journal - PAAN Bundesverband - Patientenorganisationen, Allergie
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Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
Z e i t s c h r i f t für<br />
Allergiker,<br />
Patienten mit Atemwegs- und Lungenerkrankungen<br />
Neurodermitiker<br />
<strong>PAAN</strong><br />
Y<br />
J O U R N A L<br />
Insektengiftallergien<br />
Was tun, wenn die Biene nicht nur summt,<br />
sondern auch sticht?<br />
Nicht häufig, aber lebensgefährlich<br />
Der allergische Schock<br />
Für die schönste Zeit des Jahres<br />
Allergiker im Urlaub - kein Urlaub von der <strong>Allergie</strong><br />
Ein heißes Thema<br />
Sonnen- oder Fotoallergie<br />
Therapie mit Anspruch und Qualität<br />
Asthma in den Griff bekommen - neue Leitlinie<br />
sagt wie!<br />
Rhinitistherapie nach Schweregraden<br />
Heuschnupfen - Wegbereiter für Asthma<br />
Vocal Cord Dysfunction<br />
Chronologie einer Erkrankung<br />
Experten tagten in München<br />
Welt <strong>PAAN</strong> <strong>Allergie</strong> JOURNAL Kongress 2005<br />
Gemeinschaftsaktion von <strong>PAAN</strong> und EFA<br />
„Patient Voice Allergy Survay“<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
1
Inhalt<br />
A U S D E M I N H A L T<br />
5<br />
Insektengiftallergien<br />
Was tun, wenn die Biene nicht nur summt,<br />
sondern auch sticht?<br />
7<br />
Nicht häufig, aber lebensgefährlich<br />
Der allergische Schock<br />
9<br />
Für die schönste Zeit des Jahres<br />
Allergiker im Urlaub - kein Urlaub von der<br />
<strong>Allergie</strong><br />
12<br />
Ein heißes Thema<br />
Sonnen- oder Fotoallergie<br />
16<br />
Experten tagten in München<br />
Welt <strong>Allergie</strong> Kongress 2005<br />
17<br />
Therapie mit Anspruch und Qualität<br />
Asthma in den Griff bekommen - neue Leitlinie<br />
sagt wie!<br />
19<br />
Rhinitistherapie nach Schweregraden<br />
Heuschnupfen - Wegbereiter für Asthma<br />
23<br />
25<br />
Allergische Rhinitis<br />
<strong>PAAN</strong> und EFA führten gemeinsame Erhebung<br />
durch<br />
Vocal Cord Dysfunction<br />
Chronologie einer Erkrankung<br />
2<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
E d i t o r i a l<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
wir wissen es alle: <strong>Allergie</strong>n nehmen zu und zwar mit steigender Tendenz.<br />
Eine Aussage, die am Anfang fast aller Artikel und Publikationen<br />
zu diesem Thema steht. Dass z.B. die allergische Rhinitis bzw.<br />
<strong>Allergie</strong>n auch zunehmend weniger mit einer „Saison“ zu tun haben,<br />
hat jetzt eine groß angelegte Umfrage der European Federation of<br />
Allergy and Airways Diseases Patients Association (EFA) gezeigt.<br />
Und dies gilt für ganz Europa! Die in 11 europäischen Ländern -<br />
Deutschland war durch <strong>PAAN</strong> vertreten - durchgeführte Erhebung<br />
hat ergeben, dass über die Hälfte der befragten Betroffenen mehr als 6 Monate im<br />
Jahr unter ihren Beschwerden leiden. Ein großer Teil der Betroffenen berichtete<br />
sogar von Beschwerden über das gesamte Jahr. Da kann von „saisonaler allergischer<br />
Rhinitis keine Rede mehr sein. Die neue Rhinitisklassifikation trägt dem Rechnung<br />
und wir sprechen jetzt also von „intermittierender“ und „persitierender“ allergischer<br />
Rhinitis.<br />
Die Häufigkeit der <strong>Allergie</strong>n - sie hat mich nicht überrascht. Die Vielfalt der<br />
Symptomatik - sie hat mich nicht überrascht. Die Auswirkung von <strong>Allergie</strong>n auf den<br />
gesamten Tagesablauf in Beruf und Freizeit - sie hat mich ebenfalls nicht überrascht.<br />
Was mich wirklich überrascht hat - und das war europaweit ein einheitliches<br />
Ergebnis - ist die Tatsache, dass fast zwei Drittel der Patienten angeben, nicht<br />
medikamentöse Maßnahmen seien nicht sehr hilfreich bzw. hätten am Beschwerdebild<br />
nichts oder nur wenig verändert. Dabei belegen doch fast alle wissenschaftlichen<br />
Studien immer wieder: Allergenkarenz ist effektiv! Hausstaubmilbenbeseitigung<br />
ist effektiv! Encasings sind effektiv! Dass sich wissenschaftliche Studien nicht immer<br />
mit der Befindlichkeit und der subjektiven Auffassung der Patienten decken, ist<br />
nicht so erstaunlich. Was aber machen die Patienten falsch, wenn sie zu der Einschätzung<br />
kommen, dass Medikamente helfen und nicht medikamentöse Maßnahmen<br />
- für die sie auch noch viel Geld ausgeben - eben nicht? Muss man das so<br />
hinnehmen oder kann man daran etwas ändern?<br />
Wir würden dieses Thema gerne mit Ihnen, den Betroffenen, diskutieren. Und bei<br />
dieser Diskussion dürfen natürlich die Experten - Ärzte, Wissenschaftler usw. -<br />
nicht außen vor bleiben. Nützt die Prävention im häuslichen bzw. Wohnbereich gar<br />
nichts? Machen wir etwas falsch? Lassen Sie uns - und andere - wissen, wie Sie<br />
darüber denken...<br />
Verena B. Nau<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
3
Wissenschaftsnews<br />
Umweltschadstoffe<br />
verstärken<br />
allergene Potenz<br />
bei Pollen<br />
München – Umweltverschmutzung<br />
ist eine der möglichen Erklärungen<br />
für den gegenwärtigen<br />
Anstieg allergischer Erkrankungen.<br />
Insbesondere für das durch<br />
Pollen ausgelöste allergische Asthma<br />
oder die allergische Rhinitis<br />
gibt es noch eine weitere Erklärung,<br />
nämlich die Veränderung der<br />
Pollen durch Interaktion mit Umweltschadstoffen:<br />
Die Pollen werden<br />
potenter und damit „gefährlicher”.<br />
Professor Motta (Niederlande)<br />
und andere Kollegen haben zur<br />
Unterstützung dieser These Pollen<br />
gesammelt und sie sowohl mit<br />
NO2, O3 als auch SO2 kontaminiert.<br />
Daraufhin konnten Veränderungen<br />
im Allergengehalt der Pollen<br />
beobachtet werden. Im Elektronenmikroskop<br />
zeigten sich morphologische<br />
Veränderungen. Diese<br />
veränderten Pollen wurden Laborratten<br />
inhalativ verabreicht und<br />
die allergische Reaktion der Tiere<br />
gemessen.<br />
Die Untersuchung zeigte, dass<br />
durch die „Behandlung” der Pollen<br />
weder der Allergengehalt anstieg<br />
noch die allergische Reaktion<br />
durch die Polleninhalation verstärkt<br />
ausfiel. Innerhalb der „behandelten”<br />
Pollen selbst konnte<br />
elektronenmikroskopisch jedoch<br />
eine Perforierung der Zellen und<br />
auch eine erhöhte Anzahl von<br />
cytoplasmatischer Granula (PCG)<br />
festgestellt werden. Auch unter<br />
„natürlichen” Bedingungen (z.B.<br />
durch Wasserkontakt/Regen)<br />
konnte festgestellt werden, dass<br />
mit Schadstoffen belastete Pollen<br />
vermehrt PCG frei setzen. Die<br />
Untersucher schließen daraus,<br />
dass durch Umweltschadstoffe<br />
verunreinigte Pollen in ihrer Bioverfügbarkeit<br />
(Veränderung der<br />
Zellen) erhöht sind und dadurch<br />
noch potenter allergen wirken im<br />
Vergleich zu intakten Pollen.<br />
Verändert sich<br />
die Prävalenz<br />
von <strong>Allergie</strong>n im<br />
Alter?<br />
Bisher ist die Prävalenz von <strong>Allergie</strong>n<br />
in der älteren Bevölkerung<br />
nicht hinreichend untersucht worden.<br />
Um dies zu ändern, untersuchten<br />
Professor Bako aus Ungarn<br />
und Kollegen aus Österreich<br />
144 ältere Personen (49 Männer,<br />
95 Frauen) eines ungarischen Seniorenheims<br />
mit einem Durchschnittsalter<br />
von 71 Jahren. Die<br />
Studie schloss eine Anamnese bzw.<br />
ein Patienteninterview, einen Prick-<br />
Test sowie die Messung des spezifischen<br />
und Gesamt-IgE ein. Bei<br />
122 Personen lagen Begleiterkrankungen<br />
vor, bei 22 war eine <strong>Allergie</strong><br />
bekannt und 35 litten unter<br />
gastrointestinalen Beschwerden,<br />
die behandelt wurden. 35 Patienten<br />
waren Alkoholiker und 38 Raucher.<br />
Die Untersucher konnten keine<br />
Veränderung des spezifischen<br />
und Gesamt-IgE im Zusammenhang<br />
mit dem Alter feststellen.<br />
Erhöht war das Gesamt-IgE allerdings<br />
bei den männlichen Rauchern<br />
und Alkoholkranken. Ein erhöhtes<br />
spezfisches IgE auf Atemwegsallergene<br />
fand sich bei Rauchern und<br />
eine signifikante Steigerung des<br />
spezifischen IgE auf Nahrungsmittel<br />
bei den Alkoholabhängigen. Für<br />
eine Prävalenzsteigerung von Ragweed-Sensibilisierungen<br />
(Ragweed<br />
ist das häufigste Atemwegsallergen<br />
in Ungarn) zeigte sich kein<br />
Zusammenhang mit dem Alter.<br />
Generell aber ist in Ungarn die<br />
Prävalenz dieser Allergen-Sensibilisierungen<br />
insbesondere im Erwachsenenalter<br />
durch eine weite<br />
Verbreitung von Ragweed in den<br />
letzten 20 Jahren zu verzeichnen.<br />
Die deutlichsten Unterschiede hinsichtlich<br />
einer Nahrungsmittelallergie<br />
zeigten sich bei den mit<br />
Antacida (gegen Magengeschwüre)<br />
behandelten Patienten. Aus den<br />
Untersuchungsergebnissen wird<br />
geschlossen, dass <strong>Allergie</strong>n durch<br />
sozio-demografische Parameter<br />
stark beeinflusst werden. Die Veränderung<br />
der Lebensgewohnheiten<br />
und –umstände – das Auftreten<br />
neuer Atemwegsallergene und<br />
die Ulceratherapie mit eingeschlossen<br />
– sind entscheidende Faktoren<br />
für die Induktion der TH2-<br />
Immunantwort bei älteren Menschen.<br />
Werden Sie<br />
Mitglied von<br />
<strong>PAAN</strong>!<br />
Sind Sie Mitglied einer Selbsthilfegruppe<br />
(<strong>Allergie</strong>n und Atemwege)?<br />
Oder leiten Sie eine Selbsthilfegruppe<br />
zu dieser Indikation?<br />
Dann sollten Sie sich dem Dachverband<br />
<strong>Patientenorganisationen</strong><br />
<strong>Allergie</strong>n, Atemwegserkrankungen,<br />
Neurodermitis (<strong>PAAN</strong>) anschließen.<br />
Die Vorteile: Mitglieder<br />
von <strong>PAAN</strong> erhalten das Journal<br />
kostenfrei, sie profitieren von den<br />
Projekten und Aktionen des Dachverbandes,<br />
sie werden überregional<br />
informiert und und und...<br />
<br />
4<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Insektengiftallergien<br />
Was tun, wenn die Biene<br />
mal nicht nur summt,<br />
sondern auch noch sticht?<br />
Insektengift-<strong>Allergie</strong><br />
Neben der Freude am jährlich wiederkehrenden Aufblühen der Natur<br />
im Frühling werden sich Patient, Arzt und Apotheker jetzt auch<br />
wieder mit den ebenso zur Jahreszeit gehörenden Insektenstichen<br />
beschäftigen müssen. Dass sie nicht ungefährlich sind wissen alle.<br />
Bestandteile von Insekten enthalten zum Teil außerordentlich starke<br />
Allergene und das klinische Bild kann von leichten allergischen<br />
Reaktion bis zu einem anaphylaktischen (allergischen) Schock reichen.<br />
Verantwortlich für die Symptomatik,<br />
für die nach wie vor immer<br />
wieder von Todesfällen berichtet<br />
wird, ist das Gift, das mit dem Stich<br />
von Biene oder Wespe unter die<br />
Haut gespritzt wird. Eine akute<br />
Entzündung, bei der Histamin freigesetzt<br />
wird, ist die Folge davon<br />
und nicht immer bleibt die Reaktion<br />
auf die Einstichstelle beschränkt.<br />
Dabei ist von Bedeutung,<br />
dass die Hymenopterenallergie<br />
(Hautflüglerallergie) nicht nur in<br />
Verbindung mit Atopikern, also<br />
Allergikern mit dem dazugehörigen<br />
,,genetischen Korsett“, zu sehen<br />
ist. Auch Nicht-Atopiker haben offensichtlich<br />
das gleiche Risiko für<br />
derartige Reaktionen. Bei wiederholten<br />
Stichen können auch sie<br />
eine Sensibilisierung entwickeln.<br />
Zu lebensbedrohlichen Zuständen<br />
kommt es allerdings bei letzteren<br />
nur sehr selten bei einer Lokalisation<br />
in den oberen Atemwegen und<br />
wiederholten Stichen.<br />
Wie reagiert der<br />
menschliche Organismus<br />
auf Stiche?<br />
Als Antwort des Organismus auf<br />
Gift kann eine allergische und in<br />
selteneren Fällen eine pharmakologisch/toxische<br />
(giftige) Reaktion<br />
erfolgen. Im erstgenannten Fall<br />
spielt die Menge des Giftes keine<br />
Rolle, wohl aber bei der toxischen<br />
Reaktion. Bei Mehrfachstichen<br />
kann somit die Giftmenge auch für<br />
Menschen gefährlich werden, die<br />
keine erbliche (genetische) Vorbelastung<br />
aufweisen.<br />
Nach einem ersten Kontakt mit<br />
dem Allergen, in unserem Fall mit<br />
den unterschiedlichen Substanzen<br />
des Insektengiftes, werden spezifische<br />
IgE-Antikörper gebildet. Bei<br />
wiederholten Stichen kommt es zu<br />
einer Hyperreaktivität, die bereits<br />
kurze Zeit nach Einstich eintritt.<br />
Mediatoren (Übermittlerstoffe)<br />
wie Histamin werden freigesetzt<br />
und die allergische Reaktion nimmt<br />
ihren Lauf.<br />
Beschwerden setzen<br />
schon schnell nach dem<br />
Ereignis ein<br />
Ein einziger Stich kann zu schweren<br />
Allgemeinsymptomen wie<br />
Übelkeit, Erbrechen, Koliken,<br />
Atemnot, Quaddeln auf der Haut<br />
und Kollaps führen. Diese Symptome<br />
entstehen bald nach dem<br />
Stich und häufig noch vor der Entwicklung<br />
einer lokalen Reaktion.<br />
Diese zeichnet sich durch Brennen,<br />
Juckreiz, Rötung und Schwellung<br />
an der Einstichstelle aus.<br />
Komplizierend können aber auch<br />
noch unterschiedlich schwere Infektionen<br />
hinzukommen.<br />
Die juckenden Quaddeln, also die<br />
Urtikaria, sind eine Folge der Wirkung<br />
der Mediatorsubstanzen wie<br />
Gefäßerweiterung und Permeabilitätssteigerung<br />
(Steigerung der<br />
Durchlässigkeit). Auch das angioneurotische<br />
Ödem (das sogenannte<br />
Quincke-Ödem) ist eine allergische<br />
Reaktion vom Typ I, dem Soforttyp.<br />
Dieses Erscheinungsbild<br />
zeigt sich als teigige Schwellung<br />
der Haut beziehungsweise der<br />
Schleimhaut.<br />
Ein Quincke-Ödem an Zunge oder<br />
Schlund kann verständlicherweise<br />
leicht zu Atemnot- oder gar Erstikkungsanfällen<br />
führen.<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
5
Insektengift-<strong>Allergie</strong><br />
Im Ernstfall kann es zu einem allergischen<br />
oder auch anaphylaktischen)<br />
Schock kommen. Dabei<br />
geht Flüssigkeit in das angrenzende<br />
Gewebe über. Bereits wenige<br />
Sekunden bis Minuten nach dem<br />
Einstich sind die charakteristischen<br />
Symptome des Schocks (s.u.) zu<br />
beobachten. Hier muss sofort therapeutisch<br />
eingegriffen werden!<br />
Symptome für einen<br />
allergischen Schock<br />
Rhythmusstörungen<br />
Blutdruckabfall<br />
Blässe<br />
Juckreiz<br />
Übelkeit<br />
Erbrechen<br />
Angst- und<br />
Schwächegefühl<br />
neurologische<br />
Veränderungen<br />
Benommenheit und<br />
Bewusstlosigkeit<br />
Besteht der Verdacht auf eine Insektengiftallergie,<br />
sollte die Diagnose<br />
möglichst rasch, d.h. einige<br />
Wochen nach dem Ereignis, erfolgen.<br />
Pricktest und RAST sind die<br />
geeigneten Testmethoden. Im Falle<br />
einer Negativreaktion kann auch<br />
noch ein Intrakutantest durchgeführt<br />
werden, der - wie die beiden<br />
anderen Tests - die individuelle<br />
Provokationsschwelle ermitteln<br />
soll. Liegen eine systemische (im<br />
gesamten Organismus auftretende)<br />
anaphylaktische Reaktion, ein<br />
positiver Hauttest und der Nachweis<br />
spezifischer Antikörper im<br />
Blut vor, ist dies als Indikation für<br />
eine Hyposensibilisierung zu werten.<br />
Bei der Bienengiftallergie gibt es<br />
eine natürliche und therapeutische<br />
Hyposensibilisierung. Es wurde<br />
wiederholt festgestellt, dass nach<br />
einer allergischen Schockreaktion<br />
weitere Bienenstiche zu immer<br />
schwächer werdenden Symptomen<br />
führen. Daneben ist aber auch<br />
ein spontanes Verschwinden der<br />
Insektengiftallergie häufig, man<br />
geht hier von etwa 30 bis 40 Prozent<br />
aus.<br />
Bei der therapeutischen Hyposensibilisierung<br />
(spezifischen Immuntherapie)<br />
wird ein Phänomen beobachtet,<br />
das dem der natürlichen<br />
durchaus gleicht: Die giftspezifischen<br />
IgG-Antikörper, die ebenfalls<br />
nach einem Insektenstich gebildet<br />
werden, steigen an und die<br />
allergischen IgE-Antikörper bleiben<br />
gleich. Wird eine Hyposensibilisierung<br />
in ihrer Durchführung<br />
unterbrochen, können die Schutzantikörper<br />
bis zum Ausgangswert<br />
absinken und bereits erworbene<br />
Schutz geht verloren. Nach erneuter<br />
Immunisierung (erneute Hyposensibilisierung)<br />
wird wieder mit<br />
dem Anstieg der spezifischen IgG-<br />
Antikörper der vorherige Schutz<br />
erreicht.<br />
Tipps für<br />
Insektengiftallergiker:<br />
Rasche Bewegungen in der<br />
Nähe von Bienen und Wespen<br />
vermeiden<br />
Sich nicht in der Nähe von<br />
blühenden Blumen, überreifem<br />
Fallobst, Abfalltonnen, Tierfutterstellen<br />
aufhalten. In alten Baumstümpfen<br />
und morschen Ästen befinden<br />
sich Wespennester, Vorsicht<br />
bei der Gartenarbeit<br />
möglichst viel Haut bedeckt<br />
halten<br />
Meiden Sie parfümierte Hautpflegemittel<br />
und Sprays und kleiden<br />
Sie sich möglichst nicht mit<br />
schwarzen und blumig gemusterten<br />
Farben, sondern weiß, grün,<br />
hellbraun<br />
Keine Süßigkeiten und/oder<br />
Fleischreste im Freien liegen lassen<br />
Vermeiden Sie barfuß gehen<br />
und schwitzen im Freien, es zieht<br />
Insekten an<br />
Was tun bei erneutem<br />
Insektenstich?<br />
Bei erneutem Stich in Arm oder<br />
Bein sofort Staubinde oder ähnliches<br />
(z.B. Gürtel) oberhalb der<br />
Einstichstelle anlegen und mittelkräftig<br />
anziehen bis zur unverzüglichen<br />
Vorstellung beim nächsten<br />
Arzt<br />
Bei Bienenstich darf die Giftblase<br />
auf keinen Fall zerdrückt<br />
werden. Der Stachel soll mit der<br />
Pinzette vorsichtig herausgezogen<br />
werden<br />
Flach hinlegen mit leicht erhöhtem<br />
Kopf, bei Kollapsneigung Beine<br />
hoch lagern.<br />
Sofort, jedoch spätestens bei<br />
Beginn von Heiserkeit, Atemnot,<br />
Schwächegefühl und Schweißausbruch,<br />
Schluckbeschwerden bis<br />
zur Ankunft des herbeigerufenen<br />
Arztes: ein Antihistaminikum einnehmen<br />
einAdrenalin-Präparat (Dosieraerosol)<br />
inhalieren oder eine Adrenalin-Fertigspritze<br />
einsetzen<br />
stets den nächsten Arzt verständigen<br />
und sich auch bei gutem Erfolg<br />
der Notfallbehandlung für 24<br />
Stunden im nächsten Krankenhaus<br />
überwachen lassen.<br />
6<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Nicht häufig, aber dafür lebensgefährlich<br />
Der allergische<br />
Schock<br />
Allergischer Schock<br />
Der allergische Schock – in der<br />
Fachsprache anaphylaktische<br />
Reaktion oder anaphylaktischer<br />
Schock genannt – stellt zwar eine<br />
insgesamt eher seltene, aber<br />
potenziell akut lebensbedrohliche<br />
Situation dar. Insektengifte,<br />
Penicillin und andere Antibiotika,<br />
Rheumamittel, Narkotika,<br />
Kontrastmittel und Nahrungsmittel<br />
sind die häufigsten Auslöser.<br />
Auch wenn es in den meisten<br />
Fällen zu einer „Spontanheilung”,<br />
kommt, d.h. der Schockzustand<br />
„von selbst wieder verschwindet”,<br />
ist ein Verlauf mit<br />
Herz-Kreislaufstillstand oder Tod<br />
aber durchaus keine Rarität. Ihr<br />
Arzt – und insbesondere Ihr Allergologe<br />
– kennt sich damit<br />
aus und ist mit den Notfallmaßnahmen<br />
vertraut, so dass Ihnen<br />
in der Praxis jederzeit geholfen<br />
werden kann. Dazu dient dem<br />
Arzt die Einteilung in Schweregrade<br />
oder Stadien mit den typischen<br />
Symptomen, anhand derer<br />
er sofort erkennen kann, wie<br />
gefährlich der Zustand tatsächlich<br />
für Sie ist.<br />
Stadieneinteilung<br />
Die Unterteilung der anaphylaktischen<br />
Reaktion erfolgt in 4 Stadien,<br />
wobei auch berücksichtigt wurde,<br />
wo die allergische Reaktion<br />
auftritt (Haut, Atemwege, Magen-<br />
Darm-Trakt usw.). Die Einteilung<br />
dient der raschen Einschätzung der<br />
Gefährdung des Patienten und der<br />
Wahl einer adäquaten Therapie.<br />
Manchmal und bei schlimmen<br />
Verläufen des anaphylaktischen<br />
Schocks kann es zu einem Kreislaufstillstand<br />
auch dann kommen,<br />
wenn zuvor keine Reaktionen an<br />
Haut oder den Atemwegen beobachtet<br />
wurden!<br />
Therapie<br />
Allgemeine Maßnahmen<br />
Sofern möglich, muss die weitere<br />
Allergenzufuhr natürlich sofort<br />
gestoppt werden. Bei der Schockreaktion<br />
auf Insektenstiche kann<br />
der Arzt die Einstichstelle mit Adrenalin<br />
umspritzen. Wichtig ist,<br />
dass er möglichst bereits im Stadium<br />
I einen intravenösen Zugang<br />
legt, da dies später durch Kreislaufprobleme<br />
und Blutdruckabfall<br />
erschwert sein kann. Der Patient<br />
sollte möglichst flach gelagert sein.<br />
Auch die Gabe von Sauerstoff gehört<br />
zu den Erstmaßnahmen. Bei<br />
bedrohlicher Entwicklung reicht<br />
die Sauerstoff-Zufuhr über eine<br />
Sonde nicht mehr aus; bei schwerem<br />
Laryngo-/Bronchospasmus<br />
(Verkrampfung der Bronchien<br />
bzw. Luftröhre) mit lebensbedrohlicher<br />
Hypoxie (zu geringe Sauerstoffsättigung<br />
im Blut) bzw. bei<br />
Notwendigkeit zur kardiopulmonalen<br />
Reanimation ist eine Intubation<br />
anzustreben. Blutdruck- und Pulskontrollen<br />
sind selbstverständlich.,<br />
EKG-Beobachtung und Pulsoxymetrie<br />
nach Möglichkeit einzusetzen.<br />
Medikamentöse<br />
Maßnahmen:<br />
Adrenalin<br />
Adrenalin ist rasch bioverfügbar,<br />
d.h., es steht im Körper sofort<br />
Tabelle 1: Stadieneinteilung des anaphylaktischen Schocks<br />
0 lokale Hautreaktion<br />
I<br />
II<br />
III<br />
IV<br />
Flush, Urtikaria, Rhinokonjunktivitis, Cephalea, Unruhe<br />
Larynxödem; Tachykardie, Hypotension; leichte Dyspnoe;<br />
Stuhl- und Harndrang, Nausea<br />
schwere Dyspnoe +/- Hypotension, Blässe; Bronchospasmus;<br />
Bewußtseinstrübung; Stuhl- und Harnabgang<br />
Herz-Kreislaufstillstand<br />
wirksam zur Verfügung und kann<br />
sehr breit verabreicht werden: intravenös,<br />
intramuskulär, subcutan,<br />
unter der Zunge (sublingual), endobronchial<br />
(direkt in die Bronchien<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
7
Allergischer Schock<br />
nach Intubation) oder als Aerosol.<br />
Bei vorherrschendem Bronchospasmus<br />
(Verkrampfung der Bronchialmuskulatur)<br />
ist nur der bronchialerweiternde<br />
(betamimetische)<br />
Effekt erwünscht. Beides kann<br />
durch inhalative Gabe oder sublinguale<br />
(unter die Zunge) Injektion<br />
rasch, einfach und wirksam erfolgen.<br />
Für die Selbstmedikation des Patienten<br />
z.B. bei Insektengiftallergikern<br />
stehen auch Fertigspritzen zur<br />
intramuskulären. Injektion zur Verfügung.<br />
Betamimetika<br />
Beta 2<br />
-Mimetika bewirken eine<br />
Bronchialerweiterung (Bronchodilatation),<br />
können aber, wenn auch<br />
sehr selten, zu einer unerwünschten<br />
Tachykardie (Herzrhythmusstörungen<br />
mit zu schnellem Herzschlag)<br />
führen. Terbutalin, Fenoterol,<br />
Salbutamol, Formoterol und<br />
alle schnell wirksamen Beta 2<br />
-Mimetika<br />
können daher als Dosieraerosole<br />
bei bestehendem Bronchospasmus<br />
alternativ zu Adrenalin<br />
eingesetzt werden. Dosislimitierend<br />
sind Tachykardie und Tremor<br />
(Zittern).<br />
Volumen<br />
Volumenverlust (Flüssigkeitsverlust)<br />
stellt aufgrund der bestehenden<br />
Gefäßerweiterung und der Gefäßdurchlässigkeit<br />
ein zentrales<br />
Ereignis im Rahmen der anaphylaktischen<br />
Reaktion dar. Dieser<br />
Flüssigkeitsverlust muss ergänzt<br />
werden; zu bevorzugen ist Ringer-<br />
Lactat gegenüber physiologischer<br />
NaCl-Lösung, aber auch mittelmolekulare<br />
Hydroxyäthylstärke<br />
(HES).<br />
Kortikosteroide<br />
Kortikosteroide haben dosisabhängig<br />
unterschiedliche Wirkungen.<br />
Die Indikation für den Einsatz von<br />
Kortikosteroiden ergibt sich wie<br />
folgt: Im Stadium I und in niedriger<br />
Dosierung ist der Sinn ein in<br />
erster Linie prophylaktischer, um<br />
das Fortschreiten (Verschlechterung)<br />
der Reaktion oder Wiederauftreten<br />
(Rezidiv) nach erfolgter<br />
Stabilisierung zu verhindern. Eventuell<br />
erfolgt eine wiederholte Gabe<br />
alle 8 Stunden. Im Stadium II und<br />
III sind Kortikosteroide zur Mitbehandlung<br />
der Bronchokonstruktion<br />
geeignet, da sie eine Verstärkung<br />
der Bronchialerweiterung<br />
durch Beta 2<br />
-Mimetika sowie eine<br />
Hemmung des bronchialen Ödems<br />
und der Mucosekretion bewirken.<br />
Für die Behandlung kardiovaskulärer<br />
Komplikationen sind Kortikosteroide<br />
hingegen nicht ausreichend.<br />
Antihistaminika<br />
Das Einsatzgebiet der Antihistaminika<br />
ist im wesentlichen auf<br />
Reaktionen der Haut beschränkt.<br />
Bei bronchialen und kardiovaskulären<br />
Symptomen sind sie zumindest<br />
als alleinige Therapie nicht<br />
ausreichend.<br />
Zusammenfassung<br />
Der anaphylaktische Schock läuft<br />
häufig in typischer Stadienentwicklung<br />
ab. Die Grundpfeiler der<br />
Therapie sind Adrenalin, Volumengabe<br />
und Antihistaminika sowie<br />
Kortikosteroide.<br />
Bessere Versorgung<br />
für Kinder mit<br />
Asthma: Einmaliger<br />
Versorgungsvertrag<br />
abgeschlossen<br />
München. Kinder und Jugendliche<br />
mit Asthma bronchiale sollen künftig<br />
in Südbayern besser versorgt<br />
werden. Die DAK bietet zuammen<br />
mit dem PaedNetz Bayern,<br />
dem Asthmazentrum Berchtesgaden<br />
und der Klinik Santa-Maria in<br />
Oberjoch ein neues Behandlungsprogramm<br />
an. Die 2- bis 18jährigen<br />
Patienten werden nach individuellen<br />
Erfordernissen diagnostisch<br />
und therapeutisch versorgt.<br />
Konkret bedeutet dies eine Verbesserung<br />
der Behandlungs- und<br />
Lebensqualität. Stationäre Therapie<br />
und die ambulante Nachsorge<br />
stehen dabei im Mittelpunkt. Weniger<br />
Krankenhausaufenthalte<br />
werden angestrebt, um Ausfälle in<br />
Schule und Ausbildung zu minimieren.<br />
Es handelt sich um die bundesweit<br />
erste Vereinbarung zur Versorgung<br />
von Kindern und Jugendlichen mit<br />
Asthma bronchiale. Ambulante<br />
Asthmaschulung, spezieller Sport<br />
oder psychosoziale Betreuung sind<br />
neben den medizinischen Leistungen<br />
nur einige Angebote aus dem<br />
neuen Behandlungsprogramm. Die<br />
Teilnahme an dem Versorgungsprojekt<br />
ist freiwillig. Eltern erklären<br />
für ihre Kinder schriftlich die<br />
Zustimmung zu der vorgesehenen<br />
Behandlung und den damit verbundenen<br />
Leistungen. Interessierte<br />
Versicherte der DAK sollten sich<br />
bei ihrem behandelnden Arzt oder<br />
in einer DAK-Geschäftsstelle informieren.<br />
Quelle: Pressekonferenz anlässlich<br />
des WAC, München, 29. Juni 2005<br />
<br />
8<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Die richtige Wahl des<br />
Reiseziels<br />
Leiden Sie unter einer Pollenallergie<br />
bzw. einer allergischen<br />
Rhinitis (Heuschnupfen)? Dann<br />
finden Sie Ihr „ideales Reiseland“<br />
heraus, indem Sie prüfen, in welchem<br />
Land welche und wieviele<br />
Pollen fliegen: In Nordeuropa blühen<br />
Gräser, Bäume und Getreide<br />
generell später als in Mitteleuropa,<br />
Birkenpollen dagegen treten in<br />
Skandinavien oft in hohen Konzentrationen<br />
auf. In Südwesteuropa,<br />
im südlichen Mittelmeerraum und<br />
auf den Kanarischen Inseln sind<br />
Birkenpollen dagegen kaum nachweisbar.<br />
Und wer in Deutschland<br />
Urlaub machen möchte: Bei uns<br />
existiert eine jahreszeitliche Blühverzögerung<br />
von Südwesten nach<br />
Nordosten. Bleibt aber die Frage,<br />
wo Sie die Informationen über<br />
„Ihr“ Reiseland und den Pollenflug<br />
bekommen? Hier hilft Ihnen ein internationaler<br />
Pollenflugkalender,<br />
der in Zusammenarbeit von den<br />
Wetterämtern mit der Stiftung<br />
Deutscher Polleninformationsdienst<br />
erstellt wurde. Ein aktueller<br />
Für die schönste Zeit des Jahres<br />
Allergiker im Urlaub –<br />
kein Urlaub von der<br />
<strong>Allergie</strong><br />
Er steht unmittelbar bevor – der wohl verdiente Urlaub. Und selbstverständlich<br />
fahren auch Allergiker in Urlaub. Allerdings sieht für<br />
sie die Vorbereitung für die schönste Zeit des Jahres anders aus als<br />
für alle anderen. Denn auch wenn die Alltagssorgen zu Hause bleiben,<br />
die <strong>Allergie</strong> verfolgt die Betroffenen bis in das abgeschiedenste<br />
Urlaubs-Paradies. Ein gelungener Urlaub hängt für Allergiker<br />
besonders davon ab, ob sie sich auch in dieser Zeit „allergiegerecht”<br />
verhalten und ob sie mögliche „Gefahren” schon im Vorfeld ausräumen<br />
können. Dr. Oliver Pfaar und Prof. Ludger Klimek vom Zentrum<br />
für Allergologie in Wiesbaden geben die entscheidenden Tipps:<br />
Pollenflugkalender kann im Internet<br />
aufgerufen werden (www.-<br />
polleninfo.org oder www.wetteronline.de).<br />
Plagt Sie die Pollenallergie extrem<br />
stark im Juli? Dann sind Sie auf<br />
der sicheren Seite, wenn Sie ins<br />
Hochgebirge fahren, wissen die<br />
Experten Pfaar und Klimek zu<br />
berichten. Dort kann man ab Anfang<br />
Juli oberhalb von 2000 m mit<br />
Pollenfreiheit rechnen. Außerdem<br />
spielt in dieser Höhe im ganzen<br />
Jahr eine <strong>Allergie</strong> auf Hausstaubmilben<br />
praktisch keine Rolle mehr,<br />
da die Spinnentiere in dieser Höhe<br />
kaum überlebensfähig sind. Wenn<br />
Sie neben der allergischen Rhinitis<br />
auch noch unter Asthma leiden,<br />
werden Sie sich im trockenen und<br />
milden Schonklima der Mittelmeerregion<br />
oder der Nordseeküste<br />
wohl fühlen. Island kann als Reiseziel<br />
besonders empfohlen werden,<br />
da es dort kaum Bäume bzw.<br />
Baumpollen gibt, die Gräserblüte<br />
nur kurz ist und die Luftverschmutzung<br />
gering ist.<br />
Wichtig vor dem Urlaub:<br />
Nochmal zum Arzt!<br />
Ganz wichtig vor Urlaubsantritt:<br />
Suchen Sie Ihren Allergologen auf<br />
und lassen Sie einen Gesundheitscheck<br />
durchführen. Ihr Arzt<br />
stellt Ihnen einen internationalen<br />
<strong>Allergie</strong>pass aus, „bestückt“ Ihre<br />
Reiseapotheke mit den richtigen<br />
Medikamenten und in ausreichender<br />
Menge. Fragen Sie für eventuelle<br />
Notfälle auch nach, unter<br />
welchen Bezeichnungen „Ihre“<br />
Medikamente in Ihrem „Wunsch-<br />
Urlaubsland“ zu haben sind.<br />
Ein Muss vor jedem Urlaub: Lassen<br />
Sie sich alle erforderlichen<br />
Medikamente ausreichend verschreiben.<br />
Die Urlaubs-Anreise<br />
In Polstern von Bahn- und Flugzeugsitzen<br />
sammeln sich oft Hausstaubmilben<br />
oder Tierhaare. Sie<br />
können einer allergischen Reaktion<br />
vorbeugen, indem Sie prophylaktisch<br />
antiallergische Bedarfsmedikamente<br />
(z.B. ein Antihistaminikum)<br />
einnehmen. Stress kann allergische<br />
Beschwerden auslösen<br />
oder verstärken: Sind die Anschlüs-<br />
Allergiker im Urlaub<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
9
<strong>Allergie</strong>n und Urlaub<br />
se bei Bahn und Flugzeug zeitlich<br />
knapp bemessen und müssen Sie<br />
deshalb schnell laufen oder gar<br />
rennen? Wenn Sie Asthmatiker<br />
sind, kann dies bereits einen Anfall<br />
auslösen. Deshalb sollte für die<br />
Fahrt genug Zeit eingeplant werden<br />
und das entsprechende Medikament<br />
(z.B. ein bronchialerweiterndes<br />
Asthmaspray) immer zur<br />
Hand sein.<br />
Wenn Sie sich für die Fahrt mit<br />
dem Auto entschließen, halten Sie<br />
Fenster und Türen möglichst geschlossen,<br />
den Einbau von Pollenfiltern<br />
in die Innenraumluft-Zufuhr<br />
empfehlen die beidenWiesbadener<br />
Hals-Nasen-Ohren-Ärzte.<br />
Wahl des richtigen Hotels<br />
Auch wenn Sie – gerade im Urlaub<br />
– nicht die meiste Zeit im Bett<br />
verbringen, hängt der erholsame<br />
Aufenthalt im Hotel entscheidend<br />
vom richtigen Zimmer und Bett ab.<br />
Einige Hotels bieten Spezialzimmer<br />
für Allergiker an. Eine Liste mit den<br />
entsprechenden Hotels im In- und<br />
Ausland kann vom Dachverband<br />
<strong>Allergie</strong>n, Atemwegs- und Lungenerkrankungen,<br />
Neurodermitis<br />
(<strong>PAAN</strong>) angefordert werden.<br />
Wie sollte „Ihr“ Urlaubszimmer<br />
aussehen? Es sollte Parkettböden<br />
oder leicht zu reinigende Teppiche<br />
haben, möglichst glatte Wände<br />
ohne Strukturtapete, leichte Vorhänge,<br />
keine schweren Übergardinen,<br />
keine Staub sammelnden<br />
offenen Regale und keine Rosshaarmatratzen.<br />
Für Hausstaubmilben-<br />
und Schimmelpilz-Allergiker<br />
ist es besonders wichtig, dass das<br />
Zimmer und die Nasszellen gut<br />
belüftbar sind, betont Pfaar.<br />
Bringen Sie vor Urlaubsantritt in<br />
Erfahrung, ob Nichtraucherzimmer<br />
gemietet werden können und ob im<br />
Hotel auch Haustiere zulässig sind.<br />
Darüber hinaus ist eine Klimaanlage<br />
mit Pollenfiltern wünschenswert.<br />
Bereits bei der Buchung sollten Sie<br />
daran denken, ein rauchfreies<br />
Zimmer zu reservieren<br />
Erkundigen Sie sich auch – falls<br />
Sie gegen bestimmte Nahrungsmittel<br />
allergisch reagieren – ob das<br />
Hotel auf Ihre besonderen Ernährungsbedürfnisse<br />
eingehen kann<br />
und entsprechende Speisen angeboten<br />
werden.<br />
Tipps für den<br />
Urlaubsalltag<br />
In der jeweiligen Urlaubsregion<br />
können durchaus tageszeitliche<br />
Belastungsspitzen im Pollenaufkommen<br />
(Pollenexposition) vorkommen!<br />
Der optimale Zeitpunkt<br />
zum Lüften der Zimmer ist von 0<br />
bis 4 Uhr morgens, da zu dieser<br />
Zeit der Pollenflug am geringsten<br />
ist. Nach einem langen Urlaubstag<br />
im Freien sollten Sie duschen,<br />
die Haare waschen und die Kleidung<br />
– falls vorhanden – auf dem<br />
Balkon ablegen. Klimek weist darauf<br />
hin, dass Pollenfilter in Klimaanlagen<br />
bei ausreichender Kapazität<br />
der Anlage sehr wirkungsvoll<br />
sein können.<br />
Bienen- und Wespengift<br />
Im Urlaub halten Sie sich vermehrt<br />
im Freien auf. Das ist schön für<br />
Sie, erhöht aber gleichzeitig auch<br />
die Möglichkeit, dass Sie von einer<br />
Wespe oder Biene gestochen<br />
werden und einen allergischen<br />
Schock bekommen. Das kann lebensgefährlich<br />
sein! Wie können<br />
Sie vorbeugen? Insekten sind für<br />
„Geruchsverlockungen” empfänglich<br />
und „fliegen” auf bestimmte<br />
Parfums, Deodoranzien, Rasierwässer<br />
etc. Verzichten Sie also<br />
nach Möglichkeit auf diese Duftstoffe<br />
und halten Sie sich von Abfallbehältern<br />
fern. Insekten abweisende<br />
Sprays oder Deodoranzien,<br />
die Sie in Drogerien und Apotheken<br />
kaufen können, entfalten eine<br />
gewisse Schutzwirkung. Wählen<br />
Sie Ihre Kleidung so aus, dass Sie<br />
von den Insekten nicht mit einer<br />
bunten sommerlichen Blumenwiese<br />
verwechselt werden. Laufen<br />
Sie auf Wiese und Rasen nicht<br />
barfuß und decken Sie beim Picknick<br />
Flaschen, Gläser, Getränkedosen<br />
und Speisen gut ab. Falls Sie<br />
zu den besonders gefährdeten<br />
Menschen gehören: Schützen Sie<br />
sich im Zimmer durch Insektengitter<br />
oder ein Moskitonetz über<br />
dem Bett.<br />
Und wenn es doch einmal passiert?<br />
Das kann niemand ausschließen,<br />
und deshalb sollten Sie als Bienen-<br />
Wespengift-Allergiker immer sein<br />
„Notfall-Besteck“ (Antihistaminika-Tabletten,<br />
Kortison-Tabletten,<br />
bronchialerweiterndes Spray zum<br />
inhalieren und Adrenalinspritze,<br />
auch Injektor genannt) zur Hand<br />
haben und vor allem auch wissen,<br />
wie es anzuwenden ist!<br />
Nahrungsmittel-<br />
Unverträglichkeit<br />
Sie kennen Ihre Nahrungsmittelallergie<br />
und werden natürlich gerade<br />
im Urlaub keine Experimen-<br />
10<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
te wagen. Oft können Sie aber auf<br />
fremdländischen Speisekarten<br />
nicht auf Anhieb erkennen, ob in<br />
einer Mahlzeit Milch, Eier oder<br />
Meeresfrüchte vorkommen. Bei -<br />
zumeist nicht deklarierten - Zutaten<br />
und Gewürzen wird vielfach<br />
mit so potenten Allergenen wie<br />
Knoblauch, Sellerie oder Krabbensauce<br />
gearbeitet, die in Deutschland<br />
nicht üblich sind. Ein solch<br />
„unsicheres” Reiseziel sollten Sie<br />
meiden oder sich aber selbst versorgen.<br />
Ein „Notfall-Set” sollte immer<br />
zur Hand sein!<br />
Hausstaubmilben<br />
Wenn Sie sich für eine Ferienwohnung<br />
entschieden haben, empfehlen<br />
die Wiesbadener Allergologen<br />
die gründliche Reinigung der Wohnung<br />
und der betreffenden Textilien.<br />
Mechanische Reinigungsverfahren<br />
(Staub saugen, Wischen,<br />
Ausklopfen, Kehren) bewirken<br />
eine Allergenreduktion durch Entfernung<br />
von Kotbestandteilen und<br />
toten Milbenkörpern. Auch hierzu<br />
haben die beiden Allergologen einen<br />
wichtigen Tipp: Nehmen Sie<br />
auch für Hotelbetten milbendichte<br />
Aktivitäten im Urlaub<br />
Asthmatikern kann der geringere<br />
Sauerstoffgehalt der extrem „dünnen<br />
Bergluft” mehr Beschwerden<br />
bereiten als die Luft ihrer gewohnten<br />
Umgebung. Salzwasser und<br />
Sonneneinstrahlung können allergische<br />
Hauterkrankungen wie Ekzeme<br />
verstärken. Deshalb: Als<br />
Sonnenallergiker sollten Sie starke<br />
Sonneneinstrahlung meiden.<br />
Sie sind Asthmatiker und interessieren<br />
sich für einen Tauchkurs?<br />
Dann müssen Sie wissen, dass der<br />
Tauchsport für Sie gefährlich und<br />
nur in Ausnahmefällen möglich ist.<br />
Das individuelle Risiko sollten Sie<br />
vor Urlaubsantritt mit einem ausgebildeten<br />
Tauchmediziner besprechen.<br />
Allergiker im Urlaub<br />
Ein Anblick der Appetit macht! Doch die Optik harmoniert<br />
manchmal nicht mit Ihren <strong>Allergie</strong>n. Wenn Sie im Restaurant<br />
essen, müssen Sie damit rechnen, dass der Koch den<br />
Fisch mit anderen Zutaten „verbessert“. Bei Nahrungsmittelallergien<br />
fast immer ein Problem...<br />
Wenn Sie nun<br />
die Tipps von<br />
Dr. Pfaar und<br />
Professor Klimek<br />
in Ihre<br />
Reisevorbereitungen<br />
einbeziehen,<br />
dann<br />
haben Sie Ihr<br />
möglichstes<br />
getan, damit<br />
auch Ihr Urlaub<br />
als Allergiker<br />
zu der<br />
schönsten Zeit<br />
des Jahres<br />
werden kann.<br />
Auch wenn Sie erst Stunden nach<br />
einer Mahlzeit Beschwerden wie<br />
Blähungen, Bauchschmerzen,<br />
Durchfall, Erbrechen und Verstopfung<br />
oder auch Atembeschwerden,<br />
Hautausschläge, Nesselfieber<br />
oder Schwellungen der Augenlider<br />
und der Lippen verspüren – denken<br />
Sie dringend an eine allergische<br />
Reaktion und nehmen die<br />
Notfallmedikamente ein.<br />
Bezüge (sogenannte Encasings)<br />
mit und beziehen Sie Decke, Kissen<br />
und Matratze vollständig. Im<br />
Bereich des „Ökosystems Bett”<br />
sind sie der wirksamste Mechanismus<br />
zur Reduktion der Milbenzahl!<br />
Wenn Sie regelmäßig lüften und<br />
das Zimmer bei niedriger Raumtemperatur<br />
halten, lässt sich die<br />
Milbenpopulation deutlich reduzieren.<br />
Autoren:<br />
Dr. Oliver Pfaar,<br />
Prof. Dr. Ludger Klimek<br />
Zentrum für Rhinologie und<br />
Allergologie<br />
An den Quellen 10<br />
65183 Wiesbaden<br />
Telefon 0611-37 37 61<br />
Fax 0611 – 308 23 60<br />
E-Mail: oliver.pfaar@hnowiesbaden.de<br />
<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
11
Sonnen-/Fotoallergie<br />
E i n h e i ß e s T h e m a:<br />
Sonnen- oder<br />
Fotoallergie<br />
Für einige Menschen hat die Sonne nicht die Bedeutung, die sie für<br />
den Großteil hat: Freude und Genuss. Dieser Anteil an der Bevölkerung,<br />
der Sonne als ,,<strong>Allergie</strong>auslöser“ erlebt, und sich deswegen<br />
nicht so ungetrübt freuen kann, liegt nach Untersuchungen zwischen<br />
10 bis 20 Prozent. Das ist kein geringer Anteil. Umso mehr<br />
müssen sich die Betroffenen auf Sonne und Urlaub vorbereiten. Im<br />
Sinne des Gebotes ,,an erster Stelle der Therapie steht immer die<br />
Allergenkarenz“ (Allergenvermeidung) hieße dies, dass Patienten<br />
mit bekannter Fotoallergie an Sonnentagen nicht aus dem Haus<br />
dürften. Das ist nicht möglich und im Urlaub auch extrem störend.<br />
Typisch für die polymorphe Lichtdermatose,<br />
wie die Sonnenallergie<br />
in der medizinischen Terminologie<br />
heißt, ist ein stark juckender Ausschlag.<br />
Er tritt besonders in den<br />
Bereichen auf, die nicht an die Sonne<br />
gewöhnt sind wie z.B. der Halsausschnitt,<br />
Schultern, Oberarme<br />
und Nacken. Vermehrter Aufent-<br />
Eigentlich ist es unverständlich,<br />
dass physikalische Reize - zu denen<br />
die Sonnenbestrahlung ebenso<br />
gehört wie Kälte, Hitze und mechanische<br />
Reizung, überhaupt in<br />
der Lage sind, eine <strong>Allergie</strong> auszulösen.<br />
Dazu bedarf es doch einer<br />
Reaktion zwischen Allergen<br />
(Antigen) und Antikörpern. Da<br />
physikalische Reize keine Antigene<br />
sind, sie aber allergieähnliche<br />
Reaktionen auslösen können, müssen<br />
wir davon ausgehen, dass es<br />
sich hierbei um keine echte allergische<br />
Reaktion handelt. Wir nennen<br />
sie daher ,,Pseudo-<strong>Allergie</strong>n“<br />
oder ,,physikalisch ausgelöste <strong>Allergie</strong>n“.<br />
Auch hier muss man, wie<br />
so häufig in der Medizin, sagen,<br />
dass der Mechanismus, der die<br />
Reaktion auslöst, noch nicht bekannt<br />
ist. Für uns ist momentan<br />
aber wichtig, dass auch bei der<br />
Photoallergie Botenstoffe, insbesondere<br />
Histamin, die krankmachende<br />
Reaktion erzeugen.<br />
Gesunde, nicht-allergische Menschen,<br />
bekommen bei Sonneneinwirkung<br />
eine braune Haut und im<br />
höchsten Fall, bei zu langer Sonnenbestrahlung,<br />
einen Sonnenbrand.<br />
Auch sie fühlen sich krank<br />
und können Fieber haben, aber diese<br />
Beschwerden vergehen schnell<br />
und beeinträchtigen nicht stark.<br />
Von einer Sonnenallergie aber<br />
spricht man, wenn diese gesunden<br />
Menschen, die die Sonne eigentlich<br />
immer gut vertragen haben,<br />
auf exakt die gleiche Sonnenbestrahlung<br />
mit Quaddeln, Juckreiz<br />
und Entzündungen reagieren.<br />
Bevorzugt tritt die Erkrankung bei<br />
jungen Frauen auf. Wie bei anderen<br />
allergischen Erkrankungen<br />
kann auch hier häufig eine familiäre<br />
Häufung beobachtet werden.<br />
Das deutet auf eine genetische<br />
Disposition, also auf die Vererbbarkeit<br />
der Erkrankung hin. Leiden<br />
Sie an einer Fotoallergie, dann<br />
fragen Sie in Ihrer Familie nach<br />
Heuschnupfen, Hausstaubmilben-<br />
<strong>Allergie</strong> oder Neurodermitis. Finden<br />
Sie diese Krankheitsbilder,<br />
dann gehören Sie und sicher auch<br />
Ihre Nachkommen zu den Atopikern.<br />
halt in der Sonne, wie er im Urlaub<br />
gegeben ist, oder im Frühling<br />
nach der langen dunklen Winterzeit,<br />
begünstigt die Entstehung der<br />
Erkrankung. Durch die Gewöh-<br />
12<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
nung an das Licht bzw. die Sonne<br />
tritt im Laufe des Sommers häufig<br />
eine Besserung ein.<br />
Neben der leichten Form mit Bläschenbildung,<br />
die besonders bei<br />
Kindern verbreitet ist, gibt es noch<br />
eine schwere Form der Fotoallergie<br />
mit großflächigen Hautreaktionen,<br />
großen Blasen und zurückbleibenden<br />
Narben nach der<br />
Abheilung. Auch allgemeine Reaktionen<br />
bis hin zum allergischen<br />
Schock sind schon vorgekommen.<br />
Die Symptome auf der Haut reichen<br />
von juckenden Knötchen,<br />
über kleine Bläschen bis hin zu<br />
stecknadelkopfgroßen Einblutungen<br />
(rote Knötchen). Mit dieser<br />
Symptomatik ähnelt die Fotoallergie<br />
auch anderen licht-provozierten<br />
Hauterkrankungen, wie der<br />
Mallorca-Akne, mit denen sie dann<br />
gerne in einen Topf geworfen wird.<br />
Eine besondere Form von Lichtreaktion<br />
nennt man Fotosensibilisierung.<br />
Es handelt sich dabei um<br />
eine Überempfindlichkeit gegen<br />
Licht. In Kombination mit bestimmten<br />
Substanzen, die im Blut<br />
nachgewiesen werden können,<br />
führt diese Überempfindlichkeit zu<br />
einer Sensibilisierung, die sich von<br />
der Photoallergie unterscheidet.<br />
Insbesondere Arzneimittel gehören<br />
zu den Substanzen, die dies<br />
bewirken. Antibiotika stehen an<br />
erster Stelle. Die Abbauprodukte<br />
dieser Präparate begünstigen und<br />
verstärken die Sonneneinstrahlung<br />
auf der Haut. Bereits nach ganz<br />
kurzer Sonnenbestrahlung können<br />
Sie dann Reaktionen beobachten,<br />
die in keinem Verhältnis mit der<br />
Sonnenbaddauer oder der Intensität<br />
stehen.<br />
Sie wissen alle: Im Licht sind UV-<br />
A- und UV-B-Strahlen. Der<br />
krankheitsauslösende Wellenlängenbereich<br />
liegt bei Fotoallergikern<br />
zum größten Teil im längerwelligen<br />
Ultraviolett A. Die Strahlung wirkt<br />
sogar häufig durch die Fensterscheibe.<br />
Man kann dies bei Autofahrern<br />
beobachten, deren Arm<br />
während der Fahrt bei geschlossenem<br />
Fenster auf der Fensterkante<br />
ruht. Sie weisen nach einer<br />
gewissen Zeit die typischen Symptome<br />
der Photoallergie auf.<br />
Im Unterschied zur Fotoallergie<br />
verspüren Patienten mit einer Fotosensibilisierung<br />
keine Wirkung<br />
durch geschlossene Fensterscheiben.<br />
Diese Menschen sowie Menschen,<br />
die allgemein unter einer<br />
Lichtempfindlichkeit leiden (z.B.<br />
Merkmal rote Haare, helle Haut),<br />
müssen bei UV-Strahlen in Verbindung<br />
mit den nachfolgend aufgeführten<br />
Substanzen mit negativen<br />
Wechselwirkungen rechnen:<br />
Parfum und Kosmetika<br />
Antibiotika bzw. Arzneimittel<br />
anderer Art<br />
ätherische Öle, Bergamot-Öl<br />
Süßstoffe in Diätgetränken<br />
optische Aufheller in<br />
Waschmitteln als<br />
Rückstände in der Kleidung<br />
Pflanzenbestandteile<br />
(Bärlauch, Petersilie)<br />
Wenn Sie wissen, dass Sie unter<br />
einer Sonnenallergie leiden und<br />
Ihren Urlaub nicht damit verbringen<br />
wollen, sich unter Decken im<br />
Hotelzimmer aufzuhalten, können<br />
Sie rechtzeitig vor Urlaubsantritt<br />
ein Antihistaminikum oder Kalzium<br />
einnehmen. So können Sie die<br />
Wirkung der Sonneneinstrahlung<br />
reduzieren und den unangenehmen<br />
Folgen entgehen. Zinksalbe mindert<br />
die Beschwerden und bringt<br />
Kühlung. Ganz schwere Fälle sind<br />
der ärztlichen Behandlung vorbehalten,<br />
die dann auch den Einsatz<br />
kortikoidhaltiger Substanzen (Salbe,<br />
Creme, Tablette) beinhalten<br />
kann. Im Sinne einer Karenz und<br />
als vernünftiger Mensch sollten Sie<br />
allerdings auch relativ luftige, aber<br />
geschlossene Kleidung tragen.<br />
Was tun, wenn man<br />
betroffen ist?<br />
Als Mensch mit einer Lichtempfindlichkeit<br />
sollten Sie sich im<br />
Frühjahr ganz langsam an die Sonne<br />
gewöhnen.<br />
Extreme Sonnenbäder sind natürlich<br />
unbedingt zu meiden.<br />
Lesen Sie sorgfältig die Beipackzettel<br />
Ihrer verordneten Medikamente<br />
durch. Sagen Sie Ihrem<br />
Arzt, dass Sie mit einer Sensibilisierung<br />
auf Arzneimittel reagieren,<br />
damit er bereits bei der Verordnung<br />
darauf eingehen kann.<br />
UV-Bestrahlungen in Sonnenstudios<br />
sind für Sie tabu.<br />
Verzichten Sie auf parfümierte<br />
Kosmetika und Parfüm auf der<br />
Haut.<br />
<br />
Sonnen- /Fotoallergie<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
13
Pharmakotherapie<br />
Effektive Behandlungsoption bei <strong>Allergie</strong>symptomen<br />
Patienten bevorzugen<br />
Levocetirizin<br />
München. In zwei umfangreichen<br />
Praxisstudien berichteten 9 von 10<br />
Studienpatienten mit Atemwegsoder<br />
Hautallergien, dass ihre Symptome<br />
nachließen oder sich besserten,<br />
wenn sie einmal täglich<br />
eine 5 mg Tablette des modernen<br />
Antihistaminikums Levocetirizin<br />
einnahmen.<br />
Zudem berichteten sie<br />
von weniger Sedierungs-<br />
und Müdigkeitserscheinungen.<br />
Als sie<br />
aufgefordert wurden,<br />
Levocetirizin mit ihrer<br />
bisherigen Therapie zu<br />
vergleichen, sagten 3<br />
von 4 Studienteilnehmern,<br />
dass sie diesem<br />
Antihistaminikum klar<br />
den Vorzug geben würden.<br />
91%<br />
Das sind die wichtigsten<br />
Ergebnisse von<br />
zwei großen Studien<br />
mit insgesamt 19.000<br />
allergischen Patienten,<br />
die auf dem diesjährigen<br />
World Allergy Congress<br />
vorgestellt wurden.<br />
Prof. Bertrand aus<br />
Belgien betonte, es sei<br />
wichtig zu zeigen, dass<br />
die Vorteile neuer Therapien,<br />
wie sie in klinischen Studien<br />
aufgezeigt werden, sich in größeren<br />
Patientenpopulationen wiederholen.<br />
Diese seien typischer für<br />
Patienten, die in der täglichen klinischen<br />
Praxis behandelt würden.<br />
Über eine der beiden Studien wird<br />
im folgenden berichtet: In einer<br />
deutschen Erhebung mit 17.638<br />
Patienten mit Atemwegs- oder<br />
Hautallergien berichteten 90 Prozent<br />
der Studienteilnehmer mit<br />
Nasenjucken, laufender Nase<br />
Symptomverbesserung durch<br />
Levocetirizin (Atemwege)<br />
82%<br />
88%<br />
Verstopfte Nase<br />
Asthmasymptome<br />
Augensymptome<br />
Symptomverbesserung durch<br />
Levocetirizin (Haut)<br />
87%<br />
89%<br />
90%<br />
Juckreiz<br />
Quaddeln<br />
oder Niesen, dass ihre Symptome<br />
sich unter einer einmal täglichen<br />
Dosis von 5 mg Levocetirizin besserten<br />
oder ganz nachließen. Ähnlich<br />
berichteten auch 88 Prozent<br />
der Patienten mit nasaler Obstruktion<br />
(verstopfte Nase), 82 Prozent<br />
Hautrötung<br />
Sowohl für die Atemwegssymptome als auch für die der<br />
Haut bewerteten die Patienten die Therapie mit Levoceitirizin<br />
als „heilend“ oder „verbessernd“<br />
mit asthmatischen Symptomen und<br />
91 Prozent mit okularen Symptomen<br />
(Augenbeschwerden) von<br />
Verbesserungen oder Nachlassen<br />
der Symptome. Von den Patienten<br />
mit Hautallergien berichteten 90<br />
Prozent bei Juckreiz, 89 Prozent<br />
bei Quaddeln und 87<br />
Prozent bei Hautrötungen<br />
von einer Besserung<br />
der Symptome.<br />
Die Datenanalyse von<br />
Patienten, die vorher<br />
andere Medikamente<br />
eingenommen hatten,<br />
zeigte, dass von 11.274<br />
Patienten 75 Prozent<br />
mit Atemwegsallergien<br />
und 71 Prozent mit<br />
Hautallergien Levocetirizin<br />
besser oder viel<br />
besser als ihre bisherige<br />
Therapie bewerteten.<br />
„Diese Ergebnisse zeigen,<br />
dass Levocetirizin<br />
eine effektive und umfassende<br />
Behandlungsoption<br />
bei <strong>Allergie</strong>n ist.<br />
Patienten spüren die<br />
Vorteile, unabhängig<br />
davon, ob die Symptome<br />
ihre Nase, Augen,<br />
Atmung oder Haut betreffen”,<br />
bemerkte dazu Dr. Schott<br />
vom Zentrum für Rhinologie und<br />
Allergologie in Wiesbaden.<br />
Quelle: Abstract 723 und 724, präsentiert<br />
auf dem WAC, München 2005<br />
<br />
14<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
D e r a l l e r g i s c h e S c h o c k<br />
Die Notfall-Fertigspritze<br />
muss<br />
immer mit!<br />
Allergischer Schock<br />
<strong>Allergie</strong>n beruhen auf einer Überreaktion des Immunsystems: Der<br />
Körper wehrt sich gegen bestimmte Substanzen, obwohl diese eigentlich<br />
mehr oder weniger harmlos sind. Das kann bis zu einem<br />
Schockzustand führen, bei dem lebenswichtige Vorgänge wie Atmung<br />
und Kreislauf versagen können – dem anaphylaktischen<br />
Schock. Umso wichtiger ist es, immer ein Notfallmedikament bei<br />
sich zu haben.<br />
Zu den häufigsten Auslösern solcher<br />
gefährlicher Reaktionen gehören<br />
Isektengifte (Biene, Wespe)<br />
oder Nahrungsmittelallergene (z.B.<br />
Fisch, Nüsse). Aber auch alle anderen<br />
Allergene können eine anaphylaktische<br />
Reaktion auslösen.<br />
Bei einer akuten allergischen Reaktion<br />
benötigen Sie als Allergiker<br />
rasche Hilfe. Als Faustregel gilt:<br />
Je bedrohlicher die Reaktion in der<br />
Vergangenheit war, um so besser<br />
sollten Sie für kommende Fälle<br />
vorbereitet sein. Das bedeutet<br />
nicht nur, dass Sie stets ein Notfallmedikament<br />
mit sich führen müssen,<br />
sondern auch, dass Sie den<br />
Umgang damit und die Anwendung<br />
beherrschen müssen.<br />
Wenn Ihr Arzt Ihnen ein Notfallmedikament<br />
wie beispielsweise<br />
einen Injektionsstift verordnet,<br />
dann achten Sie darauf, dass Sie<br />
ihn immer bei sich tragen. Der<br />
Injektionsstift ist mit einer sterilen<br />
Adrenalinlösung (Epinephrin) gefüllt,<br />
der nur der einmaligen Anwendung<br />
dient. Er ist nicht wieder<br />
befüllbar.<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Was bewirkt die<br />
Adrenalinlösung?<br />
Adrenalin veengt die Blutgefäße<br />
und regt die Herztätigkeit an. So<br />
verhindert es das Absinken des<br />
Blutdrucks bei bedrohlichen allergischen<br />
Reaktionen. Der Kreislauf<br />
wird stabilisiert. Adrenalin weitet<br />
außerdem die Bronchien, mindert<br />
die Schleimhautschwellung und<br />
erleichtert so die Atmung und das<br />
Schlucken.<br />
Wenn Ihr Arzt Sie als „Risikopatient“<br />
eingestuft und Sie mit einer<br />
Adrenalin-Injektionsspritze<br />
(z.B. Anapen ® ) ausgestattet hat,<br />
scheuen Sie sich keinesfalls diese<br />
im Notfall auch anzuwenden. Verlieren<br />
Sie keine kostbare Zeit. Adrenalin<br />
ist ein bewährter Wirkstoff<br />
mit lebensrettendem Nutzen.<br />
Wann ist der Injektor<br />
anzuwenden?<br />
Die Injektion ist notwendig, sobald<br />
sich erste Anzeichen einer akuten<br />
allergischen oder anaphylaktischen<br />
Reaktion ankündigen. Die<br />
Beschwerden können innerhalb<br />
von wenigen Minuten nach dem<br />
Kontakt mit dem Allergen einsetzen:<br />
Je kürzer der Zeitraum, desto<br />
massiver ist häufig die Reaktion.<br />
Plötzlich auftretender Juckreiz an<br />
den Schleimhäuten oder spontaner<br />
Juckreiz an der Haut mit Hitzegefühl<br />
und Rötung im Gesicht können<br />
erste Vorboten einer anaphylaktischen<br />
Reaktion sein (lesen Sie<br />
hierzu auch den ausführlichen<br />
Artikel auf Seite 7). Daraus kann<br />
sich ein juckender Hautausschlag<br />
mit Quaddeln (Nesselsucht oder<br />
Urtikaria genannt) und grotesker<br />
Gesichtsschwellung (Augen, Lippen)<br />
entwickeln. Bei schweren<br />
Reaktionen sind die Luftwege<br />
(Hals, Bronchien) verengt. Das<br />
Atmen und Schlucken fällt zunehmen<br />
schwer.<br />
Wenn der Blutdruck absackt, treten<br />
Schwindel und Schwäche auf<br />
und das Bewusstsein nimmt ab:<br />
Der Kreislauf droht zusammenzubrechen<br />
– eine lebensbedrohliche<br />
Situation! Dabei müssen Sie wissen:<br />
Unterschiedliche Allergene<br />
lösen unterschiediche Symptome<br />
aus und diese wiederum können in<br />
unterschiedlicher Reihenfolge erscheinen.<br />
Eine Anaphylaxie verläuft<br />
nie nach „Schema F“. Besprechen<br />
Sie mit Ihrem Arzt, auf<br />
was Sie persönlich achten müssen.<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
15
E x p e r t e n t a g t e n i n M ü n c h e n<br />
Welt-<strong>Allergie</strong>-<br />
Kongress<br />
Welt <strong>Allergie</strong> Kongress 2005<br />
Eine Woche lang war München Zentrum der internationalen <strong>Allergie</strong>forschung.<br />
Führende Wissenschaftler aus aller Welt bezogen vom<br />
26. Juni bis 1. Juli mit Diskussionen, Postern und Referaten Stellung<br />
in ihrem Kampf gegen eine der größten medizinischen Herausforderungen<br />
unserer Zeit. Anlass war der Welt-<strong>Allergie</strong>-Kongress<br />
auf dem Münchner Messegelände mit dem Motto “Allergy in a<br />
Changing Wordl”.<br />
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO)<br />
könnten schon im Jahre 2010 vierzig<br />
bis fünfzig Prozent der Weltbevölkerung<br />
an einer <strong>Allergie</strong> leiden.<br />
Auf der Liste der häufigsten<br />
Erkrankungen stehen <strong>Allergie</strong>n<br />
bereits heute an vierter Stelle – sie<br />
gelten als Epidemie des 21. Jahrhunderts.<br />
Der Welt-<strong>Allergie</strong>-Kongress<br />
war eine gemeinsame Tagung<br />
der World Allergy Organisation<br />
(WAP) und der European Academy<br />
of Allergy and Clinical<br />
Immunology (EAACI). Die Veranstaltung<br />
fand in diesem Jahr zum<br />
ersten Mal in Deutschland statt.<br />
Die Deutsche Gesellschaft für Allergologie<br />
und Klinische Immunologie<br />
(DGAKI) als Gastgeber erwartete<br />
neben mehr als 7.000 allergologisch<br />
tätigen Ärzten und<br />
Experten aus Universitäten und<br />
außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
auch Wissenschaftler<br />
der pharmazeutischen Industrie.<br />
Außerdem nutzten Vertreter<br />
von <strong>Patientenorganisationen</strong> und<br />
Selbsthilfegruppen den Kongress,<br />
um sich und ihre Arbeit zu präsentieren.<br />
Die Experten stellten in München<br />
aktuelle Ergebnisse der allergologischen<br />
Forschung und Entwicklung<br />
vor. Über eine Auswahl wer-<br />
den wir in dieser Ausgabe des<br />
<strong>PAAN</strong> Journals berichten. Der<br />
Erfahrungsaustausch weltweit renommierter<br />
Fachleute, so hofft<br />
man, wird neue Ansätze für die<br />
Behandlung betroffener Patienten<br />
aufzeigen und jungen Wissenschaftlern<br />
Anregungen zur weiteren<br />
Forschung geben. „In einer zusammenwachsenden<br />
Welt sind<br />
<strong>Allergie</strong>n ein globales Problem.<br />
Dieser Bedeutung werden wir mit<br />
der qualitativen und quantitativen<br />
Besetzung des Kongresses gerecht“,<br />
sagte der Münchner Allergologe<br />
Professor Dr. Dr. Johannes<br />
Ring, Präsident des Kongresskomitees.<br />
Ring wertete die Tatsache,<br />
dass der weltweit größte<br />
<strong>Allergie</strong>kongress dieses Jahr in<br />
München stattfand, auch als Anerkennung<br />
für die exzellente allergologische<br />
Forschungsarbeit in<br />
Deutschland.<br />
Die Fortschritte der experimentellen<br />
Immunologie und Allergologie<br />
haben in den letzten Jahren eine<br />
Fülle neuer Erkenntnisse hervor<br />
gebracht. Richtig umgesetzt, können<br />
sie für allergische Patienten<br />
weltweit Linderung oder Heilung<br />
bringen. „Wir wollen dazu beitragen,<br />
dass Forschungsergebnisse<br />
schneller Einzug in die allergologische<br />
Praxis halten”, erklärte<br />
Ring. „Das ist ein wesentlicher<br />
Anspruch unseres Kongresses,<br />
und deshalb sind praxisnahe Themen<br />
ein integraler Bestandteil des<br />
Programmes.” Dazu gehören eine<br />
neue Leitlinie für die Behandlung<br />
des allergischen Asthma bronchiale,<br />
die Rolle von Heuschnupfen bei<br />
der Entstehung von Asthma sowie<br />
das Management und die Therapie<br />
von anaphylaktischen Reaktionen.<br />
Auch neue Strategien zur<br />
<strong>Allergie</strong>prävention während der<br />
Schwangerschaft werden vorgestellt.<br />
Wann, wie häufig und wo<br />
sollten Allergiker und Asthmatiker<br />
Sport treiben? Hierzu gab es auf<br />
dem Kongress genauso praktische<br />
Tipps wie zur Frage der Vorbeugung<br />
und Behandlung von Sonnenallergien,<br />
die insbesondere bei jungen<br />
Frauen und Mädchen zu beobachten<br />
sind.<br />
Der Kongress warf viele Fragen<br />
auf, beantwortete viele und ließ<br />
aber auch so manches noch im<br />
Dunkel und man darf auf weitere<br />
Entwicklung gespannt sein. Über<br />
Highlights und News werden wir<br />
- wie angekündigt - auf den folgenden<br />
Seiten berichten.(vbn)<br />
<strong>PAAN</strong> Journal<br />
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<strong>PAAN</strong> Journal!<br />
16<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Therapie mit Anspruch und Qualität<br />
Asthma in den Griff bekommen –<br />
neue Leitlinie sagt wie!<br />
Welt-<strong>Allergie</strong>-<br />
Kongress<br />
Mit einem vom Arzt diagnostizierten Asthma leben in Deutschland<br />
etwa fünf Prozent der Erwachsenen und drei bis sieben Prozent der<br />
Kinder. Experten gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus,<br />
denn über pfeifende Atemgeräusche – neben Husten und Luftnot<br />
eines der typischen Asthmasymptome – berichten mehr als doppelt<br />
so viele Menschen. Bei 85 Prozent der Asthmatiker steckt eine <strong>Allergie</strong><br />
hinter der Lungenerkrankung und zu 86 Prozent sind Pollen<br />
die Auslöser von Atemwegsallergien. Schon bei leichtem Asthma<br />
kann die Lebensqualität erheblich eingeschränkt sein, später kommt<br />
es häufig zu Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit. Das ließe<br />
sich aber leicht ändern, wenn Asthmakranke eine optimale Behandlung<br />
bekämen.<br />
Asthmasymptome müssen<br />
nicht sein<br />
„Mit den heute zur Verfügung stehenden<br />
Behandlungsmöglichkeiten<br />
lässt sich Asthma sehr gut in den<br />
Griff bekommen. Niemand sollte<br />
sich daher mit ständigen Asthmasymptomen<br />
abfinden”, sagte Professor<br />
Dr. Gerhard-Schultze-Werninghaus,<br />
Präsident der Deutschen<br />
Gesellschaft für Allergologie und<br />
Klinische Immunologie (DGAKI).<br />
Die Realität sieht jedoch anders<br />
aus. „Die Asthmaprävalenz nimmt<br />
in Europa zwar nicht mehr zu”, so<br />
der Experte. „Doch obwohl sich<br />
Lungenfachärzte weltweit für aktuelle<br />
Therapieleitlinien einsetzen,<br />
wird eine Asthmakontrolle noch<br />
immer bei viel zu wenigen Patienten<br />
erreicht. Umfragen zeigen zum<br />
Beispiel, dass unabhängig vom<br />
Schweregrad der Erkrankung nur<br />
ein Teil der Asthmapatienten symptomfrei<br />
ist.” Schultze-Werninghaus<br />
hat an der neu bearbeiteten<br />
„Leitlinie zur Diagnostik und Therapie<br />
von Asthma” mitgearbeitet,<br />
die von der Deutschen Atemwegsliga<br />
und der Deutschen Gesellschaft<br />
für Pneumologie herausgegeben<br />
wurde. Darin werden ebenso<br />
wie in den internationalen Leitlinien<br />
Symptomfreiheit und keine<br />
Einschränkung der Leistungsfähigkeit<br />
als Ziele der Asthmatherapie<br />
angegeben.<br />
Asthmabehandlung in<br />
Stufen<br />
Die medikamentöse Asthmatherapie<br />
folgt einem Stufenschema, bei<br />
dem Asthma in vier Schweregrade<br />
eingeteilt ist. Bei der Stufe 1 spricht<br />
man von intermittierendem Asthma.<br />
Die Betroffenen haben nur<br />
leichte Symptome und können wochen-<br />
oder monatelang auch ohne<br />
Beschwerden sein. Ihre Lungenfunktion<br />
liegt über 80 Prozent des<br />
Sollwertes. Treten häufiger Symptome<br />
auf, spricht man von persistierendem<br />
Asthma bronchiale.<br />
Bei leichtem persistierendem Asthma<br />
(Stufe 2) – Symptome treten<br />
tagsüber mehrmals die Woche<br />
oder nachts mehr als zweimal im<br />
Monat auf – ist bereits eine Dauertherapie<br />
mit Kortison zur Inhalation<br />
notwendig. Zusätzlich erhalten<br />
die Patienten inhalierbare schnell<br />
wirksame Beta-Mimetika, die bei<br />
akuter Atemnot die Bronchien erweitern.<br />
Diese Therapie wird bei<br />
mittelschwerem und schwerem<br />
Asthma (Stufe 3 und 4) mit einem<br />
langwirksamen Beta-Mimetikum<br />
ergänzt, und es kommen höhere<br />
Kortisondosierungen und weitere<br />
Medikamente wie Theophyllin<br />
oder Montelukast zum Einsatz. Zusätzlich<br />
sollte ein allergologisch<br />
ausgebildeter Lungenfacharzt bei<br />
Patienten mit saisonal auftretendem<br />
Asthma, insbesondere Pollenasthma,<br />
frühzeitig die Indikation für<br />
eine spezifische Immuntherapie<br />
mit Allergenpräparaten prüfen. Bei<br />
einer Pollenallergie liegen die Erfolgsquoten<br />
der Immuntherapie mit<br />
standardisierten Allergenpräparaten<br />
bei 90 Prozent.<br />
„Wenn die neue Leitlinie konsequent<br />
befolgt wird, können fast alle<br />
Asthmapatienten beschwerdefrei<br />
sein”, sagte Schultze-Werninghaus.<br />
Da 70 Prozent aller Asthmatiker<br />
auch unter einem allergischen<br />
Schnupfen leiden und beide Erkrankungen<br />
in engem Zusammenhang<br />
stehen, empfiehlt er, auch<br />
immer die oberen Luftwege mit zu<br />
behandeln – zum Beispiel mit<br />
kortisonhaltigen Nasensprays, oralen<br />
(Tabletten) oder topischen (lo-<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
17
Welt- <strong>Allergie</strong>-<br />
Kongress<br />
kal wirksame Sprays) Antihistaminika.<br />
Dadurch ließe sich die<br />
Schwere der Asthmaerkrankung<br />
deutlich reduzieren.<br />
Neue Therapie bei<br />
schwerem Asthma<br />
Nach der internationalen Leitlinie<br />
der Global Initiative for Asthma<br />
(GINA) kann bei Erwachsenen<br />
und Kindern ab 12 Jahren mit<br />
schwerem allergischen Asthma der<br />
Stufe 4 eine Therapie mit dem neuen<br />
rekombinanten humanisierten<br />
Anti-IgE-Antikörper Omalizumab<br />
versucht werden. Der Wirkstoff<br />
kommt unter dem Namen Xolair ®<br />
auf den Markt. IgE-Antikörper lösen<br />
nach der Bindung von Allergenen<br />
die allergische Entzündungsreaktion<br />
aus. Der Wirkstoff<br />
Omalizumab hemmt diesen Vorgang<br />
und reduziert so die Krankheitsbeschwerden.<br />
Das Medikament<br />
muss alle zwei bis vier Wochen<br />
subkutan injiziert werden. Es<br />
wird bereits seit 2003 in den USA<br />
erfolgreich bei allergischem Asthma<br />
eingesetzt. „Für Patienten mit<br />
schwerem Asthma, die derzeit<br />
nicht ausreichend behandelbar<br />
sind, ein hohes Gesamt-IgE aufweisen<br />
und wiederholt Notfallbehandlungen<br />
sowie hohe inhalative<br />
Kortisondosierungen benötigen,<br />
könnte die Anti-IgE-Behandlung<br />
eine neue Therapieoption sein.<br />
Diese Behandlungsmöglichkeit<br />
wird sicherlich auch in unsere deutsche<br />
Asthma-Leitlinie aufgenommen”,<br />
erläuterte Schultze-Werninghaus.<br />
(vbn)<br />
Quelle: WAC 2005 vom 26. Juni<br />
bis 1. Juli in München<br />
<br />
Gefährdete Bronchialschleimhaut<br />
Bei Asthmatikern ist die<br />
Abwehr von<br />
Erkältungsviren gestört<br />
München – Exazerbationen (Verschlechterungen)<br />
eines Asthma<br />
bronchiale werden zu mehr als 85<br />
Prozent durch Virusinfekte der<br />
Atemwege verursacht. Meist stekken<br />
Rhinoviren dahinter. Asthmatiker<br />
infizieren sich leichter mit diesen<br />
Erregern als gesunde Menschen.<br />
Die Viren rufen bei Asthmakranken<br />
außerdem häufiger<br />
schwere Infektionen der tiefen<br />
Atemwege hervor und beeinträchtigen<br />
die Lungenfunktion. Eine<br />
Ursache dieses gefährlichen Phänomens<br />
haben jetzt englische Wissenschaftlicher<br />
um Stephen T.<br />
Holgate von der University of<br />
Southampton entdeckt. Sie wiesen<br />
nach, dass bei Patienten mit Asthma<br />
die angeborene Immunantwort<br />
der Bronchialzellen auf den Angriff<br />
der Viren gestört ist.<br />
Virusreplikation 50fach<br />
erhöht<br />
Holgate und Mitarbeiter beobachteten<br />
Kulturen primärer Bronchialepithelzellen<br />
von Asthmatikern und<br />
gesunden Vergleichspersonen,<br />
nachdem sie die Zellen mit dem<br />
Rhinovirus-16 (RV-16) infiziert<br />
hatten. Dabei richteten sie ihre<br />
Aufmerksamkeit insbesondere auf<br />
die Virusreplikation (Vermehrung)<br />
und auf die angeborene Immunabwehr<br />
gegen Viren – zum Beispiel<br />
die Produktion von Typ1-Interferonen<br />
sowie die Apoptose (Zelltod)<br />
infizierter Schleimhautzellen. Sie<br />
stellten fest, dass sich die Viren in<br />
den Bronchialzellen der Asthmati-<br />
ker wesentlich besser replizieren<br />
konnten: Die Expression viraler<br />
RNA war hier im Vergleich zu den<br />
Zellkulturen der gesunden Personen<br />
50fach erhöht und der Überstand<br />
der Zellkulturen enthielt siebenmal<br />
mehr Viren als der<br />
„Kontroll”-Kulturen.<br />
Darüber hinaus war in den von<br />
Asthmatikern gewonnenen Zellkulturen<br />
die frühe Apoptose infizierter<br />
Zellen vermindert. Dieser<br />
programmierte Zelltod soll eigentlich<br />
verhindern, dass die Viren sich<br />
weiter ausbreiten können. Längerfristig<br />
kam es im Vergleich zu den<br />
Zellkulturen gesunder Menschen<br />
dann aber zu einem besonders starken<br />
und fortschreitenden Zelluntergang.<br />
Interferon-⇓ als neues<br />
Therapieprinzip?<br />
Bei der Unrtersuchung der Typ1-<br />
Interferone (a und b) fielen den<br />
Wissenschaftlern ebenfalls deutliche<br />
Unterschiede auf: Die von<br />
Asthmatikern gewonnenen Zellkulturen<br />
produzierten weniger<br />
Interfon-β als die „Kontroll”-Kulturen.<br />
Das brachte die Forscher<br />
auf eine Idee. Sie fügten den virusinfizierten<br />
„asthmakranken” Zellkulturen<br />
Interferon β zu. Ergebnis:<br />
Die Apoptoserate der Zellen erhöhte<br />
sich und die Virusreplikation<br />
ging auf das Niveau der „Kontroll”-Kulturen<br />
zurück. Die Wissenschaftler<br />
vermuten nun, dass<br />
Interferon-β ein neuer Weg sein<br />
18<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
könnte, um virusinduzierten Exazerbationen<br />
bei Asthmatikern vorzubeugen<br />
oder sie zu behandeln.<br />
(vbn)<br />
Quelle: WAC 2005, 26. Juni – 1.<br />
Juli 2005<br />
<br />
Superantigene<br />
lassen Asthma<br />
eskalieren<br />
München – „Wir haben Hinweise<br />
gefunden, dass Superantigene<br />
die Ursache für schwer<br />
verlaufende <strong>Allergie</strong>n sind.”<br />
Das berichtete Professor Dr.<br />
Claus Bachert aus Gent, Belgien,<br />
auf dem World Allergy<br />
Congress.<br />
Bei etwa einem Drittel der Bevölkerung<br />
können Ärzte eine Besiedelung<br />
mit dem Bakterium Staphylokokkus<br />
aureus nachweisen. In<br />
den meisten Fällen verursacht der<br />
Staphylokokken-Befall keine Probleme.<br />
Bei Menschen mit schweren<br />
Atemwegserkrankungen wie<br />
Nasennebenhöhlenentzündung<br />
oder Asthma können diese Bakterien<br />
jedoch sehr schädlich sein. Sie<br />
setzen Endotoxine frei, die als so<br />
genannte Superantigene eine besonders<br />
große Anzahl der T-Zellen<br />
des Immunsystems scharf stellen.<br />
Die Folge ist eine massive Entzündungsreaktion.<br />
Bei Asthmakranken<br />
kann dies dazu führen,<br />
dass die Krankheit außer Kontrolle<br />
gerät und auch mit Kortison nicht<br />
mehr zu behandeln ist.<br />
„Superantigene können an einem<br />
großen Teil der etwa 2.700 Asthma-Todesfälle<br />
in Deutschland die<br />
Schuld tragen”, vermutete Bachert.<br />
„Mit Antibiotika allein bekommen<br />
wir das Problem nicht<br />
ausreichend in den Griff. Möglicherweise<br />
kann zukünftig eine<br />
Impfung verhindern, dass eine Nasennebenhöhlenentzündung<br />
oder<br />
Asthma bronchiale mit fatalen Folgen<br />
eskalieren.” Und deshalb muss<br />
die Suche nach einer wirksamen<br />
Waffe gegen Staphylokokken-Infektionen<br />
beziehungsweise Superantigene<br />
fortgeführt werden. (vbn)<br />
Quelle: WAC 2005, 26. Juni – 1. Juli,<br />
München<br />
Rhinitistherapie nach Schweregraden<br />
Heuschnupfen –<br />
Wegebereiter für<br />
Asthma<br />
München – Heuschnupfen<br />
wird immer noch bagatellisiert.<br />
Viele assoziieren die allergische<br />
Atemwegserkrankung<br />
mit sporadischen Niesanfällen<br />
an einigen schönen Sommertagen<br />
inmitten blühender Wiesen.<br />
Doch die Realität sieht<br />
ganz anders aus (siehe auch Bericht<br />
der EVA-<strong>PAAN</strong>-Umfrage):<br />
In Europa sind inzwischen 19<br />
bis 29 Prozent der Menschen<br />
an Heuschnupfen oder ganzjähriger<br />
allergischer Rhinitis<br />
erkrankt.<br />
Das bestätigte auch eine neue Befragung<br />
von fast 5.000 Patienten<br />
in Belgien. Mehr als 40 Prozent der<br />
Heuschnupfenpatienten sind chronisch<br />
erkrankt. 75 Prozent haben<br />
mäßig bis schwere Symptome mit<br />
negativen Auswirkungen auf die<br />
Lebensqualität. „Die Therapie der<br />
allergischen Rhinitis muss dem<br />
Schwerebild der Erkrankung gerecht<br />
werden. Es gilt nicht nur, die<br />
Symptome zu bekämpfen, sondern<br />
auch, einem zusätzlichen Asthma<br />
bronchiale vorzubeugen”, forderte<br />
Professor Dr. Claus Bachert<br />
von der HNO-Universitätsklinik<br />
Gent, Belgien, auf dem Welt-All-<br />
<br />
ergie-Kongress. „Als Grundlage<br />
für die Auswahl der richtigen Behandlung<br />
eignet sich die Klassifikation<br />
entsprechend der WHO-<br />
Initiative Allergic Rhinitis and its<br />
Impact on Asthma (ARIA, Abb.1).<br />
Sie schlägt die Einteilung der Erkrankung<br />
nach Symptomdauer, intermittierend<br />
und persistierend,<br />
und Symptomschwere, gering und<br />
mäßig-schwer, vor. Das wird dem<br />
heutigen Kenntnisstand über Heuschnupfen<br />
eindeutig besser gerecht<br />
als die früher gebräuchliche<br />
Differenzierung in saisonale und<br />
perenniale Rhinitis. Überraschendes<br />
Ergebnis der neuen Klassifizierung:<br />
Nicht nur viele Patienten<br />
mit einer <strong>Allergie</strong> auf ganzjährig<br />
vorkommende Allergene sind persistierend,<br />
also chronisch krank,<br />
sondern auch mehr als die Hälfte<br />
der Rhinitiker mit einer saisonalen<br />
<strong>Allergie</strong>.<br />
Nasale Kortikosteroide<br />
am effektivsten<br />
Bei intermittierender und persistierender<br />
allergischer Rhinitis sind<br />
hochselektie, nicht-sedierende Antihistaminika<br />
die Mittel der ersten<br />
Wahl. Unter den lokal anwendbaren<br />
Medikamenten zeichnen sich<br />
Welt-<strong>Allergie</strong>-<br />
Kongress<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
19
Welt-<strong>Allergie</strong>-<br />
Kongress<br />
Kortikosteroide als wirksamste<br />
und kostengünstigste Behandlung<br />
aus. Nasal anzuwendende Kortikosteroide<br />
gelten heute als die effektivsten<br />
topischen (am Ort des<br />
Geschehens wirkende) Medikamente<br />
bei Heuschnupfen. Sie sollten<br />
vor allem bei persistierender,<br />
mäßig bis schwerer Symptomatik<br />
mit erschwerter Nasenatmung eingesetzt<br />
werden. Chromone<br />
(Chromoglycinsäure) sind aufgrund<br />
ihrer mangelnden Wirkung<br />
und der relativ hohen Kosten nur<br />
in Ausnahmefällen empfehlenswert,<br />
sagte Bachert. Antihistaminika<br />
können bei intermittierender allergischer<br />
Rhinitis auch als Nasenspray<br />
oder bei Augensymptomen<br />
als Augentropfen verwendet werden.<br />
Patienten, die zusätzlich unter<br />
allergischem Asthma leiden,<br />
können von einer oralen Basisthe-<br />
fische Immuntherapie (SIT) geprüft<br />
werden. Die SIT ist die einzige<br />
kausale Therapie allergischer<br />
Erkrankungen. Ihre Wirksamkeit<br />
ist in einer Vielzahl von Studien und<br />
Meta-Analysen seit Jahrzehnten<br />
bestens dokumentiert. Bei etwa<br />
der Hälfte der Patienten kann eine<br />
SIT die Entstehung von Asthma<br />
bronchiale („Etagenwechsel”) verhindern.<br />
Standard ist heute noch die subkutane<br />
Immuntherapie (SCIT) mit<br />
regelmäßigen Injektionen eines<br />
Allergen-Präparates über einen<br />
Zeitraum von meistens drei Jahren.<br />
Mit dieser Behandlung lässt<br />
sich eine immunologische Toleranz<br />
gegenüber den verwendeten <strong>Allergie</strong>auslösern<br />
erreichen. Die Erfolgsraten<br />
mit standardisierten Allergenen<br />
liegen bei 90 Prozent.<br />
Als Alternative hat sich in den letzten<br />
Jahren auch zunehmend die<br />
sublinguale Immuntherapie (SLIT),<br />
bei der die Allergene über die<br />
Mundschleimhaut aufgenommen<br />
werden, etabliert. Die SLIT führt<br />
ebenso wie die subkutane Immuntherapie<br />
langfristig zur Reduktion<br />
der allergischen Symptome und des<br />
Medikamentenverbrauchs. Außerdem<br />
sinkt durch die Immuntherapie<br />
das Asthmarisiko der Patienten und<br />
der Patient kann die Therapie zu<br />
Hause durchführen.<br />
Auf dem Welt-<strong>Allergie</strong>-Kongress<br />
in München wurde außerdem eine<br />
Neuentwicklung aus dem Bereich<br />
der SIT vorgestellt: Die kausale<br />
<strong>Allergie</strong>-Tablette für Graspollenallergiker<br />
(„Grastablette”) Es handelt<br />
sich dabei um eine Alternative<br />
zur subkutanen Immuntherapie.<br />
Klassifikation der allergischen Rhinitis nach ARIA<br />
Dauer der Symptomatik intermittierend persistierend<br />
weniger als 4 Tage/Woche mehr als vier Tage/Woche<br />
oder weniger als 4 Wochen und mehr als 4 Wochen/Jahr<br />
im Jahr<br />
Schwere der Symptomatik gering mäßig-schwer<br />
Symptome sind vorhanden Symptome sind vorhanden<br />
und belastend<br />
Symptome beeinträchtigen Symptome beeinträchtigen<br />
die Lebensqualität nicht die Lebensqualität<br />
Abb. 1: Klassifikation nach WHO (Tab.: Veramed)<br />
rapie mit einem Leukotrien-Rezeptorantagonisten<br />
(Montelukast) profitieren.<br />
Asthmaprävention mit<br />
frühzeitiger<br />
Immuntherapie<br />
Wegen ihrer ursächlichen und präventiven<br />
Wirkung sollte bei Patienten<br />
mit allergischer Rhinitis oder<br />
allergischem Asthma möglichst<br />
früh die Indikation für eine spezi-<br />
Wenn auch von der Dauer (drei<br />
Jahre) nicht wegzukommen ist, so<br />
haben die Hersteller doch in jüngster<br />
Zeit viel „patientenfreundlichere”<br />
Darreichungsformen der<br />
spezifischen Immuntherapie entwickelt.<br />
Beispielsweise die so genannte<br />
Kurzzeit-Immuntherapie,<br />
bei der das Allergen-Präparat über<br />
drei Jahre, aber lediglich viermal<br />
pro Jahr injiziert wird, was eine<br />
deutliche Verbesserung bedeutet.<br />
Die Behandlung beginnt etwa zwei<br />
Monate vor der Graspollensaison<br />
und wird drei Jahre fortgeführt.<br />
Studien haben gezeigt, dass von<br />
dieser Tablette besonders Patienten<br />
mit mäßig bis schwerem Heuschnupfen<br />
profitieren. Die Einführung<br />
dieses Präparates wird für<br />
das nächste Jahr erwartet. (vbn)<br />
<br />
20<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Berliner Manifest 2005<br />
Volksleiden Asthma und<br />
Heuschnupfen – Gemeinsam für<br />
eine verbesserte Versorgung<br />
Berliner Manifest<br />
Berlin. Vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an Asthma,<br />
fast 15 Millionen an Heuschnupfen – mit steigender Tendenz. Man<br />
weiß zwar inzwischen, dass diese beiden Erkrankungen auf Grund<br />
anatomischer und physiologischer Gemeinsamkeiten zwei Erscheinungsformen<br />
des gleichen Entzündungsprozesses darstellen. Genauso<br />
hat man heutzutage auch bereits Medikamente vorliegen,<br />
mit denen durch Entzündungshemmung sowohl Asthma als auch<br />
Heuschnupfen gleichzeitig behandelt werden können. Den behandelnden<br />
Ärzten liegen verschiedene Leitlinien der einzelnen Fachgesellschaften<br />
vor, wie diese Erkrankungen optimal diagnostiziert<br />
und therapiert werden sollten. Dennoch sind die meisten Patienten<br />
– trotzdem sie Medikamente einnehmen – zum Teil so stark symptomatisch,<br />
dass sie und ihre Angehörigen unter erheblichen Einbußen<br />
bei Gesundheit und Lebensqualität zu leiden haben.<br />
Woran liegt das? Wie kann man<br />
die Erkenntnisse moderner Forschung<br />
praktisch nutzbar machen?<br />
Wie kann man die Situation der<br />
Betroffenen verbessern? Und wie<br />
können Ärzte ebenso wie Patienten<br />
selbst diesen Problemen Einhalt<br />
gebieten? Diese Fragen diskutierten<br />
Experten, niedergelassene<br />
Ärzte sowie Patientenvertreter<br />
(<strong>PAAN</strong> war ebenfalls vertreten)<br />
auf dem ersten deutschen Meta-<br />
Forum in Berlin. Das Gremium<br />
verabschiedete das „Berliner Manifest<br />
2005”, eine Handlungsempfehlung<br />
nicht nur für die Ärzte,<br />
welche die Patienten mit Asthma<br />
und/oder Heuschnupfen behandeln,<br />
sondern auch für die gesundheitspolitischen<br />
Entscheider in<br />
Deutschland.<br />
1<br />
Atopische Erkrankungen sind<br />
Systemerkrankungen (d.h., sie betreffen<br />
den ganzen Organismus).<br />
Sie sind Folge eines falsch programmierten<br />
Immunsystems. Verschiedene<br />
Organe wie Lunge,<br />
Nase, Haut oder Darm können<br />
betroffen sein. Die ersten Krankheitsmanifestationen<br />
treten zumeist<br />
im frühen Kindesalter auf.<br />
2<br />
Hinter einzelnen allergischen<br />
Krankheitsmanifestationen können<br />
die gleichen Auslöser und Entwicklungsprozesse<br />
stehen. So liegen<br />
dem Heuschnupfen (= allergische<br />
Rhinitis) und dem Asthma<br />
ähnlich ablaufende Entzündungsprozesse<br />
zugrunde.<br />
3<br />
Die meisten Allergiker leiden in der<br />
Regel nicht nur unter einer einzelnen<br />
Manifestation, sondern unter<br />
mehreren gleichzeitig. Dies macht<br />
eine ganzheitliche Diagnostik und<br />
Therapie erforderlich.<br />
4<br />
Die allergische Rhinitis ist keineswegs<br />
immer eine triviale Erkrankung,<br />
sondern kann in vielen Fällen<br />
eine Vorerkrankung eines allergischen<br />
Asthma bronchiale sein.<br />
Rhinitispatienten haben ein dreibis<br />
siebenfach höheres Risiko, ein<br />
Asthma zu entwickeln als Nicht-<br />
Allergiker. Und Asthma ist auch<br />
heute noch in Deutschland eine<br />
potenziell lebensbedrohliche Erkrankung.<br />
5<br />
Die allergische Rhinitis hat zusätzlich<br />
zu den gesundheitlichen Aspekten<br />
soziale, schulische und berufliche<br />
Probleme zur Folge, die<br />
Kinder ebenso wie Erwachsene<br />
betreffen und die Lebensqualität<br />
erheblich beeinträchtigen können.<br />
6<br />
Bei der Diagnose und Versorgung<br />
ist eine Vernetzung zwischen Hausärzten<br />
und Spezialisten unverzichtbar,<br />
um den individuellen Bedürfnissen<br />
aller Patienten gerecht zu<br />
werden. Gleichzeitig müssen die<br />
Bedürfnisse und Anforderungen<br />
der Patienten an eine optimale Versorgung<br />
berücksichtigt werden.<br />
7<br />
Ganzheitliche und patientenorientierte<br />
Behandlungskonzepte müs-<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
21
Berliner Manifest<br />
sen die Möglichkeiten der<br />
a)<strong>Allergie</strong>vermeidung<br />
b) antiallergischen und antientzündlichen<br />
Pharmakotherapie<br />
c)Immuntherapie und<br />
d) Patientenschulung einbeziehen.<br />
8<br />
Die Behandlung muss auf das individuelle<br />
Beschwerdebild des Patienten<br />
abgestimmt sein und alle<br />
möglicherweise betroffenen Organe<br />
sowie alle potenziell assoziierten<br />
Erkrankungen einbeziehen.<br />
Dies wird durch eine Selbstmedikation<br />
nicht gewährleistet.<br />
9<br />
Den Ärzten liegen mit den aktuellen<br />
Leitlinien Empfehlungen zur<br />
Behandlung verschiedener Krankheiten<br />
vor, wobei aber in der Regel<br />
für einzelne Krankheiten auch<br />
getrennte Leitlinien entwickelt<br />
wurden (z.B. für Asthma und allergische<br />
Rhinitis getrennt). Die in<br />
diesen Leitlinien empfohlenen Medikamente<br />
müssen basierend auf<br />
einem ganzheitlichen, fachübergreifenden<br />
Krankheitsmanagement<br />
vom Arzt verordnet werden.<br />
Diese Medikamente sind von den<br />
Krankenkassen zu erstatten.<br />
10<br />
Von entscheidender Bedeutung für<br />
die Lebensperspektive allergisch<br />
Erkrankter ist die Früherkennung<br />
und Frühbehandlung. Bereits heute<br />
gibt es Möglichkeiten der Primär-,<br />
Sekundär- und Tertiär-Prävention,<br />
die angewandt und weiter<br />
entwickelt werden müssen.<br />
Montelukast als gemeinsame Therapieoption<br />
Rhinitispatienten und<br />
Asthmatiker profitieren<br />
von einer Substanz<br />
München. Bei Patienten, die<br />
sowohl an Asthma als auch an<br />
allergischer Rhinitis leiden,<br />
kann durch die Therapie mit<br />
dem Leukotrienantagonisten<br />
Montelukast die Symptomatik<br />
signifikant verbessert werden.<br />
Dies haben auf dem World<br />
Allergy Congress (WAC) vorgestellte<br />
Ergebnisse einer Studie<br />
erneut bestätigt.<br />
„Bislang stand uns kein einziges<br />
nicht-steroidales Medikament mit<br />
der therapeutischen Indikation für<br />
Asthma und gleichzeitig allergische<br />
Rhinitis zur Verfügung”, sagte Dr.<br />
Serge Philip aus den MSD-Forschungslabors<br />
auf dem WAC. Die<br />
Ergebnisse belegen deutlich,<br />
dass Montelukast eine<br />
Brücke bauen kann: Asthmabeschwerden<br />
werden<br />
reduziert und die Patienten<br />
sind gleichzeitig gegenüber<br />
saisonalen Rhinitissymptomen<br />
deutlich besser geschützt,<br />
betonte er. Grund<br />
dafür ist, dass Cysteinylleukotriene<br />
eine wichtige<br />
Rolle bei der Entstehung der allergischen<br />
Entzündung beider Krankheitsbilder<br />
spielen. Vor dem Hintergrund,<br />
dass rund zwei Drittel<br />
aller Asthmapatienten auch eine<br />
allergische Rhinitis haben, könnte<br />
Montelukast hier eine Therapielücke<br />
schließen.<br />
Die Studie umfasste 1.192 Patienten<br />
mit Asthma und allergischer<br />
Rhinitis und 286 Patienten mit ausschließlich<br />
Asthma. Es zeigte sich<br />
eine eindeutige Überlegenheit für<br />
die Therapie verglichen mit Placebo.<br />
Die Ergebnisse im Einzelnen<br />
anhand der Untersuchungskriterien<br />
sahen für Patienten mit Asthma<br />
und allergischer Rhinitis wie<br />
folgt aus:<br />
7% Verbesserung der Lungenfunktion<br />
12,7% mehr symptomfreie<br />
Tage<br />
22,2% weniger Verbrauch an<br />
bronchialerweiternden Beta 2<br />
-<br />
Mimetika..<br />
Wirkung von Montelukast auf Patienten<br />
mit allergischer Rhinitis und Asthma<br />
7%<br />
22,2% 12,7%<br />
Bessere<br />
Lungenfunktion<br />
Tage ohne<br />
Symptome<br />
Weniger<br />
Betamimetika<br />
Bei Patienten mit Asthma, aber<br />
ohne allergische Rhinitis fiel das<br />
Ergebnis ähnlich aus: Die Lungenfunktion<br />
konnte gebessert und der<br />
Verbrauch an Akutmedikation gesenkt<br />
werden.<br />
Quelle: Symposium anlässlich des<br />
WAC, München, 29. Juni 2005 <br />
22<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Allergische Rhinitis<br />
<strong>PAAN</strong> und EFA<br />
führten gemeinsame<br />
Fragebogenaktion durch<br />
Patient Voice Allergy<br />
Survey<br />
München. Allergiker geben jährlich erhebliche Mengen an Geld für<br />
Veränderungen im Haushalt aus, mit dem Ziel, die Wohnung allergenfrei<br />
zu bekommen. Viele dieser Maßnahmen erweisen sich jedoch<br />
im Anschluss als nutzlos. Dagegen zeigt sich, dass sich diese ernste<br />
Erkrankung und ihre teilweise heftigen Symptome mit Medikamenten<br />
im allgemeinen gut kontrollieren lässt. Dies sind Ergebnisse<br />
einer aktuellen Erhebung unter Patienten, die auf dem World Allergy<br />
Congress (WAC) vorgestellt wurden.<br />
Die Patientenerhebung (Patient<br />
Voice Allergy Survey) wurde von<br />
der European Federation of Allergy<br />
and Airways Diseases Patients<br />
Associations (EFA) in 11 europäischen<br />
Ländern durchgeführt<br />
(Deutschland, Belgien, Finnland,<br />
Frankreich, Griechenland, Italien,<br />
Großbritannien, Tschechien, Niederlande,<br />
Spanien, Schweiz). Insgesamt<br />
nahmen europaweit 3.562<br />
Betroffene an der Untersuchung<br />
teil. In den einzelnen Ländern führten<br />
dort ansässige <strong>Patientenorganisationen</strong><br />
die Erhebung im Auftrag<br />
der EFA durch. In Deutschland<br />
hatte <strong>PAAN</strong> diese Aufgabe<br />
unternommen und die Betroffenen<br />
berichteten über das Ausmaß an<br />
negativen Auswirkungen, die die<br />
allergische Rhinitis auf Alltagsaktivitäten<br />
haben kann. Die Patienten<br />
erhielten einen umfangreichen<br />
Fragebogen und sollten sich<br />
u.a. zu folgenden Themen äußern:<br />
Hintergrundinformationen zur allergischen<br />
Rhinitis, Beeinträchtigungen<br />
durch die allergische Rhinitis,<br />
nicht medikamentöse Versuche,<br />
die Symptome zu lindern,<br />
medikamentöse Behandlung der<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
allergischen Rhinitis, Komorbiditäten<br />
(Begleiterkrankungen).<br />
Einige Ergebnisse:<br />
Die Hälfte der Betroffenen gab<br />
an, dass die <strong>Allergie</strong> ihre Arbeit negativ<br />
beeinflusst<br />
In vier von zehn Fällen leiden<br />
die schulischen Leistungen<br />
In der Hälfte der Fälle wirkt sich<br />
die Erkrankung negativ auf Aktivitäten<br />
im Freien aus<br />
Fast die Hälfte der Betroffenen<br />
schläft schlecht<br />
Die allergische Rhinitis hat ernsthafte<br />
emotionale Auswirkungen in<br />
Bezug auf Reizbarkeit und Müdigkeit<br />
bei mehr als einem Drittel der<br />
Betroffenen<br />
Die Umfrage verdeutlichte auch,<br />
dass nicht jede allergische Rhinitis<br />
gleich ist. Von den Befragten litten<br />
sieben von zehn Patienten an<br />
mindestens vier Tagen pro Woche<br />
an Symptomen, die mindestens vier<br />
aufeinander folgende Wochen lang<br />
dauerten. Diese Patienten leiden<br />
unter so genannter persistierender<br />
allergischer Rhinitis (siehe hierzu<br />
auch das Klassifizierungsschema<br />
auf S. 20). Diese Patientengruppe<br />
hat weitaus schlimmere<br />
Symptome und die Krankheit hat<br />
einen weitaus größeren Einfluss<br />
auf ihren Alltag und auf ihr emotionales<br />
Wohlbefinden. Die Hälfte<br />
der Patienten, die den Fragebogen<br />
ausgefüllt hatten, berichtete, dass<br />
sie mindestens sechs Monate im<br />
Jahr unter Symptomen leiden, die<br />
sich nahezu auf alle Lebensbereiche<br />
auswirken. 75 Prozent der Betroffenen<br />
machten Pflanzen und<br />
Blumen als Auslöser für ihre Beschwerden<br />
aus. Hausstaub wurde<br />
in 57 Prozent der Fälle genannt.<br />
Zehn Prozent der Befragten nannten<br />
alle 15 der abgefragten Stoffe<br />
aus Auslöser.<br />
Die <strong>Allergie</strong> wurde in 44 Prozent<br />
der Fälle vom Hausarzt diagnostiziert.<br />
31 Prozent wurden bei Allergologen<br />
diagnostiziert und zehn<br />
Prozent beim HNO-Arzt.<br />
Dr. Erkka Valorvita, EFA Medical<br />
Comittee Coordinator, bemerkte<br />
dazu: „Die Botschaft für Betroffene<br />
ist eindeutig. Suchen Sie einen<br />
Arzt auf, um eine korrekte Diagnose<br />
und adäquate Medikamente<br />
zu bekommen, die wie vorgeschrieben<br />
in der korrekten Dosis<br />
und Häufigkeit eingenommen werden<br />
sollten. So hat der Patient den<br />
höchstmöglichen Nutzen davon.<br />
Und während es sicher sinnvoll ist,<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
23
Patient Voice Allergy<br />
Survey<br />
sich Allergenen möglichst nicht<br />
auszusetzen, sollte dieser Schritt<br />
nur zusammen mit der medizinischen<br />
Diagnose und nach ärztlichem<br />
Rat erfolgen.”<br />
Drei von vier befragten Patienten<br />
mit allergischer Rhinitis leiden auch<br />
unter weiteren assoziierten allergischen<br />
Erkrankungen wie Asthma.<br />
Von denAsthmatikern waren<br />
zwei von drei Patienten der Meinung,<br />
die Erkrankung habe sich<br />
aufgrund der allergischen Rhinitis<br />
noch verschlechtert.<br />
Für 36 Prozent der Befragten<br />
wäre eine solche Situation<br />
undenkbar: Sie gaben an, dass<br />
der Kontakt mit Tieren ihre Beschwerden<br />
auslöst<br />
Svein-Erik Myrseth, Präsident des<br />
EFA und selbst ein von allergischer<br />
Rhinitis und Asthma Betroffener,<br />
sagte: „Die allergische Rhinitis ist<br />
eine ernste Erkrankung, die Patienten<br />
über lange Zeitstrecken belasten<br />
kann. Ich würde Patienten<br />
dazu ermutigen, während des Arztbesuches<br />
über ihre allergischen Erkrankungen<br />
wie Asthma, Ekzem<br />
und Nahrungsmittelallergien zu<br />
reden und darzulegen, welche Auswirkungen<br />
diese Krankheiten auf<br />
ihren Alltag haben. Medizinische<br />
Fachleute und Patienten sollten<br />
partnerschaftlich zusammen arbeiten,<br />
um die Krankheit in den Griff<br />
zu bekommen. Patienten sollten<br />
begleitet werden und schriftliche<br />
Anleitungen sowie Schulungsmaterial<br />
an die Hand bekommen.”<br />
Drei Viertel der Befragten und ihre<br />
Familien hatten ihre Wohnumgebung<br />
verändert, mit dem Ziel, die<br />
Symptome der allergischen Rhinitis<br />
zu lindern. Tatsächlich berichtete<br />
ein Fünftel der Befragten, im<br />
vergangenen Jahr mehr als 350<br />
Euro für solche Veränderungen<br />
ausgegeben zu haben, und mehr als<br />
vier von zehn Befragten berichteten<br />
über Ausgaben von mehr als<br />
100 Euro im vergangenen Jahr.<br />
Die Betroffenen schätzten<br />
die meisten dieser Veränderungen<br />
als wirkungslos<br />
ein. Die häufigsten Maßnahmen<br />
sind: Luftbefeuchter/Luftfilter,<br />
die von<br />
81 Prozent als nicht effektiv<br />
bewertet wurden; 72<br />
Prozent sagten, der Austausch<br />
von Möbeln habe<br />
keine Wirkung gehabt und<br />
70 Prozent hatten das Gefühl,<br />
das Ersetzen der Polstermöbeln<br />
sei ineffektiv<br />
gewesen. Von den Betroffenen<br />
eher seltener<br />
durchgeführte Maßnahmen<br />
waren das Entfernen<br />
von Teppichen und die<br />
Nutzung von Pollenfiltern<br />
oder speziellen Hygieneprodukten.<br />
Alle Allergiker die<br />
diese Maßnahmen tatsächlich<br />
durchgeführt hatten, sagten, sie<br />
hätten keine Wirkung gehabt. Eine<br />
weitere Interventionsoption war<br />
die Verwendung spezieller Bettbezüge;<br />
83 Prozent, die diese Maßnahme<br />
ergriffen hatten, fanden sie<br />
ineffektiv. Spezielles Bettzeug<br />
wird von den Betroffenen als wenig<br />
bis mäßig effektiv eingeschätzt,<br />
wird aber bei einer klar diagnostizierten<br />
Hausstaubmilbenallergie<br />
sinnvoll sein. (nau)<br />
Die Erhebung wird von <strong>PAAN</strong> in einer<br />
Broschüre dokumentiert, die bei<br />
der Geschäftsstelle ab Janur 2006<br />
angefordert werden kann <br />
24<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Vocal Cord Dysfunction - Stimmbandfehlfunktionen<br />
Chronologie einer Erkrankung<br />
Vocal Cord<br />
Dysfunction<br />
Von Marianne Krommer<br />
Endlich Ferien. Es lagen sehr anstrengende Wochen hinter mir. Ich<br />
hustete seit einigen Tagen und dachte an eine Erkältung oder an<br />
das Reizklima der Nordsee. Der Husten hörte sich bellend an und<br />
war kaum noch zu beherrschen. Nach acht Tagen ständigen und<br />
immer heftiger werdenden Reizhustens, hatte ich meinen ersten<br />
nächtlichen Anfall von Atemnot. Dass ich aus diesem Urlaub nicht<br />
mehr an meinen Arbeitsplatz zurückkehren würde und dies der<br />
Beginn einer tiefen Krise war, lag für mich außerhalb meiner Vorstellung.<br />
Verunsichert von dem Erlebnis des<br />
„fast Erstickens“ fuhr ich nach<br />
Hause und ging zum Lungenfacharzt.<br />
Die üblichen Untersuchungen<br />
und der Lungenfunktionstest ergaben<br />
keine besonderen Auffälligkeiten.<br />
„Möglicherweise der Beginn<br />
eines Asthmas“, hieß die Diagnose.<br />
Ich wurde mit einem leichten<br />
Asthmaspray und einem Akutspray<br />
nach Hause geschickt.<br />
Über das Wochenende steigerten<br />
sich die Erstickungsanfälle auf vier<br />
Mal pro Nacht. Weder das leichte<br />
Asthmaspray noch das Akutspray<br />
taten ihre Wirkung. Ich hatte von<br />
Nacht zu Nacht mehr Angst vor<br />
den Anfällen. Sie kamen immer<br />
häufiger und wurden immer heftiger.<br />
Meine große Angst war, irgendwann<br />
gar keine Luft mehr zu<br />
bekommen.<br />
Der Anfallsrekord lag bei acht Mal<br />
in einer Nacht. Und so war meine<br />
logische Schlussfolgerung: kein<br />
Schlaf, keine Anfälle! Ich ging<br />
nicht mehr ins Bett, sondern blieb<br />
auf der Couch sitzen und hielt mich<br />
wach. Das war natürlich nicht lange<br />
durchzuhalten und führte zur<br />
völligen Erschöpfung.<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Am Montag morgen saß ich, übernächtigt<br />
wie ein Häufchen Elend,<br />
wieder beim Arzt. Ich berichtete<br />
ihm von der Wirkungslosigkeit der<br />
Mittel und von meiner Angst vor<br />
dem Einschlafen. Er schaute mich<br />
nachdenklich an und erklärte mir,<br />
dass ich möglicherweise Vocal<br />
Cord Dysfunction (VCD, Stimmbandfehlfunktion)<br />
habe. Eine<br />
Krankheit, die sich schlimmer anfühlt<br />
als sie aus medizinischer Sicht<br />
ist. Der Arzt erklärte mir die möglichen<br />
Zusammenhänge und die<br />
Tatsache, dass so ein Anfall Todesängste<br />
auslöst. Medizinisch gesehen<br />
gibt es keinen Grund in Panik<br />
zu verfallen. Selbst bei einem<br />
Anfall würde noch genug Luft zur<br />
Verfügung stehen und er geht auch<br />
wieder ganz sicher vorbei. Ich<br />
glaubte ihm - weil er mir glaubte.<br />
Die Diagnose einer VCD erfordert<br />
Erfahrung und eine besondere<br />
Untersuchungstechnik die meinem<br />
Pneumologen nicht zur Verfügung<br />
stand. Ich sollte mich im Klinikum<br />
Berchtesgadener Land in Schönau<br />
am Königsee untersuchen lassen.<br />
Der Vertreter des ärztlichen<br />
Dienstes der Krankenkassen sah<br />
jedoch keinen Grund für einen<br />
„Ausflug“ (O-Ton) an den Königssee.<br />
Er war der Meinung diese<br />
Krankheit könne in jeder Uniklinik<br />
festgestellt werden. Ich war der<br />
Verzweiflung nahe. Es gab offensichtlich<br />
eine Spezialklinik für die<br />
Diagnose und Therapie von VCD<br />
und ich konnte nicht hin. So begann<br />
meine Odyssee durch den<br />
Dschungel unseres Gesundheitssystems,<br />
in dem ich als Patientin<br />
fast verloren gegangen wäre.<br />
Die Anfälle liefen immer nach dem<br />
gleichen Prinzip ab: Ich musste<br />
stark husten. Nach zwei/drei<br />
Hustenstössen bekam ich einen<br />
Erstickungsanfall. Gleichzeitig mit<br />
der Atemnot hatte ich den Reflex,<br />
eine aufsteigende Flüssigkeit<br />
runterschlucken zu müssen. Die<br />
Luftnot dauerte eine gefühlte<br />
Ewigkeit, aber tatsächlich wohl<br />
höchstens ein oder zwei Minuten.<br />
So plötzlich wie die Luft wegblieb,<br />
so plötzlich konnte ich auch wieder<br />
einatmen. Nach einer kurzen<br />
Phase der Verwirrtheit, endete der<br />
Spuk mit einem kräftigen Rülpsen.<br />
Ich bekam mit jedem Anfall mehr<br />
Panik daran zu sterben.<br />
Anfangs hatte ich diese Anfälle nur<br />
nachts, nach etwa zwei Wochen<br />
kamen sie auch tagsüber. Ich<br />
schlich nur noch durchs Leben. Ich<br />
ging nicht mehr aus, traf mich mit<br />
niemand mehr. Keiner sollte mich<br />
in dieser Verfassung sehen. Keine<br />
sportlichen Aktivitäten, kein<br />
Kinobesuche, kein Stadtbummel,<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
25
Vocal Cord<br />
Dysfunction<br />
kein Auto fahren. Ruckartige,<br />
schnelle Bewegungen wie Aufspringen<br />
und ans Telefon rennen<br />
verursachten direkt einen Anfall.<br />
Versuche den Husten einfach nicht<br />
zu beachten, führten mit ziemlicher<br />
Sicherheit zu einem Anfall. Ich<br />
hatte Wut im Bauch und kein Ventil<br />
um diese loszuwerden. Der Umgang<br />
mit mir wurde immer schwieriger.<br />
Ich zog mich immer mehr<br />
zurück, war lethargisch oder aggressiv<br />
und nervös.<br />
Uniklinik Frankfurt Abteilung<br />
HNO: Eine Ärztin im Praktikum<br />
untersuchte mich - so wie sie es<br />
gelernt hatte. Leider kam sie mit<br />
Ihrem Untersuchungslöffelchen<br />
meinem Kehlkopf zu nahe. Dieser<br />
taktile Reiz genügte schon, um<br />
mich in einen massiven Erstikkungsanfall<br />
zu katapultieren. Ich<br />
mußte würgen, husten und schon<br />
war im Hals alles dicht. Hilflose<br />
Kommentare „wir sollten uns doch<br />
beruhigen“ kann man in dem Moment<br />
nicht gebrauchen.<br />
Die Diagnose lautete nervös, überempfindlich,<br />
keine Compliance.<br />
Weitere führende Untersuchungen<br />
bei Sprachspezialisten, Radiologen,<br />
Gastroenterologen, Psychologen<br />
wurden empfohlen. In ihrem Kurzbericht<br />
war kein Wort über den<br />
massiven Atemnotanfall zu lesen.<br />
Sie gab mir eine Ahnung davon wie<br />
es ist, als Simulantin, Hypochonder,<br />
Sensibelchen angesehen zu<br />
werden.<br />
Ich schrieb einen sehr ernsten<br />
Brief an meine Krankenkasse. Ein<br />
solches Vorgehen war in meinen<br />
Augen ineffektiv, teuer und hätte<br />
mich Wochen gekostet. Meine<br />
„nervöse“ Atemnot wurde durch<br />
ein solch langwieriges Vorgehen<br />
nicht besser. Ich fühlte mich völlig<br />
alleingelassen mit meiner Erkrankung.<br />
Ich konnte einen Kompromiss aushandeln:<br />
Ich wurde in die Deutsche<br />
Klinik für Diagnostik (DKD) nach<br />
Wiesbaden überwiesen - per Eilverfahren.<br />
Ich fiel in die Zuständigkeit<br />
der Pneumologie. Hier<br />
konnten die Ärzte mit dem Krankheitsbild<br />
VCD etwas anfangen.<br />
Nach der Untersuchungsreihe deutete<br />
alles auf eine paradoxe Stimmbandbewegungsstörung<br />
hin. Die<br />
organische Ursache war wohl ein<br />
Reflux und eine dadurch eingetretene<br />
Überempfindlichkeit der<br />
Stimmbänder.<br />
Bis dahin ging ich von einem rein<br />
physischen Problem aus. Im Abschlussgespräch<br />
wurde ich jedoch<br />
mit der Diagnose „traumatische<br />
Biographie mit beruflicher Kränkung“<br />
konfrontiert. Zwar deutete<br />
mir mein Hausarzt schon an, dass<br />
ich vielleicht mal darüber nachdenken<br />
solle, was in letzter Zeit nicht<br />
so gut gelaufen sei. Ich habe jedoch<br />
den Gedanken an eine psychische<br />
Komponente für meine<br />
Erkrankung, weit von mir gewiesen.<br />
Psychosomatisch reagieren<br />
nur die Anderen. Nun musste ich<br />
erkennen, dass ich ein Mobbingopfer<br />
geworden war. Welch eine<br />
Niederlage: Man hatte mich auf<br />
ganz subtile Art kalt gestellt, indem<br />
man meine wunden Punkte zielsicher<br />
getroffen hatte.<br />
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich unzählige<br />
kleine und mindestens vier<br />
heftige Atemnotanfälle pro Tag<br />
schon über einen Monat und eine<br />
Therapie war nicht in Sicht. Erst<br />
über die BfA war eine Rehamaßnahme<br />
in Schönau möglich. Das<br />
war 2-1/2 Monate nach meinem<br />
ersten Anfall. Nach dieser Tortur,<br />
der Angst machenden Atemnot<br />
und des Verhandelns über eine geeignete<br />
Diagnose und Therapie,<br />
war ich physisch und psychisch<br />
völlig „runtergehuddelt“.<br />
In den ersten zwei Wochen meiner<br />
Rehabilitation war ich überhaupt<br />
nicht ansprechbar ohne sofort<br />
in Tränen auszubrechen. Ich<br />
hatte im Grunde nichts anderes zu<br />
tun, als mich um mein eigenes körperliches<br />
und seelisches Wohlbefinden<br />
zu kümmern. Durch die<br />
Ruhe und die Zeit zum Nachdenken,<br />
fiel ich in ein ziemliches Loch.<br />
Die ganze Situation, die möglichen<br />
Hintergründe und die Dimension<br />
die diese Erkrankung für mich erreicht<br />
hatte, kamen mir nun erst<br />
so richtig ins Bewußtsein. Es hat<br />
eine ganze Zeit gedauert, bis ich<br />
das Angebot und die Sicherheit, die<br />
mir eine solche Umgebung bot, für<br />
meine Genesung wirklich nutzen<br />
konnte. Mein Ziel war es, nicht<br />
eher wieder abzureisen bis es mir<br />
wieder einigermaßen gut ging. Das<br />
hat dann sechs Wochen gedauert.<br />
Zunächst wurde durch das dort<br />
angewendete Verfahren der Endospirometrie,<br />
das nach wie vor nur<br />
vermutete Krankheitsbild VCD<br />
bestätigt und gleich mit dem „Rundum-Aufbauprogramm“<br />
begonnen:<br />
Atemtherapie: In der ich verschiedene<br />
Atemtechniken lernte,<br />
Hustenvermeidungsstrategien um<br />
nicht mehr dauernd zu husten, wie<br />
ich wieder drei Stockwerke hochkomme,<br />
wie ich einen Anfall abfangen<br />
kann.<br />
Sporttherapie: Um wieder zu merken,<br />
dass ich immer noch mehr<br />
machen konnte als ich mir zutraute<br />
und um mich wieder körperlich<br />
aufzubauen.<br />
Massagen und Moorpackungen:<br />
Um meine Verspannungen im<br />
Hals und im Rücken zu lösen.<br />
Entspannungstechniken: Damit<br />
ich innerlich ruhiger werde.<br />
26<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Psychotherapie: In der ich die Ereignisse,<br />
insbesondere meine problematische<br />
Arbeitssituation, sortieren<br />
und besprechen konnte und<br />
wieder mehr Selbstvertrauen in<br />
mich und meine Leistungsfähigkeit<br />
bekommen sollte.<br />
Gegen den Reflux bekam ich Magentabletten<br />
(Protonenpumpenhemmer).<br />
So hat sich der Husten<br />
recht schnell stark reduziert.<br />
Nach und nach fing ich an die<br />
Atemtechnik der Bauchatmung<br />
bei den sportlichen Aktivitäten anzuwenden<br />
und das Tempo beim<br />
Radfahren oder Schwimmen der<br />
Atmung anzupassen. Schwamm<br />
ich beispielsweise anfangs nicht<br />
mal eine 20m Bahn ohne danach<br />
mit Hustenanfall an der Bande zu<br />
hängen, ging das bald recht gut. Es<br />
war zwar kein schneller Sprint<br />
möglich aber ein kontinuierliches<br />
zügiges Schwimmen. So hatte ich<br />
nach und nach meine kleinen Erfolgserlebnisse.<br />
Den wirklichen Durchbruch für<br />
meine Genesung hatte ich nach<br />
drei Wochen. Ich bekam nachts<br />
einen „großen“ Anfall. Direkt aus<br />
dem Tiefschlaf heraus. Kurzes<br />
Husten und schon merkte ich wie<br />
die Stimmbänder verkrampften.<br />
Jetzt konnte ich das, was mir erklärt<br />
und beigebracht wurde ausprobieren.<br />
Dies war keine Trockenübung<br />
mehr - der Ernstfall<br />
war eingetreten. Also: Keine Panik,<br />
atemerleichternde Stellung einnehmen,<br />
gähnendes Einatmen<br />
durch die Nase, langsam wieder<br />
mittels Lippenbremse ausatmen,<br />
möglichst ruhig und gleichmäßig<br />
atmen - und es funktionierte. Bevor<br />
die „Klappe“ ganz zuging und<br />
die Atemnot sich verschärfte gingen<br />
die Stimmbänder wieder langsam<br />
auf. Sie entspannten sich. Ich<br />
konnte wieder normal einatmen.<br />
Ein sehr beeindruckendes Erlebnis.<br />
Von dem Tag an war der Spuk<br />
vorbei. Ich hatte wieder das Gefühl<br />
meine Stimmbänder zu beherrschen<br />
und nicht hilflos diese<br />
Atemnot über mich ergehen lassen<br />
zu müssen. Ich hatte noch einige<br />
kleinere Anfälle und zwei große<br />
Anfälle.<br />
Die Therapie hat bei mir angeschlagen<br />
und ich bin heute beschwerdefrei.<br />
Die Gründe dafür<br />
sehe ich in:<br />
der relativ schnellen und<br />
richtigen Diagnose: so dass ich<br />
mich mit der Krankheit erst gar<br />
nicht arrangieren konnte<br />
der Konsultation von Ärzten,<br />
die sich mit dem Phänomen<br />
auskennen und mich nicht als Simulantin<br />
und Hypochonder gesehen<br />
haben.<br />
der psychologischen Betreuung:<br />
in der die Physis und die<br />
Psyche wieder „Frieden“ miteinander<br />
geschlossen haben,<br />
dem umfangreichen Therapieprogramm,<br />
bei dem unter Anleitung<br />
und mit dem Gefühl der Sicherheit,<br />
die Grenzen austestet<br />
werden konnten und<br />
meinem AHA-Erlebnis, bei<br />
dem mir endlich klar wurde, was<br />
im Falle eines Anfalls zu tun ist.<br />
der Psychotherapie nach der<br />
Reha, in der ich die Identitätskrise,<br />
in die mich die Erkrankung gestürzt<br />
hatte, aufgefangen wurde<br />
und ich viele Probleme bearbeiten<br />
konnte.<br />
Die Ereignisse, die letztendlich zum<br />
Verkrampfen der Stimmbänder<br />
geführt haben, kann ich nun anders<br />
einordnen und in einem Zusammenhang<br />
sehen. War es vor einem<br />
Jahr noch völlig überraschend und<br />
niederschmetternd, dass ich VCD<br />
bekam, kann ich es jetzt zumindest<br />
akzeptieren.<br />
So wie es sich für mich darstellt<br />
war es, wie meist bei einer VCD,<br />
multifaktoriell. Rückblickend sehe<br />
ich den Ablauf so: Im April 2002<br />
hatte ich eine starke Virusinfektion<br />
im oberen Atemwegsbereich,<br />
infolge derer ich zwei Wochen<br />
nicht sprechen konnte. Ich hatte<br />
einen stressigen Beruf, bei dem ich<br />
viel und manchmal auch laut reden<br />
musste. Als „Neue“ überengagiert,<br />
lies ich mich überfordern,<br />
ohne zu protestieren. Ich wollte<br />
aufsteigen und stieß auf Widerstand,<br />
den ich nicht sehen wollte.<br />
Dieser emotionale Stress hat dazu<br />
geführt, dass meine Magensäure<br />
„hochstieg“. Der Reflux und der<br />
Husten haben sich sicher noch<br />
verschärft, weil ich versucht habe,<br />
den Stress mit Zigaretten und Alkohol<br />
zu kompensieren.<br />
Ich habe die Probleme nicht bearbeitet,<br />
sondern verdrängt. Der<br />
Kloß blieb mir im wahrsten Sinne<br />
des Wortes im Halse stecken. Mein<br />
Körper hat auf vergangenen und<br />
aktuellen physischen und psychischen<br />
Stress reagiert und mir eine<br />
Vocal Cord Dysfunction beschert.<br />
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Vocal Cord<br />
Dysfunction<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
27
Vocal Cord<br />
Dysfunction<br />
Vocal Cord Dysfunction (VCD)<br />
Eine rätselhafte,<br />
aber lösbare medizinische<br />
Herausforderung<br />
Die in diesem Heft dargestellte Patientengeschichte weist in vielerlei<br />
Hinsicht einen sehr typischen Verlauf einer sogenannten VCD-<br />
Erkrankung auf. Die beschriebenen Symptome, die Auswirkungen<br />
auf die Lebensqualität und auch die zunehmende und tiefgehende<br />
psychische Irritation durch die massiven, scheinbar nicht beherrschbaren<br />
Atemnotanfälle sind eindrucksvoll skizziert. Vor allem<br />
aber werden auch die Behandlungsmöglichkeiten, die in<br />
Kenntnis der Erkrankung relativ einfach geartet sind, mit der nachhaltigen<br />
Auswirkung auf die verbesserte Lebensqualität gut erkennbar.<br />
Untypisch ist der verhältnismäßig<br />
kurze Verlauf der Erkrankung.<br />
Diese Patientin ist bereits im ersten<br />
Anlauf auf einen Lungenfacharzt<br />
gestoßen, der das Krankheitsbild<br />
sehr früh im Sinne einer<br />
solchen halsbezogenen, funktionellen<br />
Atemstörung durch einen paradoxen<br />
Stimmbandschluss interpretiert<br />
hat. Auch an der zweiten<br />
Anlaufstelle für medizinische Hilfe<br />
war das Krankheitsbild gut bekannt,<br />
so dass jeweils die richtigen<br />
Interpretationen und Empfehlungen<br />
gegeben wurden.<br />
Typisch hingegen sind wiederum<br />
die Hürden des Gesundheitssystems,<br />
welches diese Erkrankung<br />
meist noch nicht kennt und zur Verzögerung,<br />
in Einzelfällen sogar zur<br />
langfristigen Verhinderung der<br />
richtigen Diagnosestellung und Einleitung<br />
einer effektiven Therapie<br />
führt.<br />
Wie aus dem Artikel aber eindeutig<br />
hervorgeht, war bereits die relativ<br />
kurze Geschichte der Patientin<br />
über wenige Monate für sie<br />
grausam genug. So lässt sich erahnen,<br />
in welche Abgründe von<br />
Verzweiflung Menschen geraten<br />
können, die über viele Jahre mit<br />
einer solchen nicht erkannten Diagnose<br />
umgehen müssen.<br />
Was hat es nun mit<br />
diesen Stimmband-<br />
Dysfunktionen auf sich?<br />
Es handelt sich dabei nicht um eine<br />
neue Erkrankung, sondern lediglich<br />
um ein seit Jahrhunderten existentes<br />
Phänomen, das erst durch entsprechende<br />
diagnostische Möglichkeiten<br />
nach und nach an Bekanntheitsgrad<br />
gewinnt. Es handelt<br />
sich dabei um meist kurzfristig und<br />
plötzlich auftretende Schlussbewegungen<br />
der Stimmbänder, überwiegend<br />
während der Einatmung, die<br />
zu mehr oder weniger heftiger<br />
Atemnot führen können. Typischerweise<br />
dauern die Anfälle nur<br />
wenige Sekunden oder Minuten an<br />
und verschwinden ohne Medikation.<br />
Dies führt dazu, dass die Patienten<br />
einerseits eine sehr heftige,<br />
teils lebensbedrohliche Atemnot<br />
erleben, bei Eintreffen des Arztes<br />
oder bei Ankunft in der Klinik diese<br />
wieder verschwunden ist. Die<br />
dann gemessenen Lungenfunktionswerte<br />
sind in der Regel völlig<br />
normal, so dass das Bild verwirrend<br />
erscheint und sich die Betroffenen<br />
mit ihrer Symptomatik meist<br />
nicht akzeptiert fühlen.<br />
Hinzu kommt, dass das Bild zunächst<br />
wegen der Ähnlichkeit zum<br />
Asthma bronchiale als ein solches<br />
aufgefasst und behandelt wird. Da<br />
die Therapie keinen Effekt zeigen<br />
kann, kommt es in der Folge oft<br />
zur Eskalation der Behandlung. Es<br />
werden immer höhere Dosierungen,<br />
teilweise auch von systemisch<br />
(im ganzen Körper wirkend, als<br />
Tablette) wirksamem Cortison,<br />
verabreicht, da zuvor die geringeren<br />
Medikamentenmengen keine<br />
oder keine ausreichenden Effekte<br />
gezeigt haben. Dies führt in Einzelfällen<br />
dazu, dass Patienten unter<br />
Inkaufnahme aller begleitenden<br />
Nebenwirkungen über lange Zeit<br />
mit großen Mengen von Cortison<br />
behandelt werden.<br />
28<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Was kann nun<br />
diagnostisch<br />
weiterhelfen?<br />
Allein das exakte Beschreiben der<br />
Symptomatik und insbesondere die<br />
Geschwindigkeit, mit der sich diese<br />
Atemnot manifestiert, sind in<br />
der Regel wegweisend. Im Gegensatz<br />
zum Asthma bronchiale, wo<br />
es auch zu relativ schnell entstehender<br />
Atemnot kommen kann, die<br />
aber doch über einige Minuten zunimmt,<br />
ist es für die VCD typisch,<br />
dass sich die Atemnotattacke von<br />
einem Atemzug zum anderen einstellt.<br />
So plötzlich kann Asthma nie<br />
auftreten. Exakt befragt, können<br />
die meisten Patienten auch angeben,<br />
dass das Atemproblem eher<br />
im oberen Bereich der Atemwege<br />
bzw. im Halsbereich liegt. Oft<br />
kann auch erarbeitet werden, dass<br />
die hauptsächliche Problematik<br />
beim Einatmen besteht. Das Asthma<br />
bronchiale kennzeichnet sich<br />
typischerweise durch eine ausatembetonte<br />
Atemnot. Allein mit<br />
diesen Fragen lässt sich der Verdacht<br />
auf eine Vocal Cord Dysfunction<br />
bereits erarbeiten, so dass<br />
die weiterführende Diagnostik<br />
dann zur Bestätigung der Diagnose<br />
dient.<br />
Hierzu bedient man sich als<br />
GOLD-Standard der Diagnostik<br />
einer sogenannten Provokations-<br />
Laryngoskopie, bei der unter endoskopischer<br />
Beobachtung der<br />
Stimmbänder verschiedene, für<br />
den Patienten vertraute Reize in<br />
die Untersuchungssituation eingebracht<br />
werden. Ziel ist es, im Rahmen<br />
der Untersuchung eine typische<br />
VCD-Attacke auszulösen,<br />
um diese Diagnose zu sichern,<br />
videoendoskopisch festzuhalten<br />
und gleichzeitig eine entsprechende<br />
Verhaltens- und Atemtherapie<br />
in der Attacke einleiten zu können.<br />
In vielen Fällen gelingt dies, so dass<br />
anschließend den Betroffenen am<br />
Video ihre eigene Problematik dargestellt<br />
werden kann. Dies führt<br />
dazu, dass die Betroffenen ein<br />
schlüssiges Verständnis für die<br />
Entstehung der Atemnot erhalten.<br />
Daraus lassen sich auch folgerichtig<br />
die notwendigen Behandlungsmaßnahmen<br />
im Sinne einer speziellen<br />
Atemtherapie ableiten.<br />
Nach gestellter Diagnose muss<br />
versucht werden, die oft hochdosierte<br />
Asthma-Therapie schrittweise<br />
unter engmaschiger Kontrolle<br />
zu reduzieren, um zu sehen,<br />
ob überhaupt eine Asthma-Erkrankung<br />
zugrunde liegt und behandelt<br />
werden muss. In ca. 2/3<br />
der Fälle wird dies der Fall sein,<br />
so dass bei Auftreten von Asthma-typischen<br />
Beschwerden eine<br />
angemessene antiasthmatische<br />
Behandlung weitergeführt werden<br />
muss. Immer dann, wenn die<br />
VCD als alleinige Ursache von<br />
Atemnot zugrunde lag, kann in der<br />
weiteren Zukunft auf eine medikamentöse<br />
Therapie völlig verzichtet<br />
werden.<br />
Der beschriebene Verlauf bei dieser<br />
Patientin zeigt eindrucksvoll,<br />
dass das schrittweise Verstehen<br />
dessen, was zur massiven Atemnot<br />
geführt hat, zur völligen Entängstigung<br />
und enormen Beruhigung<br />
geführt hat. Begleitet wurde<br />
der Besserungsprozess von dem<br />
ersten Erleben, durch gezielte<br />
Atemübungen dieser massiven<br />
Atemnot effektiv begegnen zu<br />
können.<br />
Termin<br />
16. November 2005<br />
Welt-COPD-Tag<br />
In fast allen Fällen lernen die Patienten,<br />
mit ihrer VCD-Symptomatik<br />
umzugehen. Einige Patienten<br />
berichten, dass die Symptome<br />
immer seltener, später gar nicht<br />
mehr aufgetreten sind. Andere sagen,<br />
dass zwar immer wieder<br />
Atemnotattacken auftreten, diese<br />
aber früh genug abgefangen oder<br />
in der Intensität eingeschränkt<br />
werden können. Dies zeigt, dass<br />
bei diesem Krankheitsbild Wissen<br />
Macht darstellt und die richtige<br />
Atemtechnik und ein angemessenes<br />
Verhalten weit mehr bewirken<br />
können als eine zuvor frustran<br />
durchgeführte medikamentöse<br />
Therapie. Von daher stellt die VCD<br />
ein letztlich faszinierendes Krankheitsbild<br />
dar, welches allein durch<br />
die Erkennung den vorbestehenden<br />
Schrecken verliert und durch die<br />
Betroffenen selbst behandelbar ist.<br />
Wie viele Menschen hiervon betroffen<br />
sind, ist noch nicht bekannt.<br />
Es ist jedoch davon auszugehen,<br />
dass bei ca. 5 % aller Menschen<br />
mit der Diagnose Asthma eine<br />
VCD komplizierend oder dominierend<br />
das klinische Bild prägen kann.<br />
Dies würde bedeuten, dass allein<br />
in Deutschland über 200.000 Menschen<br />
mit diesem Phänomen leben.<br />
Nur wenige wissen bis jetzt darum.<br />
In den letzten Jahren hat eine<br />
sehr erfreuliche Entwicklung stattgefunden<br />
und es zeigt sich, dass<br />
das Bewusstsein für diese Erkrankung<br />
immer mehr zugenommen<br />
hat.<br />
Nur wer die VCD kennt, wird sie<br />
auch erkennen können.<br />
Autor:<br />
Dr. med. Klaus Kenn<br />
Chefarzt Pneumologie<br />
Klinikum Berchtesgadener Land<br />
Schönau am Königsee<br />
<br />
Vocal Cord<br />
Dysfunction<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
29
Berufskrankheiten<br />
Sie richten immer mehr Schaden an<br />
Berufsbedingte<br />
Atemwegserkrankungen<br />
weiten sich aus<br />
Vom französischen nationalen<br />
Beobachtungszentrum für berufsbedingtes<br />
Asthma (ONAP) sind<br />
Daten erarbeitet worden, nach<br />
denen in Frankreich jährlich 500<br />
berufsbedingte Asthma-Neuerkrankungen<br />
registriert werden,<br />
die vor allem die Altersgruppe von<br />
15 bis 29 Jahren und überwiegend<br />
männliche Personen (60 %) betreffen.<br />
Am häufigsten sind mit<br />
jährlich 678 Neuerkrankungen pro<br />
1 Million Beschäftigte Bäcker und<br />
Konditoren betroffen. Sie führen<br />
auch in anderen Ländern die Hitliste<br />
bei berufsbedingten Lungenerkrankungen<br />
an. So erbrachte<br />
eine belgische Studie, die mit 533<br />
Lehrlingen gegen Ende ihrer Lehrzeit<br />
durchgeführt wurde, ähnliche<br />
Ergebnisse. Bei mehr als einem<br />
Fünftel (21,4 %) der Bäcker- und<br />
Konditorlehrlinge war im Laufe<br />
des vergangenen Jahres eine Beeinträchtigung<br />
der Lungenfunktion<br />
nachzuweisen.<br />
Experten erklären, dass die Ursache<br />
im Enzym Alpha-Amylase zu<br />
suchen ist, ein Enzym zur Beschleunigung<br />
des Backvorgangs<br />
und zur Verbesserung der Brotqualität.<br />
Ein Beruf, der fast ebenso häufig<br />
Berufsasthma erzeugt wie der des<br />
Bäckers, ist der Friseur. In Belgien<br />
ist es z.B. so, dass die Friseurlehrlinge<br />
proportional stärker be-<br />
troffen sind als ihre Kollegen im<br />
Bäcker- und Konditorenhandwerk<br />
(26,7 gegenüber 21,4 %), während<br />
in Frankreich die Friseure mit jährlich<br />
259 Neuerkrankungen an berufsbedingtem<br />
Asthma pro 1 Million<br />
Beschäftigter an dritter Stelle<br />
bei den berufsbedingten Fällen von<br />
Lungenkrankheit stehen.<br />
Die Mode trägt deutlich zur Zunahme<br />
berufsbedingter Atemwegserkrankungen<br />
bei Friseuren bei,<br />
wie aus den Untersuchungsergebnissen<br />
einer italienischen Arbeitsgruppe<br />
hervorgeht. Farbstoffe und<br />
Bleichmittel sind für 15 % der berufsbedingten<br />
Erkrankungen bei<br />
Friseuren verantwortlich, wobei<br />
hier Ammoniumpersulfat der<br />
Hauptübeltäter ist. Diese Substanz<br />
findet nicht nur in Anilinfarbstoffen<br />
Verwendung, sie kann auch als<br />
Bleichmittel dienen. Angesichts der<br />
gegenwärtigen Mode bei beiden<br />
Geschlechtern, sich die Haare zu<br />
bleichen, wird es deutlich, dass bei<br />
der festgestellten Zunahme von<br />
Berufsasthma, modische Trends<br />
eine Hauptrolle spielen könnten.<br />
Berufsbedingte Atemwegserkrankungen<br />
machen auch vor Haushaltsreinigern<br />
nicht Halt, wie durch<br />
eine spanische Untersuchung mit<br />
4594 Frauen im Alter zwischen 30<br />
und 65 Jahren deutlich wurde. Die<br />
Hälfte dieser Frauen (50,01 %)<br />
hatte als Reinigungskräfte gearbeitet.<br />
Als die Wissenschaftler diese<br />
Frauen mit Personen verglichen,<br />
die nie als Reinigungskräfte gearbeitet<br />
hatten, fanden sie, dass ihr<br />
Asthmarisiko um den Faktor 1,62<br />
erhöht war. Ihr Bronchitisrisiko<br />
lag 42 % über dem der Kontrollgruppe.<br />
Bei den Frauen, die früher<br />
als Reinigungskräfte gearbeitet<br />
hatten und angaben, dass sie<br />
diese Arbeit aus gesundheitlichen<br />
Gründen aufgeben mussten, war<br />
das relative Asthmarisiko fast doppelt<br />
so hoch.<br />
In ländlichen Gebieten ist die Situation<br />
nicht viel rosiger, nicht einmal<br />
bei denen, die zur Erhaltung<br />
ihres Lebensunterhalts Blumen<br />
anbauen. Aus kommerziellen<br />
Gründen werden heute selbst in<br />
sonnenscheinreichen Ländern<br />
Blumen und Zierpflanzen in Gewächshäusern<br />
gezogen. Dort<br />
kommt es zur Akkumulation von<br />
Antigenen oder Schadstoffen, was<br />
einen wichtigen Faktor bei Atemwegserkrankungen<br />
darstellt.<br />
Ebenfalls aus Spanien stammt folgende<br />
Untersuchung: In einer<br />
Gruppe von 39 zufällig ausgewählten<br />
Blumenzüchtern waren 13<br />
gegen Blumenallergene oder<br />
Mehltau allergisch und ein Viertel<br />
von ihnen, d.h. 8 %, litt an berufsbedingtem<br />
Asthma. (vbn)<br />
<br />
30<br />
Jahrgang 4, Ausgabe 3/2005<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL
Veranstaltungen<br />
von ANAT e.V.:<br />
Gruppe in Erfurt<br />
Alle Veranstaltungen finden,<br />
wenn nicht anders angegeben<br />
in der Kontaktstelle ANAT<br />
e.V. in Erfurt, Rotdornweg 13<br />
statt.<br />
Beratungszeiten: Mo, Mi,<br />
Fr von 10–12 und Mi von 13-<br />
16 Uhr. Internet: www.anatev.de.<br />
Telefon, Fax und<br />
Anrufbeantworter: 0361/ 22<br />
53 103, Email:info@anatev.de<br />
Sport: (Atemtherapie, Stretching,<br />
Entspannung jeweils<br />
Mittwochs von 16.30–17.30<br />
und Freitags 14.00–15.00 Uhr,<br />
Anmeldung: Kontaktstelle<br />
12. November 2005<br />
6.Thüringer<br />
Rehabilitationstag (Erfurt)<br />
10.00 - 14.00 Uhr Kaisersaal<br />
Thema „<strong>Allergie</strong>n der<br />
Atemwege“<br />
Vorläufiges Programm Stand<br />
_<br />
Juli 2005<br />
10.05 Uhr: Grußwort des<br />
Schirmherrn Herr Minister Dr.<br />
Zeh<br />
10.15 Uhr: Kabarett „Die<br />
Arche“ Erfurt<br />
10.25 Uhr: Umwelteinflüsse<br />
als Ursache von <strong>Allergie</strong>n,<br />
Fachvortrag, n. n. (ggf.<br />
Vertreter aus dem Institut für<br />
Umweltmedizin in Erfurt)<br />
10.45 Uhr: Kabarett „Die<br />
Arche” Erfurt<br />
10.55 Uhr: <strong>Allergie</strong>n im<br />
psychischen Kontext – Fachvortrag<br />
Dr.<br />
Martin Ziegler, Chefarzt der<br />
psychosomatischen Abteilung<br />
in der Rehaklinik an der Salza,<br />
Bad Langensalza<br />
Workshops (11.45-14.00<br />
Uhr)<br />
a) <strong>Allergie</strong>n der Atemwege<br />
b) <strong>Allergie</strong>n des Verdauungssystems<br />
c) <strong>Allergie</strong>n der Haut<br />
18. November 2005<br />
18.00 Uhr ab Erfurt Fahrt in<br />
die Avenida Therme<br />
Hohenfelden Aufenthalt ca. 4<br />
Stunden<br />
Impressum<br />
<strong>PAAN</strong> JOURNAL<br />
Veramed Verlag für<br />
Prävention und<br />
Rehabilitation<br />
Verena B. Nau<br />
Redaktionsanschrift:<br />
Eberstädter Marktplatz 2<br />
64297 Darmstadt<br />
Telefon 0 61 51 / 9 51 91 62<br />
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Chefredaktion:<br />
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<strong>PAAN</strong> JOURNAL ist das<br />
Organ von<br />
„<strong>PAAN</strong> - Dachverband<br />
<strong>Patientenorganisationen</strong><br />
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Lungenerkrankungen und<br />
Neurodermitis“.<br />
Erscheinungsweise:<br />
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2 Sonderausgaben<br />
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zzgl. 9 Euro Porto<br />
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