und tschüss…? - Regierungsrat
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FRÜHPENSIONIERUNG<br />
8<br />
«... mir ist noch nie<br />
langweilig geworden.»<br />
pibs hat 4 ehemalige Mitarbeiter<br />
von BASEL-STADT besucht,<br />
die dank «P 57» früher<br />
pensioniert wurden – <strong>und</strong> eine<br />
Mitarbeiterin, der die vorzeitige<br />
Pensionierung bevorsteht.<br />
Nicht alle haben die selben Erfahrungen<br />
gemacht. Langweilig<br />
geworden aber ist es denen,<br />
die das «neue Leben» schon beginnen<br />
konnten, noch nie.<br />
Hansrudolf Stettler ED<br />
Die Initiative, im Rahmen des<br />
Programms «P 57» vorzeitig pensioniert<br />
zu werden, sei von ihm<br />
gekommen, sagt Hansrudolf<br />
Stettler. Im September 1995 stellte<br />
er das Gesuch. Dann hat er allerdings<br />
sehr kurzfristig Bescheid<br />
erhalten, dass es auch klappt. Am<br />
1. Januar 1996 war es soweit.<br />
«Es veränderte sich an meiner<br />
Arbeitsstelle im ED sehr viel», sagt<br />
Stettler, «es wurde umstrukturiert<br />
<strong>und</strong> ich war bereit, Platz zu machen.»<br />
Dass es auch nach der Pensionierung<br />
noch Verpflichtungen<br />
geben würde, war auch schon<br />
klar. Hansrudolf Stettler ist am Jugendgericht<br />
tätig, präsidiert die<br />
Stipendienkommission <strong>und</strong> engagiert<br />
sich zudem in der Schulinspektion.<br />
Diese Aktivitäten, wie auch die<br />
Pflege des Gartens <strong>und</strong> die Arbeit<br />
in der eigenen, kleinen Werkstatt<br />
waren geplant. Die schwere<br />
Krankheit unmittelbar nach der<br />
Pensionierung nicht. Sie machte<br />
vorerst einen Strich durch die<br />
Rechnung. Hansrudolf Stettler<br />
brauchte fast dreiviertel Jahre, bis<br />
er wieder auf dem Damm war.<br />
«Nur meine Aufgaben in den<br />
Kommissionen <strong>und</strong> am Jugendgericht<br />
habe ich immer wahrgenommen»,<br />
sagt er. Das war ihm wichtig.<br />
Die anderen Interessen mussten<br />
vorübergehend noch einmal<br />
zurückstehen. Erst jetzt findet<br />
Stettler dafür Zeit. «Langweilig<br />
wird es mir nicht.» Im nachhinein<br />
allerdings sieht Hansrudolf Stettler,<br />
dass es wohl besser gewesen<br />
wäre, er hätte mehr Zeit gehabt,<br />
sich auf die Frühpensionierung<br />
umzustellen. «Mindestens sechs<br />
Monate wären ideal», sagt er. «Für<br />
die Planung von dem, was nachher<br />
kommt, bräuchte es eigentlich<br />
einige Monate Zeit.» Hansrudolf<br />
Stettler fände es eine gute Idee,<br />
wenn das Personalamt für die<br />
Frühpensionierten ein Merkblatt<br />
mit einigen Tips <strong>und</strong> Ratschlägen<br />
herausgeben würde. «Ich hatte<br />
nachher mit den Steuern <strong>und</strong> den<br />
AHV-Geldern einiges zu regeln,<br />
das doch eher unerwartet kam.<br />
Da wären ein paar Ratschläge zur<br />
rechten Zeit durchaus hilfreich.»<br />
Anton Hodel BVB<br />
Anton Hodel wurde am 29. Februar<br />
1996 pensioniert. Dass er im<br />
Rahmen von «P 57» früher würde<br />
aufhören können als ursprünglich<br />
geplant, überraschte ihn. «Der<br />
Chef kam Ende 1995 zu mir, erklärte<br />
mir, was P 57 ist, <strong>und</strong> fragte,<br />
ob ich einverstanden sei, früher<br />
in Pension zu gehen.» Abgeschoben<br />
habe er sich aber deswegen<br />
nicht gefühlt, sagt Anton Hodel.<br />
«Es waren bei uns in der BVB-<br />
Werkstätte Allschwil einige junge<br />
Leute neu eingetreten. Ich hatte<br />
einen jungen Chef. Es wären vielleicht<br />
so oder so Generationenprobleme<br />
gekommen.»<br />
Wegen eines Rückenleidens<br />
hatte Anton Hodel ein halbes Jahr<br />
vor der unerwarteten Pensionierung<br />
damit begonnen, nur noch<br />
50 Prozent zu arbeiten. «Ich denke,<br />
das machte nachher die Umstellung<br />
auch einfacher.»<br />
Jedenfalls habe er nie Probleme<br />
damit gehabt, jetzt schon<br />
pensioniert zu sein. «Ich ‹bäschele›<br />
viel im Keller, habe da eine kleine<br />
Schreinerwerkstatt <strong>und</strong> bin zu-<br />
dem bei sechs Häusern für die Heizung<br />
verantwortlich», sagt Hodel.<br />
«Ich bin immer beschäftigt.» Auch<br />
seine Frau habe keine Probleme<br />
gehabt, als er plötzlich den<br />
ganzen Tag zuhause war.<br />
«Früher kam ich ja gar nicht<br />
dazu, gewisse Dinge zu machen,<br />
die mir eigentlich gefallen. Dafür<br />
habe ich jetzt Zeit.» Zudem, so<br />
Hodel, habe er sich während seiner<br />
Arbeitszeit einige Fähigkeiten<br />
angeeignet, die er jetzt gut gebrauchen<br />
könne.<br />
Den Kontakt zu den Kollegen<br />
hat er noch. Hin <strong>und</strong> wieder geht<br />
er auch an seinen alten Arbeitsplatz<br />
für einen kurzen Besuch.<br />
«Aber ich habe damit abgeschlossen.<br />
Ich habe ein sehr schönes, angenehmes<br />
Leben. Finanziell geht’s<br />
auch auf.»<br />
Margrit Wyden<br />
Kantonsspital<br />
Vergangenen November, so<br />
erzählt Margrit Wyden, habe man<br />
sie gefragt, ob sie sich vorstellen<br />
könnte, anstatt im März 1998 bereits<br />
im März 1997 in Pension zu<br />
gehen. «Das traf mich wie ein<br />
Holzhammer», bekennt sie. «Damit<br />
hatte ich überhaupt nicht gerechnet.»<br />
Zwar war sie in einem<br />
Kurs gewesen, der die Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter von Basel-<br />
Stadt auf die Zeit nach der Pensionierung<br />
vorbereitet – den «Gipfeli-Kurs»,<br />
wie er im Kantonsspital<br />
genannt wird – aber, dass es<br />
plötzlich so schnell gehen sollte,<br />
war ihr aus verschiedenen Gründen<br />
nicht recht.<br />
«Mir ist auch nicht ganz klar,<br />
weshalb die einen beantragen<br />
können, noch zusätzlich ein Jahr<br />
über die Pensionierung hinaus zu<br />
arbeiten, <strong>und</strong> andere vorzeitig gehen<br />
müssen», sagt Margrit Wyden.<br />
Jedenfalls suchte sie erfolgreich<br />
das Gespräch mit ihrem<br />
Chef <strong>und</strong> konnte so arrangieren,<br />
dass sie jetzt erst auf Ende 1997<br />
mit der Arbeit aufhört. «Ich habe<br />
interveniert, <strong>und</strong> man ist mir sehr<br />
entgegengekommen», räumt sie<br />
ein.<br />
Ihr Job in der Küche des Kantonsspitals<br />
wird so nicht mehr<br />
weitergeführt. Margrit Wyden<br />
muss trotzdem einige Dinge in die<br />
Wege leiten, damit jene, die ihre<br />
Arbeit nachher nebenbei machen<br />
müssen, richtig instruiert sind.<br />
Auf die Pensionierung freut sie<br />
sich jetzt. «Ich habe einen H<strong>und</strong>,<br />
einen Garten, lese <strong>und</strong> stricke<br />
gern – da habe ich dann ab 1. Januar<br />
sicher nicht zuviel, höchstens<br />
zu wenig Zeit», schmunzelt Margrit<br />
Wyden.<br />
Hans Brogle IWB<br />
Hans Brogle schien es fast, als<br />
sei er der Letzte, der von seiner<br />
vorzeitigen Pensionierung im Rahmen<br />
von «P 57» erfuhr. Gerüchte<br />
wurden schon herumgeboten, als<br />
er selber noch gar nicht informiert<br />
worden war. Bei einem Mitarbeitergespräch<br />
konfrontierte er den<br />
Chef dann mit den Gerüchten.<br />
«Ich wollte wissen, ob es stimmt»,<br />
sagt Hans Brogle. Das war Ende<br />
November 1994. So erfuhr er,<br />
dass er tatsächlich zum Kreis der<br />
«P 57» gehörte.<br />
«Von meiner Arbeit <strong>und</strong> Aufgabe<br />
her hätte ich gerne noch weitergemacht»,<br />
räumt Hans Brogle<br />
ein. «Das war fast wie ein Hobby<br />
für mich. Andererseits war die<br />
Stimmung in jener Abteilung des<br />
BD, wo ich war, nicht mehr sehr<br />
gut.»<br />
Die Art <strong>und</strong> Weise, wie man<br />
ihm das vorzeitige Ende des Berufslebens<br />
nahegelegt hat, sei<br />
schon ein wenig verletzend gewesen,<br />
sagt der mittlerweile 58jährige.<br />
Da die Aufgabe des Brunnmeisters<br />
bei den IWB nicht mehr weitergeführt<br />
wurde, waren die<br />
letzten Monate am Arbeitsplatz<br />
geprägt mit Aufräumen, alles für<br />
sein Arbeits-Team in geregelte<br />
Bahnen lenken.<br />
«Die Leute fingen plötzlich an,<br />
mich zu beneiden», erinnert sich<br />
Hans Brogle an diese Zeit. «Du<br />
bist einer der Auserwählten, hiess<br />
es.» Seine Frau hatte bei der Ciba-<br />
Geigy von «Desiderio» profitieren<br />
können <strong>und</strong> war ebenfalls frühzeitig<br />
in Pension gegangen. «Es ist<br />
geschenktes Leben», sagt Hans<br />
Brogle. «Man muss das absolut<br />
positiv sehen.»<br />
Obwohl Hans Brogle sehr an<br />
seiner Aufgabe im BD hing, geniesst<br />
er jetzt das «neue Leben».<br />
Als aktiver Fasnächtler freut er sich<br />
noch immer über einen persönlichen<br />
Brief von Jean Tinguely.<br />
Rinaldo Barmasse PMD<br />
Ende August 1995 wurde<br />
Rinaldo Barmasse vom Personalchef<br />
<strong>und</strong> seinem Abteilungsleiter<br />
zu einem Gespräch eingeladen. Er<br />
habe sicher im Kantonsblatt von<br />
der Aktion «P 57» gelesen, fragte<br />
man ihn. Ja, gelesen habe er<br />
schon davon, antwortete Barmasse,<br />
aber er habe nicht gedacht,<br />
dass es ihn betreffen könnte.<br />
Das tat es aber. Auch das PMD<br />
wolle im Zusammenhang mit den<br />
Umstrukturierungen Goodwill zeigen,<br />
hiess es <strong>und</strong> er sei in seiner<br />
Abteilung der Älteste. «Wollen sie<br />
in Pension gehen?» fragte man<br />
ihn schliesslich ganz konkret.<br />
«Es kam überraschend. Ich besprach<br />
den Vorschlag am Abend<br />
mit meiner Frau. Und sagte dann<br />
definitiv zu», erzählt Rinaldo Barmasse.<br />
Dann ging alles recht<br />
schnell. Viel Zeit, sich auf den<br />
Wechsel einzustellen, blieb ihm<br />
nicht. Um so mehr, als es noch zu<br />
seinen letzten Aufgaben gehörte,<br />
den Wechsel vom Lohnhof zum<br />
Waaghof mitzumachen. «Ich arbeitete<br />
bis im letzten Moment<br />
voll», sagt Barmasse. «Aber das<br />
war kein Problem. Ich konnte die<br />
Pensionierung eigentlich sehr gelassen<br />
nehmen. Hatte psychisch<br />
überhaupt kein Problem damit.»<br />
Als gelernter Möbelschreiner<br />
widmet sich Rinaldo Barmasse<br />
nun der Holzverarbeitung in seinem<br />
Hobbyraum. Er ist immer<br />
noch im Polizeiturnverein aktiv,<br />
wandert, fährt Velo oder geht Skifahren.<br />
«In dieser strengen Zeit ist<br />
es ein Glück, vorzeitig pensioniert<br />
zu werden», sagt er. «Mir ist noch<br />
an keinem Tag langweilig geworden.»<br />
Rinaldo Barmasse will in den<br />
nächsten Monaten Englisch lernen<br />
<strong>und</strong> sein Spanisch noch verbessern.<br />
Er hat sich neue Ziele gesetzt<br />
<strong>und</strong> freut sich, nun das tun<br />
zu können, wofür früher die Zeit<br />
nie reichte.<br />
Interviews: Markus Wüest, Fotos: Niggi Bräuning<br />
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