Lindenberger Hutgeschichte - Geschichts - Gmv-lindenberg.de
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<strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> <strong>Hutgeschichte</strong><br />
aus: Hans Stiefenhofer – Aus vergangenen Tagen (aktualisiert)<br />
1600 Um diese Zeit wer<strong>de</strong>n in Lin<strong>de</strong>nberg bereits Strohhüte für <strong>de</strong>n eigenen Gebrauch<br />
hergestellt.<br />
1656 <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> Strohhüte wer<strong>de</strong>n im Hausierhan<strong>de</strong>l und auf Märkten vertrieben.<br />
1755 Herstellung und Vertrieb von Strohhüten wer<strong>de</strong>n erstmals organisiert.<br />
1815 Gründung <strong>de</strong>r Wagner'schen Hut - Compagnie. Die Angehörigen von über 300<br />
Familien sind in Heimarbeit mit <strong>de</strong>r Herstellung von Strohhüten beschäftigt. Die<br />
Jahresproduktion beträgt etwa 56.000 Stück.<br />
1819 Die Florentinerhüte <strong>de</strong>r <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> Hutmacher Johann Aurel Stiefenhofer und<br />
Josef Wagner wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Industrie - Ausstellung in Augsburg als die<br />
schönsten und feinsten Arbeiten ausgezeichnet.<br />
1820 Beginn <strong>de</strong>r Anfertigung <strong>de</strong>r so genannten Binsen - o<strong>de</strong>r gebun<strong>de</strong>nen Hüte. Sie<br />
wer<strong>de</strong>n bis nach Nordamerika verkauft.1820 - 1914 Gründung zahlreicher<br />
Hutfirmen.<br />
1830 Königin Therese erhält einen von Genoveva Schmid genähten Florentinerhut im<br />
Wert von 300 Gul<strong>de</strong>n. An einem 300 Ellen langen, 13-halmigen feinsten<br />
Strohgeflecht hat die Flechterin Agathe Huber zwei Jahre gearbeitet und dafür<br />
insgesamt 60 Gul<strong>de</strong>n Lohn erhalten.<br />
1843 Nie<strong>de</strong>rgang <strong>de</strong>r Strohhutproduktion und <strong>de</strong>s Strohhuthan<strong>de</strong>ls. Die <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong><br />
Frauen wen<strong>de</strong>n sich verstärkt <strong>de</strong>m Strohflechten zu. Der Geflechthan<strong>de</strong>l floriert.<br />
Mit <strong>de</strong>r Herstellung von Strohschnüren, genannt Droh<strong>de</strong>l, auf selbst gebastelten<br />
Droh<strong>de</strong>lstühlen verdienen die <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> einige Jahre gutes Geld. Ein o<strong>de</strong>r<br />
mehrere solcher Geräte stehen damals in fast je<strong>de</strong>r <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> Wohnstube.<br />
1852 Verleihung eines Diploms 1. Klasse für <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> Strohhüte bei <strong>de</strong>r<br />
Augsburger - Industrie-Ausstellung.<br />
1853 Eisenbahneröffnung München-Lindau. Der Versand <strong>de</strong>r <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong><br />
Huterzeugnisse wird dadurch be<strong>de</strong>utend erleichtert.<br />
1869 Einführung <strong>de</strong>r ersten hydraulischen Hutpresse. Die bisher üblichen<br />
Bügelanstalten für Strohhüte halten sich noch bis 1879.<br />
1873 Bei <strong>de</strong>r Strohhutherstellung wer<strong>de</strong>n erstmals Strohhutnähmaschinen verwen<strong>de</strong>t.<br />
Der Hut wird über eine Drahtform, mit <strong>de</strong>m Rand beginnend, genäht.<br />
1874 Errichtung einer Telegraphenstation in Lin<strong>de</strong>nberg. Fabrikant Aurel Huber geht<br />
erstmals mit Mustern auf die Reise zu Grossisten in München, Ulm und<br />
Straßburg. Beginn <strong>de</strong>r Hutfabrikation auf Bestellung.<br />
1878 Großartige Entwicklung <strong>de</strong>r <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> Strohhutindustrie. Schutzzoll für <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>utschen Hut.<br />
1879 Die Firma Aurel Huber bezieht das erste vom Wohnhaus getrennte<br />
Betriebsgebäu<strong>de</strong> zur Herstellung von Strohhüten. Aus diesem Manufakturbetrieb<br />
entsteht die erste Hutfabrik.<br />
1880 Nach Verarbeitung vorzugsweise italienischer Strohborten wer<strong>de</strong>n nunmehr<br />
ostasiatische Strohborten in größeren Mengen zur Herstellung von Strohhüten<br />
verarbeitet.
1885 Lin<strong>de</strong>nberg hat 23 größere und kleinere Strohhuthersteller und 13<br />
Strohhuthändler.<br />
1887 Verbesserte Zollgesetze ermöglichen einen weiteren Aufschwung <strong>de</strong>r<br />
<strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> Hutindustrie.<br />
1889 Einführung <strong>de</strong>r Säulenpresse. Bereits 1886 wur<strong>de</strong>n Hochdruckdampfanlagen zur<br />
Bedienung <strong>de</strong>r Hutpressen und <strong>de</strong>r Ziehstän<strong>de</strong> sowie zur Beheizung <strong>de</strong>r<br />
gesamten Betriebsräume eingebaut.<br />
1890 Die Hutfabrik Ottmar Reich baut eine eigene Färberei und Bleicherei. In<br />
Lin<strong>de</strong>nberg und Umgebung gibt es über 34 Strohhuthersteller.<br />
1899 Gründung <strong>de</strong>r <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> Färberei- und Bleicherei - Genossenschaft durch 6<br />
Strohhutfabrikanten und zwei Bortenhändler, später Bleicherei -<br />
Aktiengesellschaft.<br />
1900 Im Westallgäu, vor allem in Lin<strong>de</strong>nberg, wer<strong>de</strong>n im Jahresdurchschnitt rund 4<br />
Millionen Strohhüte erzeugt. Der Herstellung dienen ca. 34 Pressen und 1500<br />
Nähmaschinen. 280 Werkstättenarbeiter, 2800 Heimarbeiter und<br />
Heimarbeiterinnen arbeiten für die Strohhutherstellung.<br />
Auch in <strong>de</strong>n Strohhutfabriken hält <strong>de</strong>r elektrische Strom seinen Einzug, zunächst<br />
als Licht, dann als Kraft.<br />
1913 Jahresproduktion ca. 8 Millionen Strohhüte. Die Stadt ist nunmehr Zentrum <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen Herrenstrohhutindustrie.<br />
1924 Die Strohhutindustrie gerät in eine große Krise. Der Matelot, Hauptprodukt <strong>de</strong>r<br />
heimischen Strohhutindustrie, kommt aus <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>.<br />
1926 Krisenhöhepunkt <strong>de</strong>r Herrenstrohhutindustrie. Zahlreiche Betriebsschließungen<br />
bis 1930.<br />
1928 Mit <strong>de</strong>r Fertigung von Damenfilzhüten wird die Krise gemeistert. Die<br />
hauptsächlich von Paris diktierte Mo<strong>de</strong> verlangt immer größere Flexibilität in <strong>de</strong>r<br />
Fertigung von Stroh- und Filzhüten.<br />
1932 Die Firma Ottmar Reich stellt an einem Tag 12000 Hüte her.<br />
1939 Beginn <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges. Die Hutproduktion wird bis 1945 lahm gelegt.<br />
Die Industrie muss sich auf kriegswichtige Produkte umstellen: Tropenhelme für<br />
die Rommel-Armee in Nordafrika, Schneeschuhe, Gasstrümpfe für Pfer<strong>de</strong>,<br />
Schlauchboote usw.<br />
1945 Neubeginn <strong>de</strong>r Hutherstellung mit geringen Lagerbestän<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>r<br />
Vorkriegsproduktion.<br />
1946 Die Firma Mayser, Milz & Cie. errichtet in ihrer Betriebsstätte in Lin<strong>de</strong>nberg mit<br />
ausgelagerten Maschinen eine Haarstumpenfertigung. Der Maschinenpark<br />
stammt aus Mayser's Hutfabrik, Ulm, die 1945 völlig ausgebombt wor<strong>de</strong>n war.<br />
1948 Auch die Firma Aurel Huber beginnt mit Hilfe von sachkundigen Vertriebenen<br />
aus <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Ostgebieten mit <strong>de</strong>r Fertigung von Haarstumpen.<br />
1950 Erste Hutgrossisten - Einkaufsmesse in Lin<strong>de</strong>nberg.<br />
1951 Lin<strong>de</strong>nberg wird Sitz <strong>de</strong>r Gemeinschaftswerbung Herrenhut. Slogan: "Übrigens,<br />
man geht nicht mehr ohne Hut".<br />
1953 Einführung von Automaten zur Filzoberflächenbearbeitung.<br />
1960 Die <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> Hutindustrie beginnt neben <strong>de</strong>r traditionellen Stroh - und<br />
Filzhuterzeugung mit <strong>de</strong>r Fabrikation von Hüten aus <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />
Werkstoffen wie Le<strong>de</strong>r, Dralon, Pelz.<br />
1970 Hüte aus Strickstumpen mit thermoplastifizierbarem Garn wer<strong>de</strong>n hergestellt.
1971 Mayser, Milz & Cie verlegen die Haarstumpenfertigung nach Ulm und beginnen<br />
in Lin<strong>de</strong>nberg neben <strong>de</strong>r klassischen Hutfertigung mit neuen Fertigungszweigen<br />
(Inducon und Strickwaren ).<br />
1975 Man geht lei<strong>de</strong>r ohne Hut. Die hutlose Mo<strong>de</strong> macht <strong>de</strong>r Industrie schwer zu<br />
schaffen. Wie<strong>de</strong>r müssen alteingesessene Hutfirmen ihre Fabrikation einstellen.<br />
Die Hutindustrie verliert ihre vorrangige Stellung im <strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong><br />
Wirtschaftsleben. Lin<strong>de</strong>nberg zeigt die Ausstellung: "300 Jahre Hutherstellung".<br />
1978 Lin<strong>de</strong>nbergs älteste Hutfabrik wird abgebrochen. Damit gibt es nur noch zwei<br />
Hutfabriken: und .<br />
1981 Das städtische Hutmuseum wird nach zweijähriger Vorarbeit in <strong>de</strong>r ehemaligen<br />
Hutfabrik "Merce<strong>de</strong>s" eröffnet. Es ist dies <strong>de</strong>r dritte und schließlich erfolgreiche<br />
Versuch, die Geschichte einer Industrie aufzuzeigen, von <strong>de</strong>ren Produktion die<br />
<strong>Lin<strong>de</strong>nberger</strong> lange fast ausschließlich lebten. Das Auf und Ab einer Industrie,<br />
<strong>de</strong>ren Produkt Hut <strong>de</strong>m Diktat <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong> unterworfen war, hat die Entwicklung<br />
<strong>de</strong>r Stadt Lin<strong>de</strong>nberg über drei Jahrhun<strong>de</strong>rte beeinflusst und geprägt.<br />
1997<br />
2000<br />
2007<br />
2010<br />
Das über 150 Jahre alte Familienunternehmen Hutfabrik Reich stellt zum<br />
Jahresen<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Betrieb ein. Mayser in Lin<strong>de</strong>nberg und Seeberger in Weiler sind<br />
damit die letzten <strong>de</strong>r einst mehreren Dutzend Hutfabriken im Westallgäu.<br />
Die Stadt Lin<strong>de</strong>nberg ersteigert das Industriegelän<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r Konkursmasse <strong>de</strong>r<br />
ehemaligen Hutfabrik Reich mit <strong>de</strong>m unter Denkmalschutz stehen<strong>de</strong>n,<br />
architektonisch wertvollen Produktionsgebäu<strong>de</strong> von 1923.<br />
Hüte machen beim Umsatz <strong>de</strong>r Firma Mayser nur noch rund 15 % aus. Die<br />
Stoffhüte wer<strong>de</strong>n mittlerweile in <strong>de</strong>r Slowakei hergestellt.<br />
Mayser verlagert die gesamte Hutproduktion in die Slowakei und konzentriert<br />
sich in Lin<strong>de</strong>nberg auf die, teilweise aus <strong>de</strong>m Können <strong>de</strong>r Hutfertigung<br />
entwickelten, Schwerpunkte Schaumstofftechnik, Textile Verformungstechnik,<br />
Sicherheitstechnik.<br />
In Lin<strong>de</strong>nberg beginnen erste Planungen zu einem neuen, mo<strong>de</strong>rnen Hutmuseum<br />
„Reich <strong>de</strong>r Hüte“ im Bestandsgebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ehemaligen Hutfabrik Reich.