November 2013
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Keramikwerkstatt I René Fuchs<br />
«Nerven behalten und dranbleiben»<br />
Seit acht Jahren bildet René Fuchs Lehrlinge im Bereich Keramik aus.<br />
Im Interview erklärt er, wie die anspruchsvolle Berufsausbildung in<br />
seiner Werkstatt funktioniert. Auf dem Gebiet der Keramikherstellung<br />
hat eine rasante Entwicklung stattgefunden. Den Beruf des Töpfers<br />
gibt es bereits nicht mehr. Inzwischen können Lernende ganz unterschiedliche<br />
Lehrabschlüsse machen.<br />
Foto: Fotowerksatt<br />
Welche Voraussetzungen sollten die Auszubildenden mitbringen?<br />
Da ist einmal das Interesse am Material. Ton ist ein Material, das nicht<br />
alle Menschen gerne in die Hand nehmen, weil es kalt und nass ist<br />
und zum Teil auch eine eigene Duftnote hat. Wichtig ist auch, Geduld<br />
zu haben, weil bei der Arbeit einiges schief gehen kann. Das Produkt<br />
ist eben immer erst fertig, wenn es den Brand überstanden hat. Erst<br />
dann merkt man, welche Fehler sich bei der Herstellung eingeschlichen<br />
haben. Auch logisches Denken spielt eine Rolle. Wer selber eine<br />
Glasur herstellt, muss zum Beispiel wissen, wie die chemischen<br />
Prozesse funktionieren.<br />
Ihr stellt selber Glasuren her?<br />
Ja, aber noch nicht lange. Während meiner Ausbildung als Töpfer<br />
gehörte das Thema «Glasuren selber herstellen» noch nicht zum<br />
Schulstoff. Vor drei Jahren habe ich die Ausbildung als Keramiker abgeschlossen.<br />
Nachher habe ich damit angefangen.<br />
13<br />
Welche Berufsaussichten haben die Lehrlinge nach Abschluss<br />
ihrer Ausbildung?<br />
Den Beruf des Töpfers gibt es seit 2011 in der Schweiz nicht mehr.<br />
Einer der Gründe dafür ist, dass das Drehen des Tones zu viel Zeit<br />
braucht. In der Industrie werden Produkte nicht mehr auf diese<br />
Weise hergestellt. Wer heute einen Abschluss in Fachrichtung Kunst<br />
machen will, stellt auf der Drehscheibe nur noch Einzelstücke her.<br />
Wer in Richtung Design geht, macht Prototypen, von denen Gipsformen<br />
für die industrielle Produktion angefertigt werden.<br />
Die meisten merken ziemlich schnell, welche Neigungen und Begabungen<br />
sie besitzen. Beim Arbeiten an der Drehscheibe zum<br />
Beispiel, muss jemand die Nerven behalten und dranbleiben, es<br />
immer wieder neu versuchen und auch damit umgehen können,<br />
wenn der Haufen mit misslungenen Arbeiten immer grösser wird.<br />
Gestalterisch zu arbeiten ist ebenfalls zeitaufwendig, aber im<br />
Vergleich zum Drehen auch einfacher.<br />
Was für Werkzeuge und Geräte verwendet ihr in der Keramikwerkstatt?<br />
Was für Abschlüsse können die Lehrlinge in der Keramikwerkstatt<br />
machen?<br />
In der Schweiz werden nur die Berufe «Steinbildhauer EFZ» sowie<br />
«Holzbildhauer EFZ» angeboten. Auch im EU-Land Österreich<br />
können unsere Lehrlinge ihre Lehrabschlussprüfung machen, und zwar<br />
als Bildhauer – egal mit welchen Materialien. Die Expertenjury prüft<br />
ihr handwerkliches Können. Ein Lehrling kann dort nach einer dreijährigen<br />
Ausbildung eine Prüfung machen. Zum einen den Feinkeramiker,<br />
der für Geschirr, Vasen und Ziergegenstände zuständig ist<br />
und zum anderen den Grob- oder Baukeramiker, der vor allem Kachelöfen<br />
herstellt. So können wir am Märtplatz eben – neben dem<br />
«Keramiker» mit Abschluss in der Schweiz oder Österreich – auch die dreijährige<br />
Berufsausbildungen «Steinbildhauer EFZ» sowie «Holzbildhauer<br />
EFZ» anbieten.<br />
Die Lehrlinge entscheiden sich also während der Ausbildung, in<br />
welche Richtung ihre Ausbildung gehen soll.<br />
Da ist sehr unterschiedlich. Ein Bildhauer muss, um weiches<br />
Material abzutragen, herausfinden, welches Werkzeug ihm am<br />
besten liegt oder stellt sein Arbeitsgerät gleich selber her. Es<br />
kommen auch Küchenwerkzeuge in Frage, und bei Ornamenten<br />
oder feineren Arbeiten empfiehlt sich sogar Zahnarztwerkzeug.<br />
Auch ein Keramiker braucht für die Arbeit an der Drehscheibe<br />
viele verschieden Werkzeuge, die auch selber herstellt werden<br />
können, wie Schienen aus geformtem Blech oder Geräte aus der<br />
Schreinerei, wie etwa der Schwanenhals, eine Ziehklinge aus<br />
Metall. An Geräten haben wir einen Brennofen, eine Spritzkabine<br />
mit Wasservorhang, und für die Oberflächenbehandlung<br />
eine Sandstrahlanlage, mit der man eine glänzende Glasur<br />
an gewissen Stellen mattieren kann. Diese Technik hat übrigens<br />
die bekannte Firma Rosenthal herausgefunden, die bis heute<br />
sehr viel Erfolg damit hat. Weil es bei der Arbeit mit Ton sehr<br />
viel Abfall gibt, haben wir eine Wiederaufbereitungsanlage. So<br />
können wir im Jahr etwa eine Tonne Ton einsparen.