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25 Jahre Freiwilligendienst in Monte Azul

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7 <strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> Freiwillige <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong><br />

Salat. Kunst. Stacheldraht:<br />

Erlebnisbericht e<strong>in</strong>es Praktikanten<br />

Neben Freiwilligen, die e<strong>in</strong> Jahr und länger <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong> mitarbeiten, kommen auch Praktikanten für kurze<br />

Zeit, um mitzuhelfen und mitzuleben. Jan Lechel, der 1997 für vier Wochen <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong> war, erzählt von<br />

se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>drücken:<br />

Für e<strong>in</strong>en Monat also, sollte ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Favela arbeiten.<br />

Holzbretter, die zusammengenagelt e<strong>in</strong>e Hütte<br />

bilden - und davon ganz viele, so me<strong>in</strong>e Vorstellung!<br />

Angekommen <strong>in</strong> Brasilien wehte mir gleich e<strong>in</strong><br />

angenehmer Flair entgegen. Die Autofahrt bestätigte,<br />

was ich mir schemenhaft angelesen hatte. Brasilien,<br />

e<strong>in</strong> Land der Gegensätze. E<strong>in</strong> Land, <strong>in</strong> dem die<br />

Schere zwischen arm und reich immer weiter ause<strong>in</strong>anderzuklaffen<br />

sche<strong>in</strong>t. Noble Hotels, die <strong>in</strong> der<br />

Nachbarschaft von Favelas aus dem Boden sprießen.<br />

Viele Autos. Später erfahre ich, dass der Verkehr <strong>in</strong><br />

São Paulo e<strong>in</strong>es der größten Probleme der Stadt ist.<br />

Ankunft <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong><br />

Zuerst das Centro Cultural kennengelernt. Sofort<br />

positiven E<strong>in</strong>druck gehabt: Das ist e<strong>in</strong> Haus, <strong>in</strong> dem<br />

Leben Stattf<strong>in</strong>det. Dort treffen Menschen zusammen.<br />

Dort ist Bewegung. Und überall K<strong>in</strong>der.<br />

Die ersten Sprachversuche gestartet. Kläglich<br />

gescheitert. Ich merke, dass ich <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht<br />

hätte mehr tun müssen. Dieser E<strong>in</strong>druck bestätigt sich<br />

<strong>in</strong> den nächsten Wochen fast täglich. Wie gerne hätte<br />

ich mich mit den Menschen unterhalten, über die<br />

„wichtigen Themen“.<br />

Kurz nach der Ankunft gleich losgelegt mit der<br />

Arbeit. Motiviert und entschlossen, angefangen <strong>in</strong> der<br />

Küche Salat zu schneiden. Nach drei Stunden die<br />

ersten Störgefühle gemerkt, wie: „was soll das hier<br />

eigentlich?“<br />

Die nächsten Tage e<strong>in</strong>en Rundgang gemacht. Die<br />

materielle Armut gesehen. Doch die geistige Armut<br />

bei vielen Menschen vermisst. Ganz im Gegenteil: ich<br />

sah <strong>in</strong> vielen Gesichtern e<strong>in</strong>e Lebensfreude, die richtig<br />

ansteckend war. Die nicht nur mich ansteckte, sondern<br />

auch die Ausländer, die <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong> arbeiten.<br />

Diese Wahrnehmung war natürlich Anlass zum<br />

Nachdenken. Was ist das, was die Menschen glücklich<br />

macht? Es ist natürlich nicht so, dass alle<br />

Menschen <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong> wunschlos glücklich s<strong>in</strong>d; es<br />

ist vielmehr e<strong>in</strong>e gewisse Leichtigkeit zu bemerken. Ist<br />

es brasilianische Mentalität oder ist es vielleicht e<strong>in</strong>fach<br />

nur die Tatsache, dass der Materialismus hier<br />

nicht vorhanden ist? Die Menschen haben nichts, also<br />

können sie auch nicht hässliche Gefühle wie Neid,<br />

Eifersucht und Anhaftung entwickeln?<br />

H<strong>in</strong>zu kommt die Erkenntnis, dass <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong><br />

gearbeitet wird. Für mich hat das Wort Arbeit den<br />

negativen Charakter verloren, (außer Salatschneiden,<br />

was am dritten Tag Ausmaße vergleichbar e<strong>in</strong>er<br />

Meditation annahm). Die Menschen <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong><br />

s<strong>in</strong>d gefördert. Hier hat jeder etwas zu tun und das<br />

wirkt sich aus. Hier hat nicht nur jeder e<strong>in</strong>e Aufgabe,<br />

es kommt noch h<strong>in</strong>zu, dass andere Aktivitäten, wie<br />

das kulturelle Angebot, den Menschen e<strong>in</strong>fach nicht -<br />

im positiven S<strong>in</strong>ne – zur Ruhe kommen lassen.<br />

Mit diesen Gedanken und Blasen an den F<strong>in</strong>gern<br />

(auf Lebenszeit Respekt vor jeder Köch<strong>in</strong>), lernte ich<br />

die Nachbar-Favela “Pe<strong>in</strong>ha” kennen. Me<strong>in</strong>e Aufgabe<br />

war es, mit dem angestellten Handwerker Ademário<br />

Arbeiten zu verrichten.<br />

Me<strong>in</strong> E<strong>in</strong>druck von dem Leben <strong>in</strong> der Pe<strong>in</strong>ha war<br />

e<strong>in</strong> anderer, als der <strong>in</strong> <strong>Monte</strong> <strong>Azul</strong>. Hier kam nicht so<br />

e<strong>in</strong>e Offenheit entgegen, allerd<strong>in</strong>gs auch ke<strong>in</strong>e

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