Globalisierung und die Regierung Lula - GIGA German Institute of ...
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Brasiliens linke Außenpolitik?<br />
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anstrebt, kann sich somit nicht auf rein anti-hegemonialen Prinzipien beruhen.<br />
Mit Blick auf <strong>die</strong> ALCA wird auch deutlich: Es gibt <strong>die</strong>jenigen Länder,<br />
<strong>die</strong> schon freien Zugang zum US-amerikanischen Markt haben <strong>und</strong> um <strong>die</strong><br />
Exklusivität <strong>die</strong>ses fürchten (Mexiko, Chile) <strong>und</strong> wiederum andere, <strong>die</strong> durch<br />
komplett liberalisierten Handel zu Recht Gefahren für <strong>die</strong> heimische Wirtschaft<br />
sehen (Argentinien, Brasilien).<br />
Zwei Szenarien ließen sich kurz skizzieren: 1.) Südamerika spaltet sich. Mit<br />
dem Beitritt Venezuelas wandelt sich der Mercosul in ein „linkes Projekt“ mit<br />
einem deutlichen anti-amerikanischen Diskurs, defensiver Weltmarktintegration,<br />
etwa nach der von Chávez vorgeschlagenen Alternativa Bolivariana para las<br />
Américas (ALBA), <strong>und</strong> mit Brasilien <strong>und</strong> Venezuela als Protagonisten (siehe<br />
auch den Beitrag von Jörg Husar in <strong>die</strong>sem Band). Bolivien hat bereits Interesse<br />
an einer Vollmitgliedschaft signalisiert <strong>und</strong> würde ein solches Projekt<br />
wahrscheinlich mittragen. Auf der anderen Seite gründet sich eine ALCA light<br />
angeführt von den USA, Mexiko <strong>und</strong> Chile. Diese ist geprägt von Freihandelsinteressen<br />
<strong>und</strong> erstreckt sich von Alaska über Zentralamerika bis nach<br />
Feuerland. Für <strong>die</strong>se Pazifikanrainer wären <strong>die</strong> dynamischen ostasiatischen<br />
Märkte greifbar nahe. Die Anden würden nach <strong>die</strong>sem Szenario gewissermaßen<br />
als natürliche Grenze zwischen den Integrationsabkommen in Südamerika<br />
fungieren. 2.) Südamerika gelingt <strong>die</strong> politische <strong>und</strong> ökonomische Integration.<br />
Nach <strong>die</strong>sem Szenario würde der Mercosul als Basis für <strong>die</strong> weiteren Integrationsschritte<br />
<strong>die</strong>nen. Vorraussetzung hierfür wäre, dass Brasilien es<br />
schafft, Chávez zu „beruhigen“ <strong>und</strong> ein Projekt vorzulegen, das auch für <strong>die</strong><br />
anderen Länder interessant ist. Zwischen den beiden Ländern herrschen traditionell<br />
gute Beziehungen, <strong>die</strong> „sich weitgehend unabhängig von den hochgespannten<br />
Absichtserklärungen von Hugo Chávez entwicklen“ (Werz 2002:<br />
210). Chávez’ bolivarianischen Träume wurden wohl schon von FHC skeptisch<br />
betrachtet (ebda.), was auch für <strong>Lula</strong> gilt.<br />
Eine Einschätzung <strong>die</strong>ser beiden Szenarien fällt deutlich aus: Brasilien<br />
würde sich nie auf ein „linkes“ Projekt wie <strong>die</strong> ALBA einlassen. Es gab zwar<br />
während der ALCA-Verhandlungen äußerst polemische Töne auf allen Seiten,<br />
aber Brasilien hat das Projekt aus guten Gründen abgelehnt: Aufgr<strong>und</strong> der<br />
geringeren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den USA wäre Brasilien ein klarer<br />
Verlierer des ALCA-Projektes geworden – zumindest zu den Bedingungen,<br />
<strong>die</strong> von den USA vorgegeben waren. Ein politisches Gegengewicht zu<br />
den USA zu entwickeln ist auch im brasilianischen Führungsanspruch in<br />
Lateinamerika erkennbar, aber sich gänzlich von den USA zu distanzieren<br />
kann nicht in Brasiliens Interesse liegen. Zum einen ist der US-amerikanische<br />
Markt zu wichtig, als dass Brasilien auf ihn verzichten könnte, zum anderen,<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong>ser Gr<strong>und</strong> wiegt schwerer, würde eine Abschottung nach Chávez’<br />
Vorstellungen bedeuten, dass <strong>die</strong> Anpassungsleistungen der vergangenen<br />
Jahre <strong>und</strong> <strong>die</strong> mühsame Eingliederung in <strong>die</strong> Weltmärkte umsonst gewesen