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Deutschland und der Völkermord an den Armeniern

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geschlossen hätten, hätte es ihnen noch mehr Freiheiten mit <strong>den</strong> <strong>Armeniern</strong> verschafft. Der<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>e deutsche Offizier, <strong>der</strong> sich <strong>an</strong><strong>der</strong>s verhielt, war Oberst (später General) Kress von<br />

Kressenstein, Generalstabschef von Djemal Pascha. Er überzeugte Djemal offenbar, 400<br />

armenische Waisen nicht zu deportieren.<br />

Im von <strong>Deutschl<strong>an</strong>d</strong> besetzten Gebiet des russischen Reichs verhütete die deutsche Armee<br />

Pogrome gegen die Ju<strong>den</strong> durch die heimische Bevölkerung (zum Beispiel Ukrainer <strong>und</strong> Russen),<br />

die von <strong>den</strong> zurückweichen<strong>den</strong> zaristischen Truppen <strong>an</strong>gestiftet wur<strong>den</strong>. Eine vergleichbare<br />

Hysterie gegen ethnische Minoritäten gab es während des Ersten Weltkriegs überall in Europa,<br />

beson<strong>der</strong>s Osteuropa, wo sie von <strong>der</strong> zaristischen Armee <strong>an</strong>geheizt wurde. In m<strong>an</strong>chen Fällen<br />

wurde die deutsche Minorität zum Ziel; in <strong>an</strong><strong>der</strong>en waren es die Ukrainer o<strong>der</strong> Polen o<strong>der</strong><br />

baltische Volksgruppen. Doch die Ziele schlossen fast immer die Ju<strong>den</strong> ein. Wo immer sie<br />

hinzog, schützte die deutsche Armee die Ju<strong>den</strong>. Der Befehl dazu kam aus Berlin. Und sie hatten<br />

das Gebiet, das sie erobert hatten, besetzt. Berlin konnte deutschen Offizieren, die in <strong>der</strong><br />

osm<strong>an</strong>ischen Armee dienten, keine Befehle geben.<br />

K.M.: Dadri<strong>an</strong> erwähnt, dass diese deutschen Offiziere durch türkische Untergebene falsch<br />

informiert wur<strong>den</strong>. Ist das häufiger vorgekommen?<br />

M.A.: In m<strong>an</strong>chen Fällen mag das <strong>der</strong> Fall gewesen sein. Interess<strong>an</strong>t ist, dass m<strong>an</strong> Wolffskeel von<br />

Reichenberg, einem Major in Marasch, berichtete, dass die Armenier Türken abschlachten<br />

wür<strong>den</strong>. Er war dort, sah, dass die Geschichte erf<strong>und</strong>en war, <strong>und</strong> erstickte sie im Keim. Später<br />

allerdings, unter dem Komm<strong>an</strong>do von Fakhri Pascha, unterdrückte er Zeitun <strong>und</strong> die Armenier<br />

in Urfa <strong>und</strong> war auf dem Musa Dagh. Also <strong>den</strong>ke ich nicht, dass die beste Erklärung für ihr<br />

Verhalten ist, dass m<strong>an</strong> <strong>den</strong> deutschen Offizieren falsche Informationen lieferte, o<strong>der</strong> dass sie<br />

allmählich die Sichtweise <strong>der</strong> Menschen, für die sie arbeiteten, übernahmen <strong>und</strong> die Dinge aus<br />

ihrer Perspektive sahen.<br />

K.M.: Ist das Wort „Komplizenschaft“ ihrer Meinung nach geeignet, um die deutsche<br />

Beteiligung am Genozid <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Armeniern</strong> zu beschreiben?<br />

M.A.: Meiner Ansicht nach vermittelt es einen falschen Eindruck. Ich <strong>den</strong>ke, dass die deutschen<br />

Historiker die Deutschen am strengsten beurteilen (obwohl Dadri<strong>an</strong> auch ein hartes Urteil<br />

abgibt), beson<strong>der</strong>s Tessa Hoffm<strong>an</strong> <strong>und</strong> Wolfg<strong>an</strong>g Gust sowie <strong>der</strong> Schweizer Historiker Christoph<br />

Dinkel. Sie neigen dazu, diese Deutschen wie frühe Nazis aussehen zu lassen. Das mag für einige<br />

wenige dieser Offiziere gelten, doch ich glaube, dass die Deutschen gemeinhin h<strong>an</strong>delten, wie die<br />

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