St. Thomas von Aquin: Über das Böse (Sth I, qu. 48f - deutsch)
St. Thomas von Aquin: Über das Böse (Sth I, qu. 48f - deutsch)
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Der zweite Grund kann daraus gewonnen werden, <strong>das</strong>s Gott der Urheber des Übels der<br />
<strong>St</strong>rafe ist, nicht aber des Übels der Schuld. Der Grund dafür liegt darin, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Übel der<br />
<strong>St</strong>rafe <strong>das</strong> Gut der Kreatur verdirbt: sei es, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Gut der Kreatur als etwas Geschaffenes<br />
verstanden wird, wie die Blindheit <strong>das</strong> Sehvermögen verdirbt; sei es ein ungeschaffenes Gut,<br />
wie durch <strong>das</strong> Entbehren der göttlichen Schau <strong>das</strong> ungeschaffene Gut der Kreatur aufgehoben<br />
wird. Das Übel der Schuld jedoch ist eigentlich dem ungeschaffenen Gut entgegengesetzt: es<br />
richtet sich nämlich gegen die Erfüllung des göttlichen Willens und gegen die göttliche Liebe,<br />
mit welcher <strong>das</strong> göttliche Gut in sich selbst geliebt wird: und nicht nur in der Hinsicht,<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Geschöpf an ihm Anteil hat. So wird klar, <strong>das</strong>s die Schuld mehr <strong>von</strong> Übel ist als die<br />
<strong>St</strong>rafe.<br />
Zum Ersten ist daher zu sagen, <strong>das</strong>s, wenn auch die Schuld auf die <strong>St</strong>rafe hintreibt, wie <strong>das</strong><br />
Verdienst auf den Lohn, die Schuld dennoch nicht wegen der <strong>St</strong>rafe begangen wird, wie <strong>das</strong><br />
Verdienst um des Lohnes willen erworben wird: sondern eher umgekehrt wird die <strong>St</strong>rafe verhängt,<br />
um der Schuld vorzubeugen. Und so ist die Schuld schlechter als die <strong>St</strong>rafe.<br />
Zum Zweiten ist zu sagen, <strong>das</strong>s die Ordnung des Handelns, die durch die Schuld aufgehoben<br />
wird, ein vollkommeneres Gut des Handelnden ist (weil es die zweite Vollendung ausmacht),<br />
als <strong>das</strong> Gut, <strong>das</strong> durch die <strong>St</strong>rafe aufgehoben wird (und <strong>das</strong> nur die erste Vollendung ausmacht).<br />
Zum Dritten ist zu sagen, <strong>das</strong>s zwischen Schuld und <strong>St</strong>rafe nicht <strong>das</strong> Verhältnis <strong>von</strong> Ziel und<br />
Hinordnung auf <strong>das</strong> Ziel besteht, weil beides auf gewisse Weise beeinträchtigt werden kann,<br />
sowohl durch die Schuld wie durch die <strong>St</strong>rafe. Durch die <strong>St</strong>rafe dadurch, <strong>das</strong>s der Mensch<br />
vom Ziel und <strong>von</strong> der Hinordnung auf <strong>das</strong> Ziel zurückgehalten wird: durch die Schuld jedoch<br />
dadurch, <strong>das</strong>s jene Beraubung zu einer Handlung gehört, die nicht auf <strong>das</strong> gehörige Ziel hingeordnet<br />
ist.<br />
Quaestio 49: Von der Ursache des Übels<br />
Art. 1: Ob <strong>das</strong> Gute Ursache des Übels sein kann.<br />
So gelangen wir zum Ersten: Es scheint, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Gute nicht Ursache sein kann des Übels.<br />
1. Es sagt nämlich Matth, 7,18: Nicht kann ein guter Baum schlechte Früchte hervorbringen.<br />
2. Außerdem kann eines <strong>von</strong> [zwei] Konträren nicht die Ursache des anderen sein. Das Übel<br />
aber ist <strong>das</strong> Konträre zum Guten. Folglich kann <strong>das</strong> Gute nicht die Ursache des <strong>Böse</strong>n sein.<br />
3. Außerdem geht eine beeinträchtigte Wirkung nur aus einer beeinträchtigten Ursache hervor.<br />
Das Übel aber, wenn es eine Ursache hat, ist eine beeinträchtigte Wirkung. Folglich hat<br />
es eine beeinträchtigte Ursache. Aber alle Beeinträchtigung ist ein Übel. Folglich ist die Ursache<br />
des Übels nur <strong>das</strong> Übel [nicht jedoch <strong>das</strong> Gute].<br />
4. Außerdem sagt Dionysius im vierten Kapitel der Schrift „Von den göttlichen Namen“, <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> Übel keine Ursache habe. Folglich ist [auch] nicht <strong>das</strong> Gute die Ursache des Übels.<br />
Dagegen aber spricht, was Augustinus in „Contra Iulianum“ sagt: Es gibt überhaupt nichts,<br />
woraus <strong>das</strong> Übel entstehen kann, außer aus dem Guten.<br />
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