die PDF - Ulmer Echo
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LESERBRIEFE<br />
hol hatte (2 Flaschen Korn oder Wodka<br />
täglich). Ich war Stammgast in allen<br />
Krankenhäusern der Stadt Düsseldorf<br />
und Umgebung und wurde mehrfach<br />
mit bis zu 4,9 Promille als unzurechnungsfähig<br />
auf der Intensivstation eingeliefert.<br />
Wie zu Anfang schon erwähnt,<br />
habe ich schon länger ein Problem mit<br />
harten Drogen, hatte jedoch durch<br />
meine Infizierung einen großen<br />
Abstand zu <strong>die</strong>sen bekommen. Leider<br />
Meine wöchentlichen Drogen-Screenings<br />
sind jetzt schon seit über 8<br />
Monaten negativ. Über <strong>die</strong> Aids-Hilfe<br />
erfuhr ich, dass <strong>die</strong>se eine auf meine<br />
Bedürfnisse zugeschnittene Einrichtung<br />
gefunden hätte und ich dachte,<br />
dass das ja echt gut läuft. Die Dame<br />
von der Aids-Hilfe sagte mir zu, dass<br />
sie nach ihrem Urlaub von 2½ Wochen<br />
<strong>die</strong> Frage der Kostenübernahme abklären<br />
würde. Ich solle mir keine Sorgen<br />
riesig Mühe, aber <strong>die</strong> sind eh alle überlastet.<br />
Von außerhalb der Anstalt kann<br />
ich auch kaum Hilfe erwarten, da der<br />
Winter vor der Tür steht und es genug<br />
Hilfesuchende bei der ARGE gibt, so<br />
dass für Fälle wie mich keine Zeit für<br />
eine Bearbeitung bleibt. Die Geschichte<br />
lehrt uns, dass man als Inhaftierter<br />
immer zweigleisig fahren und sich<br />
somit immer ein Hintertürchen aufhalten<br />
sollte. Meine Motivation geht<br />
momentan gegen Null und ich würde<br />
am Liebsten wieder einmal zur Flasche<br />
greifen, wohlwissend, dass das auch<br />
keine Lösung ist. Vielleicht schaffe ich<br />
es ja doch noch, bis zu meiner Entlassung<br />
alles auf <strong>die</strong> Reihe zu kriegen.<br />
Drückt mir einfach mal <strong>die</strong> Daumen,<br />
dass ich es schaffen werde.<br />
[VB]<br />
bin ich durch <strong>die</strong> Suchtverlagerung<br />
zum Alkohol gelangt. Da ich nach meiner<br />
Entgiftung übergangslos inhaftiert<br />
wurde und in der Entgiftung am 26.12<br />
erfahren habe, dass der HIV-Virus<br />
inzwischen ausgebrochen ist und ich<br />
jetzt Aids habe, wollte ich mit dem<br />
Konsum von Alkohol aufhören. Um<br />
meine derzeitige Haftstrafe von elf<br />
Monaten sinnvoll zu nutzen, habe ich<br />
mit der internen Aids-Hilfe Kontakt<br />
aufgenommen und mit <strong>die</strong>ser besprochen,<br />
gleich im Anschluss an meine<br />
Haftstrafe eine ambulante Therapie<br />
mit Substitution zu absolvieren. Leider<br />
ist <strong>die</strong> Dame von der Aids-Hilfe nur 2<br />
Mal wöchentlich in der hiesigen JVA<br />
und betreut in <strong>die</strong>ser Zeit 8 bis 12<br />
Leute. Momentan werde ich in der<br />
Anstalt mit 120ml Methadon substituiert,<br />
was nicht gerade wenig ist. Die<br />
Dame von der Aids-Hilfe hat bemerkt,<br />
dass es mir sehr ernst und wichtig ist,<br />
<strong>die</strong> mir vielleicht letzte Möglichkeit für<br />
eine Therapie in der mir noch verbleibenden<br />
Zeit meines Lebens zu nutzen.<br />
Am Ende des Tunnels ist (k)ein Licht<br />
machen, das würde schon klappen und<br />
ich solle weiterhin so positiv mein Ziel<br />
verfolgen. Ich habe inzwischen auf gut<br />
Deutsch von den Drogen und den<br />
damit verbundenen Straftaten <strong>die</strong><br />
Schnauze richtig voll und bin mir<br />
bewusst, dass ich den Weg aus der<br />
Sucht nicht alleine schaffen kann. Tja,<br />
<strong>die</strong> meisten denken jetzt: gut, alles<br />
richtig gemacht! Aber denkste! Nachdem<br />
<strong>die</strong> Dame ihren Urlaub beendet<br />
hatte, ist sie schon seit 12 Wochen<br />
krank und es gibt absolut keine Vertretung<br />
für sie. Leider haben HIV-Positive<br />
und an Aids Erkrankte in Freiheit kaum<br />
eine Lobby und straffällig Gewordene<br />
haben gar keine. Jetzt habe ich in 4<br />
Wochen Endstrafe und stehe trotz<br />
meiner Bemühungen vor dem Nichts.<br />
Einmal habe ich alles richtig gemacht<br />
und bin letztendlich trotzdem der<br />
Dumme. Hinzu kommt noch, dass ich<br />
kein Einzelfall bin und das kann ich<br />
nicht hinnehmen, ohne <strong>die</strong> Sache über<br />
das ULMER ECHO öffentlich zu machen.<br />
Der Sozial<strong>die</strong>nst gibt sich jetzt zwar<br />
BETRIFFT.<br />
RESOZIALISIERUNG<br />
BLEIBT AUF DER STRECKE<br />
Hallo <strong>Ulmer</strong> <strong>Echo</strong>-Team,<br />
mein Zellennachbar wird in einigen<br />
Tagen entlassen und kann weder lesen<br />
noch schreiben. Dies ist auch dem<br />
Sozialarbeitern und den Be<strong>die</strong>nsteten<br />
bekannt. Doch wer jetzt denkt <strong>die</strong><br />
„arme Sau“ hätte in irgendeiner Form<br />
eine Hilfestellung von Seiten der ach<br />
so tollen Hightech-Anstalt bekommen,<br />
muss sich eines Besseren belehren lassen.<br />
Nada war angesagt und somit ist<br />
klar, dass <strong>die</strong>se „Kreatur“ zu 99,9%<br />
wieder im Knast landen wird. Nun stellt<br />
sich natürlich <strong>die</strong> Frage, wieso das<br />
ganze Theater mit den Zugangsgesprächen<br />
zelebriert wird? Ich, bzw. alle<br />
Inhaftierten, <strong>die</strong> von der alten Ulm<br />
direkt nach Ratingen verlegt wurden,<br />
hatten <strong>die</strong>ses Zugangsgespräch nicht.<br />
Trotz den zig Millionen Euro <strong>die</strong> für <strong>die</strong><br />
neue JVA investiert wurden, bleibt <strong>die</strong><br />
Resozialisierung weiterhin auf der<br />
Strecke. Wäre echt super, wenn <strong>die</strong><br />
Anstaltsleitung mal etwas aus ihren<br />
Fehlern lernen würde! Als Suchtkranker<br />
erwartet man ja auch von mir, dass<br />
ich aus meinen Fehlern lerne und versuche<br />
ein straffreies Leben ohne Drogenkonsum<br />
zu führen. Was ohne richtige<br />
Hilfe jedoch nicht funktioniert.<br />
[VB]<br />
26 ULMER ECHO 2-2012