Soziale Mobilität - Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
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6 <strong>Soziale</strong> <strong>Mobilität</strong><br />
spaltet sich das westdeutsche <strong>Mobilität</strong>smuster<br />
auf: Während nämlich die <strong>Mobilität</strong><br />
zwischen sozialer Herkunft <strong>und</strong> erster beruflicher<br />
Position z.B. im Vergleich USA/<br />
B<strong>und</strong>esrepublik auch in den 70er <strong>und</strong> 80er<br />
Jahren nur geringe Unterschiede aufweist,<br />
sind vor allem die Differenzen in der Karrieremobilität,<br />
die in der B<strong>und</strong>esrepublik als vergleichsweise<br />
gering erscheint, ausgeprägt<br />
(vgl. Kappelhoff/Teckenberg 1987). Diese im<br />
internationalen Vergleich zumindest auf seiten<br />
der Männer besonders hohe berufliche Stabilität<br />
während des Erwerbslebens verweist auf<br />
Besonderheiten des deutschen Bildungswesens:<br />
Durch seine ausgeprägte Differenzierung<br />
<strong>und</strong> die „duale Ausbildung“ bewirkt es<br />
eine besonders enge Kopplung zwischen den<br />
im Ausbildungssystem erworbenen Qualifikationen<br />
<strong>und</strong> den ersten beruflichen Positionen.<br />
<strong>Mobilität</strong> findet daher in Deutschland<br />
meist vermittelt über das Bildungssystem<br />
statt; spätere Berufswechsel waren, etwa im<br />
Vergleich zu Frankreich, lange Zeit eher selten<br />
(vgl. König/Müller 1986). Auch vom norwegischen<br />
<strong>und</strong> vom nordamerikanischen Muster<br />
der Karrieremobilität weichen westdeutsche<br />
Männer der Geburtsjahrgänge um 1930 deutlich<br />
ab: Während z.B. weiße (schwarze) Amerikaner<br />
im Laufe ihres Berufslebens durchschnittlich<br />
6,5 (5,6) verschiedene „Berufsepisoden“<br />
(Zeitabschnitte mit einer gleichbleibenden<br />
Berufstätigkeit) aufwiesen, <strong>und</strong><br />
bei norwegischen Männern im Schnitt sogar<br />
7,5 Episoden auftraten, finden sich in der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik für diese Geburtskohorte lediglich<br />
3,5 Episoden (vgl. Allmendinger 1989).<br />
Diese beispielsweise auch im Vergleich zu<br />
Schweden <strong>und</strong> Großbritannien hohe Stabilität<br />
von Berufspositionen trägt dazu bei, daß die<br />
westdeutsche Struktur sozialer Klassen <strong>und</strong><br />
Schichten in intragenerationeller Hinsicht als<br />
weniger „durchlässig“ erscheint (vgl. Allmendinger/Hinz<br />
1997; Mayer u.a. 1989).<br />
Trotzdem weisen viele Untersuchungen<br />
auch im Hinblick auf die Karrieremobilität<br />
auf eine allmähliche „Öffnung“ bzw. auf eine<br />
gestiegene Beweglichkeit in den westdeutschen<br />
<strong>Mobilität</strong>smustern hin: In jüngeren Geburtsjahrgängen<br />
finden sich höhere Raten des<br />
Berufswechsels, <strong>und</strong> in den 70er Jahren zeigt<br />
sich auf seiten der Männer eine zunehmende<br />
berufliche Aufstiegsmobilität (vgl. Carroll/<br />
Mayer 1986; Noll 1992). Ein ähnliches Bild<br />
ergibt ein Vergleich der Muster intragenerationeller<br />
<strong>Mobilität</strong> zwischen den 70er <strong>und</strong> den<br />
80er Jahren: Dabei findet man für alle beruflichen<br />
Stellungen höhere <strong>Mobilität</strong>squoten, <strong>und</strong><br />
das Gesamtvolumen der Karrieremobilität hat<br />
von 13% auf fast 25% zugenommen (vgl.<br />
Berger 1996: 167). Gegen Ende der 80er Jahre<br />
erhöhte sich das Tempo von Stellenwechseln<br />
weiter, wofür vor allem die Ausweitung<br />
der Beschäftigung <strong>und</strong> die beschleunigte Umschichtung<br />
der Berufsstruktur hin zu Dienstleistungen<br />
maßgeblich waren: Während 1987<br />
r<strong>und</strong> 28% der sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten ein neues Arbeitsverhältnis begannen,<br />
waren dies 1990 immerhin 31%; die<br />
durchschnittliche Dauer der Beschäftigung<br />
sank gleichzeitig von 3,6 auf 3,2 Jahre (vgl.<br />
Klös 1992).<br />
Umfangreiche <strong>Mobilität</strong>svorgänge in der<br />
zweiten Hälfte der 80er Jahre zeigen sich<br />
schließlich auch, wenn nicht einzelne Berufe<br />
oder berufliche Stellungen, sondern Teilarbeitsmärkte<br />
bzw. Arbeitsmarktsegmente als<br />
Ausgangspunkte genommen werden: Unterscheidet<br />
man beispielsweise einen sog. „betriebsspezifischen<br />
Arbeitsmarkt“ mit hohen<br />
Qualifikationsanforderungen <strong>und</strong> hohen Bruttoverdiensten<br />
in Betrieben mit über 200 Beschäftigten,<br />
einen „fachspezifischen Arbeitsmarkt“<br />
mit ebenfalls hohen Qualifikationsanforderungen<br />
<strong>und</strong> mittleren Verdienstchancen<br />
in Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten<br />
sowie einen „unstrukturierten Arbeitsmarkt“<br />
mit geringen Qualifikationsanforderungen<br />
<strong>und</strong> niedrigem Durchschnittseinkommen<br />
(vgl. Seifert 1995: 194ff., 201), so erfahren,<br />
wie die Abstromquoten in Tabelle 1 ausweisen,<br />
innerhalb weniger Jahre fast jeweils<br />
ein r<strong>und</strong>es Viertel der deutschen Arbeitnehmer<br />
(ohne Beamte) einen „Aufstieg“ aus dem<br />
unstrukturierten in das fach- oder in das betriebsspezifische<br />
Arbeitsmarktsegment. Bei<br />
ausländischen Arbeitnehmern sind Aufstiege<br />
in den fachspezifischen Arbeitsmarkt dagegen<br />
seltener, während sie im Vergleich zu den<br />
deutschen Arbeitnehmern mit Abstromquoten<br />
von r<strong>und</strong> 30% einem deutlich höheren Risiko