Heizen mit Getreide - Getreideheizung
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<strong>Heizen</strong> <strong>mit</strong> <strong>Getreide</strong><br />
Franz J. Pentenrieder, Landwirt<br />
http://www.getreideheizung.de<br />
1. Einführung<br />
Der durch Überproduktion und staatliche Eingriffe verursachte Preisverfall bei<br />
<strong>Getreide</strong> hat zusammen <strong>mit</strong> dem Energiepreisanstieg dazu geführt, dass der<br />
Marktpreis für <strong>Getreide</strong> in Deutschland seit 1999 unter seinem energetischen<br />
Wert liegt.<br />
Obwohl wir Landwirte auf unseren Flächen Energie produzieren,<br />
konnten wir vom Preisanstieg für (Heiz-) Energie nicht profitieren.<br />
Die Politik sorgt dafür, dass die Märkte für Nahrungs- und <strong>Heizen</strong>ergie entkoppelt<br />
bleiben. Dies führt zu grotesken Verwerfungen:
Seit es Menschen auf der Erde gibt, selektierten sie die Pflanzen nach ihrer Eignung<br />
als Lebens<strong>mit</strong>tel. Eine Frucht gilt als wertvoll, wenn sie schmackhaft und nahrhaft ist.<br />
Seit ein paar Jahren gilt dieses uralte Wertesystem nicht mehr! <strong>Heizen</strong>ergie ist heute<br />
teurer als Nahrungsenergie. Und weil die „wertvollen“ Bestandteile des <strong>Getreide</strong>s,<br />
Eiweiß, Minerale und Vitamine bei der Verbrennung im Ofen stören, ist Brotgetreide<br />
billiger als in Körnerform gepresster Sägewerksabfall!<br />
2. Grundlagen<br />
Der Energiemarkt ist im Vergleich zum Agrarmarkt riesengroß. Der Primärenergie-<br />
Verbrauch in der BRD beträgt etwa 48.500 kWh pro Einwohner. Der deutsche Bürger<br />
verbraucht ca. 40-mal soviel Energie zum <strong>Heizen</strong>, zum Autofahren oder als<br />
Elektrizität wie er verspeist. Die deutsche <strong>Getreide</strong>produktion beträgt ca. 45. Mio.<br />
Tonnen oder 550 kg/Einwohner. Das entspricht einer Energiemenge von 2300 kWh.<br />
Um nur 5 % der <strong>Heizen</strong>ergie in Deutschland zu decken wären 25 % der deutschen<br />
<strong>Getreide</strong>ernte nötig. Mit welchem Agrarprodukt können wir Landwirte auf dem Markt<br />
für technische Energie konkurrieren?<br />
Gas und Öl sind etwa zehnmal so teuer wie Stroh<br />
und mehr als doppelt so teuer wie <strong>Getreide</strong>.<br />
Die großen Preisunterschiede pro kWh resultieren aus dem unterschiedlichen<br />
technischen und da<strong>mit</strong> auch finanziellen Aufwand, welcher nötig ist, den Brennstoff<br />
zu verheizen. Ein wertvoller Brennstoff ist trocken, hat eine hohe Energiedichte und<br />
er ist gasförmig, flüssig oder mindestens klein gekörnt. Nur dann kann man ihn in<br />
einer günstigen Heizungsanlage gängiger Größe verfeuern. Die Holzindustrie<br />
pelletiert deshalb <strong>mit</strong> großem Aufwand das Sägemehl, da<strong>mit</strong> man es in Kleinanlagen<br />
verheizen kann. <strong>Getreide</strong> hat diese Idealform von Natur aus.
Bei Biomasseheizungen entscheidet nicht nur der Brennstoffpreis<br />
sondern vor Allem auch der Anlagenpreis über die Wirtschaftlichkeit<br />
Mit einem Brennstoff für Großanlagen kann man als Produzent kein Geld verdienen.<br />
Denn bei großen Anlagen (>100kW) werden die Umweltvorschriften noch strenger<br />
und es fallen zusätzlich die Kosten für ein (Fern-)Wärmenetz an, welche bis zu 50%<br />
der Investition betragen können. Das führt dazu, dass große Biomasseheizungen nur<br />
<strong>mit</strong> öffentlicher Förderung möglich sind, oder/und der Brennstoff nichts kosten darf,<br />
wie bei der Müllverbrennung (Müllgebühr = negativer Preis). Der Lagerraumbedarf<br />
für den Biobrennstoff ist ein weiterer wichtiger Kostenfaktor. Um 10.000 Liter (10m³)<br />
Heizöl zu ersetzen benötigt man 25 Tonnen Biomasse. Das entspricht etwa 300 m³<br />
Miskantus-Häckselgut, 120 m³ Hackschnitzel aber nur 30 m³ <strong>Getreide</strong>.<br />
Die hohe Dichte und die kleine Körnung des <strong>Getreide</strong>s sind<br />
ideale Eigenschaften für die Lagerung und das Verheizen.
3. Praxis<br />
Die Heizungsanlage ist in ein ehemaliges Grünfuttersilo eingebaut,<br />
ein weiteres Silo dient als Vorratsbehälter für das <strong>Getreide</strong><br />
Daten meiner Anlage in Stichpunkten:<br />
• 23kW-Kessel Fabr. BAXI Multihead 2.5 <strong>mit</strong> TÜV-Prüfbescheid für <strong>Getreide</strong><br />
• Beheizte Fläche ca. 400 m² (Baujahr 1957/78) Heizölbedarf ~ 9000 Liter/Jahr<br />
• Kesselautomatik <strong>mit</strong> 3 Stufen: 23kW - 6kW – Standby (nicht <strong>mit</strong> <strong>Getreide</strong>!)<br />
• Kesselpreis ab ca. 5.300.- Euro (http://www.rk-handel.de)<br />
• Anlagenpreis (Heizungsraum, Kamin, Kessel, Fördertechnik) ~15.000.- Euro<br />
• Kesselwirkungsgrad 90% (26 kg Weizen = 100 kWh am Wärmezähler)<br />
• <strong>Getreide</strong>bedarf ca. 200 dt/Jahr (bisher verheizt >80 Tonnen)<br />
• <strong>Getreide</strong>arten: Weizen, Gerste, Hafer, Triticale, Abputzgetreide-Gemisch<br />
Reines <strong>Getreide</strong> – nicht strohähnlich, sonst Brückenbildung im Behälter<br />
• Bei Hafer oder Abputz (<strong>mit</strong> Stroh/Spreu und Staub) doppelte Aschenmenge<br />
• Schlacke (ähnlich Ytongstein) je nach <strong>Getreide</strong>art, <strong>Getreide</strong>sorte, Feld (?),<br />
Düngung - daher Zusatz von 1-2% Branntkalk gesteuert über Intervallschalter<br />
• Ascheanfall pro Jahr bei sauberem <strong>Getreide</strong> ca. 10 dt (1m³)<br />
• Ascheanalyse (Weizen) 50% P2O5, 25% K2O, 13% MgO Düngewert<br />
~ 50.-€/dt Die Heizung amortisiert sich schon über Düngewert der Asche!<br />
• Arbeitsbedarf vor Einbau der autom. Entaschung: 2 x 1-2 Min. /täglich<br />
• Arbeitsbedarf <strong>mit</strong> autom. Entaschung: 1x 1Min. alle 2 Tage<br />
• Kehren: Je nach <strong>Getreide</strong> und Leistung alle 10-14 Tage < 5 Minuten<br />
• Abgasmessung: Ideale CO-Werte, kein Geruch aber 135 mg Staub/m³ ohne<br />
Elektrofilter und ~30 mg/m³ <strong>mit</strong> Elektrofilter (neuer Grenzwert = 75 mg/m³)<br />
• keine Kesseloxidation - Wichtig: Abgas immer >100 Grad ! Rauch-Kondensat<br />
greift auch Edelstahl an!
4. Wirtschaftlichkeit<br />
Bei den derzeitigen Preisverhältnissen ist das Verheizen von <strong>Getreide</strong> hoch rentabel:<br />
Wegen der relativ hohen Anlagenkosten, sind hohe<br />
Volllaststunden des Kessels entscheidend für die Rentabilität<br />
Bei diesem Vergleich <strong>mit</strong> der Ölheizung fehlt die Bewertung der Mehrarbeit, welche<br />
eine Festbrennstoffheizung gegenüber einer Ölheizung verursacht. Für einen<br />
Landwirt ist der folgende Vergleich daher realistischer:<br />
Die Verwertung des <strong>Getreide</strong>s über die Heizung bringt bei einem Bruchteil des Investitionsaufwandes<br />
einen höheren Ertrag und macht deutlich weniger Arbeit.<br />
Die <strong>Getreide</strong>heizung hat nur einen großen Nachteil, der Wärmebedarf des Hofes<br />
begrenzt die Größe der Anlage und da<strong>mit</strong> die verwertbare <strong>Getreide</strong>menge. Eine<br />
Lösung bietet das Wärme-Contracting z.B. für gewerbliche oder auch kommunale<br />
Abnehmer. Mit einer fahrbaren 80 kW-<strong>Getreide</strong>heizanlage, ähnlich einem Heizmobil,<br />
könnte man in drei Wintermonaten bei Kesselvolllast ca. 60 Tonnen <strong>Getreide</strong><br />
verwerten.
5. Umweltvorschriften<br />
Für Feuerungsanlagen unter 100 kW Leistung werden in der 1. BImSchV die<br />
Regelbrennstoffe festgelegt. Die Umweltminister der Länder haben sich geeinigt,<br />
dass unter den in §3 genannten ' Stroh ähnlichen pflanzlichen Stoffen' nur solche<br />
Stoffe verstanden werden können, die ein dem Stroh ähnliches Emissionsverhalten<br />
aufweisen. Das ist z.B. das Heu, nicht aber das <strong>Getreide</strong>. Als Begründung dient<br />
dabei der relativ hohe N-Gehalt der Körner, die extremen Unterschiede beim<br />
Chlorgehalt werden dagegen ignoriert.<br />
Diese Tabelle (CARMEN) widerlegt die Argumentation der Umweltminister: Heu und Stroh sind<br />
Regelbrennstoffe aber Triticalekörner zählen aus „Umweltschutzgründen“ nicht dazu!<br />
Der, im Vergleich zu Holz, höhere Mineralgehalt im <strong>Getreide</strong> führt zu einem höheren<br />
Ascheanfall und zu einem höheren Staubaustrag über das Rauchgas. Schon der<br />
„alte“ deutsche Staubgrenzwert (150mg/m³), konnte <strong>mit</strong> dem Brennstoff <strong>Getreide</strong><br />
nicht oder nur knapp eingehalten werden. Bevor marktreife Kessel entwickelt waren,<br />
die diesen Wert einhielten, hat Bayern als erstes Bundesland die Grenzwerte für die<br />
Kesselzulassung und den Betrieb <strong>mit</strong> <strong>Getreide</strong> drastisch verschärft. Diese neuen<br />
Werte für Staub und Stickoxyd werden derzeit von keinem Kessel erreicht.<br />
Durch den Einbau eines selbstgebauten<br />
Elektrofilters im Rauchrohr konnte bei<br />
meiner Anlage der Staubgehalt auf ca.<br />
30 mg/m³ gesenkt werden. Sollten dieser<br />
Wert durch die offizielle Messung am<br />
26.04.06 bestätigt werden, ist eine<br />
Serienproduktion dieses Filtersystems<br />
geplant.
6. Fazit<br />
Für den Landwirt ist <strong>Getreide</strong> als Energiepflanze ideal. Das Verheizen von Körnern<br />
ist ohne staatliche Förderung und ohne Steuervorteile rentabel, die dafür nötige<br />
Technik ist vorhanden und in Dänemark seit 15 Jahren tausendfach bewährt.<br />
<strong>Getreide</strong> ist als Brennstoff wesentlich besser und umweltfreundlicher als die offiziell<br />
erlaubten Regelbrennstoffe Heu, Stroh, Torf, Rinde oder Braunkohle. Es hat sogar<br />
weniger Stickstoff als Spanplatten, welche als Regelbrennstoff für Schreinereien<br />
anerkannt sind.<br />
Alle schwärmen von der großen Zukunft der Biomasse, aber nur solange dadurch die<br />
Agrarpreise nicht steigen! So zitiert die Frankfurter Rundschau vom 20.11.2001 das<br />
Berliner Landwirtschaftsministerium:<br />
„Die Märkte für Energiegetreide und Nährgetreide sollen entkoppelt bleiben,<br />
… man müsse sauber trennen können, andernfalls gerate die gesamte<br />
Landwirtschaftspolitik aus den Fugen“<br />
Das größte Hindernis der <strong>Getreide</strong>heizung in Deutschland ist die Politik. Man will die<br />
<strong>Getreide</strong>heizung aus agrarpolitischen Gründen nicht und versucht sie deshalb <strong>mit</strong><br />
überzogenen Umweltvorschriften zu verhindern. Aber bekanntlich ist Nichts auf der<br />
Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. (Victor Hugo)