16.11.2013 Aufrufe

Kurs 7.6: Überall ist Mittelalter - Werner Knoben

Kurs 7.6: Überall ist Mittelalter - Werner Knoben

Kurs 7.6: Überall ist Mittelalter - Werner Knoben

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

»<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

1 Aus der <strong>Kurs</strong>beschreibung<br />

Will der Mensch unserer Zeit Kritik an bestehenden Verhältnissen üben, muss im Vergleich oft das <strong>Mittelalter</strong><br />

herhalten. Die Schatten jener vermeintlich düsteren Vergangenheit fallen dann auf die Gegenwart, und nichts<br />

scheint uns mehr mit den Menschen des <strong>Mittelalter</strong>s zu verbinden, seitdem sich in der Neuzeit der dunkle<br />

Himmel über Europa aufgeklärt hat. <strong>Mittelalter</strong>liche Zustände glaubt man überwunden zu haben; sie sind<br />

sprichwörtlich geworden und kommen nur noch dann in den Sinn, wenn man etwas beanstanden will, das<br />

in unsere Zeit nicht mehr zu passen scheint. Doch wird man dem <strong>Mittelalter</strong> auf diese Weise gerecht? Ist<br />

es tatsächlich ein finsteres Zeitalter gewesen, dessen Spuren sich in der lichten Gegenwart längst verloren<br />

haben? Liegen wirklich Welten zwischen uns und den Menschen des <strong>Mittelalter</strong>s?<br />

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, <strong>ist</strong> der <strong>Kurs</strong> ad fontes gegangen, zu den Quellen der mittelalterlichen<br />

Geschichte, und hat in ihnen nach dem gesucht, was die Identität(en) der Menschen des <strong>Mittelalter</strong>s in ihrem<br />

Leben und Zusammenleben ausgemacht hat. Drei verschiedene Schwerpunkte haben dabei Berücksichtigung<br />

gefunden: Die Entstehung und Entwicklung von Völkern und Nationen (ethnische und nationale Identitäten),<br />

die Ausbreitung und Wirkung von Judentum, Chr<strong>ist</strong>entum und Islam (religiöse und kulturelle Identitäten) und<br />

die Erringung und Sicherung von Herrschaft (soziale und politische Identitäten). Im Blick behalten wurden<br />

dabei stets die Spuren des <strong>Mittelalter</strong>s, die in Richtung Moderne führen. Auf der Grundlage der gewonnenen<br />

Einblicke in das <strong>Mittelalter</strong> haben wir schließlich unsere eigene Zeit und Welt neu und anders, nämlich in einer<br />

h<strong>ist</strong>orischen Perspektive betrachtet und auf diese Weise die »Gegenwart einer vergangenen Zeit« 1 entdeckt.<br />

Von dieser »Gegenwart« des <strong>Mittelalter</strong>s zeugen die vorliegenden Dokumentationsbeiträge. Indem sie das<br />

vermeintlich finstere Zeitalter zwischen Altertum und Neuzeit in einzelnen Aspekten schlaglichtartig erhellen,<br />

versuchen sie, einige der Antworten darzustellen, die wir auf unserer Suche nach Identität(en) gefunden haben.<br />

1 Horst Fuhrmann, <strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>. Von der Gegenwart einer vergangenen Zeit, München 2002 (Beck Reihe 1473).<br />

121


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

2 Erster Schwerpunkt: Ethnische und nationale Identitäten<br />

(Marius Lemm, Mirjam Galley)<br />

Den ersten Schwerpunkt in unserer <strong>Kurs</strong>arbeit bildete die Frage nach der Ethnogenese, der Entstehung ethnischer<br />

Identitäten. Vor allem untersuchten wir die Formen der Ethnogenese innerhalb von Großreichen, die<br />

mehrere Völker in sich vereinigten, wie dem Frankenreich. Diese fußt in der Regel auf einem gemeinsamen<br />

Traditionskern, d.h. dem Glauben an eine gemeinsame Abstammung, mit dem auch eine gemeinsame Sprache<br />

und eine gemeinsame Religion verbunden waren.<br />

Wir behandelten in diesem Zusammenhang vor allem die Fragen, wie, wann und warum sich ethnische Gemeinschaften<br />

bildeten und inwiefern sich die heutigen Nationalstaaten von ihnen unterscheiden.<br />

2.1 Können Gockel und Adler aus demselben Ei schlüpfen? Ethnogenese im <strong>Mittelalter</strong><br />

(Mirjam Galley, Laura Lütkehermöller)<br />

2.1.1 Einleitung<br />

Das heutige Europa besteht aus einer Vielzahl von Nationalstaaten, die jeweils eine Einheit darstellen. Das<br />

heißt, dass die Bevölkerung eines Staates sich durch eine nationale Identität untereinander verbunden fühlt.<br />

Diese Einheit <strong>ist</strong> durch das Zusammenwachsen vieler verschiedener ethnischer Kleingruppen entstanden, die<br />

im frühen <strong>Mittelalter</strong> den europäischen Kontinent bevölkerten.<br />

Wie hat sich die Entwicklung vom europäischen »Flickenteppich« zu den heutigen Territorialstaaten vollzogen?<br />

Als Meilenstein in dieser Entwicklung <strong>ist</strong> die Herrschaft der Karolinger (751 bis 911 bzw. 987) anzusehen. Das<br />

damalige Frankenreich war ein Vielvölkerreich 2 , das seine größte Ausdehnung zur Zeit Karls des Großen und<br />

Ludwigs des Frommen im ersten Viertel des 9. Jahrhunderts erreichte.<br />

2.1.2 Ethnogenese im Frankenreich<br />

Das Wort Ethnogenese bezeichnet die Entstehung<br />

eines Volkes bzw. seiner ethnischen<br />

Identität. Eine solche entwickelt<br />

sich auf vielerlei Weise, zum Beispiel<br />

aufgrund gemeinsamer Erfahrungen, Ziele<br />

und Feinde (entscheidend vor allem während<br />

der Völkerwanderung), kultureller Elemente<br />

wie Sprache, Religion, Bräuche und<br />

Werte sowie eines gemeinsamen Rechtssystems.<br />

Diese Faktoren bilden zusammen<br />

den Traditionskern, sozusagen die Essenz<br />

einer ethnischen Identität. Jedes der Völker<br />

unter karolingischer Herrschaft besaß sein<br />

eigenes ethnisches Bewusstsein, es ex<strong>ist</strong>ierte<br />

also keine fränkische Identität, die<br />

man als eine nationale einstufen könnte.<br />

2.1.3 Fränkische Identität?<br />

Alle dem fränkischen Reich angehörenden<br />

Völker hatten eines gemein: den Herrscher.<br />

Er schaffte ein geeintes Reich, das alle ethnischen<br />

Gruppen umfasste. Dieser politi-<br />

Abb. 6.1: Das Frankenreich unter Karl dem Großen<br />

sche Rahmen machte es den Bewohnern des Karolingerreiches möglich, im Laufe der Zeit ein gemeinschaftliches<br />

Bewusstsein zu entwickeln, da sämtliche ethnische Gruppen nun eine Gemeinsamkeit hatten. Der gemeinsame<br />

Herrscher muss als enorm wichtiger Faktor für die Bildung eines gemein-ethnischen oder nationalen<br />

Bewusstseins gelten.<br />

2 Unter einem Vielvölkerreich versteht man ein aus vielen ethnischen Gruppen gebildetes Reich.<br />

122


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong>: »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

Dass die Entwicklung des Frankenreiches langfr<strong>ist</strong>ig zur Ausbildung verschiedener Gebiete führte, verdeutlicht<br />

das Aufkommen der Bezeichnung theodisk bzw. lateinisch theodiscus (»zum Volke gehörig«) als Beschreibung<br />

oder Sammelbegriff der im nicht-romanisierten Teil des Frankenreiches benutzten Sprache(n). Für die<br />

Anfangsjahre der karolingischen Herrschaftsperiode wird allgemein davon ausgegangen, dass sich die im<br />

Reich lebenden fränkischen nicht-romanisierten gentes (»Stämme« bzw. »Völker«) untereinander verstehen<br />

konnten, obwohl sie nicht dieselbe Sprache gebrauchten.<br />

Dass romanisierte und nicht-romanisierte Franken trotz eines Gemeinbewusstseins als Franken nicht dieselbe<br />

Sprache sprachen, belegen die sogenannten Straßburger Eide, die in den »Vier Büchern Geschichten«<br />

des fränkischen Geschichtsschreibers Nithard, eines Enkels Karls des Großen, erhalten sind. In seinem Werk<br />

beschreibt er, wie sich zwei der Söhne Ludwigs des Frommen einen Treueeid schwören. Hierzu muss man<br />

den h<strong>ist</strong>orischen Kontext kennen: Nach dem Tod ihres Vaters einigten sich die drei Söhne Ludwigs gezwungenermaßen<br />

im Vertrag von Verdun 843 darauf, das Frankenreich unter sich aufzuteilen. So entstanden das<br />

West- und das Ostfrankenreich sowie das so genannte Mittelreich, später auch Lotharingien genannt, die die<br />

Grundlage für die heutigen Länder Frankreich und Deutschland bildeten.<br />

Im Jahr 841 schlossen Karl (der Kahle) und Ludwig (der »Deutsche«),<br />

Herrscher über das West- bzw. das Ostfrankenreich, bei Straßburg<br />

ein Bündnis und schworen sich die Treue. Trotz der Einigung sprachen<br />

beide Völker verschiedene Sprachen: »[...] et sacramenta [...]<br />

Lodhovicus Romana, Karolus vero Teudisca lingua iuraverunt.« 3<br />

Im frühen <strong>Mittelalter</strong> lagen also bereits die Anfänge der späteren Nationen<br />

der Deutschen und Franzosen. Man kann allerdings davon<br />

ausgehen, dass die Bevölkerung z.B. des Westfrankenreiches auch<br />

hier ohne einen gemeinsamen Herrscher kein nationales Bewusstsein<br />

hätte bilden können. Dieser Prozess der Identitätsbildung kann<br />

unter Umständen recht lange dauern – das Deutsche Reich wurde<br />

bekanntlich erst im Jahr 1871 gegründet.<br />

Abb. 6.2: Das geteilte Frankenreich<br />

3 Nithard, H<strong>ist</strong>oriarum libri IIII. Vier Bücher Geschichten, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, Teil 1, neu bearb. von Reinhold<br />

Rau, Darmstadt 1968 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des <strong>Mittelalter</strong>s. Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe 5), S.<br />

385–461, III, 5, S. 438–439: »[...] und schwuren die [...] Eide, Ludwig in romanischer, Karl in deutscher Sprache«.<br />

123


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

2.1.4 Herrschaft – über wen?<br />

Wenn man über Herrschaftsstrukturen im <strong>Mittelalter</strong> spricht, muss man beachten, dass die Regenten nicht<br />

über das eigentliche Territorium, sondern über die im Reich lebenden Personen herrschten (sogenannter Personenverbandsstaat).<br />

Deshalb <strong>ist</strong> die Idee des 19. Jahrhunderts, die Entwicklung hin zu den heutigen Staaten<br />

Frankreich und Deutschland, die im <strong>Mittelalter</strong> ihren Ausgang nahm, sei zwangsläufig gewesen, von dem<br />

Wunsch geprägt, die Anfänge der eigenen Nationen möglichst früh anzusetzen, und daher anachron<strong>ist</strong>isch.<br />

2.1.5 Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Grundstein für das heutige Europa im frühen <strong>Mittelalter</strong> gelegt<br />

worden <strong>ist</strong>. Gockel und Adler sind also aus einem Ei geschlüpft, das heißt, Frankreich und Deutschland haben<br />

beide ihren Ursprung im Reich Karls des Großen.<br />

Im Moment beobachten wir eine neue Entwicklung von den Nationalstaaten in Richtung eines geeinten Europas.<br />

Es bleibt die Frage, ob sich mit einem geeigneten politischen Rahmen eine solche europäische Einheit<br />

entwickeln könnte. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein starker politischer Rahmen maßgeblich zur Bildung<br />

eines gemeinsamen Bewusstseins beiträgt.<br />

2.2 Die Normannen<br />

(Marius Lemm)<br />

2.2.1 Einleitung<br />

Ein grundlegendes Phänomen im Bereich der nationalen und ethnischen Identitäten <strong>ist</strong> die Prägung oder sogar<br />

Absorption einer Kultur durch eine andere. Häufig geschehen Beeinflussungen dieser Art durch erobernde<br />

Völker, die versuchen, den Bewohnern der von ihnen besetzten Länder ihre Sprache, Werte und u.U. auch ihre<br />

Religion zu oktroyieren.<br />

Es lassen sich jedoch auch umgekehrte Entwicklungen feststellen, in deren Verlauf sich die militärisch siegreichen<br />

Völker in ihrer Kultur den von ihnen eroberten Völkern anglichen. Ein Beispiel hierfür stellt das Verschwinden<br />

der normannischen Kultur dar, die sich in Europa seit dem 9. Jahrhundert ausgedehnt hatte, dann aber<br />

zusehends – vor allem im eroberten England – zurückgedrängt wurde. Die Gründe hierfür sollen im Folgenden<br />

dargelegt werden.<br />

2.2.2 Die Normannen<br />

Um die Frage zu beantworten, ob und auf welche Weise die normannische Kultur verdrängt wurde, <strong>ist</strong> es<br />

zunächst notwendig, diese genauer zu umreißen.<br />

Der Name »Normannen« (»Nordmannen«) <strong>ist</strong> ein von den festländischen Europäern künstlich festgelegter<br />

Sammelbegriff für die kriegerisch-rauen Skandinavier. Ihre Überfälle (vorwiegend auf England und Frankreich)<br />

ab dem 6. Jahrhundert wurden zum Inbegriff von Schrecken und Chaos, nicht zuletzt weil sie oftmals zu Krisenzeiten<br />

in den überfallenen Reichen bzw. Regionen verübt wurden. Der Ruf der Normannen als furchtlose<br />

und grausame Plünderer begann sich zu verselbstständigen; nicht selten wurde eine der normannischen Kaperfahrten<br />

als Strafe Gottes aufgefasst. Die hoch entwickelte Schiffsbautechnik verschaffte den Normannen<br />

nicht unerhebliche militärische Vorteile und führte u.a. 911 auch über die direkte Bedrohung von Paris durch<br />

die Seine hinauffahrende Langboote zum Erhalt größerer Gebiete im Norden Frankreichs, daher auch der heutige<br />

Name der Region: Normandie. Die Normandie war zwar Teil des Fränkischen Reiches, genoß jedoch als<br />

eigenes regnum weitgehende Unabhängigkeit 4 .<br />

Im Folgenden wird exemplarisch die Identität der nordfränkischen Normannen behandelt. Sie <strong>ist</strong> entscheidend<br />

für die Beantwortung der Frage, warum sich die Normannen in England nicht durchsetzen konnten.<br />

2.2.3 Die Normandie<br />

Obwohl sich die Normannen unter ihrem Fürsten Rollo in der Normandie niederließen und von weiteren Plünderfahrten<br />

absahen, bedeutete dies nicht, dass sie begonnen hätten, ein friedliches oder gar bäuerliches Leben<br />

zu führen. Vielmehr wurde ihre kriegerische Tradition in zahlreichen Nachbarschaftskonflikten, vornehmlich mit<br />

Bretonen und Flamen, fortgesetzt und sorgte für eine kontinuierliche Intensivierung des Zusammengehörigkeitsgefühls.<br />

Dennoch blieben die Normannen keineswegs das typisch nordische, grobschlächtige Volk, als<br />

4 Siehe Hugh M. Thomas, The English and the Normans. Ethnic Hostility, Assimilation and Identity 1066-c.1220, New York 2003 für eine<br />

detailliertere Beschreibung der normannischen Herrschaftsstruktur.<br />

124


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

das sie ursprünglich gesehen wurden: Ein entscheidender Grund dafür, dass sie in der Lage waren, in so<br />

unterschiedlichen Gebieten Fuß zu fassen, lag nämlich in ihrer hohen Integrationsfähigkeit und -bereitschaft.<br />

Besonders aufgrund der militärischen Interaktion mit den Franken »war die westfränkisch-romanische Sprache<br />

übernommen und weiterentwickelt worden« 5 . Ferner hatten die Normannen die chr<strong>ist</strong>liche Religion vollständig<br />

angenommen, wobei sich eine vergleichsweise eigenständige und gut organisierte normannische Kirche<br />

ausgebildet hatte. Dieser »institutional focus of loyalty« 6 trug sowohl zur Stärkung der gemeinsamen Identität<br />

als auch zur Intensivierung der Beziehungen zum Papsttum bei, durch welches wiederum die normannische<br />

Herrschaft chr<strong>ist</strong>lich legitimiert wurde.<br />

Auch politisch zeigten sich die Normannen sowohl aufnahmefähig als auch innovativ. Das fränkische Lehnsrecht<br />

wurde in den Grundzügen übernommen, jedoch erhielten die Lehnsherren in der Normandie vom Herrscher<br />

weiter gehende Rechte als im restlichen Frankenreich. Diese Form der Vasallität wird »ligisch« genannt.<br />

Zusammenfasssend bleibt zu erwähnen, dass die Normannen begannen, sich nicht mehr als Skandinavier, d.h.<br />

Wikinger, sondern als Bewohner der Normandie zu fühlen. Hinweise darauf liefern beispielsweise die quasi<br />

komplette Übernahme der regionalen Heldensagen und Mythen sowie die anderweitige oben beschriebene<br />

kulturelle Anpassung.<br />

2.2.4 Die Eroberung Englands<br />

Als Eduard der Bekenner, König von England, im Frühjahr 1066 kinderlos verstarb, wurde ein Großteil Britanniens<br />

in einen Bürgerkrieg verwickelt. Zwei adlige Brüder, Harald II. und Tostig, stritten sich um die Thronfolge<br />

und trugen ihren Konflikt so verbissen aus, dass Wilhelm der Eroberer, der Herzog der Normandie, der ebenfalls<br />

Ansprüche auf den Thron anmeldete, vergleichsweise unbemerkt mit seinem Heer in England landen<br />

konnte.<br />

Nachdem Harald II. im Norden seinen Bruder vernichtend geschlagen hatte, trieb er sein dezimiertes Heer in<br />

einem Gewaltmarsch Wilhelms ausgeruhten und kampferprobten Normannen und ihren bretonischen und flämischen<br />

Verbündeten entgegen. Da nicht nur die Rahmenbedingungen äußerst ungünstig waren, sondern es<br />

außerdem den Engländern an taktischer Disziplin mangelte, wurde Haralds Heer klar besiegt. Die Schlacht bei<br />

Hastings (1066) gilt als Entscheidungsschlacht in der Eroberung Englands, da sich Wilhelm in den folgenden<br />

Jahren nur noch geringen Widerständen ausgesetzt sah.<br />

2.2.5 Die normannische Identität in England<br />

Es fällt auf, dass schon zu Zeiten der Invasion in englischen Quellen die Angreifer mit dem Sammelbegriff<br />

»Franken« bezeichnet werden. Insofern <strong>ist</strong> klar zu erkennen, wie stark sich die Normannen im Frankenreich<br />

bereits assimiliert hatten und dass dies sicherlich zu Lasten einer d<strong>ist</strong>inkten Identität gegangen war.<br />

Dieser Punkt zeigt auch, dass es sich bei der Eroberung Englands nicht um eine rein normannische Angelegenheit<br />

handelte und dass daher auch kein übergeordnetes ideologisches Sendungsbewusstseins vorlag, im<br />

Sinne der Verbreitung beispielsweise einer Religion oder einer bestimmten politischen Struktur als übergeordnetem<br />

Ziel der Gesamtheit des Volkes. In Ermangelung eines solchen Zieles mag es den Normannen schwer<br />

gefallen sein, eine übergreifende Identität aufrecht zu erhalten.<br />

Doch die Normannen beeinflussten durchaus auch ihrerseits die englische Kultur. Die diversen Entlehnungen<br />

aus dem Französischen in der englischen Sprache belegen dies. Außerdem führten die Normannen das ihnen<br />

bekannte Feudalsystem in England ein und stellten dem König eine vergleichsweise große Machtfülle zur<br />

Verfügung.<br />

Diese politischen Einflüsse setzten sich in England zwar durch, nach Hugh M. Thomas waren sie jedoch im<br />

Endeffekt nur ein weiterer Grund für das Scheitern der normannischen Kultur in England. Die große Macht des<br />

Königs führte demzufolge nach einem konfliktreichen Beginn zu einer Stabilisierung der Lage in einem solchen<br />

Maße, dass die Normannen sich ihrer eigenen kriegerischen Tradition beraubten 7 . Da die normannische Identität<br />

schon seit Jahrhunderten auf militärischem Erfolg und Eroberung basierte, wurde sie durch den Verlust<br />

einer dauerhaften Gefahrenquelle geschwächt.<br />

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Normannen das von ihnen eroberte England zwar beeinflussten, auf<br />

lange Sicht aber nicht in der Lage waren, Fuß zu fassen und in England eine normannische Nation zu gründen.<br />

Als Hauptgrund hierfür muss das Fehlen einer übergeordneten, langfr<strong>ist</strong>igen Ideologie gelten, die über<br />

militärischen Eroberungsdrang hinausgegangen wäre.<br />

5 Richard A. Brown, Die Normannen, Düsseldorf 2004, S. 25.<br />

6 Thomas, The English, S. 38.<br />

7 Siehe Thomas, The English, S. 44 für eine Erläuterung dieser These.<br />

125


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

2.3 Die Schlacht von Bouvines 1214<br />

(Elena Katrin Wuthnow)<br />

Am 27. Juli 1214 fand bei dem Ort Bouvines (heute im französischen Département du Nord gelegen, im<br />

ehemaligen Flandern), etwa 16 km südöstlich der Stadt Lille, eine Schlacht statt, die sowohl den Thronstreit<br />

zwischen Welfen und Staufern lösen, als auch den Konflikt zwischen Frankreich, Deutschland und England auf<br />

eine neue Stufe stellen und deren unterschiedliche politische Machtentwicklungen beeinflussen sollte. Beim<br />

französisch-englischen Konflikt ging es um die Lehen, die aufgrund einer Hochzeit zwischen der französischen<br />

Fürstin Eleonore aus dem Hause der Kapetinger und dem englischen Thronfolger Graf Heinrich von<br />

Anjou-Plantagenet an die Engländer gefallen waren. Diese Lehen befanden sich im Westen Frankreichs (auch<br />

Angevinisches Reich genannt) und verliehen dem englischen König große Macht in Frankreich.<br />

Das Heer des französischen Königs Philipp II. Augustus, das von dem Staufer Friedrich II. unterstützt wurde,<br />

traf in der Nähe des Ortes Bouvines auf das gegnerische Heer des Welfen Otto IV., der mit dem englischen<br />

König Johann Ohneland verbündet war. Sie führten ihre Schlacht auf einer 1,5 km langen Front, und am<br />

Ende ging das zahlenmäßig schwächere Heer Philipps II. Augustus als Sieger daraus hervor. Otto IV. floh,<br />

und der deutsche Reichsadler, dessen Schwingen zerbrochen waren, fiel den Franzosen in die Hände. Der<br />

Chron<strong>ist</strong> vom Petersberg bei Halle urteilte: »Seit jener Zeit wurde der Name der Deutschen bei den Galliern<br />

missachtet« 8 .<br />

Die Schlacht von Bouvines hatte aber auch eine innenpolitische Dimension für die beteiligten Parteien: Mit ihr<br />

fand der deutsche Thronstreit zwischen Staufern und Welfen und das 17 Jahre bestehende Doppelkönigtum<br />

ein Ende. Friedrich II. ließ seine Königskrönung vom Dezember 1212 in Aachen wiederholen und herrschte<br />

von da an unumstritten. Um nach seinem Tod die Nachfolge seines Sohnes Heinrichs VII. zu sichern und seine<br />

Herrschaft im Reich trotz häufiger Abwesenheit weiterhin zu gewährle<strong>ist</strong>en, setzte er seine fürstenfreundliche<br />

Politik fort, indem er zuerst den weltlichen (1220 confoederatio cum principibus ecclesiae) und später auch<br />

den ge<strong>ist</strong>lichen (1232 statutum in favorem principum) Fürsten enorme Rechte zusprach. Dies ebnete in der<br />

Folgezeit den Weg zu starken Territorialstaaten und deren wachsender Souveränität. Zwar unterzeichnete der<br />

König damit den endgültigen Verzicht auf eine starke Zentralmonarchie in Deutschland, jedoch darf man nicht<br />

denken, er hätte seine Rechte aus freien Stücken abgegeben. Im Grunde nämlich bestätigte er durch seine<br />

rechtsverbindliche Zustimmung lediglich das, was sich über die Jahre bereits zu fürstlichen Machtbereichen<br />

entwickelt hatte. Diese Entwicklung von einer personalen zu einer territorialen Herrschaft verstärkte den Prozess<br />

der nationalen Identitätsfindung in Deutschland.<br />

Auch der englische König Johann Ohneland war aufgrund der Niederlage seines Verbündeten Otto IV. außerordentlich<br />

geschwächt. Er verlor nicht nur sämtliche Lehen und Besitzungen nördlich der Loire (Frieden<br />

von Chinon), sondern konnte auch seinen rebellischen Baronen keinen Widerstand mehr le<strong>ist</strong>en. Adel und<br />

Bürgertum trotzten ihm enorme Zugeständnisse ab, die er am 15. Juni 1215 in der Magna Charta Libertatum<br />

unterzeichnete. Zudem wurde er vom Papst lehnsabhängig. Die Magna Charta Libertatum gewährte dem englischen<br />

Adel die politische Freiheit gegenüber dem König und gewährte der Kirche die Unabhängigkeit vom<br />

König. So heißt es: Concessimus eciam omnibus liberis hominibus regni nostri, pro nobis et heredibus nostris<br />

in perpetuum, omnes libertates subscriptas, habendas et tenendas eis et heredibus suis, de nobis et heredibus<br />

nostris 9 . Noch heute gilt die Magna Charta als eine der wichtigsten Grundlagen der englischen Verfassung, da<br />

in ihr der immer stärker werdende Einfluss des englischen Adels in schriftlicher Form rechtsverbindlich geregelt<br />

wurde.<br />

Ganz anders als dem englischen König erging es Philipp II. Augustus. Er zog nach Paris, wo er mit Adel und<br />

Volk seinen Triumph ausgelassen feierte. Der Sieg hatte eine patriotische Bege<strong>ist</strong>erung im Land geweckt und<br />

förderte somit das Gemeinschafts- und Nationalgefühl der Franzosen. Durch die zurückgewonnenen Lehen,<br />

die direkt an den König fielen, konnte Philipp II. Augustus seine Zentralmacht stärken und sich leicht gegen<br />

die Thronvasallen durchsetzen. Das Gebiet nördlich der Loire blieb Kronland, die französische Monarchie war<br />

in ihrer Stellung und Macht gefestigt, der Weg zum Absolutismus war gebahnt. So entspricht die Ausdehnung<br />

des heutigen Frankreichs etwa dem Reich Philipps II. Augustus mit seinen damals bestehenden Grenzen. Mit<br />

seiner Zentralgewalt wurde Frankreich zu einer der führenden Mächte in Europa.<br />

Abschließend kann man sagen, dass die Schlacht von Bouvines und die aus ihr resultierenden Entwicklungen<br />

das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit und die Entstehung nationaler Identitäten in Deutschland und<br />

Frankreich vorangetrieben haben. Die herrschaftlichen Formen, die sich in der Neuzeit in Deutschland und<br />

Frankreich verfestigten (Zentralismus und Föderalismus), wurden in den aus dieser Schlacht hervorgegangenen<br />

politischen Gegebenheiten gleichsam vorabgebildet.<br />

8 Karl Schnith, Art. »Bouvines, Schlacht v.«, in: Lexikon des <strong>Mittelalter</strong>s 2, München 2002, Sp. 522–523.<br />

9 Magna Charta. Johannis sine terra regis Angliae 15 Junii anno Domini 1215, in: www.thelatinlibrary.com/magnacarta.html.<br />

126


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

3 Zweiter Schwerpunkt: Religiöse und kulturelle Identitäten<br />

(Marius Lemm, Mirjam Galley)<br />

Die Religion war im <strong>Mittelalter</strong> eine wesentlicher Teil des alltäglichen Lebens und somit außerordentlich wichtig<br />

für die Identitätsbildung. Die Religionszugehörigkeit öffnete der (positiven und negativen) Diskriminierung mitunter<br />

Tür und Tor und war ferner Anlass zahlreicher Kriege. Außerdem stellte der Konflikt zwischen weltlichen<br />

und ge<strong>ist</strong>lichen Machtträgern ein wichtiges, immer wiederkehrendes Element der mittelalterlichen Politik dar.<br />

3.1 Der Investiturstreit – Folgen eines Konfliktes<br />

(Horst A. von Lautz)<br />

Heinricus non usurpative, sed pia Dei ordinatione rex Hildebrando iam non apostolico, sed falso monacho.<br />

[...] rectores sanctae ecclesiae videlicet archiepiscopos episcopos presbiteros, non modo non tangere, sicut<br />

chr<strong>ist</strong>os domini, timu<strong>ist</strong>i, quin sicut servos, nescientes quid faciat domnus eorum, sub pedibus tuis calcasti. In<br />

quorum conculcatione tibi favorem ab ore vulgi comparasti [...] 10 .<br />

In diesem Brief König Heinrichs IV. an Papst Gregor VII. gelangt der im 11. und 12. Jahrhundert ausgetragene<br />

Kampf zwischen regnum und sacerdotium, zwischen König- bzw. Kaisertum und Kirche zum Ausdruck – der<br />

Investiturstreit.<br />

Im Rahmen des von H<strong>ist</strong>orikern so genannten Reichskirchensystems wirkte schon Otto I. maßgeblich an der<br />

Amtseinsetzung (Investitur) von Bischöfen und Äbten mit, und unter den weiteren Ottonen wurde die Macht<br />

der Könige über die Kirche noch ausgeweitet. Der Salier Heinrich III. begann gar eine Reform der Kirche.<br />

Nach seinem Tod jedoch kamen zwei Männer an die Macht, welche an Gegensätzlichkeit kaum zu übertreffen<br />

waren. König Heinrich IV. und Papst Gregor VII. Nachdem Heinrich IV. 1071 einen von Papst Alexander II.<br />

gebannten Mann als Erzbischof von Mailand installiert hatte, eskalierte der unterschwellig bereits angelegte<br />

Konflikt zwischen Kirche und König.<br />

Im Jahre 1076 versammelte Heinrich die Mehrzahl der Bischöfe beim Reichstag in Worms. Hier verfassten sie<br />

zusammen einen Brief mit der Aufforderung an Papst Gregor, den Stuhl Petri zu verlassen. Die Antwort folgte<br />

sogleich mit einer Bannung des Königs. Durch diesen Kirchenbann und durch die mangelnde Unterstützung<br />

der Fürsten sah sich Heinrich gezwungen zu handeln und machte sich auf nach Rom. Da Gregor aber keineswegs<br />

Heinrich treffen wollte, zog er sich auf die Burg Canossa zurück. Als Heinrich dort im Büßergewand<br />

drei Tage lang ausharrte, musste Gregor den Kirchenbann lösen. Der Konflikt war allerdings noch längst nicht<br />

behoben, denn nun versuchte Rudolph von Rheinfelden, der von Gregor unterstützte Gegenkönig, mit militärischer<br />

Macht den König zu stürzen, unterlag aber auf dem Schlachtfeld. Erst mit dem Wormser Konkordat von<br />

Kaiser Heinrich V. und Papst Kalixt II. kam es zu einer Einigung zwischen den Mächten.<br />

Nun stellt sich allerdings die Frage, welche Veränderungen dieser Umbruch im Machtgefüge und in der Gemeinschaftsordnung<br />

herbeigeführt hat. Als erstes lässt sich feststellen, dass das Kaisertum durch den Investiturstreit<br />

immense Einbußen erlitt. Das sakrale Kaiserbild war beschädigt und die Einheit von Kaiser, Kirche<br />

und Papst zerstört. Damit war auch das so genannte Reichskirchensystem aufgehoben, denn durch das Auseinanderrücken<br />

von weltlicher und ge<strong>ist</strong>licher Sphäre besaß der weltliche Herrscher weniger Macht über die<br />

Investitur von Ge<strong>ist</strong>lichen. Die Bischöfe hingegen gewannen an Macht und bauten ihre Territorien aus, ein<br />

wichtiger Schritt im Verlauf der Territorialisierung. Damit entstand eine Konkurrenz zu den weltlichen Fürsten,<br />

sehr zu Lasten des Königtums. Mit dem Gang Heinrichs nach Canossa ließ sich schon 50 Jahre vor dem<br />

Wormser Konkordat ein solcher Trend erkennen, denn durch das Auftreten des Königs im Büßergewand und<br />

das Eingeständnis von Fehlern unterwarf sich der Kaiser zumindest teilweise der Macht des Papstes.<br />

Allerdings musste auch die Kirche Abstriche machen, denn von dem Ideal der »Freiheit der Kirche«, der libertas<br />

ecclesiae war man weit entfernt. Die fortschreitende Feudalisierung sollte die Bindung und die Verquickung mit<br />

weltlichen Angelegenheiten sogar noch verstärken. Dies lag mehrheitlich sogar im Interesse von Bischöfen<br />

und Äbten, da sie aus der Ar<strong>ist</strong>rokratie hervorgingen und wie diese herrschaftlich dachten. Damit waren immer<br />

noch genug Ansatzpunkte für eine Reichskirche vorhanden und das Ringen um die Führung der Chr<strong>ist</strong>enheit<br />

noch nicht entschieden.<br />

Obwohl diese Geschehnisse schon fast ein ganzes Jahrtausend zurückliegen und sich seither die Machtstrukturen<br />

gänzlich verändert haben, lassen sich Auswirkungen und Parallelen in unserer Zeit noch deutlich<br />

erkennen. Mit der Teilung von ge<strong>ist</strong>licher und weltlicher Macht <strong>ist</strong> eines der wichtigsten Elemente des Wormser<br />

Konkordats weiterhin in Verfassungen und Gesetzen des 21. Jahrhunderts enthalten. Der Vatikan besitzt heu-<br />

10 Die Briefe Heinrichs IV., hrsg. von Carl Erdmann, München / Berlin 1937, (MGH Deutsches <strong>Mittelalter</strong>. Kritische Studientexte 1), S.<br />

15–17 Nr. 12.<br />

127


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

te zwar kaum noch weltliche Macht, aber der moralische Einfluss auf Politik und Gesellschaft hat sich kaum<br />

vermindert. Da die Kirche und der Papst die Meinung und die Mentalität vieler gläubiger Chr<strong>ist</strong>en prägen,<br />

gestaltet die Kirche immer noch einen Großteil des Lebens gläubiger Menschen. Doch wenn man das Prinzip<br />

der Trennung von Kirche und weltlicher Macht in europäischen Staaten mit dem Machtsystem islamischer<br />

Staaten vergleicht, lässt sich schnell feststellen, dass eine Trennung von Religion und weltlicher Politik dort in<br />

sehr viel geringerem Maß gegeben <strong>ist</strong>. Ge<strong>ist</strong>liche Führer besitzen in vielen Ländern immensen Einfluss und<br />

bisweilen gar die größte politische Macht, da sie nicht nur den Glauben, sondern auch die Politik kontrollieren.<br />

Deswegen lässt sich für Europa sagen, dass der Investiturstreit den Beginn der Trennung zwischen ge<strong>ist</strong>licher<br />

und weltlicher Sphäre in die Wege geleitet hat und daher für unsere kulturelle und politische Entwicklung von<br />

überragender Bedeutung war.<br />

3.2 Zerrissen zwischen den Mächten - Hochmittelalterliche Judenverfolgungen<br />

(Tr<strong>ist</strong>an Klöter)<br />

Rund 20 Jahre nach dem Höhepunkt des für das Verhältnis zwischen Kaiser- und Papsttum folgenschweren<br />

Investiturstreites ruft Papst Urban II. 1095 auf der Synode von Clermont zum ersten Kreuzzug der mittelalterlichen<br />

Geschichte auf. Ihm folgen Tausende von Menschen in dem Bestreben nach der Befreiung Jerusalems.<br />

Während sich dieses Heer auf den Weg ins Heilige Land begibt, bricht für die Juden in Europa eine Phase<br />

der Verfolgung an, die noch für Jahrhunderte andauern sollte. So sind Speyer, Worms und Mainz die ersten<br />

deutschen Gemeinden, in denen Juden Pogromen zum Opfer fallen. Dieser Ausbruch der Gewalt war bedingt<br />

durch eine Vorgeschichte, deren Verlauf nicht nur aufgrund religiöser Auseinandersetzungen zu erklären <strong>ist</strong>.<br />

Welche Faktoren hierbei eine Rolle gespielt haben, soll im Folgenden näher erläutert werden.<br />

Um die im 11. Jahrhundert einsetzenden Ausschreitungen gegen die Juden in deutschen Städten in ihren<br />

Ursachen erforschen zu können, <strong>ist</strong> es von essentieller Bedeutung, sich über die politischen und sozialen Verhältnisse<br />

jener Zeit im Klaren zu sein. Noch 1084 verleiht Bischof Rüdiger von Speyer den neu angesiedelten<br />

Juden seiner Stadt verschiedene wirtschaftliche sowie rechtliche Privilegien, die ihnen eine Sonderstellung<br />

einräumen 11 . Damit beginnt die Blütezeit Speyers als einer der drei Schum-Gemeinden (Speyer, Worms und<br />

Mainz, nach den Anfangsbuchstaben der hebräischen Städtenamen). Nur zwölf Jahre später werden elf Juden<br />

durch die aufgestachelten Horden des Grafen Emicho von Flonheim auf offener Straße erschlagen. Es <strong>ist</strong><br />

schwierig, die Ursachen dieser Entwicklung zu benennen, doch kann man davon ausgehen, dass die Gründe<br />

auch in der gespaltenen politischen Situation der Zeit zu suchen sind. Für die Menschen im <strong>Mittelalter</strong> war es<br />

sehr wichtig, sich an klaren politischen, sozialen und religiösen Verhältnissen orientieren zu können. Dieser<br />

Prozess der Identitätsfindung war im 11. Jahrhundert insofern erschwert, als Heinrich IV. und Papst Gregor<br />

VII. im Investiturstreit das Zusammenwirken des politischen und religiösen Gefüges des Reiches auf die Probe<br />

stellten. Heinrich IV., der 1075 den Papst schweren Vorwürfen ausgesetzt und ihn dazu aufgefordert hatte, vom<br />

Stuhle Petri herabzusteigen, hält sich zu Beginn der Pogrome in Süditalien auf. Damit bietet sich Papst Urban<br />

II. eine Gelgenheit, seine Position zu stärken, indem er in Frankreich zum Kreuzzug aufruft und damit keinen<br />

Zweifel an seinem Machteinfluss lässt. Das Volk dagegen <strong>ist</strong> verwirrt: Der Kaiser <strong>ist</strong> abwesend und befindet<br />

sich generell in einer politisch äußerst unsicheren Lage (neun Jahre später wird er von seinem eigenen Sohn<br />

gefangengenommen und für abgesetzt erklärt), und mit Graf Emicho von Flonheim zieht ein ca. 10000 Mann<br />

starkes Heer – eine mordhungrige Meute, angestachelt von Hasstiraden verschiedener Wanderprediger, unter<br />

ihnen Peter von Amiens – durch das Land, dem sich bis auf die heimgesuchten Städte niemand entgegenstellt.<br />

Die Lage der Juden in Speyer, Worms und Mainz verschlechtert sich auch durch das uneinige Verhalten der<br />

Bischöfe, die einerseits dem Kaiser, der ausdrücklich zum Schutz der Juden aufruft, als Stadtherren verpflichtet<br />

sind und andererseits den Gläubigen keine Gelegenheit bieten dürfen, in ihrer religiösen Identität einen Unsicherheitsfaktor<br />

auszumachen. Dieser Zwiespalt überträgt sich auf das Volk, und während in Speyer Bischof<br />

Johann I. von Kraichgau seine Aufgabe als Schutzherr der Juden mit Entschlossenheit wahrnimmt, fallen in<br />

Mainz ca. 1000 Juden dem Blutbad zum Opfer, was auch Erzbischof Ruthard nicht verhindern kann. So lässt<br />

sich festhalten, dass über eine unsichere politische und soziale Lage hinaus auch die religiöse Identität der<br />

Menschen gelitten hat, und im Zusammenspiel dieser beiden Aspekte die Judenverfolgung im 11. Jahrhundert<br />

als eine der Konsequenzen angesehen werden kann.<br />

»Die hochmittelalterliche Judenfeindschaft <strong>ist</strong> in ihren Begründungen und Motivationen durch das Gefühl der<br />

Bedrohung und Unsicherheit gekennzeichnet« 12 : Das Zitat von Michael Toch bezieht sich auf die ab Mitte des<br />

13. Jahrhunderts einsetzenden wellenartigen und regional übergreifenden Judenverfolgungen im Reich. Seit<br />

dem Ersten Kreuzzug verschlechtert sich die Situation der Juden in Deutschland stetig, was sich unter ande-<br />

11 Siehe Alfred Hilgard, Urkunden zur Geschichte der Stadt Speyer, Straßburg 1885, S. 11–12 Nr. 11.<br />

12 Michael Toch, Die Juden im mittelalterlichen Reich, in: Lothar Gall (Hrsg.), Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 44, München 1998,<br />

128<br />

S. 63.


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

rem an den nun auf sechs Jahre befr<strong>ist</strong>eten und kostenpflichtigen Schutzbriefen festmachen lässt. In dieser<br />

Zeit kommt es immer wieder zu Zwangstaufen und Pogromen, deren Grausamkeit von der jeweiligen Situation<br />

der Stadt maßgeblich abhängt. Denn wieder <strong>ist</strong> die Judenfeindlichkeit im 12. und 13. Jahrhundert zum Teil<br />

politisch und sozial motiviert, auf dieser Grundlage aufbauend <strong>ist</strong> eine teilweise Erklärung für das Vorgehen<br />

gegen die Juden möglich. Im Jahre 1245 wird Kaiser Friedrich II. durch Papst Innozenz IV. abgesetzt und die<br />

über beinahe 30 Jahre andauernde Zeitspanne des Interregnums wird eingeläutet. In dieser Zeit, in der die<br />

politischen Machtstrukturen des Reiches einmal mehr auf die Probe gestellt werden, lässt sich ebenfalls eine<br />

erneute Verfolgungswelle gegen die Juden ausmachen. Der Papst widerspricht zwar als erstes Kirchenoberhaupt<br />

eindeutig Ritualmordlegenden, die oftmals Grundlage für Hetzreden gegen Juden bildeten, gleichzeitig<br />

aber gibt er den Befehl, alle erreichbaren Exemplare des Talmuds zu vernichten. Somit liegt die Aufgabe, die<br />

Juden zu schützen, bei den Städten, die diese oft missbrauchen, um Geld über so genannte Schutzbriefe zu<br />

erpressen. Innenpolitische Uneinigkeiten und soziale Missstände bilden im 12. und 13. Jahrhundert also die<br />

Grundlage für eine Judenfeindlichkeit, die ihren Ursprung ja schon im vorausgehenden 11. Jahrhundert findet.<br />

Investiturstreit und Interregnum bildeten im <strong>Mittelalter</strong> zwei Phasen, die, geprägt von Verwirrung und dem teilweisen<br />

Verlust zweier sicher geglaubter Haltepunkte der eigenen Identität, nämlich sowohl auf politischer als<br />

auch auf religiöser Ebene, für die Juden im deutschen Reich weitreichende Folgen hatten. Dass die Ausprägungen<br />

der Feindlichkeit gegenüber den Juden im <strong>Mittelalter</strong> solch extreme Formen annahmen wie beispielsweise<br />

in Mainz, <strong>ist</strong> sicherlich auch auf andere Faktoren zurückzuführen, wie etwa auf das von vorneherein stark<br />

ausgebildete Misstrauen gegenüber Fremdem. Dennoch <strong>ist</strong> wichtig zu erkennen, dass die Judenverfolgung<br />

des <strong>Mittelalter</strong>s auch auf dem politisch-religiösen Identitätsbruch beruht und dass besonders zu Zeiten politischer<br />

und sozialer Unsicherheiten das Vorgehen gegen die Juden auf besonders fanatische und brutale Weise<br />

geschah. Wie bedeutungsvoll die Identität eines Menschen <strong>ist</strong> und welche Rolle dabei eine Art Interessenkonflikt<br />

zwischen den unterschiedlichen Identitätsprinzipien spielen kann, wird am Beispiel der mittelalterlichen<br />

Judenfeindlichkeit ersichtlich.<br />

3.3 Chr<strong>ist</strong>en und Muslime in Spanien und Nordafrika<br />

(Rosina Ehmann)<br />

Die nahezu 800 Jahre andauernde Begegnung zwischen Chr<strong>ist</strong>en und Muslimen auf dem Gebiet des heutigen<br />

Spanien war geprägt von einer Mischung aus friedlichem Zusammenleben und kriegerischen Auseinandersetzungen,<br />

und viele Spuren dieser Kulturbegegnung lassen sich heute noch finden. Um die Geschehnisse jener<br />

Zeit verstehen zu können, muss man bis zu den Anfängen der muslimischen Religion zurückgehen.<br />

3.3.1 Die Entstehung und Ausbreitung des Islam<br />

Mit dem Auftreten Mohammeds als Prophet um 620 n. Chr. setzte sich der Islam schnell gegen die verschiedenen<br />

polythe<strong>ist</strong>ischen Glaubensrichtungen der arabischen Bevölkerung durch. Bis zum Tode des Propheten<br />

war fast die gesamte arabische Halbinsel unter dem Banner des Halbmonds vereint. Gründe hierfür waren<br />

die im Vergleich zu den vorherigen Religionen relativ einfachen Glaubensvorschriften und Verpflichtungen des<br />

Islam (wie der Fastenmonat, die Reinheitsgebote und die täglichen Gebete) und die Versprechungen und Zugeständnisse,<br />

die die neue Religion ihren Anhängern machte (mehrere legitime Frauen und Nebenfrauen, die<br />

Aussicht auf ein Paradies u.a.). Nachdem die arabische Bevölkerung somit unter einer einzigen Religion und<br />

Sprache geeint worden war, begannen die Kalifen von ihrem Regierungssitz in Damaskus aus einen Feldzug<br />

an der Mittelmeerküste entlang. Die nordafrikanischen Völker wurden in weniger als einem Jahrhundert unterworfen<br />

und nahmen den Islam an. Um 710 standen die arabischen Heere im Gebiet des heutigen Marokko<br />

und richteten ihren Blick nach Europa.<br />

3.3.2 Die Situation im Reich der chr<strong>ist</strong>lichen Westgoten<br />

Zur selben Zeit befand sich jenseits der Straße von Gibraltar auf dem Gebiet des heutigen Spanien ein Volk<br />

unter westgotischer Herrschaft. Die von Dynastiekämpfen gespaltene Bevölkerung wurde von König Roderich<br />

regiert, aber auch dessen Gegner Vitiza hatte zahlreiche Anhänger. Man vermutet, dass entweder Vitiza selbst,<br />

einer seiner Söhne oder einer seiner Anhänger die Muslime im Kampf gegen Roderich um Unterstützung<br />

bat und den maurischen Heerscharen beim Überqueren der Straße von Gibraltar half. So kam es, dass der<br />

arabische Heerführer Tarik 711 den Westgotenkönig Roderich auf spanischem Boden schlug. Die chr<strong>ist</strong>liche<br />

Bevölkerung reagierte verstört; dass eine vollkommen neue Religion die Vertreter der in ihren Augen einzig<br />

wahren Religion, nämlich des katholischen Glaubens, besiegt hatte, deuteten sie als Zeichen dafür, dass Gott<br />

sie verlassen hätte.<br />

129


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

Nacheinander eroberten die Araber fast die gesamte iberische Halbinsel; nur ein kleines Gebiet im Norden<br />

blieb unbesetzt und bildete die Grundlage für das chr<strong>ist</strong>liche Königreich Asturien. An diesem Punkt stellt sich<br />

die Frage, warum es den Muslimen so leicht fiel, ein derart großes Territorium in solch kurzer Zeit einzunehmen.<br />

Mehrere Gründe trafen hier zusammen. Zunächst fiel die arabische Invasion in eine Zeit der Krise des<br />

Westgotenreiches. Die Bevölkerung hatte durch die Dynastiekämpfe und Vergehen der Herrscher das Vertrauen<br />

in das politische System verloren, und dieser Vertrauensverlust wurde durch die hohen Steuern und das<br />

harte Feudalwesen noch verstärkt. Hinzu kam die kluge Eroberungspolitik der Muslime, die nie an dem rüttelten,<br />

was den unterworfenen Menschen am wichtigsten war: ihre Religion. Die besiegten Bevölkerungsgruppen<br />

durften gegen die Entrichtung einer bestimmten Steuer ihrem Glauben treu bleiben. Da diese Steuer beim<br />

Übertritt zum Islam wegfiel, lag es auch im wirtschaftlichen Interesse der Araber, nicht zu viele Andersgläubige<br />

zu bekehren. Darüber hinaus respektierten die Muslime Judentum und Chr<strong>ist</strong>entum als Schriftreligionen, die<br />

der ihren verwandt waren, und gewährten ihnen Sonderrechte. Unterstützt wurde diese Entwicklung dadurch,<br />

dass die Herrscherdynastie der Omaijaden sich in religiöser Hinsicht als besonders tolerant erwies.<br />

3.3.3 Die spanische Reconqu<strong>ist</strong>a<br />

In Asturien, das durch sein teilweise sehr unzugängliches und gebirgiges Terrain lange von den Arabern unbeachtet<br />

blieb, konnten sich Widerstandsgruppen bilden. Als die Muslime schließlich den letzten verbleibenden<br />

Teil der iberischen Halbinsel zu erobern planten, erlebten sie in der Schlacht bei Covadonga im Norden Asturiens<br />

im Jahre 722 eine Niederlage gegen den gotischen Adligen Pelayo. Die chr<strong>ist</strong>lichen Geschichtsschreiber<br />

feierten dessen Sieg und werteten ihn als Beweis dafür, dass ihr Gott sie nicht verlassen hätte. Viele H<strong>ist</strong>oriker<br />

sehen in diesem Ereignis den Anstoß zur spanischen Reconqu<strong>ist</strong>a, deren Ziel es war, die arabischen Eroberer<br />

zu vertreiben und Spanien zum katholischen Glauben zurückzuführen, das Land also politisch und religiös zu<br />

einen. Bei der Reconqu<strong>ist</strong>a lassen sich verschiedene Phasen unterscheiden:<br />

1. Etappe (ca. 8. bis 10. Jahrhundert) Nach der Niederlage bei Covadonga setzten die Muslime ihren<br />

Feldzug ins Frankenreich fort. Nach mehreren Siegen wurden sie bei Tour und Poitiers (732) geschlagen und<br />

waren gezwungen umzukehren. Die Zeit während des arabischen Feldzugs im Frankenreich hatten die chr<strong>ist</strong>lichen<br />

Reiche genutzt, um ihre politische Verfassung zu stärken. Nacheinander bildeten sich neben Asturien<br />

die Königreiche Kastilien, Navarra, Aragón und die Grafschaft Barcelona heraus. Aus Asturien entwickelte sich<br />

allmählich das einflussreiche Königreich León. Die Bindung des arabischen Territoriums an das Kalifat in Damaskus<br />

wurde immer lockerer; 756 ernannte sich Abd-al-Rahman zum Regenten des Emirats von Córdoba.<br />

Einzige Bindeglieder blieben die arabisch-islamische Religion und Kultur.<br />

Diese Zeit war geprägt von ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen mit Siegen und Niederlagen auf<br />

beiden Seiten. In Friedenszeiten bildeten sich verstärkt Minderheiten und Mischgruppen wie die »mudéjares«,<br />

Muslime, die auf überwiegend chr<strong>ist</strong>lichem Gebiet lebten, und die »mozárabes«, Chr<strong>ist</strong>en, die auf überwiegend<br />

arabischem Territorium lebten. Das relativ enge Zusammenleben dieser unterschiedlichen Gruppen führte zu<br />

gegenseitigem Verständnis und kulturellem Austausch, der sich vor allem in der Kunst, der Architektur und der<br />

Literatur äußerte und zu einer kulturellen Blüte führte.<br />

2. Etappe (11. bis 13. Jahrhundert): Die Zeit der großen Eroberungen Während dieser Etappe begannen<br />

die chr<strong>ist</strong>lichen Königreiche größere Offensiven in Südrichtung. Ferdinand I. von Kastilien gelang es 1085,<br />

Toledo ohne eine Schlacht zu erobern; 1094 nahm der Cid, ein spanischer Edelmann, der zum Nationalhelden<br />

stilisiert wurde, Valencia von den Mauren ein. Das Herbeirufen der nordafrikanischen Herrscherdynastie der<br />

Almoraviden und später der Almohaden, die fanatische Gegner des Chr<strong>ist</strong>entums waren, bremste zwar den<br />

Eroberungszug der Chr<strong>ist</strong>en, konnte ihn aber nicht aufhalten. Das zunehmende Zerfallen der muslimischen<br />

Gebiete in verschiedene Kleinreiche wirkte sich ebenfalls nachteilig für die Araber aus. Die Kampfhandlungen<br />

zwischen Chr<strong>ist</strong>en und Muslimen, die mit gegenseitigem Respekt begonnen worden waren, nahmen allmählich<br />

den Charakter eines Kreuzzugs an und wurden auf beiden Seiten immer fanatischer geführt.<br />

3. Etappe (14. bis 15. Jahrhundert) Im 14. Jahrhundert blieb den Muslimen nur noch die Provinz Granada<br />

im Süden Spaniens. Innenpolitische Schwierigkeiten der chr<strong>ist</strong>lichen Königreiche brachten die Reconqu<strong>ist</strong>a<br />

zum Stillstand. Erst nach der Interessenheirat zwischen Königin Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand<br />

von Aragón, die sich gemeinsam »los reyes católicos«, die Katholischen Könige, nannten, vollzog sich die<br />

vollständige Rückeroberung Spaniens, die in der Einnahme Granadas 1492 gipfelte. Die Verbindung der Königreiche<br />

von Kastilien und Aragón bildete den politischen Rahmen, innerhalb dessen die spanische Nation<br />

entstand: »La guerre de Grenade [ était] l’occasion d’associer la Castille et l’Aragon dans une action commune«<br />

13 .<br />

13 Joseph Pérez, Isabelle et Ferdinand, Paris 1988, S. 42.<br />

130


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

3.3.4 Was <strong>ist</strong> geblieben?<br />

Die fast 800 Jahre andauernde Kulturbegegnung hat uns in der Literatur, in der Kunst und in der Architektur<br />

zahlreiche »Erbstücke« hinterlassen. Neben den rund 4000 arabischen Vokabeln in der spanischen Sprache<br />

und der Übernahme des arabischen Zahlensystems in ganz Europa besteht eine der größten Le<strong>ist</strong>ungen dieser<br />

Begegnung in den Arbeiten der Übersetzerschule von Toledo, in der chr<strong>ist</strong>liche, muslimische und jüdische<br />

Gelehrte ursprünglich griechische und lateinische Texte der Antike aus ihrer arabischen Fassung ins Lateinische<br />

und Kastilische übertrugen. So wurden wertvolle Schriften über eine Art »Kulturbrücke« für spätere<br />

Generationen bewahrt.<br />

4 Dritter Schwerpunkt: Soziale und politische Identitäten<br />

(Marius Lemm, Mirjam Galley)<br />

Im Hinblick auf soziale und politische Identitäten beschäftigten wir uns zunächst mit dem mittelalterlichen<br />

Gemeinwesen und seinen Strukturen, sowohl im feudalen als auch im städtischen Bereich. Das Rittertum<br />

sowie die Rolle der Frau im <strong>Mittelalter</strong> prägen noch heute unsere Wahrnehmung der damaligen Verhältnisse.<br />

Neben den im ersten Schwerpunkt behandelten Herrschaftsverbänden ex<strong>ist</strong>ierten im <strong>Mittelalter</strong> auch noch<br />

andere, transethnische, gar transnationale Personenverbände wie zum Beispiel die Hanse, die große politische<br />

wie wirtschaftliche Macht ausübten.<br />

Schließlich lässt sich die mentalitätsgeschichtliche Entwicklung vom <strong>Mittelalter</strong> bis in die Neuzeit an einem so<br />

grundlegenden Beispiel wie der Stellung von Krankheit und Tod im mittelalterlichen Bewusstsein festmachen.<br />

4.1 Soziale Ordnungen im <strong>Mittelalter</strong><br />

(Chr<strong>ist</strong>oph Henckel)<br />

Das mittelalterliche Gemeinwesen war kein fixes, klar umrissenes Gebilde. Dementsprechend schwierig hat<br />

man sich eine Charakterisierung des mittelalterlichen Gemeinwesens vorzustellen. Es gibt dennoch viele verschiedene<br />

Modelle, mit deren Hilfe man versucht, die sozialen Verhältnisse des <strong>Mittelalter</strong>s wiederzugeben.<br />

Dabei soll der Blickpunkt im Folgenden weniger auf den Ideen moderner H<strong>ist</strong>oriker als vielmehr auf den Texten<br />

mittelalterlicher Schriftsteller liegen, welche sich über das Gemeinwesen geäußert haben, sei es in in jur<strong>ist</strong>ischen<br />

oder philosophischen Texten, Predigten oder in der Lyrik.<br />

4.1.1 Die ständische Ordnung<br />

Das mittelalterliche Gemeinwesen war ständisch gegliedert. Das bedeutet, dass die Menschen nicht rechtlich<br />

gleichgestellt waren; man ging vielmehr von einer fundamentalen, gottgegebenen Ungleichheit der Menschen<br />

aus. Dabei stützte man sich auf den biblischen, insbesondere vom Apostel Paulus formulierten Gedanken,<br />

dass die Ordnung der Welt in Gott ruhe und dass ein jeder in seiner Ordnung stehe 14 . Dieses biblische Ständedenken<br />

<strong>ist</strong> jedoch, da es sich allein auf eine universelle, göttliche Ordnung bezieht, für die Beschreibung<br />

der mittelalterlichen Zustände nur bedingt tauglich. Des Weiteren <strong>ist</strong> das Wort »Stand« eigentlich ein Anachronismus,<br />

da das deutsche Wort »stant« erst im 14. Jahrhundert aufgekommen <strong>ist</strong> und erstmals im 15. Jahrhundert<br />

für die Ständeordnung in den Länder verwendet wurde. Davor wurden die lateinischen Wörter status,<br />

ordo, corpus, conditio, gradus oder in deutschsprachigen Texten »name«, »leben«, »orden«, »art«, »reht«<br />

oder »ambet« für soziale Ordnungen verwendet. Um die Ständeordnung bildlich darzustellen, bedienten sich<br />

die Menschen häufig der Vorstellung eines Körpers. Hände, Magen, Augen etc. seien alle grundverschieden,<br />

aber erst zusammen bildeten sie ein funktionierendes Ganzes, den Körper. Auch dieses Bild geht auf Paulus<br />

zurück 15 .<br />

4.1.2 Das frühe <strong>Mittelalter</strong><br />

Zunächst muss angemerkt werden, dass es eine einheitliche und das gesamte Gemeinwesen umfassende<br />

Sozialordnung im Frühmittelalter nicht gab. Die Stände hatten noch keine verfestigten Grenzen, und es gab<br />

viele Abstufungen. Trotzdem versuchten Zeitgenossen, diese Zustände zu beschreiben.<br />

14 1. Kor. 15, 23: unusquisque autem in suo ordine.<br />

15 Siehe 1. Kor. 12, 12–26.<br />

131


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

Das älteste dieser Modelle <strong>ist</strong> die Unterscheidung in »frei« und »unfrei«. Sie stammt aus der vorkarolingischen<br />

Zeit und war zur Zeit der Karolinger bereits antiquiert, da es inzwischen oftmals die unfreien Bauern waren,<br />

denen es wirtschaftlich besser ging. Sie selbst oder ihre Vorfahren waren vor dem Kriegsdienst und zum Schutz<br />

vor Missernten in die Abhängigkeit zu einem Grundherren geflüchtet. Entscheidend für die soziale Stellung war<br />

nicht, wie frei man war, sondern welche materiellen Mittel man besaß. Um eben diesen Sachverhalt deutlich<br />

zu machen, benutzte man im frühen <strong>Mittelalter</strong> oft den Gegensatz von pauperes und potentes, von Armen<br />

und Mächtigen. Arm war in diesem Kontext derjenige, der nicht Macht über andere ausübte, sondern vielmehr<br />

dem Zugriff anderer ausgesetzt war. Diese Unterscheidung von Herrschaft und Dienst war grundlegend für die<br />

mittelalterliche Hierarchie.<br />

Schließlich entwickelte sich im 10. Jahrhundert die Vorstellung einer Dreiteilung, die das <strong>Mittelalter</strong> überdauern<br />

sollte: die Einteilung nach Tätigkeiten. Hierbei unterschied man zwischen oratores (Klerikern), bellatores<br />

(Kriegern bzw. Rittern) und laboratores (Bauern). Erst jetzt kann auch von einem gefestigten, umreißbaren<br />

Bauern- bzw. Ritterstand gesprochen werden. Das Schema hat seinen Ursprung in der griechischen Philosophie,<br />

in welcher bereits Wehrstand, Nährstand sowie Lehrstand unterschieden wurden. Der ebenfalls dieser<br />

Philosophie entstammende Gedanke, dass alle Mitglieder eines Standes gleich seien, findet sich ebenso bei<br />

mittelalterlichen Schriftstellern, so z.B. beim deutschen Spruchdichter Heinrich Frauenlob von Meißen Ende<br />

des 13. Jahrhunderts: »In driu geteilet waren von erst die liute, als ich las: buman, ritter und pfaffen. ieslich<br />

nach siner mazen war gelich an adel und an art dem andern ie« 16 . Dass aber ein einfacher Bauer und ein<br />

ebenfalls dem Bauernstand zuzurechnender Meier nicht »gleich an Adel und Abstammung« 17 waren, dürfte<br />

jedoch auch den Menschen des <strong>Mittelalter</strong>s bewusst gewesen sein.<br />

4.1.3 Das hohe und späte <strong>Mittelalter</strong><br />

Auch im Hoch- und Spätmittelalter gab es Modelle zur Ständehierarchie. Die bedeutendsten davon sind Eike<br />

von Repgows »Sachsenspiegel« sowie die Predigt Bertholds von Regensburg »Von den zehn Chören der<br />

Engel und der Chr<strong>ist</strong>enheit«. In letzterer entwirft Berthold ein Bild der menschlichen Gesellschaft als Entsprechung<br />

der zehn himmlischen Engelschöre. Entsprechend sind die drei ersten Chöre der Menschheit höher<br />

gestellt als die anderen: »Die êrsten drî er leie sint die hoechsten unde die hêrsten, die der almehtige got selbe<br />

dar zuo erwelt unde geordent hât, daz in die andern siben alle undertaenic wesen suln und in dienen suln« 18 .<br />

Im ersten Chor befinden sich die Priester (»die pfaffen«), im zweiten die übrigen Ge<strong>ist</strong>lichen (»ge<strong>ist</strong>lîche liute«)<br />

und im dritten der gesamte weltliche Adel (alle weltlîche herren«). Die folgenden sechs dienenden Chöre sind<br />

geprägt von der sozialen Struktur der Stadt und bestehen dem entsprechend aus diversen handwerklichen<br />

Berufen sowie den Bauern. Der letzte und zehnte Chor schließlich besteht aus Gauklern und Schaustellern,<br />

die »guot für êre nement« 19 .<br />

Das andere wichtige Konzept zur sozialen Ordnung <strong>ist</strong> die sogenannte »Heerschildordnung«, welche um<br />

1220/30 von dem Min<strong>ist</strong>erialen Eike von Repgow im Sachsenspiegel verfasst wurde. Nach Eike gibt es sieben<br />

Stufen der Lehnsfähigkeit, analog zu den sieben Weltaltern. »To der selven wis sint de herscilde ut geleget, der<br />

de koningden ersten hevet; de biscope unde de ebbede unde ebbedischen den anderen, de leien vorsten den<br />

dridden, sint se de biscope man worden sint, de vrie herren den virden; de scepenbare lude unde de vrier herren<br />

man den viften: ere man vord den sesten«. Den siebten Heerschild lässt Eike, entsprechend dem siebten<br />

Weltalter, dessen Dauer unbekannt <strong>ist</strong>, ebenfalls unbestimmt: »Alse diu kr<strong>ist</strong>enheit in der sevenden welt nene<br />

stedicheit ne wet, wo lange siu stan scole, also ne wet men ok an dem sevende scilde, of he lenrecht oder<br />

herescilt hebben moge« 20 . Diese Ordnung hatte allerdings nur theoretische Bedeutung; außerdem kann sie<br />

auch nicht als vollständige Ständeordnung verstanden werden, da sie nur den lehnsrechtlichen Aspekt erfasst.<br />

Die landrechtliche und wirtschaftliche Stellung der Menschen bleibt unberücksichtigt.<br />

4.1.4 Fazit<br />

Eine einheitliche Charakterisierung des mittelalterlichen Gemeinwesens <strong>ist</strong> in der Tat äußerst schwierig. Dafür<br />

haben sich die sozialen Strukturen in den ca. 1000 Jahren zwischen Antike und Neuzeit, die wir heute als<br />

<strong>Mittelalter</strong> bezeichnen, zu sehr verändert. Es <strong>ist</strong> allein die soziale Unterschiedlichkeit der Ständeordnung, die<br />

eine Konstante in der mittelalterliche Sozialgeschichte darstellt. Diese Ungleichheit lässt sich bei allen oben<br />

genannten Quellen wiederfinden. Die Kategorien aber, welche die soziale Rangfolge bestimmten, divergieren<br />

teilweise erheblich.<br />

16 Heinrich von Meissen, Des Frauenlobs Leiche, Sprüche, Streitgedichte und Lieder, hrsg. von Ludwig Ettmüller, Quedlinburg / Leipzig<br />

1843 (Bibliothek der gesamten deutschen National-Literatur von der ältesten bis auf die neuere Zeit 16), VII, 22, 1–6.<br />

17 Siehe oben Körperallegorie als Gesellschaftsmodell.<br />

18 Berthold von Regensburg, Predigten, hrsg. von Franz Pfeiffer / Joseph Strobl, Berlin 1965 (Texte des <strong>Mittelalter</strong>s 1), S. 142.<br />

19 Berthold von Regensburg, Predigten, S. 155.<br />

20 Sachsenspiegel. Landrecht, hrsg. von Karl August Eckhardt, Göttingen 1955 (Monumenta Germaniae H<strong>ist</strong>orica. Fontes Iuris Germanici<br />

132<br />

Antiqui 1), S. 72–73.


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

Dem entsprechend gab es im <strong>Mittelalter</strong> auch nicht die Sozialordnung. Die Ständeordnung bietet eine gewisse<br />

Grundlage, doch sind ihre Ausprägungen, bedingt durch soziale Mobilität und regionale Besonderheiten,<br />

sehr unterschiedlich. Jedes der genannten Ordnungsmodelle <strong>ist</strong> in einem bestimmten Kontext entstanden und<br />

erfasst so immer nur einen Teil der gesellschaftlichen Realität des <strong>Mittelalter</strong>s.<br />

4.2 Über das Rittertum<br />

(Chr<strong>ist</strong>ina Hillmair, Sophie Vonderlind)<br />

Ob sich zu Karneval die Jungen als Ritter verkleiden, Lego jährlich Hunderte von Plastik-Burgen verkauft oder<br />

Ritterturniere bei Burgfesten und <strong>Mittelalter</strong>märkten in den Sommermonaten Besucherscharen zu sich locken:<br />

»Der mittelalterliche Ritter« scheint das <strong>Mittelalter</strong> überdauert zu haben. Was also hat die höfische Kultur und<br />

den Ritterstand ausgezeichnet, dass sie heute noch in diesem Maße präsent sind?<br />

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, sollen im Folgenden der gesellschaftliche Stand eines Ritters sowie<br />

sein Werdegang und seine Aufgaben vorgestellt werden.<br />

4.2.1 Wer waren die Ritter?<br />

Der Stand der Ritter in der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung<br />

Im 12. und 13. Jahrhundert erlebte das Rittertum seine Blütezeit. In dieser<br />

Epoche, die man als Hochmittelalter bezeichnet, erhielt die bisherige mittelalterliche<br />

Ständegesellschaft einen weiteren Stand: die milites. Anders als<br />

die bisherigen Stände, in die der mittelalterliche Mensch hineingeboren wurde,<br />

stellte dieser Stand die Möglichkeit dar, aus der ursprünglichen Schicht<br />

in die sozial höhere Schicht des niederen Adels aufzusteigen.<br />

Wenn nicht von Geburt aus adelig, konnte man über die Min<strong>ist</strong>erialität zum<br />

Ritter aufsteigen. Unter Min<strong>ist</strong>erialen versteht man »unfreie Diener, aber in<br />

gehobenen Positionen« 21 , die Hofämter innehatten und die Einnahmen verwalteten.<br />

Die Ausbildung eines Ritters Die ritterliche Ausbildung umfasste zwei<br />

Phasen bis zum eigentlichen Ritterschlag. Mit etwa sieben Jahren wurde<br />

der zum Ritter bestimmte Junge an den Hof eines Ritters oder Fürsten gebracht,<br />

dem er zunächst als Page diente. Sobald er 14 Jahre alt war, wurde<br />

er zum Knappen erhoben, bis nach Vollendung des 21. Lebensjahres das<br />

eigentliche Ritterdasein begann.<br />

Abb. 6.3: Idealtypische<br />

Ständeordnung im Hochmittelalter<br />

In der Zeit zwischen dem siebten und dem 21. Lebensjahr lernte er Reiten, Jagen, den Umgang mit Waffen<br />

(beispielsweise mit der Lanze, mit dem Schwert oder mit dem Dolch) sowie die dazu gehörige ars militiae, die<br />

Kampfkunst. Außerdem stellte der künstlerische Aspekt einen weiteren Schwerpunkt in seinem Werdegang<br />

dar: Der Knappe lernte die Dichtkunst, das Musizieren und das Tanzen. Zur Ausbildung gehörte ebenfalls das<br />

Benehmen am Hof, der das soziokulturelle Zentrum des Ritterdaseins bildete.<br />

Die Knappschaft endete mit dem Ritterschlag, auch<br />

Schwertleite genannt – zweifellos ein Höhepunkt im<br />

Leben eines Ritters. »Der Gedanke, daß der adelige<br />

Herr sein Schwert zur Verteidigung der Kirche<br />

und des chr[<strong>ist</strong>lichen] Glaubens und zum Schutz von<br />

Witwen und Waisen führen sollte, <strong>ist</strong> den jungen<br />

Adeligen im Zeremoniell der ritterl[ichen] Schwertleite<br />

vorgetragen worden: ein Ge<strong>ist</strong>licher sprach den<br />

Schwertsegen, der den neuen Ritter auf die religiöseth[ische]<br />

Begründung des Waffengebrauchs verpflichtete«<br />

22 . Der zeremonielle Ablauf dieses Ereignisses<br />

war streng vorgegeben. Am Tag vor dem Ritterschlag<br />

musste sich der junge Mann einer Reinigung<br />

unterziehen, die sowohl im eigentlichen als<br />

Abb. 6.4: Der Ritterschlag<br />

auch im übertragenen Sinne, d.h. in religiöser Hinsicht, verstanden wurde. Die darauf folgende Nacht verbrachte<br />

er mit Fasten und Beten in der Burgkapelle. Am Morgen beichtete er, ging zur Messe und nahm an<br />

21 Hartmut Boockmann, Einführung in die Geschichte des <strong>Mittelalter</strong>s, München 1996, S. 38.<br />

22 Joachim Bumke, Art. »Kultur und Gesellschaft, höfische«, in: Lexikon des <strong>Mittelalter</strong>s 5, München 2002, Sp. 1566.<br />

133


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

der heiligen Euchar<strong>ist</strong>ie teil. Nachdem er auf die Bibel geschworen hatte, die ritterlichen Pflichten zu erfüllen,<br />

legte er seine Ritterrüstung an und wurde von einem erfahrenen Ritter zum Ritter geschlagen. Dies geschah<br />

entweder mit einem Schlag der Schwertklinge an den Hals oder mit zwei Schlägen auf die Schultern 23 . Von<br />

diesem Zeitpunkt an galt der junge Mann offiziell als Ritter.<br />

Die Aufgaben eines Ritters Eng verbunden mit seiner Ausbildung waren die Aufgaben, die ein Ritter<br />

erfüllen musste. Der H<strong>ist</strong>oriker Franco Cardini unterscheidet dabei zwei verschiedene Arten: »[...] militia Dei<br />

und militia huius saeculi, religiöses und weltliches Engagement, [sind] lange Zeit als Gegensätze betrachtet<br />

worden« 24 . Auch für Arno Borst umfassen die drei Hauptaufgaben des Ritters sowohl den weltlichen als auch<br />

den ge<strong>ist</strong>lichen Aspekt: »Frauendienst, Herrendienst und Gottesdienst stehen nicht unverbunden oder unversöhnlich<br />

nebeneinander, sondern übereinander« 25 . Diese drei Bereiche sollen im Weiteren näher erläutert<br />

werden. Den Gottesdienst, welcher den höchsten Stellenwert hatte, pflegte der Ritter im Gebet und im Kirchgang.<br />

Während der Kreuzzüge stellte der miles chr<strong>ist</strong>ianus eine erweiterte Form des Ritters dar, bei welchem<br />

der Gottesdienst noch sehr viel stärker im Vordergrund stand.<br />

Der Frauendienst fand bei Hofe statt, wo der Ritter seine in der Ausbildung erlangten Kenntnisse in der Dichtkunst<br />

und im Musizieren anwenden konnte. Im so genannten Minnesang verlieh er seiner Verehrung für die<br />

Hofdamen Ausdruck, obgleich sie für ihn wegen ihrer höheren sozialen Stellung unerreichbar waren. Auch der<br />

Tanz gehörte zu den ritterlichen Pflichten bei Hofe. Der Herrendienst verband den Ritter mit seinem Herren,<br />

für den er jederzeit auf Befehl in den Krieg ziehen können musste. Als »Training« galt ihm im Besonderen das<br />

Ritterturnier. Das Ritterturnier verband den zweiten Aspekt mit dem dritten. Auf der einen Seite konnte sich der<br />

Ritter im hastiludium, dem Turnier, im Umgang mit Waffen und Gegnern üben. Darunter fiel die so genannte<br />

»Buhurte« als inszenierte Schlacht zweier Heere, sowie das »Tjosten« (Lanzenstechen). Dies half dem Ritter,<br />

stets physisch für den Kriegsdienst vorbereitet zu sein.<br />

Auf der anderen Seite hatte der Ritter beim Turnier die Möglichkeit, den Hofdamen seine Tapferkeit und sein<br />

höfisches Benehmen zu demonstrieren. Sowohl Popularität bei den Frauen als auch Erfolg im Turnier nahmen<br />

einen hohen Stellenwert im Leben eines Ritters ein.<br />

4.2.2 Vom mittelalterlichen Ritter zum modernen »Gentleman«<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Rittertum eine Besonderheit in der statischen Gesellschaftsordnung<br />

des <strong>Mittelalter</strong>s darstellte, die sich aus oratores, laboratores und bellatores zusammensetzte, da der<br />

Ritter als moralisch-ethische Erhöhung des eigentlichen bellator verstanden werden kann.<br />

Bis heute besteht das damals so »schillernde« Rittertum mit seinen moralischen Tugenden und seiner Frauenverehrung<br />

im Bewusstsein der europäischen Kulturen fort. So kann man den modernen »Gentleman« mit<br />

seiner zuvorkommenden Art Frauen gegenüber noch immer als Erbe des mittelalterlichen Ritters verstehen –<br />

eine Verhaltensweise, die auch künftig nicht verschwinden sollte.<br />

4.3 Trägerin der Erbsünde und Lichtgestalt der Minne – mittelalterliche Frauenbilder<br />

(Chr<strong>ist</strong>iane Müller, Esther Unger, Friederike Brunswicker)<br />

Kaiser, Könige, Ritter, Bischöfe und Mönche – es sind zume<strong>ist</strong> Männer, die wir mit dem <strong>Mittelalter</strong> assoziieren.<br />

Wer aber waren die Kaiserinnen, Königinnen, Päpstinnen (wenn es sie gab) und Edelfräuleins? Im Folgenden<br />

sollen die Lebenswelten von Frauen des <strong>Mittelalter</strong>s untersucht und darüber hinaus der Frage nachgegangen<br />

werden, welche Bilder die damalige Gesellschaft von ihnen hatte.<br />

Grundsätzlich galt die Frau als minderwertiges Wesen, dem Manne an Ge<strong>ist</strong>es- und Körperkraft nicht ebenbürtig<br />

und seit Evas Zeiten mit der Erbsünde behaftet. Die Bibel wurde vielfach als Beweis herangezogen, so<br />

zum Beispiel der Schöpfungsbericht in dem es heißt, die Frau sei »dem Mann zur Hilfe« 26 erschaffen worden.<br />

Mädchen wurden als »missglückte Männchen« 27 gesehen. Auf Grund dieser Unvollkommenheiten habe<br />

die Frau in jeder Beziehung der Hilfe und Leitung des Mannes bedurft. Diese Sichtweise bildete die Basis des<br />

Frauenverständnisses in allen Schichten. Zwar entwickelte sich mit der Zeit die höfische Kultur der Minne, doch<br />

verehrten die Dichter in ihrer Lyrik mehr ein Ideal als die wirkliche Frau.<br />

23 Vgl. http://www.jadu.de/mittelalter/ritter/text/ritter.html.<br />

24 Franco Cardini, Der Krieger und der Ritter, in: Jacques Le Goff (Hrsg.), Der Mensch des <strong>Mittelalter</strong>s, Frankfurt / New York 1989, S.<br />

87–129, S. 92.<br />

25 Arno Borst, Das Rittertum im Hochmittelalter. Idee und Wirklichkeit, in: Ders. (Hrsg.), Das Rittertum im <strong>Mittelalter</strong>, Darmstadt 1976, S.<br />

212–246, S. 239.<br />

26 Gen. 2, 18.<br />

27 Summa theologiae, Teil I, Quaestio 92, Articulus 1, zitiert nach: Joachim Bumke, Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen<br />

<strong>Mittelalter</strong>, München 2002, S. 456: mas occasionatus.<br />

134


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

4.3.1 Die bäuerliche Frau<br />

Der größte Teil der Frauen im <strong>Mittelalter</strong> lebte unter den harten Bedingungen<br />

des landwirtschaftlichen Lebens. Ihr Alltag war geprägt von der Bewirtschaftung<br />

von Haus und Hof. Zwar übten zume<strong>ist</strong> die Männer Tätigkeiten<br />

aus, die eine große Körperkraft erforderten, wie z.B. Pflügen und Roden,<br />

doch die Frauen mussten bei vielen Arbeiten zur Hand gehen, z.B. bei der<br />

Viehzucht und der Feldarbeit. Ihre Rolle lässt sich demnach nicht auf die<br />

Begriffe »Hausfrau und Mutter« reduzieren, vielmehr mussten sie eine Doppelbelastung<br />

aus Hauswirtschaft und Landwirtschaft ertragen. Die Frauen<br />

le<strong>ist</strong>eten außerdem Frondienste auf den Höfen ihrer Grundherren. Es wird<br />

geschätzt, dass die bäuerlichen Frauen ca. 14 1/2 Stunden pro Tag mit der<br />

Feldarbeit beschäftigt waren und zusätzlich die Arbeiten im Haus, im Stall<br />

und für die Familie erledigten. Die höhere Sterblichkeit von verheirateten<br />

Frauen »in den besten Jahren« 28 dürfte ein Indiz für die körperliche Belastung<br />

der bäuerlichen Frau sein. Ein weiterer Grund für ihre geringe Lebenserwartung<br />

waren die häufigen Schwangerschaften. Mangelnde Hygiene und<br />

Krankheiten führten oft zum Tod im Wochenbett. Rechtlich war die bäuerliche<br />

Frau wie auch die Adlige ihrem Mann unterstellt – sie stand unter seiner<br />

»Munt«, d.h. der Ehemann fungierte als Hausherr, verwaltete das gesamte<br />

Vermögen der Familie und durfte die ihm uneingeschränkten Gehorsam<br />

schuldende Frau züchtigen.<br />

Abb. 6.5: Arbeitsteilung zwischen<br />

Mann und Frau<br />

4.3.2 Die städtische Frau<br />

Mit dem Aufstieg der Städte brachte das dort entstehende städtische Leben<br />

für die Frau neue rechtliche und wirtschaftliche Möglichkeiten mit sich und<br />

bot ihr deutlich mehr Freiheiten als das bäuerliche Leben. Es war ihr möglich,<br />

eigenständig das Bürgerrecht zu erlangen und damit auch Handel und<br />

Gewerbe nachzugehen, also einen eigenen Beruf auszuüben. Belege für<br />

solche Aktivitäten gibt es seit Beginn des 12. Jahrhunderts. Im 14. und 15.<br />

Jahrhundert sind Frauen in vielen Handwerksberufen und Handelssparten<br />

nachzuweisen, allerdings <strong>ist</strong> die Zahl der berufstätigen Frauen lokal unterschiedlich<br />

und von den jeweiligen politischen Gegebenheiten abhängig. In<br />

Köln kam es in einigen Zweigen des Textilhandwerks, die fast ausschließlich<br />

von Frauen geprägt waren, im Laufe des Spätmittelalters zur Bildung<br />

Abb. 6.6: Kauffrau in ihrer<br />

Schreibkammer<br />

von vier Frauenzünften: Die Zünfte bzw. Ämter der Garnmacherinnen, Goldspinnerinnen, Seidenmacherinnen<br />

und Seidespinnerinnen etablierten sich endgültig im 15. Jahrhundert 29 . Diese Frauenzünfte waren durchaus<br />

keine Marginalbereiche der Kölner Wirtschaft; das Seidengewerbe war seit dem späten 15. Jahrhundert das<br />

wichtigste Kölner Textilgewerbe, wenn nicht das bedeutendste Exportgewerbe überhaupt. Auch in den Niederlanden<br />

lässt sich eine relativ große Schicht erwerbstätiger Frauen ausfindig machen. So schreibt ein italienischer<br />

Autor im 16. Jahrhundert über die niederländischen Frauen: »Und gehen nicht allein eintzig hin und<br />

wider in der stat, ihre gewerb und henndel zu verrichten, sondern reysen auch uber landt von einer statt zu der<br />

andern, offt ohne beleittliche gesellschaft unverletzlich ihren ehren [...], sie vermengen sich auch in die kauffmannshenndel<br />

[...] und alle sachen und mannliche thuns [...] mit solchem fleiss und hurtigkeit, dass an vielhen<br />

orten, als namlich in Holand und Seeland, die menner ihre weiber schier alle sachen verrichten lassen« 30 .<br />

Typische Berufssparten für Frauen waren Lebensmittel- und Textilverarbeitung, Bierbrauerei, Bäckerei, Herstellung<br />

von Kerzen und Seifen, Nähen und Flicken und der Beruf der Hebamme, der ihnen allein vorbehalten war.<br />

Der Zugang zu höherer Bildung blieb den Frauen aber verwehrt. Sie durften grundsätzlich keine Universität<br />

besuchen. Nur einigen Autodidaktinnen gelang es, z.B. als Ärztinnen oder Apothekerinnen zu praktizieren.<br />

28 http://www.das-mittelalter.de/frauen_im_mittelalter.htm.<br />

29 Gerhard Fouquet / Ulrich Mayer (Hrsg.), Lebenswelten, Bd. 2, Alteuropa (800–1800), Stuttgart 2001, S. 105.<br />

30 Unbekannter italienischer Autor in deutscher Übersetzung, zitiert nach: Franz Bastian, Das Manual des Regensburger Kaufhauses<br />

Runtinger und die mittelalterliche Frauenfrage, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Stat<strong>ist</strong>ik 115 (1920), S. 431–456, S. 442.<br />

135


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

4.3.3 Die Frau in der Kirche<br />

Frauen, die ihr Leben Gott weihen oder in einer ge<strong>ist</strong>lichen Gemeinschaft versorgt sein wollten, konnten sich<br />

z.B. einem Bettelorden anschließen oder in einen Beginenkonvent eintreten. In einem solchen Konvent schlossen<br />

sich me<strong>ist</strong> allein stehende begüterte Frauen und Witwen zusammen. Die Beginen stellten allerdings keinen<br />

Orden dar, sondern legten nur ein Gelübde auf Zeit ab. Im Gegensatz zu Ordensschwestern war es ihnen erlaubt,<br />

aus der Gemeinschaft auszutreten und ihr Vermögen mitzunehmen um z.B. wieder zu heiraten.<br />

4.3.4 Die höfische Dame<br />

»Wenn ich die Wahrheit sagen soll, so hat es, nächst der Majestät Gottes, niemals etwas so Begnadetes<br />

gegeben wie die Frau und ihre Art. Diesen Ruhm hat Gott ihr verliehen, dass man sie als den höchsten Wert<br />

auf Erden ansehen und immer preisen soll« 31 .<br />

In der Lyrik und Epik des Hochmitelalters erschien ein neues Frauenbild,<br />

das erstaunlich positiv wirkt und die Vorzüge der Frau betont.<br />

Gegen die eingewurzelten Vorstellungen von der Minderwertigkeit<br />

und Schlechtigkeit des weiblichen Geschlechts setzten die höfischen<br />

Dichter ein neues Bild der Vollkommenheit und Schönheit. Doch verehrt<br />

wurde nicht das Individuum der Frau, sondern ein Schönheitsdeal,<br />

das allgemein gültig war: das blond gelockte Haar, die wie ein Pinselstrich<br />

gezogenen Brauen, die strahlenden Augen, der rote Mund<br />

und die weißen Zähne. Oswald von Wolkenstein, einer der bedeutendsten<br />

mittelalterlichen Minnesänger, brachte das weibliche Ideal<br />

und die ihm geltende Verehrung auf den Punkt:<br />

»Fröhlich, zärtlich, anmutig und hell, / lustvoll, still und sanft, / ruhig,<br />

süß, rein, gemächlich: / so wache auf, du liebliche, schöne Frau! /<br />

Reck und streck dich, schmücke deinen zarten, herrlichen Leib! / Öffne<br />

deine strahlenden, hellen Äuglein! / Nimm heimlich wahr, / wie die<br />

Sternenweide zergeht / im Glanz der schönen, heiteren, klaren Sonne!<br />

/ Wohlauf zum Tanz! / Laß uns einen schönen Kranz machen,<br />

/ schimmernd von honigfarbnen, braunen, blauen, grauen, / gelben,<br />

roten, weißen, veilchenfarbenen Blümlein!« 32<br />

Als Lichtgestalt der Minne erfüllte die Frau aber auch eine wichtige<br />

gesellschaftliche und soziale Funktion für den Mann: Durch die Verehrung<br />

einer nie Erreichbaren sollte der Ritter reifen und die ritterlichen<br />

Ideale wie Zurückhaltung (»mâze«) und Demut erlernen: »Dass<br />

Ritter ritterlich leben, das haben sie von den Damen.« 33<br />

Abb. 6.7: die Hebamme<br />

Wie schon angedeutet, spiegelte diese Verehrung aber eher ein fiktives Ideal der Dichter als die Wirklichkeit<br />

der höfischen Dame. Nur als keusche Jungfrau war sie Gegenstand der Minne, in ihrer Körperlichkeit dagegen<br />

wurde sie verdächtigt, den sündhaften Begierden des Fleisches leichter zu erliegen als der Mann 34 . Wolfram<br />

von Eschenbach schreibt in seinem »Parzival«: »Es stimmt mich traurig, dass so viele »Frau« genannt werden.<br />

Sie haben alle eine hohe Stimme. Aber viele überlassen sich der Falschheit, wenige sind frei von Falsch« 35 .<br />

Auch für die fast uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Mannes über seine Frau gibt es in der höfischen<br />

Epik Beispiele: »Was immer mein Gefährte mir antut, ich dulde es von Rechts wegen. Ob er mich zur Frau,<br />

zum Knecht oder wozu immer haben will, ich bin ihm in allem Untertan« 36 .<br />

Die Aufgabe, die der adlige Mann der Frau zuwies, war zume<strong>ist</strong> die Repräsentation seiner gesellschaftlichen<br />

Position. Sie sollte festlich geschmückt der Zierde des Mannes dienen, bei besonderen Anlässen die Gäste<br />

unterhalten und für den perfekten Ablauf des Festes sorgen.<br />

31 »[So]l ich der warheit iehen, so wart nie, nach der gotes kraft, nicht dinges so gnadehaft so vrowen lip mit ir leben. die ere hat in<br />

got gegeben, daz man si uf der erde zu dem ho(e)hsten werde erkennen sol mit eren und ir lop immer meren«, zitiert nach: Bumke,<br />

Höfische Kultur, S. 451.<br />

32 »Frölich, zärtlich, lieplich und klärlich, / lustlich, stille, leise, / in senfter, süesser, keuscher, sainer weise / wach, du minnikliches, schönes<br />

weib, / reck, streck, preis dein zarten, stolzen leib! / Sleuss auff dein vil liechte euglin klar! / taugenlich nim war, / wie sich verschart<br />

der sterne gart / in der schönen, haitern, klaren sunnen glanz! / wolauff zue dem tanz! / machen ainen schönen kranz / von schaunen,<br />

praunen, plawen, grawen, / gel, rot, weiss, viol plüemlin spranz«, zitiert nach: www.deutsche-liebeslyrik.de.<br />

33 »[Da]z Ritter Ritterlich lebent, daz hant si von den vrowen«, zitiert nach: Bumke, Höfische Kultur, S. 453.<br />

34 Vgl. Bumke, Höfische Kultur, S. 454.<br />

35 Wolfram v. Eschenbach, Parzival, 116, 5–9, zitiert nach: Bumke, Höfische Kultur, S. 461.<br />

36 Hartmann von Aue, Erec 6521-24, zitiert nach: Bumke, Höfische Kultur, S. 466.<br />

136


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

Die höfische Dame bewegte sich in einem festen Rahmen aus Regeln und Ordungen, der ihr kaum Freiheiten<br />

ließ. In ihrer Hofordnung schreibt Sophie von Mecklenburg 1614: »Zum dritten sol auch die Hofeme<strong>ist</strong>erin<br />

nichts gestatten oder leiden, das die Jungfern fur der Thuer, auf den Gengen oder Wendelstein mit Jungkern,<br />

Knechten oder Jungens oder sonst jemandts Gesprech halten, auch nicht gestaten, das sie ohn Erleubnus<br />

wohin lauffen und die eine hier, die ander auff den Böne und in dem Winckel sitzen, sondern sollen zusamen<br />

im Frauenzimmer bleiben und, was ihnen von uns zu nehen oder Sonsten zu tuhn befholen wirt, mit Fleiße verrichten«<br />

37 . Das oben benannte Amt der Hofme<strong>ist</strong>erin war das wichtigste Amt, das eine Frau am Hofe ausüben<br />

konnte.<br />

4.3.5 Beteiligung der Frauen an der Herrschaft<br />

Obwohl auch die Frauen der adligen Gesellschaft unter der Vormundschaft ihrer Männer standen, war z.B.<br />

die Königin keinesfalls politisch bedeutungslos. Sie nahm bei der Sicherung der königlichen Macht eine zentrale<br />

Stellung ein. Außerdem oblag ihr nicht nur die Verwaltung des Hofes, sondern auch die des königlichen<br />

Finanzwesens und der Güter. Als Beispiel kann hier Judith, die zweite Gemahlin Ludwig des Frommen, angeführt<br />

werden: Sie übte starken Einfluss auf die Regierungsgeschäfte ihres Mannes aus, was jedoch zu<br />

kriegerischem Widerstand ihrer Stiefsöhne führte. Während dieser Kriege beteiligte sich Judith 841 sogar als<br />

Heerführerin für ihren eigenen Sohn Karl den Kahlen.<br />

Die Gemahlin Kaiser Ottos II., die byzantinische Prinzessin Theophanu, beteiligte sich ebenfalls entschieden<br />

am politischen Leben. Sie übernahm nach dem Tod ihres Mannes für ihren noch unmündigen Sohn Otto III. die<br />

Regentschaft. Theophanu sicherte dessen Herrschaft, indem sie mit ihrem Heer die italienischen Gebiete wieder<br />

fester mit dem Reich nördlich der Alpen verband und unterzeichnete Urkunden mit Theophanu divina gratia<br />

imperatrix augusta bzw. gar mit der männlichen Form Theophanius divina gratia imperator augustus. Schon<br />

in der zeitgenössischen Literatur wird ihre achtjährige Regentschaftszeit positiv gewertet: Haec, quamvis sexu<br />

fragilis, modestae tamen fiduciae et, quod in Grecia rarum est, egregiae conversationis fuit regnumque filii eius<br />

custodia servabat virili, emulcens in omnibus pios terrensque ac superans erectos 38 .<br />

Ein weiteres Beispiel für die politische Bedeutung von Königinnen <strong>ist</strong> Eleonore<br />

von Aquitanien, sowohl Gemahlin als auch Mutter zweier Könige. 1137<br />

wurde sie mit König Ludwig VII. von Frankreich verheiratet, doch geriet die<br />

temperamentvolle Eleonore in den Verdacht der Untreue, so dass die Ehe<br />

1152 geschieden wurde. Besonders schwer scheint ihr die Trennung nicht<br />

gefallen zu sein, denn sie soll einmal gesagt haben: »Ich habe einen Mönch<br />

geheiratet, keinen Mann!« Im selben Jahr heiratete sie den mächtigsten Vasallen<br />

der französischen Krone: Heinrich Plantagenet, Graf von Anjou und<br />

Maine und Erbe des Herzogtums Normandie, der 1154 als Heinrich II. König<br />

von England wurde und auch die Länder seiner Frau, den Poitou, die<br />

Guyenne und die Gascogne, seinem Machtbereich einverleibte. Damit war<br />

Eleonore keineswegs einverstanden, und sie verbündete sich 1173 mit ihren<br />

drei Söhnen gegen Heinrich, der den Aufstand jedoch niederschlug und<br />

Eleonore gefangen nahm. Erst nach seinem Tode konnte sie unter der Königsherrschaft<br />

ihres Sohnes Richard Löwenherz wieder am politischen Leben<br />

teilnehmen. Eleonores Hof in Poitiers war ein Zentrum höfischer Kultur. Neben anderen genoss der Dichter<br />

Abb. 6.8: Kaiserin Theophanu<br />

Chrétien von Troyes ihre Förderung. Eleonore starb am 1. April 1204 in ihrer Abtei Fontevrault.<br />

4.3.6 Fazit<br />

Stellt man sich nun die Frage, wie die mittelalterliche Gesellschaft die Frau sah, so muss man erkennen, dass<br />

der negative Aspekt überwog. Da das Ideal der Minne kaum zu erfüllen war, herrschte das Bild der schwachen,<br />

dem Mann unterlegenen und falschen Sünderin vor. In einer von den Männern dominierten Welt hatten die<br />

Frauen nur wenige Möglichkeiten, sich frei zu entfalten. Gesetze und kirchliche Gebote waren Schranken, die<br />

nur selten überwunden werden konnten. Es <strong>ist</strong> unklar, ob die mittelalterliche Frau ihre Position als Schmach<br />

oder als gottgegeben begriff. Die h<strong>ist</strong>orischen Quellen geben uns darüber kaum Auskunft.<br />

37 Frauenzimmerordnung der S. v. Mecklenburg (1614), in: Gerhard Fouquet / Ulrich Mayer (Hrsg.), Lebenswelten, Bd. 2: Alteuropa<br />

(800–1800), Stuttgart 2001, S. 74.<br />

38 Thietmari Merseburgensi episcopi Chronicon. Thietmar von Merseburg, Chronik, hrsg. und übers. von Robert Holtzmann / <strong>Werner</strong><br />

Trillmich, 6. Auflage, Darmstadt 1957 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des <strong>Mittelalter</strong>s. Freiherr-vom-Stein-<br />

Gedächtnisausgabe 9), IV, 10, S. 124–126.<br />

137


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

Erste emanzipatorische Ansätze zeigten sich in den Städten, wo Frauen die me<strong>ist</strong>en Freiheiten erlangen konnten.<br />

So war es auch eine Städterin, die Venezianerin Lucretia Marinella, die 1600 mit ihrem Werk »Über Adel<br />

und Vorzüglichkeiten der Frau und Fehler und Mängel der Männer« mit den gängigen Vorstellungen über die<br />

Eigenschaften und den Wert der Geschlechter grundlegend aufzuräumen versuchte: »Nun komme ich zur Materialursache,<br />

aus der die Frau gebildet <strong>ist</strong>. Dabei werde ich mich wenig anstrengen, denn da die Frau aus<br />

der Rippe des Mannes, der Mann aber aus Lehm und Erde gemacht <strong>ist</strong>, so <strong>ist</strong> sie sicherlich hervorragender<br />

als der Mann; <strong>ist</strong> doch die Rippe unvergleichlich edler als der Lehm. Fügen wir hinzu, daß sie im Paradies,<br />

der Mann außerhalb davon geschaffen wurde. Wie scheint es euch: Sind nicht die Ursachen, von denen die<br />

Frauen abhängen, edler als jene der Männer? Und daß die weibliche Natur weit wertvoller und edler als die der<br />

Männer <strong>ist</strong>, bewe<strong>ist</strong> auch ihre Entstehung, denn da die Frau nach dem Mann entstanden <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> es notwendig,<br />

daß sie auch hervorragender <strong>ist</strong> als er« 39 .<br />

Abb. 6.9: <strong>Kurs</strong>leiter am Abend<br />

4.4 Die Hanse – ein wirtschaftlicher Personenverband<br />

(Malgorzata Dajerling)<br />

4.4.1 Geschichte<br />

Die Hanse war über einen langen Zeitraum eine politische Macht ersten Ranges, der es gelang, ohne eigene<br />

Souveränität – ihre Mitglieder verblieben jeweils unter der Herrschaft unterschiedlicher weltlicher oder kirchlicher<br />

Gewalten – sogar siegreiche Kriege zu führen. Anfang und Ende der Hanse sind schwer zu bestimmen.<br />

Anfänge Schon vor dem offiziellen Zusammenschluss gab es – etwa seit dem 11. Jahrhundert – deutsche<br />

Kaufmannsgenossenschaften, die im Ausland eine privilegierte Stellung hatten. Die erste von ihnen <strong>ist</strong> in<br />

London urkundlich belegt. In ihr schlossen sich Kölner Kaufleute zusammen. Ein paar Jahre später entstand<br />

auf der Insel Gotland eine Gilde. Sie war ein Zusammenschluss einzelner Kaufleute gleicher Herkunft, gleicher<br />

Rechtsgewohnheiten und ähnlicher Handelsinteressen aus dem Nordwesten Deutschlands (von Lübeck bis<br />

zur Ostsee). Solche Vereinigungen entstanden auch in Nowgorod und Bergen. Die Hanse entwickelte sich von<br />

der ursprünglichen Kaufmannshanse später zur Städtehanse, bei der sich die Städte selbst zu einem Bund<br />

zusammenschlossen. Mitglied der Hanse konnte eine Stadt auf dreierlei Weise werden: Anfangs wuchsen die<br />

Städte durch die Teilnahme ihrer Kaufleute am hansischen Handel in die Gemeinschaft hinein; dann stellten<br />

die Städte förmliche Aufnahmeanträge; einen dritten Weg beschritten vielfach die kleineren Städte, indem sie<br />

sich ohne besondere Formalitäten von einer der größeren Städte aufnehmen ließen. Der eigentliche Beginn<br />

der Hanse wird oft mit der Neugründung bzw. dem Wiederaufbau Lübecks nach einem Brand im Jahre 1159<br />

angegeben.<br />

39 Lucretia Marinella, Über Adel und Vorzüglichkeiten der Frau und Fehler und Mängel der Männer, in: Gerhard Fouquet / Ulrich Mayer<br />

(Hrsg.), Lebenswelten, Bd. 2: Alteuropa (800–1800), Stuttgart 2001, S. 254.<br />

138


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

Die Blütezeit Zwischen 1350 und 1400 stand die Hanse als nordeuropäische Großmacht da. 1356 schloss<br />

sich ein unter der Leitung Lübecks stehender lockerer Städtebund offiziell zum Bund »van der düdeschen Hanse«<br />

zusammen. Aber auch danach war die deutsche Hanse eher frei organisiert. Sie hatte keine Verfassung,<br />

Mitgliederl<strong>ist</strong>e oder Beamten. Ihren Kern bildeten etwa 70 Städte, weitere 130 waren locker assoziiert. Der<br />

Einflussbereich der Hanse dehnte sich von Flandern bis Reval aus und umfasste dabei den gesamten Ostseeraum<br />

bis hin zum Finnischen Meerbusen. Die Beschlüsse der Hanse wurden ab 1356 auf so genannten<br />

Hansetagen mit einfacher Mehrheit gefasst. Die so erreichte Vormachtstellung der Hanse im Nord- und Ostseeraum<br />

erregte vor allem den Widerstand Dänemarks. Der dänische König wollte die Rechte der Hanse<br />

einschränken, und es kam im Jahr 1361 zum Ersten Hanse-Dänemark Krieg. Die Hansestädte schlossen sich<br />

in einem Kriegsbündnis mit Schweden und Norwegen zusammen. Nach dem Sieg im Ersten und dann auch<br />

im Zweiten Hanse-Dänemark Krieg erlangte die Hanse hohe politische Bedeutung. Sie bewährte sich auch im<br />

Kampf gegen den Seeräuberbund der Vitalienbrüder.<br />

Niedergang Der Machtverlust der Hanse begann mit dem Erstarken der landesherrlichen Territorialgewalten<br />

im Ostseeraum. Die Städte wurden dadurch den Interessen der regierenden Fürsten untergeordnet.<br />

Ein späterer Grund war die Entdeckung Amerikas. Der Ostsee-Nordsee Handel verlor an Bedeutung, und es<br />

entstanden mächtige Konkurrenten der Hanse. Mitte des 14. Jahrhunderts verlor die Hanse ihr wichtigstes<br />

Kontor in Brügge, weil in den Niederlanden ein Konkurrenzbund enstanden war. Ende des 14. Jahrhunderts<br />

schloss Zar Iwan III. das Kontor in Nowgorod. Seitdem ging die Zahl der Mitgliedsstädte immer mehr zurück.<br />

Der Dreißigjährige Krieg brachte die völlige Auflösung der Hanse. 1669 hielten die letzen verbliebenen Städte<br />

Lübeck, Bremen, Danzig, Hamburg, Rostock, Braunschweig, Hildesheim, Osnabrück und Köln den letzten<br />

Hansetag in Lübeck ab.<br />

4.4.2 Hansekaufleute<br />

Der auf sich allein gestellte, das volle Risiko tragende und nur auf eigene Rechnung Handel treibende Kaufmann<br />

war in der Hanse des 14. und 15. Jahrhunderts der Ausnahmefall. Der typische Hansekaufmann des<br />

späten <strong>Mittelalter</strong>s war Mitglied einer oder mehrerer Handelsgesellschaften. Bei dem am häufigsten vorkommenden<br />

Typ der freien Gesellschaft brachten zwei oder mehr Partner Kapital in gleicher oder unterschiedlicher<br />

Höhe ein. Gewöhnlich blieb die Dauer der Gesellschaft auf wenige Jahre befr<strong>ist</strong>et. Gerade die bedeutenden<br />

Hansekaufleute mit Handelsbeziehungen zwischen Ost und West waren in mehreren solcher Gesellschaften<br />

vertreten, um das Risiko besser zu verteilen. Bei der Wahl der Gesellschaftspartner spielten verwandtschaftliche<br />

Beziehungen eine große Rolle.<br />

4.4.3 Seefahrt<br />

Als die Stadt Lübeck im Jahre 1159 gegründet wurde, gab es nur zwei Schiffstypen auf den nördlichen Meeren:<br />

das Schiff der Wikinger und ein rund gebautes Segelschiff. Für den Handel und die Besiedlung neuer Gebiete<br />

waren sie aber zu klein. Zu dieser Zeit entstand die Kogge. Sie war le<strong>ist</strong>ungsfähiger, schneller und konnte<br />

gegen den Wind kreuzen. Im 14. Jahrhundert enstand dann der größere Holk als neues Schiff der Hanse.<br />

Im 15. Jahrhundert ergänzte das Kraweel die Hanseflotten. Die Handelsschiffe waren keine schnellen Segler<br />

und fuhren in der Regel an den Küsten entlang. Obwohl sie gegen den Wind kreuzen konnten, ankerten sie<br />

bei Gegenwind me<strong>ist</strong> in einem Hafen. Von Lübeck bis Danzig brauchte eine Kogge etwa vier Tage, bis nach<br />

Bergen waren die Schiffe oft mehr als drei Wochen unterwegs. Im Winter wurde der Schiffsverkehr wegen der<br />

teilweise zugefrorenen Ostsee fast ganz eingestellt. Die Handelsschiffe segelten überwiegend im Konvoi über<br />

Ost- und Nordsee, um sich vor feindlichen Schiffen in Kriegszeiten und vor Piraten zu schützen.<br />

4.4.4 Kontore<br />

In den Kontoren trafen sich Kaufleute von mindestens zwei hansischen Städtegruppen. Die Kontore selbst<br />

waren keine Mitglieder der Hanse. An der Spitze eines Kontors stand ein von den Kaufleuten gewählter Ältermann.<br />

Er war der Vertreter der Hanse vor Ort und zuständig für die Finanzen des Kontors. Alle Kaufleute des<br />

Kontors mussten eine Abgabe auf ihre Handelswaren entrichten. Auf diese Weise finanzierte sich das Kontor.<br />

Das Kontor war eine kleine Stadt innerhalb der Stadt. Wie der Peterhof in Nowgorod besaß auch der Stahlhof<br />

in London eine eigene Kirche. Die Kontore hatten jeweils eigene Kontorordnungen, die Leben und Handel der<br />

Kaufleute regelten. Sowohl der Peterhof als auch der Stahlhof wurden nur von Männern bewohnt, so dass sie<br />

deshalb auch »Kaufmannsklöster« genannt wurden. Das Kontor in Brügge war keine abgeschlossene Siedlung:<br />

Das Oosterlingenhuis stand mitten in der Stadt, die Kaufleute wohnten außerhalb des Kontorgebäudes<br />

in der Stadt.<br />

139


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

4.4.5 Fazit<br />

Die Hanse kann einerseits als ein großer wirtschaftlicher Personenverband bezeichnet werden, andererseits<br />

setzte sie sich wiederum aus vielen kleineren Personenverbänden bzw. Gemeinschaften zusammen. In ihrer<br />

Blütezeit war die Hanse nicht nur eine wirtschaftliche Großmacht, sondern auch ein Bund von hoher politischer<br />

Bedeutung. Das Ende der Hanse wurde durch das Erstarken der landesherrlichen Territorialgewalten<br />

eingeläutet und durch den Dreißigjährigen Krieg besiegelt.<br />

4.5 Krankheit im <strong>Mittelalter</strong> – Natürliches Schicksal oder persönliche Schuld?<br />

(Tabea Meurer)<br />

»Der König fragt den Philosophen: ’Gelehrter, in wessen Gesellschaft lebt der Mensch?’ Darauf der Philosoph:<br />

’Mit sieben Genossen, die ihn beständig plagen. Dies aber sind Hunger, Durst, Kälte, Müdigkeit, Krankheit<br />

und Tod«’ 40 . Dieser Dialog erscheint in den »Gesta Romanorum«, einer Sammlung oft auch phantastischer<br />

Geschichten, entstanden um 1350, unter der Überschrift »Vom Lebenslauf des Menschen« und spiegelt eine<br />

fundamentale mittelalterliche Einstellung zum Thema Krankheit wider: Krankheit und Tod gehören zum Leben<br />

und sind damit Teil der sozialen Identität der Menschen des <strong>Mittelalter</strong>s.<br />

Ausgehend von dieser grundsätzlichen Einstellung stellt sich die Frage der<br />

konkreten Bewertung der Erkrankung eines Menschen im <strong>Mittelalter</strong> - galt<br />

sie als natürliches Schicksal oder als persönliche Schuld?<br />

In der Vorstellung mittelalterlicher Menschen <strong>ist</strong> die Grundursache für Krankeit<br />

die Erbsünde, oder wie es Hildegard von Bingen ausdrückte: »Adams<br />

Hochmut, der die Menschen zu Fall brachte« 41 . Dieser Fall des Menschen<br />

aus dem paradiesischen Urzustand spiegelt sich auch in der lateinischen<br />

Bezeichnung für Krankheit destitutio wider, der die constitutio als der gesunde,<br />

paradiesische Urzustand gegenübergestellt wird. Der aus dem Paradies<br />

ins irdische »Jammertal« vertriebene Mensch, dessen Leben im Diesseits<br />

»elend <strong>ist</strong> die ganze Zeit«, wie es der Medizinh<strong>ist</strong>oriker Heinrich Schipperges<br />

aus den »Gesta Romanorum« zitiert 42 , leidet also um der Erbsünde<br />

wegen.<br />

Doch nicht wenigen Kranken wird die Schuld für ihre Erkrankung selbst<br />

angelastet. So heißt es in den »Gesta Romanorum«: »Du b<strong>ist</strong> aussätzig<br />

geworden und aus Furcht bekommt man Aussatz« 43 Heinrich Schipperges<br />

führt in diesem Zusammenhang das Beispiel des Herodes Agrippa I. an,<br />

dessen Tod in der Apostelgeschichte beschrieben wird: »Alsbald schlug ihn<br />

der Engel des Herrn, weil er Gott nicht die Ehre gab. Und von Würmern<br />

zerfressen, gab sein Ge<strong>ist</strong> auf« 44 . Demnach beginnt Herodes bereits auf<br />

Abb. 6.10: Adam, Eva und die<br />

Erbsünde<br />

Erden seine ewigen Strafen abzubüßen. Für Schipperges steht fest, dass Herodes neben Hiob und Paulus<br />

eine der großen biblischen Gestalten war, die im <strong>Mittelalter</strong> bei der Bewertung von Krankheit als warnende und<br />

mahnende Beispiele dienten 45 .<br />

Das Bild von Krankheit als persönlicher Schuld wird ergänzt durch die rituelle Aussonderung, bei der der<br />

Aussätzige aus der familiären Gemeinschaft »herausgerissen« und lebendig für tot – tamquam mortuus –<br />

erklärt wird 46 .<br />

40 Gesta Romanorum. Die Taten der Römer, neu bearb. und übersetzt von Wilhelm Trilitzsch, Leipzig 1973, S. 34.<br />

41 Hildegard von Bingen, Causae et curae. Heilkunde, neu bearb. von Peter Riethe, Salzburg 1969, S. 45.<br />

42 Heinrich Schipperges, Der Garten der Gesundheit, Zürich / München 1987, S.42.<br />

43 Gesta Romanorum, S. 32.<br />

44 Apg. 12, 22–23.<br />

45 Vgl. Heinrich Schipperges, Die Kranken im <strong>Mittelalter</strong>, München 1990, S. 20.<br />

46 Vgl. Frank Rexroth, Deutsche Geschichte im <strong>Mittelalter</strong>, München 2005 (C. H. Beck Wissen 2307) passim und Horst Fuhrmann, <strong>Überall</strong><br />

140<br />

<strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>, München 2002 passim.


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

Abb. 6.11: Ein Aussätziger<br />

Ist die Erkrankung eines Menschen im <strong>Mittelalter</strong> tatsächlich seiner<br />

persönlichen Schuld angelastet worden, oder wurde sie nur auf das<br />

natürliche Schicksal des aus dem Paradies Vertriebenen zurückgeführt?<br />

Der Medizinh<strong>ist</strong>oriker Heinrich Schipperges stellt zutreffend<br />

fest: »Die Bewertung der Krankheit im <strong>Mittelalter</strong> <strong>ist</strong> [...] äußerst vielfältig<br />

und nicht auf eine Formel zu bringen!« 47 Im <strong>Mittelalter</strong> gab es<br />

in Bezug auf die Gründe für Erkrankungen demnach kein Entweder-<br />

Oder, sondern beide Komponenten wirkten zusammen. Krankheit<br />

war Prüfung, Zeichen oder gar Strafe Gottes und zugleich ex<strong>ist</strong>entieller<br />

Bestandteil des Lebens der Menschen im <strong>Mittelalter</strong>.<br />

5 <strong>Mittelalter</strong>bilder im Wandel der Zeit<br />

(Julia Weber)<br />

5.1 Einleitung<br />

»Das sind ja Zustände wie im finsteren <strong>Mittelalter</strong>!« – Diesen Satz kennen wir alle und haben ihn auch schon<br />

des Öfteren benutzt. Woher kommt aber die Vorstellung vom <strong>Mittelalter</strong> als einer »dunklen Zeit« und wie lässt<br />

sie sich mit der Idee eines »märchenhaften <strong>Mittelalter</strong>s« vereinbaren, in dem tugendhafte Ritter in ehrenvollen<br />

Schlachten für ihren König kämpften und mit Minneliedern die Damen am Hof erfreuten?<br />

5.2 Das aufklärerische <strong>Mittelalter</strong>bild<br />

Die Bezeichnung »<strong>Mittelalter</strong>« taucht zum ersten Mal bei dem 1304 in Arezzo geborenen Dichter Francesco<br />

Petrarca auf, der sich im Rückblick auf das klassische römische Altertum in einer dunklen, armseligen Epoche<br />

wähnte, in der die gesamte Ge<strong>ist</strong>eskultur am Boden läge, und sich eine Erneuerung der antiken Literatur<br />

und Kultur ersehnte 48 . Die Aufklärer sahen die frühere Religiosität als Fanatismus an und wandten sich strikt<br />

gegen die Vermischung von Religion und Wissenschaft, die im <strong>Mittelalter</strong> noch Gang und Gäbe gewesen wäre.<br />

Gottesfurcht und Aberglaube erschienen in Anbetracht der wieder entdeckten Naturwissenschaften und<br />

der Technik rückständig. So bezeichnete Georg Wilhelm Friedrich Hegel die Zeit der Renaissance und Reformation<br />

als den Tag, »welcher endlich nach der langen, folgenreichen und furchtbaren Nacht des <strong>Mittelalter</strong>s<br />

hereinbricht« 49 .<br />

5.3 Das romantische <strong>Mittelalter</strong>bild<br />

Zur Zeit der Romantik änderte sich diese Einstellung merklich. Man empfand den sozialen und wirtschaftlichen<br />

Wandel als zu schnell, sehnte sich nach einem sicheren Leben, suchte nach einer Zeit, in der ein solches möglich<br />

gewesen war, und fand – das <strong>Mittelalter</strong>: Dort habe es »[...] eine gesellschaftliche Zufriedenheit« gegeben,<br />

»die wir nur sehnsüchtig ahnen können. In einem guten Sinne war hier die beste Gesellschaftsordnung erreicht«<br />

50 . Hatte es im <strong>Mittelalter</strong> nicht noch wahre Helden gegeben? Mutige Kämpfer, die Minnelieder für edle<br />

Burgfräulein dichteten und ihrem König dienten? Das <strong>Mittelalter</strong> hatte plötzlich wieder Konjunktur und erschien<br />

als goldene Mitte der Zeiten, die ein Vorbild für spätere Zeiten sei. Dabei übersah man die negativen Aspekte<br />

der Epoche und verklärte so den Blick auf das <strong>Mittelalter</strong>. Die Künstler begannen sich wieder mittelalterlichen<br />

Thematiken zuzuwenden. So zeigt beispielsweise das Bild »Abtei im Eichwald« von Caspar David Friedrich<br />

eine Kirchenruine, durch deren Tor einige Mönche schreiten. Auch der Dichter Novalis (Friedrich von Hardenberg)<br />

spricht in »An mein Schwert« von dem tugendhaften Ritter, der seinem Schwert gebietet: »Sei stets des<br />

Hilfsbedürftgen Schutz / Geführt vom starken Arm / Und biete jedem Feinde trutz / Sei meinen Freunden stets<br />

zu Nutz / Zerstreu der Räuber Schwarm[...]« 51 .<br />

47 Schipperges, Die Kranken im <strong>Mittelalter</strong>, S. 21.<br />

48 Vgl. Susanne Sandherr, Finsteres <strong>Mittelalter</strong>, in: http://www.albertusmagnus.de.<br />

49 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, hrsg. von Eva Moldenhauer, Frankfurt am Main<br />

2001 (Werke 12), S. 491.<br />

50 Paul L. Landsberg, Die Welt des <strong>Mittelalter</strong>s und Wir. Ein geschichtsphilosophischer Versuch über den Sinn eines Zeitalters, Bonn<br />

1922, S. 45.<br />

51 Novalis, An mein Schwert, 1788–1791, in: http://gutenberg.spiegel.de/novalis/gedichte/schwert.htm.<br />

141


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

5.4 Subjektivität<br />

Anhand der oben genannten Beispiele wird deutlich, wie unterschiedlich man die Schwerpunkte<br />

bei der Betrachtung des <strong>Mittelalter</strong> setzen kann. Die jeweilige Sicht auf das <strong>Mittelalter</strong><br />

sagt weniger über das <strong>Mittelalter</strong> selbst aus als über das Zeitalter des Betrachters.<br />

Möchte man das eigene Zeitalter als etwas Besonderes herausstellen, so erscheinen die<br />

negativen Aspekte des <strong>Mittelalter</strong>s im Vordergrund. Ist man jedoch unzufrieden mit der<br />

eigenen Zeit, geraten die positiven Aspekte sehr viel stärker in den Blick. Keine der beiden<br />

Sichtweisen <strong>ist</strong> dabei wahrer als die andere. Jede Zeit hat ihre eigene Wahrheit, und<br />

es wird wohl kaum möglich sein, das <strong>Mittelalter</strong> oder jede andere Epoche völlig objektiv<br />

zu beurteilen.<br />

5.5 Und heute?<br />

In unserer heutigen Sicht auf das <strong>Mittelalter</strong> zeigen sich sowohl Elemente des aufklärerischen<br />

als auch des romantisch verklärten Bildes. So <strong>ist</strong> jedem klar, dass eine Gesellschaft,<br />

in der »mittelalterliche Zustände« herrschen, rückständig sein muss. Gleichzeitig<br />

begegnen uns aber auch immer wieder die typischen Bilder des romantisch verklärten<br />

Blickes auf das <strong>Mittelalter</strong>. Kleine Mädchen verkleiden sich zu Karneval als Burgfräulein<br />

und Prinzessinen, Jungen als tapfere Ritter.<br />

Abb. 6.12: Aragorn<br />

aus "Der Herr der<br />

Ringe": Figur des<br />

gerechten<br />

Herrschers und<br />

tapferen Ritters<br />

In h<strong>ist</strong>orischen und fantastischen Filmen und Büchern werden oft Elemente romantischer und aufklärerischer<br />

<strong>Mittelalter</strong>bilder miteinander verwoben. Im Film »Robin Hood – König der Diebe« tauchen sowohl typisch romantische<br />

Elemente (der edle Krieger, der für seine Liebste kämpft) als auch einige klar dem »finsteren <strong>Mittelalter</strong>«<br />

zuzuordnende Vorstellungen (die grausame Hinrichtung des Vaters, der »heilige Krieg« gegen dessen<br />

Mörder, mangelnde Hygiene) nebeneinander auf. Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch in den Romanen<br />

»Der Herr der Ringe« von John Ronald Reuel Tolkien und »Der Name der Rose« von Umberto Eco anstellen.<br />

Es fällt auf, dass das Interesse am <strong>Mittelalter</strong> gerade in jüngster Zeit wieder stark zunimmt, was sich nicht nur<br />

an vielen Filmen und Büchern neueren Datums feststellen lässt, sondern auch daran, dass <strong>Mittelalter</strong>märkte<br />

und <strong>Mittelalter</strong>-Rock-Bands regen Zuspruch finden. Dabei gibt es keine klare Trennung mehr zwischen den<br />

stereotypen <strong>Mittelalter</strong>bildern. Gerade das vermeintlich Widersprüchliche der Welt des <strong>Mittelalter</strong>s scheint uns<br />

zu faszinieren. Ob es daran liegt, dass wir in unserer eigenen Welt häufig Widersprüche erkennen? Dies zu<br />

beurteilen werden wir wohl den Menschen einer künftigen Epoche überlassen müssen.<br />

Printmedien<br />

Literaturverzeichnis<br />

[1] Beimel, Matthias, Juden im <strong>Mittelalter</strong>, in: Geschichte lernen 11 (1994), S. 39–42.<br />

[2] Berthold von Regensburg, Predigten, hrsg. von Franz Pfeiffer / Joseph Strobl, Berlin 1965 (Texte des<br />

<strong>Mittelalter</strong>s).<br />

[3] Boockmann, Hartmut, Einführung in die Geschichte des <strong>Mittelalter</strong>s, München 1996.<br />

[4] Borgolte, Michael, Chr<strong>ist</strong>en, Juden, Muselmanen. Die Erben der Antike und der Aufstieg des Abendlandes<br />

300 bis 1400 n. Chr., München 2006 (Siedler Geschichte Europas).<br />

[5] Borst, Arno, Das Rittertum im Hochmittelalter. Idee und Wirklichkeit, in: Ders. (Hrsg.), Das Rittertum im<br />

<strong>Mittelalter</strong>, Darmstadt 1976, S. 212–246.<br />

[6] Boshof, Egon, Die Salier, Stuttgart 2000 (Urban Taschenbücher 387).<br />

[7] Die Briefe Heinrichs IV., hrsg. von Carl Erdmann, München / Berlin 1937 (Monumenta Germaniae H<strong>ist</strong>orica.<br />

Deutsches <strong>Mittelalter</strong>. Kritische Studientexte 1).<br />

[8] Brown, Richard A., Die Normannen, Düsseldorf 2004.<br />

[9] Bumke, Joachim, Art. »Kultur und Gesellschaft, höfische«, in: Lexikon des <strong>Mittelalter</strong>s 5, München 2002,<br />

Sp. 1566.<br />

[10] Ders., Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen <strong>Mittelalter</strong>, München 2002.<br />

[11] Cardini, Franco, Der Krieger und der Ritter, in: Le Goff, Jacques (Hrsg.), Der Mensch des <strong>Mittelalter</strong>s,<br />

Frankfurt / New York 1989, S. 87–129.<br />

[12] Dollinger, Philippe, Die Hanse, Stuttgart 1998.<br />

[13] Fuhrmann, Horst, <strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>, München 2002.<br />

142


Akademie Roßleben 2006-7<br />

<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>«<br />

[14] Gesta Romanorum. Die Taten der Römer, neu bearb. und übers. von Wilhelm Trillitzsch, Leipzig 1973.<br />

[15] Goetz, Hans-<strong>Werner</strong>, Europa im frühen <strong>Mittelalter</strong> 500–1050, Stuttgart 2003 (Handbuch der Geschichte<br />

Europas 2).<br />

[16] Ders., Leben im <strong>Mittelalter</strong>. Vom 7. bis zum 13. Jahrhundert, München 1991.<br />

[17] Hammel-Kiesow, Rolf, Die Hanse, München 2000 (C. H. Beck Wissen 2131).<br />

[18] Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, hrsg. von Eva Moldenhauer,<br />

Frankfurt am Main 2001 (Werke 12).<br />

[19] Heinrich von Meissen, Des Frauenlobs Leiche, Sprüche, Streitgedichte und Lieder, hrsg. von Ludwig Ettmüller,<br />

Quedlinburg / Leipzig 1843 (Bibliothek der gesamten deutschen National-Literatur von der ältesten<br />

bis auf die neuere Zeit 16).<br />

[20] Hildegard von Bingen. Causae et curae. Heilkunde, neu bearb. und übers. von Peter Riethe, Salzburg<br />

1969.<br />

[21] Ketsch, Peter, Aspekte der rechtlich und politisch-gesellschaftlichen Situation von Frauen im frühen <strong>Mittelalter</strong><br />

(500–1150), in: Kuhn, Annette / Rüsen, Jörn (Hrsg.), Frauen in der Geschichte, Bd. 2, Düsseldorf<br />

1982.<br />

[22] Körntgen, Ludger, Ottonen und Salier, Darmstadt 2002 (Geschichte Kompakt 5).<br />

[23] Kroemer, Barbara, Von Kauffrauen, Beamtinnen, Ärztinnen. Erwerbstätige Frauen in deutschen mittelalterlichen<br />

Städten, in: Kuhn, Annette / Rüsen, Jörn (Hrsg.), Frauen in der Geschichte, Bd. 2, Düsseldorf<br />

1982.<br />

[24] Ladero Quesada, Miguel Angel, Art. »Reconqu<strong>ist</strong>a«, in: Lexikon des <strong>Mittelalter</strong>s 7, München 2002, Sp.<br />

527–531.<br />

[25] Landsherr, Paul Ludwig, Die Welt des <strong>Mittelalter</strong>s und Wir. Ein geschichtsphilosophischer Versuch über<br />

den Sinn eines Zeitalters, Bonn 1922.<br />

[26] Mayer, Ulrich, Die Revolution der landwirtschaftlichen Technik, in: Geschichte Lernen 71 (1999), S. 85.<br />

[27] Nithard, H<strong>ist</strong>oriarum libri IIII. Vier Bücher Geschichten, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte,<br />

Teil 1, neu bearb. von Reinhold Rau, Darmstadt 1968 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte<br />

des <strong>Mittelalter</strong>s. Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe 5), S. 385–461.<br />

[28] Pérez, Joseph, Ferdinand et Isabelle, Paris 1988.<br />

[29] Platthaus, Andreas, Rückkehr in die Normandie, in: Jeismann, Michael (Hrsg.), Das 11. Jahrhundert.<br />

Kaiser und Papst, München 2000 (Becksche Reihe 4111), S. 64–82.<br />

[30] Putzger, Atlas und Chronik zur Weltgeschichte, hrsg. vom Cornelsen-Verlag unter Mitarbeit von Ernst<br />

Bruckmüller, Berlin 2002.<br />

[31] Rexroth, Frank, Deutsche Geschichte im <strong>Mittelalter</strong>, München 2005 (C. H. Beck Wissen 2307).<br />

[32] Sachsenspiegel. Landrecht, hrsg. von Karl August Eckhardt, Göttingen 1955 (Monumenta Germaniae<br />

H<strong>ist</strong>orica. Fontes Iuris Germanici Antiqui 1).<br />

[33] Schipperges, Heinrich, Der Garten der Gesundheit, Zürich / München 1987.<br />

[34] Ders., Die Kranken im <strong>Mittelalter</strong>, München 1990.<br />

[35] Schnith, Karl, Art. »Bouvines, Schlacht v.«, in: Lexikon des <strong>Mittelalter</strong> 2, München 2002, Sp. 522–523.<br />

[36] Thomas, Heinz, Der Ursprung des Wortes theodiscus, in: H<strong>ist</strong>orische Zeitschrift 247 (1988), S. 295–331.<br />

[37] Thomas, Hugh M., The English and the Normans. Ethnic Hostility, Assimilation and Identity, New York<br />

2003.<br />

[38] Toch, Michael, Die Juden im mittelalterlichen Reich, in: Gall, Lothar (Hrsg.), Enzyklopädie deutscher Geschichte,<br />

Bd. 44, München 1998, S. 47–65.<br />

Internetquelle, Stand 12.08.2006<br />

[39] http://de.geocities.com/boriskoerkelweb/studies/investitur/investitur.html<br />

[40] http://de.wikipedia.org, Art. »Beginen«.<br />

[41] http://de.wikipedia.org, Art. »Frankenreich«.<br />

[42] http://de.wikipedia.org, Art. »Hanse«.<br />

[43] http://de.wikipedia.org, Art. »Hansestadt«.<br />

[44] http://de.wikipedia.org, Art. »Investiturstreit«.<br />

[45] http://de.wikipedia.org, Art. »Magna Charta«.<br />

[46] http://de.wikipedia.org, Art. »Normannen«.<br />

[47] http://de.wikipedia.org, Art. »Ritter«<br />

[48] http://de.wikipedia.org, Art. »Schlacht bei Hastings«.<br />

[49] http://de.wikipedia.org, Art. »Schlacht von Bouvines«.<br />

[50] http://de.wikipedia.org, Art. »Theophanu«.<br />

143


<strong>Kurs</strong> <strong>7.6</strong> – »<strong>Überall</strong> <strong>ist</strong> <strong>Mittelalter</strong>« Akademie Roßleben 2006-7<br />

[51] http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Frankenreich_768-811.jpg<br />

[52] http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Vertrag-von-verdun_1-660x500.png<br />

[53] http://gutenberg.spiegel.de/novalis/gedichte/schwert.htm<br />

[54] http://members.lycos.nl/bouman 103/Kunst%20algemeen.htm<br />

[55] http://www.albertusmagnus.de<br />

[56] http://www.das-mittelalter.de<br />

[57] http://www.uni-trier.de/uni/fb3/geschichte/cluse/eu/dt_conf_transier.html<br />

[58] http://www.hanse.wisis.de<br />

[59] http://www.hki.uni-koeln.de/people/schassan/HP1998/H<strong>ist</strong>orisches/Heerschild.html<br />

[60] http://www.Iraper.de<br />

[61] http://www.jadu.de/mittelalter/ritter/text/ritter.html<br />

[62] http://www.lehnswesen.de/page/html_krankheiten.html#krankheiten2<br />

[63] http://www.terradimezzo.it/aragorn.jpg<br />

[64] http://www.thelatinlibrary.com/magnacarta.html<br />

Abb. 6.13: Rotation<br />

144

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!