Deutschland und der Völkermord an den Armeniern

guten Beziehungen mit den Türken interessiert war. Im Sommer 1915 unterrichtete er die
amerikanische Regierung über alles, und privat tat er sein Bestes, um den Armeniern zu helfen
(wie auch die deutschen Konsuln am Ort). Doch er beriet auch seine Regierung dahingehend,
dass Proteste alles nur noch verschlimmern könnten, und schlug vor, dass sie die Missionare in
diesem Sinn informierte.
K.M: Warum hat er das getan?
M.A: Nun, vergessen wir nicht, dass Abdul Hamid 1896, als der diplomatische Druck auf ihn
zunahm, mit einem Massaker an den Armeniern in Istanbul/Konstantinopel geantwortet hat.
Menschen wie Morgenthau glaubten nicht, dass die Türken zivilisierte Leute waren, und das aus
gutem Grund. Ich will damit nicht sagen, dass es keine zivilisierten Türken im Osmanischen
Reich gab, doch Türken und Kurden hatten sich bereits in den 1890ern so entsetzlich verhalten,
dass manche Leute nicht glaubten, dass die osmanische Regierung auf so etwas wie den Druck
der europäischen und amerikanischen Öffentlichkeit positiv reagieren würde. Morgenthau
jedenfalls glaubte das nicht. Berücksichtigt man, dass sogar Männer wie Morgenthau so dachten,
gewinnt man, denke ich, auch für andere Menschen – wie den Papst – ein wenig Verständnis, die,
wenn auch irrtümlicherweise, glaubten, man könne für die Armenier mehr erreichen, wenn man
hinter den Kulissen arbeitete, um die Türken zu überzeugen, dies oder das zu tun.
K.M.: Konnte die deutsche Regierung nicht irgendwie eingreifen, um den Völkermord und die
Deportationen zu beenden?
M.A.: Deutsche Soldaten im Osmanischen Reich waren kein Teil der deutschen Armee, sondern
standen alle unter osmanischem Kommando – dazu gehörte auch der Schlimmste von ihnen,
Friedrich Bronsart von Schellendorf, Chef des Generalstabs der türkischen Armee. Es gab
praktisch keinen legalen Weg, wie die deutsche Regierung ihnen hätte befehlen können zu
intervenieren. Was die deutsche Regierung hätte tun können, wäre, ihnen zu befehlen sich aus
dem osmanischen Dienst zurückzuziehen und nach Hause zu gehen. Manchmal wird auch
gefragt: „Warum hat die deutsche Regierung nicht gedroht, ihren Nachschub an die Osmanen
einzustellen?“ Das ist eine gute Frage. Ich habe sie mir selbst gestellt, bevor ich die Interviews
mit Zimmermann im Jahr 1915 gelesen habe – Interviews, die übrigens nichts mit den Armeniern
zu tun hatten –, die verrieten, dass er sich ständig sorgte, weil Deutschland unfähig war,
Nachschub an die Osmanen zu liefern. Es war nicht vor Mitte Januar 1916, nachdem Serbien
erobert war, dass deutsche Züge Istanbul erreichen konnten. Davor konnten man keinen
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