

Solch einer Seele wird dann ihr eigener Geist zum unerbittlichsten<br />

Richter. Er lässt sie am Ende die vorgespiegelten Dinge und Objekte<br />

erreichen und sich nach ihrem argen Sinn an ihnen erlustigen; aber solche<br />

Erlustigung bereitet <strong>der</strong> Seele allzeit den größten und brennendsten<br />

Schmerz und macht sie auf eine lange Zeit wie<strong>der</strong> ganz finster.<br />

Der Geist lässt dann zu, dass eine also finster gewordene Seele in ihrer<br />

größten Wut, die sie durchglüht und ihr also ein böses Licht gibt, um<br />

ihresgleichen außer sich wahrzunehmen, nun wirklich mit Seelen ihrer Art<br />

zusammenkommt.<br />

Da geschehen dann sogleich Verbindungen und Zusammenrottungen<br />

von solchen, die sich ihre Wut gegenseitig mitzuteilen beginnen. Sie<br />

verschanzen sich gegen die Feinde, mit denen sie in ihrem Traumleben,<br />

das solche Seelen aber für Wirklichkeit halten, in eine für sie widrigste<br />

Berührung kommen und fassen die racheglühendsten Beschlüsse, sich eher<br />

selbst nach aller Möglichkeit zu töten, als sich irgendeine noch so geringe<br />

göttliche Anordnung mehr gefallen zu lassen.<br />

In einer solchen Verschanzung, zu <strong>der</strong> sie das Material aus ihrer<br />

Einbildung nehmen - insoweit sie irgendeiner Einbildung in ihrem<br />

Wutglühlichte fähig sind -, verharren sie oft sehr geraume Zeiten und<br />

werden darob nur von neuem ärgerlicher, zorniger und wüten<strong>der</strong>,<br />

durchbrechen dann selbst ihre Verschanzung und gehen hordenweise den<br />

Feind suchen, weil keiner in ihre Verschanzung eindringen wollte, dass sie<br />

an ihm ihre Rache hätten kühlen können. Aber ihr Suchen ist ein<br />

vergebliches. Sie kommen nur mit an<strong>der</strong>en ihresgleichen den Feind<br />

suchenden Horden zusammen und machen mit ihnen bald gemeinsame


12 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Sache, suchen dann so gemeinsam mit aller Hast den Feind, finden aber<br />

natürlich nie einen.<br />

Wenn solch elen<strong>der</strong> Seelen einmal mehrere Tausend beisammen sind -<br />

<strong>der</strong>en Haufen sich in <strong>der</strong> Geisterwelt für das Auge <strong>der</strong> reinen Geister<br />

ungefähr also ausnimmt, wie auf dieser Erde allenfalls das Glühen <strong>der</strong> Luft<br />

durch ein in <strong>der</strong> Tiefe irgendwo brennendes Haus -, so erwählen sie den<br />

Glühendsten unter ihnen, den sie für den Mutigsten und Weisesten halten,<br />

als Anführer, <strong>der</strong> sie dann über einen Boden führt, <strong>der</strong> gewöhnlich auch<br />

<strong>der</strong> Einbildung solcher Seelen entspricht - entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Form einer<br />

finsteren Sandsteppe o<strong>der</strong> einer unabsehbaren Ebene, auf <strong>der</strong> nichts als<br />

trockenes Moos zum Vorschein kommt. Auf solchen Böden finden sie<br />

nach langem Umherziehen und unter großem Hunger und Durst auch<br />

gewöhnlich nichts als etwa wie<strong>der</strong> eine ähnlich herumziehende Horde<br />

unter einem stark glühenden Anführer. Und da geschieht es entwe<strong>der</strong>, dass<br />

sie einan<strong>der</strong> anfallen aus schon zu großer Rachewut, sich zerreißen und<br />

verstümmeln, o<strong>der</strong> sie vereinigen sich unter zwei Anführern, was aber<br />

schon gleichfort zu Reibungen Anlass gibt, weil da ein je<strong>der</strong> <strong>der</strong> beiden<br />

Anführer <strong>der</strong> Erste sein will, was in kurzer Weile dennoch einen Krieg <strong>der</strong><br />

beiden Horden zuwege bringt.<br />

Wenn sich bei solchen Kriegen solche höchst unglückseligen Seelen<br />

nahezu ganz zu kleinen Stücken zerrissen haben - natürlich alles nur<br />

scheinbar -, so kommen sie wie<strong>der</strong> zu einer gewissen Ruhe und ihr Geist<br />

zeigt ihnen dann wie<strong>der</strong> wie in einem helleren Traume, wie nichtig,<br />

fruchtlos und eitel ihr töricht-blindestes Bemühen war, und zeigt ihnen den<br />

besseren Weg zur Umkehr.<br />

Manchmal nehmen einige solche Weisung an und bekehren sich. Aber<br />

zumeist werden sie nach einem solchen Gesicht erst ganz toll und treten in<br />

ihren geistlosen puren Seelenzustand zurück, <strong>der</strong> dann bei weitem<br />

schlechter wird, als da war <strong>der</strong> erste. Und solche Zustände sind dann schon<br />

Hölle, aus <strong>der</strong> ein Ausweg schwer zu finden ist! Wer da nicht geht den<br />

schmalen Pfad durch sein eigenes Herz, <strong>der</strong> kommt nimmer zurecht und<br />

kann Trillionen und Dezillionen von Erdjahreszeitlängen in solcher Hölle<br />

verharren. -<br />

Es ist nun also gezeigt worden, wie das Seelenleben jenseits in zwei<br />

einan<strong>der</strong> schroffst entgegengesetzten Hauptzügen und Beschaffenheiten<br />

zuständlich geartet ist: entwe<strong>der</strong> nach oben o<strong>der</strong> nach unten. Aber es soll<br />

mit dem allem dennoch nicht jede Erscheinlichkeit in <strong>der</strong> Geisterwelt<br />

dargestellt sein, son<strong>der</strong>n wie gesagt nur die beiden allgemeinen Hauptzüge,<br />

also das schroffste Pro und Kontra.<br />

In <strong>der</strong> Mitte dieser zwei Hauptzustände gibt es noch eine zahllose


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

13<br />

Menge von Erscheinlichkeiten, die hier nicht dargestellt zu sein brauchen,<br />

da sie in den Werken: „Die geistige Sonne“, „Erde und Mond“ und in den<br />

„Szenen <strong>der</strong> Geisterwelt“ zur Übergenüge gezeigt worden sind, so wie<br />

teilweise in den mannigfachen an<strong>der</strong>en Mitteilungen und Naturzeugnissen.<br />

Aber alle die darin geschil<strong>der</strong>ten wie immer gearteten Erscheinlichkeiten<br />

fußen auf <strong>der</strong> nun gezeigten Hauptnorm, und die Grundwege entwe<strong>der</strong><br />

nach oben o<strong>der</strong> nach unten sind in sich die gleichen.<br />

Das eigentliche wahre Wie<strong>der</strong>sehen kommt erst im Gottesreich, das ist<br />

im Himmel vor, welcher die ganze Unendlichkeit dem Raume nach erfüllt<br />

und sonach allenthalben gegenwärtig ist, in den aber je<strong>der</strong> Mensch nur<br />

durch sein Herz gelangen kann. -<br />

Da es aber doch viele in <strong>der</strong> Welt nun gibt, die so materiell sind, dass<br />

sie von den geistigen Verhältnissen <strong>der</strong> Dinge keine Spur und keine<br />

Ahnung haben, hier aber von den „Naturgeistern“ lesen und nicht<br />

verstehen, was diese sind und worin sie bestehen, so soll dahin hier noch<br />

eine ganz kurze Naturerläuterung folgen.<br />

Die ganze materielle wie auch die rein geistige Schöpfung ist nichts<br />

als eine durch <strong>der</strong> Gottheit allmächtigen Willen festgehaltene Idee aus<br />

dem Herzen o<strong>der</strong> Leben <strong>der</strong> Gottheit Selbst und - weil aus Gott - im<br />

Grunde des Grundes geistig. Würde nun alle die so genannte materielle<br />

Schöpfung, was Gott gar leicht möglich wäre, <strong>der</strong> gleichfort andauernden<br />

Festhaltung ledig, so würde sie wie<strong>der</strong> als ein nur <strong>der</strong> Gottheit sichtbarer<br />

großer Gedanke ganz geistig im Gemüte Gottes Platz fassen und mit <strong>der</strong><br />

Realisierung <strong>der</strong> freien Selbständigkeit von zahllosen Wesen wäre es zu<br />

Ende!<br />

Aber Gott will es ewig gleichfort, dass Seine großen Gedanken und<br />

Ideen ewigfort zur freiesten Selbständigkeit sollen realisiert werden. Und<br />

so hatte Gott darum für die einzig dadurch mögliche Realisierung, dass all<br />

die göttlichen Gedanken und Ideen als unwandelbar gefestet dastehen<br />

müssen Seiner Pläne und Zwecke willen, diesen allein wirksamen Weg<br />

eingeschlagen:<br />

Die zahllosen Gedanken und Ideen müssen gewisserart nur in allerartig<br />

kleinsten geistigen Teilchen sukzessive freier und freier gemacht werden,<br />

aber dabei dennoch lange von irgend einer Hauptidee Gottes, die da<br />

erscheinlich als ein Weltkörper im endlosen Gedanken- und Ideenraume<br />

als gefestet schwebt, angezogen und gehalten werden, bis sie nach und<br />

nach ihrer Gleichartigkeit nach sich mehr und mehr zusammenfinden und<br />

so in eine immer größere Wesenheit bis zum Menschen hin übergehen.<br />

Solche von <strong>der</strong> totalen Hauptidee (dem Weltkörper) freier und freier<br />

gelassenen Teilchen sowie die noch nicht frei gelassenen, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong>


14 Das Wie<strong>der</strong>sehen im großen Jenseits<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Hauptidee noch festgehaltenen Teile heißen bis zum Menschen hinan<br />

„Naturgeister“. Diese freieren Naturgeister - o<strong>der</strong> Naturkräfte, wie es die<br />

Weltgelehrten nennen - befinden sich als schon selbsttätig entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Luft, im Wasser o<strong>der</strong> im weicheren Erdreiche und locken da die noch hart<br />

gefangenen Geister in die Freiheit heraus, vereinigen sich mit ihnen und<br />

bilden dadurch, dass sie sich mit den noch unfreieren Geistern umhüllen,<br />

allerlei Lebensformen: zuerst Pflanzen, aus diesen Tierchen und Tiere<br />

größerer und größter Art - bis zum Menschen hin, wo sie als Seele und<br />

auch - dem unfreieren, noch groben Teile nach - als dessen Leib dann erst<br />

durch Gottes Urwesen Selbst, nun schon zur Genüge zur vollfreien<br />

Selbständigkeit reif, wie<strong>der</strong> ergriffen und förmlich - aber anfangs noch<br />

immer wie von außen her - für den folgenden reingeistigen, ewig<br />

dauernden Zustand durchgeschult und geübt werden.<br />

Die dann ein solches Durchschulen sich gefallen lassen und also<br />

freiwillig in die Ordnung eingehen, in <strong>der</strong> ihr ewig selbständiger, freiester<br />

Lebenszustand allein möglich ist, - diese kommen dann auch zum großen<br />

Wie<strong>der</strong>sehen Dessen, aus dem sie hervorgegangen sind. Sie werden sehen,<br />

wie und woher und durch Wessen Macht und Weisheit und unwandelbare<br />

Beharrlichkeit sie vom eigentlichen Nichtsein ins vollste, freieste und<br />

selbständige Sein und Erkennen gekommen sind.<br />

Zugleich aber, weil mit ihrem Urgrunde ein und dieselbe Wesenheit,<br />

werden sie auch selbst auf die gleiche Weise zu ihrer großen Beseligung<br />

aus ihrer nun höchsteigenen, aber <strong>der</strong> göttlichen völlig gleichen Weisheit<br />

neue Schöpfungen ins Werk setzen und sonach ganz in Meiner Ordnung<br />

Schöpfer ihrer höchsteigenen Himmel sein, wodurch sie dann zum<br />

realisierten Wie<strong>der</strong>sehen aller ihrer Gedanken und Ideen gelangen werden.<br />

Und das alles wird dann ein großes, ewig dauerndes realisiertes<br />

Wie<strong>der</strong>sehen sein in <strong>der</strong> endlosen Fülle alles dessen, was ein göttlicher<br />

Geist ewig unerschöpflich in sich birgt. Und das ist dann erst das<br />

vollkommene, große Wie<strong>der</strong>sehen!<br />

Ich meine nun, wer da Augen hat zum Sehen und Ohren zum Hören,<br />

<strong>der</strong> wird daraus zu seinem ewigen Vorteil unbeschreibbar vieles schöpfen<br />

können zur vollen Erkenntnis des geistigen Lebens.<br />

Wer es aber nur lesen wird aus einer Art Neugierde und wird daran<br />

legen die Feile seines Weltverstandes, dem wird es einst gerade also<br />

ergehen, wie es in dieser Beschreibung zu lesen ist. Denn Mein Erbarmen<br />

kann und darf sich nicht und nie über die Schranken Meiner nun aus dem<br />

Fundamente gezeigten unwandelbaren Ordnung erstrecken. Denn diese<br />

Ordnung ist an und für sich schon Meine ewige Erbarmung.<br />

Wer aber über die Schranken dieser Ordnung tritt, <strong>der</strong> wird nur sich


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Morgendank<br />

15<br />

selbst einen überaus langen, unglückseligsten Zustand jenseits zuzuschreiben<br />

haben. Denn es muss ein je<strong>der</strong> sich selbst gestalten, so er sein<br />

will das, was er sein soll. Will jemand sich diese Mühe nicht nehmen, so<br />

muss er dann auch so lange im ewig notwendigen Gerichte verharren, bis<br />

er sich selbst zu umstalten anfangen wird, was die Seele einen harten<br />

Kampf kosten würde!<br />

Hüte sich daher ein je<strong>der</strong> von euch vor (eigensüchtigem Trachten nach)<br />

irdischen Gütern, Reichtum, Glanz und Ansehen, sei aber nach seinen<br />

Kräften reichlich mildtätig gegen seine ärmeren Brü<strong>der</strong> und Schwestern,<br />

so wird ihm <strong>der</strong> Kampf mit <strong>der</strong> Finsternis ein leichter sein. Amen.<br />

Das sagt <strong>der</strong> Herr allen Lebens zu euch allen. Amen. Amen. Amen.“<br />

(Jakob <strong>Lorber</strong> - Jenseits <strong>der</strong> Schwelle - Anhang)<br />

<br />

Morgendank<br />

„O liebevollster, heiliger Vater, Dir danken wir, Dich lieben wir, Dich<br />

loben wir! Wie unaussprechlich gut bist Du, o heiliger Vater! Dir sei alle<br />

Ehre, alles Lob, aller Preis, aller Dank, alle Liebe, aller Ruhm und alle<br />

Anbetung!<br />

Entziehe uns, die wir uns Deine Kin<strong>der</strong> nennen, aber eigentlich nur<br />

lauter Sün<strong>der</strong> sind, Deine Erbarmung, Deine heilige Liebe und Deine<br />

heilige Gnade nicht! Segne uns, rühre uns und führe uns, schärfe unsere<br />

Sinne, und unsere harten Herzen erweiche, dass sie lieblich sein möchten<br />

wie Honig und Wachs, und erweitere unsere enge Brust, dass sie stets<br />

mehr und mehr aufnehmen könne <strong>der</strong> wahren Liebe aus Dir, o heiliger<br />

Vater!<br />

Gib uns auch den Segen, dass wir dadurch vermöchten, Dir allein<br />

wohlgefällig Deinen heutigen heiligen Sabbat zu feiern! Und so Du,<br />

heiliger Vater, in uns noch sehr viele und große Makel entdecken wirst und<br />

schon sicher jetzt entdeckst, wie Du sie schon entdeckt hast von Ewigkeit<br />

her, dann züchtige in Deiner Liebe, Erbarmung und Gnade uns und mache,<br />

dass wir Dich würdiger möchten ,Vater‘ heißen und Dich dann auch mit<br />

reinerem Herzen lieben und mit reinerer Zunge preisen!<br />

O Du guter, lieber Vater, sei und bleibe uns ewig <strong>der</strong>selbe heilige,<br />

liebe, gute Vater, <strong>der</strong> Du uns es warst schon von Ewigkeit her; aber nicht<br />

nur uns, die wir hier zugegen sind, son<strong>der</strong>n allen unseren Kin<strong>der</strong>n und<br />

auch spätesten Nachkommen sei und bleibe es ewig! Amen. Dein heiliger<br />

Wille. Amen. Deine Liebe, Erbarmung und Gnade. Amen!“ (HGt.1; 167,4-7)


16 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Die Burg des Melchisedek<br />

Peter Keune<br />

Die Werke des Herrn durch Jakob <strong>Lorber</strong> sind schon äußerlich so<br />

vielfältig, dass man ihren Inhalt kaum erfassen kann. Und doch stellt diese<br />

äußere Ebene nur einen Bruchteil dessen dar, was uns mit <strong>der</strong><br />

Neuoffenbarung wirklich gegeben wurde. Ich sehe dabei das himmlische<br />

Jerusalem, das ein entsprechendes Bild <strong>der</strong> Lehre des Herrn ist, und die Er<br />

uns in bisher nie geahnter Tiefe durch Emanuel Swedenborg und Jakob<br />

<strong>Lorber</strong> geschenkt hat. Der äußere Wortsinn <strong>der</strong> Bücher ist mit den Mauern<br />

um die Heilige Stadt zu vergleichen. In die Mauern sind die<br />

verschiedensten Edelsteine eingearbeitet, welche auf himmlische und<br />

geistige Lebenswahrheiten hinweisen. Aber erst im Inneren zeigt die Stadt<br />

ihre ganze Schönheit. Denken wir nur an den goldenen Marktplatz, die<br />

gläsernen Straßen o<strong>der</strong> das immerwährende Licht, das in ihr leuchtet. Von<br />

außen betrachtet ist das Innere <strong>der</strong> Stadt durch die sie umgebende Mauer<br />

verborgen. Und so ist es mit jeglicher Gabe des Herrn, wie z.B. auch mit<br />

den Büchern, die vor uns wie auf einem „Gabentisch“ ausgebreitet liegen.<br />

Nach außen sind es Bücher wie an<strong>der</strong>e, auf vielen Seiten sind erhebende<br />

und belehrende Erklärungen, Darstellungen und Geschichten nie<strong>der</strong>geschrieben,<br />

innen jedoch liegt das Beson<strong>der</strong>e verborgen, nämlich <strong>der</strong><br />

geistige und himmlische Sinn. Denn die Begebenheiten, Orte und vor<br />

allem Namen drücken auf einer tieferen Sinnebene innere Zustände und<br />

Verhältnisse <strong>der</strong> Menschen auf ihrem geistigen Entwicklungsweg aus.<br />

Diese Zusammenhänge können wir uns nicht selbst erschließen,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> himmlische Vater macht uns Schritt für Schritt zur Aufnahme<br />

bereit. Die äußeren Begebenheiten, die in den Texten geschil<strong>der</strong>t werden,<br />

sind wie die oben erwähnten Edelsteine in <strong>der</strong> Mauer des himmlischen<br />

Jerusalems, <strong>der</strong>en eigentliches Feuer <strong>der</strong> Leser erst erkennt, wenn er sich<br />

dieser verborgenen Ebene öffnet. Je<strong>der</strong> wird aus <strong>der</strong> Fülle des gebotenen<br />

Lichtes das ihm Entsprechende finden. Und Licht muss sein, damit die<br />

Edelsteine erstrahlen können. Das Licht des wahren Lebens ist unser<br />

himmlischer Vater Selbst, <strong>der</strong> Sein Wort bei uns allen „in das rechte<br />

Licht“ rücken muss. Auch wir Menschen können als Edelsteine betrachtet<br />

werden, gewissermaßen als Rohedelsteine, die noch zu Diamanten und<br />

an<strong>der</strong>en schön glänzenden Steinen geschliffen werden sollen. Unbearbeitet<br />

sind Edelsteine eher unansehnlich, nur <strong>der</strong> Kenner ist in <strong>der</strong> Lage, ihren<br />

Wert einzuschätzen. Erst <strong>der</strong> Edelsteinschleifer bringt sie in ihre, ihnen<br />

entsprechende, optimale Form. Je besser er dieses Handwerk versteht,<br />

desto schöner werden die Steine geschliffen und desto großartiger


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

17<br />

entsprüht aus ihnen das himmlische Feuer. Ein Fachmann weiß genau, wie<br />

er jedem Stein sein ihm eigenes Feuer entlocken kann. Der Herr Selbst ist<br />

<strong>der</strong> unübertroffene Meister aller Meister im Schleifen des Rohlings zum<br />

hellsprühenden Diamant o<strong>der</strong> Rubin.<br />

Und so wollen wir einen schönen „Stein“ aus <strong>der</strong> schützenden Mauer<br />

des Buchstabens unserer Schriften herausnehmen und näher betrachten.<br />

Die Begebenheit um „die Burg des Melchisedek“ ist ein solches<br />

Kleinod. Wir finden diese im 55. bis 62. Kapitel des 10. Bandes des<br />

„Großen Evangelium Johannes“.<br />

Wir wollen uns zunächst einmal mit <strong>der</strong> äußeren Handlung bekannt<br />

machen.<br />

Der Herr begibt sich mit den Seinen, 40 an <strong>der</strong> Zahl, nach Abila, einer<br />

größeren Stadt im Golan, heute in Jordanien gelegen. Diese Stadt war fast<br />

nur von Heiden-Griechen bewohnt. Nur zehn Judenfamilien lebten noch<br />

zurückgezogen außerhalb <strong>der</strong> Stadt in einem sehr alten Gemäuer. Im<br />

Übrigen waren sie mehr o<strong>der</strong> weniger zu Sklaven <strong>der</strong> Griechen geworden.<br />

Ihre eigene Lehre, also die des Judentums, hatten sie nur noch vage im<br />

Gedächtnis. Kaum dass sie danach lebten. Noch nicht einmal eine<br />

Synagoge gab es dort, wo die Bücher Mose gelesen und ausgelegt werden<br />

konnten. Das Gemäuer, das ihnen als Wohnung diente, war schon sehr<br />

zerfallen. Obwohl in ihm eigentlich viele Zimmer angelegt waren, hatte die<br />

kleine Gemeinschaft nur noch einen einzigen einigermaßen brauchbaren<br />

Raum zur Verfügung, während alle an<strong>der</strong>en <strong>der</strong>artig verwüstet waren, dass<br />

Unkraut in ihnen wuchs und vor allem Schlangen, Skorpione und an<strong>der</strong>es<br />

Geschmeiß darinnen hauste.<br />

Der Herr kam nun mit seinen Jüngern in diese Stadt und wollte partout<br />

in diese desolate Behausung einkehren. Keine Einwände des römischen<br />

Stadtobersten halfen, denn <strong>der</strong> Herr war hauptsächlich dieser Juden wegen<br />

in die Stadt gekommen. Die vom Obersten herbeizitierten Betroffenen<br />

argumentierten, dass sie zudem auch nichts anzubieten hätten, denn ihre<br />

Speisekammern wären leer. Als alles Sträuben nichts mehr half, sagten sie:<br />

„Ja, ja, er komme nur, wie es ihm beliebt! So er dasein wird, da wird er sich<br />

wohl von allem selbst überzeugen, wie es mit uns steht.“ Und <strong>der</strong> Herr<br />

antwortete: „Freund, erspare dir die Rede, da Ich ja schon lange um gar<br />

alles weiß! Ich bin aber ja . . . eben darum zu ihnen gekommen“.<br />

Die Räume waren wirklich in dem bezeichneten Zustand, zudem<br />

offenbarten die zerrissenen Klei<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bewohner ihren gänzlich verarmten<br />

Zustand. Der Herr ging mit <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> durch die kaum noch<br />

begehbaren Räume. Im letzten Raum wendete Er sich zu dem Obersten <strong>der</strong>


18 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Juden und sagte: „Nun sollst du die Macht Gottes in Mir, auch ein<br />

Menschensohn dem Fleische nach, kennenlernen!“ Wir können uns<br />

denken, wie verständnislos die armen Leute den vermeintlichen Gast<br />

anblickten. Kurz zusammengefasst: Indem <strong>der</strong> Herr nun wie<strong>der</strong> mit ihnen<br />

zum Ausgangspunkt zurückging, war je<strong>der</strong> Raum völlig im alten Glanze<br />

wie<strong>der</strong> hergestellt, kein Geschmeiß war mehr zu sehen, die ganze Burg<br />

konnte sofort bewohnt werden. Darüber waren die Bewohner <strong>der</strong>artig<br />

verwun<strong>der</strong>t, dass sie die Hände über dem Kopf zusammenschlugen und<br />

meinten, solches wäre nur Gott Selbst, aber keinem Menschen möglich!<br />

Ihre Worte lauteten: „Das kann nur dem möglich sein, <strong>der</strong> Himmel und<br />

Erde geschaffen hat, darum Dir, o großer Gott, alles Lob, <strong>der</strong> Du dem<br />

Menschen eine solche Macht gegeben hast.“ – Bald lernten sie den Herrn<br />

tatsächlich als das, was Er ist, kennen.<br />

Als ihnen <strong>der</strong> Herr vollends als Gott und Heiland bekannt war, wollte<br />

Er nun auch die Speisekammern inspizieren, in denen nichts als etwas<br />

verschimmeltes Brot vorgefunden wurde. Unmittelbar darauf waren die<br />

Speisekammern jedoch, wie zuvor die Wohnräume, wun<strong>der</strong>bar<br />

verwandelt. Sie waren mit allem angefüllt, was Menschen zur Stillung<br />

ihres Hungers und Durstes vonnöten haben. Die Juden konnten lange vor<br />

Staunen nicht reden. –<br />

Hier erleben wir etwas von <strong>der</strong> Fülle, die uns <strong>der</strong> himmlische Vater<br />

schenkt, wenn wir aufnahmebereit sind. - Über die große Überraschung ob<br />

des neuerlichen Wun<strong>der</strong>s stellte sich dann aber die Frage, wie die Speisen<br />

zubereitet werden sollten, d.h. nach einem des Kochens Kundigen, sowie<br />

nach Brennholz und Feuer. Seit Jahren schon hatten sie nicht mehr kochen<br />

können!<br />

Auch da half <strong>der</strong> Herr und fragte weiter: „In dieser Burg befindet sich<br />

ja auch ein großer, aus Basaltsteinen gemauerter Keller! Hast du diesen<br />

noch niemals entdeckt und gesehen?“ Die Hausbewohner wussten wohl<br />

von einem Keller, aber <strong>der</strong> Eingang war so unzugänglich, dass sie dorthin<br />

niemals vorgedrungen waren. Und nun for<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Herr sie zu einem<br />

Besuch dieses Gewölbes auf. Von <strong>der</strong> Küche führte ein mit Säulen<br />

verzierter Gang bis an eine große Basalt-Tür. Mit Leichtigkeit öffnete <strong>der</strong><br />

Herr die schwere Tür und eine breite Treppe kam zum Vorschein, die in<br />

die Kellerräume hinunterführte. Die Räume waren mit Weinfässern sowie<br />

vielen Schränken und Regalen angefüllt, in denen Gold- und Silberpokale<br />

standen, sowie auch irdene Krüge und <strong>der</strong>gleichen. Nun hieß <strong>der</strong> Herr sie<br />

die Fässer öffnen. Der Hahn am Spund ließ sich leicht aufdrehen und sie<br />

zapften wun<strong>der</strong>bar duftenden Wein. Der Herr klärte sie nun über dieses


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

19<br />

Gemäuer auf. Es sei einst die Burg des Königs und Hohenpriesters<br />

Melchisedek gewesen, <strong>der</strong> von hier aus die Völker regierte. Diesen hier in<br />

Fässern ruhenden Wein habe Er Selbst als <strong>der</strong> damalige und heutige,<br />

wahre Melchisedek, bis zu diesem Zeitpunkt erhalten. Es sei noch <strong>der</strong><br />

damals eingelagerte Zehntwein, <strong>der</strong> von den Königen dem obersten König<br />

und Oberpriester Melchisedek als Tribut dargebracht worden war. Wir<br />

erinnern uns an den biblischen König Melchisedek, <strong>der</strong> Abram segnete, als<br />

dieser seinen Neffen Lot aus <strong>der</strong> Gefangenschaft freigekämpft hatte und<br />

nun Brot und Wein zu dessen Stärkung reichte.<br />

Der Herr sagte dann zu dem Ältesten <strong>der</strong> Juden: „Der Herr Judas und<br />

Israels bin Ich Selbst. Ich komme erneut in meine alte Burg, um sie euch<br />

zu öffnen und neu zu erschließen, auf dass ihr wie<strong>der</strong> lebendig werdet und<br />

euch am Überfluss meiner Gaben labt, d.h. eure alte Lehre, die ihr so<br />

verwahrlost habt, wie<strong>der</strong> neu belebt. Denn ihr wart selbst schuld an eurem<br />

Unglück, da ihr lau wart und euch von <strong>der</strong> Welt habt ziehen lassen und zu<br />

Sklaven geworden“.<br />

Nun wurden die Krüge mit Wein in den ebenfalls neu hergerichteten<br />

Speisesaal nach oben getragen, wo bereits zwei Tische mit reinstem<br />

Byssus (weißem Leinen) bedeckt bereitstanden. 100 Leuchter waren<br />

aufgestellt worden und alles versammelte sich zum Abendessen, wo <strong>der</strong><br />

Wein aus goldenen, silbernen und irdenen Krügen getrunken wurde. Das<br />

Brot kam aus dem neu entstandenen Vorrat <strong>der</strong> Speisekammer.<br />

Soweit diese äußere Begebenheit.<br />

Diese mirakelhaft klingende Geschichte findet bereits im Text eine<br />

Aufschlüsselung, die wir aber mit Hilfe <strong>der</strong> Entsprechungslehre noch<br />

vertiefen wollen. Es kommt dabei nicht nur auf die Geschichte als solche<br />

an, son<strong>der</strong>n vor allem, welche Worte gebraucht werden. Die in den Bil<strong>der</strong>n<br />

liegenden Wahrheiten machen erst den eigentlichen „Schliff“ aus.<br />

Swedenborg weist darauf hin, dass <strong>der</strong> Herr nie an<strong>der</strong>s als in<br />

Entsprechungen mit uns (und den Engeln) kommunizieren kann. Was Er<br />

uns hier durch seinen „Schreibknecht“ Jakob <strong>Lorber</strong> geschenkt hat, könnte<br />

vielleicht erst einmal wie die romanhafte Erzählung einer regen Phantasie<br />

erscheinen. Die äußeren Geschichten sind jedoch nur die Hülle für eine<br />

verborgene Seite. Wenn man diese Einkleidung durchdringt und sie mit<br />

den Augen des Herzens lesen lernt, erkennt man zunächst den Geber auf<br />

eine ganz an<strong>der</strong>e Art und wird Ihm mehr und mehr in Liebe zugetan. Im<br />

weiteren Verlauf des Lesens, Fühlens und Denkens eröffnen sich durch die<br />

erworbenen Kenntnisse <strong>der</strong> Entsprechungen auch tiefere geistige<br />

Wahrheiten.


20 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Wir wollen jetzt unseren Text mit Hilfe <strong>der</strong> Entsprechungslehre etwas<br />

näher beleuchten. Hierbei sei gleich vorangestellt, dass die Burg des<br />

Melchisedek für unsere Herzens- und Glaubensburg steht, welche als<br />

Lebenswohnung <strong>der</strong> Liebe und Erbarmung Gottes für die Seelen Seiner<br />

Kin<strong>der</strong> nahezu völlig unbrauchbar geworden war.<br />

Die Stadt stellt immer eine Ansammlung von Lehrgebäuden dar,<br />

welcher Art auch immer. Eine Burg steht für sich, meist auf einer Höhe<br />

gelegen. Es handelt sich also um etwas Herausgehobenes, Beherrschendes.<br />

Wir wissen, dass im wie<strong>der</strong>geborenen Zustand <strong>der</strong> Herr Selbst unser Leben<br />

führt und leitet. Seine Lehre, die Ordnung Gottes, ist dann das<br />

Bestimmende unseres Lebens. Aber wie sieht Seine Burg/Sein Haus/Sein<br />

Tempel im einzelnen Menschen, wie in <strong>der</strong> gesamten Menschheit schon zu<br />

Seiner Zeit und beson<strong>der</strong>s heute aus? Gerade weil uns <strong>der</strong> himmlische<br />

Vater wie<strong>der</strong> lebendig machen will, legt Er Selbst Hand an, um Seine<br />

Wohnstätte wie<strong>der</strong> herzustellen. Und so heißt es gleich eingangs: „...auch<br />

diese Stadt war zumeist von Heiden bewohnt. Nur zehn jüdische Familien<br />

hatten in dieser Stadt ein sehr untergeordnetes Unterkommen und mussten<br />

den Heiden dienen und von ihnen leben. Alle zehn Familien hatten nur ein<br />

uraltes, ruinenartiges Haus zu bewohnen. Und sie hatten daher in dieser<br />

Stadt keine eigene Herberge und keine Synagoge“ -. Die Zehn ist immer<br />

das Ganze im Natürlichen, das heißt in diesem Falle, <strong>der</strong> ganze noch in uns<br />

verbliebene Rest <strong>der</strong> früher einmal angelernten Glaubenswahrheiten. Alles<br />

an<strong>der</strong>e sind Heiden, also Zustände <strong>der</strong> Verweltlichung, wobei die Religion<br />

eine ganz untergeordnete, und dem Wohlleben völlig dienende Funktion<br />

hat. Und sie haben auch keinen Lehrraum mehr, also keine Synagoge,<br />

heißt: keinen Unterricht in <strong>der</strong> Lehre Gottes. Wenn Gott hier nicht Selbst<br />

eingreifen würde, ginge alles Geistige bald gänzlich zugrunde.<br />

Der Herr kommt mit vierzig Jüngern, die in diesem Haus ein<br />

Unterkommen finden sollen - was hier auf diejenigen Versuchungen<br />

hindeutet, die mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt einhergehen. Denn Vierzig ist die Zahl<br />

<strong>der</strong> Versuchungen. Die Ankunft des Herrn stellt für den natürlichen<br />

Menschen immer eine Art Anfechtung dar, da man dann seinen eigenen<br />

desolaten Zustand offenlegen und ein neues Leben beginnen muss. Daher<br />

wird zunächst abgewehrt: „Alte zerfallene Zimmer wären wohl noch zur<br />

Genüge da, aber wer mag darin wohnen? Kröten, Nattern, Salaman<strong>der</strong>,<br />

Skorpione gibt es zur Übergenüge darin, und da kann man doch keinen<br />

Menschen hineintun. Was aber unser Zimmer betrifft, da haben wir ja<br />

kaum hinreichenden Raum zur Wohnung, beson<strong>der</strong>s zur Nachtzeit.“ Was<br />

bedeutet hier „Nachtzeit“? Die geschil<strong>der</strong>ten Juden, die als Israeliten den


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

21<br />

religiösen Bereich in jedem Menschen, wie auch <strong>der</strong> gesamten<br />

Menschheit, verkörpern, haben zur Nachtzeit – wenn also Mangel an<br />

(geistigem) Licht herrscht - beson<strong>der</strong>s wenig Raum, da in diesem Zustand<br />

das Lebenszentrum mit allerlei Arten von Geschmeiß (dem Bösen und<br />

Falschen <strong>der</strong> Welt) angefüllt ist. Denn wenn kein Licht mehr da ist, wenn<br />

die Welt in <strong>der</strong> Seele überhand nimmt und es in ihr finster wird, brauchen<br />

wir ja gerade einen bergenden Raum: Religion, o<strong>der</strong> doch wenigstens<br />

Glauben! Und dieser kleine Überrest des Glaubens an Gott Jehovah<br />

entsprach dem einen halbwegs brauchbaren Raum. Halbwegs, weil es nur<br />

ein überlieferter und nicht gelebter Glaube war. Und nun kommt <strong>der</strong> Herr,<br />

um aus diesem Rest wie<strong>der</strong> alles neu erstehen zu lassen!<br />

Nun wurde aber auch noch auf die zerschlissenen Klei<strong>der</strong> hingewiesen.<br />

Auch Klei<strong>der</strong> stellen die Lehre dar. Warum einmal als „Stadt“ und einmal<br />

als „Klei<strong>der</strong>“? In einer Stadt wohnen viele Menschen zusammen, sie<br />

symbolisiert die allgemeine Lehre, wie z.B. die Glaubensverfassung <strong>der</strong><br />

evangelischen o<strong>der</strong> katholischen Kirche. Klei<strong>der</strong> jedoch zieht je<strong>der</strong> für sich<br />

nach seinem persönlichen Geschmack (Einstellung) an. Wir denken hierbei<br />

z.B. an die Jenseitswerke Jakob <strong>Lorber</strong>s, wie oft dort Klei<strong>der</strong> gewechselt<br />

werden. In den Werken „Von <strong>der</strong> Hölle bis zum Himmel“ o<strong>der</strong> „Bischof<br />

Martin“ bekamen die handelnden Personen nach jedem Zustandswechsel<br />

neue Klei<strong>der</strong>. Passgenau! Es ging dabei nicht um Hexerei o<strong>der</strong> blumige<br />

Ausschmückungen, son<strong>der</strong>n um geistige Entsprechungen gewandelter<br />

Glaubenseinstellungen.<br />

Nach <strong>der</strong> völligen Offenlegung ihres elenden Zustandes gab <strong>der</strong> Herr<br />

eine Erklärung zu den Ursachen dieser Entwicklung:<br />

„Ihr seid zum großen Teil selbst schuld an eurem Elend. Denn durch<br />

die Trägheit und durch so gar kein Vertrauen auf Gott, dem alleinigen<br />

Herrn und Geber aller guten Gaben, kommt kein Mensch auf einen grünen<br />

Zweig auf dieser Erde. Solange ihr noch Mittel und Kräfte hattet, da tatet<br />

ihr nichts zur Ausbesserung eures alten Hauses, ließet auch Jehova einen<br />

guten Herrn sein und machtet euch mit <strong>der</strong> blinden Lehre <strong>der</strong> griechischen<br />

Weisen vertraut, durch die ihr dann erst ums Vielfache elen<strong>der</strong> geworden<br />

seid, als ihr es je zuvor einmal waret. Nun seid ihr gar zu Sklaven <strong>der</strong><br />

Heiden geworden und müsset euch von ihnen für schwere Arbeiten ein<br />

karges Brot erbetteln, als dass ihr zu ihnen sagen könnt: Wir haben es uns<br />

im Schweiße unseres Angesichtes verdient!“<br />

„Sklaven <strong>der</strong> Heiden“ heißt hier, die geistigen Lehren als so gering<br />

achten, dass <strong>der</strong> wahre innere Mensch nicht mehr anerkannt ist,<br />

geschweige noch geistige Nahrung findet. Denken wir nur an die absurden


22 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Auslegungen <strong>der</strong> Bibel durch die kritische Theologie, und welche geistige<br />

Nährkraft – mit ihren Augen gesehen - heute noch vom Worte Gottes<br />

übriggeblieben ist. Bei den meisten Christen bleibt im Höchstfall <strong>der</strong><br />

krampfhaft aufrecht erhaltene äußere Kirchenglaube, ähnlich des einzig<br />

verbliebenen Zimmers in <strong>der</strong> Burgruine. Wie viele von uns sind Sklaven<br />

<strong>der</strong> herrschenden Weltmeinung geworden. „Denn es ist schwer denen zu<br />

dienen, die an keinen Gott und an kein Fortleben <strong>der</strong> Seele nach dem Tode<br />

des Leibes und somit auch an keine Wie<strong>der</strong>vergeltung im großen Jenseits<br />

glauben, und somit auch keine Nächstenliebe haben und sogar Feinde ihres<br />

eigenen Lebens sind. Nun in eurer größten Not habet ihr angefangen, des<br />

alten Jehova zu gedenken und bei ihm Hilfe zu erflehen. Und das hat Mich<br />

auch bewogen zu euch zu kommen.“<br />

Erst in <strong>der</strong> größten Not, wenn die Sehnsucht nach einer Verbesserung<br />

unseres Zustandes vorherrschend wird, kommt <strong>der</strong> Herr, um unser<br />

hinfälliges (Glaubens-) Gebäude aufzurichten. Er tritt Selbst in die von<br />

Geschmeiß (mit dem eingenisteten Falschen und Bösen) besetzten Räume<br />

ein, und stellt dort die alte Ordnung wie<strong>der</strong> her. Dies mag auch ein Trost<br />

für diese Zeit sein, in <strong>der</strong> die geistige Not immer stärker zunimmt. „Ich<br />

komme euch zu helfen im Angesicht <strong>der</strong> vielen gar zu stockblinden<br />

Heiden, die wegen ihres Diogenes den Glauben an ihre Götter haben<br />

fahren lassen, auf dass sie merken, dass <strong>der</strong> alte Gott noch lebt und denen<br />

hilft, die an Ihn glauben, Sein Gebot erhalten und von Ihm die rechte Hilfe<br />

im wahren und ungezweifelten Vertrauen erwarben.“<br />

Wie gesagt, auch in <strong>der</strong> heutigen Zeit sind wir wie<strong>der</strong> an dem Punkt<br />

angelangt, wo <strong>der</strong> Herr Selbst Hand anlegen muss, um unser Glaubensgebäude<br />

neu aufzurichten. Den <strong>der</strong>zeitigen glaubensarmen Zustand hat <strong>der</strong><br />

Herr längst im Voraus gewusst und das Gegenmittel schon vor 150 Jahren<br />

in Form dieser Werke gegeben, eingedenk <strong>der</strong> langen Zeit seiner<br />

Verbreitung. Die Neuoffenbarung ist das Himmelsbrot für die Suchenden<br />

in <strong>der</strong> verwüsteten Speisekammer des Geisteslebens. „Und dann wollen<br />

wir immer wie<strong>der</strong> prüfen, wie viel Vorrat sich in den Speisekammern noch<br />

befindet.“<br />

Wie gesagt, ging <strong>der</strong> Herr durch die Gemächer bis zum letzten Raum.<br />

Von dort begann Er, alles wie<strong>der</strong> neu zu beleben. „Als wir uns aber im<br />

äußersten und letzten Gemach befanden, da sagte Ich: ’Nun sollt ihr die<br />

Macht Gottes in Mir, auch einem Menschensohn dem Fleische nach,<br />

kennen lernen! Siehe, über Mauertrümmer, Säulenstücke, Dorngestrüpp<br />

und allerlei Geschmeiß sind wir bis zu diesem Gemach vorgedrungen, und<br />

durch königlich gezierte, wohlgeschmückte und mit allem versehene


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

23<br />

Gemächer werden wir unseren Rückzug machen, in denen sich wohl<br />

übernachten lassen wird. Ich will es, also sei es!‘ Als Ich dies also<br />

ausgesprochen hatte, war das ganze Haus schon umgewandelt, und als wir<br />

darauf alle Zimmer und Gemächer durchzogen, da war auch nicht ein<br />

Schadhaftes irgend mehr zu entdecken.“<br />

Was bedeutet <strong>der</strong> letzte Raum? Dieser ist das äußere Verständnis des<br />

göttlichen Wortes bei den Menschen, das äußerste und letzte von Gott aus<br />

gesehen, die materielle, buchstäbliche Lesart <strong>der</strong> Bibel. An diesem<br />

Buchstaben wird die Kehrtwendung eingeleitet, wird wie<strong>der</strong> hergestellt,<br />

was verwüstet wurde.<br />

Wir können nochmals das Beispiel <strong>der</strong> kritischen Theologie<br />

heranziehen: Der Wahrheitsgehalt <strong>der</strong> (buchstäblich genommenen)<br />

Heiligen Schrift wird heute auf Grund <strong>der</strong> vielen offensichtlichen<br />

Wi<strong>der</strong>sprüche von <strong>der</strong> kritischen Theologie völlig verworfen. Als<br />

Menschenwort eingestuft, misst man <strong>der</strong> Bibel keinen göttlichen Wert<br />

mehr zu und versucht sie mehr und mehr wissenschaftlich „richtig“ zu<br />

stellen. Diese Kritiker kennen keine Entsprechungslehre und göttliche<br />

Symbolik, da ihnen Gott fremd geworden ist. Mit diesem Vorzeichen kann<br />

auch das Heilige <strong>der</strong> Bibel nicht mehr wahrgenommen werden und hat<br />

jegliche Bedeutung als „lebendiges Wasser“ verloren. Sie ist damit zu<br />

einer toten Hülle ihrer selbst geworden. Unsere Geschichte gibt von<br />

diesem Zustand Zeugnis, da bei den Juden aus Abila keine Bereitschaft<br />

vorhanden war, den inneren göttlichen Sinn <strong>der</strong> Schrift ernsthaft zu<br />

erforschen. Deshalb wurde gesagt: Es „waren auch keine Synagogen in<br />

dieser Stadt“. Erst durch den Herrn wurden die Ursachen <strong>der</strong> Situation als<br />

solche offenbar. Mit Ihm zeigen sich erst die wahren Verhältnisse <strong>der</strong><br />

Dinge. Dies trifft auch auf die Heilige Schrift zu. Wir erkennen, dass alles<br />

in den Schriften bis auf jeden einzelnen Buchstaben, jedes Jota, stimmig<br />

ist. Uns hat die Neuoffenbarung und die Werke Swedenborgs die Augen<br />

geöffnet: Der unbekannte Gott – unser Vater! Die Heiligkeit <strong>der</strong> Schrift<br />

durch die Entsprechungslehre bestätigt! Die jenseitigen Welten aufgetan<br />

und damit die Angst vor dem Tod besiegt! Deshalb sagten die Juden: „Das<br />

kann nur Dem möglich sein, <strong>der</strong> Himmel und Erde geschaffen hat. Darum<br />

Dir, o großer Gott, alles Lob, <strong>der</strong> Du dem Menschen eine solche große<br />

Macht gegeben hast. Ja, das kann doch nur ein Gott gemacht haben.“<br />

Wir sprachen von <strong>der</strong> Kehrtwendung im letzten Raum, <strong>der</strong> nur über<br />

Mauertrümmer, Säulenreste und Dornengestrüpp erreichbar war. „Mauertrümmer,<br />

Säulenstücke, Dorngestrüpp“ sind ebenfalls Entsprechungen für<br />

Geistiges. Mauern sind die äußeren Wahrheiten <strong>der</strong> Lehre, und Säulen sind


24 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

die Verbindungen und Stützen <strong>der</strong> Geschosse, was hier <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong><br />

natürlichen, geistigen und himmlischen Wahrheiten bedeutet. Dornen sind<br />

die Verstrickungen menschlicher Denkweisen. Nun können wir das Bild<br />

schon besser begreifen und sehen die gegenwärtige „Verstrickung“ <strong>der</strong><br />

kritischen Theologie in ihre eigenen Denkvorstellungen. Das Geschmeiß<br />

stellt, wie schon gesagt, das menschlich Böse und Falsche (Eigenliebe,<br />

Hochmut etc.) dar, das unseren Handlungen zugrunde liegt und das<br />

göttliche Wirken in uns behin<strong>der</strong>t, indem es das Herz für Gott<br />

unbewohnbar macht.<br />

Nun kommen wir an eine Stelle, die sehr interessant ist. Der Älteste <strong>der</strong><br />

Juden sagte nämlich: „Herr, dieses Werk wird in <strong>der</strong> Gegend <strong>der</strong> sechzig<br />

Städte ein größtes Aufsehen erregen, sowohl bei den wenigen Juden, wie<br />

auch bei den vielen Heiden sowohl dieser Stadt, als mit <strong>der</strong> Zeit auch in<br />

den an<strong>der</strong>en Städten. Wenn die Menschen von allen Seiten hierher<br />

kommen und sehen werden, dass unser schon so lange verfallenes Haus<br />

auf einmal in eine wahre königliche Burg umgewandelt worden ist, und<br />

werden uns fragen, wie das vor sich gegangen ist, - was werden wir ihnen<br />

dann zur Antwort geben können?“<br />

Und da bekam er vom Herrn zu seiner Beruhigung gesagt: „Darum<br />

sorget euch nicht; denn so ihr vor den Menschen von dieser Tat und von<br />

Mir zu reden genötigt seid, dann wird es euch schon in den Mund gelegt<br />

werden, was ihr zu reden habt!“ Und in einem späteren Gespräch setzt <strong>der</strong><br />

Herr diesbezüglich noch hinzu: „. . . dass aber dieses Wun<strong>der</strong> nicht so bald<br />

als ein solches auch von außen her erkannt werde, so sieht die Burg dem<br />

Außen nach wenig verän<strong>der</strong>t aus, son<strong>der</strong>n nur im Inneren“.<br />

Das heißt hier in <strong>der</strong> Aufschlüsselung: Das äußere Wort bleibt<br />

weitgehend unverän<strong>der</strong>t, aber das Verständnis des geistigen Sinnes wird<br />

wie<strong>der</strong> hergestellt. Der geistig nicht Geweckte sieht die inwendige Pracht<br />

weiterhin nicht, da er nur die Fassade beurteilt. „Die gar zu Zudringlichen<br />

verweiset an den Hauptmann und seine Unterdiener, die alle das Werk mit<br />

angesehen haben, - da werden sie schon die rechte Aufklärung erhalten.“ -<br />

„Die gar zu Zudringlichen“ sind diejenigen geistigeren Menschen, die die<br />

innere Umwandlung an<strong>der</strong>er Menschen bemerken und nun Näheres<br />

erfahren wollen. Der Hauptmann und seine Unterdiener repräsentieren<br />

Eigenschaften in uns, die es ermöglichen, geordnet auf dem geistigen Weg<br />

voranzuschreiten.<br />

Nun wollen wir nochmals in die Speisekammer zurückkehren. Wir<br />

erinnern uns, dass die Juden angesichts <strong>der</strong> vollen Speisekammern lange<br />

vor Staunen nicht reden konnten. Geht es uns nicht auch so, bei <strong>der</strong>


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

25<br />

Überfülle <strong>der</strong> neuen Offenbarung des Herrn? Welche Speisekammer hat<br />

uns <strong>der</strong> Vater geöffnet, aus <strong>der</strong> wir gerade in dieser Zeit <strong>der</strong> höchsten<br />

geistigen Not schöpfen können! Sein lebendiges Wort spricht zu uns,<br />

während alle Welt am fernen Gott zweifelt. Wir können die<br />

Neuoffenbarung nehmen und können sie verkosten als ein köstliches Mahl<br />

<strong>der</strong> Seele, während die Welt nach geistiger Erkenntnis hungert. – Welch‘<br />

eine Fülle in <strong>der</strong> Kammer, in welcher zuvor nur verschimmeltes Brot lag!<br />

Was bedeutet in diesem Zusammenhang „verschimmeltes“ Brot? Brot ist<br />

die nährende Liebe Gottes auf <strong>der</strong> natürlichen Ebene. Diese Liebe gibt Er<br />

uns als lebendig machende Kost. „Verschimmelt“ bedeutet, dass Sein<br />

„Brot“ liegen geblieben und schlecht geworden ist, weil es nicht <strong>der</strong><br />

tätigen Nächstenliebe zugeführt wurde. Deshalb sagt <strong>der</strong> Herr zu den<br />

staunenden Juden: „Der Glaube an Mich ist wohl ein lebendiges Licht aus<br />

den Himmeln, aber erst durch die Werke <strong>der</strong> Liebe. Wie aber ein Licht,<br />

das in <strong>der</strong> Nacht leuchtet, erlischt, so es nicht durch ein stets erneuertes<br />

Hinzutun des Öles genährt wird, ebenso erlischt auch <strong>der</strong> anfangs noch so<br />

ungezweifelte Glaube ohne die steten Werke <strong>der</strong> Liebe. Ich habe durch<br />

dieses mir leicht mögliche Wun<strong>der</strong>werk nicht nur euren völlig gefallenen<br />

Glauben in eurer Seele aufgerichtet, son<strong>der</strong>n auch eure Liebe zu Mir<br />

angefacht. Aus dem Licht dieser wahren, ewigen Lebensflamme habt ihr<br />

dann auch bald und leicht erkannt, wer in Mir zu euch gekommen ist. Weil<br />

ihr das aber so bald und ohne viele Mühe und Predigt erkannt habt, so tut<br />

nun auch danach, dass ihr und eure Nachkommen durch die Werke <strong>der</strong><br />

Liebe in Meinem Namen verbleibet, im lebendigen Glauben!“<br />

„Es sind von dieser alten Glaubensburg wohl noch einige verwitterte,<br />

zerklüftete und zerfallene Wahrheitsreste vorhanden; aber sie taugen nicht<br />

mehr zu einer Lebenswohnung Meiner Liebe und Erbarmung für die<br />

Seelen Meiner Kin<strong>der</strong>, wie sie waren zu den Zeiten des Königs von Salem,<br />

son<strong>der</strong>n nur zur Wohnung solcher, die da in ihrem Gemüte vollends<br />

gleichen dem Geschmeiß, das für lange die Burg vielfach und vielgestaltig<br />

bewohnt hat“.<br />

Salem findet sich in <strong>der</strong> Endsilbe von Jerusalem wie<strong>der</strong>. Jerusalem steht<br />

genau an <strong>der</strong> Stelle, wo sich einst Salem befand. Auf dem Berg Moria, <strong>der</strong><br />

Stätte, auf dem Abraham seinen Sohn Isaak opfern sollte, wurde später<br />

durch Salomo <strong>der</strong> erste jüdische Tempel errichtet. Der Zustand <strong>der</strong> Burg<br />

war sonach auch ein treues Abbild <strong>der</strong> geistigen Verhältnisse, die zur Zeit<br />

Jesu in Jerusalem herrschten.<br />

„So da aber Mein Gericht kommen wird über die Gottlosen zu<br />

Jerusalem und seiner weiten Umgebung und Meine wenigen Treuen die


26 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Flucht ergreifen werden, dann werden sie auch hierher kommen und dann<br />

nehmet sie auf und machet dadurch vollends lebendig den in euch nun neu<br />

erweckten Glauben durch die Werke <strong>der</strong> Liebe in meinem Namen“. Der<br />

Herr baute also schon im Voraus eine Bastion, wo diejenigen Juden nach<br />

<strong>der</strong> Zerstörung Jerusalems eine Zuflucht finden sollten, die für eine höhere<br />

Lehre fähig waren. Diese Juden stellen in <strong>der</strong> Entsprechung ebenfalls die<br />

Überreste aus <strong>der</strong> zerstörten Lehre dar. Sie wurden damals nicht nur nach<br />

Abila, son<strong>der</strong>n auch nach Pella und an<strong>der</strong>e Orte <strong>der</strong> sechzig Städte am<br />

Golan geführt, in denen sie Schulungsstätten zur Erneuerung <strong>der</strong> Religion<br />

vorfanden. Auch heute hat <strong>der</strong> Herr <strong>der</strong> völligen Glaubenslosigkeit<br />

vorgebaut, und Seine Neuoffenbarung wie eine Oase in die Wüste <strong>der</strong><br />

Glaubenslosigkeit gelegt. Auch heute führt Er diejenigen, die Seine neue<br />

Lehre aufnehmen wollen, an die Stellen, wo sie die wahre Speise finden<br />

können.<br />

Die Juden hatten erzählt, dass sie bereits seit Jahren nicht mehr gekocht<br />

und es nun auch gänzlich verlernt hätten. Bezogen auf die Neuoffenbarung<br />

heißt Kochen, im Sinne von Speisen zubereiten Folgendes: Zum Kochen<br />

braucht man Brennholz und Feuer. Bäume stellen höhere, insbeson<strong>der</strong>e<br />

religiöse Erkenntnisse und Holz das daraus abgeleitete Gute dar, während<br />

Feuer <strong>der</strong> Liebe des Menschen entspricht. Die religiösen Erkenntnisse des<br />

Lebens müssen eine Verbindung mit <strong>der</strong> Liebe als Neigung im Menschen<br />

eingehen und so zu einem Handeln aus selbstloser Liebe werden. Es geht<br />

also darum, nicht nur aus Erkenntnis, son<strong>der</strong>n hauptsächlich auch aus<br />

Liebe gut zu handeln. Erst durch den lebendigen Prozess dieser<br />

Verbindung werden die Glaubenswahrheiten zu festen Bausteinen unseres<br />

Lebens und können auch an<strong>der</strong>en hungernden und dürstenden Menschen<br />

zum festen Halt werden, d.h. als Nahrung dienen. In diesem<br />

Zusammenhang sei auf eine vergleichbare Entsprechung hingewiesen. Das<br />

bekannte Emblem des Judensterns, zwei ineinan<strong>der</strong> geschobene Dreiecke,<br />

drückt die gleiche Tatsache aus.<br />

Das Dreieck mit <strong>der</strong> Spitze nach unten stellt einen Wassertropfen<br />

(lebendiges Wasser) dar, wie vom Himmel fallende Wahrheiten, während<br />

das zweite Dreieck mit <strong>der</strong> Spitze nach oben gerichtet, das Feuer <strong>der</strong> Liebe<br />

symbolisiert. Auch hier die Verbindung <strong>der</strong> göttlichen Eigenschaften:<br />

Wahrheit und Liebe.<br />

Wie das Feuer <strong>der</strong> Liebe beschaffen sein muss, wird in <strong>der</strong><br />

„Haushaltung Gottes“ näher beschrieben. Die Priesterin Purista musste in<br />

ihrer Küche die Töpfe (<strong>der</strong> Nächstenliebe) immer am Kochen halten, damit<br />

die wahre Speise, die ja <strong>der</strong> Herr Selbst ist, an alle ausgeteilt werden


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

27<br />

konnte. Nun gibt es auch in <strong>der</strong> Burg des Melchisedek eine solche<br />

„Köchin“. Wie schon gesagt, baten die Juden den Herrn: „Möchtest Du<br />

uns doch jemand, <strong>der</strong> des Kochens kundig wäre, besorgen, denn wir haben<br />

schon seit vielen Jahren nichts mehr gekocht, haben auch kein Feuer in<br />

dieser Gegend, auch kein Brennholz für den Herd. Es ist darum für uns in<br />

dreifacher Hinsicht beinahe unmöglich, für Dich und für die, welche mit<br />

Dir sind, ein gekochtes Nachtmahl herzustellen, obschon alle die großen<br />

und kleinen Speisekammern von allerlei Vorräten durch Deine Gnade<br />

überfüllt sind. Es wird durch Deine Gnade auch fürs Brennholz und fürs<br />

Feuer wohl gesorgt worden sein. Aber was nützt das, so wir alle des<br />

Kochens und Speisebereitens völlig unkundig sind?“<br />

Immer wie<strong>der</strong> wird darauf hingewiesen: uns fehlen sowohl<br />

Erkenntnisse als auch Liebe, um wahre Nächstenliebe zu üben. Dieses<br />

wahre Lebensfeuer, von dem wir heute im ersten Lied, <strong>der</strong> Nationalhymne<br />

Israels, gehört haben, muss entzündet werden, damit die Verbindung zum<br />

Herrn aufrechterhalten werden kann. Die Köchin für dieses Mahl in <strong>der</strong><br />

neu entstandenen Herzens- und Glaubensburg ist die Tochter des<br />

Hauptmanns. Sie ging mit ein paar Unterdienern in die große Küche, in <strong>der</strong><br />

sich auch ein Fischbehälter befand, <strong>der</strong> nun voller Fische war, und<br />

bereitete für alle ein gutes Nachtmahl.- Die Fische sind Früchte des<br />

Meeres, also die geistigen Erkenntnisse o<strong>der</strong> Wahrheiten aus <strong>der</strong> Fülle<br />

unseres Wissens. Das Meer ist das zusammengeflossene Wasser unserer<br />

erworbenen Kenntnisse, aus denen wir immer wie<strong>der</strong> schöpfen, und<br />

weshalb auch die Jünger meist Fischer waren und später<br />

„Menschenfischer“ genannt wurden. Es ist überhaupt erstaunlich, wie oft<br />

in dem Großen Evangelium des Johannes Edelfische und <strong>der</strong>en Verzehr<br />

eine Rolle spielen.<br />

Des Hauptmanns Tochter ist hier als Köchin die Neigung zum Wohltun<br />

o<strong>der</strong> Dienen, die aus <strong>der</strong> neuen Sicht <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Dinge hervorgeht.<br />

Gewissermaßen aus <strong>der</strong> Lust, nun ein neues Leben <strong>der</strong> Nächstenliebe zu<br />

beginnen.<br />

Nun wollen wir die schon am Anfang etwas weiter ausgeführte Stelle<br />

mit dem Basaltkeller etwas näher betrachten. Der Herr: „In dieser Burg<br />

befindet sich ja auch ein großer, aus Basaltsteinen gemauerter Keller! Hast<br />

du diesen noch niemals entdeckt und gesehen?“ Basalt ist ein ganz<br />

beson<strong>der</strong>s harter und wi<strong>der</strong>standsfähiger Stein. Der Herr bewahrt die<br />

Überreste <strong>der</strong> Liebe des Menschen zu Gott und die ersten religiösen<br />

Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Kindheit über alle Wirrnisse <strong>der</strong> Zeiten hinweg auf,<br />

wie in einem Tresor (Basaltkeller). Für den von Gott entfernten Menschen


28 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

ist die Tür zu den göttlichen Quellen verschlossen. Nur <strong>der</strong> Herr Selbst<br />

kann sie öffnen. Mit <strong>der</strong> vorgefundenen Wachsfackel (Bienenwachsfackeln<br />

= Licht, das aus himmlischen Substanzen genährt wird) in <strong>der</strong><br />

Hand war erkennbar, dass zu diesem Keller <strong>der</strong> bereits erwähnte breite<br />

Säulenweg führte. Eingangs hatte ich gesagt, dass Säulen die Geschosse<br />

eines Hauses verbinden, bzw. tragen. Sie stellen entsprechungsmäßig auch<br />

die Verbindung vom Natürlichen zum Geistigen dar. Sie tragen das Dach<br />

o<strong>der</strong> Obergeschoss und sind nach Swedenborg „die nie<strong>der</strong>en Wahrheiten,<br />

die die höheren stützen“ (Erklärte Offenbarung 219). Vielleicht sehen wir jetzt<br />

die erwähnten „Säulenstücke“ in den verwüsteten Räumen mit an<strong>der</strong>en<br />

Augen. Die Ordnung <strong>der</strong> geistigen Verhältnisse war bereits gänzlich<br />

zugrunde gerichtet, ein Oben und Unten <strong>der</strong> Anschauungen nicht mehr<br />

erkennbar. Aus diesem Grund war die Basalttür des Kellers auch<br />

verschlossen. Mit Hilfe des Herrn (d.h. <strong>der</strong> Erkenntnisse aus dem Herrn)<br />

kann sie jedoch ohne Anstrengung geöffnet werden - sie ging wie von<br />

selbst auf! In einem neuen geistigen Zustand zeigt sich dann die völlige<br />

Unversehrtheit des Gewölbes. Alles wirkte gereinigt und einladend, und<br />

alle staunten, was dort zu finden war. Zur genaueren Betrachtung <strong>der</strong><br />

einzelnen Entsprechungselemente wollen wir uns noch einmal in den<br />

genauen Text vertiefen. Der Herr: „Aber da von euch niemand den<br />

Eingang in denselben kennt, so folget Mir und Ich werde euch in den<br />

Keller führen.“ – Nur <strong>der</strong> Herr kennt unsere innere Beschaffenheit und<br />

geistigen Verhältnisse. Ihm sollen wir folgen! „Darauf folgten Mir <strong>der</strong> Alte<br />

und noch zehn seiner Leute“. Wir müssen Ihm ganz folgen (zehn – „das<br />

Ganze des Natürlichen“, folgt mit ihrem Obersten (Willen) dem Herrn –<br />

zusammen 12 also „das Ganze des Glaubens“) „mit einer angezündeten<br />

Wachsfackel, die wir in <strong>der</strong> großen Küche, wo viele vorrätig waren,<br />

nahmen und daselbst anzündeten. Von <strong>der</strong> besagten Großküche führte ein<br />

Säulengang zu einem großen Tor, das aus einer Basaltplatte angefertigt<br />

war“. Die Tür zu dem Keller war aus einer (einzigen) Platte gefertigt, was<br />

symbolisiert, dass es nur eine göttliche Wahrheit, d.h. nur einen Gott, gibt.<br />

„Ich zeigte, wie dieses Tor ganz leicht zu öffnen sei, und Ich Selbst öffnete<br />

das große und schwere Tor. Als das Tor geöffnet war, da ward alsbald eine<br />

breite Treppe ersichtlich, über die man ganz gut in den weitläufigen Keller<br />

gelangen konnte. Da fanden wir denn auch eine große Menge von großen<br />

und kleinen Steingefäßen und eine größere Menge von steinernen,<br />

tönernen, silbernen und auch goldenen Trinkgeschirren, worüber die<br />

armen Juden nun freilich große Augen machten und nicht wussten, ob<br />

auch diese Dinge von Mir wun<strong>der</strong>bar erschaffen worden seien, o<strong>der</strong> ob sie


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

29<br />

ihrem Aussehen nach aus <strong>der</strong> Urzeit herrührten.“ – Diese Trinkgefäße<br />

stellen die natürlichen (Steinzeug und Ton), geistigen (Silber) und<br />

himmlischen (Gold) Wahrheiten dar, die in uns ruhen und darauf warten,<br />

mit göttlichem Leben gefüllt zu werden.<br />

„Ich aber sagte zu ihnen: „Dieses alles, was wir da gefunden haben,<br />

rührt noch aus <strong>der</strong> Zeit des großen Königs und Hohenpriesters von Salem<br />

her. Dieses war auf <strong>der</strong> Erde seine Burg, die wie die Berge mit ihren oft<br />

sehr wun<strong>der</strong>baren Grotten und Höhlen nicht von Menschenhänden,<br />

son<strong>der</strong>n durch dieselbe Macht, durch die sie nun wie<strong>der</strong> wie neu aufgebaut<br />

wurde, hergestellt ward. Denn Ich alleine bin <strong>der</strong> wahre König von Salem,<br />

<strong>der</strong> Hohepriester Melchisedek in Ewigkeit. Nun aber nehmet eure Krüge,<br />

füllt sie mit Wein, von dem ihr in großen Gefäßen einen übergroßen Vorrat<br />

habt“. –<br />

Wie<strong>der</strong> ein wenig innehaltend machen wir uns klar, dass hier von<br />

unserem innersten geistigen Leben die Rede ist, <strong>der</strong>en Quelle verschlossen<br />

und sogar unbekannt ist. Unsere Hilferufe in <strong>der</strong> äußersten Not führen uns<br />

wie<strong>der</strong> dem Herrn zu, <strong>der</strong> diese verborgenen Schätze ans „Tageslicht“<br />

bringt. Vorerst aber muss <strong>der</strong> Wein aus den steinernen Gefäßen gezapft<br />

werden und stellt sich als völlig unverdorben und mit höchst würzigem<br />

Geruch heraus. Wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong> Herr zu den Juden: „Siehe, dieser Wein ist<br />

zwar auch von Trauben, welche in diesem Lande gewachsen sind,<br />

gepresst, - aber er ist beinahe ebenso alt wie diese Burg! Es ist dies ein<br />

Zehntwein, den alle Könige, über die <strong>der</strong> König von Salem herrschte, ihm<br />

zum Opfer brachten, und musste bis jetzt erhalten werden, auf dass Ich<br />

nun, als ganz <strong>der</strong>selbe König, vom selben alten Zehntweine trinke mit<br />

allen denen, die an Mich glauben und Mir folgen“<br />

Der Wein, das wissen wir auch von dem Heiligen Abendmahl, stellt<br />

geistige Wahrheiten dar. Diese werden unzerstörbar in eines jeden<br />

Menschen Allerinnersten zum Schutz vor seinen eigenen bösen Neigungen<br />

und Begierden so lange verborgen gehalten, bis <strong>der</strong> Zeitpunkt eintritt, wo<br />

<strong>der</strong> Mensch so reif geworden ist, dass sie wie<strong>der</strong> hervorgeholt (aktiviert)<br />

werden können. Dieser Zustand tritt erst dann ein, wenn <strong>der</strong> Herr von uns<br />

gerufen, erneuernd zu uns kommt, um den Lebensborn wie<strong>der</strong> zu<br />

erschließen. Bezogen auf Sein Wort hat <strong>der</strong> Herr darauf hingewiesen, dass<br />

nur unser (göttlicher) Geist dessen Tiefen ausloten könne. Niemand<br />

erkennt noch im Fleische lebend die geistigen Zusammenhänge in<br />

umfassen<strong>der</strong> Weise, son<strong>der</strong>n nur insofern, als <strong>der</strong> Herr die Augen für<br />

Weniges öffnet. Mit zunehmen<strong>der</strong> Reife werden die Tiefen wohl immer<br />

mehr erschlossen und zu einem größeren Bild verarbeitet, aber letztlich


30 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

bleibt unsere Erkenntnis mehr o<strong>der</strong> weniger Stückwerk. Ein bescheidener<br />

Anfang ist jedoch besser als kein Bemühen um geistige Erkenntnisse. Ein<br />

Versuch beispielsweise, die Bücher <strong>der</strong> Neuoffenbarung Menschen in <strong>der</strong><br />

Fußgängerzone einer beliebigen Stadt zu verteilen, würde auf wenig Erfolg<br />

stoßen. Unverständnis über die gleichen Worte, die uns zutiefst berührten,<br />

macht betroffen. Der Grund ist, dass <strong>der</strong> Geist vieler Menschen noch hinter<br />

<strong>der</strong> „Basaltplatte“ eingeschlossen ist und sie noch keine Suchenden sind.<br />

Heutzutage ist Tiefseetauchen Mode geworden. Jetzt hat man<br />

Methoden entwickelt, in großen Tiefen zu filmen, gesunkene Schiffe<br />

ausfindig zu machen und sie sogar zu heben. Man will auf diese Weise<br />

ungeheure Schätze bergen, ganze Galeeren samt ihrem Inhalt, oft auch<br />

Goldstücke. Da wird alle Technik eingesetzt, um zum Ziel zu gelangen.<br />

Und man lässt es sich etwas kosten. Aber welche Aufwendungen werden<br />

getroffen, um in den „Basaltkeller“ einzusteigen und die dortigen<br />

verborgenen Schätze zu orten und die himmlischen Wahrheiten ans<br />

Tageslicht zu holen? O<strong>der</strong> welche unermesslichen Schätze sind im<br />

göttlichen Wort und warten ebenfalls auf ihre Entdeckung! Wahrheiten<br />

lassen sich dabei auf verschiedenen Ebenen suchen und finden. Deshalb<br />

fanden die jüdischen Hausbewohner unserer Geschichte auch viele<br />

unterschiedliche Trinkgefäße, die die verschiedenen Bereiche des Lebens<br />

repräsentieren. So waren Gefäße für die natürlichen Wahrheiten vorhanden<br />

(z.B. Erkenntnisse aus den verschiedensten Wissenschaften, dem sozialen,<br />

familiären und politischen Leben etc.). Es gab solche für die geistigen<br />

Wahrheiten, welche den Glaubenswahrheiten entsprechen und schließlich<br />

solche für die himmlischen Liebe-Wahrheiten. Aller dieser Gefäße sollen<br />

wir uns bedienen und sie ans Tageslicht, also in unser Bewußtsein,<br />

bringen. Das Trinken aus diesen Gefäßen bedeutet, sie in unser Leben zu<br />

integrieren. Deshalb trugen die Juden die gefüllten Krüge nach oben in den<br />

Speisesaal.<br />

In diesem Zusammenhang sagte <strong>der</strong> Herr: „Solange diese Burg in<br />

Meinem Namen bestehen wird, wird auch <strong>der</strong> Wein nicht versiegen.“ Das<br />

heißt, solange wir den Geist Gottes in uns zulassen und Zuflucht bei Ihm<br />

suchen. Die Wege <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt müssen wir Ihm überlassen. Er gibt<br />

„reichlichst, tausendfach und überfließend!“<br />

Aber sobald wir uns von Ihm abkehren, fällt wie im Märchen hinter<br />

dem unwürdigen Menschen die Tür <strong>der</strong> Grotte zu, und er geht aller<br />

Schätze verlustig. „Aber dennoch wird in 300 Jahren nach Meiner Auffahrt<br />

durch die Macht unserer Wi<strong>der</strong>sacher diese Burg und ein großer Teil<br />

dieser Stadt <strong>der</strong>artig zerstört werden, dass man nicht mehr erkennen wird,


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

31<br />

wo sie nun steht.“<br />

Vielleicht ist es in diesem Zusammenhang bedeutsam, dass vom<br />

Moment dieser Rede etwa 300 Jahre später, die schicksalhaften Konzilien<br />

begonnen haben, <strong>der</strong>en Auswirkungen dazu führten, dass das junge<br />

Christentum in die Bande <strong>der</strong> äußeren Kirche gelegt und diesem in <strong>der</strong><br />

Folge mehr und mehr <strong>der</strong> freie Geist abgeschnürt wurde. So versiegte also<br />

<strong>der</strong> Wein, <strong>der</strong> aus dem geheimnisvollen Keller des Herzens hervorgehen<br />

soll. Unabhängig davon, was die äußere Kirche macht, trägt jedoch je<strong>der</strong><br />

Einzelne diese Burg des Melchisedek in sich und kann sich an den<br />

Vorräten stärken, so er nur will. Daher tröstet <strong>der</strong> Herr den Leser<br />

anschließend: „Es macht das aber nichts. Denn Ich erbaue Mir nun eine<br />

neue Burg in eurem Herzen, die da, wenn sie einmal gegründet ist,<br />

nimmermehr wird zerstört werden können. Diese alten Denkmale sind<br />

dann auch gut weg, auf dass die Menschen mit ihnen keine Abgötterei<br />

treiben können. Aber nahe an 300 Jahre nach meiner Auffahrt wird die<br />

Burg noch halten und dieser Wein nicht versiegen und werden den aus<br />

Jerusalem hierher Geflüchteten zur Unterkunft und Stärkung dienen.“<br />

Der Herr weiter: „Bei denen Ich aber wohnen werde, die werden Mich<br />

denn auch wohl wahrnehmen, und Ich werde sie selbst lehren und führen,<br />

und so werden sie, Meine rechten Liebhaber allzeit von Mir belehrt und<br />

geführt werden und werden in sich haben das ewige Leben. Aber die sich<br />

von Mir entfernen werden, wie in <strong>der</strong> Altzeit sich auch die Könige aus<br />

purer Weltliebe von dem König von Salem entfernt haben und ihm nicht<br />

mehr darbrachten, was sie ihm hätten darbringen sollen“, nämlich den<br />

Zehntwein. Unser ganzes Leben in seiner vollen Ausbreitung sollen wir<br />

aus Gottes Hand nehmen und Ihm auch wie<strong>der</strong>bringen, weil es ganz und<br />

gar Ihm gehört! Unser eigentliches Leben ist das Wahre und Gute unseres<br />

Wesens, welches nur von Gott kommt. Zum Gedenken an diese geistigen<br />

Verhältnisse sollten die Völker ein Zehntel (den Zehnt) <strong>der</strong> Ernte, <strong>der</strong><br />

Garben (das Gute) und hier des Weines (das Wahre) abtreten. Deswegen<br />

war dieser Wein aus <strong>der</strong> Burg des Melchisedek auch so wun<strong>der</strong>bar, weil<br />

man nicht irgendeinen gewöhnlichen dafür nahm, son<strong>der</strong>n den<br />

ausgesuchtesten.<br />

„Und die Ihm hätten darbringen sollen (aber es nicht tun), <strong>der</strong>en<br />

Herzensburgen werden von Mir verlassen werden. Und wie dann auch zu<br />

den Zeiten des Königs von Salem, als er diese Burg mit allen Engeln, die<br />

ihm dienten, verließ und unter den Völkern und Königen nur zu bald<br />

allerlei Zwietracht, Neid, Missgunst und dadurch auch Kriege entstanden,<br />

also wird es auch in <strong>der</strong> Folge unter jenen sein, <strong>der</strong>en Herzensburgen Ich


32 Die Burg des Melchisedek<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

verlasse. Und da wird sich erheben ein Volk wi<strong>der</strong> das an<strong>der</strong>e und es zu<br />

unterjochen trachten. Darum, wer in meiner Lehre und Liebe verbleiben<br />

wird, in dem werde Ich auch verbleiben und wahrlich aus seinen Lenden<br />

sollen Ströme des lebendigen Wassers fließen, und wer von solchen<br />

Wassern trinken wird, den wird nimmerdar dürsten in Ewigkeit! Meine<br />

Lehre und die göttliche Weisheit in ihr aber ist das wahre lebendige<br />

Wasser. Wer davon trinken wird, dessen Seele wird bald mit aller Weisheit<br />

erfüllt und für ewig gesättigt werden. Und es wird sie nimmerdar dürsten<br />

und hungern nach einer höheren Wahrheit und Weisheit.“<br />

Nun wollen wir abschließend noch einen Blick in den wie<strong>der</strong> erstellten<br />

Speisesaal werfen, <strong>der</strong> ebenfalls unsere neuen Lebenszustände<br />

entsprechungsmäßig vorbildet. „Auf diese Meine Worte begaben wir uns<br />

aus dem Keller und kamen bald in den großen Speisesaal, <strong>der</strong> mit hun<strong>der</strong>t<br />

Lampen bestens erleuchtet war und vor kurzem auch eine <strong>der</strong>artige Ruine<br />

war, dass es wohl niemand hätte merken können, dass da jemals ein großer<br />

Speisesaal bestanden hätte. Zwei große steinerne Tische auf festen Säulen<br />

ruhend, waren im Saal in <strong>der</strong> besten Ordnung aufgestellt und mit feinstem<br />

Byssus zierlich überdeckt. Und um jeden <strong>der</strong> beiden Tische waren eine<br />

rechte Anzahl ganz bequemer Stühle gestellt und beide Tische waren mit<br />

den bestbereiteten Fischen, mit Brot und mit Wein bestgestellt“.<br />

Dieses vom Herrn bereitete Abendmahl zeigt uns, wie wir uns stärken<br />

können, aufnehmen was Er gibt. Da stehen zwei säulenartige Tische,<br />

entsprechend <strong>der</strong> Liebe und dem Glauben. Es sind die beiden Grundelemente<br />

in uns, aus denen heraus wir leben, bzw. was wir zum Leben<br />

brauchen o<strong>der</strong> (ver)zehren. Die Säulen sind, wie schon an an<strong>der</strong>er Stelle<br />

erwähnt, die Stützen höherer Wahrheiten (hier diejenigen Elemente, die<br />

Liebe und Glaube „untermauern“, stützen, tragen) mit feinstem Byssus<br />

bedeckt, mit <strong>der</strong> „echten Wahrheit aus dem Licht des<br />

Himmels“ (Swedenborg). Darauf stehen Brot, Wein und die „allerbestens<br />

zubereiteten“ Fische. Wie<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>, die für die Segnungen des Herrn in<br />

unserem Leben stehen: Seiner Liebe als Brot des Lebens, Seiner Wahrheit<br />

(in Form <strong>der</strong> Lehre) in dem Wein und die aus unserem Erleben<br />

gewonnenen tieferen Erkenntnisse (als die Fische), die alle für das geistige<br />

und himmlische Leben „bestens zubereitet“ worden sind. Rundherum<br />

stehen eine „rechte Anzahl bequemer Stühle“, wo man sich „nie<strong>der</strong>lassen“,<br />

„zu Hause“ sein kann. Da speist man nicht an einem Stehtisch und eilt<br />

wie<strong>der</strong> unstet (zu einer an<strong>der</strong>en Lehre) davon, son<strong>der</strong>n hier sind unser<br />

Sein, unsere Geborgenheit und die heilige Sabbatruhe. Hier haben die<br />

Kämpfe <strong>der</strong> Anfechtungen aufgehört, hier ist gut bleiben.


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Burg des Melchisedek<br />

33<br />

Die hun<strong>der</strong>t Lampen, die diesen Raum erleuchten, sind auch keine<br />

literarische Ausschmückung, denn hun<strong>der</strong>t entspricht als Zahl einem zur<br />

völligen Reife gelangten Zustand. Hier handelt es sich also um die Fülle<br />

des Lichtes, im Sinne geistiger Erkenntnis.<br />

Der Raum ist unser innerster Lebensbereich, <strong>der</strong> durch das<br />

Himmelslicht optimal erleuchtet wird. Wir sehen in allem die göttliche<br />

Vorsehung walten. Ein Beispiel aus <strong>der</strong> „Geistigen Sonne“ beschreibt, wie<br />

ein Prior, ein ehemaliger Abt, in sein himmlisches Haus kam. Wie kann es<br />

an<strong>der</strong>s sein, auch da war ein Keller und darüber liegende Etagen. Diese<br />

Etagen entsprachen den verschiedenen Zeitepochen o<strong>der</strong> „Kirchen“,<br />

entsprechend dem Alten und Neuen Testament. Wir können sicher sein,<br />

dass für uns noch eine weitere Etage hinzugekommen ist: die<br />

Neuoffenbarung! Alle sind notwendige Lebensetagen, und mit <strong>der</strong><br />

Neuoffenbarung fällt keine darunter liegende Ebene weg. Im Gegenteil,<br />

diese werden durch die „hun<strong>der</strong>t Lampen“ erst richtig beleuchtet und uns<br />

besser zugänglich gemacht. Deshalb haben wir jetzt auch die einst verloren<br />

gegangene „Haushaltung Gottes“ (das „Alte Wort“) wie<strong>der</strong>bekommen, in<br />

<strong>der</strong> schon die ganze Anlage <strong>der</strong> Heiligen Schrift enthalten ist.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass unsere Herzens- und<br />

Glaubensburg das Haus ist, in dem wir leben und wirken. Wir erhalten zu<br />

unserer Stärkung den Wein <strong>der</strong> Wahrheit aus den Tiefen unseres Herzens,<br />

und wir haben auch den Speisesaal vor uns, <strong>der</strong> die Aufnahme des<br />

göttlichen Einflusses symbolisiert, sowie die Anordnung <strong>der</strong> zwei Tische,<br />

<strong>der</strong>en Säulen die Liebe und den lebendigen Glauben bezeichnen.<br />

Schließlich deckt <strong>der</strong> Herr den Tisch mit Seiner wahren Lebenslehre <strong>der</strong><br />

Gottes- und Nächstenliebe und stärkt uns in unseren Tätigkeiten mit<br />

wahrer Himmelskost. Wir lassen uns nie<strong>der</strong> und wollen nimmerdar diese<br />

Lebenssphäre verlassen. -<br />

Es ist sicher nicht alles über diese geheimnisvolle Burg gesagt, aber das<br />

ist auch gar nicht möglich. Meine Ausführungen sollten hauptsächlich<br />

Anregung sein, das Wort des Herrn – im Alten und Neuen Testament, wie<br />

auch das <strong>der</strong> Neuoffenbarung – mit an<strong>der</strong>en Augen zu lesen. Denn alles,<br />

was immer <strong>der</strong> Herr sagt und tut, hat Entsprechungscharakter. Durch<br />

Swedenborgs Vorarbeit ist es in <strong>der</strong> heutigen Zeit eher möglich, das neue<br />

Wort des Herrn mit Hilfe <strong>der</strong> „hun<strong>der</strong>t Lampen“ noch besser zu<br />

durchleuchten, und dadurch in <strong>der</strong> Liebe zu unserem himmlischen Vater zu<br />

wachsen. -


34 Gedanken zum Gebet<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Gedanken zum Gebet<br />

Willigis Jäger<br />

In <strong>der</strong> christlichen Tradition kennen wir verschiedene Formen des<br />

Betens und <strong>der</strong> Gebetshaltungen. Beten ist Ausdruck dessen, was in<br />

unserem Inneren vorgeht. Der Mensch sucht in <strong>der</strong> Krise jene inneren<br />

Räume auf, in denen er „daheim“ ist, sich sicher fühlt. Krisen geben meist<br />

den Impuls, den entscheidenden Ausschlag für eine solche Haltung. Es<br />

sind zunächst gleichsam Regressionen in einen geborgenen Zustand, wie<br />

er ihn in seinen frühen Kindheitsjahren erlebt hat. Es kann sein, dass er<br />

aber unter Störungen leidet, die auf ein gebrochenes Verhältnis zu seinen<br />

Eltern in dieser frühen Phase hinweisen. Dann fehlt ihm manchmal jenes<br />

Urvertrauen, um das es im Gebet geht.<br />

Der Mensch drückt in seinem Beten formal o<strong>der</strong> gedanklich individuell<br />

aus, was ihm am Herzen liegt und was er geän<strong>der</strong>t sehen möchte. Ein<br />

formuliertes Gebet ist dann wie eine Brücke, die den Transfer des Inneren<br />

ins Äußere und umgekehrt gewährleistet und ermöglicht.<br />

Drei Formen des Betens kannte man in <strong>der</strong> Tradition bis ins Mittelalter:<br />

Oratio, meditatio, contemplatio. Oratio war und ist bis heute das Bittgebet,<br />

das sich im Hersagen vorformulierter o<strong>der</strong> freier Gebetstexte äußert. Es ist<br />

die schlichte einfache Form des Betens, wie man sie zunächst kennenlernt.<br />

Meditatio ist jene Gebetshaltung, in <strong>der</strong> das Denken, das Empfinden, die<br />

Sinne, <strong>der</strong> Geist auf ein Objekt gerichtet werden. Das kann ein Bild sein,<br />

ein Musikstück, ein Wort aus <strong>der</strong> Heiligen Schrift o<strong>der</strong> ein bestimmtes<br />

Ereignis, das uns gefangen hält. Die höchste Stufe und eigentliche Form<br />

des Gebets aber war die contemplatio. Hierunter verstand man das<br />

Zurückdrängen eigener Wünsche, Anliegen, Vorstellungen und Empfindungen.<br />

Der Mensch sollte sich leer machen, damit in ihm das Neue<br />

einziehen könnte. Wenn alles zum Schweigen gebracht ist, dann kann Gott<br />

gewissermaßen gehört, verstanden, erfahren werden. Darum ist diese Form<br />

des Betens zugleich die schwierigste. Denn es gelingt nicht immer, sich<br />

vollkommen leer zu machen. Es ist nicht leicht zu sagen: Dein Wille<br />

geschehe! Meist betet man das zwar, aber wenn dann <strong>der</strong> Wille Gottes<br />

geschieht, wird dies als schicksalhaftes Leid o<strong>der</strong> als schmerzliche<br />

Verän<strong>der</strong>ung erlebt. Dann sollte <strong>der</strong> Wille zuletzt doch so geschehen, wie<br />

man sich das selber vorstellt. Das Vertrauen in den Folgeprozess fehlt.<br />

Darum gehört regelmäßige Übung dazu, ein fortgesetztes Beten. Es ist das,<br />

was in <strong>der</strong> Bibel so gesagt ist: „Betet ohne Unterlass“. Es bedeutet die<br />

kontinuierliche Fortsetzung des Betens in <strong>der</strong> Stille, des Hörens, nicht den<br />

hartnäckigen Vortrag eigener Interessenlagen vor Gott.


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Gedanken zum Gebet<br />

35<br />

Ein Zitat von C.G. Jung: „Ist Glaube echt und lebendig, dann wirkt er.<br />

Ist er aber nur Einbildung und Willensanstrengung ohne Verständnis,<br />

dann achte ich seinen inneren Weg gering. Lei<strong>der</strong> ist dieser<br />

unbefriedigende Zustand in unserer Zeit sehr verbreitet, und da dem, <strong>der</strong><br />

nicht glauben kann, son<strong>der</strong>n verstehen möchte, nur Zweifel und Skepsis<br />

bleiben, wird die ganze christliche Überlieferung als bloße Phantasie über<br />

Bord geworfen. Darin sehe ich einen ungeheuren Verlust, für den wir<br />

einen schrecklichen Preis zu zahlen haben werden. Die Wirkung zeigt sich<br />

in <strong>der</strong> Auflösung ethischer Werte und einer totalen Desorientierung<br />

unserer ‚Weltanschauung‘. Die unter bestimmten Voraussetzungen<br />

gefundenen „Wahrheiten“ von Naturwissenschaft und ‚Existentialphilosophie‘<br />

sind ein schwacher Ersatz.“<br />

Beten, das auf Verstehen und vor allem Einsicht gegründet ist, ist mehr<br />

als bloße Naivität und die Wie<strong>der</strong>holung von Bil<strong>der</strong>welten. Es verlangt ein<br />

höheres Maß an Phantasie, Distanzierungsvermögen und Lebensreife. Im<br />

Grunde ist es mit schmerzlichen Vorgängen und einem grundlegenden<br />

Wandel des Menschen verbunden. Die gesamte Existenz ist<br />

eingeschlossen, nichts bleibt ausgeklammert, was unser Menschsein<br />

ausmacht. Das wird in <strong>der</strong> Kontemplation geübt. Johannes vom Kreuz<br />

schreibt über die Kontemplation, dass sie „Trockenheiten <strong>der</strong> Seele kennt,<br />

in denen Gott die Menschen vom Leben im Sinnenbereich weg zum Leben<br />

im Geist, das ist von <strong>der</strong> Meditation zur Kontemplation führt, wo <strong>der</strong><br />

Mensch mit seinem eigenen Seelenvermögen nicht mehr wirken kann o<strong>der</strong><br />

sich über die göttlichen Dinge Gedankengänge zu entwickeln vermag.“ In<br />

diesen Phasen sind es nicht die Trockenheiten, die schmerzen, son<strong>der</strong>n die<br />

auftretenden Ängste, die Befürchtung, verlassen zu sein und den Weg zu<br />

verlieren. „So plagen sie sich ab und bemühen sich, wie sie es gewohnt<br />

waren, an irgendeinem Gegenstand zum Nachdenken eine Stütze und ein<br />

wenig Wohlgeschmack für ihr Seelenvermögen zu finden, da sie meinen,<br />

dass nichts geschieht, wenn sie dieses nicht tun und sich nicht am Werk<br />

erleben.“ Hier geht es wirklich um einen grundlegenden Unterschied in<br />

den Zuständen: Im Fall <strong>der</strong> Meditation ist <strong>der</strong> Geist immer noch auf Dinge<br />

gerichtet, von denen er das Ich des Menschen sich bestimmen, erfüllen<br />

o<strong>der</strong> an denen es sich orientieren kann. Im Bereich <strong>der</strong> kontemplativen<br />

Übung empfindet man sich oft völlig von den Dingen abgeschnitten,<br />

verlassen, wie in einem freien Fall. Die bisherige Welt bricht mitunter<br />

vollständig zusammen, Beziehungen lösen sich auf, Bindungen gehen<br />

verloren. Das wird als schmerzlich erlebt und man sucht nach Halt o<strong>der</strong><br />

einer an<strong>der</strong>en Form <strong>der</strong> Übung, statt sich auf die Bewegung einzulassen.<br />

Johannes vom Kreuz schreibt: „Doch das bringt gar nichts, weil Gott sie


36 Gedanken zum Gebet<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

bereits auf einem an<strong>der</strong>en Weg führt, dem <strong>der</strong> Kontemplation, <strong>der</strong> ganz<br />

an<strong>der</strong>s ist als <strong>der</strong> erste. Der eine ist ja ein Weg <strong>der</strong> Meditation und<br />

Gedankengänge, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e hat mit Meditation o<strong>der</strong> Gedankengängen<br />

nichts zu tun.... Menschen, die sich in einer solchen Lage sehen, sollen sich<br />

trösten, geduldig ausharren und sich nicht grämen. Sie mögen auf Gott<br />

vertrauen .... bis er sie zum klaren und reinen Licht <strong>der</strong> Liebe führt. Die<br />

Verhaltensweise, die sie in dieser Nacht des Sinnenbereichs annehmen<br />

sollen ist, dass sie sich aus Gedankengängen und Meditation nichts<br />

machen, da das jetzt nicht dran ist. Sie sollen vielmehr die Seele ruhig sein<br />

und ausruhen lassen, auch wenn sie deutlich den Eindruck haben, dass sie<br />

nichts tun und Zeit verlieren, ja selbst wenn ihnen scheint, sie hätten nur<br />

wegen ihrer Nachlässigkeit keine Lust, über viel nachzudenken. Sie tun<br />

nämlich bereits sehr viel, wenn sie geduldig im Gebet ausharren, ohne<br />

dabei etwas zu tun.“ Über das Beten kann man dann auch an<strong>der</strong>e Dinge<br />

sagen als nur Wünsche vortragen o<strong>der</strong> einfach zu bitten. Zum Gebet zählt<br />

ein Vorgang, <strong>der</strong> nur in <strong>der</strong> Stille geschehen kann. Wie<strong>der</strong> zitiere ich<br />

Johannes vom Kreuz: „Kontemplation ist ja nichts an<strong>der</strong>es als ein<br />

geheimes, friedliches und liebendes Einströmen Gottes, so dass er, wenn<br />

man ihm Raum gibt, den Menschen im Geist <strong>der</strong> Liebe entflammt.“<br />

Um aber in diese Lage zu gelangen, muß alles, was diesen Vorgang<br />

hin<strong>der</strong>t, beseitigt werden. Darum wird <strong>der</strong> Mensch „leer“ gemacht. Es<br />

wird auch verständlich, weshalb es in diesem Vorgang keine Steigerung<br />

gibt, etwa seliger als selig zu sein. Es gibt keine Vergleiche, weiter zu sein,<br />

mehr zu sein, mehr zu wissen, eine beson<strong>der</strong>e Stellung erreichen zu wollen<br />

o<strong>der</strong> etwas lehren zu wollen. Alles, was übrig bleibt, ist Begleitung,<br />

Geduld und Liebe. „Gott versetzt den Menschen nämlich auf solche Weise<br />

in diesen Zustand und führt ihn auf einem ganz an<strong>der</strong>en Weg, dass dieser<br />

ihn beim Werk, das er in ihm vollbringen will, eher stört als hilft, wenn er<br />

mit seinem Seelenvermögen wirken möchte; das war früher genau<br />

umgekehrt. Der Grund dafür ist, dass in diesem Zustand <strong>der</strong><br />

Kontemplation, wenn also <strong>der</strong> Mensch das diskursive Nachdenken aufgibt<br />

und in den Zustand des Fortgeschrittenen eintritt, es bereits Gott ist, <strong>der</strong><br />

im Menschen wirkt. Dadurch bindet er sein inneres Seelenvermögen fest<br />

und läßt ihm we<strong>der</strong> Stütze im Erkenntnisvermögen noch Saft im<br />

Empfindungsvermögen, noch diskursives Nachdenken im Erinnerungsvermögen.<br />

Denn was <strong>der</strong> Mensch in dieser Zeit von sich aus wirken kann,<br />

dient ... nur dazu, seinen inneren Frieden und das Werk, das Gott während<br />

dieser Trockenheit des Sinnenbereichs in seinem Geiste vollbringt, zu<br />

stören.“ Das aber ist nicht vom Menschen her machbar; es ist auch keine<br />

Art Auszeichnung o<strong>der</strong> Beson<strong>der</strong>heit, wie man den Begriff „Erleuchtung“


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Gedanken zum Gebet<br />

37<br />

auch missverstehen kann. Doch es gibt Menschen, „denen es nie ganz<br />

gelingt, ihren Sinnenbereich von den Brüsten <strong>der</strong> Betrachtungen und<br />

Gedankengänge loszureißen, son<strong>der</strong>n ... nur von Zeit zu Zeit für eine<br />

Weile.“ Es bleibt ein Geheimnis, weshalb dies so ist. Dafür gibt es keine<br />

Erklärung. Man kann sich nur selbst fragen, was einen bindet und festhält.<br />

„...denn nicht alle, die sich ausdrücklich auf dem Weg des Geistes<br />

einüben, führt Gott zur Kontemplation, ja nicht einmal die Hälfte von<br />

ihnen; warum, das weiß nur er.“<br />

Im Fürbittengebet versetzt man sich in die Lage eines an<strong>der</strong>en. Der<br />

Betende identifiziert sich mit einem an<strong>der</strong>en Menschen und stellt sich<br />

gleichzeitig eine für ihn bessere Zukunft vor. Diese Art von Gebet<br />

verlangt, dass vom eigenen Wunschdenken abgesehen werden kann und<br />

man wahrnimmt, was vorgeht. Der Betende spricht hingebungsvoll aus,<br />

was ihm bei diesem „Verstehen“ (= sich in den an<strong>der</strong>en Menschen<br />

versetzen) „einsichtig“ wird.<br />

Im individuellen Bereich erkennt <strong>der</strong> Beter in dieser Weise des Betens,<br />

dass er sich schuldig gemacht hat. (Bußgebet). Auch hier gewinnt <strong>der</strong><br />

Betende Abstand von sich selbst, indem er sieht, worin die Last besteht,<br />

die er verursacht hat. Der Betende begreift, dass er sich von <strong>der</strong><br />

Vergangenheit lösen kann. Neue Möglichkeiten und Chancen werden<br />

entdeckt und ausgesprochen. Gleichzeitig erkennt man, dass sich etwas<br />

Neues dadurch entfaltet. Es muß nicht dem eigenen Willen und <strong>der</strong><br />

eigenen Vorstellung entsprechen.<br />

Nicht die Anrede „Herr“ o<strong>der</strong> „Gott“ macht ein Gebet aus, son<strong>der</strong>n<br />

die Echtheit, Wahrhaftigkeit und Hingabe, mit <strong>der</strong> ich wahrnehme, spreche<br />

und handle. Der Betende ist immer konfrontiert mit <strong>der</strong> Frage, wie ehrlich,<br />

offen und hingebungsvoll er mit sich, an<strong>der</strong>en Menschen und schließlich<br />

mit Gott kommuniziert. Das „Amen“ schließt deswegen jedes Gebet ab,<br />

weil es diese Bekräftigung ausdrückt.<br />

Im Beten schiebt <strong>der</strong> Betende die Verantwortung nicht von sich weg<br />

auf einen fernen Gott, son<strong>der</strong>n sucht nach Antwort, Kraft und Mut, um<br />

eine Perspektive zu finden und die eigene Haltung zu verän<strong>der</strong>n. Beten soll<br />

die Hoffnung auf eine bessere Zukunft erhalten, liebesfähiger machen und<br />

am Wirken Gottes beteiligen. Beten wird somit zu einer Lebenshaltung.<br />

Beten kann so grundlegend wie Atmen werden. Es ist wie Ausatmen und<br />

Einatmen. Ich achte darauf, dass ich die verbrauchte Luft nicht noch<br />

einmal einatme, son<strong>der</strong>n neue Luft bekomme. Da zeichnet sich auch <strong>der</strong><br />

Übergang in tiefere Formen des Betens schon im Ansatz ab. Wer betet, <strong>der</strong><br />

möchte eine Antwort erhalten. Diese kann reichhaltiger, vielfältiger,<br />

überraschen<strong>der</strong>, schöpferischer, schmerzlicher o<strong>der</strong> freudiger sein, als wir


38 Gebet des Herzens<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

planen o<strong>der</strong> denken können. Der Philosoph Sören Kierkegaard schreibt<br />

darüber:<br />

„Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte<br />

ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich<br />

wurde, was womöglich ein größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde<br />

ein Hörer. Ich meinte erst, Beten sei Reden. Ich lernte aber, dass Beten<br />

nicht nur Schweigen ist, son<strong>der</strong>n Hören. So ist es: Beten heißt nicht, sich<br />

selbst reden hören; beten heißt, still werden und still sein und warten, bis<br />

<strong>der</strong> Betende Gott hört.“<br />

Nicht die Menge <strong>der</strong> Worte ist entscheidend. Entscheidend ist, eine<br />

lebendige Antwort zu erfassen. An<strong>der</strong>s gesagt: Die Antwort auf alles<br />

Bitten ist schon gegeben. Das Gebet kann also nicht mehr tun, als die<br />

Antwort Gottes in mich hineinzuholen. Im Grunde endet jedes Beten mit<br />

dem Hören in <strong>der</strong> Stille, mit dem Wahrnehmen dessen, was ich nicht mit<br />

meinem Geist und meiner Verfügungskraft bewerkstelligen kann. Wir<br />

beten nicht, damit Gott hört und unsere Bitten erfüllt, son<strong>der</strong>n weil Gott<br />

hört und damit wir wahrnehmen können und dessen gewahr werden, was<br />

Gott wirkt.<br />

Gebet des Herzens<br />

„Sprechet aber nun auch in euren Herzen mit mir und saget es laut:<br />

O du allmächtige, heilige Liebe,<br />

du allerbarmherzigster Herr und Vater in Jesu Christo!<br />

Wir bekennen nun unsere alte, große Schuld vor Dir;<br />

wir sagen hier, dass wir allzeit nicht nur unnütze, son<strong>der</strong>n die<br />

allerschlechtesten Knechte vor Dir waren,<br />

und bekennen, dass all unsere vermeintliche Verdienstlichkeit<br />

von unserer Seite Dir, o heiliger Vater, gegenüber ein Greuel sein musste,<br />

bitten Dich aber dennoch hier in unserer äußersten und größten Not,<br />

dass Du uns gnädig und barmherzig sein möchtest!<br />

Lass uns hier zu wahren Brü<strong>der</strong>n werden, die sich allzeit durch Deine<br />

Gnade und Erbarmung lieben und Dir geben in jeglichem Zustande<br />

alle Ehre, alles Lob und allen Preis!<br />

Und wir bitten Dich auch aus dem Grunde unseres Herzens,<br />

dass Du, o heiliger Vater, uns nur diese allerhöchste Gnade verleihen<br />

möchtest, dass wir allergrößten Sün<strong>der</strong> vor Dir -<br />

Dich, o ewige Liebe, aber dennoch aus allen unseren Kräften<br />

lieben dürfen!“<br />

(Geistige Sonne Bd.1, 89,13)


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Gott o<strong>der</strong> Vater<br />

39<br />

Gott o<strong>der</strong> Vater<br />

„Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen!“<br />

(Hebr. 10,31)<br />

„Ihr aber sollet nicht beten zu Gott, <strong>der</strong> da heilig, heilig, heilig ist, denn<br />

allein in des Vaters Liebe; denn Gott sind alle Menschen ein Gräuel, – nur<br />

dem Vater sind sie Kin<strong>der</strong>.<br />

Gottes Heiligkeit ist unantastbar; aber des Vaters Liebe steigt zu den<br />

Kin<strong>der</strong>n herab.<br />

Gottes Zorn richtet alle Dinge <strong>der</strong> ewigen Vernichtung zu; aber des<br />

Vaters Erbarmung läßt auch sogar jeglichen Traum nimmerdar zugrunde<br />

gehen. Von Gott aus muss alles sterben; aber dann kommt das Leben des<br />

Vaters über die Toten. Wer da sucht Gott, <strong>der</strong> wird Ihn verlieren, sich und<br />

sein Leben; denn Gott lässt Sich nicht anrühren. Und <strong>der</strong> Menschen<br />

Weisheit, die Ihn sucht, ist Ihm eine greulich anekelnde Torheit und den<br />

Suchenden aber unvermeidlich tötend. Denn mit <strong>der</strong> Weisheit rührt er Gott<br />

an; diesen aber kann kein geschaffenes Wesen mit was immer für einem<br />

Sinne anrühren und behalten das Leben.<br />

Denn Gott ist ein ewiges, allerreinstes, aber auch allerunendlichst<br />

heftigstes Feuer, welches nimmerdar erlischt; und wo es <strong>der</strong> Vater nicht<br />

mil<strong>der</strong>n möchte, da würde es alsbald alles auf ewig zerstören. Daher soll<br />

je<strong>der</strong> Gott fürchten über alles und den Vater aber lieben über alles; denn<br />

<strong>der</strong> Vater ist das allerblankste Gegenteil von Gott.<br />

Und doch wäre Gott nicht Gott ohne den Vater, welcher ist die ewige<br />

Liebe in Gott; und <strong>der</strong> Vater aber wäre nicht Vater ohne Gott.<br />

Wie aber <strong>der</strong> Vater ist alles Leben in Gott, so auch ist Gott alle Kraft<br />

und Macht im Vater. Ohne den Vater wäre Gott Sich Selbst<br />

unaussprechlich; denn alles Wort in Ihm ist <strong>der</strong> Vater. Der Vater aber wäre<br />

nie Vater ohne Gott; und so sind Gott und <strong>der</strong> Vater eins!<br />

Wer also den Vater rührt mit <strong>der</strong> Liebe, <strong>der</strong> rührt auch Gott. Wer aber<br />

des Vaters vergisst und mit seiner Weisheit nur die Gottheit rühren will,<br />

den wird <strong>der</strong> Vater nicht ansehen; <strong>der</strong> Gottheit Feuer aber wird ihn<br />

ergreifen und ihn zerreißen und vernichten ins Unendliche, dass er sich<br />

dann ewig nimmerdar finden wird. Und es wird dann auch nicht leicht<br />

mehr geschehen, dass ihn <strong>der</strong> Vater wie<strong>der</strong> aus aller Unendlichkeit<br />

zusammensuchen und sodann wie<strong>der</strong> von neuem bilden wird.<br />

Wo aber <strong>der</strong> Vater ist, da ist Gott auch. Aber allein <strong>der</strong> Vater offenbart<br />

Sich den Kin<strong>der</strong>n; Gott aber kann Sich niemandem offenbaren, außer<br />

allein durch den Vater, und da offenbart, wie jetzt, <strong>der</strong> Vater die Gottheit.<br />

Wer also Mich hört, sieht und liebt, <strong>der</strong> hört, sieht und liebt auch Gott.


40 Gott o<strong>der</strong> Vater<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Wer aufgenommen wird vom Vater, <strong>der</strong> wird auch aufgenommen werden<br />

von Gott.<br />

Wenn jemand Unwürdigen <strong>der</strong> Vater nicht annehmen wird, <strong>der</strong> wird<br />

fallen in die Hände <strong>der</strong> richtenden und vernichtenden Gottheit allein, und<br />

da wird kein Erbarmen sein, noch irgendeine Liebe und Gnade!<br />

Daher fürchtet die Gottheit; denn es ist schrecklich, in Ihre Hände zu<br />

fallen!<br />

Aber den Vater liebet! Haltet fest an Seiner Liebe und lasset euch<br />

allzeit rühren und führen von <strong>der</strong> Liebe des Vaters, so werdet ihr den Tod<br />

nimmerdar schmecken ewig, außer die Trennung vom Leibe, <strong>der</strong> da ist ein<br />

Fluch <strong>der</strong> Gottheit, in welchem das Leben aus dem Vater vor dem Zorne<br />

<strong>der</strong> Gottheit geschützt wird durch die schirmende Liebe des Vaters.<br />

Aus <strong>der</strong> Hand Gottes empfängst du den Fluch, – aus <strong>der</strong> Hand des<br />

Vaters aber den Segen <strong>der</strong> Liebe und alles Lebens aus ihr. Daher halte dich<br />

ewig an die Liebe, so wirst du bestehen in <strong>der</strong> Liebe! Wo du dich aber<br />

hältst an die Weisheit, da wirst du vergehen und wirst zunichte verweht<br />

werden auf ewig vom Geiste <strong>der</strong> Gottheit!<br />

Dieses Gesagte sei euch eine große Sabbatmorgengabe vom Vater,<br />

dessen Kin<strong>der</strong> ihr seid, und <strong>der</strong> euch darum liebt mehr als alles in <strong>der</strong><br />

reichen Unendlichkeit! Bedenket es in eurem Herzen, und tuet danach, so<br />

werdet ihr leben und nie in <strong>der</strong> Gottheit Hände fallen!“ (HGt. 1, 167,09-22)<br />

„Alsbald fielen alle vor dem erkannten Fremden nie<strong>der</strong> und lobten und<br />

priesen in Ihm den heiligsten Vater, darum Er ihnen so viel Gnade und<br />

Erbarmung erwies, dass Er auch diesmal gewollt hatte – also, wie Er es<br />

verheißen hatte – auch am Streittage noch unter ihnen zu verweilen.<br />

Und <strong>der</strong> Fremde aber hieß sie alsbald alle wie<strong>der</strong> erstehen und sagte<br />

darauf zu ihnen: „Kindlein, Abba ist Mein Name; also sollet ihr Mich<br />

allezeit in eurem Herzen rufen!<br />

Wenn ihr Mich im Geiste und aller Wahrheit also rufen werdet, so<br />

werde Ich euren Ruf allzeit erhören; so ihr Mich aber mit was immer für<br />

einem an<strong>der</strong>n Namen rufen werdet, da werde Ich euren Ruf nicht anhören,<br />

son<strong>der</strong>n werde hinwegwenden Mein Ohr von eurem Munde, und mit<br />

Meinen Augen werde Ich nicht ansehen eure Werke!<br />

Der Sklave hat einen Herrn, die Natur hat einen unerbittlichen Gott<br />

zum Schöpfer und zum Richter; vor Jehova muß alles vergehen, denn <strong>der</strong><br />

Ewige und Unendliche duldet nichts in und außer Sich – denn Seine<br />

Heiligkeit ist unantastbar –, nur allein <strong>der</strong> Vater kennt Seine Kindlein, und<br />

diese sollen allein Ihn erkennen und rufen: ,Abba, lieber Vater!‘, so wird<br />

Er sie allzeit hören und wird ihnen geben alles, was Er Selbst hat, nämlich<br />

das vollkommene, ewige Leben und alle endlosen Schätze desselben.


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Gott o<strong>der</strong> Vater<br />

41<br />

Ihr saget zwar in euren Herzen und fraget: ,Wie werden wir denn das<br />

wohl tun können? Denn <strong>der</strong> Vater ist ja auch <strong>der</strong> alleinige ewige Gott und<br />

ist unendlich und überheilig! So wir den Vater rufen, da rufen wir ja auch<br />

verborgenermaßen das, was wir nicht rufen sollen!<br />

Wie können wir ,Vater‘ rufen, ohne uns dabei doch allzeit zu erinnern,<br />

wer <strong>der</strong> Vater ist?!‘<br />

Ich aber sage euch allen und gebiete euch sogar, dass ihr allzeit wohl<br />

bedenken sollet, wer da ist euer Vater; denn Er hat auch euch, wie die<br />

ganze Unendlichkeit, erschaffen. Aber alle Geschöpfe hat Er belassen also,<br />

wie sie sind erschaffen worden; euch aber hat Er aus Seiner ewigen Liebe<br />

umgewandelt zu Seinen Kin<strong>der</strong>n!<br />

Daher sollet ihr Ihn denn auch allzeit ,Vater‘ rufen, aber dabei auch<br />

allzeit wohl bedenken, wer <strong>der</strong> Vater ist, so wird Er euch allezeit hören!<br />

Als Gott bin Ich ein ewiger Richter nach Meiner unendlichen Weisheit<br />

und Heiligkeit – denn Gott kann sich nichts nahen und leben –; aber in<br />

Meiner eben also unendlichen Liebe bin Ich ein Vater und will alle Meine<br />

Kin<strong>der</strong> um Mich versammeln!<br />

Fraget nicht, wer da <strong>der</strong> Mächtigere ist, ob Gott o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vater; denn es<br />

ist nur ein Gott und ein Vater, und dieses alles bin Ich nun ersichtlich vor<br />

euch. Haltet euch aber alle an den Vater, so werdet ihr nimmerdar gerichtet<br />

werden und zugrunde gehen; denn <strong>der</strong> Vater richtet niemanden – und am<br />

allerwenigsten Seine Kin<strong>der</strong>, die Ihn da allzeit wahrhaftig und getreu als<br />

den allein wahren, guten Vater in ihren Herzen bekennen und also auch<br />

lebendig anrufen!<br />

Wie aber ihr eure Kin<strong>der</strong> nicht richtet, son<strong>der</strong>n nur ziehet, lehret und<br />

führet, desgleichen tue auch Ich.<br />

Dass Ich aber also tue, dessen könnet ihr euch eben jetzt überweisen,<br />

indem Ich zu euch gekommen bin und lehre euch Selbst, zu wandeln auf<br />

den Wegen des Lebens!<br />

Würde Ich wohl solches tun, wenn ihr nicht Meine Kin<strong>der</strong> wäret und<br />

Ich euer guter Vater?!<br />

O sicher nicht! Denn es wäre Mir ja ein viel Leichteres, euch zu halten<br />

in einer gerichteten Ordnung gleich allen an<strong>der</strong>en Geschöpfen; allein, da<br />

Ich aber solches nicht tue, so ist es ja klar, dass ihr Meine Kin<strong>der</strong> und Ich<br />

euer aller guter Vater bin!<br />

Ich kam heute wie<strong>der</strong> als ein Fremdling zu euch, und ihr habt Mich<br />

nicht erkannt, – darum ihr ,Jehova‘, aber nicht wahrhaftig ,Vater‘ gerufen<br />

habet.<br />

Bleibet daher beim Vater vollkommen, so werde Ich euch hinfort kein<br />

Fremdling mehr sein!“ (Haushaltung Gottes Bd. 2, Kap. 156,01-18)


42 Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />

nach Johannes Gommel (1811-1841)<br />

Diesen frommen Jüngling, <strong>der</strong> im Jahre 1841 in noch jugendlichem<br />

Alter heimging, war von Gott viel Licht in jenseitige Zustände geschenkt.<br />

Schon in seiner Kindheit hatte er Erscheinungen von Abgeschiedenen. Er<br />

kannte jenseitige Zustände so genau, weil Abgeschiedene von allerlei<br />

Graden in großer Menge sich an ihn um sein Gebet und Beistand, zum<br />

Heiland zu kommen, wendeten. In späteren Jahren nahm er sie jedoch<br />

nicht mehr an, son<strong>der</strong>n wies sie an den Heiland selbst.<br />

Solche Blicke in das Reich <strong>der</strong> Geister, von dem wir, wie er sah und<br />

erfuhr, überall umgeben seien, eröffnete er aber nur Vertrauten.<br />

Er hielt es für einen schweren Irrtum, wenn man sich einbilde, wenn<br />

man nur im Glauben an den Heiland sterbe, so komme man gleich ohne<br />

Unterschied zum Anschauen Jesu. Es stehe ja klar in <strong>der</strong> Schrift, dass man<br />

ohne Heiligung, ohne ein gereinigtes Herz Gott nicht schauen könne. Nur<br />

die Überwin<strong>der</strong> können eingehen in die Stadt Gottes, darum sei es sehr<br />

wichtig, dass wir hier loswerden von allem Unreinen nach Geist, Seele und<br />

Leib.<br />

Wenn wir nicht durch das treueste Wachen über uns selbst und durch<br />

fortwährendes Bleiben an Jesu uns bewahren lassen, könnten wir nicht zur<br />

ersten Auferstehung kommen und müssten die tausend Jahre warten bis<br />

zur allgemeinen Auferstehung, was ein unbeschreiblicher Schmerz für die<br />

sei, die zurückbleiben müssen. Von ihm selbst wird bezeugt, dass er ganz<br />

in Jesu und aus Ihm lebte. „Sein Leben war ein wohlgeordneter Fluss aus<br />

dem Lebensstrom Jesu, <strong>der</strong> allen wie<strong>der</strong> zum Segen war, die den Segen<br />

davon annahmen. Und ob er gleich sich zu den Allergeringsten <strong>der</strong><br />

Angehörigen Jesu zählte, das wusste er gewiss, dass er zu seinem Heiland<br />

komme, wenn er nicht dessen nahe Wie<strong>der</strong>kunft erleben werde.“ Im<br />

Augenblick seines Abscheidens war es den Anwesenden bei allem<br />

Schmerz des Verlustes so unaussprechlich wohl, dass sie hätten ein<br />

Halleluja anstimmen mögen, denn sie fühlten sich von unsichtbaren<br />

seligen Wesen umgeben.<br />

In Bezug auf die Entwicklungsstufen im Jenseits berichtete Gommel,<br />

die Erde sei zunächst vom so genannten Luftreich o<strong>der</strong> Todestal umgeben.<br />

Dies sei eine Sphäre, die angefüllt sei von unzähligen Geistern, welche<br />

sich infolge <strong>der</strong> Schwerkraft ihres irdischen Wesens nicht höher emporschwingen<br />

können. Sie seien daselbst den Fürsten und Gewaltigen, die in<br />

<strong>der</strong> Finsternis dieser Welt herrschen (Epheser 6,12) preisgegeben und noch


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />

43<br />

allen Unbilden <strong>der</strong> Elemente ausgesetzt. Ihr dortiger Aufenthalt sei oft von<br />

langer Dauer, was durch den Verlust des Heimatgefühls und die<br />

Entbehrung jeglichen Schutzes ein überaus trauriges Los sei.<br />

Vom Todestal führe <strong>der</strong> Weg in den Hades, welcher ein stiller, einsamer<br />

Ort des Nachdenkens sei. Beleuchtung und Natur seien ganz dem<br />

unvollkommenen Zustande <strong>der</strong> dort weilenden Seelen entsprechend,<br />

welche dieses Land tiefer Dämmerungen erst nach gewonnener<br />

Selbsterkenntnis verlassen können.<br />

Hierauf gelangen sie in die Orte <strong>der</strong> Reinigung, die aus sieben<br />

Hauptstufen bestehen, <strong>der</strong>en jede wie<strong>der</strong> sieben Grade mit je drei<br />

Unterabteilungen habe. Hier sei den an Gott und die Erlösung glaubenden<br />

Seelen noch Gelegenheit gegeben, von den auf <strong>der</strong> Erde nicht abgelegten<br />

Leidenschaften und Untugenden frei zu werden, was aber, da sie die Zeit<br />

<strong>der</strong> Gnade versäumt haben, mit viel größerer Mühe und unter viel<br />

schwierigeren Umständen und bei weit längerer Zeitdauer als im<br />

Erdenleben stattfinde. Die dort befindlichen Seelen würden in ähnliche<br />

Verhältnisse, wie diejenigen, in welchen sie sich vor dem Sterben befunden<br />

haben, versetzt, in denen sie das Versäumte dann alles nachholen müssen.<br />

Schmerzen und Sorgen, Jammer und Elend empfänden sie noch stärker als<br />

auf <strong>der</strong> Erde und an ein Entrinnen irgendwelcher Art sei nicht zu denken.<br />

Erst wenn sie vom Grobsinnlichen losgeworden und vom Unflat <strong>der</strong> Sünde<br />

gereinigt seien, dürften sie die Ewigkeitstiegel verlassen und würden dann<br />

nach Durchwan<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> immer heller werdenden Grade, Unterabteilungen<br />

und Übergangsstufen in die Orte <strong>der</strong> Heiligung gelangen.<br />

Über den Reinigungsorten befänden sich siebenstufige Räume, eine Art<br />

Vorparadies, in welchen gutartige Kin<strong>der</strong>, die etwa im schulpflichtigen<br />

Alter in die Ewigkeit abgerufen worden seien, dort weiter erzogen und<br />

gelehrt würden. Sie hätten daselbst ihre Unarten abzulegen, und zu ihrer<br />

Erziehung würden solche gläubige Lehrer und Lehrerinnen verwendet,<br />

welche dabei die ihnen noch mangelnde Liebe, Sanftmut und Geduld<br />

nachzuholen hätten.<br />

In dieser Region sei auch <strong>der</strong> Ort, wo gutdenkende Heiden und<br />

gottesfürchtige Juden, welche zu ihren Lebzeiten ohne eigenes Verschulden<br />

vom Evangelium keine o<strong>der</strong> ungenügende Kenntnis hätten bekommen<br />

können, unterrichtet und für die Seligkeit zubereitet werden.<br />

Die Heiligungsorte o<strong>der</strong> Vorhallen des Himmels, auch Vorhimmel<br />

genannt, bestünden ebenfalls aus sieben Hauptstufen mit je sieben Graden<br />

und je drei Unterabteilungen, in welchen die in Gnaden aufgenommenen<br />

Seelen sich schon unaussprechlich selig fühlen und hier für die eigentlichen


44 Die Entwicklungsstufen im Jenseits<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Himmel zubereitet werden. Sie erhalten das Kleid des Heils und den Rock<br />

<strong>der</strong> Gerechtigkeit und je nachdem sie gesät bei Leibesleben, ein größeres<br />

o<strong>der</strong> kleineres Besitztum, über welches sie auch dann noch verfügen<br />

dürfen, wenn sie in eine höhere Seligkeit versetzt werden. Nicht wenige,<br />

welche Kin<strong>der</strong>n Gottes im Leben Gutes erwiesen haben, jedoch in <strong>der</strong><br />

Seligkeit kein eigenes Erbteil antreffen, werden von letzteren aus<br />

Dankbarkeit in ihre Wohnungen aufgenommen, wo dann das Wort des<br />

Herrn in Erfüllung gehe: „Machet euch Freunde mit dem ungerechten<br />

Mammon in die ewigen Hütten.“ (Lukas 16,9) Die Natur und alles, was in<br />

den Vorhimmeln vorhanden sei, übertreffe schon weit alle Herrlichkeit <strong>der</strong><br />

Erde, und was das Herz erfreuen könne, sei dort vorhanden. Die Bewohner<br />

jener Heiligungsstufen seien bereits auch einerlei Glaubens und feiern in<br />

prächtigen Tempeln erhebende Gottesdienste, bei welchen keine einzige<br />

Seele fehle und jedes sich darauf freue, wie<strong>der</strong> neuer Segnungen teilhaftig<br />

zu werden.<br />

Über die einzelnen Stufen, Grade und Abteilungen seien Vorsteher<br />

gesetzt, welche über die himmlische Ordnung wachen und alles<br />

beaufsichtigen und leiten. Seien die Seelen dann nach Durchwan<strong>der</strong>ung<br />

aller Stufen von allem Unheiligen frei und reinen Herzens geworden, so<br />

brechen aus dem Innersten ihres Wesens Strahlen hervor und zögen sie<br />

höher empor.<br />

Die Herrlichkeit, welche sie dann in den Orten <strong>der</strong> Verklärung erwarte,<br />

lasse sich mit menschlichen Worten nicht beschreiben. Alles atme dort<br />

Liebe und Frieden und sei voll Licht und Leben. Zu Festzeiten durchziehe<br />

<strong>der</strong> König <strong>der</strong> Könige mit großem Gefolge die einzelnen Herrlichkeitsstufen,<br />

bei welcher Gelegenheit ihn alle Bewohner <strong>der</strong> Verklärung<br />

anschauen dürfen. Unaussprechlich herrlich seien die von himmlischer<br />

Musik begleiteten Lob- und Danklie<strong>der</strong>, und <strong>der</strong> Pilger im Staube könne<br />

sich keine Vorstellung von dem Jubel machen, welcher dann die Himmel<br />

erfülle.<br />

In dem Grade, wie eine Seele von einer Klarheit zur an<strong>der</strong>n reife,<br />

nehme auch ihre Liebe zum Heiland zu, und erst nach Abstreifen auch des<br />

letzten Überbleibsels eigenen Wesens, werde sie mit ihrem Auferstehungsleibe<br />

vereinigt.<br />

Dann erst sei sie tüchtig, in die Stadt Gottes einzugehen. Näheres über<br />

ihre Aufnahme in diese Stadt, von den sieben Stufen <strong>der</strong>selben bis zu dem<br />

Berge Zion, dem Thronsitz des ewigen Gottes, von welchem alles Licht<br />

und alle Seligkeit ausgeht, wolle <strong>der</strong> geneigte Leser in dem oben<br />

erwähnten Buche nachlesen. Noch sei erwähnt, dass im Vorgarten <strong>der</strong><br />

Stadt Gottes sich das Kin<strong>der</strong>reich befindet, in welchem die früh


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Unversöhnlichkeit über den Tod hinaus<br />

45<br />

verstorbenen Kin<strong>der</strong> erzogen werden. Die Oberleitung desselben liege in<br />

den Händen Marias, <strong>der</strong> Mutter Jesu und des Lieblingsjüngers Johannes.<br />

(Pfarrer Alexan<strong>der</strong> Stern – Blicke ins Jenseits)<br />

<br />

Unversöhnlichkeit über den Tod hinaus<br />

Johannes Gommel<br />

Die Menschen ahnen nicht, wie nahe ihnen die Geisterwelt ist, wie viel<br />

Einfluss die Geister auf sie haben, gute und böse. Wer spricht: „Die<br />

Verstorbenen wissen nichts von uns”, <strong>der</strong> hat gar keinen Begriff von <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Welt. Sie wissen vieles! Und wenn sie nicht selbst um die<br />

Menschen sein können, so erkundigen sie sich bei den Engeln nach den<br />

Zurückgebliebenen. Immerdar besteht eine Verbindung, die Liebe hört<br />

nicht auf, aber auch <strong>der</strong> Hass oft lange nicht von den Bösen. Viele<br />

Menschen gehen mit Hass wi<strong>der</strong> den Nächsten in die Ewigkeit. Sie wirken<br />

nach dem Tode auf jene Seele ein und möchten ihr viel Übles tun, wenn sie<br />

nicht zurückgehalten würden von den Engeln. Bei vielen Menschen wird<br />

das erst in <strong>der</strong> Ewigkeit ausgemacht, was sie hätten hier tun sollen:<br />

einan<strong>der</strong> vergeben und das Vergangene vergessen. Da warten viele schon<br />

am Sterbebette, um Rache zu nehmen. Darum betet, dass niemand etwas<br />

wi<strong>der</strong> euch haben möge, wenn auch in geringerem Grade, auf dass man<br />

euch nichts anhaben kann auf dem Gang durchs Tal des Todes.<br />

Hier soll alles durchgerichtet werden, wenn man drüben fertig sein will<br />

und ungehin<strong>der</strong>t durchs Tal des Todes gehen. Es sind oft ganz geringe<br />

Sachen, welche ein Mensch dem an<strong>der</strong>n nachträgt, oft bis in die Ewigkeit<br />

hinein. Sie können nicht darüber wegkommen über das, was sie jetzt gerade<br />

wi<strong>der</strong> den Nächsten haben. Lasset niemals die Sonne untergehen, wenn ihr<br />

denket, es habe jemand etwas wi<strong>der</strong> euch; gehet hin und versöhnet euch mit<br />

demselben. Es gibt freilich oft Dinge, man weiß es nicht einmal, dass ein<br />

an<strong>der</strong>er etwas wi<strong>der</strong> einen hat. In diesem Falle bist du außer Schuld. Bete<br />

jeden Abend: „Herr, vergib mir, wenn ich jemand beleidigt habe. Streiche<br />

aus meine Schuld, wenn eines o<strong>der</strong> das an<strong>der</strong>e mich zu tadeln hätte und<br />

durch mich im Herzen verletzt worden wäre.“ Es gibt aber auch Seelen,<br />

welche beson<strong>der</strong>s dazu geneigt sind, die Zwietracht im Herzen festzuhalten.<br />

Solche mögen beten, dass sie sich nicht an allem ärgern und sich nicht<br />

immer aufhalten am Nächsten, son<strong>der</strong>n in ihr eigenes Herz schauen lernen,<br />

wie vieles da drinnen verborgen ist, das auch sie noch vom Himmel<br />

fernhält.


46 Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Bete so lange am Abend, bis du in deinem Herzen fühlst, dass du frei<br />

geworden bist von dem Bande des Hasses; denn es ist eben Hass, auch<br />

wenn du im geringen Grade etwas gegen deinen Nächsten trägst, man kann<br />

es nicht an<strong>der</strong>s nennen. O nur nichts in sich behalten und nicht alles<br />

voneinan<strong>der</strong> übel aufnehmen. Da hat <strong>der</strong> Feind schon gewonnenes Spiel,<br />

wenn du nur einen Gedanken in dein Herz aufnimmst. Im nächsten<br />

Augenblick macht er jenen Fehler noch einmal so groß in deinen Augen.<br />

Und hegst du noch länger den Gedanken, so wird er in einem Tage so<br />

groß, dass <strong>der</strong> Hass in deinem Herzen aufsteigt. Darum hinweg mit dem<br />

ersten Gedanken gegen deinen Nächsten! Kämpfe und lasse solche<br />

Gedanken nicht in dir aufkommen, sonst wirst du bis in die Ewigkeit<br />

hinüber nicht fertig; denn täglich kommen ja Ärgernisse vor, und würdest<br />

du nicht alles von dir weisen, so könntest du niemals fertig werden.<br />

Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe<br />

„Der Herr ist zwar überall <strong>der</strong> allmächtige Helfer und Besieger aller<br />

Hin<strong>der</strong>nisse, aber Er muss auch nach dem Grade und Maße des<br />

Hin<strong>der</strong>nisses zu Hilfe gerufen werden, sodann erst wird es geschehen, was<br />

da geschehen soll. Ihr saget hier freilich: Ja, warum aber das? So wir den<br />

Herrn um Hilfe anflehen, da wird Er uns wohl nicht weniger helfen, als wir<br />

es vonnöten haben. Ich sage euch: Ihr habt in einer Hinsicht zwar wohl<br />

recht, aber nur insoweit, als ihr daneben irrigerweise anzunehmen genötigt<br />

seid, dem Herrn sei wenig o<strong>der</strong> gar nichts daran gelegen, wie euer eigenes<br />

Erkenntnisvermögen bestellt ist. So etwas aber anzunehmen, meine ich,<br />

dürfte doch ein wenig zu töricht sein. Der Herr aber will ja vor allem die<br />

Selbsterkenntnis <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> erheben; daher lässt er auch alles von ihnen<br />

(selbst) eher beurteilen und bemessen, also auch ihre Not, auf dass sie ihm<br />

dann dieselbe nach ihrer Erkenntnis vortragen sollen, und Er ihnen dann<br />

helfe nach ihrer eigenen Erkenntnis und Verlangen.<br />

Aus diesem Grunde aber, meine lieben Freunde und Brü<strong>der</strong>, soll da auf<br />

<strong>der</strong> Erde auch niemand ein sündiges Hin<strong>der</strong>nis auf <strong>der</strong> eben sein sollenden<br />

Bahn seines Lebens mit einem leichtfertigen Maßstabe bemessen, sonst<br />

muß er es sich selbst zuschreiben, wenn ihm nach vielen Gebeten nicht die<br />

erwünschte völlige Hilfe wird. Denn <strong>der</strong> Herr ist zwar überaus liebevollst<br />

gut und freigebig mit seiner Gnade und Erbarmung, aber dabei dennoch<br />

stets im vollkommensten Grade respektierend die freie Tätigkeit des<br />

Geistes in je<strong>der</strong> Beziehung, sowohl in <strong>der</strong> Willens- als in <strong>der</strong><br />

Erkenntnissphäre. Unter uns aber gesagt, tut ein je<strong>der</strong> Mensch für sich<br />

genommen besser, wenn er in Anbetracht seiner selbst, wie ihr zu sagen


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Von <strong>der</strong> Bitte um Hilfe<br />

47<br />

pfleget, aus einer Mücke einen Elefanten macht, als umgekehrt, und es<br />

wird dann sein, dass <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> von solch einem Standpunkte aus um<br />

vieles bittet, auch viel empfangen wird; wer aber um weniges bittet, <strong>der</strong><br />

erwarte ja nicht, dass ihm <strong>der</strong> Herr ein unerkanntes und unverlangtes Plus<br />

auf den Rücken nachwerfen wird.<br />

Tut ihr ja auch das gleiche auf <strong>der</strong> Erde untereinan<strong>der</strong>. Warum sollte es<br />

<strong>der</strong> Herr nicht tun, <strong>der</strong> dafür den liebeweisesten Grund hat? Wird wohl<br />

selbst ein allerbestgesinnter reicher Mann einem, <strong>der</strong> ihn bittet, ihm<br />

zweihun<strong>der</strong>t Taler zu leihen, allenfalls streng benötigte zweitausend Taler<br />

geben? Ich sage euch: Solches wird er nicht tun, und wüsste er es auch<br />

augenscheinlichst, dass <strong>der</strong> bittende Entleiher unumgänglich notwendig<br />

<strong>der</strong> größeren Summe vonnöten hat. Er wird wohl, ebenfalls aus dem edlen<br />

Grunde seines Herzens, zum Entleiher sagen: Ich leihe dir recht gerne die<br />

verlangte Summe, wenn sie dir in deinem Bedürfnisse nur genügen wird.<br />

Wenn bei solch einem Stupfer <strong>der</strong> Entleiher noch immer in seinen<br />

blindtörichten Schüchternheitsschranken sich bewegt und bleibt bei seiner<br />

ersten Petition, saget euch selbst, wer dann die Schuld trägt, wenn dem<br />

Entleiher mit 200 Talern nicht gedient ist. Aus dem Grunde aber soll sich<br />

ein je<strong>der</strong> genau erforschen und seine Not genau bemessen, und dann erst<br />

an den heiligen, allmächtigen Helfer sich wenden, so wird ihm schon<br />

sicher die gerechte Hilfe werden, wenn er dieselbe glaubensfest,<br />

vertrauensvoll und liebeernstlich von Ihm erwartet.“ (GS, Bd 2, 30,10-18)<br />

<br />

Ein Jahr älter durch Gottes Gnade. Ein Schritt weiter auf Seinem Pfade,<br />

immer ferner dem eitlen Spiele, immer näher dem hohen Ziele,<br />

immer leerer des bloßen Scheins, immer voller des wahren Seins,<br />

immer kleiner im eigenen Herzen, immer größer durch Christi Schmerzen,<br />

immer betrübter ob meiner Schuld, immer froher ob Deiner Huld,<br />

immer ärmer am eignen Werke, immer reicher durch Deine Stärke,<br />

immer verschlossner zu klagen <strong>der</strong> Mund, offner zum Beten in je<strong>der</strong> Stund,<br />

immer strenger im eignen Verbrechen, immer mil<strong>der</strong> bei andren<br />

Gebrechen,<br />

immer befreiter vom Sündenreiz, immer gebundener an Christi Kreuz,<br />

immer stiller mein Kreuz zu tragen, immer lauter Sein Lob zu sagen,<br />

immer seliger in Seiner Liebe. O, dass ich´ s würde und immer bliebe!<br />

Anton Wünsch


48 Rat eines Seligen<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Rat eines Seligen<br />

„Du hast einen Berater, an den du dich wenden musst, den du kennst, und<br />

an den du dich noch nicht so recht herantraust, trotzdem du Ihn sehr wohl<br />

kennst. Bevor du nicht diese Scheu überwindest, bevor du nicht im innersten<br />

Wesen dich Ihm tatsächlich ganz ergibst und Ihn mit aller Sehnsucht anziehst,<br />

wird Er sichtbar Sich dir auch nicht zeigen. Gerade weil du Seine<br />

Offenbarungen kennst, hast du es schwerer als an<strong>der</strong>e, denen sie fremd<br />

blieben. Wem viel gegeben, von dem wird auch viel gefor<strong>der</strong>t. Seelen, die<br />

guten Herzens sind, wenn auch noch in Unwissenheit stehend, kann sich <strong>der</strong><br />

Herr weit eher zeigen aus Gnade und Barmherzigkeit als solchen, die Sein<br />

Wesen kennen, es trotzdem aber noch nicht fertig bringen, Ihn in wirklicher<br />

Sehnsucht heranzuziehen.<br />

Es ist das ein eigen Ding mit dem Wissen und voll Ausführen einer<br />

Seelenempfindung. Es gibt da so viele feine Unterschiede, die zu Hemmungen<br />

führen können, dass du noch, bei weiterer Erfahrung, aus <strong>der</strong> Verwun<strong>der</strong>ung<br />

gar nicht herauskommst. Glaube mir, es gibt auch hier (im Jenseits) eine große<br />

Anzahl Seelen, die die neuen Offenbarungen auf Erden völlig kennen lernten,<br />

von ihren Angehörigen und Mitgläubigen als Borne <strong>der</strong> Weisheit angestaunt<br />

wurden und sich nur zu sehr in dem Wahne eigener Vortrefflichkeit wiegten,<br />

und die noch alle eine recht harte Schule <strong>der</strong> Selbstverleugnung<br />

durchzumachen haben, noch weit davon entfernt sind, den Herrn nur zu sehen,<br />

geschweige in Seiner Gemeinschaft zu leben, wie sie sicher dachten.<br />

Warum aber? Weil sie im Grunde ihres Herzens den Herrn nur um ihrer<br />

selbst willen lieben, nicht aber wahrhaft in <strong>der</strong> Entäußerung je<strong>der</strong> Selbstliebe.<br />

Sie wollten als Auserwählte des Herrn anerkannte Führer des Volkes, <strong>der</strong><br />

einzelnen Brü<strong>der</strong> sein, um reiche Ernte an Bewun<strong>der</strong>ung einzuheimsen. Diese<br />

Seelen bezahlten sich selbst durch ihre Sucht, lebten sich in eine Art<br />

Größenwahn hinein und wollten, mehr o<strong>der</strong> weniger unbewusst, nicht<br />

För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> Sache Gottes sein, als vielmehr Vertreter und Anbeter einer<br />

egoistischen Selbstherrlichkeit. Sie sind Luzifers Kin<strong>der</strong>, nicht Gotteskin<strong>der</strong>;<br />

sie sind befleckten Herzens, leben in Selbsttäuschung, Überhebung, sind<br />

fromm in Äußerlichkeiten und bedenken nicht, dass ein frommes, wirklich<br />

Gott ergebenes Gemüt keinerlei äußere Anerkennung erstrebt, dass ihm diese<br />

sogar höchst unangenehm ist und treue Pflichterfüllung einer solchen Seele<br />

höher steht, als alles Lob <strong>der</strong> Welt, <strong>der</strong> Glaubensgenossen. Denke daher daran,<br />

nur dem Herrn allein zu gefallen, nicht mehr durch in diesem Wunsche<br />

bedingte Taten, son<strong>der</strong>n durch selbstverständliches Erfüllen Seiner Gebote,<br />

wobei du von vornherein auf jeden Dank und Anerkennung verzichtest, gar<br />

nicht an diese Wirkung denkst!“<br />

(Leopold Engel - Im Jenseits)


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Ramakrishnas Christusvision<br />

49<br />

Ramakrishnas Christusvision (1836-1886)<br />

Etwa 1874 wünschte sich Ramakrishnas Geist das Erlangen <strong>der</strong><br />

göttlichen Erfahrung mittels wie<strong>der</strong> eines an<strong>der</strong>en Weges. Damals machte<br />

Ramakrishna Bekanntschaft mit jemandem, <strong>der</strong> ihm aus <strong>der</strong> Bibel vorlas.<br />

So erfuhr er vom Leben Jesu und dem Glauben, den dieser gegründet<br />

hatte. Der Wunsch, den spirituellen Übungen dieses Weges zu folgen,<br />

erwachte sogleich in ihm. Ein Freund hatte ein herrschaftliches<br />

Gartenhaus, in dem sich neben an<strong>der</strong>en Gemälden ein Bild des Jesuskinds<br />

auf dem Schoß seiner Mutter befand. Ramakrishna berichtet, dass er eines<br />

Tages in diesem Haus saß, intensiv das Bild betrachtete und an das<br />

außergewöhnliche Leben Jesu dachte. Plötzlich fühlte er, dass das Bild<br />

lebendig wurde und dass ein glänzen<strong>der</strong> Lichtstrom vom Körper <strong>der</strong><br />

Mutter und des Kindes ausging, in sein Herz eindrang und radikal alle<br />

Ideen in seinem Geist verän<strong>der</strong>te. Als er merkte, dass seine ererbten<br />

Hindu-Tendenzen in eine winzige Ecke seines Geistes zusammenschrumpften<br />

und neue Tendenzen aufkamen, versuchte er sich auf<br />

verschiedene Arten zu kontrollieren und betete inbrünstig zur göttlichen<br />

Mutter: „Mutter, was für seltsame Verän<strong>der</strong>ungen bewirkst du in mir?“<br />

Aber alles war zwecklos. Wellen neuer Eindrücke erhoben sich mit<br />

großer Kraft in ihm und überwältigten vollständig die Hindu-Ideen in<br />

seinem Geist. Seine Liebe für die indischen Götter und Göttinnen<br />

verschwand, und stattdessen ergriffen ihn ein großer Glaube und eine<br />

starke Verehrung für Jesus und seine Religion. Er sah auf einmal vor<br />

seinem inneren Auge christliche Gottesverehrer, die Weihrauch und<br />

Kerzen vor dem Bildnis Jesu in einer Kirche darbrachten. Sein Geist<br />

verband sich mit <strong>der</strong> Sehnsucht dieser Verehrer nach Gott, welche sie<br />

durch ihre aufrichtigen Gebete ausdrückten. In diesem Zustand kehrte<br />

Ramakrishna zum Tempel von Dakshineswar zurück und blieb ganz<br />

gefangen im Nachsinnen über diese inneren Ereignisse. Er vergaß völlig,<br />

zum Schrein <strong>der</strong> göttlichen Mutter zu gehen und ihr Verehrung zu<br />

erweisen. Die Wellen jener neuen Ideen hielten seinen Geist tagelang in<br />

ihrer Gewalt.<br />

Einige Tage später, als Ramakrishna unter den Bäumen seines<br />

Meditationsplatzes entlangging, sah er, dass ihm ein wun<strong>der</strong>barer<br />

Gottmensch von heller Hautfarbe entgegenkam und ihn fest anblickte.<br />

Ramakrishna bemerkte sofort, dass es sich um einen Auslän<strong>der</strong> handelte.<br />

Er berichtet, dass dessen längliche Augen seinem Gesicht eine wun<strong>der</strong>bare<br />

Schönheit verliehen, und dass die Spitze seiner Nase, obwohl ein bisschen<br />

flach, keineswegs diese Schönheit störte. Ramakrishna war wie verzaubert


50 Das Geschenk des Bettlers<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

von dem ungewöhnlich göttlichen Ausdruck dieses schönen Antlitzes und<br />

wun<strong>der</strong>te sich, wer dieser Mann wohl sei. Der Mann kam näher, und<br />

daraufhin stiegen aus den Tiefen von Ramakrishnas Herzen die Worte wie<br />

ein Glockenklang: „Jesus, <strong>der</strong> Christus! Der große Yogi, <strong>der</strong> liebende Sohn<br />

Gottes, <strong>der</strong> eins ist mit dem Vater, <strong>der</strong> sein Herzblut vergoss und endlose<br />

Qual erlitt, um die Menschen von Leid und Elend zu befreien!“<br />

Jesus, <strong>der</strong> Gottmensch, umarmte daraufhin Ramakrishna und trat in<br />

dessen Körper ein und verschwand darin. Ramakrishna verlor das normale<br />

Bewusstsein, fiel in Ekstase und blieb einige Zeit vereinigt mit dem<br />

allgegenwärtigen Göttlichen als Quelle aller edlen Eigenschaften.<br />

Nachdem er so die Vision Jesu erlangt hatte, blieben Ramakrishna nicht<br />

die geringsten Zweifel, dass Christus eine göttliche Inkarnation gewesen<br />

war.<br />

<br />

Das Geschenk des Bettlers<br />

Ich ging die Straße hinunter. Ein bedürftiger, gebrechlicher Greis hielt<br />

mich an. Entzündete, tränende Augen, fahlblaue Lippen, zerfetzte Lumpen,<br />

unsaubere Schwären. Oh, wie schrecklich hatte die Not dieses<br />

unglückliche Geschöpf verunstaltet!<br />

Er streckte mir seine gerötete, verschwollene, schmutzige Hand hin. Er<br />

stöhnte, er ächzte um Hilfe.<br />

Ich begann, all meine Taschen zu durchsuchen. Aber we<strong>der</strong> Geldbeutel<br />

noch Uhr, nicht einmal das Taschentuch war da. Ich hatte nichts<br />

mitgenommen.<br />

Der Bettler aber wartete noch immer und seine ausgestreckte Hand<br />

bebte und zitterte vor Schwäche.<br />

Verwirrt und verlegen ergriff ich mit kräftigem Druck diese<br />

schmutzige, zitternde Hand.<br />

„Zürn mir nicht, Bru<strong>der</strong>; ich habe gar nichts bei mir, mein Bru<strong>der</strong>.“<br />

Der Bettler richtete seine entzündeten Augen auf mich; ein Lächeln<br />

kam auf seine fahlen Lippen — und dann drückte auch er meine erkalteten<br />

Finger.<br />

„Lass es gut sein, Bru<strong>der</strong>“, sagte er leise; „auch dafür bin ich dir<br />

dankbar. Auch das ist eine Gabe, mein Bru<strong>der</strong>.“<br />

Da fühlte ich, dass auch ich von meinem Bru<strong>der</strong> eine Gabe empfangen<br />

hatte.<br />

(Iwan Turgenjew)


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Die Turmuhr<br />

51<br />

Die Turmuhr<br />

Auf einem hohen Turme in einer Stadt dieser Zeit ließ ein Herzog eine<br />

prachtvolle Uhr aufrichten. Da <strong>der</strong> Turm achteckig war, so ließ er an je<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> acht Flächen, die natürlich zwischen die acht Ecken fielen, ein<br />

Zifferblatt machen, auf daß je<strong>der</strong>mann von allen möglichen Punkten aus<br />

die Stunden bemerken, sehen und sich überzeugen könne, um die wievielte<br />

Tagesstunde, Minute und Sekunde es sei.<br />

Nebst <strong>der</strong> genauesten Zeiteinteilung von <strong>der</strong> Stunde bis zur Sekunde<br />

zeigte die Uhr aber auch das monatliche Tagesdatum, den Stand des<br />

Mondes und auch den Stand <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Planeten, sowie die tägliche<br />

Dauer des Lichtes vom Aufgange bis zum Nie<strong>der</strong>gange <strong>der</strong> Sonne, und<br />

danebst auch die vier Jahreszeiten, - aber natürlich alle diese beson<strong>der</strong>en<br />

astronomischen Daten auf eigenen, unter dem Hauptuhrblatte<br />

angebrachten astronomischen Zifferblättern.<br />

Nebst all dem aber, was diese Uhr auf ihren Zifferblättern zeigte, hatte<br />

sie auch ein ganz vortreffliches Stunden- und Viertelstundenschlagwerk<br />

und dabei auch noch ein allerreinstes Glockenspielwerk - und für all diesen<br />

überaus kompliziert künstlichen Mechanismus nur ein einziges<br />

Triebgewicht; kurz und gut, diese Uhr suchte vergeblich ihresgleichen<br />

irgendwo in <strong>der</strong> ganzen gebildeten Welt!<br />

Allein daran liegt nichts, auch daran nicht, daß sie einen so<br />

verschiedenen Dienst so überaus richtig verrichtete; aber daß da alle diese<br />

unter sich sehr verschiedenen Verrichtungen nur von einem und demselben<br />

Triebgewichte in die zweckdienlichste Bewegung gesetzt wurden, das war<br />

das eigentliche Wun<strong>der</strong>bare bei dieser Uhr.<br />

Als ein Frem<strong>der</strong> in diese Stadt kam, da fiel ihm die also ersichtliche<br />

Uhr wohl zuerst auf, und er fragte den nächsten besten, wie viele<br />

Triebfe<strong>der</strong>n und Gewichte wohl etwa diese Uhr habe. Als man ihn<br />

beschied: „Nur eines!“, da ward er völlig verblüfft und ungläubig und<br />

sprach: „Das ist eine Unmöglichkeit! So viele und so verschiedene<br />

Verrichtungen und nur eine Triebkraft!? Nein, nein, das geht nicht, das ist<br />

unmöglich!“<br />

Wie<strong>der</strong> kam ein an<strong>der</strong>er von <strong>der</strong> Fremde und besah die Uhr und<br />

verwun<strong>der</strong>te sich über und über, als man ihm erklärte, was die Uhr alles<br />

verrichte. Er meinte, es müsse da ein jedes Zifferblatt ein eigenes<br />

Triebwerk haben, wodurch <strong>der</strong> Turm natürlich von lauter verschiedenen<br />

Uhren angestopft sein müßte. Als man ihm aber erklärte, daß da nur ein<br />

einziges Triebwerk all die Zeiger bewege, ward er völlig aufgebracht, da er<br />

meinte, daß man sich ob seiner Unwissenheit mit ihm nur einen Spaß


52 Die Turmuhr<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

erlaube, und er ging von dannen und erkundigte sich nicht weiter um dies<br />

Uhrwerk.<br />

Und wie<strong>der</strong> kam ein an<strong>der</strong>er aus <strong>der</strong> Fremde und bewun<strong>der</strong>te diese Uhr<br />

und fragte nach dem Meister <strong>der</strong>selben und man gab ihm zur Antwort:<br />

„Der Meister dieser Uhr war ein ganz schlichter Landmann, und es ist<br />

nicht gewiß, ob er des Lesens und Schreibens kundig war!“<br />

Diese richtige Antwort brachte den Fremden in eine förmliche Wut, daß<br />

er darob schwieg und bald ging, weil er nicht gekommen sei, um sich da<br />

für einen blöden Narren auf eine so plumpe Art schelten zu lassen.<br />

Und so kamen noch eine Menge und fragten wie die ersten; als man sie<br />

aber näher in die Geheimnisse dieses Kunstwerkes einweihen wollte, da<br />

wurden sie alle ärgerlich und sprachen: „Bis wir das mit eigenen Augen<br />

gesehen haben, können wir es nicht glauben!“<br />

Und siehe, man führte sie in den Turm. Als sie aber da das nahezu<br />

zahllose Rä<strong>der</strong>werk, die vielen Hebel, Zylin<strong>der</strong>, Haken, Stangen und noch<br />

tausend an<strong>der</strong>e mechanische Vorrichtungen und Verbindungen erblickten,<br />

da wurden sie förmlich unsinnig und sprachen und schrieen: „Wer kann<br />

dieses Werk durchschauen und begreifen? Das kann kein Mensch gemacht<br />

haben! Da gehören hun<strong>der</strong>t Menschenalter dazu, um nur die Bestandteile<br />

dieses Werkes abzuzählen, geschweige erst zu machen!“ - Und all diese<br />

Fremden gingen ganz unsinnig von dannen.<br />

Nur wenige ließen sich über die Richtigkeit dieses Werkes belehren,<br />

obwohl den wenigen Besseren <strong>der</strong> zu schlichte und unwissenschaftlich<br />

gebildete Werkmeister ein Stein des Anstoßes blieb - mehr o<strong>der</strong> weniger.<br />

Was wohl lehret dieses Bild? Was ist dessen innerer, geheimer Sinn? -<br />

Darüber denke je<strong>der</strong> ein wenig nach und übe sich also im Aufsuchen <strong>der</strong><br />

inneren Wahrheiten und entdecke darin so viel, als ihm möglich ist, bis<br />

seiner Zeit die vollkommene Löse gegeben werden wird! Amen.<br />

(Die Erde)<br />

<br />

Wo kann ich Gott finden?<br />

„Hier sitze ich neben dir“, sagte Gott zu einem eifrigen Anhänger, „und<br />

du zerbrichst dir den Kopf weiter über mich, bemühst deine Zunge, um<br />

über mich zu reden, und Bücher, um über mich zu lesen.<br />

Wann wirst du endlich still und spürst mich?“


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Weisheitsgeschichten<br />

53<br />

Hingabe<br />

Der Alte des Dorfes wurde zum Thema Hingabe gefragt. Entgegen<br />

seiner sonstigen, so bedächtigen Art antwortete er dieses Mal unmittelbar:<br />

„Mach einfach die Augen auf, schau, staune. Die Natur zeigt es dir.<br />

Hingabe hat ganz viel mit Einverstanden sein zu tun. Wie oft wollen wir<br />

uns hingeben, aber nur auf die von uns vorgestellte Art? Wo ist da das<br />

Einverstanden sein mit dem, was ist?<br />

Gegenüber den Pflanzen, die da wachsen müssen, wo <strong>der</strong> Same hinfällt,<br />

haben wir als Menschen die freie Wahl, unser Lebensumfeld selbst zu<br />

schöpfen. Unsere Lebenssituation spiegelt genau das, was wir erzeugt<br />

haben. Sind wir damit nicht einverstanden, so wenden wir uns gegen<br />

unsere eigene Schöpfung. Wi<strong>der</strong>stand ist Fortbestand. Nehmen wir an, was<br />

ist, so schalten wir den Weg zur Verän<strong>der</strong>ung frei.<br />

Hingabe hat auch mit Vertrauen zu tun. Vertrauen darauf, dass sich<br />

vieles än<strong>der</strong>n wird, sobald wir uns <strong>der</strong> momentanen Situation hingeben. Im<br />

tiefsten Grunde unseres Herzens haben wir alle ein wenig Angst vor<br />

Verän<strong>der</strong>ung, weil uns das Vertrauen fehlt.<br />

Lernen wir, das anzunehmen, was ist und vertrauen wir darauf, dass<br />

sich alles zum Besten än<strong>der</strong>n wird, dann ist Hingabe an das Leben ganz<br />

einfach.“ Dann schwieg er und sagte nichts mehr.<br />

<br />

Der Mensch und sein Schatten<br />

Ein Mann entdeckte eines Tages, dass er einen Schatten hatte. Eine<br />

<strong>der</strong>artige Angst überfiel ihn, dass er davonrannte, um seinen Schatten<br />

loszuwerden. Als er nach einigen Tagen immer noch auf <strong>der</strong> Flucht war,<br />

versagten seine Kräfte und er brach tot zusammen.<br />

Was hätte er tun können, um die Angst vor seinem eigenen Schatten zu<br />

verlieren?<br />

Wenn er in den Schatten eines großen Baumes getreten wäre, hätte er<br />

ein wenig Ruhe gefunden und festgestellt, dass <strong>der</strong> Baum seinen Schatten<br />

aufgenommen hat.<br />

Wie viel mehr wird Christus, wenn wir innehalten und zu ihm rufen,<br />

unseren Schatten liebend annehmen und verwandeln?


54 Weisheitsgeschichten<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Mein Bru<strong>der</strong><br />

Auf steiler Straße traf ich jüngst ein Mädchen, den kleinen Bru<strong>der</strong> auf<br />

dem Rücken tragend.<br />

„Ei“, sagte ich, „Kind, da trägst du eine Schwere Last!“<br />

Darauf sieht verwun<strong>der</strong>t mich das Mädchen an und spricht: „Mein<br />

Herr, ich trage keine Last, ich trage meinen Bru<strong>der</strong>.“<br />

Ich stand betroffen. Tief hat sich das Wort des tapfern Kindes mir ins<br />

Herz gegraben.<br />

Und immer, wenn die Not <strong>der</strong> Menschen mich bedrückt und mir wie<br />

eine schwere Last den Mut will rauben, so mahnt des Mädchens Antwort<br />

mich und tröstet: „Du trägst ja keine Last, du trägst doch deinen Bru<strong>der</strong>.“<br />

Von <strong>der</strong> Suche<br />

Rabbi Baruchs Enkel, <strong>der</strong> Knabe Jechiel, spielte einst mit einem<br />

an<strong>der</strong>en Knaben Verstecken. Er verbarg sich gut und wartete, dass ihn<br />

sein Gefährte suche. Als er lange gewartet hatte, kam er aus dem<br />

Versteck; aber <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e war nirgends zu sehen. Nun merkte Jechiel,<br />

dass jener ihn von Anfang an nicht gesucht hatte. Darüber musste er<br />

weinen, kam weinend in die Stube seines Großvaters gelaufen und<br />

beklagte sich über den bösen Spielgefährten.<br />

Da flossen dem Rabbi Baruch die Augen über, und er sagte: „So<br />

spricht Gott auch: Ich verberge mich, aber keiner will mich suchen.“<br />

Klarheit<br />

Schaut euch nicht suchend um nach Gott“, sagte <strong>der</strong> Meister. „Schaut<br />

einfach - und alles wird sich zeigen.“ „Aber wie soll man schauen?“<br />

„Jedes Mal, wenn du etwas ansiehst, sieh' nur das, was da ist und<br />

nichts sonst.“<br />

Die Schüler waren verwun<strong>der</strong>t, also sagte <strong>der</strong> Meister es einfacher:<br />

„Wenn ihr z. B. den Mond betrachtet, seht nur den Mond und nichts<br />

sonst.“ „Was könnte man denn noch sehen außer dem Mond, wenn man<br />

den Mond betrachtet?“<br />

„Jemand, <strong>der</strong> Hunger hat, könnte einen Käselaib sehen, ein Lieben<strong>der</strong><br />

das Gesicht seiner Geliebten.“


<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong> Verschiedenes<br />

55<br />

Herbst-Tagung <strong>der</strong> Schweizer <strong>Lorber</strong>freunde<br />

im Bildungszentrum Matt, CH 6103 Schwarzenberg<br />

Tel.: +41 (0) 499 70 99 / email: bzmatt@swissonline.ch<br />

vom 1. bis 4. Oktober <strong>2009</strong><br />

Geplante Vorträge:<br />

Karl Ulrich - Mariam - Maria, gelöst vom Rufe römischer Heiligkeit<br />

Jürgen Kramke - Die sechs Stufen zur geistigen Wie<strong>der</strong>geburt<br />

Franz Schny<strong>der</strong> - Evolution und Kreationismus<br />

Günter Oberschmid - Was hat Yoga mit Christentum zu tun?<br />

Wilfried Schlätz - Hochmut und Demut<br />

Die Pensionskosten belaufen sich ab 63,35 € bis 90,00 € / Tag inkl.<br />

Vollpension.<br />

Anreise mit dem Auto: Autobahn Luzern Ri. Bern, Ausfahrt Emmen<br />

Süd / Malters / Schwarzenberg<br />

Öffentl. Verkehrsmittel: ab Bahnhof Luzern mit SBB nach Malters, dann<br />

mit dem Postauto nach Schwarzenberg, Haltestelle direkt vor dem Haus.<br />

Anmeldung bis 22. September <strong>2009</strong> und Auskunft:<br />

Marianne Schny<strong>der</strong>, Rütimattstr. 3<br />

CH-6030 Ebikon<br />

Tel.: (0041) (0) 41 440 81 56<br />

Vorträge <strong>der</strong> Tagung in Hohenwart<br />

Tonbandkassetten bzw. CDs <strong>der</strong> Vorträge von <strong>der</strong> Tagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<br />

<strong>Gesellschaft</strong> in Hohenwart können bestellt werden beim:<br />

Kassettendienst Lothar Schuller,<br />

Anton-Beilhackstr. 11, D-83278 Traunstein<br />

Eine DVD mit sämtlichen Vorträgen im MP3-Format und Video-<br />

Format, sowie zahlreichen Fotos von <strong>der</strong> Tagung kann ebenfalls über<br />

obige Adresse bestellt werden.<br />

Ferner können die Vorträge auch auf <strong>der</strong> Internetseite <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<br />

<strong>Gesellschaft</strong> (www.<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.de) bezogen werden.


56 Verschiedenes<br />

<strong>GL</strong> 3/<strong>2009</strong><br />

Gründung eines <strong>Lorber</strong>kreises im Raum Fulda<br />

Gerne möchte ich mich einmal im Monat mit <strong>Lorber</strong>- und Swedenborg-<br />

Freunden treffen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.<br />

Bitte ruft mich an unter: 06651-217625 o<strong>der</strong> E-Mail-Anschrift:<br />

sylka.schaefer@gmx.de<br />

Ehemaliges <strong>Lorber</strong>-Grundstück in Kaniza zu verkaufen<br />

Verkaufe in Kaniza/Slowenien direkt neben bzw. vor dem einstmaligen<br />

Haus <strong>der</strong> Fam. <strong>Lorber</strong>, ein Wirtschaftsgebäude (55qm)<br />

und einen Obstgarten (301qm).<br />

Informationen unter: 0049-07142-9156764<br />

Seminare nach den Eingebungen Jakob <strong>Lorber</strong>s<br />

Sonntag, 27.September <strong>2009</strong><br />

Der Ursprung <strong>der</strong> Gedanken und die Versenkung im Lichte Jesu<br />

mit Wilfried Schlätz, Kenner <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>werke<br />

Beginn: 9 Uhr bis ca. 16 Uhr auf Spendenbasis<br />

Sonntag, 11. Oktober <strong>2009</strong><br />

Die 35 Schwächen und Stärken unserer Seele – Ihre Verbindung<br />

zum Körper – Ihre Transformation durch Wort, Mineral, Pflanze,<br />

Übung mit Günter Oberschmid<br />

Beginn : 10 Uhr 30 bis ca. 16 Uhr € 35,-<br />

Sonntag, 22. November <strong>2009</strong><br />

Die Himmelfahrt des Sehel, des Henoch, des Elia und Jesu<br />

mit Wilfried Schlätz<br />

Beginn: 9 Uhr bis ca. 16 Uhr auf Spendenbasis<br />

Unkostenbeitrag mit Tagesverpflegung mit Wilfried € 25,-<br />

Übernachtung: € 20,--<br />

Seminarhaus „Heidewuhr“im schönen Schwarzwald<br />

79736 Rickenbach – Bergalingen<br />

Anmeldung Tel: 07765 – 1006 o<strong>der</strong> 07761 – 2041<br />

mail: seminarhaus.heidewuhr@t-online.de<br />

www.lorberfreunde-schwarzwald.de


Die Hauptwerke des Mystikers Jakob <strong>Lorber</strong> (1800-1864)<br />

Das große Evangelium Johannes (10 Bände, je 450 Seiten) - In diesem großen und<br />

herrlichen Offenbarungswerk erhalten wir nach <strong>der</strong> Verheißung Joh. 14,26 eine genaue,<br />

eingehende und tief gedankenvolle Schil<strong>der</strong>ung alles dessen, was Jesus in den drei Jahren<br />

Seiner irdischen Lehrtätigkeit getan und gesprochen hat. Von <strong>der</strong> Fülle des in Joh.<br />

21,25 Angedeuteten hat die Liebe und Gnade des Himmlischen Vaters hier den Menschen<br />

zu ihrer Erleuchtung und Rettung endlos Großes geoffenbart.<br />

Die Haushaltung Gottes (3 Bände, je 450 Seiten) - Dieses Werk entrollt in machtvoller<br />

Sprache ein gewaltiges Bild des göttlichen Weltplanes, <strong>der</strong> Schöpfungsgeschichte und<br />

<strong>der</strong> Urgeschichte <strong>der</strong> Menschheit von <strong>der</strong> Erschaffung Adams bis zur Sündflut.<br />

Die Jugend Jesu (420 Seiten) - Dies ist die Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> verschollenen, von Jakobus,<br />

dem Stiefbru<strong>der</strong> des Herrn, verfassten Jugendgeschichte Jesu, des sog. Jakobus-<br />

Evangeliums. Enthaltend die wun<strong>der</strong>bare Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kindheit Jesu, gibt sie uns<br />

auch zugleich ein helles Licht über das Rätsel von Gott und Mensch in <strong>der</strong> Person Jesu.<br />

Die geistige Sonne (2 Bände, je 500 Seiten) - Grundsätzliche Belehrung über die Zustände<br />

im Jenseits und die dortige Weiterentwicklung <strong>der</strong> Seelen. Ein hoch bedeutendes<br />

Werk für Fortgeschrittene.<br />

Bischof Martin (500 Seiten) - Entwicklungswege eines in menschlicher Unvollkommenheit<br />

abgeschiedenen Bischofs im Jenseits bis zu seiner Vollendung.<br />

Von <strong>der</strong> Hölle bis zum Himmel (Robert Blum) (2 Bände, je 500 Seiten) - Erfahrungen<br />

und Erlebnisse des 1848 erschossenen Revolutionärs Robert Blum im Jenseits. Dieses<br />

Werk gibt ein überaus lebendiges, vielseitig aufgeklärtes Bild <strong>der</strong> jenseitigen Weiterentwicklung<br />

dieser politischen Persönlichkeit zum Gotteskind.<br />

Erde und Mond (250 Seiten) - Wichtiges Hauptwerk über die geistige Welterklärung.<br />

Umfassende Darstellung des Baues und <strong>der</strong> Bedeutung von Erde und Mond.<br />

Die natürliche Sonne (1 Band, 320 Seiten) - Mehr als die Werke <strong>der</strong> gelehrten Sternkunde<br />

enthüllt uns dieses Buch die Schöpfungen unseres Sonnensystems. Die Hauptsache<br />

aber dieser Sonnen- und Sternenkunde führt uns zu Gott und zum Leben aus Gott.<br />

Schrifttexterklärungen (112 Seiten) - Lichtvolle, aufschlussreiche Erklärung wichtiger<br />

Bibelstellen.<br />

Die drei Tage im Tempel (96 Seiten) - Der zwölfjährige Jesus im Tempel zu Jerusalem.<br />

Briefwechsel Jesu mit Abgarus (40 Seiten) - Wie<strong>der</strong>gabe des einzigen, echten Briefwechsels<br />

Jesu, von welchem das Geschichtswerk des Kirchenvaters Eusebius Kunde<br />

gibt.<br />

Der Großglockner (80 Seiten) - Ein Evangelium <strong>der</strong> Berge, behandelnd die natürliche<br />

und geistige Bedeutung <strong>der</strong> Gebirge und das Wesen und Walten <strong>der</strong> Naturgeister in <strong>der</strong><br />

Bergwelt.<br />

Heilung und Gesundheitspflege (240 Seiten) – Zusammenstellung von Ratschlägen für<br />

die Heilung und Gesun<strong>der</strong>haltung von Leib und Seele.<br />

Kurt Eggenstein – Der unbekannte Prophet Jakob <strong>Lorber</strong>. Ein Einführungsbüchlein.<br />

Gesamtprospekt und Bücher sind zu beziehen durch den LORBER-Verlag<br />

Postfach 1851, 74308 Bietigheim, Deutschland<br />

E-Mail: info@lorber-verlag.de<br />

http://www.lorber-verlag.de


Besinnliche Texte zur Meditation<br />

„Der Weg, <strong>der</strong> zum Leben des Geistes führt, ist ein<br />

dorniger und schmaler! Das will so viel sagen als: Alles<br />

was dir in diesem Leben von seiten <strong>der</strong> Menschen auch<br />

immer Ärgerliches, Bitteres und Unangenehmes<br />

begegnen kann, das bekämpfe du mit aller Geduld und<br />

Sanftmut, und wer dir Übles tut, dem tue nicht wie<strong>der</strong><br />

dasselbe zurück, son<strong>der</strong>n das Gegenteil, so wirst du glühende<br />

Kohlen über seinem Haupte sammeln! Wer dich schlägt, dem<br />

vergelte nicht Gleiches mit Gleichem, nimm lieber noch einen<br />

Schlag von ihm, auf daß Friede und Einigkeit zwischen euch sei<br />

und bleibe; denn nur im Frieden gedeiht das Herz und des Geistes<br />

Wachstum in <strong>der</strong> Seele.“ (Gr.Ev.Joh. 4; 78,5) Jakob <strong>Lorber</strong> (1800-1864)<br />

<br />

„Je näher wir Gott sind, um so karger werden unsere Worte. Wo<br />

wir viele Worte machen, statt anzubeten, statt zu verehren, statt<br />

voll Ehrfurcht auf die Knie zu sinken: Da sind wir von Gott noch<br />

weit. Je näher wir Gott sind, um so stiller wird es. Und beginnt das<br />

Schweigen, dann hört auch das Fragen auf: Dann sind wir bei<br />

Gott.“<br />

Dionysius Areopagita (um 550 n. Chr.)<br />

<br />

„Warum ist das Tote Meer tot? Weil es die ganze Zeit<br />

nur empfängt, aber nichts hergibt. Warum sind so viele<br />

Christen erkaltet? Weil sie immer nur empfangen und<br />

nie etwas hergeben.“ Dwight L.Moody (1937-1899)<br />

<br />

„Wir haben im Grunde in unserer Welt nur eine einzige<br />

Aufgabe: unserem Nächsten eine hilfreiche Hand zu<br />

bieten, sein Schicksal auf uns zu nehmen, in <strong>der</strong> Not des<br />

an<strong>der</strong>en einzusteigen, das fremde Leid auszutragen und<br />

so das Leid <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en zu überwinden.<br />

Tun wir das, so werden wir es zwar schwer haben in <strong>der</strong> Welt.<br />

Aber wir werden glücklich sein.“ Ladislaus Boros (1927-1981)

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