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Zukunft-Training 12/2011 1


„Alt ist man dann, wenn man an der Vergangenheit<br />

mehr Freude als an der Zukunft hat.“<br />

John Knittel<br />

ZUKUNFT-TRAINING


ZUKUNFT-TRAINING<br />

editorial<br />

Liebe Leser der ZT,<br />

mit der vorliegenden Ausgabe, die diesmal auch als Printversion für unseren<br />

Lernkongress 2011 bereitsteht, möchten wir besonders die Trainerkollegen<br />

und -kolleginnen ansprechen, die ein Forum für ihre kreativen Botschaften<br />

und neue Ideen suchen.<br />

Sie soll auch als Aufforderung verstanden werden, unser Magazin Zukunfttraining<br />

als Kommunikationsplattform für Veranstaltungen und Events zu<br />

nutzen.<br />

Mit mittlerweile mehr als 1000 Leser haben wir den Punkt erreicht, wo es<br />

sich für den Einzelnen lohnen könnte, sein Produkt, seine Dienstleistung<br />

oder seine Theorien einer größeren ausgewählten Zielgruppe vorzustellen.<br />

Machen Sie es sich leicht und setzen Sie sich kurzfristig mit der Redaktion<br />

in Verbindung.<br />

Eine gute Gelegenheit uns kennenzulernen bietet auch unser Lernkongress<br />

2011 in Fulda.<br />

Alle Referenten sind in diesem Heft zu Wort gekommen und freuen sich auf<br />

den persönlichen Kontakt.<br />

Wie in jedem Jahr wird auch diesmal wieder der LAUNEUS-Award, unsere<br />

Auszeichung für Verdienst in der Verbreitung der „launologischen Revolution“,<br />

an einen geschätzten Kollegen vergeben, der sich in Sachen Humor<br />

besonders hervorgetan hat.<br />

Die Laudatio hält unsere Preisträgerin 2010 Sabine Asgodom, die auch - wie<br />

alle Referenten - während des Kongresses für die Teilnehmer ansprechbar ist.<br />

Der diesjährige Kongress kann wieder als familiäres<br />

„Sahnestück“ betrachtet werden und<br />

wir freuen uns auf eine sehr interessante und<br />

-wie immer- sehr emotionale Lern- und Spaßatmosphäre.<br />

Unser Moderator Felix Gaudo hat sich wieder<br />

gut vorbereitet und wird in bewährter Manier<br />

die Herzen der Teilnehmer im Sturm erobern.<br />

Für kurzfristig Entschlossene bieten wir noch<br />

einen „late check-in“ bis zur letzten Minute an<br />

- oder einfach kommen.<br />

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.<br />

Herzlichst,<br />

Ihr<br />

„Es ist nicht genug<br />

zu wissen -<br />

man muss auch<br />

anwenden. Es<br />

ist nicht genug<br />

zu wollen - man<br />

muss auch<br />

tun.“<br />

Johann Wolfgang<br />

von Goethe,<br />

Helmut Fuchs<br />

Zukunft-Training 12/2011 3


INHALT<br />

HEISS AUF KALTAKQUISE<br />

Tim Taxis<br />

auf Kaltakquise<br />

Tim Taxis<br />

06Heiß<br />

Liebe neu erfinden<br />

Prof. Dr. Wilhelm Schmid<br />

26Die<br />

14<br />

Ist Ordnung tatsächlich das<br />

halbe leben?<br />

Heiko Ernst<br />

an die Macht<br />

Jochen-Peter Breuer<br />

30Weicheier<br />

IST EINSTELLUNG<br />

Martin Limbeck<br />

20ERFOLG<br />

brauch eigentlich<br />

Verhandlungs-Know-how<br />

36Wer<br />

Gerhard Jantzen<br />

4 Zukunft-Training 12/2011


IST ORDNUNG TATSÄCHLICH DAS HALBE LEBEN?<br />

Heiko Ernst<br />

DIE LIEBE NEU ERFINDEN<br />

Prof. Dr. Wilhelm Schmid<br />

im 21.<br />

Jahrhundert<br />

42Persönlichkeit<br />

Dr. Andreas Huber<br />

biologischen Grundlagen<br />

der Persönlichkeit<br />

48Die<br />

Prof. Dr. Dr. Jürgen Hennig<br />

und Persönlichkeit<br />

Dr. Helmut Fuchs<br />

52Charakter


Neukundengewinnung für Trainer<br />

Heiß auf<br />

Kaltakquise<br />

Wie kann das gehen?<br />

von Tim Taxis<br />

6 Zukunft-Training 12/2011


Wie Neukundengewinnung ganz<br />

einfach wird<br />

Sie bieten als Trainer gute, ja hervorragende Leistungen – und doch<br />

könnte der ein oder andere Tag im Jahr durchaus noch verkauft<br />

werden? Aber aktiv zum Hörer greifen und potenzielle Neukunden<br />

direkt anrufen, davor scheuen Sie sich - wie die meisten Trainer<br />

und Coachs? Das muss nicht sein! Wenn Sie nämlich genau das<br />

Gegenteil von dem machen, was alle anderen am Telefon machen,<br />

dann wird die vielgeschmähte – aber effektive – Kaltakquise nicht<br />

nur einfach und erfolgreich – sondern macht sogar Spaß. Ihnen<br />

und dem Kunden!<br />

Warum die „klassische<br />

Vorgehensweise“ nicht funktioniert<br />

In der Praxis ist es am Telefon meist<br />

leider noch so, dass wir Trainer genau<br />

das machen, was dann zu dem<br />

führt, was wir am meisten fürchten:<br />

Ablehnung und Misserfolg. Wir<br />

selbst provozieren den Widerstand<br />

des Kunden. Oder mögen Sie etwa<br />

eingehende Anrufe nach Schema<br />

F: „Guten Tag, mein Name ist<br />

Markus Müller von der Akademie<br />

XY. Haben Sie gerade kurz Zeit für<br />

mich?“ oder „…wir bieten innovative<br />

Trainingslösungen an und ich<br />

wollte mal fragen, ob die Möglichkeit<br />

besteht, sich vorzustellen.“?<br />

Der Kunde, egal ob im Vorzimmer<br />

oder gleich der Entscheider, denkt<br />

dann automatisch „Ach je, wieder<br />

so ein Trainer, der mir was verkaufen<br />

will“ – und schon kommt,<br />

ebenso automatisch, das „Kein Interesse,<br />

keine Zeit, kein Bedarf“.<br />

Das sind alles sogenannte Ablehnungs-Neins,<br />

also Ablehnung auf<br />

der Beziehungsebene! Hier geht es<br />

nicht um Ihre Trainingsqualität -<br />

der Kunde hat schlicht keine Lust<br />

auf ein solches Gespräch. Dadurch<br />

ist das Telefonat häufig zu Ende,<br />

bevor es wirklich angefangen hat.<br />

Es kommt erst gar nicht zum Fachgespräch<br />

auf Augenhöhe. So macht<br />

Akquise natürlich keinen Spaß…<br />

Der gefürchtete „Klick-Surr-Effekt“<br />

Ich nenne dieses Prinzip den „Klick-<br />

Surr-Effekt“. Was bedeutet das?<br />

Sicher sind Ihnen noch die klassischen<br />

Kassettenrekorder geläufig.<br />

Die hatten vorne einige Tasten, und<br />

auf einer stand „Play“. Jedes Mal,<br />

wenn Sie „Play“ gedrückt haben<br />

(klick), lief das eingelegte Kassettenband<br />

ab (surr). Sehr verlässlich…<br />

Dieser Effekt wirkt in genau<br />

derselben Weise in der klassischen<br />

Kaltakquise. Wenn Sie mit Schema<br />

F starten, erkennt der Angerufene<br />

sofort „Ach je, da will mir wieder<br />

jemand was verkaufen“. Mit Schema<br />

F also drücken Sie unbewusst<br />

nicht den Interesse-, sondern den<br />

Abblock-Knopf (klick) des Kunden<br />

- und direkt läuft die Kassette<br />

mit dem Band „Best of Abblocken<br />

– Greatest Hits“ (surr) ab.<br />

Die TAXIS Methode: Ersetzen<br />

Sie Ihre Sagetechniken durch<br />

Fragetechniken<br />

Also ist die entscheidende Frage,<br />

wie (Kalt-)Akquise erfolgreich für<br />

Sie funktionieren kann.<br />

Indem Sie Ihre eigenen (Kommunikations-)Muster<br />

am Telefon reflektieren<br />

und brechen, also Schema F<br />

durch effektivere Methoden ersetzen,<br />

brechen Sie gleichzeitig das<br />

Wahrnehmungsmuster des Kunden.<br />

Dadurch lösen Sie den Klick-Surr-<br />

Effekt gar nicht erst aus. So wird<br />

es einfach und angenehm – für Sie<br />

und den Angerufenen!<br />

Wir, die wir unsere Leistungen verkaufen<br />

wollen, reden meist zu viel<br />

– und texten den Angerufenen im<br />

schlimmsten Fall von Anfang an<br />

zu. Das mag natürlich kein Kunde.<br />

Denn: Argumente und Behauptun-<br />

Zukunft-Training 12/2011 7


gen schließen den Geist – Fragen<br />

öffnen ihn. Fragen lösen keinen<br />

Widerstand aus – im Gegenteil,<br />

Sie werden mit Fragen anstatt Argumenten<br />

sehr viel erfolgreicher<br />

sein. Ein Beispiel: Angenommen,<br />

Sie seien ein Traininingsinstitut<br />

und wollen Ihrem potenziellen<br />

Kunden, zum Beispiel dem Inhaber<br />

eines mittelständischen Unternehmens,<br />

Ihre neue Trainingslösung<br />

schmackhaft machen. Dann<br />

können Sie sagen „Herr Kunde,<br />

unsere neueste Innovation ist ein<br />

sogenanntes ´live Feld-Training´,<br />

das den Seminaren, die Sie kennen,<br />

weit überlegen ist. Unsere<br />

Trainings finden nämlich direkt<br />

draußen in der Praxis Ihrer Außendienstler<br />

statt.“ Uah. Gähn!<br />

Jetzt vergleichen Sie die Wirkung<br />

dieser Aussage einmal mit der Wirkung<br />

der folgenden Frage: „Herr<br />

Kunde, wenn es eine Trainingslösung<br />

gäbe, bei dem Ihre Außendienstler<br />

nicht im Trainingsraum<br />

trockene Theorie büffeln, sondern<br />

direkt draußen, live im Kundengespräch<br />

in der Real-Situation<br />

trainieren, was würde das dann<br />

wohl für den Vertriebserfolg Ihrer<br />

Außendienstler bewirken können,<br />

was meinen Sie?“.<br />

Jetzt wird der Kunde nachdenken<br />

und sich selbst die guten Argumente<br />

– also die Kaufargumente – für<br />

Ihr Angebot geben. Denn er wird<br />

die Antwort auf Ihre Frage suchen!<br />

Seine Argumente können Sie dann<br />

ganz einfach aufgreifen und zum<br />

Abschluss überleiten, denn: der<br />

Kunde wird wohl kaum Einwände<br />

gegen seine eigenen Argumente<br />

vorbringen…<br />

Ersetzen Sie daher mehr und mehr<br />

Ihre Sagetechniken durch gute<br />

Fragetechniken!<br />

DIE TAXIS METHODE IN<br />

DER PRAXIS:<br />

1. Sogwirkung erzeugen<br />

Wie funktioniert das nun konkret<br />

im Gesprächsablauf am Telefon?<br />

Leiten Sie Ihr Thema ein und ziehen<br />

Sie den Kunden sogwirkungsartig<br />

in´s Gespräch. Zum Beispiel<br />

so:<br />

„Wenn Sie an (Problemlösung /<br />

Wunsch) denken: Was ist Ihnen<br />

dabei wichtig? Worauf kommt es<br />

Ihnen dabei an?”<br />

Mit der Einleitung setzen Sie den<br />

thematischen Fokus. Sie führen<br />

den Kunden gedanklich genau zu<br />

dem Thema, über das Sie mit ihm<br />

sprechen möchten. Damit ermöglichen<br />

Sie es ihm, auf Ihre folgenden<br />

Fragen konkret zu antworten.<br />

Wichtig dabei ist, dass Sie den<br />

Fokus klar und präzise setzen. Je<br />

präziser, umso leichter wird es für<br />

den Kunden sein, Ihre Fragen zu<br />

beantworten bzw. umso eher kommen<br />

die Antworten präzise auf Ihr<br />

Thema. Beispiel: „Wenn Sie an die<br />

optimale Umsetzung eines individuellen<br />

Trainings nach Ihren Wünschen<br />

denken…“<br />

Die darauf folgende, erste Frage<br />

der TAXIS Methode zielt direkt<br />

auf die Wünsche und Entscheidungskriterien<br />

Ihres Kunden ab.<br />

Ganz wichtig dabei: Stellen Sie<br />

die Eingangsfrage immer offen –<br />

und doppelt, also „…was ist Ihnen<br />

in diesem Zusammenhang wichtig?<br />

Worauf kommt es Ihnen dabei<br />

an?“ Durch diese bewusste Verdopplung<br />

entfaltet sie eine vervielfachte<br />

Sog-Wirkung und zieht den<br />

Angesprochenen und seine Gedanken<br />

direkt in das Gespräch hinein.<br />

Er wird sich Ihnen mitteilen. Und<br />

genau das ist es, was Sie brauchen,<br />

um erfolgreich in der Akquise zu<br />

sein: ein Kunde, der gerne mit Ihnen<br />

spricht!<br />

Bei dieser wie bei allen anderen<br />

Fragen können und sollen Sie<br />

natürlich Ihre eigenen Worte benutzen.<br />

Elementar ist, dass Sie<br />

die Frage so stellen, dass sie zum<br />

einen auf die Wünsche und Entscheidungskriterien<br />

des Kunden<br />

gerichtet und zum anderen offen<br />

formuliert ist. Die Menschen werden<br />

auf solch eine Eingangsfrage<br />

grundsätzlich nie wirklich alles<br />

äußern, was sie zu sagen hätten.<br />

Das liegt sowohl daran, dass der<br />

Gefragte nicht reflexartig an alle<br />

Aspekte denkt und außerdem, weil<br />

er keine bewusste, strukturierte<br />

Kriterienliste im Kopf hat.<br />

2. Kundenwünsche erfragen:<br />

Immer wieder nachhaken<br />

Genau aus diesem Grund ist die<br />

zweite, sich anschließende Frage<br />

bei der TAXIS Methode ebenso<br />

wichtig wie die erste:<br />

„Und was ist Ihnen darüber hinaus<br />

noch wichtig?“<br />

Achten Sie unbedingt darauf, dass<br />

Sie diese Frage ebenfalls offen<br />

stellen. Also nicht z.B. „Gibt es<br />

sonst noch etwas?“<br />

In der Praxis werden Sie in fast<br />

allen Fällen auch nach der zweiten<br />

Frage noch nicht alles wissen,<br />

was den Kunden bewegt. Deshalb<br />

kommen Sie nicht umhin, diese<br />

zweite Frage erneut zu stellen.<br />

Nutzen Sie die zweite Frage also<br />

so oft, bis Sie den Eindruck haben<br />

´Jetzt ist er leer, er hat nichts mehr<br />

in sich, was er noch nicht gesagt<br />

hätte´. Wählen Sie bei der Wiederholung<br />

der zweiten Frage aber eine<br />

8 Zukunft-Training 12/2011


Tim Taxis<br />

Tim Taxis ist der Experte für nachhaltige Geschäftskunden-Akquisition – von<br />

Kaltakquise über Preisverhandlung bis zum Auftrag. Der erfolgreiche Trainer<br />

ist außerdem Speaker, Hochschul-Dozent und Autor. Sein Bestseller „Heiß auf<br />

Kaltakquise“ ist 2011 bei Haufe erschienen und von managementbuch.de ausgezeichnet<br />

worden. Mit seinen Praxis-Trainings macht Tim Taxis Unternehmen<br />

fit für den Akquise-Prozess vom telefonischen Erstkontakt bis zum erfolgreichen<br />

Abschluss. Zu seinen Kunden gehören DAX-Konzerne, Mittelständler und<br />

internationale Marktführer.<br />

Kontakt: tt@tim-taxis.de<br />

www.tim-taxis.de, www.heiss-auf-kaltakquise.de<br />

andere Formulierung, sie sollen<br />

ja nicht wie ein Roboter klingen.<br />

Zum Beispiel: „Worauf legen Sie<br />

darüber hinaus weiteren Wert?“,<br />

„Was wünschen Sie sich außerdem<br />

noch?“.<br />

Persönlich stelle ich die zweite<br />

Frage meiner Methode wenn nötig<br />

bis zu fünf Mal. Dazu bedarf es<br />

kommunikativen Feingefühls – der<br />

Kunde soll sich schließlich weder<br />

ausgefragt vorkommen noch ungeduldig<br />

werden.<br />

Wenn Sie merken, dass es<br />

langsam ein bisschen viel für<br />

den Kunden wird, können Sie<br />

dies gekonnt auffangen, indem<br />

Sie sagen „Herzlichen<br />

Dank für unser Gespräch bis<br />

hierher. Ich weiß, dass das<br />

jetzt schon drei (oder vier)<br />

Fragen waren, deshalb nur<br />

noch eine letzte – ist das ok?“<br />

Ihr Kunde wird Ihr Feingespür<br />

zu schätzen wissen und<br />

allein deshalb schon zustimmen.<br />

3. Die Priorisierung der<br />

Kundenwünsche ermitteln<br />

Mit ihrer nächsten Frage –<br />

also mit der dritten Frage der<br />

TAXIS Methode – sollten<br />

Sie auf die Priorisierung der<br />

Kundenwünsche zu sprechen<br />

kommen:<br />

„Von Ihren genannten Punkten<br />

[wiederholen!], Herr Kunde: Was<br />

davon ist Ihnen am Wichtigsten?“<br />

Die Priorisierung der Kundenwünsche<br />

ist deshalb so wichtig, da Sie<br />

erfahren, worauf der Kunde Wert<br />

legt, seinen Fokus legt. Entsprechend<br />

können Sie Ihren eigenen<br />

TIPPS UND TRICKS<br />

Fokus in Ihrer Argumentation und<br />

Angebotserstellung darauf ausrichten.<br />

4. Nach persönlichen Kriterien<br />

fragen<br />

Bislang sprachen Sie mit Ihrem<br />

Kunden über seine Business-Ent-<br />

Hier noch einige Inspirationen für Ihre Gesprächsformulierungen:<br />

Klick-Surr-Worte vs. Zauberworte<br />

Es gibt Worte, die tendenziell Ablehnung oder Widerstand stärker hervorrufen,<br />

als andere – wenn auch nur in Nuancen. In Summe machen diese Nuancen<br />

allerdings die Wirkung Ihrer Kommunikation aus! Sie dürfen den Effekt<br />

auf die Wirkung auf Ihr Gegenüber nicht unterschätzen. Einige Beispiele:<br />

1)<br />

Wer ist zuständig für…?<br />

Zuständig ist man heute nur noch auf dem Amt oder im schlecht ausgebildeten<br />

Einzelhandel – aber sonst nirgends! Wer sich im Kundenunternehmen<br />

nicht auskennt und über Schema F akquiriert würde eine solche Frage stellen.<br />

Genau deshalb drückt diese Frage auf den Klick-Knopf und die Ablehnung<br />

surrt herbei. Zudem: Wenn Sie so fragen, werden Sie tendenziell zum<br />

Einkauf oder zur Personalabteilung verbunden. Nicht gerade diejenigen, die<br />

die effektivsten Einstiegspunkte für die Akquise sind, denn: Sie sollten immer<br />

mit dem Entscheider sprechen. Der Entscheider ist per definition diejenige<br />

Person, die im Zweifel auch alleine „Ja“ sagen könnte – weil Sie nicht<br />

nur über die Verwendung des Budgets bestimmt, sondern auch zusätzlich<br />

Budget „aufmachen kann“.<br />

Ersetzen Sie die Frage durch<br />

„Wer entscheidet in letzter Instanz über…?“<br />

Zukunft-Training 12/2011 9


scheidungskriterien. Die vierte<br />

Frage der TAXIS Methode<br />

zielt darüber hinaus direkt auf<br />

die individuellen, persönlichen<br />

Kriterien des Menschen<br />

und damit auf die Ableitung<br />

des persönlichen Nutzens ab:<br />

„Herr Kunde, eine letzte<br />

Frage an Sie persönlich:<br />

über die genannten Kriterien<br />

hinaus, was liegt Ihnen<br />

persönlich in diesem Zusammenhang<br />

noch am Herzen?“<br />

Eine sensible Frage, ja, definitiv.<br />

Gleichzeitig sehr wichtig.<br />

Warum? Der Business-<br />

Nutzen ist das, was der Kunde<br />

kauft. Der persönliche Nutzen<br />

ist der Grund, warum er bei<br />

Ihnen kauft. Wenn Sie also<br />

die persönlichen Wünsche<br />

des Kunden mit dieser Frage<br />

in Erfahrung bringen können,<br />

dann haben Sie die höchsten<br />

Abschlusschancen. Daher ist<br />

diese Frage auch so besonders.<br />

Sie erfordert spezielles<br />

kommunikatives Geschick<br />

von Ihnen.<br />

Überzeugen ohne zu<br />

argumentieren<br />

Wenn Sie als Trainer im Vorfeld Ihrer Recherche zum Unternehmen herausgefunden<br />

haben sollten, dass Ihr Entscheider zum Beispiel der Leiter der<br />

Vertriebsabteilung ist, dann fragen Sie direkt:<br />

„Wie heißt Ihr Vertriebsleiter?“<br />

Noch besser: Sie finden seinen Namen im Rahmen Ihrer Vorbereitung heraus<br />

und können direkt in der Telefonzentrale sagen: „Bitte verbinden Sie<br />

mich mit Vorname Nachname.“ So einfach.<br />

2)<br />

„Sind Sie mein Ansprechpartner, wenn es um…geht?“<br />

Kennen Sie auch nur ein einziges Unternehmen, das in die Stellenbeschreibung<br />

sowas schreibt wie „Ihre Aufgabe umfasst es, der interne Ansprechpartner<br />

für externe Akquise-Leute zu sein“!? Eben.<br />

Wer (nur) stellt solch eine Frage? Jemand, der über Schema F akquiriert.<br />

Und eben deshalb drückt diese Frage auf den Klick-Knopf.<br />

Ersetzen Sie die Frage durch<br />

„Sie entscheiden ja über die…, nicht wahr?“<br />

Denn wenn er es nicht tut, dann wird er es Ihnen auch sagen!<br />

3)<br />

„Ich verstehe Sie, aber....“?<br />

Unser Unterbewusstsein weiß: alles, was vor dem ´aber´ kommt, ist eh gelogen.<br />

Also: weg mit diesem Wort! Trennen Sie künftig beide Sätze mit einem<br />

Punkt. Dann einfach ohne ´aber´ weiter. Bsp:<br />

„Ich verstehe Sie, Sie können darüber hinaus…“ Oder: „Ich verstehe<br />

Sie. Sie können darüber hinaus…“.<br />

Klingt gleich viel besser, oder?<br />

4)<br />

Folgende Worte können Sie ebenfalls leicht durch bessere ersetzen:<br />

Termin -> persönliches Treffen / persönliches Gespräch<br />

Telefontermin -> Kurzes Telefonat<br />

Unsere Konkurrenz -> Ihre bisherigen Partner<br />

Unser Ansatz-> Ihre Lösung<br />

Die TAXIS Methode ist hoch<br />

effektiv, um sämtliche Entscheidungskriterien<br />

Ihres<br />

Kunden konkret in Erfahrung<br />

zu bringen. Der Vorteil dieser Methode<br />

für die Kaltakquise liegt vor<br />

allem darin, dass sich der Kunde<br />

mitteilt. Für gewöhnlich reicht es<br />

für Ihre erfolgreichen Akquisegespräche<br />

schon, wenn Sie die<br />

ersten beiden Fragen konsequent<br />

einsetzen. Anhand der Antworten<br />

des Kunden werden Sie konkrete<br />

Ansatzpunkte für Ihren Termin-<br />

Abschluss heraushören. Später im<br />

persönlichen Vor-Ort-Gespräch<br />

oder wenn Sie am Telefon verkaufen,<br />

arbeiten Sie am besten mit allen<br />

vier Fragen. Wenn Sie wissen,<br />

was dem Kunden wichtig ist, ist es<br />

einfach für Sie, im Nachgang individuell<br />

zu argumentieren – wenn es<br />

dann überhaupt noch nötig ist.<br />

Denn in der Praxis werden Sie feststellen:<br />

In mehr als der Hälfte der<br />

Fälle brauchen Sie im Anschluss<br />

an die TAXIS Methode gar keine<br />

Argumentation mehr einzusetzen.<br />

Klingt komisch, ist aber so. Sicherlich<br />

fragen Sie sich jetzt, wie<br />

das gehen soll. Es ist ein psychologisches<br />

Phänomen, dass derjenige,<br />

der einen anderen Menschen<br />

gedanklich durch dessen Wünsche<br />

und Bedürfnisse hindurchführt,<br />

gleichzeitig als derjenige angesehen<br />

wird, der die Lösung dafür haben<br />

wird. Dies wird der Gefragte<br />

10 Zukunft-Training 12/2011


unbewusst annehmen. Und dieses<br />

Prinzip wirkt in der Praxis. Das<br />

nenne ich: überzeugen ohne zu argumentieren!<br />

Durch die Antworten des Kunden<br />

bekommen Sie direkte Ansatzpunkte<br />

für Ihren Abschluss und können<br />

– ohne Argumentation – direkt den<br />

Sack zu machen.<br />

Sie werden sehen: Durch diese Vorgehensweise<br />

kommen ganz selbstverständliche,<br />

natürlich Gespräche<br />

zwischen zwei Menschen zu Stande.<br />

Ihre Erfolgsquote steigt drastisch<br />

an, weil Sie den Klick-Surr-<br />

Effekt – und damit Ablehnung und<br />

Widerstand – kaum mehr auslösen.<br />

So macht Akquise Spaß! Ihnen und<br />

Ihren Kunden.<br />

Planen Sie Ihre Akquise-Aktivitäten:<br />

Die Quick & Easy-Methode<br />

Als Trainer anders verkaufen als alle anderen! Überzeugen statt zu<br />

überreden<br />

Sie haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten:<br />

Sie schnappen sich das<br />

Telefon und „machen einfach, was<br />

geht“ – oder Sie überlegen sich im<br />

Vorfeld:<br />

1. Was ist mein Ziel (Anzahl Neukunden<br />

bzw. Zusatz-Umsatz)?<br />

2. Was muss ich tun, um mein Ziel<br />

zu erreichen?<br />

Eine einfache, praktische Planung<br />

mittels Ihrer Erfolgsquoten ist die<br />

Quick & Easy-Methode. Sie wissen<br />

damit, welche Maßnahmen und wie<br />

viele Sie durchführen müssen.<br />

Zudem versetzen Sie sich in die<br />

Lage, bereits im Vorfeld zu analysieren,<br />

ob / wie Ihre gesteckten<br />

Ziele zu erreichen sind. Egal, wieviele<br />

Neukunden Sie mittels (Kalt-)<br />

Akquise akquirieren wollen, planen<br />

sollten Sie in jedem Fall!<br />

Denn: Erfolg ist immer das Erreichen<br />

vorher gesetzter Ziele.<br />

Sicher kennen Sie die alte Vertriebsweisheit:<br />

„Je mehr Kontakte,<br />

desto mehr Kontrakte“. Wer doppelt<br />

so viele Kontakte hat, wird bei<br />

derselben Erfolgsquote schlichtweg<br />

doppelt so viel Ergebnis einfahren.<br />

Mal eben drauflostelefonieren<br />

bringt jedoch nicht viel. Zur Zielsetzung<br />

gehört auch zu wissen,<br />

welches Ergebnis – Termine, Angebote,<br />

Abschlüsse oder Ähnliches<br />

– am Ende einer Kampagne erzielt<br />

werden muss bzw. kann. Sie müssen<br />

analysieren, wie viele Aktionen<br />

zur Zielerreichung nötig sind bzw.<br />

rückwärts rechnend den Plausibilitätscheck<br />

machen: Ist das gewollte<br />

Ergebnis überhaupt erreichbar?<br />

Zukunft-Training 12/2011 11


Beispiel: Durch eine Telefonaktion<br />

sollen vier Neukunden gewonnen<br />

werden. Der Verkäufer kennt seine<br />

persönlichen Erfolgsquoten. Falls<br />

nicht, muss er sie schätzen.<br />

Die relevanten Aspekte sind:<br />

• Wählversuche: jedes Anwählen<br />

einer Nummer, unabhängig<br />

davon, ob jemand bzw.<br />

wer den Anruf annimmt.<br />

• Entscheiderkontakte: derjenige<br />

ist an der Strippe, den<br />

wir zu erreichen Versuchen<br />

• Termin vereinbart<br />

• Anfrage geholt bzw. Angebot<br />

abgegeben<br />

• Auftrag bekommen<br />

Der Trainer muss in diesem Beispiel<br />

also im Schnitt viermal wählen,<br />

bis er diejenige Person am<br />

anderen Ende hat, die er sprechen<br />

will. Bei zehn Entscheidern macht<br />

er einen Termin und aus drei Terminen<br />

wird ein Angebot. Vier Angebote<br />

muss er im Schnitt schreiben,<br />

um einen Neukunden zu gewinnen<br />

bzw. einen Auftrag zu erhalten.<br />

Bitte beachten Sie: Die Dimension<br />

„Zeit“ - also wie lange es vom Start<br />

der Aktion bis zum Ziel dauert - ist<br />

bei dieser einfachen Planungsversion<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Nun kommt die klassische Quotenarbeit<br />

(rückwärts!):<br />

Das Ziel: Vier Neukunden gewinnen<br />

heißt …<br />

• Dafür muss er 48 Termine<br />

wahrnehmen: 16x3 (33% Erfolgsquote).<br />

• Das heißt, er muss 480 Entscheider-Telefonate<br />

führen:<br />

48x10<br />

• (10% Erfolgsquote) und<br />

braucht dafür 1.920 Wählversuche:<br />

480x4 (25% Quote).<br />

Der Trainer erkennt mit der Quick<br />

& Easy-Methode, ob die Zielsetzung<br />

überhaupt<br />

machbar ist. Falls ja, war dies<br />

ein wichtiger ex-ante Plausibilitätscheck.<br />

Gegebenenfalls kann nun eine<br />

zeitliche Einschätzung<br />

vorgenommen werden.<br />

Falls nein, bleibt dem Trainer<br />

nichts anderes übrig, als:<br />

• seine Ziele zu revidieren<br />

• die Ziele zeitlich zu strecken<br />

• mehr Leute einzusetzen (oder<br />

eine externe Agentur)<br />

• direkt wirksame Maßnahmen<br />

einzuleiten, um die Quoten zu<br />

optimieren. Aus 10% der Entscheider-Kontakte<br />

wird im<br />

Beispiel ein Termin: Das ist<br />

eine durchschnittliche Quote,<br />

die noch enorm gesteigert<br />

werden kann! Gleiches gilt<br />

für die anderen exemplarisch<br />

genannten Quoten!<br />

• über das Volumen pro Kunde,<br />

also die Definition der Zielkunden<br />

nachzudenken, um<br />

in Summe nicht vier, sondern<br />

dann nur noch drei oder zwei<br />

Neukunden als Ziel anzusetzen.<br />

Kaum einer macht eine saubere<br />

Aktivitäten-Planung respektive<br />

diesen Vorab-Plausibilitätscheck.<br />

Machen Sie als Trainerin, als Weiterbildner,<br />

diesen künftig grundsätzlich<br />

– so erkennen Sie nicht<br />

nur, ob Ihr Ziel überhaupt erreichbar<br />

ist, sondern auch ganz konkret,<br />

wieviele Aktivitäten Sie durchführen<br />

müssen. Dadurch wird Ihr Erfolg<br />

planbar!<br />

Tim Taxis<br />

Heiß auf Kaltakquise<br />

Das Buch „Heiß auf Kaltakquise“ geht<br />

nach 2 Monaten schon in die zweite<br />

Auflage bei Haufe.<br />

ISBN-Nr. 3648019910<br />

Haufe Verlag<br />

230 Seiten, € 24,80<br />

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12 Zukunft-Training 12/2011


Zukunft-Training 12/2011 13


14 Zukunft-Training 12/2011


Zukunft-Training 12/2011 15


Ist Ordnung<br />

tatsächlich<br />

das halbe<br />

Leben?<br />

Ist Ordnung tatsächlich das halbe Leben? Was ist die andere Hälfte?<br />

Und wie ergibt das ein Ganzes? Über die spannungsreiche Beziehung<br />

von Ordnung und Unordnung.<br />

Die Erde war wüst<br />

und leer. So steht<br />

es im ersten Buch<br />

der Bibel, der Genesis.<br />

Jeder Schöpfungsmythos<br />

beginnt entweder mit<br />

dem Nichts oder mit dem Chaos.<br />

Deshalb ist jede Schöpfung im<br />

Kern eine Schöpfungsordnung:<br />

Der Schöpfer beginnt damit, dass<br />

er Ordnung schafft. Er begründet<br />

eine Welt, indem er die Dinge voneinander<br />

scheidet, und dem Unterschiedlichen<br />

gibt er schließlich<br />

seine Namen, dies ist das allererste<br />

Ordnungssystem überhaupt. Der<br />

biblische Gott ging systematisch<br />

vor und legte auf eine gewisse<br />

Rhythmik in seiner Ordnung Wert,<br />

zunächst schied er Tag und Nacht,<br />

dann Wasser und Land, oben und<br />

unten, Vögel und Fische, und<br />

schließlich schuf er den Menschen.<br />

Der allerdings verstieß bald gegen<br />

die göttliche Hausordnung.<br />

Auch jenseits der Ursprungsmythen<br />

entstehen Welten, indem sich Ordnungen<br />

bilden. In der Evolution,<br />

beispielsweise, ist es die Ordnung<br />

des Zweckmäßigen, die uns staunen<br />

lässt: Überleben wird, wer sich<br />

optimal an seine Umwelt anpasst.<br />

Hinter einer unbegrenzt scheinenden<br />

und oft verwirrenden Vielfalt<br />

regieren die verborgenen Ordnungen<br />

und Gesetzmäßigkeiten das<br />

Sein. Das Genom als der Bauplan<br />

des Lebens ist das Ordnungsprinzip<br />

schlechthin, ein geniales Prinzip,<br />

einfach und unendlich vielfältig<br />

zugleich-<br />

Menschliches Denken, zumal in<br />

seiner höchstentwickelten Form,<br />

16 Zukunft-Training 12/2011


Buchtipp<br />

Welche Spuren werde ich hinterlassen? Wie verbinde ich mein Leben mit der<br />

Zukunft der Nachgeborenen? Welche Werte kann ich vermitteln? Ein Buch<br />

über zentrale Fragen der Babyboomer-Generation, der Menschen, die heute in<br />

der Mitte des Lebens stehen. Etwas hervorbringen, das über die eigene Existenz<br />

hinausreicht, einen Beitrag zu einer lebenswerten Welt leisten - das ist ein<br />

wachsender Wunsch im reifen Erwachsenenalter, aber auch eine Herausforderung<br />

in Zeiten des Jugendlichkeitskultes und rasanten Wertewandels.<br />

der Wissenschaft, beginnt mit der<br />

Strukturierung dessen, was ist. Forschen<br />

ist zunächst Ordnen, und die<br />

daraus entstehenden Taxonomien<br />

sind die Basis des Wissens. Wissenschaftsgeschichte<br />

ist seit Aristoteles<br />

vor allem die Geschichte der<br />

großen Ordnungssysteme. Solche<br />

Ordnungen liegen wie ein unsichtbares<br />

Netz über allen Wissensgebieten.<br />

In der Sprache ist die Grammatik<br />

ein solches Netz, und jeder<br />

Schüler schlägt sich mit diesem und<br />

vielen anderen wichtigen Systemen<br />

herum. Jahreszahlen und Epochen<br />

ordnen die Geschichte, und in den<br />

Naturwissenschaften bilden die<br />

großen Ordnungsschemata das Erkenntnisraster:<br />

In der Biologie zum<br />

Beispiel die Gliederung von Linné,<br />

in der Chemie das periodische<br />

System der Elemente, entdeckt von<br />

Meyer und Mendelejev.<br />

Wissenschaftsgeschichte erscheint<br />

so als die Geschichte eines Fortschreitens<br />

von Ordnung zu Ordnung.<br />

Dieses Fortschreiten kann<br />

in Sprüngen stattfinden, im chaotischen<br />

Umsturz von Revolutionen<br />

oder in behutsamen Evolutionen.<br />

Ordnungen werden entdeckt oder<br />

durchgesetzt. Und sie werden häufig<br />

wieder verworfen und aufgegeben.<br />

Der Wissenschaftshistoriker<br />

Thomas Kuhn beschrieb in seiner<br />

bahnbrechenden Arbeit über den<br />

Wandel im menschlichen Denken<br />

und Forschen, wie eine alte<br />

Ordnung, die disziplinäre Matrix,<br />

durch eine neue abgelöst wird: Unter<br />

dem Druck neuer Erkenntnisse<br />

verflüssigen sich alte Problemlösungsmodelle<br />

und ein Paradigmenwechsel<br />

wird eingeleitet. Und<br />

der Philosoph Michel Foucault beschreibt<br />

in seiner „archäologischen<br />

Wissenschaftsgeschichte“ mit dem<br />

Titel Die Ordnung der Dinge, dass<br />

Wissen weniger das Resultat von<br />

rationalen Denkprozessen ist, sondern<br />

von mehr oder weniger zufälligen<br />

Entdeckungen und von politischen<br />

Machtverhältnissen. Beides<br />

bestimmt die jeweiligen diskursiven<br />

Strukturen. Veränderungen<br />

in der „Ordnung der Dinge“ sind<br />

im Grunde Transformationen von<br />

Seinsformen.<br />

„Denken ist das Ordnen des Tuns“,<br />

schrieb der Entwicklungspsychologe<br />

Hans Aebli. Der menschliche<br />

Geist ist eng verknüpft mit der zentralen<br />

Fähigkeit zum Ordnen, und<br />

das heißt nichts anderes als Überlegen,<br />

Antizipieren, Planen, mit dem<br />

Ziel, seine Handlungen einigermaßen<br />

rational und geregelt durchzuführen.<br />

Das ordnende Strukturieren<br />

ist die eigentlich menschliche Metafähigkeit,<br />

die zentrale kognitive<br />

Leistung: Es kommt darauf an, immer<br />

und überall Muster und Regelmäßigkeiten<br />

erkennen und zu einer<br />

Ordnung zu finden, selbst dort, wo<br />

keine ist.<br />

Denn Ordnungen und Strukturen<br />

sind kein Selbstzweck. Sie geben<br />

Halt, Sicherheit und Orientierung.<br />

Die Ordnung ist der feste Boden,<br />

auf dem wir leben und operieren<br />

können. Sie ist der Rahmen unseres<br />

Denkens und Tuns, und sie ist deshalb<br />

„das halbe Leben“. Was aber<br />

ist die andere Hälfte? Bei genauerer<br />

Betrachtung: die Unordnung, die<br />

Emotion, das Chaos. Man könnte<br />

auch sagen: die empfundene (neudeutsch:<br />

„gefühlte“) Unordnung<br />

und Unberechenbarkeit der Natur<br />

(die jedoch ihre eigene innere Ordnung<br />

hat) zwang den Menschen<br />

zur Kultur, zu Neu-Ordnungen,<br />

die ihm das Leben erleichterten,<br />

wenn nicht überhaupt erst ermöglichten.<br />

Der Gegensatz von Natur<br />

und Kultur (und damit der von relativer<br />

Unordnung und relativer<br />

Ordnung) begleitet den Menschen<br />

seit seiner Menschwerdung, denn<br />

er selbst vereint und verkörpert in<br />

sich beides, mal als produktive Polarität,<br />

mal als schmerzhaften Widerspruch.<br />

Kulturgeschichte lässt sich begreifen<br />

als das Spiel mit den Formen<br />

und Ausbildungsgraden menschlicher<br />

Ordnungen, und die Ästhetik<br />

ist der ewige und sichtbarste Umschlagplatz<br />

zwischen den beiden<br />

Sphären von Ordnung und Chaos:<br />

Wie viel Ordnung ist edel, hilfreich<br />

und gut - und wie viel ist<br />

erdrückend, erstarrt, unfruchtbar?<br />

Wie viel Unordnung braucht der<br />

Mensch, um menschlich zu bleiben,<br />

und wann verschlingt ihn das<br />

Chaotische?<br />

Zukunft-Training 12/2011 17


Heiko Ernst<br />

Diplom-Psychologe und seit 1979 Chefredakteur von „Psychologie Heute“. Lehrauftrag<br />

für Wissenschaftsjournalismus an der Universität Leipzig.<br />

Das Kommen und Vergehen von<br />

kulturellen Strömungen folgt einem<br />

Wechselspiel zwischen dem<br />

Begehren nach Naturdominanz<br />

und dem nach Naturimmanenz,<br />

einem Pendeln zwischen, summarisch<br />

ausgedrückt, klassischen und<br />

romantischen Strebungen. Klassik<br />

und Romantik sind die Polarität,<br />

das stilistische Grundmuster<br />

vor allem europäischer Geistes- ,<br />

Kunst- und Kulturgeschichte: Europa<br />

bewegt sich seit Jahrhunderten<br />

zwischen Form und Auflösung, Ratio<br />

und Gefühlsüberschwang, Trieb<br />

und Triebmanagement. Das Sinnbild<br />

für diese Polarität, für die zwei<br />

prototypischen Auffassungen von<br />

natürlicher Ordnung und geordneter<br />

Natur sind der französische und<br />

der englische Garten. Beide sind<br />

zwar Kulturprododukte und damit<br />

künstlich, aber sie spiegeln doch<br />

unterschiedliche Ordnungsprinzien:<br />

„Herrschen“ und „Sehnen“, mit<br />

diesen beiden Begriffen beschrieb<br />

der Sozialwissenschaftler und<br />

Ökonom Joseph Huber die Pole des<br />

menschlichen Weltempfindens.<br />

Ordnungen sind die kristalline Form<br />

von Prozessen, der erstarrte Fluss<br />

von proteischen, also ursprünglich<br />

form-losen und fließenden Gedanken<br />

und Ideen. Die Erstarrung ist<br />

der Preis der Ordnung. Sicherheit<br />

und Verlässlichkeit statt Entwicklung.<br />

Und weil Entwicklung unvermeidlich<br />

ist, müssen auch ihre<br />

inneren, etwa die epigenetischen<br />

Gesetze erfasst werden, um Fehlentwicklungen<br />

vorzubeugen: ein<br />

quasi-orthopädisches Verständnis<br />

von Ordnung auch in der Veränderung.<br />

Denn das Neue verliert<br />

seinen Schrecken, wenn es sich<br />

entwickelt, und das heißt: wenn es<br />

in wohlgeordneten, berechenbaren<br />

Stadien und Phasen entsteht und<br />

wenn seine zeitliche Ordnung klar<br />

erkennbar ist.<br />

Der kristalline Aggregatzustand<br />

von prinzipiell Veränderlichem erscheint<br />

uns über lange Zeiten hinweg<br />

als wohltuende wenn nicht gar<br />

„heilige“ Ordnung, als Ruhepunkt<br />

im Ewig-Veränderlichen. Aber jede<br />

Ordnung enthält den Keim der Entropie,<br />

des Verfalls. „...denn alles<br />

was entsteht, ist wert, dass es zugrunde<br />

geht“, sagt Mephisto. Alles<br />

fließt, nichts bleibt wie es ist. Veränderung<br />

bringt Unordnung, sie<br />

stört das gefundene, mitunter mühsam<br />

erhaltene Gleichgewicht.<br />

Die Geschäftsgrundlage jeder Ordnung<br />

ist also das Regelwerk, auf<br />

das sich die Mehrheit in Gemeinschaften,<br />

vor allem den scientific<br />

communities, geeinigt hat: Nach<br />

diesem Methodenkanon forschen,<br />

lehren, bauen, gestalten, leben wir.<br />

Jede Ordnung ist zu einem guten<br />

Teil Willensausdruck, entweder<br />

von Autokratie oder von gewollten<br />

oder pragmatischen Mehrheitswillen.<br />

Das wird evident, wenn wir an<br />

politische Ordnungen denken – und<br />

an ihre unterschiedlichen Grade<br />

der Plastizität. Qualitätsmerkmale<br />

von Ordnungen sind die Offenheit<br />

für Reformen, der Bereitschaft bei<br />

den „Einwohnern“ einer Ordnung<br />

zur Neu-Ordnung, und sei es unter<br />

dem Druck der Verhältnisse, die<br />

sich unaufhaltsam ändern. Dabei<br />

sind die Revolutionäre von gestern<br />

die Reaktionäre von heute, die die<br />

einmal gefundene Ordnung „ihrer<br />

Zeit“ mit Zähnen und Klauen verteidigen.<br />

Oder sie finden zu einer<br />

neuen, friedvollen Form von Veränderung,<br />

der Re-Form.<br />

Jede Ordnung ist von Entropie bedroht,<br />

von Verfall und „Verwitterung“.<br />

Es sei denn, sie gerät selbst<br />

in einen Fluss, der dynamisch und<br />

doch vergleichsweise harmonisch<br />

zu einer neuen Ordnung führt,<br />

zu einer Synthese. Idealerweise<br />

entstehen aus der Dialektik von<br />

Unordnung und Ordnung neue,<br />

komplexere oder auch einfachere<br />

Formen: jeder individuelle Stil,<br />

jede wahre Innovation, jede Problemlösung<br />

von „höherer Ordnung“<br />

wird so möglich, ohne eine Episode<br />

der Anarchie, des Chaos oder der<br />

„kreativen Zerstörung“ durchleben<br />

zu müssen. Aber auch die letzteren<br />

Zwischenstufen sind nicht immer<br />

vermeidbar, und mitunter können<br />

sie auch lustvoll erlebt werden...<br />

Die Revolution - geht schon in<br />

Ordnung!<br />

Heiko Ernst<br />

18 Zukunft-Training 12/2011


„Ordnung ist das halbe Leben - woraus<br />

mag die andere Hälfte bestehen?“<br />

Heinrich Böll<br />

Zukunft-Training 12/2011 19


20 Zukunft-Training 12/2011


ERFOLG<br />

ist Einstellung<br />

Die wichtigsten Prinzipien des Verkaufens<br />

Wenn der frisch<br />

gebackene<br />

Versicherungsnehmer<br />

den<br />

freundlichen<br />

Versicherungsvertreter zur Tür<br />

begleitet, wenn er sie hinter ihm<br />

schließt, sich am Kopf kratzt und<br />

sich fragt, warum er jetzt so unsicher<br />

ist, ob er bei der Glasversicherung<br />

in der neuen Hausratversicherung<br />

nicht doch ein wenig mehr Widerstand<br />

hätte an den Tag legen sollen<br />

und ob er jetzt nicht doch ein wenig<br />

überversichert ist, dann ist mal<br />

wieder ein ungeschriebenes Gesetz<br />

gebrochen worden.<br />

Verkäufer müssen ein für allemal<br />

begreifen, dass sie erstens nicht<br />

dazu da sind, dem Kunden sein Geld<br />

wegzunehmen und dass sie zweitens<br />

nicht die Aufgabe haben, ihn zu<br />

betreuen. Gute Verkäufer sind nicht<br />

Betrüger von Beruf und sie haben<br />

auch keine Mission zur Kundenbeistandschaft.<br />

Eine Beziehung auf Augenhöhe:<br />

Gerechtigkeit und Gegenseitigkeit<br />

als Basis des Erfolgs<br />

Was also tun sie stattdessen? Sie<br />

bieten einen Deal an, einen Vertrag<br />

auf Gegenseitigkeit. Do ut des, wie<br />

der Lateiner sagt: Ich gebe, damit du<br />

gibst. Spitzenverkäufer geben und<br />

nehmen, der Kunde nimmt und gibt.<br />

Beide müssen auf freiwilliger Basis<br />

etwas beitragen, beide haben etwas<br />

davon. Das ist eine offene, transparente,<br />

faire, gerechte Sache, die auf<br />

eine langfristige Festigung der Beziehung<br />

angelegt ist. Gegenseitigkeit<br />

ist ein uraltes Prinzip, das nicht<br />

nur eine Rechtsformel für gegenseitige<br />

Verträge, sondern ein Grundsatz<br />

für jede soziale Gemeinschaft<br />

ist, die länger als einen halben Tag<br />

Bestand haben soll: Es ist das Reziprozitätsprinzip.<br />

Ich und Du, wir<br />

geben uns darauf die Hand, wir machen<br />

einen Handel. Und wir machen<br />

ihn so, dass wir uns beim nächsten<br />

Treffen wieder in die Augen schauen<br />

können.<br />

Gerechtigkeit und Gegenseitigkeit<br />

sind die Basis unserer Kultur. Etwas<br />

schuldig geblieben zu sein, den<br />

anderen über den Tisch gezogen zu<br />

haben, ist ein unangenehm kaltes<br />

Gefühl. Ich persönlich gehe lieber<br />

zehnmal zum Kunden und kann<br />

mich jeden Abend im Spiegel angucken,<br />

als dass ich nur einmal hingehe,<br />

absahne und mich dann weder<br />

beim Kunden noch im Spiegel mehr<br />

blicken lassen kann.<br />

Hoffnung ist aufgeschobene Enttäuschung<br />

– Die positive Einstellung<br />

entscheidet<br />

Wenn ein Top-Verkäufer etwas verkauft,<br />

ist er geradeheraus. Was die<br />

Einstellung der besten Verkäufer<br />

außerdem ausmacht: Fokus. Zielorientierung.<br />

Entschlossenheit.<br />

Wenn Sie zum Kunden gehen, was<br />

nehmen Sie zu ihm mit? Ja, natürlich<br />

Ihr Fachwissen. Logisch, das ist das<br />

Fundament, auf das Sie bauen können.<br />

Und Ihre Verkaufsunterlagen.<br />

Und Ihr Wissen über den Kunden,<br />

von A wie Aufgabengebiet bis Z wie<br />

Zigarettenmarke. Und ein Outfit,<br />

das Sie als Verkäufer verkauft, der<br />

ernst genommen wird. Und eine positive<br />

Einstellung, die Entschlossenheit<br />

auf einen Abschluss. Wichtig<br />

dabei ist: Sie hoffen nicht. Sie sind<br />

entschlossen! Hoffnung ist aufgeschobene<br />

Enttäuschung.<br />

Die Form von Optimismus, die Sie<br />

zum Kunden mitnehmen, ist freudige<br />

Entschlossenheit. Der Fokus auf<br />

das Verkaufen, auf das Ergebnis,<br />

auf den Abschluss. Wenn Sie davon<br />

überzeugt sind, dass es gut ist für<br />

den Kunden, bei Ihnen zu kaufen,<br />

dann wollen Sie um alles in der Welt<br />

einen Abschluss, und Sie tun voller<br />

Freude alles dafür, was nötig ist, um<br />

Zukunft-Training 12/2011 21


Martin Limbeck<br />

Martin Limbeck ist der Hardselling-Experte im deutschsprachigen Raum. Seit mehr<br />

als 18 Jahren begeistert er mit seinem Insider-Know-how und praxisnahen Strategien<br />

Mitarbeiter aus Management und Verkauf. Nicht nur in seinen provokativen und<br />

motivierenden Vorträgen, sondern auch in den umsetzungsorientierten Trainings<br />

steht das progressive Verkaufen in seiner Ganzheit im Mittelpunkt. Dies hat ihn in<br />

den letzten Jahren zu einem der effektivsten und wirksamsten Speaker und Trainer<br />

gemacht.<br />

diesen Abschluss zu machen. Voller<br />

Freude, die Sie ausstrahlen.<br />

Die typischen Verkaufsmannschaften<br />

in Unternehmen sind lebende<br />

Leichen mit gefrorenen Gesichtern<br />

und zaghafter Körpersprache. Bei<br />

Ihnen herrscht regelmäßig Beerdigungsstimmung,<br />

aber viel zu selten<br />

Spaß. Gerade aus der Ernsthaftigkeit<br />

entspringt Freude. Verkaufen ist<br />

kein Spielplatz, sondern das solide<br />

Fundament einer Existenz. Verkaufen<br />

ist nicht kühl, technisch, mechanisch,<br />

sondern hoch emotional und<br />

leidenschaftlich.<br />

Langfristig schlägt der Fleißige<br />

das Talent<br />

Den geborenen Verkäufer gibt es<br />

nicht. Jeder gute Verkäufer hat sich<br />

den Sinn und Zweck gesucht und<br />

selbst gegeben. Wer eine leidenschaftliche<br />

Einstellung zu seiner<br />

Aufgabe haben will, der kann sich<br />

einfach dazu entschließen. Verkaufen<br />

muss begeistern. Der Kunde<br />

muss Spaß mit Ihnen als Verkäufer<br />

haben. Und Sie selbst müssen mindestens<br />

genauso viel Spaß haben!<br />

Wenn der Kunde das erste Mal gelacht<br />

hat, kauft er.<br />

Verkaufen ist eine emotionale Sache.<br />

Der Verstand findet hinterher<br />

immer eine passende Begründung<br />

für die Entscheidung unserer Gefühle.<br />

Emotion siegt immer über<br />

die Ratio. Vergessen Sie alle Ihre<br />

sorgfältigen Argumentationsketten,<br />

wenn Sie keinen Spaß daran haben!<br />

Wenn Sie sich dafür entschieden haben,<br />

beim Verkaufen Spaß zu haben,<br />

dann gewinnen Sie so oder so, egal<br />

wie das Spiel läuft. Dann treten Sie<br />

schon vornherein als Sieger auf.<br />

Sie sind nicht der Piranha im<br />

Amazonas<br />

Verkaufe nicht alles! Verkaufe nur<br />

etwas, hinter dem du stehst. Ich<br />

muss mich mit dem Produkt, mit<br />

dem Kunden und mit mir selbst<br />

identifizieren können. Produkt,<br />

Kunde, selbst. Erstens, zweitens,<br />

drittens.<br />

Eine Luftblase, mit der Kunden geschröpft<br />

werden, überteuerte oder<br />

mangelhafte Produkte, das sollen<br />

ehrliche Verkäufer nicht verkaufen.<br />

Da liegt dann die Größe im Verzicht.<br />

Das ist der erste Punkt. Der zweite:<br />

Wenn Ihnen Menschen gegenüber<br />

sitzen, die Sie bewusst nicht verstehen<br />

wollen, die Freude daran haben,<br />

Sie auflaufen zu lassen und ihre vermeintliche<br />

Macht als Kunde Ihnen<br />

gegenüber ausspielen wollen: Steigen<br />

Sie aus! Und drittens: Gehen<br />

Sie nur dann verkaufen, wenn Sie<br />

mit sich selbst im Reinen sind.<br />

Es ist ein Irrglaube, dass ein richtig<br />

guter Verkäufer alles verkauft. Ein<br />

richtig guter Verkäufer ist kein Betrüger,<br />

deshalb verkauft er beispielsweise<br />

keine Immobilienfinanzierung,<br />

die sich der Käufer nur dann<br />

leisten kann, wenn er Glück hat und<br />

sich die Immobilienpreise überdurchschnittlich<br />

gut entwickeln.<br />

Wie gut ein Verkäufer ist, das sehen<br />

Sie nicht am kurzfristigen Umsatz,<br />

sondern an der langfristigen Rentabilität,<br />

am Ergebnis. Einen guten<br />

Verkäufer erkennen Sie, wenn Sie<br />

mit seinem langjährigen Kunden an<br />

der Hotelbar sitzen, und der voller<br />

Respekt von ihm spricht. Dass dabei<br />

über die Jahre sehr viel Geld<br />

umgesetzt worden ist, ist selbstverständlich.<br />

Verkaufen ist auf Nachhaltigkeit<br />

angelegt: Langfristige<br />

Zusammenarbeit mit dem Kunden<br />

auf Augenhöhe. Stetiges Geben und<br />

Nehmen im ausbalancierten Verhältnis.<br />

Martin Limbeck<br />

Nicht gekauft<br />

hat er schon<br />

So denken Top-<br />

Verkäufer<br />

Martin Limbeck<br />

bricht ein Tabu:<br />

Über Erfolg<br />

spricht man<br />

nicht. Doch<br />

Martin Limbeck ist anders. Er ist<br />

stolz auf seinen Weg vom Jungverkäufer<br />

zum gefeierten Vertriebsspezialisten.<br />

200 Seiten, € 19,99<br />

www.martinlimbeck.de<br />

22 Zukunft-Training 12/2011


Wer aufhört zu werben, um Geld zu sparen,<br />

kann genauso gut seine Uhr anhalten,<br />

um Zeit zu sparen.<br />

Henry Ford<br />

Zukunft-Training 12/2011 23


24 Zukunft-Training 12/2011


Zukunft-Training 12/2011 25


Die Liebe<br />

neu erfinden<br />

Prof. Dr. Wilhelm Schmid<br />

Die Liebe ist schwierig geworden. Alles soll sie leisten: uns<br />

unendliche Glücksgefühle, unbändige Leidenschaft und ewige<br />

Lust bescheren – allerdings ohne uns in unserer Freiheit<br />

einzuschränken.<br />

26 Zukunft-Training 12/2011


Zukunft-Training 12/2011 27


Die Liebe neu erfinden<br />

Die Liebe ist schwierig geworden. Alles soll sie leisten: uns unendliche<br />

Glücksgefühle, unbändige Leidenschaft und ewige Lust bescheren – allerdings<br />

ohne uns in unserer Freiheit einzuschränken. Kein Wunder also, daß<br />

sie diesem Erwartungsdruck kaum noch standhält: Die Liebe erstickt, wenn<br />

sie immer nur Liebe sein muß. Manche sprechen daher schon verzweifelt<br />

vom »Ende der Liebe«, viele arrangieren sich mit der alltäglichen Tristesse<br />

dessen, was doch einmal Liebe war, und wieder andere wollen eine neue<br />

»Nüchternheit«, aber die wird die Herzen nicht wärmen.<br />

Anders als in früheren<br />

Zeiten können<br />

moderne Menschen<br />

problemlos alleine<br />

leben. Für diese Lebensform<br />

spricht, dass sie viel Ärger<br />

erspart. Und was spricht für die<br />

Liebe? Lange Zeit in der Geschichte<br />

war das keine Frage: Liebe war<br />

Pflicht, oft sogar ein Zwang auf Lebenszeit.<br />

Das sollte Liebe sein? Man<br />

nannte es so. Wer hat die Macht,<br />

Menschen in einer solchen Verbindung<br />

festzuhalten? Die Religion,<br />

solange Menschen an Gottes Wort<br />

glauben, dass sie, was er verbunden<br />

hat, nicht trennen sollen. Die Gesellschaft,<br />

sofern sie diejenigen, die<br />

sich dennoch trennen, mit sozialer<br />

Ächtung bestraft. Und die Natur, die<br />

die Menschen seit jeher mithilfe von<br />

Hormonen zusammenzwingt, um<br />

die Fortpflanzung zu gewährleisten,<br />

auch wenn sie gar nicht gewollt ist.<br />

Die Befreiung von all diesen Zwängen<br />

wirft die Frage auf: Warum und<br />

wozu überhaupt noch Liebe? Glück<br />

ist die romantische Antwort darauf.<br />

Vor allem die leidenschaftlichen<br />

Gefühle, denen nicht widerstanden<br />

werden kann, sollen Menschen<br />

glücklich machen. Es liegt nahe zu<br />

sagen: Das ist eine Wahnsinnsidee,<br />

auf die in der langen Geschichte der<br />

Liebe kaum jemand gekommen ist.<br />

Aber einstweilen gibt es keine bessere.<br />

Entscheidend ist, was genauer<br />

unter Glück verstanden wird.<br />

Jede Liebe ist zunächst angewiesen<br />

auf das Zufallsglück. Zufälligerweise<br />

bin ich in diesem Moment an<br />

diesem Ort, zufälligerweise ein Anderer<br />

auch, sodass zwischen uns ein<br />

Funke überspringen kann. Solche<br />

Zufälle können nicht produziert, immerhin<br />

jedoch provoziert werden.<br />

Die Wahrscheinlichkeit, interessanten<br />

Menschen zu begegnen, wird<br />

deutlich größer, wenn ich Anderen<br />

in irgendeiner Form signalisiere,<br />

dass ich mich für Begegnungen und<br />

Erfahrungen interessiere. Sollte das<br />

Zufallsglück tatsächlich günstig<br />

ausfallen, heißt das allerdings nicht,<br />

dass dies auch so bleibt. Der günstige<br />

Zufall verbessert nur die Bedingungen<br />

für das Zustandekommen<br />

einer Beziehung, verschlechtert<br />

aber häufig die Bereitschaft zur Arbeit<br />

an ihr, da das Glück vermeintlich<br />

schon da ist. In moderner Zeit<br />

geht ein gemeinsames Leben allzu<br />

rasch wieder verloren, wenn es an<br />

Anstrengungen dafür fehlt, es zu<br />

bewahren.<br />

Jüngste Buchpublikationen:<br />

Liebe – Warum sie so schwierig ist<br />

und wie sie dennoch gelingt, Insel<br />

Verlag, Berlin 2011.<br />

Die Liebe neu erfinden. Von der<br />

Lebenskunst im Umgang mit Anderen,<br />

Suhrkamp Verlag, Berlin 2010.<br />

Haben zwei sich schließlich glücklich<br />

gefunden, kann ein zweites<br />

Glück in der Liebe fraglos das<br />

Wohlfühlglück sein: Die Lieben-<br />

28 Zukunft-Training 12/2011


Prof. Dr. Wilhelm Schmid<br />

geb. 1953, lebt als freier Philosoph in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger<br />

Professor an der Universität Erfurt. Viele Jahre lang war er als<br />

Gastdozent in Riga/Lettland und Tiflis/Georgien, sowie als „philosophischer<br />

Seelsorger“ an einem Krankenhaus bei Zürich/Schweiz tätig<br />

www.lebenskunstphilosophie.de<br />

den können sich wohlfühlen miteinander,<br />

Freude aneinander haben,<br />

sehr viel Sinnlichkeit gemeinsam<br />

genießen, Verständnis und Geborgenheit<br />

beieinander finden. All dies<br />

vorsätzlich zu suchen, gehört zur<br />

Arbeit am Glück in der Liebe, denn<br />

anders als das Zufallsglück kann das<br />

Wohlfühlglück nicht nur provoziert,<br />

sondern auch produziert werden.<br />

Die Liebenden sollten lediglich in<br />

Erfahrung bringen und mit immer<br />

neuen Experimenten erkunden, wie<br />

und womit sie sich wechselseitig<br />

gut tun können. Das kann ein köstliches<br />

Mahl sein, ein langes Gespräch,<br />

eine hingebungsvolle Zärtlichkeit,<br />

ein wundervoller Abend,<br />

eine leidenschaftliche Nacht und<br />

vieles mehr.<br />

Soll die Liebe von Dauer sein, ist<br />

jedoch ein drittes Glück hilfreich:<br />

Das Glück der Fülle. Gemeint ist<br />

die gesamte Fülle der Erfahrungen,<br />

positive wie negative. Auch für dieses<br />

Glück kann jeder und jede selbst<br />

etwas tun, es hängt allein von der<br />

geistigen Haltung ab, die er oder sie<br />

im Denken gewinnt und einübt, ausgehend<br />

von der Frage: Was ist charakteristisch<br />

für das Leben und die<br />

Liebe? Ist es nicht die Polarität, die<br />

Bewegung zwischen Gegensätzen,<br />

die sich in allem zeigt? Ist es mir<br />

möglich, sie grundsätzlich zu akzeptieren?<br />

Erscheinen mir das Leben<br />

und die Beziehung in aller Polarität<br />

dennoch bejahenswert? Dann ist ein<br />

Glück möglich, das atmen kann, sodass<br />

ich nicht mehr verkrampft an<br />

schönen Zeiten festhalten muss, die<br />

nicht vergehen dürfen, sondern auch<br />

die anderen Zeiten des gemeinsamen<br />

Lebens hinnehmen kann.<br />

Das dreifache Glück ist wichtig für<br />

die Liebe, am wichtigsten aber ist,<br />

dass sie eine starke Erfahrung von<br />

Sinn vermittelt, die die verschiedenen<br />

Arten von Glück in sich birgt.<br />

Sogar dann können Menschen Sinn<br />

in der Liebe finden, wenn sie in keiner<br />

Weise glücklich sind. Sinn ist<br />

dort, wo ein Zusammenhang ist, und<br />

für einen starken Zusammenhang<br />

sorgt die Liebe zwischen zweien:<br />

Sich mit unterschiedlichen Stärken<br />

wechselseitig zu beschützen und gemeinsam<br />

stärker zu sein als einer für<br />

sich allein. Da ist ein Mensch, den<br />

ich kenne, der mich etwas angeht<br />

und dem ich nicht egal bin, einer,<br />

mit dem ich Gedanken austauschen<br />

kann und für den ich etwas empfinde,<br />

wenngleich im Moment vielleicht<br />

nur Ärger. Liebe ist nicht die<br />

einzige Methode, Sinn zu finden,<br />

aber eine sehr wirksame. Aufgrund<br />

der Zusammenhänge, die sie aufspüren<br />

und festigen kann, wird sie<br />

in der modernen Epoche der Suche<br />

nach Sinn, in der so viele Zusammenhänge<br />

zerbrechen, zur großen<br />

Sinnstifterin: Der Sinn der Liebe ist<br />

die Schaffung von Sinn. Viele sehen<br />

in ihr den einzigen Sinn des Lebens,<br />

allerdings mit der Gefahr, dass ihr<br />

Scheitern dann zu einer Sinnlosigkeit<br />

führt, die das Leben in Frage<br />

stellt.<br />

Auf mehreren Ebenen können die<br />

Liebenden Sinn füreinander erschließen<br />

und miteinander erleben:<br />

Körperlich, seelisch, geistig und<br />

transzendent. In der Reihenfolge<br />

kommt keine Abwertung oder<br />

Hochschätzung einzelner Ebenen<br />

zum Ausdruck. Je nach der Deutung,<br />

von der die Liebenden sich leiten<br />

lassen, kann ihre Liebe einzelne<br />

oder mehrere Ebenen bespielen,<br />

abhängig von ihrer Antwort auf die<br />

Frage, was grundlegend sein soll:<br />

Die körperliche Begegnung, die<br />

seelische Empfindung, der geistige<br />

Austausch? Um die Beziehung mit<br />

ebenso großer Stabilität wie Flexibilität<br />

auszustatten, erscheint es<br />

sinnvoll, sie auf mehr als einer Ebene<br />

zu begründen: Schwierigkeiten<br />

auf einer Ebene können dann durch<br />

den Wechsel auf eine andere aufgefangen<br />

werden. Die Liebe kann am<br />

besten atmen, wenn sie zwischen<br />

den verschiedenen Ebenen hin- und<br />

herwandern kann und einer dem<br />

Anderen auch mal auf dessen Ebene<br />

entgegenkommt, denn eine Schwierigkeit<br />

der Liebe liegt darin, dass<br />

die Bedürfnisse der Liebenden nicht<br />

immer auf derselben Ebene angesiedelt<br />

sind. Die Liebe neu erfinden,<br />

das ist gleichbedeutend damit, die<br />

Liebe atmen zu lassen.<br />

Prof. Dr. Wilhelm Schmid<br />

Zukunft-Training 12/2011 29


Jochen-Peter Breuer<br />

Der Unternehmensberater und Buchautor Jochen Peter Breuer hat über 25.000<br />

Manager und Ingenieure in internationalen Fusionen und Umstrukturierungen<br />

begleitet. Aus dieser Erfahrung leitet er ab, dass die Nichtwürdigung von Wahrnehmungen<br />

starke emotionale Prozesse in der Organisation auslöst, die meist<br />

jeden vorher errechneten Vorteil zunichte machen. Sein neues Buch „Das emotionale<br />

Unternehmen“, gemeinsam mit dem französischen Unternehmensberater<br />

und Psychologen Pierre Frot geschrieben, hat bereits große Anerkennung erfahren.<br />

Er erklärt im Interview wie kollektive Emotionen im Unternehmen wirken und<br />

emotionale Viren das Immunsystem einer Organisation angreifen können.<br />

TAMedition Verlagsleiter Frederic M. Fuchs interviewt<br />

Jochen Peter Breuer zu einem<br />

launigen Interview.<br />

30 Zukunft-Training 12/2011


Zukunft-Training 12/2011 31


Weicheier an die<br />

Macht<br />

Das Emotionale Unternehmen<br />

Herr Breuer, warum<br />

stellen Sie die<br />

Bedeutung der<br />

Wahrnehmungen<br />

so in den Vordergrund?<br />

Wahrnehmungen sind emotionale<br />

Wahrheiten, die nicht anfechtbar<br />

sind. Menschen haben die Neigung,<br />

in schwierigen Situationen<br />

Leidensgenossen zu suchen, um<br />

ihre Wahrnehmungen zu teilen und<br />

bestätigt zu finden. Diese individuellen<br />

Wahrnehmungen summieren<br />

sich in Organisationen zu kollektiven<br />

Überzeugungen.<br />

Können Sie dafür ein Beispiel<br />

nennen?<br />

Wenn der Meinungsführer Meier<br />

zu seinen Kollegen sagt: „Habt<br />

ihr auch bemerkt, wie hämisch der<br />

neue Chef eben gegrinst hat? Das<br />

ist ein ganz hinterhältiger…“ ist<br />

seine Wahrnehmung der Grundstein<br />

zu einer dieser Geschichten,<br />

die zu kollektiven Überzeugungen<br />

werden. Das illustrieren wir mit<br />

der Formel: WahrnehmungenX =<br />

kollektive Überzeugung. Je mehr<br />

eine Wahrnehmung verbreitet wird,<br />

umso mehr verfestigt sie sich zu<br />

einer offensichtlichen Wahrheit.<br />

Wenn der neue Chef dann eine Woche<br />

später seinen Mitarbeitern ganz<br />

normal guten Tag sagt, dann kann<br />

das bei diesen überspitzt gesagt<br />

auslösen: was meint er denn damit<br />

schon wieder?<br />

Und diese kollektiven Überzeugungen<br />

setzen emotionale Prozesse<br />

in Gang…<br />

Ja, positiver und negativer Art.<br />

Positive Wahrnehmungen wirken<br />

wie Vitamine oder Antiviren, sie<br />

stärken und schützen das Immunsystem<br />

der Organisation. Negative<br />

Wahrnehmungen lösen emotionale<br />

Viren aus, die das Immunsystem<br />

angreifen und schwächen. Aus diesem<br />

Grund sagen wir, dass kollektiven<br />

Überzeugungen eine Organisation<br />

mental stärken oder mental<br />

verschmutzen können.<br />

Was meinen Sie damit?<br />

Im ersten Fall wird das Unternehmen<br />

stressresilienter, risikobereiter<br />

und gewinnt an Anziehungskraft.<br />

Die mentalen Energien gehen nach<br />

außen, zum Markt und zum Kunden.<br />

Im zweiten Fall werden die<br />

mentalen Energien des Unternehmens<br />

verbraucht, um die emotionalen<br />

Brandherde im Zaum zu halten.<br />

Interne Querelen, Machtkämpfe<br />

und Selbstschutzmechanismen leiten<br />

die Aufmerksamkeit nach innen,<br />

vom Markt und Kunden weg.<br />

Die emotionalen Viren übernehmen<br />

die Macht.<br />

Emotionale Viren, was heißt das<br />

konkret?<br />

Emotionale Viren sind negative<br />

Emotionen mit Ansteckungspotenzial.<br />

Sie provozieren die bereits<br />

angesprochene mentale Verschmutzung<br />

in der Organisation<br />

und lähmen diese, ähnlich wie bei<br />

einem PC, bei dem im Hintergrund<br />

zu viele Programme ablaufen. In<br />

unserem Buch haben wir ausführlich<br />

die verschiedenen Arten, wie<br />

Angst-, Macht-, Werte und Kulturviren<br />

beschrieben und wie diese<br />

das Immunsystem einer Organisation<br />

angreifen.<br />

Aber derartige emotionale Viren<br />

sind doch nicht zu verhindern,<br />

insbesondere bei einer Fusion.<br />

Nein, aber Anzahl und Intensität<br />

der emotionalen Viren können beträchtlich<br />

verringert werden. Wenn<br />

Mitarbeiter wahrnehmen, dass die<br />

geplante Fusion eine Bedrohung<br />

darstellt, so geht es nicht darum, ob<br />

diese Wahrnehmung richtig oder<br />

falsch ist, sondern warum die Situation<br />

so bedrohlich wahrgenommen<br />

wird. In der Regel betreibt<br />

das Management jedoch einen unglaublichen<br />

Aufwand, um den Mitarbeitern<br />

zu beweisen, dass man<br />

recht hat. Dabei argumentiert es<br />

rational und die Mitarbeiter halten<br />

emotional dagegen. Daher unsere<br />

Faustregeln Nummer 1: je weniger<br />

eine Wahrnehmung akzeptiert<br />

wird, umso mehr provoziert sie<br />

eine mentale Verschmutzung in der<br />

32 Zukunft-Training 12/2011


Jochen-Peter Breuer<br />

Jochen Peter Breuer gründete das Beratungsunternehmen JPB Consulting in Paris<br />

und ist Geschäftsführer von human esteem to business enhancement (he2be)<br />

in Lausanne. Co-Autor Pierre Frot studierte Informatik und arbeitet als Unternehmensberater<br />

und Coach und repräsentiert he2be in München.<br />

Organisation.<br />

Und wie lautet die Faustregel<br />

Nummer 2?<br />

Für die Nichtakzeptanz ihrer Wahrnehmungen<br />

revanchieren sich die<br />

Mitarbeiter mit einer Nichtakzeptanz<br />

der Vorgaben des Managements.<br />

Das ist also ein Null-Summen-Spiel,<br />

bei dem es nur Verlierer<br />

gibt. Unsere Erfahrung zeigt, dass<br />

Veränderungsprozesse jeder Art<br />

überproportional beschleunigt werden<br />

können, wenn das „warum“<br />

dieser Wahrnehmungen hinterfragt<br />

und behandelt wird.<br />

Wie soll das denn gehen? Ein Unternehmer<br />

kann doch nicht jeden<br />

einzelnen ständig nach seinem<br />

Wohlbefinden fragen…<br />

Es geht nicht um Wohlbefinden,<br />

sondern um emotionale Effizienz.<br />

Wie gesagt, die Energie der kollektiven<br />

Emotionen innerhalb einer<br />

Organisation kann diese vernichten<br />

oder aufblühen lassen. Haben die<br />

Mitarbeiter Angst, so gehen sie in<br />

die Selbstschutz-Intelligenz, sie<br />

denken nur an ihre eigenen Interessen.<br />

In solchen Situationen appellieren<br />

Manager an die Vernunft<br />

oder drohen. In der Folge müssen<br />

Sie immer mehr kontrollieren, um<br />

Minimalziele zu erreichen. Wenn<br />

man jedoch den Mitarbeitern die<br />

Gelegenheit gibt, ihre Wahrnehmungen<br />

auszudrücken, so geschieht<br />

Erstaunliches…<br />

Inwiefern?<br />

Wenn wir eine Bestandsaufnahme<br />

der Wahrnehmungen durchführen,<br />

so hat das bereits eine erste heilende<br />

Wirkung. Wir schaffen einen<br />

Raum, in dem Tabus, Hoffnungen<br />

und Ängste sowie auch Aggressionen<br />

ausgedrückt werden können.<br />

Im Buch beschreiben wir ausführlich,<br />

wie wir das machen. Hier sei<br />

nur gesagt, dass wir einen ausgewählten<br />

Personenkreis, egal ob<br />

Vorstände, mittleres Management,<br />

Ingenieure oder Sachbearbeiter<br />

in nur zwei Stunden dazu bringen<br />

können, in dieser Runde Themen<br />

anzusprechen und zu strukturieren,<br />

über die sie sonst nur hinter vorgehaltener<br />

Hand an der Kaffeemaschine<br />

reden.<br />

Ist das nicht gefährlich? Öffnen<br />

Sie damit nicht die Büchse der<br />

Pandora?<br />

Klar, das ist die große Angst, die<br />

in jedem Unternehmen herrscht.<br />

Denn mit diesem Vorgehen bringt<br />

man ja sozusagen die Weicheier an<br />

die Macht. Die absolute Horrorvorstellung<br />

für die Hardliner. Deren<br />

Problem ist aber hauptsächlich die<br />

fehlende Kompetenz im Umgang<br />

mit Emotionen. Sie wissen zum<br />

Beispiel nicht, dass man negativen<br />

Emotionen die Zerstörungskraft<br />

nimmt, sobald sie in einem wertschätzenden<br />

Raum ausgedrückt<br />

werden können. Sie können mir<br />

glauben, ich habe in 35 Jahren im<br />

internationalen Business eine große<br />

Anzahl heikler Situationen erlebt<br />

und auch im Buch beschrieben. Es<br />

funktioniert sogar mit, und darauf<br />

sind wir besonders stolz, französischen<br />

Gewerkschaften. Es hat eben<br />

etwas unglaublich Befreiendes,<br />

wenn die Mitarbeiter sagen können,<br />

was sie fühlen, ohne dafür manipuliert<br />

oder abgestraft zu werden. Die<br />

emotionalen Viren werden damit<br />

sozusagen in Quarantäne gebracht.<br />

Wie überzeugen Sie denn die<br />

Hardliner? Die werden doch<br />

nicht gerade Hurra schreien,<br />

wenn Sie mit Ihrem Team auftauchen…<br />

Ganz einfach durch Pragmatismus.<br />

Auch die Hardliner wissen, dass<br />

die Produktivitätsverbesserungen<br />

durch Prozessoptimierung weitgehend<br />

ausgereizt sind. Durch Benchmarking<br />

funktionieren heute alle<br />

Konkurrenten gleich. Es ist wie im<br />

Spitzensport. Die oben ankommen<br />

haben alle Talent, trainieren intensiv,<br />

ernähren sich unter Anleitung<br />

von Spezialisten usw. Letztlich entscheidend<br />

für beständige Topleistungen<br />

ist die mentale Stärke. Sie<br />

finden heute keinen einzigen Sportteil<br />

in den Zeitungen, indem nicht<br />

Zukunft-Training 12/2011 33


an irgendeiner Stelle von mentaler<br />

Stärke oder Schwäche gesprochen<br />

wird. Im Sport ist dies mittlerweile<br />

akzeptiert. Im Business stehen<br />

wir erst am Anfang. Wir haben<br />

„Das emotionale Unternehmen“<br />

geschrieben um zu beweisen, dass<br />

der Fortschritt eines Unternehmens<br />

zukünftig in der Beziehungsoptimierung<br />

und der mentalen Stärke<br />

der Organisation liegt. So können<br />

Quantensprünge in der Produktivität<br />

von 20% und mehr erreicht<br />

werden, und, was immer wichtiger<br />

wird, solche Unternehmen ziehen<br />

fähige Leute an.<br />

Deshalb sehen Sie also ein großes<br />

Beratungs- und Trainingspotenzial<br />

in der Erfassung und Transzendierung<br />

von Wahrnehmungen.<br />

In den letzten 15 Jahren, in denen<br />

wir unser Beratungskonzept mit<br />

großen internationalen Unternehmen<br />

in ganz unterschiedlichen<br />

Branchen weiter entwickelten,<br />

haben wir die Gewissheit erlangt,<br />

dass eine Bestandsaufnahme der<br />

Wahrnehmungen eine sehr wertschätzende<br />

Komponente hat. Ein<br />

Management, das Wahrnehmungen<br />

einfordert, ohne diese zu bewerten<br />

und dann in den Dialog<br />

mit den Mitarbeitern tritt, schafft<br />

einen Stimmungswandel und baut<br />

Vertrauen auf. Es verteilt nicht nur<br />

Broschüren mit Unternehmenswerten,<br />

sondern lebt Wertschätzung<br />

trotz hartem Business effektiv vor.<br />

Das wird zukünftig ein entscheidender<br />

Wettbewerbsvorteil sein.<br />

Wieso braucht man dazu externe<br />

Berater? Das kann doch auch<br />

von der internen Kommunikation<br />

gemacht werden.<br />

Es braucht in einem ersten Schritt<br />

externe Berater, die als Mediatoren<br />

fungieren und den Prozess begleiten.<br />

Denn bei internen Beratern ist<br />

die wichtige Neutralität nicht gegeben.<br />

Die in den Prozess Involvierten<br />

bleiben zurückhaltend und<br />

misstrauisch, da sie aufgrund ihrer<br />

Äußerungen Nachteile befürchten.<br />

Deshalb ist auch der wichtigste und<br />

schwierigste Teil für unser Beraterteam,<br />

zunächst dieses Vertrauen<br />

in unsere Mediatorenfunktion zu<br />

schaffen.<br />

Sie plädieren dafür, in Unternehmen<br />

die Wahrnehmungs-Kompetenz<br />

zu trainieren, was heißt das<br />

konkret?<br />

Die Wahrnehmungs-Kompetenz<br />

ist unbedingt notwendig, um den<br />

Wahrnehmungszyklus später regelmäßig<br />

und eigenständig durchführen<br />

zu können: Dieser besteht aus<br />

drei Schritten: Wahrnehmungen<br />

einfordern, Wahrnehmung behandeln<br />

und Wahrnehmungen transzendieren.<br />

Inhalte sind Grundwissen<br />

über erstens die Interdependenz<br />

zwischen Wahrnehmung und Emotion,<br />

zweitens über Auswirkungen<br />

von Emotionen im eigenen Körper<br />

und auf das Immunsystem der Organisation,<br />

und drittens über die<br />

Transzendierung der Emotionen,<br />

also das bewusste Einsetzen der<br />

Kraft der kollektiven Emotionen<br />

zum Nutzen des Unternehmens.<br />

Dieser Zyklus muss der Organisation<br />

in Fleisch und Blut übergehen,<br />

quasi in den genetischen Code eingepflanzt<br />

werden. Und das kann<br />

nur über konsequentes Coaching,<br />

Supervision und Training erreicht<br />

werden.<br />

Sie sagen also „Weicheier an die<br />

Macht”<br />

Das Emotionale Unternehmen<br />

Mental starke Organisationen entwickeln<br />

Emotionale Viren aufspüren<br />

und behandeln.<br />

Na ja, das ist eine bewusste Provokation,<br />

um aufzurütteln und auch<br />

zu polarisieren. Es geht uns weder<br />

um Einseitigkeit, noch propagieren<br />

wir Friede-Freude-Eierkuchen. Im<br />

Gegenteil, wer Frieden stiften will,<br />

muss auch Konfrontation aushalten.<br />

In diesem Sinne muss ein Mitarbeiter<br />

ebenfalls anerkennen, dass Unternehmen<br />

im harten Wettbewerb<br />

stehen und materielle Ziele haben.<br />

Es ist eher eine Wertschätzung auf<br />

Gegenseitigkeit: die Mitarbeiter<br />

wollen als Menschen wahrgenommen<br />

werden, ein Unternehmen will<br />

Mitarbeiter, die sich mit seinen Zielen<br />

identifizieren können. Ist eines<br />

von beiden nicht gegeben, so kann<br />

sich das Unternehmen nicht nachhaltig<br />

entwickeln. Daher sage ich:<br />

Wir brauchen nicht mehr Menschlichkeit,<br />

wir brauchen mehr Bewusstsein.<br />

Denn je bewusster wir<br />

unseren Wahrnehmungen gegenüber<br />

und im Umgang miteinander<br />

sind, umso menschlicher werden<br />

wir automatisch.<br />

Interview:<br />

Frederic M. Fuchs<br />

34 Zukunft-Training 12/2011


Kinder brauchen<br />

Werte!<br />

Niemand sagt uns, wie Erziehung<br />

geht, doch meinen wir alle intuitiv zu<br />

wissen, wie man erzieht. Aber gibt es<br />

überhaupt so etwas wie eine „richtige“<br />

Erziehung?<br />

Kinder sind Menschen mit eigenen Idealen,<br />

Vorstellungen und Wünschen. Wer das<br />

berücksichtigt, läuft weniger Gefahr, die Beziehung<br />

zu seinem Kind durch dauerndes „Erziehen“ aufs<br />

Spiel zu setzen. Elterlicher Einfluss, der Wunsch, das<br />

Beste für das eigene Kind zu tun und gleichzeitig<br />

den Familienfrieden zu wahren, müssen keine<br />

unvereinbaren Gegensätze sein.<br />

Dieses Buch stellt die einfachen und schnell<br />

umsetzbaren Grundsätze der 20-Minuten-Erziehung<br />

vor – 20 Minuten Erziehung in der Woche helfen<br />

mit, wenn es darum geht, aus Kindern glückliche<br />

Erwachsene zu formen.<br />

Erfahren Sie mehr...<br />

www.20minuten-erziehung.de<br />

Zukunft-Training 12/2011 35


Gerhard Jantzen<br />

Wer braucht eigentlich<br />

Verhandlungs-Know-how?<br />

Die Antwort: Jeder! Denn bei Verhandlungen (egal<br />

welcher Art) lässt sich in sehr kurzer Zeit viel gewinnen<br />

oder verlieren. Sie bekommen nämlich im<br />

Leben wie im Geschäft nicht das, was Sie<br />

verdient haben, sondern das, was Sie<br />

verhandelt haben.<br />

Vielfältigste Arten<br />

von Verhandlungen<br />

bestimmen<br />

unser Leben. Natürlich<br />

gibt es situative<br />

Unterschiede in der Vorgehensweise.<br />

Je nachdem, ob Sie<br />

36 Zukunft-Training 12/2011<br />

privat oder beruflich mit Kunden,<br />

Einkäufern, Verkäufern, Bewerbern,<br />

Vorgesetzten, Managern,<br />

Nachbarn oder Kollegen verhandeln.<br />

Im Beruf verharren Sie<br />

wahrscheinlich länger auf Ihrer<br />

Position und sind erst einmal weniger<br />

kompromissbereit. Doch<br />

gerade hier muss ein Ergebnis<br />

erzielt werden, von dem jede<br />

Seite Vorteile hat. Genau wie im<br />

privaten Bereich. Andernfalls<br />

endet ein »Sich-nicht-einigen-<br />

Können« mit einem Konflikt,


der Auswirkungen auf die Beziehungen<br />

zwischen beiden Seiten<br />

hat. Oft enden Verhandlungen in<br />

einer Verlierer-Verlierer Position,<br />

weil die Verhandler über zu<br />

wenig Know-how verfügen. Sie<br />

haben die Werkzeuge für professionelle<br />

Verhandlungen nie wirklich<br />

erlernt.<br />

Mein Tipp für Sie: Verbessern<br />

Sie Ihr Verhandlungsgeschick!<br />

Weil Verhandeln die Kompetenz<br />

ist, die heute am meisten<br />

gebraucht, aber am wenigsten<br />

gelernt wurde! Die folgenden<br />

Fragen machen Ihnen die Komplexität<br />

von Verhandlungen<br />

deutlich und spiegeln Ihnen Ihren<br />

Wissensstand zum Thema:<br />

Zukunft-Training 12/2011 37


1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

6.<br />

7.<br />

8.<br />

9.<br />

10.<br />

11.<br />

Haben Sie Ihre Ziele für die<br />

Verhandlung festgelegt?<br />

Haben Sie sich über den<br />

Verhandlungspartner vorinformiert?<br />

Zum Beispiel<br />

auch unter<br />

www.xing.com,<br />

www.yasni.de,<br />

www.123people.de?<br />

Wie bringen Sie Ihre Forderungen<br />

(Ihre Positionen) in<br />

Verhandlungen ein?<br />

Welche Tauschobjekte (Optionen)<br />

der anderen Seite<br />

sind für Sie interessant?<br />

Welche Tauschobjekte, die<br />

Sie bieten können, sind für<br />

Ihre Verhandlungspartner<br />

von Interesse?<br />

Haben Sie eine Alternative,<br />

falls die Verhandlungsergebnisse<br />

Ihnen nicht passen<br />

und dadurch unattraktiv für<br />

Sie sind?<br />

Welche Alternativen hat der<br />

Verhandlungspartner zu dieser<br />

Verhandlung?<br />

Wie finden Sie heraus, welche<br />

Alternativen der Verhandlungs-partner<br />

hat?<br />

Was kann passieren, wenn<br />

Sie mit einer gehörigen Portion<br />

Ungewissheit und unvorbereitet<br />

in die Verhandlung<br />

gehen?<br />

Haben Sie schon einmal<br />

12.<br />

13.<br />

14.<br />

15.<br />

16.<br />

17.<br />

18.<br />

19.<br />

20.<br />

21.<br />

22.<br />

Wie viel Zeit planen Sie ein,<br />

um sich intensiv auf wichtige<br />

Verhandlungen vorzubereiten?<br />

die SWOT-Methode in der<br />

Vorbereitung von grösseren<br />

Verhandlungen eingesetzt<br />

(Stärken-Schwächen-Chancen-Gefahren)?<br />

Haben Sie Ihre Verhandlung<br />

schon einmal mit der Mindmap-Methode<br />

vorbereitet?<br />

Wie bekommen Sie die Motive<br />

des Verhandlungspartners<br />

heraus?<br />

Welche Deal-Breaker haben<br />

Sie für sich in dieser Verhandlung<br />

festgelegt?<br />

Wie gehen Sie dann mit<br />

Deal-Breakern um?<br />

Behalten Sie die emotionale<br />

Kontrolle in einer hitzigen<br />

Verhandlungsphase?<br />

Können Sie in Konfliktsituationen<br />

auf die Meta-Ebene<br />

gehen (den Balkon), um die<br />

Übersicht zu behalten und<br />

die Lösungsfindung zu beschleunigen?<br />

Wie halten Sie über Stunden<br />

die Konzentration in längeren<br />

Verhandlungen?<br />

Wie behalten Sie den Überblick<br />

bei mehreren Verhandlungspunkten?<br />

Erkennen Sie Manipulationsversuche?<br />

Welche gibt<br />

es?<br />

Wie reagieren Sie auf unfaire<br />

gegnerische Angriffe?<br />

Was sind die Interessen der<br />

Gegenseite, und wie bekommen<br />

sie diese heraus?<br />

Jüngste Buchpublikationen:<br />

Liebe – Warum sie so schwierig ist<br />

und wie sie dennoch gelingt, Insel<br />

Verlag, Berlin 2011.<br />

Die Liebe neu erfinden. Von der<br />

Lebenskunst im Umgang mit Anderen,<br />

Suhrkamp Verlag, Berlin 2010.<br />

23.<br />

24.<br />

25.<br />

26.<br />

Welche Technik wenden Sie<br />

an, um in Verhandlungen<br />

nicht spontan zu antworten?<br />

Wann setzen Sie Schweigen<br />

als Machtmittel in Verhandlungen<br />

ein?<br />

Geschenke erhalten die<br />

Freundschaft. Wie viele<br />

Verhandlungsgeschenke<br />

können Sie machen, bevor<br />

es für Sie teuer wird (Optionen)?<br />

Was machen Sie, wenn im-<br />

38 Zukunft-Training 12/2011


Gerhard Jantzen<br />

ist Verkaufs- und Verhandlungstrainer. In über tausend Trainings, Coachings<br />

und Beratungen hat er ein professionelles Know-how aufgebaut, von dem Sie<br />

profitieren werden. Sein mitreissender Trainingsstil bewirkt höchste Aufmerksamkeit<br />

und entfacht Tat-energie. Namhafte Grosskunden zählen zu seinen<br />

Auftraggebern. Nach BWL-Studium und praktischer Ausbildung sowie mehreren<br />

Jahren Verkaufs- und Vertriebstätigkeit in Industrie und Handel hat er sich<br />

als Trainer und Berater selbstständig gemacht. Seine Firma, die implus Trainings<br />

AG, zählt zu den profiliertesten Trainingsunternehmen. Er ist Gewinner<br />

des Deutschen Trainingspreises in Gold<br />

www.gerhardjantzen.com<br />

27.<br />

28.<br />

29.<br />

30.<br />

31.<br />

32.<br />

33.<br />

34.<br />

35.<br />

mer neue Forderungen des<br />

Verhandlungspartners kommen<br />

(Salami-taktik)?<br />

Verfügen Sie über genügend<br />

Mut, mehr zu verlangen, als<br />

»allgemein üblich« ist?<br />

Welche Taktiken kennen<br />

Sie?<br />

Welche Taktik wird der<br />

Partner in der Verhandlung<br />

einsetzen?<br />

Welche Taktik setzen Sie<br />

ein?<br />

Welche langfristigen Folgen<br />

für die Beziehung haben die<br />

taktischen Mittel, die Sie<br />

einsetzen wollen?<br />

Welche Interessen Dritter<br />

müssen Sie in der Verhandlung<br />

vertreten?<br />

Wer, ausser Ihnen und dem<br />

Verhandlungspartner, sitzt<br />

nicht körperlich, aber mental<br />

noch mit am Tisch?<br />

Was würde passieren, wenn<br />

Sie mit einem »Nein« starten?<br />

Wie gehen Sie damit um,<br />

wenn Sie Ihr Verhandlungspartner<br />

laufend unterbricht?<br />

36.<br />

37.<br />

38.<br />

39.<br />

40.<br />

41.<br />

42.<br />

43.<br />

Wie setzen Sie Grenzen,<br />

ohne die eigene Souveränität<br />

zu verlieren?<br />

Wie bereiten Sie sich vor,<br />

wenn die andere Seite aus<br />

Personen unterschiedlicher<br />

Kulturen besteht?<br />

Wie können Sie komplexe<br />

Sachverhalte in einer Verhandlung<br />

einfach darstellen?<br />

Welche Argumentationstechnik<br />

wenden Sie an, um<br />

Ihre Positionen durchzubringen?<br />

Welche schriftlichen Kriterien<br />

können Sie in der<br />

Beweisführung zur Begründung<br />

Ihrer Forderungen<br />

vorlegen?<br />

Haben Sie Ihre eigenen Forderungen<br />

klar definiert?<br />

Wie reagieren Sie grundsätzlich<br />

auf Forderungen?<br />

Hart, weich oder kompromissbereit?<br />

Gibt es eine Alternative, die<br />

Sie vorziehen können, wenn<br />

das Verhandlungsergebnis<br />

für Sie nicht interessant ist?<br />

Nur mal angenommen, Sie kommen<br />

nach der Beschäftigung mit den obigen<br />

Fragen zu der Erkenntnis, dass<br />

Sie Ihre Verhandlungsfähigkeiten<br />

durch das Lesen eines einschlägigen<br />

Buches auf Vordermann bringen<br />

sollten. Erwarten Sie dann aber<br />

nicht, dass durch einmaliges Lesen<br />

eines Buches zum Thema Verhandeln<br />

jahrelange kommunikative<br />

Fehler beseitigt werden könnten.<br />

Wenn Sie wirklich professionell<br />

verhandeln wollen, liegt eine intensive<br />

Auseinandersetzung mit Ihrer<br />

Person und Ihren kommunikativen<br />

Möglichkeiten vor Ihnen. Erstellen<br />

Sie sich einen Zeitplan: Buch, Hörbuch,<br />

Seminar. Schritt für Schritt<br />

setzen Sie das neu Erlernte um und<br />

bauen es in die Praxis ein. Fehler<br />

sind erlaubt. Jahrelang eingeübtes<br />

Verhalten legen Sie nicht ab wie<br />

einen alten Hut. Ausdauer, Geduld<br />

und intensives Arbeiten an der eigenen<br />

Person sind der Weg, um neue<br />

Verhandlungstechniken zu erwerben<br />

und zu beherrschen.<br />

Machen Sie sich topfit, um sich<br />

den verschärften Bedingungen des<br />

Marktes verhandlungstechnisch zu<br />

stellen und sich gegenüber Ihren<br />

Mitbewerbern erfolgreich durchzusetzen.<br />

Gerhard Jantzen<br />

Informationen:<br />

Telefon: +41 (0)71 7223888<br />

g.jantzen@implus.de<br />

www.gerhardjantzen.com<br />

Zukunft-Training 12/2011 39


Machen Sie<br />

ruhig mal eine<br />

Lesepause...<br />

...und lassen Sie sich inspirieren.


Zukunft-Training 12/2011 41


42 Zukunft-Training 12/2011


Persönlichkeitsentwicklung<br />

im 21. Jahrhundert<br />

Ich oder Selbst?<br />

(Integrations-)Gedanken zu Persönlichkeit und Persönlichkeitsentwicklung<br />

im 21. Jahrhundert<br />

Wer war ich?<br />

Wer bin ich?<br />

Wer will ich sein?<br />

Diese Fragen gelten als anthropologische Konstanten, um Dasein<br />

und Leben des Einzelnen wie ganzer Nationen und Kulturen<br />

zu verstehen.<br />

Erkenne Dich selbst?<br />

Selbsterkenntnis ist allerdings<br />

ein gewagtes<br />

Unternehmen, deren<br />

Ausgang schwierig<br />

und unabsehbar ist: wen sollen und<br />

können wir überhaupt erkennen?<br />

Wir glauben, uns selbst gut zu kennen.<br />

Doch die Psychologie der letzten<br />

Jahre hat diese Überzeugung als<br />

großen Irrtum entlarvt: Wenn es um<br />

unsere Eigenschaften und Kompetenzen<br />

geht, überschätzen wir uns<br />

meist erheblich.<br />

Wir müssen in unserem Dasein<br />

hundert- und tausendfach wichtige,<br />

weitreichende Dinge entscheiden,<br />

die unsere Zukunft und letztlich<br />

unser Lebensglück bestimmen: beispielsweise<br />

über Schule oder Schulfächer,<br />

Hobbies, Beruf, Wohnort,<br />

Freunde oder Lebenspartner.<br />

Wie wir uns in all diesen Fragen entscheiden,<br />

wird von unserem Selbstbild<br />

beeinflusst – also davon, wie<br />

wir unsere Talente und Schwächen<br />

einschätzen, wie gut wir unsere Fähigkeiten<br />

und unseren Charakter<br />

kennen. Dabei ist tiefe Selbsterkenntnis<br />

absolut wichtig: was kann<br />

ich?, was will ich?, wer bin ich? –<br />

was tut mir gut?<br />

Allerdings sieht es mit der Selbsterkenntnis<br />

insgesamt weniger gut<br />

aus. In den letzten Jahren haben<br />

Psychologen wichtige Lebens- oder<br />

Berufsentscheidungen genauer untersucht,<br />

verallgemeinerbares Resultat:<br />

Nur ausnahmsweise wissen<br />

Menschen über sich wirklich<br />

Bescheid: „Wir sind geradezu mit<br />

Blindheit geschlagen, wenn es um<br />

unsere Begabungen geht, um unsere<br />

psychischen und geistigen Fähigkeiten,<br />

um unsere Beliebtheit oder<br />

moralischen Qualitäten“, kommentiert<br />

Psychologe Heiko Ernst die<br />

Befundlage.<br />

Das eigentliche Grundproblem liegt<br />

für Entscheidungs- und Selbsterkenntnisforscher<br />

wie David Dunning<br />

in einer allgemeinen Neigung<br />

zur Selbstüberschätzung zusammen<br />

mit einem überzogenen Optimismus<br />

und der Illusion der Überdurchschnittlichkeit.<br />

So glauben<br />

beispielsweise über 80 Prozent der<br />

Autofahrer, dass sie im Strassenverkehr<br />

zu den besten fünf (!) Prozent<br />

zählen, fast drei von vier Selbstständigen<br />

der „Ich-AGs“ sind schon<br />

kurzfristig gescheitert, über 70<br />

Prozent der Studenten halten sich<br />

für ausgesprochen „führungsbegt“<br />

– nur zwei Prozent haben von sich<br />

eine andere Einschätzung –, 95 Prozent<br />

aller Professoren meinen, „weit<br />

Überdurchschnittliches“ zu leisten.<br />

Die Ergebnisse dieser und hunderter<br />

anderer Studien der letzten Jahre<br />

sind so eindeutig, dass sie die Psychologen<br />

nicht etwa mit persönlicher<br />

Eitelkeit erklären, sondern von<br />

einem psychischen „Systemfehler“<br />

Zukunft-Training 12/2011 43


Dr. Andreas Huber<br />

Dr. Andreas Huber, Jg. 1956, Diplompsychologe, zertifizierter BDVT-Trainer<br />

und -Coach. Langjährige Erfahrungen in Publizistik und Erwachsenenbildung,<br />

arbeitet seit 2001 als Consultant, Coach und Publizist. Diverse Seminare,<br />

Workshops, Lehraufträge, Coaching- und Consultingprojekte in den Bereichen<br />

Motivation, Schlüsselqualifikationen und Selbstmanagement, Kompetenzentwicklung<br />

und -management, Karriereberatung, individuelles Führungscoaching,<br />

Führungskommunikation, Team- und Organisationsentwicklung<br />

in der Selbstwahrnehmung, -einschätzung<br />

und -erkenntnis ausgehen:<br />

Selbsterkenntnis mangelt es<br />

weniger an Reflexionsbereitschaft<br />

oder -fähigkeit, sondern an Objektivität.<br />

So kennen uns andere<br />

Menschen oft nachweisbar besser,<br />

ob Angehörige, Freunde, Kollegen<br />

oder Vorgesetzte. Wir kommen unter<br />

etwas positiveren Vorzeichen auf<br />

das problematische Thema Selbsterkenntnis<br />

zurück.<br />

Auf dieser brüchigen Grundlage<br />

scheint aber auch die große Verheißung<br />

Ich- oder Selbstverwirklichung<br />

der Humanistischen Psychologie<br />

ähnlich schwierig: Wie sollen<br />

und können wir uns selbst verwirklichen,<br />

wenn wir im Grunde gar<br />

nicht wissen, wer dieses Selbst oder<br />

dieses Ich genau ist?<br />

War Identität und Identitätsfindung<br />

noch nie ganz einfach, ist die Ichgestaltung<br />

in postmodernen Zeiten<br />

noch problematischer und komplexer<br />

geworden: „Das Subjekt ist ein<br />

Schlachtfeld“, konstatiert beispielsweise<br />

der Soziologe Paolo Virno,<br />

was Sozialpsychologen bestätigen:<br />

Während Ulrich Bröckling die Subjektwerdung<br />

als einen „unauflösbar<br />

gewordenen paradoxen Vorgang“<br />

versteht, begreift Heiner Keupp die<br />

Identitätsgestaltung in einer ebenso<br />

fragmentierten wie komplex und<br />

unübersichtlich geworden Welt als<br />

riskantes Patchwork sehr unterschiedlicher<br />

„Identitätsbausteine“.<br />

Die Welt, in der wir leben, hat<br />

kaum noch etwas mit der Welt früherer<br />

Generationen gemein. Noch<br />

vor wenigen Jahrzehnten glich das<br />

Leben einer geruhsamen Wanderschaft.<br />

Man schlenderte in Ruhe<br />

von Lebensstation zu Lebensstation<br />

– Kindheit, Schulzeit, Ausbildung,<br />

Heirat, Familiengründung, Alter –,<br />

wusste, was in der jeweiligen Phase<br />

von einem erwartet wurde und<br />

was man selbst vom Leben und von<br />

anderen Menschen erwarten durfte.<br />

Wer so durchs Leben pilgerte, hatte<br />

die Gewissheit, „richtig“ zu leben.<br />

Diese Gewissheit fehlt uns heute,<br />

denn so geradlinig wie früher verläuft<br />

unser Leben längst nicht mehr.<br />

Wir gehen auf keine vorauszuplanende<br />

Wanderschaft mehr, wir unternehmen<br />

Kurztripps. Manchmal<br />

packen wir sogar unsere Koffer,<br />

ohne genau zu wissen, wohin die<br />

Reise gehen soll. Das Hauptmerkmal<br />

unseres modernen Lebens ist<br />

die permanente Veränderung. Auf<br />

nichts ist mehr Verlass, wir sind<br />

ständig aufs Neue gefordert.<br />

Von dem traditionellen Begriff<br />

der Identität mit einem kohärenten<br />

Selbst oder einem Wesenskern<br />

muss sich die „Postmoderne“ nach<br />

Ansicht vieler Chronisten jedenfalls<br />

verabschieden. Der Sozialpsychologe<br />

Kenneth Gergen meint zum Beispiel,<br />

es gebe nur noch ein „multiphrenes<br />

Selbst“, also ein Selbst mit<br />

vielen geistigen Einheiten.<br />

Denn jeder investiert heute auf unterschiedliche<br />

Arten in sich selbst<br />

oder in verschiedene Teile seiner<br />

selbst und tourt durch eine Welt der<br />

Optionen. Weshalb der Soziologe<br />

Zygmunt Bauman auch vom Selbst<br />

als Tourist spricht.<br />

Früher kannte das Leben äußere<br />

Fixpunkte. Laufbahnen zum Beispiel,<br />

in denen man sich allmählich<br />

hocharbeitete. Familientraditionen,<br />

innerhalb derer man Rollen und<br />

Berufe übernahm. Umgebungen, in<br />

denen man sein Leben lang wirkte.<br />

Heute ist das anders. „Bleib in Bewegung,<br />

geh keine Bindungen ein<br />

und bring keine Opfer“, lauten die<br />

Werte der flexiblen Gesellschaft.<br />

Das Regime der kurzfristigen Zeit,<br />

so der Soziologe Richard Sennett,<br />

greift „Gleichheit und Kontinuität“<br />

an.<br />

Heiner Keupp nennt zehn gesellschaftliche<br />

Umbrüche, die sich auf<br />

das Identitätsgefühl jedes Einzelnen<br />

auswirken: Menschen fühlen sich<br />

aus einstmals stabilen kulturellen<br />

Bezügen „entbettet“, vorgegebene<br />

Lebensmuster verlieren ihre Selbstverständlichkeit,<br />

Erwerbsarbeit<br />

wird als Basis der Identität brüchig,<br />

die Vielfalt der Erfahrungen lässt<br />

sich nur schwer zu einem Gesamtbild<br />

fügen, Virtuelle Welten führen<br />

zu Zweifeln an dem, was wirklich<br />

44 Zukunft-Training 12/2011


ist, Alles veraltet so schnell, dass<br />

die Gegenwart schrumpft, es besteht<br />

eine schier unendliche Fülle<br />

verschiedener Lebensformen, die<br />

Geschlechtsrollen verändern sich<br />

in wachsendem Maße, Bindungen<br />

und Verbindlichkeiten nehmen ab<br />

zugunsten einer Individualisierung<br />

– und: nach dem Ende der traditionellen<br />

„großen Deutungssysteme“<br />

suchen Menschen individuell nach<br />

Sinn.<br />

Das sind die Prozesse, die mit<br />

Schlagworten wie „Individualisierung“,<br />

„mobile Gesellschaft“ oder<br />

„Netzwerkgesellschaft“ beschrieben<br />

werden. An die Stelle von sozialen<br />

Strukturen, die auf Dauer angelegt<br />

sind, treten für Richard Sennett<br />

wandelbare Netzwerke mit flüchtigen<br />

sozialen Beziehungen.<br />

Was meint die Persönlichkeitspsychologie<br />

als eigentliche Wissenschaft<br />

der Person? Sie stellte schon<br />

immer große und wichtige Fragen:<br />

Warum sind wir so, wie wir sind? Alles<br />

vererbt, gar evolutionär bedingt?<br />

– oder situativ, gesellschaftlich und<br />

kulturell? Ist unsere Persönlichkeit<br />

ein Leben lang stabil – oder kann<br />

sich jeder Mensch nachhaltig verändern?<br />

Sind wir frei – oder determiniert?<br />

Ist jeder von uns wirklich<br />

einzigartig – oder sind wir „Gleiche<br />

unter Gleichen“?<br />

Ein Jahrhundert lang konnte die Persönlichkeitspsychologie<br />

diese und<br />

andere existentielle Fragen nicht<br />

beantworten: viele Bruchstücke und<br />

dutzende unvereinbarer Theorien<br />

ergaben kein taugliches Modell des<br />

Menschen.<br />

Dies gilt auch für die in den letzten<br />

Jahren als internationaler Durchbruch<br />

gefeierte Big Five-Theorie:<br />

Ihr Postulat lebenslang stabiler<br />

Fundamente scheint im Lichte<br />

neuer Studien hinfällig geworden.<br />

Ordnung und Perspektive für das<br />

verworrene Puzzle um die Persönlichkeit<br />

könnte das visionäre Rahmenmodell<br />

„New Big Five“ des<br />

Persönlichkeitspsychologen Dan<br />

McAdams bringen. Er will die ehemalige<br />

Königsdisziplin der Psychologie<br />

wieder fit machen für ihre<br />

uneingelöste historische Mission:<br />

Psychologen und anderen Verhaltensforschern<br />

den Weg zum ganzen<br />

Menschen zu weisen.<br />

Wir halten uns an das vom amerikanischen<br />

Persönlichkeitspsychologen<br />

Dan McAdams vorgelegte Modell<br />

der „New Big Five“ mit seinen<br />

fünf Dimensionen Natur und Kultur,<br />

Traits, PACs und Life Stories.<br />

Demnach können wir unsere Mitmenschen<br />

ebenso sehr viel besser<br />

begreifen wie wir unsere individuelle<br />

Persönlichkeit nachhaltiger verstehen<br />

und entwickeln, wenn wir<br />

1. unser mehr oder weniger<br />

festgelegtes evolutionäres Erbe zusammen<br />

mit den Bedingungen unserer<br />

Kultur und Umwelt als Rahmenfaktoren<br />

beachten,<br />

2. uns in diesem Rahmen mit<br />

unseren Traits als charakteristischen,<br />

lebenslang prägenden Verhaltensdispositionen,<br />

unseren PACs<br />

als situationsabhängigen Handlungen,<br />

Motiven und Werten beschäftigen<br />

und<br />

3. uns sehr viel bewusster als<br />

jemals zuvor mit unseren ganz persönlichen<br />

Life Stories und Lebenserzählungen<br />

befassen.<br />

Die Früchte des sprichwörtlich<br />

ganzheitlichen Unterfangens sind<br />

verheißend: verstärktes Wohlbefinden,<br />

verbesserte Leistungs- und<br />

Schaffungsfreude und vergrößerte<br />

Lebensfreude.<br />

Diese drei Bereiche sind die Pflicht,<br />

die wir alle besser oder schlechter zu<br />

absolvieren haben: Unsere Dispositionen<br />

und Traits zu leben, im Alltag<br />

situationsangemessene Denk- und<br />

Handlungsmuster mit entsprechenden<br />

Zielen, Motiven und Werten zu<br />

finden und ebenso kluge wie spannende<br />

Lebenserzählungen zu finden,<br />

die dem Ganzen sprichwörtlich<br />

Sinn und Zweck verleiht.<br />

Ohne diese großen Drei – Traits,<br />

PACs und Life Stories – geht es<br />

nicht: Sie sind notwendige Grundlage<br />

einer Kür und integrierten Persönlichkeitsentwicklung,<br />

die Nietzsche<br />

mit dieser paradoxe Prämisse<br />

charakterisierte: Werde, der Du bist!<br />

Dabei geht es um das Werden unserer<br />

Persönlichkeit und unseres<br />

Selbst, das Können, Wollen und<br />

Dürfen umfasst: das Können im<br />

Sinne einer allgemeinen Kompetenz-<br />

und Ressourcenentwicklung,<br />

das durch unsere persönlichen Ziele,<br />

Motive und Werte bestimmte<br />

Wollen, und das als weitreichende<br />

Integration von Traits, PACs und<br />

Life Stories verstandene Dürfen und<br />

Gestalten der eigenen Persönlichkeit<br />

und des individuellen Lebens.<br />

Dr. Andreas Huber<br />

(Auszug aus dem 2012 erscheinenden<br />

Buch von Helmut Fuchs<br />

und Andreas Huber: Ein Rose ist<br />

eine Rose ist eine Rose: Selbst,<br />

Persönlichkeit und Charakter im<br />

21. Jahrhundert.<br />

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48 Zukunft-Training 12/2011


Die biologischen<br />

Grundlagen der<br />

Persönlichkeit<br />

Mit dem Begriff<br />

der Persönlichkeit<br />

verbinden<br />

sich zahlreiche<br />

Fragen, die nach<br />

wie vor von großem Interesse für<br />

letztlich jeden von uns sind. Die<br />

erste Frage bezieht sich auf den Gegenstand<br />

als solchen: Was ist das eigentlich<br />

– Persönlichkeit. Wäre die<br />

Frage in einem Satz zu beantworten,<br />

dann gäbe es sicherlich nicht in allen<br />

gängigen Lehrbüchern zu dieser<br />

Thematik zahlreiche Definitionen,<br />

die alle ihre Berechtigung haben.<br />

Eines aber ist allen gemein, dass<br />

Persönlichkeit offensichtlich einen<br />

eher stabilen – d.h. über die Zeit<br />

nicht allzu veränderlichen – Aspekt<br />

unseres Empfindens, Verhaltens und<br />

natürlich auch unserer kognitiven<br />

Fähigkeiten beschreibt. Neben dieser<br />

(relativen) intraindividuellen<br />

Stabilität ist aber eben auch von Interesse,<br />

wie wir uns in diesen Facetten<br />

unterscheiden. Wir interessieren<br />

uns also primär auch für die interindividuellen<br />

Unterschiede.<br />

Die zweite Frage dürfte wohl lauten,<br />

wie diese Unterschiede zwischen<br />

Menschen erklärt werden könnten.<br />

Keine Schule der Psychologie hat<br />

sich der Beantwortung (oder zumindest<br />

dem Versuch dazu) entzogen.<br />

Psychoanalyse, Behaviorismus, humanistischen<br />

Psychologie, Kognitive<br />

Psychologie und natürlich auch<br />

die Biologische Psychologie haben<br />

Modelle und Vorstellungen entwickelt,<br />

um letztlich die zentrale Frage:<br />

Warum bin ich so wie ich bin?<br />

zu beantworten. Keine der zahlreichen<br />

Theorien erklärt uns alles, aber<br />

alle haben einen Anteil ein einem<br />

sehr komplexen Bild.<br />

Bleiben wir noch einen Moment bei<br />

der Biologischen Psychologie. In<br />

den letzten 100 Jahren ist in diesem<br />

Feld ein erheblicher Erkenntnisfortschritt<br />

zu beobachten, der neben<br />

anderem natürlich auch mit einem<br />

enormen Fortschritt in naturwissenschaftlicher<br />

Technologie erklärt<br />

werden kann. Früher noch unvorstellbar,<br />

kann man heute das arbeitende<br />

Gehirn beobachten (funktionelle<br />

Magnetresonanztomographie),<br />

die frühe Verarbeitung von Reizen<br />

innerhalb weniger Millisekunden<br />

untersuchen (z.B. Elektroenzephalogramm),<br />

exakt die Konzentration<br />

von Hormonen oder Botenstoffen<br />

im Gehirn (Neurotransmitter) messen<br />

oder sogar unseren genetischen<br />

Code entschlüsseln. Unzählige Forschungsfragen<br />

und auch –ergebnisse<br />

gehen auf Untersuchungen dieser<br />

Art zurück. Die Felder sind so umfangreich,<br />

dass man eigentlich gar<br />

nicht in allen Bereichen als Spezialist<br />

ausgewiesen sein kann. Ich konzentriere<br />

mich daher auch auf zwei<br />

große Bereiche:<br />

Der Einfluss von Hormonen auf unser<br />

Verhalten<br />

Das Zusammenspiel von genetischen<br />

Faktoren und Umwelteinflüsse<br />

auf unser Verhalten.<br />

Zukunft-Training 12/2011 49


Prof. Dr. Dr. Jürgen Hennig<br />

Professor für differentielle Psychologie, Sportwissenschaft und Persönlichkeitsforschung<br />

an der Universität Gießen. Er wurde für seine Forschung mit mehreren Preisen<br />

ausgezeichnet.<br />

Der Wortursprung von Hormon<br />

bedeutet „antreiben“. Hormone<br />

steuern unser Verhalten, zumindest<br />

die, die auch im Zentralnervensystem<br />

ihre Wirkung entfalten und das<br />

sind zahlreiche. Die Frage ist nur<br />

wann und wie sie das tun. Neben<br />

anderen Aspekten ist es ganz offensichtlich<br />

von zentraler Bedeutung,<br />

welches Verhältnis von weiblichen<br />

und männlichen Geschlechtshormonen<br />

bereits in der frühen Phase<br />

der Schwangerschaft vorliegt.<br />

Diese Hormone haben einen organisierenden<br />

Effekt auf unsere<br />

Hirnentwicklung und bestimmen<br />

nachhaltig auch unser „psychologisches“<br />

Geschlecht. Die Überlegung,<br />

dass zwingend zwei XX – Chromosomen<br />

einen weiblichen Phänotypus<br />

(Erscheinungsform) zur Folge<br />

haben, stimmt so eben nicht. Bei<br />

einem relativen Überschuss von<br />

Testosteron, dem männlichen Geschlechtshormon<br />

entwickelt sich<br />

der Fötus etwas anders. Auch langwierige<br />

Hormongaben, wie es z.B.<br />

bei Transsexuellen durchgeführt<br />

werden, verändern häufig nicht nur<br />

das äußere Bild eines Menschen<br />

(z.B. Muskelwachstum, Bartwuchs<br />

etc.) , sondern auch seine Art zu<br />

Denken und zu empfinden.<br />

Wie stark ist denn nun der genetische<br />

Einfluss auf unser Verhalten?<br />

Diese Frage ist sehr komplex und<br />

nicht einfach zu beobachten, weil<br />

die Erblichkeit von Merkmalen unterschiedlich<br />

ist. Einige haben eine<br />

hohe erbliche Komponente andere<br />

eine eher geringe. Dies ist gut untersuchbar<br />

durch sog. Zwillingsstudien.<br />

Eineiige Zwillinge haben<br />

bekanntlich ein identisches Genom,<br />

zweieiige Zwillinge sind sich genetisch<br />

nicht ähnlicher als andere<br />

Geschwister. Im Vergleich beider<br />

kann man viel lernen. In der Tat hat<br />

die moderne Zwillingsforschung<br />

entscheidend dazu beigetragen, das<br />

Verhältnis von genetischen und Umweltfaktoren<br />

in ihrer Bedeutung für<br />

unser Verhalten zu identifizieren.<br />

Auch hier werden einige Beispiele<br />

gegeben, wobei mir besonders das<br />

Zusammenspiel beider Quellen am<br />

Herzen liegt. Fakt ist, dass genetische<br />

Faktoren mit beeinflussen,<br />

wie wir Umwelt wahrnehmen und<br />

deuten, was alleine schon deutlich<br />

macht, das eine strikte Trennung<br />

nicht viel Sinn macht. Ebenso können<br />

bestimmte Erfahrungen (z.B.<br />

schwerwiegend belastenden Lebensereignisse)<br />

Einfluss auf unsere<br />

Genaktivität nehmen (Epigenetik).<br />

Beides ist also verzahnt und<br />

bestimmt in seinem dynamischen<br />

Zusammenwirken letztlich unser<br />

Verhalten, unsere Persönlichkeit<br />

mitunter auch unsere Krankheiten.<br />

Mit molekulargenetischen Methoden<br />

können wir heute einzelne Genausprägungen<br />

bestimmen und in<br />

ihrer Bedeutung für unser Leben<br />

einschätzen. Wir wissen, dass es<br />

wohl Risikogene z.B. auch für psychische<br />

Erkrankungen gibt, diese<br />

aber keine Zwangsläufigkeit mit<br />

sich bringen, sondern nur unter bestimmten<br />

Umständen ihren Einfluss<br />

entfalten können. Welche Faktoren<br />

das sind, wird näher spezifiziert.<br />

Biologischen Grundlagen der Persönlichkeit<br />

sind also nicht als Determinismus<br />

fehlzuinterpretieren.<br />

Sie eröffnen uns vielmehr ein sehr<br />

grundlegendes Verständnis von<br />

Bedingungsfaktoren menschlichen<br />

(und natürlich auch tierischen) Verhaltens<br />

und durch ihre Kenntnis<br />

werden letztlich auch die zahlreichen<br />

Einflüsse unsere sozialen Umwelt,<br />

unseres Lernverhaltens – kurz<br />

unserer Lebensrealität besser verständlich.<br />

Prof. Dr. Dr. Jürgen Hennig<br />

Biopsychologische<br />

Grundlagen<br />

der Persönlichkeit<br />

(Hrsg.)<br />

Jürgen Hennig /<br />

Petra Netter<br />

Dieses Buch<br />

beleuchtet die<br />

wichtigsten in<br />

der Persönlichkeits-psychologie<br />

behandelten Eigenschaften in ihren<br />

biologischen Grundlagen aus der<br />

Perspektive der Neurophysiologie,<br />

Neurochemie, Psychoendokrinologie,<br />

Peripherphysiologie, Psychoimmunologie<br />

und Genetik.<br />

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CHARAKTER<br />

&<br />

PERSÖNLICHKEIT<br />

„Nur wer sich selbst kennt, weiß was er anderen zumutet!“<br />

Wenn Prof.Hennig<br />

in seinem<br />

kurzen Beitrag<br />

zu den biologischen<br />

Grundlagen<br />

der Persönlichkeit schreibt, dass<br />

sich mit dem Begriff der Persönlichkeit<br />

zahlreiche Fragen verbinden,<br />

die nach wie vor von großem<br />

Interesse für letztlich jeden von uns<br />

sind, dann trifft dies um so mehr für<br />

das breite Angebot der publikumswirksamen<br />

Persönlichkeits-Analysen<br />

zu, die allzu oft, vermutlich aus<br />

Begeisterung für das eigene Produkt,<br />

als „einzigartig“ dargestellt<br />

werden und für sich beanspruchen<br />

„Persönlichkeit“umfassend zu beschreiben.<br />

Unabhängig von testtheoretischen<br />

Zweifeln die sich bei dem einen<br />

oder anderen Analysetool schon<br />

beim ersten Anschauen aufdrängen,<br />

kann aus Sicht des Personalentwicklers<br />

oder Trainers die Möglichkeit,<br />

durch verschiedene Fenster auf<br />

die vermutlich einzigartige Signatur<br />

der Persönlichkeit von Mitarbeitern<br />

oder Bewerbern schauen zu können,<br />

als durchweg zielführend und<br />

erfolgsversprechend interpretiert<br />

werden.<br />

Aus Sicht meiner Erfahrungen kann<br />

ich den parallelen Einsatz von Motivanalysen,<br />

Denk-und Verhaltensstiltools,<br />

Werteanalysen und vielem<br />

mehr nur empfehlen, wenn es darum<br />

geht, die vielen Facetten einer<br />

Persönlichkeit zu erfassen. (siehe<br />

auch Artikel zum Thema „onboarding“<br />

in der letzten ZT).<br />

Relativ neue und letztlich doch<br />

„alte“ Wege geht jetzt die Positive<br />

Psychologie und stellt einen „fast<br />

vergessenen Hauptdarsteller“ (Huber)<br />

in den Mittelpunkt der Betrachtung:<br />

den Charakter.<br />

Charakterstärken und Tugenden<br />

sind demnach Kerncharakteristiken<br />

des menschlichen Funktionierens.<br />

Moralphilosophen und religiöse<br />

Denker haben im Laufe der Geschichte<br />

verschiedene Tugenden<br />

vorgeschlagen, denen ein universeller<br />

(allgemeingültiger) Charakter<br />

zugeschrieben wird (vgl. Dahlsgaard,<br />

Peterson & Seligman, 2005;<br />

McCullough & Snyder, 2000).<br />

Charaktertypen bezeichnen schon<br />

seit der Antike in vielfältigen Beschreibungen<br />

und Festlegungen<br />

die Ausprägungen der unterschiedlichen<br />

Persönlichkeitsstärken von<br />

Menschen. Sie versuchen,- mit aus<br />

heutiger wissenschaftlicher Sicht<br />

abenteuerlich anmutende Vermutungen-<br />

Eigenschaften von Individuen<br />

einem bestimmten Typus<br />

zuzuordnen und dabei vor allem angeborene<br />

Eigenschaften der körperlichen<br />

und seelischen Verfassung zu<br />

beschreiben.<br />

In veraltetem Gebrauch findet sich<br />

für Typen von Charakteren auch das<br />

Wort Gemüt bzw. Gemütsart.<br />

Was heute als Lehre der Charaktertypen<br />

bezeichnet werden könnte,<br />

war in der Antike Gegenstand<br />

der sogenannten Naturphilosophie.<br />

Die Humoralpathologie der Hippokratiker<br />

aufbauend auf der Vier-<br />

Elemente-Lehre des Empedokles<br />

unterscheidet zwischen vier verschiedenen<br />

Charaktere, die begrifflich<br />

heute durchaus noch umgangssprachlich<br />

zur Beschreibung des<br />

Gemüts eines Mernschen verwendet<br />

werden: den Melancholiker, Choleriker,<br />

Sanguiniker und Phlegmatiker<br />

Diese Typologie durch Galenos fixiert,<br />

können wir auch bei Kant und<br />

Wilhelm Wundt wiederfinden. Von<br />

dem griechischen Naturphilosophen<br />

Theophrastos (3. Jahrhundert<br />

v. Chr.) stammt eine anschauliche<br />

Zukunft-Training 12/2011 53


Dr. Helmut Fuchs<br />

ist Gründungspräsident und Verwaltungsrat der European Academy for Training<br />

and Development EATD AG und Inhaber und Cheftrainer der TAM-Trainer-Akademie-München,<br />

der ältesten und renommiertesten Ausbildungsstätte<br />

für Managementtrainer in Deutschland.<br />

Beschreibung von dreißig Charaktertypen,<br />

z.B. Der Verlogene, Der<br />

Skrupellose, Der Dünkelhafte, Der<br />

Geizige, Der Redselige, Der Nörgler,<br />

Der Gefallsüchtige. Diese sog.<br />

Charaktere des Theophrast wurden<br />

durch den französischen Schriftsteller<br />

Jean de la Bruyière (1645-1696)<br />

wiederentdeckt, übersetzt und durch<br />

Charakterstudien aus seiner eigenen<br />

Zeit ergänzt. (Quelle Wikipedia)<br />

Im 20.Jahrhundert haben Ernst<br />

Kretschmer und William Sheldon<br />

den Zusammenhang von Charaktermerkmalen<br />

und Konstitutstyp<br />

hervorgehoben<br />

und ähnlich wie die<br />

Schädelvermessungen<br />

des Phrenologen Franz<br />

Joseph Gall, die sich<br />

ja teilweise auch bis in<br />

die 60 Jahre des letzten Jahrhunderts<br />

gehalten haben und Gehirnchirurgen<br />

die Legitimation gaben,<br />

teilweise bei Kranken ganze Teile<br />

des Großhirns wegzuschneiden, die<br />

Psychologie gezeichnet. Ich selbst<br />

mußte in Psychologie-Seminaren<br />

während meines Studium noch die<br />

psycho-morpholgischen Zusammenhänge<br />

nach Sheldon einpauken.<br />

Die Theorien über psycho-morphologische<br />

Zusammenhänge wurden<br />

nun mittlerweile wissenschaftlich<br />

widerlegt. Zwischen Körperbautyp<br />

und Persönlichkeit besteht kein<br />

gesicherter Zusammenhang. Aus<br />

heutiger Sicht sind also Konstitutionstypologien<br />

wissenschaftlich<br />

nicht aufrechtzuerhalten. Trotzdem<br />

finden wir sie im esoterisch angehauchten<br />

Umfeld der Personalentwicklung<br />

auch heute noch vertreten.<br />

„Eventuell zu beobachtende Korrelationen<br />

sind demnach eher durch<br />

den Einfluss der objektiven oder<br />

der subjektiv wahrgenommenen<br />

körperlichen Eigenschaften auf das<br />

Selbstbild und die entsprechenden<br />

Selbstbeurteilungen zu interpretieren.“<br />

(Wikipedia)<br />

„Eine Glücksbesetzung, die jeder<br />

einstudieren und trainieren kann:<br />

die Charakterrolle steht allen offen“<br />

Auf diesen uralten Schultern stehend<br />

hat nun jüngst Prof. Seligman<br />

seine neueren Theorien zur Bedeutung<br />

des Charakters in der Betrachtung<br />

der Determinanten eines<br />

„guten und glücklichen Lebens“<br />

formuliert und hat bei historischen<br />

Untersuchungen die folgenden immer<br />

wieder auftretenden Kategorien<br />

von Tugenden markiert : Weisheit,<br />

Mut, Menschlichkeit, Gerechtigkeit,<br />

Mässigung und Transzendenz. Charakterstärken<br />

sind dabei die psychologischen<br />

Merkmale – Prozesse<br />

oder Mechanismen –, welche die<br />

Tugenden definieren. Charakterstärken<br />

sind demnach unterscheidbare<br />

Wege, um eine oder mehrere Tugenden<br />

auszuüben beziehungsweise<br />

zu zeigen. Sie stellen einen Teil der<br />

Persönlichkeit eines Menschen dar.<br />

Von der kühlen Persönlichkeit jahrzehntelang<br />

verdrängt, verbreitet er<br />

nun umso helleren Glanz: seine Tugenden<br />

und Stärken sind die großen<br />

Glücksbringer unseres Lebens – im<br />

Alltag, in unseren Beziehungen und<br />

im Berufsleben. Eine Glücksbesetzung,<br />

die jeder einstudieren und<br />

trainieren kann: die Charakterrolle<br />

steht allen offen,“ schreibt der Psychologe<br />

Andreas Huber in der Zeitschrift<br />

Psychologie heute.<br />

Die akademische Psychologie<br />

besinnt sich nun also<br />

anscheinend wieder auf ihre<br />

Geschichte und ihre alte<br />

Königsdisziplin.<br />

Am Psychologischen Institut der<br />

Universität Zürich befindet sich<br />

eines der Zentren der „Positiven<br />

Psychologie“ in Europa. Eine neue<br />

Studie innerhalb der Fachrichtung<br />

„Persönlichkeitspsychologie und<br />

Diagnostik“ versucht erstmals einen<br />

kausalen Zusammenhang zwischen<br />

bestimmten Charakterstärken und<br />

der Lebens- und Arbeitszufriedenheit<br />

herzustellen.<br />

„Wir können heute mit empirischen<br />

Methoden nachweisen, dass bestimmte<br />

Charakterstärken wesentlich<br />

dazu beitragen, dass Menschen<br />

54 Zukunft-Training 12/2011


mit ihrem Leben, aber auch mit<br />

ihrer Arbeit, mit den Arbeitsbedingungen<br />

und ihrem -ertrag zufrieden<br />

sind“, erzählte mir der Leiter des<br />

Instituts, Prof. Dr. Willibald Ruch<br />

- im übrigen unser Launeus-Award-<br />

Preisträger 2009 - im persönlichen<br />

Gespräch anläßlich des letztjährigen<br />

TAM-Lernkongresses. Doch nicht<br />

jede Charakterstärke trage gleichermaßen<br />

zum gelungenen Leben bei.<br />

In einer Studie, bei der die Charaktereigenschaften<br />

von 300 Schweizern<br />

– Führungskräften und ihren<br />

Mitarbeitern – untersucht wurden,<br />

stellte sich heraus, dass sich die<br />

Chefs vor allem in ihren Stärken<br />

Führungsvermögen, Tapferkeit und<br />

Urteilsvermögen, aber auch Neugier,<br />

Weisheit, Ausdauer, Authentizität,<br />

Enthusiasmus und soziale<br />

Intelligenz von ihren Mitarbeitern<br />

unterscheiden.<br />

Nach jüngsten Erkenntnissen können<br />

wir wohl davon ausgehen, „dass<br />

der gute Charakter kultivierbar,<br />

Charakterstärken also veränderbar<br />

sind“, wie Willibald Ruch betont.<br />

Könnte es den Forschern gelingen,<br />

nachzuweisen, dass das Training<br />

bestimmter Charakterstärken einen<br />

empirisch messbaren Einfluss auf<br />

die Lebens- und Arbeitszufriedenheit<br />

hat, hätte dies Auswirkungen<br />

auf den Weiterbildungsmarkt oder<br />

die zahlreichen Coaching-programme<br />

zum Persönlichkeitstraining.<br />

Viele Programme würden sich<br />

dort noch zu sehr auf wenige Stärken<br />

konzentrieren oder seien nicht<br />

individuell genug, so Ruch.<br />

Es wird angenommen, dass Charakterstärken<br />

über verschiedene Situationen<br />

und die Zeit hinweg relativ<br />

stabil sind. Sie können sich aber<br />

infolge von verschiedenen Lebenserfahrungen<br />

(weiter-) entwickeln<br />

und sich verändern (Peterson & Seligman,<br />

2004).<br />

DIE 24 CHARAKTERSTÄRKEN<br />

1. Weisheit und Wissen:<br />

Kognitive Stärken, die den Erwerb und den Gebrauch von Wissen beinhalten.<br />

Kreativität: neue und effektive Wege finden Dinge zu tun<br />

Neugier: Interesse an der Umwelt haben<br />

Urteilsvermögen: Dinge durchdenken und von allen Seiten betrachten<br />

Liebe zum lernen: neue Techniken erlernen und Wissen aneignen<br />

Weisheit: in der Lage sein, guten Rat zu geben<br />

2. Mut:<br />

Emotionale Stärken, die mittels der Ausübung von Willensleistung internale<br />

und externale Barrieren zur Erreichung eines Zieles überwinden.<br />

Authentizität: die Wahrheit sagen und sich natürlich geben<br />

Tapferkeit: sich nicht Bedrohung oder Schmerz beugen, Herausforderungen<br />

annehmen<br />

Ausdauer: beendigen was begonnen wurde<br />

Enthusiasmus: der Welt mit Begeisterung und Energie begegnen<br />

3. Menschlichkeit:<br />

Interpersonale Stärken, die Liebevolle menschliche Interaktionen ermöglichen<br />

Freundlichkeit: Gefallen tun und gute Taten vollbringen<br />

Bindungsfähigkeit: menschliche Nähe herstellen können<br />

Soziale Intelligenz: sich der Motive und Gefühle von sich selbst und anderen<br />

bewusst sein<br />

4. Gerechtigkeit:<br />

Stärken, die das Gemeinwesen fördern<br />

Fairness: alle Menschen nach dem Prinzip der Gleichheit und Gerechtigkeit<br />

behandeln<br />

Führungsvermögen: Gruppenaktivitäten organisieren und ermöglichen<br />

Teamwork: gut als Mitglied eines Teams arbeiten<br />

5. Mässigung:<br />

Stärken, die Exzessen entgegenwirken<br />

Vergebungsbereitschaft: denen Vergeben die einem Unrecht getan<br />

haben<br />

Bescheidenheit: das Erreichte für sich sprechen lassen<br />

Vorsicht: nichts tun oder sagen, was später bereut werden könnte<br />

Selbstregulation: regulieren was man tut und fühlt<br />

6. Transzendenz:<br />

Stärken, die uns einer höheren Macht näher bringen und Sinn stiften<br />

Sinn für das Schöne: Schönheit in allen Lebensbereichen schätzen<br />

Dankbarkeit: sich der guten Dinge bewusst sein und sie zu schätzen wissen<br />

Hoffnung: das Beste erwarten und daran arbeiten es zu erreichen<br />

Humor: Lachen und Humor schätzen; die Leute gerne zum Lachen bringen<br />

Spiritualität: kohärente Überzeugungen über einen höheren Sinn des<br />

Lebens haben<br />

Zukunft-Training 12/2011 55


Solche Persönlichkeitseigenschaften<br />

mit Hilfe eines Fragebogens zu<br />

messen war also naheliegend und<br />

dies hat Martin Seligman mit dem<br />

VIA in Angriff genommen.<br />

Gemeinsam mit Prof. Jürgen Hennig<br />

haben wir uns ebenfalls herausgefordert<br />

gefühlt und mit der Charakteranalyse<br />

CHARA, aufbauend<br />

auf diese Betrachtung, ein modernes<br />

bildgestütztes Analysetool für den<br />

Gebrauch über Internet, iPad oder<br />

sogar iPhone entwickelt<br />

Im Zentrum stehen dabei – wie<br />

bei Seligman – sechs übergeordnete,<br />

sehr traditionelle Tugenden<br />

– Weisheit, Mut, Menschlichkeit,<br />

Gerechtigkeit, Mäßigung und Transzendenz<br />

–, die sich weltweit wiederfinden<br />

und seit jeher von allen<br />

Philosophien, Kulturkreisen und<br />

Weltreligionen als vorbildlich interpretiert<br />

werden. Die insgesamt<br />

24 Charakterstärken bestimmen die<br />

konkrete Art und Weise, wie wir die<br />

Tugenden persönlich gestalten und<br />

erleben – so öffnen sich uns die charakterbildenden<br />

Wege zur Weisheit<br />

Neugierig geworden?<br />

beispielsweise über die Stärken der<br />

Neugier, Liebe zum Lernen, Urteilsvermögen<br />

und Kreativität.<br />

Auch bei den Stärken fanden interessanterweise<br />

die Charakterforscher<br />

bemerkenswerte Übereinstimmungen:<br />

Freundlichkeit, Fairness und<br />

Neugier bestimmen die Spitzengruppe<br />

der Werteskala in über 40<br />

Ländern von Aserbeidschan bis<br />

Venezuela, in Deutschland zudem<br />

Liebe/Bindung, Integrität/Authentizität<br />

und Offenheit für Erfahrungen.<br />

Im Tabellenkeller der Charakterliga<br />

dagegen rangieren Vorsicht<br />

und Selbstregulation – die Tugend<br />

und das Talent der Mäßigung ist bei<br />

den Menschen dieser Welt also nur<br />

schwach ausgeprägt. In Deutschland,<br />

Österreich und der Schweiz<br />

spielt nur noch Spiritualität eine geringere<br />

Rolle.<br />

Die jüngere Charakterforschung<br />

wird als bedeutsamer Meilenstein<br />

der Psychologie gefeiert. Howard<br />

Gardner etwa versteht sie als eine<br />

der „wichtigsten Initiativen der<br />

Psychologie der letzten 50 Jahre“,<br />

andere Größen wie George Vaillant<br />

(„ein absoluter Klassiker für Sozialund<br />

Geisteswissenschaften“) oder<br />

Robert Sternberg („längst überfälliger<br />

psychologischer Kompass für<br />

unsere unter Kriegen, Terrorismus<br />

und sonstigen Grauen zusammenbrechende<br />

Welt“) empfehlen die<br />

Beschäftigung mit dem Charakter<br />

ebenfalls very highly. (Huber)<br />

Die mit CHARA gemessenen Charakterstärken<br />

bestimmen als stabile<br />

Persönlichkeitseigenschaften unser<br />

Denken, Fühlen und Handeln. Im<br />

psychologischen Sinne als besonders<br />

erfüllend erlebt jeder seine<br />

vier, fünf oder sechs individuell am<br />

stärksten ausgeprägten Signaturstärken:<br />

authentisch und ich-nahe,<br />

unvermeidlich, aufregend und aktivierend<br />

– intrinsisch wie von selbst<br />

Energien mobilisierend, statt erschöpfend.<br />

Diese Signaturstärken<br />

stehen auch im Zentrum der wichtigsten<br />

Ziele, Phasen und Projekte<br />

des eigenen Lebens.<br />

Dr. Helmut Fuchs<br />

Wollen Sie das bildgestützte Analysetool CHARA<br />

und die Ausprägung Ihrer Charakterstärken<br />

kennenlernen, dann setzen Sie sich mit uns in<br />

Verbindung. Eine Analyse kostet während der<br />

erweiterten testtheoretischen Bearbeitung im<br />

Jahre 2012 noch 59,- Euro.<br />

Eine kostenloses Infoseminar zum ersten<br />

Kennenlernen des tools und der Betrachtung der<br />

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Zielgruppen findet im Februar 2012 in Fulda<br />

statt. Um den Grundgedanken der positiven<br />

Psychologie voranzutreiben und mit CHARA<br />

das passende Analysetool zu etablieren suchen<br />

wir Personalentwickler,Trainer, Coaches die mit<br />

uns gemeinsam voranschreiten. Bei Interesse<br />

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ZT.<br />

CHARA wird kurzfristig in Englisch,<br />

Französisch,Spanisch und Italienisch zur<br />

Verfügung stehen.<br />

56 Zukunft-Training 12/2011


„Wissen gibt Ihnen Macht, aber<br />

der Charakter verschafft Ihnen<br />

Respekt und Anerkennung.“<br />

Bruce Lee<br />

Zukunft-Training 12/2011 57


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Nehmen Sie mit uns Kontakt auf unter<br />

redaktion@zukunfttraining.de<br />

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impressum<br />

Zukunft Training<br />

TAM-Trainer Akademie München in Zusammenarbeit mit dem TAM-edition<br />

Verlag<br />

Als Mitherausgeber treten die Autoren der namentlich gekennzeichneten redaktionellen<br />

Beiträge auf.<br />

Die Redaktion kann trotz sorgfältiger Recherchen und Überprüfung der zugrunde<br />

liegenden Quellen keine Gewähr für den Inhalt übernehmen. Jegliche<br />

Haftung für aus der Berichterstattung entstandene Schäden ist ausgeschlossen.<br />

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