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Die originelle Frage von der Originalität von Henne oder Ei lässt sich immanent<br />
nicht lösen. Evolutionär gesehen, wird es irgendwann einen Entwicklungssprung<br />
zu einem Lebewesen gegeben haben, das etwas Eierähnliches gelegt hat. Wie aber<br />
stellt sich die evolutionäre Kausalität dar, wenn es um die Steuerung des Weltgeschehens<br />
durch den Menschen geht, auf die der sich so viel einbildet? Wie konnte<br />
Newton seine Gesetze entwickeln oder<br />
Und was bringt Herrn G. dazu, sich einen<br />
Mendel oder Murphy? Kam Napoleon<br />
Porsche zu kaufen, seinen Hund zu streicheln<br />
oder Schweinebraten zu bestellen? im stillen Kämmerlein auf die Idee, Europa<br />
zu erobern, oder hat ihm ein Freund<br />
das eingeredet? Hat ihn mal ein Russe beleidigt? Ist er von seinem Vater zu oft<br />
geschlagen worden, oder musste er fehlende Mutterliebe kompensieren? Lag es<br />
an seinen Komplexen ob seiner Kleinwüchsigkeit? War er einfach so clever, dass er<br />
glauben musste, bei seinem Unterfangen eine Chance zu haben, oder so unclever,<br />
sich dabei geirrt zu haben?<br />
Rio Reiser hätte geantwortet: „Das alles und noch viel mehr“. Jeder Entscheidung<br />
liegen nahezu unendlich viele, unterschiedlich bedeutsame und meist nicht<br />
erkennbare Anstöße zugrunde. All diesen Mit-Gründen ist gemein, dass weder<br />
wir noch Napoleon sich dieser Einflüsse jemals entziehen konnten und können.<br />
Ebenso wenig wie Newton, Mendel, Murphy oder Tante Erna aus Fürstenwalde.<br />
Alle wurden und werden gesteuert durch einen unendlich vielfältigen Cocktail aus<br />
Erlebnissen und Erbanlagen. Wo bleibt<br />
Wäre nicht ‚Erblebnis‘ ein schönes<br />
da angesichts des allumfassenden Einflusses<br />
prägender Mechanismen eigentlich noch<br />
Kunstwort für diesen Zusammenhang?<br />
Platz für die arrogante Annahme, der Mensch steuere die Welt?<br />
Das ist eine Frage, auf die eigentlich jeder kommen müsste, der sich mit der<br />
naturgesetzlichen Entwicklung der Menschheit beschäftigt. Immerhin kam darauf<br />
der schon erwähnte Evolutionsbiologe Richard Dawkins, der sie aber auf den rein<br />
biologischen Vorgang reduziert: „Wir sind<br />
In der Regel werde das auch zu eigensüchtigem<br />
Verhalten des Menschen füh-<br />
Überlebensmaschinen, Roboter, blind programmiert<br />
zur Erhaltung der selbstsüchtigen<br />
Moleküle, die Gene genannt werden.“<br />
ren, vermutet Dawkins mutig. In Wirklichkeit<br />
haben natürlich auch egoistische<br />
Gene ein Interesse an funktionierendem Diese These vom Robotermenschen<br />
Zusammenleben, wenn auch nicht bewirkt<br />
durch Erkenntnis, sondern durch<br />
muss später noch philosophisch erörtert<br />
die prägende Logik der Evolution. werden, doch schon jetzt fällt auf, wie wenig<br />
dem Menschen als Steuermann und Sozialtechniker<br />
von der Natur für eine solche Aufgabe mitgegeben wurde. Seine emotionalen<br />
und triebgesteuerten Handlungsmaximen stammen aus dem Limbischen<br />
System, das vor ungefähr 60 Millionen Jahren entstand und sich seitdem nicht we-<br />
LESEPROBE<br />
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