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Zum Spanischen Bürgerkrieg - Arbeiterstimme

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12 <strong>Arbeiterstimme</strong><br />

Herbst 2006<br />

Gesundheitswesen<br />

Am auffälligsten bei den bisher<br />

öffentlich gewordenen Vorstellungen<br />

und Plänen zur Gesundheits„reform“<br />

ist, wie die Ursachen des Defizits<br />

unter dem Teppich gehalten<br />

werden. Der Rückgang der sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten<br />

(siehe Grafik 2) und der Rückgang<br />

der Reallöhne, die Ursache zurückgehender<br />

Einnahmen auch der Krankenkassen<br />

sind, werden ignoriert.<br />

Ebenso verhält es sich bei den Ausgaben.<br />

„Kaum ein Land gibt so viel<br />

für die Gesundheitsversorgung<br />

aus wie Deutschland – mit kläglichem<br />

Ergebnis“ (Spiegel 27/2006,<br />

S. 18). Doch steigende Kosten für<br />

Medikamente und medizinische<br />

Geräte werden in diesem „Reformwerk“<br />

nicht erwähnt. Weder<br />

durch eine Positivliste für Medizin<br />

noch durch bessere Auslastung<br />

teurer Geräte wird versucht,<br />

den Ausgabenzuwachs zu begrenzen<br />

(siehe Grafik 6).<br />

So sind die gesetzlichen<br />

Krankenkassen nicht zu sanieren.<br />

½ Prozent Steigerung der Krankenkassenbeiträge<br />

– wie bis jetzt<br />

vorgesehen – wird bestenfalls<br />

kurzfristig die Defizite abdecken.<br />

Das weiß auch die Regierung.<br />

Doch Pharmalobby und Geräteindustrie<br />

haben sich offensichtlich<br />

wieder einmal durchgesetzt.<br />

Die Preise gerade für häufig<br />

verordnete Medikamente sind in<br />

Deutschland markant höher als<br />

im Ausland. Einige Beispiele zeigt<br />

Grafik 7. Mit dem Aufwand für<br />

medizinische Forschung, wie es<br />

die Pharmaindustrie darstellt, ist<br />

das nicht zu erklären.<br />

Daß die Ärzte nun mehr medizinische<br />

Wirkstoffe und weniger<br />

Marken-Medikamente verordnen,<br />

soll die Kosten bedeutend senken.<br />

Da sind die Pharmareferenten<br />

der Industrie vor.<br />

Die Gerätekosten steigen<br />

ebenfalls rasant: „In Deutschland<br />

stehen mehr Geräte zur Positronen-<br />

Emissions-Tomografie, mit denen<br />

Krebspatienten durchleuchtet werden<br />

können, als in Frankreich, Italien,<br />

Großbritannien und Spanien zusammen.“<br />

(Spiegel 27/2006, S. 27)<br />

Das teure Gerät muß natürlich so<br />

häufig wie möglich eingesetzt und<br />

an Krankenkassen und/oder Patienten<br />

abgerechnet werden, damit es<br />

sich amortisiert. Mehr Markt soll<br />

helfen? Der Gesundheitsmarkt ist<br />

nicht frei, die Kunden (Patienten)<br />

haben viel zu wenig Wissen, um für<br />

sich die besten und billigsten Behandlungen,<br />

Arzneien usw. auszuwählen.<br />

Sie müssen den Ärzten vertrauen<br />

– sie sind ihnen ausgeliefert<br />

und damit dem Geflecht aus Industrie,<br />

Kassen und Ärzten. Das kostet<br />

(siehe Grafik 8), aber gesünder sind<br />

die Deutschen deshalb nicht. Die Lebenserwartung<br />

liegt gerade mal im<br />

Grafik 6<br />

Apothekenverkaufspreise<br />

ausgewählter Medikamente<br />

Aspirin<br />

20 Tabletten<br />

Schmerzmittel<br />

Fenistil<br />

Tropfen, 20 ml,<br />

gegen Juckreiz<br />

Betaferon<br />

15 x 3 Ampullen,<br />

bei Multipler<br />

Sklerose<br />

Grafik 7<br />

Deutschland<br />

Griechenland<br />

4,64 € 0,50 €<br />

6,45 € 1,27 €<br />

Deutschland<br />

England<br />

1364,25 € 900 €<br />

Durchschnitt der europäischen Länder.<br />

Komplizierte Abrechnungsverfahren,<br />

mangelnde Transparenz gegenüber<br />

den Patienten und Geschenke<br />

der Industrie an Ärzte und Apotheken<br />

fördern Abrechnungsbetrug<br />

und Korruption. Darüber gibt es naturgemäß<br />

keine genauen Zahlen. Experten<br />

schätzen die Schäden dadurch<br />

auf einige Milliarden Euro.<br />

Eine Gesundheitsreform, die<br />

diesen Namen verdienen würde,<br />

müßte in dieses Geflecht der Profiteure<br />

eingreifen, um überflüssige<br />

Kosten zu sparen. Die Lobbies<br />

würden aufschreien. Dieser Koalition<br />

ist nicht zuzutrauen, daß sie<br />

dem Druck (und Spendenentzug)<br />

der beteiligten Industrieverbände<br />

standhalten würde.<br />

Es wird deshalb Subventionen<br />

aus Steuermitteln geben.<br />

Zunächst ist daran gedacht, die<br />

Behandlungskosten von mitversicherten<br />

Kindern aus Steuern zu finanzieren.<br />

Das wird Privatversicherte<br />

entlasten, die ja jetzt für<br />

versicherte Kinder Prämien zahlen<br />

müssen, während bei gesetzlich<br />

Versicherten Kinder und nicht<br />

sozialversicherungspflichtig arbeitende<br />

Ehepartner kostenlos<br />

mitversichert sind. Ob auch die<br />

Kassen für gesetzlich Versicherte<br />

entsprechende Zahlungen aus<br />

Steuermitteln für Kinder erhalten<br />

werden, bleibt vorerst offen. Steuern<br />

und Wegfall von Kassenleistungen<br />

wird die Politik der Großen<br />

Koalition auf dem Gesundheitsmarkt<br />

nach aller Voraussicht<br />

sein. Das ist teilweise – soweit es<br />

Steuerzuzahlungen betrifft – populär<br />

und läßt die Profite der Gesundheitsindustrie<br />

ungeschoren.<br />

Unklar ist bis jetzt die Rolle,<br />

die dem geplanten Gesundheitsfonds<br />

zugedacht ist. Dieser soll sowohl<br />

die Kassenbeiträge der gesetzlich<br />

Versicherten einsammeln,<br />

ebenso die Zuschüsse des Staats aus<br />

Steuermitteln und das alles an die<br />

Kassen verteilen. Die Einnahmeseite<br />

der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

wird so zusammengefaßt, die<br />

Ausgabeseite (Abrechnung mit Ärzten,<br />

Krankenhäusern usw.) bleibt bei<br />

den 251 gesetzlichen Krankenkassen.<br />

Das soll Verwaltungskosten sparen?<br />

Es mag sein, daß Arbeitsplätze<br />

bei den Kassen verloren gehen, also

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