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Berliner Zustände 2006 | Ein Schattenbericht über ... - Mbr

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ichte zeigen, dass der Begriff<br />

undifferenziert und ohne jegliche<br />

Erklärung verwendet wird<br />

und den Glauben an die Existenz<br />

„menschlicher Rassen“ dadurch<br />

nur begünstigt. Auch die Vernachlässigung<br />

der Merkmale<br />

Staatsangehörigkeit und Sprache<br />

beim Diskriminierungsschutz,<br />

sowie der nicht nachvollziehbare,<br />

unterschiedliche Diskriminierungsschutz<br />

im zivilrechtlichen<br />

Teil, der klar zu einer Hierarchisierung<br />

der Diskriminierungsmerkmale<br />

beiträgt, sind zu kritisieren.<br />

Während im arbeitsrechtlichen<br />

Teil Diskriminierungen<br />

untersagt sind, wenn die diskriminierende<br />

Person nur ein Diskriminierungsmerkmal<br />

annimmt,<br />

muss im zivilrechtlichen<br />

Teil das Diskriminierungsmerkmal<br />

auch tatsächlich vorliegen.<br />

Diese Inkonsistenz stellt ein <strong>Ein</strong>fallstor<br />

für Diskriminierung dar<br />

und verhindert einen effektiven<br />

Schutz für all jene, die aufgrund<br />

äußerlicher Merkmale bestimmten<br />

Gruppen zugeordnet werden.<br />

Ferner müssen Betroffene,<br />

um ihre Ansprüche durchzusetzen,<br />

selbst Indizien beweisen, die<br />

eine Benachteiligung aufgrund<br />

eines Diskriminierungsgrundes<br />

vermuten lassen. Die Erfahrungen<br />

aus der Beratungspraxis zeigen<br />

jedoch, dass sich die Diskriminierungssituationen<br />

in der Regel<br />

durch ein starkes Machtungleichgewicht<br />

zwischen Diskriminierenden<br />

und Diskriminierten<br />

auszeichnen, die sich auf die<br />

Beweisführung direkt auswirkt.<br />

Daher ist eine echte Beweislastumkehr<br />

zu fordern.<br />

Das AGG stellt auch Berlin und<br />

seine Verwaltung vor neue Herausforderungen:<br />

Wie muss in<br />

Zukunft ein Polizeibeamter oder<br />

eine Polizeibeamtin handeln,<br />

wenn er oder sie von einem Jugendlichen<br />

mit Migrationshintergrund<br />

gerufen wird, dem der<br />

Zugang in einen Club oder eine<br />

Diskothek aufgrund seiner ethnischen<br />

Herkunft verwehrt<br />

wird, wenn doch das AGG <strong>über</strong><br />

dem Hausrecht einzuordnen ist?<br />

Welche Maßnahmen wird die öffentliche<br />

Verwaltung ergreifen,<br />

um mittelbare bzw. indirekte<br />

Diskriminierungen aufzudecken,<br />

wenn es bisher noch keine statistische<br />

Datenerfassung der geschützten<br />

Merkmale gibt? Das<br />

sind nur einige Fragen, denen<br />

sich sowohl Politik, Verwaltung<br />

als auch die <strong>Berliner</strong> <strong>Ein</strong>wanderungsgesellschaft<br />

in der kommenden<br />

Zeit stellen müssen. <strong>Ein</strong><br />

solch umfassendes Gesetz wie<br />

das AGG kann seine sensibilisierende<br />

Kraft nur dann entfalten,<br />

wenn es von Maßnahmen begleitet<br />

wird, die die gesamte Gesellschaft<br />

gegen Diskriminierung<br />

mobilisieren und benachteiligten<br />

Gruppen die Partizipation auf<br />

gleicher Augenhöhe in der Gesellschaft<br />

ermöglichen.<br />

Allzu oft wird rassistische Diskriminierung<br />

ausschließlich<br />

gleichgesetzt mit rassistischen,<br />

gewalttätigen Übergriffen auf<br />

MigrantInnen und Schwarze<br />

Menschen durch Rechtsextreme<br />

oder rechtsextrem orientierte<br />

Personen. Doch die Fallbeispiele<br />

wie auch die Umfrageergebnisse<br />

zeigen, dass Diskriminierung aus<br />

der Mitte der Gesellschaft hervorgeht<br />

und dass gewisse Vorurteilsstrukturen<br />

sowohl durch die<br />

Gesellschaft als auch die Betroffenen<br />

im alltäglichen Leben<br />

scheinbar als „normal“ betrachtet<br />

und hingenommen werden.<br />

Damit Antidiskriminierungsarbeit<br />

wirksam wird, um von Diskriminierung<br />

Betroffene auf ihrem<br />

Weg zur Gleichbehandlung<br />

zu unterstützen, bedarf es neben<br />

spezialisierten Beratungsangeboten<br />

eines gesellschaftlichen Klimas,<br />

das klar jegliche Formen<br />

von Diskriminierung ablehnt<br />

und Gleichbehandlung zu einem<br />

Leitprinzip macht.

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