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ATC Aktuell ✈ 1000 Fuß über der Schwelle muss das Flugzeug in Landekonfiguration sein. Photo: W. Fischbach „Descend FL 70, High Speed approved“ Ein häufig gesprochener Satz, vor allem von Kollegen, die im Approach-Geschäft tätig sind. Im Bestreben, den anfallenden Flugverkehr möglichst verzögerungsfrei für den Anflug frei zu geben, wird gerne auf diese Möglichkeit zurückgegriffen, so sie denn durch die Luftraumstruktur möglich ist. von Carsten Wiltschko Meist gibt es von Pilotenseite auch keine Einwände und nicht selten erfreut sich auch der eine oder andere an der Betrachtung des Radarbildes nach der Erteilung einer solchen Freigabe. Da kann es doch verwundern, wenn man erfährt, dass die meisten Fluggesellschaften ihren Piloten vorschreiben, unterhalb von FL 100 (oder Flughöhe 10.000FT, je nachdem, was an dem jeweiligen Flugplatz relevant ist) mit maximal 250 KIAS zu fliegen. Warum 250KT unter FL 100? Die internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) sieht eine Maximalgeschwindigkeit von 250 KT unter FL 100/10.000FT vor, um eine gemeinsame Luftraumnutzung durch Luftfahrzeuge, die sowohl nach VFR als auch nach IFR operieren zu ermöglichen. Der überwiegende Teil der VFR-Fliegerei spielt sich unterhalb von FL100/10.000FT ab, da die meisten entsprechenden Luftfahrzeuge nicht für den Betrieb in größeren Höhen gedacht sind (fehlende Druckkabine, Sauerstoff etc.). Von diesen 250 KT darf nur abgewichen werden, wenn eine höhere Geschwindigkeit notwendig ist, um das Luftfahrzeug sicher zu führen. Damit ist gemeint, dass man auch schnell genug sein muss, um bei gegebenenfalls notwendigen Ausweichmanövern keinen Strömungsabriss zu riskieren. So gibt beispielsweise die französische Luftwaffe den Mirage 2000 Piloten vor, bei VFR-Überlandflügen mit 420 KIAS zu fliegen, da hierbei die optimale Manövrierbarkeit gegeben ist. Trotz solcher leistungsbedingter Sonderfälle wird ein VFR-Flug nach dem Motto „See and avoid“ betrieben. Dies gilt grundsätzlich auch für IFR-Flüge – von Flugsicherungsleistungen und Betrieb bei IMC einmal abgesehen. Daher muss man den jeweiligen Piloten auch die Chance dazu geben, anderen Flugverkehr zu erkennen und ihm auszuweichen. Da dies mit steigender Geschwindigkeit immer schwieriger wird, wurde von ICAO die 250 KIAS vorgegeben, als Kompromiss zwischen „Verkehr erkennen können“ und „Luftfahrzeug sicher in der Luft halten“. Da aber auch eine Notwendigkeit auf Seiten der Flugsicherung erkannt wurde, Flugzeuge schneller fliegen lassen zu können, gibt es die Luftraumklassen A, B und C in welchen IFR-Flüge keinen Geschwindigkeitsbeschränkungen unterliegen. Im Luftraum der Bundesrepublik Deutschland kommt hiervon nur der Luftraum Klasse C zur Anwendung. Nicht nur VFR-Flieger sind eine Gefahr Also Alles Bestens mit „High-Speed below FL100“, zumindest im Luftraum Klasse C, könnte man jetzt denken. Nicht ganz. Die Notwasserung eines Airbus A320 im Hudson River zwischen New York und New Jersey hat gezeigt, dass Vogelschläge ein erhebliches Risiko darstellen. Das an sich ist keine neue Erkenntnis, sie ist aber durch diesen spektakulären Vorfall auch bei Luftfahrtlaien durchgedrungen. Im Flight Safety Letter der Condor 03/2009 stehen hierzu ein paar interessante Fakten. Zwar sind die Bauteile eines Luftfahrzeugs, dazu zählt auch die Cockpitscheibe, auf Vogelschläge getestet worden, doch beschränken sich die Tests auf Einzelkollisionen. Der „Standardvogel“ ist aber mit einer Masse von 1.800 Gramm eher üppig bemessen. Er entspricht übrigens einer fetten Wildente. Wenn nun ein Vogel auf ein Luftfahrzeug trifft, wird Energie frei. Das bedeutet, dass unter Umständen Schäden am Luftfahrzeug entstehen können. Da die Energie, die bei einer Kollision frei wird, mit der Formel „Halbe Masse mal Beschleunigung hoch zwei“ berechnet wird, kann man schlussfolgern, dass das Schadensrisiko am Flugzeug mit der Geschwindigkeit wächst. Wenn wir jetzt beim Beispiel der 1.800 Gramm schweren Wildente bleiben, so macht diese sich bei einem Aufprall mit 250KT mit 17 t bemerkbar. Bei 350 KT wären es dann schon 33 t. Erschwerend kommt hinzu, dass 30% aller Vögel, die oberhalb von 3.000 21 der flugleiter 2010/02
ATC Aktuell Photo von Manos Radisoglou ✈ Die meisten Fluggesellschaften schreiben Ihren Piloten vor, unter FL 100 mit maximal 250 KIAS zu fliegen. Photo: LOT FT angetroffen werden, mehr Gewicht auf die Waage bringen als 1.800 Gramm. Generell kann man gemäß AIP sagen, dass sich das Gros der Vogelschläge in Höhen bis 2.000 FT GND abspielt, bei großräumigem Vogelzug jedoch bis 6.000 FT GND eine deutliche Gefahr besteht. Dies führt dazu, dass z.B. der Hersteller Embraer die Modelle 135/145 aufgrund der Vogelschlaggefahr auf 250 KIAS unter FL 100 beschränkt hat. Wie reagieren Airlines darauf? Da große Fluggesellschaften in aller Herren Länder fliegen, wäre es von den einzelnen Piloten zu viel verlangt, sich vor Antritt des Fluges mit allen Luftfahrthandbüchern aller zu überfliegenden Staaten vertraut zu machen. Die Airlines beschränken sich hierbei auf eine, vom Gesetzgeber geforderte, mehr oder weniger ausführliche „Airport familiarisation“ und geben ihren Besatzungen in Form von internen Dienstvorschriften die Maßgaben mit, nach denen die Luftfahrzeuge zu führen sind. Hierbei ist man bestrebt, möglichst einfache und generelle Vorgaben zu machen, die möglichst auf alle Zielflugplätze anwendbar sind. Da fängt auch schon das erste Problem an. Wenn man sich allein den Zustand in Deutschland ansieht, stellt man fest, dass es Flughäfen gibt, die auch unter FL100 von Luftraum C umgeben sind und andere, die es nicht sind. Der Einfachheit halber geben die Airlines ihren Besatzungen vor, dass unter FL100 mit maximal 250 KT zu fliegen ist. Hinzu kommt die erwähnte und nicht zu unterschätzende Gefahr durch Vogelschläge. Neben der potentiellen Gefahr für die Besatzungen und vielleicht auch Passagiere spielen hier Kostenfaktoren eine Rolle. Selbst wenn bei einem Vogelschlag niemandem, außer dem Vogel etwas passiert, so muss doch das Luftfahrzeug untersucht und gegebenenfalls repariert werden. Das kostet natürlich Geld. Abgesehen davon, dass der Flieger für seine geplanten Flüge nicht zur der flugleiter 2010/02 22
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