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Die exklusivste Form der Verwandtenehe - Horst Südkamp ...

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gung, sich auf Kosten des gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalts auf sich<br />

selbst zu beschränken. Vor allem die Endogamie <strong>der</strong> Kasten und die<br />

mannigfaltigen hierarchischen Abstufungen mußten die Möglichkeit von Heiraten,<br />

die allein den konkreten Notwendigkeiten des kollektiven Lebens gerecht geworden<br />

wären, auf stärkste begrenzen. Nur auf diese Weise erklärt sich das<br />

Paradoxon einer Gesellschaft, die das Zeugen von Kin<strong>der</strong>n verabscheute und<br />

die, um sich vor <strong>der</strong> Schande <strong>der</strong> Mesalliance zu schützen, einer Art<br />

umgekehrten Rassismus huldigte, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> systematischen Adoption von<br />

Feinden o<strong>der</strong> wenigstens von Fremden bestand." 53<br />

Vielleicht ist es schon zu spät, die Ursache für die Abscheu vor <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>zeugung<br />

zu ergründen, vielleicht stand dieser Adel vor dem doppelten Dilemma <strong>der</strong><br />

Inzesthemmung und <strong>der</strong> Standesendogamie, auf alle Fälle konnte er seine Position<br />

nur über die strenge Abgrenzung gegenüber den an<strong>der</strong>en Ständen <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

aufrechterhalten, die zur Adoption <strong>der</strong> noch erziehbaren Feinde o<strong>der</strong> Fremden<br />

zwang, da die Exogamie innerhalb <strong>der</strong> eigenen Gesellschaft die Ständeordnung<br />

aufgehoben hätte und jene Abscheu, worin sie auch immer genau bestanden<br />

haben mag, sie daran hin<strong>der</strong>te, standesendogam zu heiraten.<br />

Der Kin<strong>der</strong>raub o<strong>der</strong> die Adoption erscheint tatsächlich als eine Alternative zur<br />

Ehe unter primären Verwandten in einer Standesgesellschaft, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> herrschende<br />

Adel als endogamer Kreis auf eine größere Familie herabgeschrumpft ist.<br />

<strong>Die</strong>se funktionale Alternative korrespondiert mit <strong>der</strong> Rekrutierung <strong>der</strong> adligen<br />

Präbendare eines zölibatären Priesterkönigtums, und zwar mit seiner Rekrutierung<br />

durch Adoption, welche die Selektion als Geistlichkeit durch Hinweis auf<br />

Indizien <strong>der</strong> Inkarnation legitimieren, nach <strong>der</strong> die metaphysisch als die wirklich<br />

herrschend ausgegebenen Gottheiten o<strong>der</strong> Geister, sich ihre irdischen Verkörperungen<br />

selbst aussuchen und <strong>der</strong> Glauben an diese <strong>Form</strong> <strong>der</strong> Selbstoffenbarung<br />

<strong>der</strong> Gottheiten o<strong>der</strong> Geister die irdischen Herrscher als <strong>der</strong>en Erscheinung hinzunehmen<br />

gelernt hat.<br />

53 C.Levi- Strauss, Traurige Tropen, Köln, Berlin 1970, S.119-139<br />

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