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Deutschland und der Völkermord an den Armeniern

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von Neurath. Er war Botschaftsrat in <strong>der</strong> deutschen Botschaft in Konst<strong>an</strong>tinopel <strong>und</strong> wurde<br />

später unter Hitler <strong>der</strong> erste Außenminister, obgleich er nicht Mitglied <strong>der</strong> Nazi-Partei war. Er<br />

schrieb im Herbst 1915 nach Berlin, dass er hoffte, die Fre<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Armenier in <strong>Deutschl<strong>an</strong>d</strong><br />

[die Deutsch-Armenische Gesellschaft, von Lepsius gegründet] könnten ruhig gehalten wer<strong>den</strong>,<br />

obwohl er zugab, dass die deutsche Regierung die Gesellschaft nicht einfach verbieten konnte. Er<br />

meinte, dass das Geld, das sie für die Armenienhilfe sammelten, besser für Hilfe <strong>an</strong> Deutsche<br />

verwendet wer<strong>den</strong> könnte. Also war er eindeutig ein herzloser Typ.<br />

Allerdings sollte ich auch eine <strong>der</strong> echten Ironien <strong>der</strong> Geschichte erwähnen. Max Erwin von<br />

Scheubner-Richter war <strong>der</strong> Vizekonsul von Erzurum <strong>und</strong> ein Offizier <strong>der</strong> bayrischen Armee. Er<br />

war nach Ost<strong>an</strong>atolien ges<strong>an</strong>dt wor<strong>den</strong>, um die muslimische Guerilla hinter <strong>den</strong> russischen Linien<br />

zu org<strong>an</strong>isieren, so in <strong>der</strong> Art, wie die Russen nach Auffassung m<strong>an</strong>cher Leute die Armenier<br />

org<strong>an</strong>isierten. Doch als er dort <strong>an</strong>kam, war <strong>der</strong> Konsul von Erzurum gerade von <strong>den</strong> Russen<br />

gef<strong>an</strong>gen genommen wor<strong>den</strong>, <strong>und</strong> so wurde nahm Scheubner-Richter als Vizekonsul seine Stelle<br />

ein. Dieser M<strong>an</strong>n beschwerte sich bei seiner Regierung über die Beh<strong>an</strong>dlung <strong>der</strong> Armenier. Er<br />

war auch extrem mutig, wenn es darum ging, bei <strong>der</strong> osm<strong>an</strong>ischen Regierung zu protestieren. Er<br />

wurde von seiner eigenen Regierung getadelt, weil er sich zu <strong>und</strong>iplomatisch gegenüber <strong>den</strong><br />

Türken verhielt. Er versorgte einige armenische Flüchtlinge, die durch Erzurum kamen, aus<br />

eigener Tasche mit Lebensmitteln. Zu diesem Zeitpunkt war er ein wahrer Held. Nach dem<br />

Krieg wurde er zum Nazi <strong>und</strong> 1923 in München erschossen, als er neben Hitler nach seinem<br />

Bierhallen-Putsch zur Feldherrenhalle marschierte. Zu dieser Zeit war er Hitlers rechte H<strong>an</strong>d für<br />

die Fin<strong>an</strong>zen <strong>der</strong> Partei. Hitler bezieht sich auf ihn in Briefen aus <strong>der</strong> Zeit als „mein Vertreter“.<br />

Er diente als Verbindungsm<strong>an</strong>n zwischen <strong>der</strong> frühen Nazi-Bewegung, dem Militär <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Wirtschaft.<br />

Die übelste Person in <strong>Deutschl<strong>an</strong>d</strong>, soweit es die Armenier betraf, war Ernst Jäckh, ein Journalist,<br />

<strong>der</strong> auch einige akademische Wür<strong>den</strong> besaß. Er gründete in <strong>Deutschl<strong>an</strong>d</strong> eine wichtige<br />

protürkische Lobby, die deutsch-türkische Gesellschaft, <strong>und</strong> rühmte sich, Enver Pascha nahe zu<br />

stehen. Seine Aktivitäten im Krieg beschränkten sich hauptsächlich auf Propag<strong>an</strong>da, <strong>und</strong> er<br />

sorgte dafür, dass unter <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung unaufhörlich protürkische Nachrichten<br />

verbreitet wur<strong>den</strong>. Er war praktisch ein Angestellter <strong>der</strong> türkischen Regierung, jem<strong>an</strong>d, <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

deutsch-armenischen Gesellschaft beitrat, um sie auszuspionieren. Er spionierte auch Lepsius aus<br />

<strong>und</strong> berichtete seiner Regierung über dessen Aktivitäten, <strong>und</strong> er bemühte sich immer,<br />

Nachrichten in eine protürkische Richtung zu verdrehen. Nach dem Krieg engagierte er sich<br />

führend für <strong>den</strong> Beitritt <strong>Deutschl<strong>an</strong>d</strong>s in <strong>den</strong> Völkerb<strong>und</strong>. 1933 verließ er <strong>Deutschl<strong>an</strong>d</strong> <strong>und</strong> ging<br />

nach New York, wo er Professor <strong>an</strong> <strong>der</strong> Columbia University wurde <strong>und</strong> ein Spitzendemokrat<br />

<strong>und</strong> Liberaler. Tatsächlich war er immer ein Liberaler gewesen. Also k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> meiner Meinung<br />

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