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Wasser Kraft - Porsche

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Technik<br />

<strong>Wasser</strong> <strong>Kraft</strong><br />

Wir schreiben das Jahr des <strong>Wasser</strong>s – in dem die Vereinten Nationen den vernünftigen<br />

Umgang mit der lebenswichtigen Flüssigkeit anmahnen. Ein Bewusstsein, das bei den<br />

Motorenbauern längst vorherrscht.<br />

Von Clauspeter Becker (Text) und Markus Leser (Fotos)<br />

Das zu Ende gehende Jahr 2003 trägt einen offiziellen,<br />

von den Vereinten Nationen verliehenen Ehrentitel: Es<br />

ist das Jahr des <strong>Wasser</strong>s. Aber auch über diese zwölf<br />

Monate hinaus sollte die Wirkung der Botschaft anhalten:<br />

Der Mensch soll mehr Verantwortung für das <strong>Wasser</strong><br />

tragen, was einen vernünftigen Umgang voraussetzt. Später<br />

mehr darüber, was das fürs Auto bedeutet. Zunächst<br />

einmal gilt es aus gegebenem Anlass, das Grundwissen<br />

etwas aufzufrischen.<br />

Denn das <strong>Wasser</strong>, diese flüssige Verbindung aus <strong>Wasser</strong>stoff<br />

und Sauerstoff, die uns so völlig selbstverständlich<br />

ist, hat mehr als diese Würdigung verdient. <strong>Wasser</strong> ist<br />

ein wesentlicher Bestandteil unseres Planeten; und <strong>Wasser</strong><br />

ermöglicht erst die Vielfalt allen Lebens auf unserer<br />

Erde. Der einzigartige Reichtum an <strong>Wasser</strong> macht die Erde<br />

von anderen Planeten im Sonnensystem unverwechselbar:<br />

Weil zwei Drittel ihrer Oberfläche mit <strong>Wasser</strong> bedeckt sind,<br />

erscheint die Erde aus großer Ferne als der blaue Planet.<br />

Und es sind ungeheure <strong>Wasser</strong>massen, die diesen Effekt<br />

erzeugen.<br />

Der gesamte <strong>Wasser</strong>vorrat unserer Erde beträgt<br />

1,4 Milliarden Kubikkilometer und jeder davon fasst eine<br />

Billion Liter. Die absolute Mehrheit davon ist salzig, sie füllt<br />

Ozeane und Meere mit einem Volumen von 1,37 Milliarden<br />

Kubikkilometern. Das für uns und viele andere Lebewesen<br />

genießbare Süßwasser ist mit 30 Millionen Kubikkilometern<br />

oder rund 2,5 Prozent der gesamten <strong>Wasser</strong>masse eher<br />

knapp eingeschenkt.<br />

Dieser Vorrat an Süßwasser ist zu seinem größten Teil<br />

von 24 Millionen Kubikkilometern fest angelegt in Form von<br />

Eis an den Polen und in den Gletschern der Gebirge. Vier<br />

Millionen Kubikkilometer befinden sich, zum Teil durch<br />

Brunnen erreichbar, im Erdreich und in Felskammern. Alle<br />

Flüsse und Seen zusammen fassen nur 240 000 Kubikkilometer.<br />

Und das ist nur knapp doppelt so viel wie jene<br />

140 000 Kubikkilometer, die permanent als Wolken gasförmig<br />

in der Atmosphäre schweben, um diese Welt nur in<br />

bevorzugten Regionen mit reichlich Regen zu verwöhnen.<br />

Die keineswegs gerechte Verteilung des Süßwassers<br />

auf den Kontinenten dieser Erde hat die UNO bewogen,<br />

das Jahr 2003 vorzugsweise der genießbaren Minderheit<br />

28 Christophorus 305<br />

305 Christophorus 29


allen <strong>Wasser</strong>s zu widmen. Also heißt der offizielle Titel<br />

„Year of Fresh Water“. Ermahnt werden sollen damit alle<br />

Menschen, mit der lebenswichtigen Substanz nicht länger<br />

achtlos, sondern vernünftig umzugehen. Es mangelt vorerst<br />

noch nicht weltweit an <strong>Wasser</strong>, sondern vielfach an<br />

der Einsicht, dieses effektiv anzuwenden. Aber wenn nichts<br />

in dieser Richtung geschieht, werden noch größere Teile<br />

der Menschheit in wenigen Jahrzehnten an <strong>Wasser</strong>mangel<br />

leiden. Die <strong>Wasser</strong>-Rechnung unserer Erde könnte sehr viel<br />

günstiger aussehen, wenn mehr Verbraucher auch bereit<br />

wären, die Verantwortung für das <strong>Wasser</strong> und unsere<br />

Zukunft mitzutragen.<br />

Die <strong>Wasser</strong>kühlung moderner Automobil-Motoren respektiert<br />

den Wert des kostbaren <strong>Wasser</strong>s bereits heute.<br />

Zwar wird dieses bei den Motoren von <strong>Porsche</strong> meist etwas<br />

reichlicher als anderswo eingefüllt, damit die Triebwerke<br />

bei allen Bedingungen thermisch gesund bleiben. Aber<br />

16 bis 30 Liter Kühlwasser für die Lebenszeit eines Motors<br />

entsprechen etwa der Menge, die ein zivilisierter Mensch<br />

jeden Morgen an Duschwasser braucht.<br />

Natürlich können einer langen Tradition bewusster<br />

<strong>Porsche</strong>-Freunde all dem entgegenhalten, dass es mit der<br />

guten alten Luftkühlung auch ganz ohne <strong>Wasser</strong> geht. Doch<br />

wenn man diese Rechnung durch die gleiche ökologisch<br />

grün getönte Brille betrachtet, dann ist ihr Ergebnis am<br />

Ende eher negativ.<br />

Moderne Motoren, die hohe Leistung mit geringem Verbrauch<br />

und minimalem Ausstoß an Schadstoffen verbinden<br />

müssen, brauchen für den raschen und effizienten Gaswechsel<br />

den Aufwand der Ventiltechnik. Vier Ventile pro<br />

Brennraum ändern die Architektur des Zylinderkopfs so<br />

radikal, dass Luftkühlung nur mit einschränkenden Kompromissen<br />

zu verwirklichen ist.<br />

Die in der Praxis erworbene Erfahrung hat <strong>Porsche</strong> bei<br />

Rennmotoren schon vor 25 Jahren dazu bewogen, durch<br />

den Einsatz einer <strong>Wasser</strong>kühlung die Vorzüge des Vierventilers<br />

wirklich voll auszuschöpfen. Die schärfste Rennversion<br />

des <strong>Porsche</strong> 935, wegen seiner fülligen<br />

Karosserieform „Moby Dick“ genannt, bekam 1977/78 als<br />

Erster für den Sechszylinder-Boxer wassergekühlte Zylinderköpfe<br />

noch in der Kombination mit luftgekühlten<br />

Zylindern. Von zwei Turboladern mit zwei bar Druck aufgeladen,<br />

leistete der Motor mit 3,2 Litern Hubraum 1978<br />

in Topform rund 900 PS (662 kW). In kleiner Serie gab es<br />

die gemischte Kühlung ab 1985/86 im Technologieträger<br />

<strong>Porsche</strong> 959, der mit 450 PS (331 kW) aus 2,85 Litern<br />

für viele Jahre der stärkste für die Straße taugliche Wagen<br />

der Marke ist.<br />

Für Manfred Hochkönig, den Leiter des Thermomanagements<br />

bei <strong>Porsche</strong> im Entwicklungszentrum Weissach, ist<br />

klar: „Es gibt kein besseres Kühlmedium als <strong>Wasser</strong>. Dessen<br />

Wärmeleitfähigkeit ist unerreicht. In der Praxis können<br />

wir die gar nicht voll ausnutzen, denn bis zu 50 Prozent<br />

der Kühlflüssigkeit besteht aus Additiven. Die schützen<br />

zwar vor Frostschäden und Korrosion, senken aber die<br />

Wärmeleitfähigkeit.“<br />

Die Vorzüge der Flüssigkeitskühlung (wie die <strong>Wasser</strong>kühlung<br />

korrekt heißt) rechtfertigen ihren Aufwand, bietet<br />

sie doch die Möglichkeit einer sehr viel freieren Gestaltung<br />

der Kanäle für zügige Beförderung von frischer Ansaugluft<br />

und heißen Abgasen. Des Weiteren lassen sich durch<br />

entsprechende Ausformung der <strong>Wasser</strong>mäntel um die<br />

Zylinder und über den Brennräumen viel ausgeglichenere<br />

thermische Verhältnisse innerhalb des Motors schaffen.<br />

Profitieren dürfen von der neuen Technik zunächst die<br />

jüngeren Motoren im Programm von <strong>Porsche</strong>. Der Vierzylinder<br />

des <strong>Porsche</strong> 924 startet 1976 mit <strong>Wasser</strong>kühlung.<br />

1977 kommt der flüssig gekühlte V8 des <strong>Porsche</strong> 928 hinzu.<br />

Die Umstellung auf vier Ventile erfolgt 1988 beim<br />

<strong>Porsche</strong> 944 und 1989 beim 928 S4. Die Zeichen der Zeit<br />

setzte <strong>Porsche</strong> mit dem TAG-Motor für das McLaren-Team<br />

in der Formel 1. Aus 1,5 Litern Hubraum schöpft der<br />

V6-Motor dank zweier Turbolader bei Bedarf auch mehr<br />

als 1000 PS. Im Rennen reicht für die drei Weltmeister-<br />

Titel in den Jahren 1984 (Niki Lauda), 1985 und 1986<br />

(beide Alain Prost) auch etwas weniger.<br />

Je besser die Techniker die Aerodynamik der Automobile<br />

in den Griff bekommen, desto weniger wiegt ein<br />

überlieferter Vorzug der Luftgekühlten. Die mussten zwar<br />

schon immer Leistung für das Kühlgebläse aufwenden,<br />

aber sie waren nicht verpflichtet, dem Fahrtwind große Eingänge<br />

zu verschaffen, um genügend Luftdurchsatz zu den<br />

Kühlern zu gewinnen. Da diese Bedingung den Luftwiderstand<br />

der Leistungsfähigen unter den <strong>Wasser</strong>gekühlten in<br />

die Höhe trieb, war die Bilanz der Luftgekühlten zunächst<br />

oft günstiger. Aber zunehmende Perfektion bei der Luftführung<br />

zu den Kühlern wendet die Partie im Lauf der Jahre.<br />

Und als <strong>Porsche</strong> 1996 beim Modellwechsel in der Elferreihe<br />

vom 993 zum 996 von der Luft- auf <strong>Wasser</strong>kühlung<br />

umstellt, sorgt perfekte Aerodynamik für geringeren Luftwiderstand.<br />

Im Motor aber kann nun das <strong>Wasser</strong> fließen, wie es<br />

die Luft zuvor niemals konnte. Bei allen nur mit Luft<br />

30 Christophorus 305


<strong>Wasser</strong> marsch:<br />

Das <strong>Wasser</strong> sorgt<br />

in modernen<br />

Automotoren für<br />

Kühlung nach Maß<br />

gekühlten Boxermotoren ist die kühlende Brise ganz<br />

unweigerlich von oben nach unten geströmt. Sie hat<br />

dabei zunächst die kühlere Einlassseite umfächelt, um<br />

anschließend schon leicht erwärmt für die Erfrischung<br />

der heißen Auslasspartie zu sorgen. So war beides zwar<br />

hinlänglich kühl zu halten, aber thermisch ausgewogen<br />

konnte das nicht sein.<br />

Die <strong>Wasser</strong>kühlung darf solche Kompromisse vermeiden.<br />

Hier kann das Kühlmittel in jeder Richtung streben.<br />

Das heißt: Hier gibt es Kühlung ganz perfekt nach Maß.<br />

Die neuen wassergekühlten <strong>Porsche</strong>-Motoren folgen<br />

diesem Grundsatz im Stile rassereiner Renn-Triebwerke.<br />

Bei allen Sechszylinder-Boxern der Sportwagen, bei den<br />

V8-Motoren des Cayenne und auch beim V10 des Super-<br />

<strong>Porsche</strong> Carrera GT werden die Zylinderbänke quer und in<br />

zwei Schichten durchströmt. Die obere Schicht, die jeweils<br />

70 Prozent der Wärme abbaut, fließt von der heißen Auslassseite<br />

zur kühleren Einlassseite. Die untere Schicht mit<br />

ihren 30 Prozent Wärmeabbau umflutet in der gleichen<br />

Richtung die Zylinderlaufbuchsen. Und durch eine korrekte<br />

Dosierung beider Ströme herrscht in beiden Etagen das<br />

richtige Betriebsklima. Auch alle Brennräume und sämtliche<br />

Zylinder genießen ein völlig ausgeglichenes Temperaturniveau,<br />

und so geordnete Verhältnisse sind nicht allein<br />

für Leistung, Verbrauch und Abgasbilanz sehr vorteilhaft.<br />

„Ein thermisch ausgeglichener Motor hat beste Aussichten<br />

auf deutlich höhere Laufleistungen“, sagt Manfred<br />

Hochkönig.<br />

Aber die Vorzüge des kühlenden <strong>Wasser</strong>s reichen noch<br />

viel weiter. Bekanntlich hängt das thermische und mechanische<br />

Wohlbefinden eines Motors auch entscheidend von<br />

der Temperatur seines Öls ab, das weder zu kalt noch zu<br />

warm sein soll. Die Flüssigkeitskühlung mit ihren <strong>Wasser</strong>/<br />

Öl-Wärmetauschern korrigiert bei den aktuellen <strong>Porsche</strong>-<br />

Motoren die Temperatur an beiden Enden der Skala. Kurz<br />

nach dem Start, wenn das Kühlwasser dank Thermostat<br />

seine Betriebstemperatur rasch erreicht, wärmt es das Öl<br />

an und macht es geschmeidig für die schmierende Pflicht.<br />

Überschreitet das Öl die Temperatur im Kühlkreislauf,<br />

greift das <strong>Wasser</strong> auch hier kühlend ein.<br />

Seine intensiv kühlende Wirkung erreicht das <strong>Wasser</strong> in<br />

seinem geschlossenen System unter einem Druck, denn<br />

der macht eine Temperatur deutlich über dem Siedepunkt<br />

bei 120 Grad möglich. Dieser höhere Wert ist dem<br />

zügigen Abfluss der Wärme an die weit kühlere Außenluft<br />

dienlich.<br />

Aber das heiße Klima im Kühlkreislauf kommt auch<br />

den Insassen eines der jüngeren <strong>Porsche</strong>-Generationen<br />

zugute. Mit heißem <strong>Wasser</strong> funktioniert die Heizung wirksamer<br />

und besser dosierbar, in der maßvollen Räumlichkeit<br />

der Sportwagen ebenso komfortabel wie im großzügigeren<br />

Ambiente eines Cayenne.<br />

Der Herausforderung des Jahres 2003 kann sich die<br />

Flüssigkeitskühlung selbstbewusst stellen. Denn sie ist ein<br />

Beispiel für den vernünftigen Umgang mit dem <strong>Wasser</strong>,<br />

den die Vereinten Nationen mit gutem Recht fordern. <br />

32 Christophorus 305

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