3. Grundlagen und Verfahren der Biogaserzeugung 3.1 ... - ATB
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<strong>3.</strong> <strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> <strong>und</strong> <strong>Verfahren</strong> <strong>der</strong> <strong>Biogaserzeugung</strong><br />
<strong>3.</strong>1 Entstehung von Biogas<br />
Die Gewinnung von Biogas ist ein mehrstufiger Prozess, bei dem eine Vielzahl spezieller<br />
Mikroorganismen unter anaeroben Bedingungen (ohne Zutritt von Luftsauerstoff) die in<br />
Kohlehydraten, Fetten <strong>und</strong> Proteinen gespeicherte Energie für ihren Stoffwechsel nutzen<br />
(Abb. 1). Ein Endprodukt dieses mikrobiellen Stoffwechsels ist Biogas, das etwa 50 bis 75 %<br />
Methan, 25 bis 50 % Kohlendioxid <strong>und</strong> geringe Anteile Schwefelwasserstoff, Ammoniak <strong>und</strong><br />
Wasserstoff enthält. Etwa 70 % aller Methanbakterien verwerten Essigsäure<br />
(acetogenotroph) während etwa 30 % <strong>der</strong> bekannten Arten Wasserstoff <strong>und</strong> Kohlendioxid<br />
(hydrogenotroph) für ihren Stoffwechsel nutzen. Optimale Bedingungen für die Entstehung<br />
von Biogas herrschen bei 35 bis 37°C (mesophil) o<strong>der</strong> auch bei 55 bis 60°C (thermophil).<br />
Der pH-Wert sollte im neutralen bis schwach alkalischen Bereich liegen.<br />
1. Stufe<br />
Aufspaltung <strong>der</strong><br />
Gülle Makromoleküle<br />
Stallmist<br />
Bioabfälle<br />
Kohlenhydrate<br />
Fette<br />
Eiweiße<br />
Zucker<br />
Fettsäuren<br />
Aminosäuren<br />
Basen<br />
2. Stufe<br />
Vergärung <strong>der</strong><br />
Spaltprodukte<br />
Carbonsäuren<br />
Gase<br />
Alkohole<br />
<strong>3.</strong> Stufe<br />
Bildung von<br />
methanogenen<br />
Substraten<br />
Essigsäure<br />
Wasserstoff<br />
Kohlendioxid<br />
4. Stufe<br />
Biogasbildung<br />
Biogas<br />
Methan<br />
Kohlendioxid<br />
hydrolytische fermentative<br />
Bakterien<br />
acetogene methanogene<br />
Bakterien<br />
Abb. 1: Vereinfachtes Schema <strong>der</strong> Biogasbildung<br />
<strong>3.</strong>2 Substrate <strong>und</strong> Biogasausbeuten<br />
Alle, dem mikrobiologischem Abbau zugänglichen Substrate können formal für eine<br />
Biogasproduktion genutzt werden. Außerhalb <strong>der</strong> Landwirtschaft haben sich Biogasanlagen<br />
vor allem zur Stabilisierung von Schlämmen aus <strong>der</strong> Abwasserreinigung o<strong>der</strong> als Vorstufe<br />
zur Behandlung hoch belasteter Abwässer aus <strong>der</strong> Lebensmittelindustrie etabliert.<br />
Landwirte, die eine Biogasanlage betreiben, verarbeiten überwiegend Wirtschaftsdünger<br />
(Gülle <strong>und</strong> Stallmist). Wirtschaftlich interessant <strong>und</strong> bereits in vielen Anlagen praktiziert ist<br />
die gemeinsame Vergärung von Gülle mit organischen Reststoffen aus <strong>der</strong> Agro- <strong>und</strong><br />
Lebensmittelindustrie o<strong>der</strong> mit Energiepflanzen (nachwachsende Rohstoffe), da solche<br />
Kosubstrate im Vergleich zu Wirtschaftsdüngern deutlich höhere Biogasausbeuten liefern<br />
(Abb. 2).<br />
<strong>3.</strong>3 Technik <strong>und</strong> <strong>Verfahren</strong> <strong>der</strong> Biogasgewinnung<br />
<strong>3.</strong><strong>3.</strong>1 Nassvergärung<br />
Wesentliche Komponenten einer Biogasanlage sind Vorsammelbehälter (Güllegrube <strong>und</strong><br />
Sammelbehälter für flüssige Kosubstrate), Hygienisierungstank für hygienisierungspflichtige<br />
Abfälle, Biogasreaktor, Gasspeicher, Gärrückstandslager (Güllelagerbehälter) <strong>und</strong><br />
Blockheizkraftwerk (BHKW). Im Biogasreaktor befinden sich alle am mikrobiellen Abbau<br />
beteiligten Mikroorganismen, die im fließfähigen Zustand regelmäßig mit dem zugeführten<br />
Substrat vermischt (homogenisiert) werden. Kosubstrate werden entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Vorgrube
mit Gülle vermischt (angemaischt) o<strong>der</strong> über einen Einfüllschacht direkt in den Biogasreaktor<br />
gegeben. Der Gärrest (ausgefaultes Substrat) gelangt nach einer mittleren hydraulischen<br />
Verweilzeit von 20 bis 30 Tagen in den Güllelagerbehälter <strong>und</strong> von dort als organischer<br />
Flüssigdünger auf landwirtschaftliche Nutzflächen. Biogas wird heute überwiegend zur<br />
Stromerzeugung genutzt (Erneuerbare-Energien-Gesetz vom April 2000, EEG) <strong>und</strong> mit €<br />
0,10 je kWh vergütet. Die Abwärme des Gasmotors reicht zur Erwärmung des Substrates<br />
<strong>und</strong> zur Hygienisierung von Abfällen aus. In den Sommermonaten ist oft ein<br />
Wärmeüberschuss vorhanden (Abb. 3).<br />
Gülle<br />
1<br />
9<br />
organische<br />
Abfälle<br />
3 4<br />
2<br />
6<br />
Faulschlamm<br />
Biogas<br />
Strom<br />
7<br />
5<br />
Wärme<br />
1 Stallanlagen<br />
2 Güllegrube<br />
3 Sammelbehälter<br />
4 Hygienisierungstank<br />
5 Biogasreaktor<br />
6 Gasspeicher<br />
7 Blockheizkraftwerk<br />
8 Güllelagerbehälter<br />
9 Ackerfläche<br />
8<br />
Abb. 3: Vereinfachtes Schema einer Biogasanlage zur Flüssigvergärung<br />
<strong>3.</strong><strong>3.</strong>2 Trockenvergärung<br />
Die zunehmende Nutzung schüttfähiger (stapelbarer) Biomassen für die Biogasgewinnung<br />
hat zu einem verstärktem Interesse an <strong>Verfahren</strong> zur Trockenvergärung geführt. Bei diesen<br />
<strong>Verfahren</strong> handelt es sich um batch (satzweise) arbeitende Systeme, bei denen die<br />
Biogasgewinnung in <strong>der</strong> Reaktionsmasse bei Trockensubstanzgehalten (TS) zwischen 20<br />
<strong>und</strong> 40 %, also mit weniger Wasser als bei <strong>der</strong> Flüssigvergärung, stattfindet. Damit die<br />
Biogasproduktion ungestört ablaufen kann, ist <strong>der</strong> Zusatz von Impfmaterial (Inoculum)<br />
notwendig, das schüttfähig sein kann <strong>und</strong> vor dem Ansatz mit dem Substrate vermischt wird,<br />
als Flüssigkeit die Reaktionsmasse durchsickert (perkoliert) o<strong>der</strong> eingestaut wird.<br />
Verschiedene Systeme hierzu befinden sich zur Zeit in <strong>der</strong> Erprobung, die auch in<br />
Kombination mit Anlagen zur Flüssigvergärung (Trocken-Nass-Simultan-Vergärung)<br />
untersucht werden.<br />
<strong>3.</strong>4 Speicherung, Aufbereitung <strong>und</strong> Verwertung von Biogas<br />
Eine Speicherung des Biogases ist wegen <strong>der</strong> geringen Energiedichte (1000 l Biogas<br />
entsprechen etwa 0,6 l Heizöl) nur für wenige St<strong>und</strong>en sinnvoll. Ein Teil <strong>der</strong><br />
Speicherkapazität für Biogas ist bereits im Biogasreaktor vorhanden, <strong>der</strong> mit dem<br />
Gasspeicher in direkter Verbindung steht. Durch diese Verbindung ist <strong>der</strong> Reaktor gegen<br />
Über- o<strong>der</strong> Unterdruck gesichert. Die meisten Gasspeicher sind heute als preiswerte
Folienkissenspeicher ausgelegt, in dem nur ein geringer Druck von 0,05 bis 0,1 mbar (0,5<br />
bis 1 mm WS) herrscht.<br />
Biogas, das aus dem Reaktor entweicht, muss in den meisten Fällen vor <strong>der</strong> Verwertung von<br />
unerwünschten Komponenten befreit werden. Hierzu gehören insbeson<strong>der</strong>e Wasser <strong>und</strong><br />
Schwefelwasserstoff. Durch Absenkung <strong>der</strong> Gastemperatur bei entsprechend langer<br />
Gasleitung erreicht man meist eine zufriedenstellende Kondensatabscheidung. Schwieriger<br />
ist die Entfernung von Schwefelwasserstoff. Die biologische Entschwefelung durch<br />
Zuführung von Luft direkt in den Gasraum des Biogasreaktors erfüllt nicht in allen Fällen die<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> BHKW-Hersteller, so dass insbeson<strong>der</strong>e größere Anlagen eine externe<br />
biologische Entschwefelung in Füllkörperkolonnen vorsehen. Praktiziert wird auch <strong>der</strong><br />
Zusatz von Eisensalzen in den Biogasreaktor. Dabei fällt Schwefelwasserstoff als schwer<br />
lösliches Eisensulfid aus <strong>und</strong> verbleibt im Gärrest.<br />
Biogas wird heute dank des EEG bis auf wenige Ausnahmen verstromt. Für den Antrieb des<br />
Generators werden verschiedene Motorarten <strong>und</strong> Verbrennungsverfahren genutzt. Auf <strong>der</strong><br />
Gr<strong>und</strong>lage des Gas-Otto-<strong>Verfahren</strong>s umgerüstete Benzinmotoren sind zwar relativ preiswert,<br />
<strong>der</strong> elektrische Wirkungsgrad ist jedoch mit 20 bis 25 % relativ gering. Dieselmotoren, die<br />
nach dem Zündstrahlverfahren arbeiten <strong>und</strong> für den Betrieb mit Biogas auch noch eine<br />
geringe Menge Zündöl benötigen, sind zwar im Vergleich zu Gas-Otto-Motoren teurer,<br />
weisen aber mit 30 bis 38 % einen deutlich besseren elektrischen Wirkungsgrad auf.<br />
<strong>3.</strong>5 Eigenschaften <strong>und</strong> Verwertung des Gärrestes<br />
Die zur Biogasgewinnung eingesetzten Substrate bestimmen im wesentlichen die Qualität<br />
des anfallenden Gärrestes. Durch den Abbau von organischen Verbindungen zu Biogas<br />
reduziert sich die Konzentration an organischer Substanz (OS) bei Wirtschaftsdüngern um<br />
30 bis 50 %. Der OS-Abbau in Energiepflanzen kann bis zu 90 % betragen <strong>und</strong> ermöglicht<br />
deshalb auch noch eine Flüssigvergärung, wenn schüttfähige Substrate (z. B. Mais <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e Silagen) vergoren werden. Der fließfähige Gärrest hat den typischen Güllegeruch<br />
verloren <strong>und</strong> bereitet bei <strong>der</strong> Verwertung auf landwirtschaftliche Nutzflächen in <strong>der</strong> Nähe von<br />
Ortschaften meist keine Probleme. Da Biogas im wesentlichen nur Methan <strong>und</strong> Kohlendioxid<br />
enthält, bleiben alle Pflanzennähstoffe <strong>der</strong> eingesetzten Substrate erhalten. Hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Stickstoffverfügbarkeit ist <strong>der</strong> Gärrest im Vergleich zum unbehandelten Substrat (z. B. Gülle)<br />
günstiger zu bewerten, da ein Teil <strong>der</strong> organischen Stickstoffverbindungen im Biogasreaktor<br />
bereits zu Ammonium-Stickstoff abgebaut werden. Nitrat ist wegen des streng anaeroben<br />
Prozesses im Gärrest nicht enthalten.<br />
Werden nur Wirtschaftsdünger zur Biogasgewinnung eingesetzt, gilt die Gewinnung von<br />
Biogas als Behandlung von Wirtschaftsdüngern. Bei <strong>der</strong> Verwertung des Gärrestes auf<br />
landwirtschaftliche Nutzflächen sind deshalb nur die Vorschriften <strong>der</strong> Düngeverordnung<br />
(Dünge-VO) zu beachten.<br />
Der Zusatz pflanzlicher Stoffe, die im eigenen Betrieb anfallen <strong>und</strong> zur Biogasgewinnung<br />
eingesetzt werden, ist gleichzusetzen mit <strong>der</strong> Herstellung eines organischen Mischdüngers<br />
(organischer NP- o<strong>der</strong> NPK-Dünger). Beim „Inverkehrbringen“ muss dieser Gärrest nach<br />
Abschnitt 3 <strong>der</strong> Düngemittelverordnung gekennzeichnet werden. Darüber hinaus dürfen<br />
noch solche Stoffe zur Biogasgewinnung eingesetzt werden, die in <strong>der</strong> Positivliste nach<br />
Anhang 1 <strong>der</strong> Bioabfallverordnung (BioAbfV) <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Liste zugelassener Stoffe für<br />
Düngemittel aufgeführt sind. Die landwirtschaftliche Verwertung des Gärrestes bei<br />
Verwertung solcher Stoffe unterliegt den abfallrechtlichen Regelungen <strong>der</strong> BioAbfV.
Wirtschaftsdünger<br />
Putenmist (55% TS)<br />
Rin<strong>der</strong>mist (25% TS)<br />
Schweinemist (6% TS)<br />
Rin<strong>der</strong>gülle (9% TS)<br />
Reststoffe<br />
Flotatfette (65% TS)<br />
Melasse (88% TS)<br />
Kartoffelpülpe (14% TS)<br />
Apfeltrester (8% TS)<br />
Roggenschlempe (5% TS)<br />
Zuckerrübenschnitzel (20% TS)<br />
Energiepflanzen<br />
Triticale-GPS* (33% TS)<br />
Gerste-GPS* (34% TS)<br />
Roggen-GPS* (33% TS)<br />
Gras-Welksilage (35% TS)<br />
Rübensilage (15% TS)<br />
Maissilage (35% TS)<br />
*Ganzpflanzensilage<br />
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000<br />
m 3 Biogas / t Frischmasse