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komplette Museumsbuch - Museum für Energiegeschichte(n)

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88 | 89 Haushalt | Der Staubsauger „Kobold“<br />

Der Staubsauger<br />

„Kobold“<br />

Seltsame Possen<br />

Anfang der 1930er Jahre hatte<br />

ein Staubsauger vor allem<br />

eines zu sein: Riesig! Der<br />

Mit der Trockenhaube eroberte sich der Kobold<br />

schieren Größe entsprach die riesige<br />

in den 1950er Jahren einen festen Platz auf den<br />

Saugkraft. Eine Botschaft, die der<br />

Frisierkommoden der Damen.<br />

kleine Kobold geflissentlich ignorierte.<br />

Weshalb er seitens der Kundschaft<br />

gleichfalls ignoriert wurde.<br />

Zunächst.<br />

Das preiswerte Gerät, reduziert auf Motor, Staubbeutel und Stiel, hatte die Firma<br />

Vorwerk am 25. Mai 1930 beim Deutschen Reichspatentamt angemeldet. Nach dem anfangs<br />

dürftigen Echo entschied sie sich <strong>für</strong> eine neue, geniale wie profitable Vertriebsstrategie.<br />

Und kurzerhand eroberte der zierliche Haushaltshelfer breite Käuferschichten – der Weltwirtschaftskrise<br />

zum Trotz.<br />

Eine Dauerkampagne von Tür zu Tür klärte die argwöhnischen Hausfrauen darüber<br />

auf, welch grandiose Saugkraft im Kobold steckte. Die Vertreter bekamen von Vorwerk klare<br />

Anleitungen <strong>für</strong> das Verkaufsgespräch, in dem das Rollenverständnis eindeutig und die Verkaufspraktik<br />

seriös zum Ausdruck kommen sollte: „... allerdings, Frau Müller, führen wir den<br />

Apparat nur vor, wenn die Männer zu Hause sind, denn (...) wir möchten nicht den Eindruck<br />

erwecken, der Hausfrau in Abwesenheit des Mannes etwas aufschwatzen zu wollen. Außerdem<br />

hat ein Mann etwas mehr technisches Verständnis und kann uns auch, wenn Sie sich den<br />

Kobold noch nicht zulegen, in Ihrem Bekanntenkreis empfehlen. Wann kommt Ihr Mann nach<br />

Hause?“<br />

Die unbeschwerten Kinderjahre, in denen der<br />

Kobold lediglich Staub saugen musste, wehrten nur<br />

kurz: Schnell tüftelten die Vorwerk-Ingenieure aus, wie<br />

vielseitig der handliche Motor ihres Hausgeistes einzusetzen<br />

war. Das Zubehör, mit wenigen Handgriffen aufgesteckt,<br />

verwandelte den Staubsauger wahlweise zur<br />

Heißluftdusche, zum Bohner oder zu einem Zerstäuber<br />

<strong>für</strong> Parfüm und Desinfektionsmittel.<br />

In den 1960er Jahren des Wirtschaftswunders erreichte das fast<br />

haltlos expandierende Vielerlei seinen Höhepunkt. Der Kobold konnte nun<br />

auch mit Spiritus einen Kraftfahrzeugmotor entfetten, Wände kalken, Kaminfeuer<br />

entfachen, Leitungen enteisen, Wäsche waschen, Pferde striegeln<br />

sowie Kopfkissenfedern reinigen und umfüllen.<br />

Seinen Kultstatus erhielt das Maschinchen in einem weiteren Betriebszustand:<br />

Die Kobold-Trockenhaube kam Ende 1950 auf den Markt und<br />

erwärmte die Haare und Herzen der Damenwelt. Was auch durchaus im<br />

Tätigkeitsbereich der Kobolde gelegen hätte, wie sie Adelungs „Grammatisch-kritisches<br />

Wörterbuch“ von 1811 beschreibt: „In der Geisterlehre des<br />

großen Haufens eine Art Mittelgeister, welche ohne vorher gegangene<br />

Beleidigung niemanden Schaden zufügen, sondern den Menschen allerley<br />

Dienste leisten, und sie oft durch seltsame Possen belustigen.“<br />

| Handstaubsauger „Kobold“ von Vorwerk aus den 1950er Jahren

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