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Neue Mögl. Rutschungsentwässerung geändert - Nodig-Bau.de

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<strong>Neue</strong> bohrtechnische <strong>Mögl</strong>ichkeiten zur <strong>Rutschungsentwässerung</strong><br />

KURZFASSUNG<br />

Dr. Hans-Joachim Bayer, Dipl.-Geologe,<br />

Fa. Tracto-Technik GmbH & Co KG,<br />

D-57356 Lennestadt<br />

Im HDD-Verfahren sind lange verlaufsgesteuerte horizontale Bohrungen in je<strong>de</strong>m Gestein<br />

möglich. HDD be<strong>de</strong>utet „Horizontal Directional Drilling“ und ist die international Bezeichnung<br />

für 3-dimensional angelegte, kurvengängige, je<strong>de</strong>rzeit im Bohrverlauf lenk- und steuerbare<br />

Bohrtechnologie für schräge, horizontale, gera<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r gebogene, kurze o<strong>de</strong>r lange<br />

Bohrungen im Lockergestein, Geröll und Fels.<br />

<strong>Rutschungsentwässerung</strong>en im HDD-Verfahren haben <strong>de</strong>n enormen Vorteil, dass keine<br />

Maschinenberührung und damit keine vibrieren<strong>de</strong> Auflast auf <strong>de</strong>r Rutschmasse arbeiten<br />

muss, so dass Mensch und Maschine von einem sicheren Terrain aus arbeiten können. In<br />

<strong>de</strong>r Vergangenheit hat es genügend Fälle gegeben, in <strong>de</strong>nen <strong>Bau</strong>geräte o<strong>de</strong>r vertikale<br />

Bohranlagen auf Rutschmassen ins Gleiten kamen, sogar umgestürzt sind und dabei<br />

Gefährdungen diverser Art erfolgten.<br />

Der an<strong>de</strong>re Vorteil besteht darin, dass alle HDD-Bohrungen als gravitative Entwässerungen<br />

gebaut wer<strong>de</strong>n können, so dass keine Pump- und För<strong>de</strong>rarbeit zum Extrahieren <strong>de</strong>s<br />

Wassers aus <strong>de</strong>m Rutschungskörpers benötigt wird.<br />

Der dritte Vorteil liegt in <strong>de</strong>r kostengünstigen und bautechnisch schnellen und sehr<br />

wirkungsvollen Drainageerrichtung. Mit HDD kann sehr schnell eine Entwässerung in<br />

Rutschungen erreicht wer<strong>de</strong>n, so dass auch das Gefahrenpotential dieser Rutschung zeitlich<br />

eher beseitigt wer<strong>de</strong>n kann, als mit konventionellen <strong>Bau</strong>verfahren.<br />

1. KLASSISCHE ENTWÄSSERUNG<br />

In klassischer <strong>Bau</strong>weise wer<strong>de</strong>n daher oftmals vertikale Brunnenbohrungen um und in<br />

Rutschungen vorgenommen und teilweise mittels Pumpen entwässert o<strong>de</strong>r es wer<strong>de</strong>n offene<br />

Draingräben gezogen, welche mit Schotter versetzt wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>r Entwässerung beginnt<br />

in <strong>de</strong>r Regel ein Verbau bzw. ein Abgraben in offener <strong>Bau</strong>weise. Durch die vibrieren<strong>de</strong>n<br />

Auflasten <strong>de</strong>r <strong>Bau</strong>fahrzeuge kommt eine sich im Kriech- o<strong>de</strong>r Gleitvorgang befindliche<br />

kritische bis überkritische Erdmasse oft erst recht in Bewegung, was vielfach eine<br />

Gefährdung von Personen und Maschinen mit sich bringen kann.<br />

2. ENTWÄSSERUNG DURCH HORIZONTALBOHRTECHNIK<br />

Hierbei wer<strong>de</strong>n Horizontalbohranlagen in gebühren<strong>de</strong>m Sicherheitsabstand am Hang<br />

unterhalb <strong>de</strong>r Rutschung aufgebaut, so dass die Bohrung im Gefälle hin ansteigend auf<br />

Bereiche <strong>de</strong>r Gleitzone bzw. <strong>de</strong>r Gleitbahn zusteuert, um bei Erreichen dieser Zone einen


freien Gefälleauslauf <strong>de</strong>r kritischen Wassermassen aus <strong>de</strong>r Gleitzone zu ermöglichen. Die<br />

von unterhalb <strong>de</strong>r Rutschung angelegten Entwässerungsbohrungen können<br />

verlaufsgesteuert so geführt wer<strong>de</strong>n, dass sie die Gleitzone durchfahren und somit<br />

durchkreuzend in <strong>de</strong>n Rutschkörper hineinragen. Auf diese Art ist auch eine Entwässerung<br />

aus <strong>de</strong>r Rutschmasse selbst erreichbar.<br />

Abb. 1: Schema einer HDD-<strong>Rutschungsentwässerung</strong><br />

2.1 Ablauf <strong>de</strong>r <strong>Rutschungsentwässerung</strong>en<br />

Rutschungen, die durch eine kritische bis überkritische Menge an Wassergehalt immer<br />

wie<strong>de</strong>r aktiv wer<strong>de</strong>n können, lassen sich durch eingebrachte Drainagebohrungen von <strong>de</strong>r<br />

Bergfußseite entwässern, damit beruhigen und manchmal sogar innerlich stabilisieren. Bei<br />

diesem Verfahren wird in feinkörnigen bis gemischtkörnigen Bö<strong>de</strong>n mit<br />

Lockergesteinsbohrköpfen gebohrt, lediglich in Hangsturzmassen mit Geröll und<br />

Blockmaterial müssen Mudmotoren als Felsvortriebsköpfe o<strong>de</strong>r HDD-Anlagen mit<br />

Doppelgestängebohrtechnik verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Die horizontal-bohrtechnische<br />

<strong>Rutschungsentwässerung</strong> hat <strong>de</strong>n Vorteil, dass keine Maschinenberührung (vibrieren<strong>de</strong><br />

Auflast) auf <strong>de</strong>r Rutschmasse erfolgt, son<strong>de</strong>rn von unterhalb <strong>de</strong>s Rutschungskörpers unter<br />

aufwärts geführter Durchschneidung <strong>de</strong>r Gleitbahn diese und die darüber liegen<strong>de</strong>, stark<br />

durchwässerte Zone schon durch das Hereinbohren Wasser verlieren wird. Durch <strong>de</strong>n<br />

Entzug <strong>de</strong>s Wasseranfalls aus <strong>de</strong>r Gleitbahn wird schon eine erhebliche Beruhigung <strong>de</strong>r<br />

Rutschungsmasse erreicht.<br />

I<strong>de</strong>alerweise sollte nach einem Rutschungsereignis die Gleitbahn bzw. die Gleitzone<br />

erkun<strong>de</strong>t und auskartiert sein. Dadurch hat die Bohrmannschaft die <strong>Mögl</strong>ichkeit, die HDD-<br />

Bohrung dank ihrer permanenten Ortungs- und Steuerbarkeit in die Gleitzone hineinzulenken<br />

und möglichst die Bohrung ein Stück durch die Gleitzone zu führen, bevor sie in die oberhalb<br />

liegen<strong>de</strong> Rutschmasse hineingeführt wird.


Beim Bohren selbst muss beachtet wer<strong>de</strong>n, dass grundsätzlich von unten nach oben in <strong>de</strong>n<br />

Berg hineingebohrt wird, so dass permanent aus <strong>de</strong>m frisch erzeugten Bohrvortrieb ein<br />

freigefälle-mäßiges Auslaufen <strong>de</strong>r Bohrspülung erfolgen kann. Die Bohrspülung sollte mit<br />

<strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s betroffenen Hanges möglichst wenig in Austausch treten können. Alles<br />

beim Bohren zum Bo<strong>de</strong>n- und Gesteinslösen in <strong>de</strong>n Berg eingebrachte Wasser muss sofort<br />

entweichen und abströmen können.<br />

Die Entwässerungsleitung kann bohrtechnisch so angelegt wer<strong>de</strong>n, dass <strong>de</strong>r Filterstrang in<br />

die Rutschmasse hineingreift, <strong>de</strong>r Haupteinlass <strong>de</strong>r Filter jedoch im Bereich <strong>de</strong>r Gleitbahn<br />

erfolgt. Durch <strong>de</strong>n Wasserentzug wird die Gleitbahn und die Rutschmasse trockener und<br />

rauher, die Rutschung beruhigt sich, da die kritische Wassermenge entzogen wur<strong>de</strong> und<br />

durch die gravitative Entwässerung weiterhin permanent entzogen wird. Durch<br />

entsprechen<strong>de</strong> Filterauswahl können bis zu 70 bis 80 % <strong>de</strong>r Wassermenge aus <strong>de</strong>m<br />

Rutschungskörper geholt wer<strong>de</strong>n. Sollte die Rutschung in sich mehrere Gleitbahnen<br />

aufweisen und von ihrem wechselhaften Bo<strong>de</strong>ngefügebestand immer noch kritische Zonen<br />

in sich bergen, so lassen mittels <strong>de</strong>r Horizontalbohrtechnik weitere Bohrungen, z.B.<br />

stockwerksartig, einbringen. Darüber hinausgehen<strong>de</strong> Maßnahmen sind durch stabilisieren<strong>de</strong><br />

Filterrohre, z.B. gelochte Stahlrohre, möglich. In an<strong>de</strong>ren Fällen, z.B. sehr tonigen und<br />

fließfähigen Bö<strong>de</strong>n, sind nach <strong>de</strong>m Drainageeinbau überhaupt erst weiterreichen<strong>de</strong><br />

Stabilisierungsmaßnahmen, z.B. Querverbau, möglich.<br />

2.2 Hausdrainagen<br />

Genauso wie Rutschungen grabenlos entwässert wer<strong>de</strong>n können, lassen sich<br />

aufgrabungsfrei Drainagen für Gebäu<strong>de</strong> in Hanglagen, die unter andrücken<strong>de</strong>m Bergwasser<br />

lei<strong>de</strong>n, verlegen. Oftmals waren ursprünglich Drainagen vorhan<strong>de</strong>n, die sich jedoch im<br />

Laufe <strong>de</strong>r Zeit, mangels Spülung, zugesetzt haben. Hier lässt sich unterhalb o<strong>de</strong>r neben <strong>de</strong>r<br />

alten Drainage ein neues System verlegen, welches zu<strong>de</strong>m eine spätere leichte Wartung<br />

erlaubt. Die Drainageverlegung mittels HDD fin<strong>de</strong>t Anwendung zur Erneuerung häuslicher<br />

Drainagen, für flächenhafte Bo<strong>de</strong>n- und Felddrainagen, für äußere Trockenlegungen von<br />

Fundamentmauern, zur Vermeidung von Grundwasserschä<strong>de</strong>n, zur Entwässerung von<br />

<strong>Bau</strong>fel<strong>de</strong>rn, <strong>Bau</strong>gruben und Tunnelstrecken.<br />

2.3 Deichkernentwässerungen<br />

Sowohl Küstenschutz<strong>de</strong>iche als auch Binnenland<strong>de</strong>iche (Hochwasserschutzdämme) haben<br />

in <strong>de</strong>r älteren <strong>Bau</strong>art keinen abdichten<strong>de</strong>n Deichkern, son<strong>de</strong>rn weisen oft nur eine<br />

Sandschüttung auf, die unter Deckwerk liegt. Viele Deiche können bei<br />

Hochwassersituationen im Sandkern Wasser ziehen, die Stabilität ist dann gefähr<strong>de</strong>t<br />

(Gefahr von Flankenrutschungen). Im Rahmen von Ertüchtigungsmaßnahmen wer<strong>de</strong>n


daher Deichkerne zur Landseite mit Drainagen versehen, die im großen Stil mittels HDD-<br />

Anlagen eingebaut wer<strong>de</strong>n. Große Abschnitte von Nordsee<strong>de</strong>ichen wur<strong>de</strong> auf diese Art<br />

ertüchtigt.<br />

Abb.2: Schema einer nachträglichen Hausdrainage mittels HDD-Bohrung<br />

2.4 Tagebauentwässerungen und Böschungsstabilisierung<br />

Im Bergbau und insbeson<strong>de</strong>re in Tagebauen sind <strong>de</strong>m Abbau vorauseilen<strong>de</strong><br />

Entwässerungen üblich und seit langem im Gebrauch. Dabei geht es zum einem um das<br />

Abführen von Bergwässern bzw. das Absenken <strong>de</strong>s vorhan<strong>de</strong>nen Grundwassers, wenn <strong>de</strong>r<br />

Abbaubetrieb sich schon im Lockergebirge unter <strong>de</strong>n Grundwasserspiegel hineingearbeitet<br />

hat.<br />

Je<strong>de</strong> frisch erzeugte Abbauböschung im Lockergestein verletzt das natürliche Gleichgewicht<br />

<strong>de</strong>s Gebirges und birgt die Gefahr einer potentiellen Rutschung in sich. Liegt im Bestand <strong>de</strong>s<br />

Lockergesteins ein Wassereinspeichervermögen und latente Gleitfähigkeit vor, so wird <strong>de</strong>r<br />

gefähr<strong>de</strong>te Böschungsabschnitt sofort drainiert. Vor allem in Braunkohletagebauen sind<br />

vertikale Absenkbrunnen und horizontale Stoßentwässerungen (bisher mit ungesteuerter<br />

Horizontalbohrtechnik) üblich und gehören zum Teil zum Tagesgeschäft. Wasser wird hier<br />

als Gegenspieler <strong>de</strong>s Bergbaus, quasi als „tückischer Geselle“ betrachtet, gegen <strong>de</strong>n man<br />

täglich anarbeiten muss. Bei eng gestaffelten Böschungsflanken wird häufig mit langen<br />

aufsteigen<strong>de</strong>n Freigefälledrainagen gearbeitet. Diese wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

zunehmend mit HDD-Anlagen durchgeführt. Auch ganze Deckgebirgslagen über <strong>de</strong>r Kohle<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn sie wasserstauen<strong>de</strong> Horizonte aufweisen, mit HDD-Anlagen durchbohrt und<br />

damit entwässert. HDD-Geräte sind in einigen Braunkohlengebieten auch zur horizontalen<br />

Entwässerung <strong>de</strong>r Kohleflöze selbst im Einsatz. Die Kohle kann auf diese Weise trockener<br />

gewonnen wer<strong>de</strong>n (Kohleschnitt durch Schaufelradbagger).<br />

2.5 Präventive Entwässerungen zur Hangsicherung


Viele Hanglagen unterliegen einer fortwähren<strong>de</strong>n Gefährdung durch natürlichem o<strong>de</strong>r<br />

künstlichem Hangeinschnitt. Flüsse, die an einem Prallhang nagen, Bäche, die Kerben in<br />

einen Hang einschnei<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r Ein- und Anschnitte künstlicher Art erzeugen oft steilere o<strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>rsförmige Hangsituationen, als zuvor bestan<strong>de</strong>n.<br />

Da Horizontalbohranlagen selbstfahrend sind und mit ihren Kettenantrieben auch schweres<br />

Gelän<strong>de</strong> bewältigen können, sind sie gut geeignet für <strong>de</strong>n Einsatz auf dürftigen Wegen in<br />

Feld und Flur. Mit kleinen kompakten Bohranlagen ohne großes Eigengewicht lassen sich<br />

verhältnismäßig lange horizontale bis schräge Strecken in bindigen Bö<strong>de</strong>n erbohren. Gera<strong>de</strong><br />

diese Bö<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen es konventionelle Bohranlagen schwer haben, sind mit <strong>de</strong>n<br />

Lockergesteinsbohrköpfen <strong>de</strong>r Horizontalbohrgeräte gut und schnell zu bohren. Die<br />

Bohrungen können dank eines zweigliedrigen Bohrkopfes in weichen Bö<strong>de</strong>n auch gleich im<br />

Enddurchmesser erzeugt wer<strong>de</strong>n.<br />

2.6 Lange Bohrstrecken zur Entwässerung von Bergrücken<br />

Für manche Stabilisierungsmaßnahmen sind lange Bohrungen erfor<strong>de</strong>rlich, etwa wenn<br />

flache, lange Hanglagen, ganze Bergrücken o<strong>de</strong>r ganze Bergabschnitte zu entwässern sind<br />

o<strong>de</strong>r kritische, schweben<strong>de</strong> Grundwasserkörper zu durchörtern sind. Beim 5. Kolloquium<br />

„<strong>Bau</strong>en in Bo<strong>de</strong>n und Fels“ <strong>de</strong>r Technischen Aka<strong>de</strong>mie Esslingen wur<strong>de</strong> von Th. BENZ<br />

(2006) sehr ausführlich von solch einem Anwendungsfall im Nor<strong>de</strong>n von Ulm berichtet. Mit<br />

einer Großbohranlage wur<strong>de</strong> ein breiter und flacher Bergrücken fächerförmig unterbohrt und<br />

so ein schweben<strong>de</strong>r Grundwasserkörper basisentwässert, <strong>de</strong>r eine ehemalige Gleitfläche<br />

hätte aktivieren können. In Südost-Europa (z.B. Ungarn, Rumänien, Bulgarien) sind lange<br />

Horizontalbohrungen zur Entwässerung gleitfähiger Bo<strong>de</strong>nhorizonte stärker verbreitet als in<br />

Mitteleuropa.<br />

2.7 Kurze Bohrstrecken für instabile Schieferhänge -<br />

Beispiele für Rutschungsstabilisierungen im Sauerland<br />

Durch einen tieferen <strong>Bau</strong>einschnitt in einer Hanglage in Lennestadt für <strong>de</strong>n <strong>Bau</strong> einer<br />

Werkhalle wur<strong>de</strong> das natürliche Gleichgewicht eines Berghanges gestört. Der Berg besteht,<br />

wie vorwiegend im Sauerland, aus <strong>de</strong>vonischem Tonschiefer und in <strong>de</strong>n unteren Hanglagen<br />

liegt mächtiges Hangschuttmaterial aus stückig zersetztem und zu Lehm verwittertem<br />

Tonschiefer vor. Das Hangschuttmaterial ist aufgrund hoher Nie<strong>de</strong>rschläge und ver<strong>de</strong>ckter<br />

Quellaustritte permanent sehr wassergesättigt. Der <strong>Bau</strong>einschnitt griff etwa 40 Meter weit in<br />

<strong>de</strong>n Hangschutt ein. Der dadurch steile Hanganschnitt hinter einer neu errichteten Werkhalle<br />

zeigte sehr bald kleine Rutschungsausbrüche und Bewegungsmerkmale.


In einer ersten Maßnahme wur<strong>de</strong>n gelochte Stahlrohre in <strong>de</strong>n unteren Hanganschnitt<br />

gerammt. Durch diese Stahlrohre wur<strong>de</strong> mit einer Horizontalbohranlage mit einem<br />

Lockergesteinsbohrkopf so weit, leicht aufsteigend, in <strong>de</strong>n Berg gebohrt, bis <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstand<br />

auf anstehen<strong>de</strong>n Schiefer schließen ließ. Diese mit leichtem Gefälle angeordneten<br />

Bohrungen erbrachten sofort Wasserführungen, allerdings von recht unterschiedlicher<br />

Schüttung. Die Bewegungen im Hang ließen nach, allerdings zeigten sich nach 2 Jahren<br />

erneut feine Bewegungen, so dass eine <strong>de</strong>taillierte Rutschungserkundung (Diplom-Arbeit<br />

Stefan Wied, Universität Siegen, 2004) und weitere Entwässerungsmaßnahmen<br />

beschlossen wur<strong>de</strong>n.<br />

Abb.3: Horizontalbohranlage Grundodrill 15 X beim Vortrieb <strong>de</strong>r Drainagebohrungen in<br />

Hangschuttmassen aus Lehm und Schieferbruchstücken<br />

Im Rahmen einer Horizontalbohrkampagne wur<strong>de</strong>n sieben Bohrungen vorgenommen. In<br />

diesen Bohrungen wur<strong>de</strong>n weitmaschige, aber sehr stabile Poly-Net-Gitterrohre <strong>de</strong>r Fa.<br />

Corning NSW mit 110 mm Durchmesser eingesetzt. In zwei dieser Rohre wur<strong>de</strong>n noch<br />

Aquaplus Filterrohre 63mm <strong>de</strong>r Fa. Stükerjürgen eingefügt.


Abb. 4: Das eingesetzte Filtermaterial: NSW Poly-Net Gitterrohre (weiß) und Aquaplus<br />

Filterrohre <strong>de</strong>r Fa. Stükerjürgen (schwarz)<br />

Diese bei<strong>de</strong>n Rohre mit <strong>de</strong>n eingefügten Innen-Filterrohren haben keine wesentlich höhere<br />

Wasserentnahme erbracht. Die Drainageleistung <strong>de</strong>r einzelnen Rohre variiert etwas, liegt<br />

aber durchschnittlich bei 15-25 Liter/Stun<strong>de</strong>.<br />

Beim Bohren wur<strong>de</strong> keine biologisch abbaubare Spülung verwen<strong>de</strong>t. Da <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n aus<br />

Verwitterungslehm und stückigem Schiefer mit vereinzelten Sandsteinrelikten bestand, war<br />

Wasser als Bohrspülung völlig ausreichend.<br />

Die Bohrungen wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>m Hangabschnitt eingebracht, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r größte<br />

Hangsanierungsbedarf bestand. Die Bohrungen wur<strong>de</strong>n paarweise und hierbei gekreuzt<br />

angeordnet, damit eine möglichst breite Fläche abge<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>. Die Bohrungen blieben,<br />

leicht aufsteigend, in <strong>de</strong>r Hanglehmschicht und steuerten auf die Gleitlinie hinzu.<br />

Beim Aufweiten <strong>de</strong>r Sackgassenbohrungen mit einem speziellen Aufweitkopf wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n<br />

meisten Fällen die Bohrtrasse <strong>de</strong>r Pilotbohrung exakt eingehalten.<br />

Abb. 5: Blick auf die Grundodrill 15 X – Bohranlage (Hersteller: Tracto-Technik) bei <strong>de</strong>r<br />

Durchführung <strong>de</strong>r Bohrarbeiten<br />

Da in an<strong>de</strong>ren Anschnittbereichen <strong>de</strong>s Berghanges immer wie<strong>de</strong>r leichte Bewegungen nach<br />

Nie<strong>de</strong>rschlagsereignissen auftraten, wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n nächsten Monaten weitere<br />

Horizontalbohrungen zur Aufnahme von POLY-NET Gitterrohren durchgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Sowohl die Horizontalbohrtechnik als auch die Gitterrohre haben sich in <strong>de</strong>r gegebenen


Hangsituation gut bewährt und dazu beigetragen, dass schon eine weitreichen<strong>de</strong><br />

Stabilisierung <strong>de</strong>s Anschnittes erreicht wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Abb.6 : Blick auf <strong>de</strong>n zweigliedrigen Bohrkopf (Patent Tracto-Technik), mit <strong>de</strong>m die<br />

Enddurchmesser für <strong>de</strong>n Einbau <strong>de</strong>r Drainagerohre (im Bildhintergrund sichtbar) erbohrt<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Gesteinslösearbeit wird überwiegend durch die hier gut sichtbaren<br />

Wasserhochdüsen erzeugt.<br />

2. 8 Auswahl <strong>de</strong>s richtigen Drainagerohres<br />

An je<strong>de</strong> Drainage besteht die For<strong>de</strong>rung nach möglichst ergiebiger Drainwirkung und langer<br />

Lebensdauer. Die Auswahl <strong>de</strong>s richtigen Drainagerohrmaterials in Bezug auf die gegebene<br />

Bo<strong>de</strong>nsituation und die damit gewünschte Entwässerungswirkung sowie ihre<br />

Einbaumöglichkeit unter <strong>de</strong>n Bewegungskräften <strong>de</strong>s Hanges sind entschei<strong>de</strong>nd. Die i<strong>de</strong>ale<br />

Durchlassgröße im Drainagerohr wird durch die Korngrößenverteilung (Granulometrie) <strong>de</strong>s<br />

Bo<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>finiert.<br />

Die Drainage sollte außer<strong>de</strong>m ein Maximum an Einlassgröße ermöglichen, ohne dass das<br />

Rohr beim Rohreinzug o<strong>de</strong>r durch Bewegungen im Hang<br />

bzw. in <strong>de</strong>r Rutschung<br />

überbeansprucht o<strong>de</strong>r gar zerstört wird. In Rutschungsbereichen ist oft ein sehr hoher<br />

Feinkornanteil gegeben, <strong>de</strong>r entwe<strong>de</strong>r geordnet o<strong>de</strong>r gesteuert in die Drainage eintreten<br />

darf, durch einmalige Spülung ausgeschwemmt wird, o<strong>de</strong>r gezielt von <strong>de</strong>n Eintrittsöffnungen<br />

in die Drainage ferngehalten wer<strong>de</strong>n muss. Dies kann durch Geotextilien, wie Vlies- und<br />

Faserstoffe, Gewirke und Netzgewebe, aber auch durch poröse Kunststoffe u.ä. erreicht<br />

wer<strong>de</strong>n. Für eine optimale Drainagefunktion ist die Abstimmung <strong>de</strong>r Durchlassstruktur auf die<br />

Eigenheiten <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nsituation extrem wichtig. Ohne diese Interaktion wird keine Drainage<br />

eine dauerhafte und gute Funktionalität erreichen.


2.9 Bohrungen in Bergsturzmassen und im Fels<br />

Die verlaufsgesteuerte Horizontalbohrtechnik ist auch im Fels, in Bergstürzen o<strong>de</strong>r<br />

Rutschmassen mit Felsanteilen einsetzbar, allerdings mit einer ganz an<strong>de</strong>ren<br />

Bohrkopfausrüstung. Da die Bohrkopfauswahl sich <strong>de</strong>n härtesten Komponenten in zu<br />

durchbohren<strong>de</strong>m Untergrund orientieren muss, ist oft ein sogenannter „Mudmotor“<br />

(=Bohrlochsohlenmotor, Moineau-Motor) erfor<strong>de</strong>rlich. Dies ist ein beson<strong>de</strong>rs langer,<br />

schraubenförmiger Bohrkopf, <strong>de</strong>r vorne mit einem Meißelkopf (z.B. Rollenmeißel) bestückt<br />

ist, und <strong>de</strong>r durch die Bohrspülung innen im Bohrkopf nach <strong>de</strong>m Verdränger-Schrauben-<br />

Prinzip angetrieben wird. Solche Mudmotoren sind 5 – 8 m lang, können daher nur<br />

weiträumige Kurven fahren, wer<strong>de</strong>n durch große Bohrspülungsmengen angetrieben, sind<br />

kompliziert aufgebaut und daher teuer. Sie können jedoch durch je<strong>de</strong> Form von Fels bohren,<br />

auch durch allerhärtesten Fels, allerdings liegen die Bohrkosten hier <strong>de</strong>utlich höher (oft<br />

min<strong>de</strong>stens 3-fach höher) als beim Lockergesteinsbohren.<br />

Seit kurzen gibt es auch sehr leistungsfähige HDD-Doppelbohrgestänge-Anlagen, die für<br />

Lockergestein, für Fels und insbeson<strong>de</strong>re für Geröll und Versturzmassen, somit für Haufwerk<br />

aus Locker- und Festgestein, optimal geeignet sind. Das innere Bohrgestänge dieser All<br />

Condition – HDD-Bohranlagen dient als Antriebsbohrgestänge für <strong>de</strong>n Bohrvortrieb, während<br />

das äußere Bohrgestänge als Schutzverrohrung und zur Verlaufssteuerung dient. Der<br />

Bohrkopf dieser Bohranlagen ist bestens schneidfähig für Fels, allerdings haben<br />

Doppelbohrgestänge-HDD-Anlagen eine Längenbegrenzung bei etwa 300 bis 400 m,<br />

während Bohranlagen mit Mudmotoren beliebige Längen im Fels erbohren können.<br />

Abb. 7: Grundodrill 18 ACS – Bohranlage im abendlichen Felsbohreinsatz


Im Fels o<strong>de</strong>r in stückigen Felsmassen (aufwändiger bohrbar als massiver Fels) sind<br />

vorherige Bohrplanungen sinnvoll, da die Bohrradien und die Aufstellmöglichkeiten meist<br />

eingeschränkter sind. Dennoch ist es lohnenswert, die Horizontalbohrtechnik für solche<br />

Einsätze einzuplanen. Mit <strong>de</strong>r Horizontalbohrtechnik lassen sich oft technisch elegante und<br />

clevere Lösungen zur Entwässerung solcher Bergsturzmassen fin<strong>de</strong>n und meistens ist <strong>de</strong>r<br />

Aufwand in <strong>de</strong>r Summenwirkung viel geringer als mit konventioneller Bohrtechnik.<br />

Literatur<br />

ARNOLD, W. (1993): Flachbohrtechnik; 968 S., Dt. Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig /<br />

Stuttgart.<br />

BAYER, H.-J. (2005): HDD-Praxis-Handbuch, 196 S., Vulkan-Verlag, Essen.<br />

BAYER, H.-J. (2006): Brunnenbau im HDD-Verfahren: bbr 5/2006, S. 42-49, Bonn.<br />

BAYER, H.-J. (2005): HDD-Drainageleitungen zur Rutschungsstabilisierung.- bi<br />

Umweltbau 1/05: S. 20-22, Kiel.<br />

BAYER, H.-J. (2010): Bergdurchbohrungen für <strong>de</strong>n Pipelinebau in Felsregionen und<br />

Anlandungsbohrungen unter Küstenzonen. – Felsbaumagazin 2010, Heft 1: S. 38 – 46,<br />

Essen.<br />

BAYER, H.-J. (2011): Tunnelnachrüstungen und Tunnelverbesserungen mit <strong>de</strong>m HDD-<br />

Verfahren. – Felsbaumagazin 2011, Heft 4, Essen.<br />

BAYER, H.-J. & REICH, M. (2012): Praxishandbuch HDD-Felsbohrtechnik. 212 S.,<br />

Vulkan-Verlag, Essen.<br />

BENZ, Th. (2006): Hangsicherung durch Hangentwässerung mittels verlaufsgesteuerter<br />

Horizontalbohrtechnik.- 5. Kolloquium „<strong>Bau</strong>en in Bo<strong>de</strong>n und Fels“, S. 107 – 117,<br />

Technische Aka<strong>de</strong>mie Esslingen, Ostfil<strong>de</strong>rn.<br />

ELBE, L. & BAYER, H.-J. (Herausg., 2010): Bohrspülungen für HDD- und Geothermie-<br />

Bohrungen; IRO-Bd. 26, Inst. für Rohrleitungsbau Ol<strong>de</strong>nburg, 273 S., Vulkan-Verlag, Essen.<br />

FENGLER, E. G. / BUNGER, S. (2007): Grundlagen <strong>de</strong>r Horizontalbohrtechnik (Herausgeg.:<br />

Wegener, T.), Iro-Schriftreihe Nr. 13, Essen: Vulkan-Verlag.<br />

HAMERS, M., SCHAUERTE, Th. & BAYER, H.-J. (2010): High-Tech in HDD-Anlagen –<br />

Technischer Generationensprung. – bi Umweltbau, 1/2010, S. 32 – 35, Kiel.

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