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Notenbanken und Fundamentale Analyse - Finance Trainer

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<strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong><br />

F<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong><br />

Skriptum für ACI Dealing <strong>und</strong> Operations Certificate <strong>und</strong> ACI Diploma<br />

In Zusammenarbeit mit den ACI-Organisationen<br />

Deutschland, Luxembourg, Österreich <strong>und</strong> Schweiz<br />

Stand: 02. April 2010<br />

Für den Inhalt verantwortlich: <strong>Finance</strong> <strong>Trainer</strong> International Ges.m.b.H.


NOTENBANKEN UND FUNDAMENTALE ANALYSE<br />

1. Die Wirtschafts- <strong>und</strong> Währungsunion (WWU) ......................................... 4<br />

2. Exkurs: Geschichte der Geld- <strong>und</strong> Devisenmärkte<br />

(nicht prüfungsrelevant für ACI-Diploma)................................................ 7<br />

2.1 Der Goldstandard (1880-1914) ........................................................................ 8<br />

2.2 Die Zwischenkriegszeit (1918-1939) ............................................................... 9<br />

2.3 Der Golddevisenstandard - System von Bretton Woods (1944-1970) ....... 10<br />

2.4 Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse (1971-1973) ............. 12<br />

2.5 Die Währungsordnung seit 1973 .................................................................. 15<br />

2.6 Das Europäische Währungssystem (EWS).................................................. 18<br />

2.7 Tabellarische Übersicht ................................................................................ 19<br />

3. Interventionsmechanismus der <strong>Notenbanken</strong>–Instrumente<br />

<strong>und</strong> Techniken .......................................................................................... 22<br />

3.1 Währungsreservepolitik ................................................................................ 22<br />

3.2 Refinanzierungspolitik .................................................................................. 24<br />

3.3 Mindestreservepolitik .................................................................................... 26<br />

3.4 Offenmarktpolitik ........................................................................................... 29<br />

3.5 Devisenmarkttransaktionen.......................................................................... 31<br />

3.6 Bilaterale Geschäfte ...................................................................................... 33<br />

4. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)......................... 35<br />

5. Das europäische System der Zentralbanken (ESZB)............................ 37<br />

6. Marktrelevante Merkmale wichtiger internationaler <strong>Notenbanken</strong>...... 38<br />

6.1 Organe mit währungspolitischer Entscheidungsbefugnis ........................ 38<br />

6.2 Hauptaufgaben <strong>und</strong> Ziele .............................................................................. 38<br />

6.3 Staatlicher Einfluss........................................................................................ 39<br />

6.4 Geld- <strong>und</strong> Währungspolitische Ziele............................................................ 39<br />

6.5 Instrumente zur Steuerung des Geldmarkts (ohne Mindestreserve) ........ 40<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 1 von 57


7. F<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> ............................................................................ 42<br />

7.1 Exkurs: Zahlungsbilanz <strong>und</strong> Teilbilanzen.................................................... 43<br />

7.2 Monokausale Erklärungsansätze ................................................................. 47<br />

7.2.1 Kaufkraftparitätentheorie.....................................................................................47<br />

7.2.2 Zinsparitätentheorie .............................................................................................48<br />

7.3 Integrierte Modelle......................................................................................... 49<br />

7.3.1 Traditionelle Ansätze............................................................................................49<br />

7.3.2 Keynesianisches Modell (John Maynard Keynes, brit. Ökonom, Politiker<br />

<strong>und</strong> Mathematiker 1883-1946)..............................................................................49<br />

7.3.3 Monetärer Ansatz..................................................................................................50<br />

7.3.4 Finanzmarktansatz ...............................................................................................50<br />

7.3.5 Neuere Ansätze.....................................................................................................51<br />

7.4 Volkswirtschaftliche Kennzahlen ................................................................. 52<br />

7.4.1 Indikatoren ............................................................................................................52<br />

7.5 Übersicht f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> ................................................................. 56<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 2 von 57


GESCHICHTE UND NOTENBANKEN<br />

Die aktuelle Hauptaufgabe der <strong>Notenbanken</strong> in aller Welt ist, für ein möglichst stabiles<br />

Preisniveau zu sorgen. Die Art <strong>und</strong> Weise, wie die <strong>Notenbanken</strong> versuchen, ein stabiles<br />

Preisniveau zu erreichen, ist allerdings unterschiedlich.<br />

Die gesetzlichen Regelungen der einzelnen Länder stellen den <strong>Notenbanken</strong> eine<br />

umfassende Auswahl an zins- <strong>und</strong> liquiditätspolitischen Instrumenten zur Erfüllung ihrer<br />

Aufgaben zur Verfügung. Während die Ausstattung mit Zentralbankgeld die Bankenliquidität<br />

direkt beeinflusst, haben Offenmarkt-, Diskont- <strong>und</strong> Lombardsatz Signalcharakter <strong>und</strong><br />

beeinflussen auf diesem Weg das Kreditgeschäft der Banken bzw. die Geld- <strong>und</strong><br />

Kreditnachfrage der Wirtschaft. So sind sie in der Lage, die Zinsen <strong>und</strong><br />

Liquiditätsverhältnisse am Geldmarkt in vielfältiger Weise im Sinne ihrer geldpolitischen<br />

Zielsetzungen zu beeinflussen. Entscheidende Voraussetzung für die erfolgreiche<br />

Umsetzung aller kreditpolitischen Maßnahmen ist ein gut funktionierendes<br />

Zahlungsverkehrssystem. So ist z.B. im Artikel 3 der ESZB (Europäisches System der<br />

Zentralbanken) Satzung als eine der Hauptaufgaben der EZB (Europäische Zentralbank)<br />

festgeschrieben, das reibungslose Funktionieren des Zahlungsverkehrs zu gewährleisten<br />

(TARGET Zahlungssystem).<br />

Im Gegensatz zu manchen anderen Ländern beschränken sich die Instrumente der EZB-<br />

Geldpolitik auf Eingriffsmöglichkeiten, die das freie Spiel der Marktkräfte <strong>und</strong> des<br />

Wettbewerbs im finanziellen Sektor der Wirtschaft weitgehend unangetastet lassen. Andere<br />

Zentralbanken verfügen beispielsweise über die Möglichkeit, die Kreditaufnahme der<br />

Nichtbanken unmittelbar zu beschränken (Kreditplafondierung) oder die an den Kredit- <strong>und</strong><br />

Wertpapiermärkten geltenden Zinssätze administrativ festzulegen (Zinsbindung). Abgesehen<br />

von diesen streng restriktiven Maßnahmen zielt die Politik der meisten <strong>Notenbanken</strong> im<br />

Wesentlichen darauf, das Kreditangebotsverhalten der Banken <strong>und</strong> die Geld- <strong>und</strong><br />

Kreditnachfrage der Wirtschaft mittelbar über Veränderungen der Bankenliquidität <strong>und</strong> den<br />

Zinsmechanismus an den Finanzmärkten zu steuern. Die dafür zur Verfügung stehenden<br />

Instrumente sind gesetzlich geregelt.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 3 von 57


1. Die Wirtschafts- <strong>und</strong> Währungsunion (WWU)<br />

Die EU-Staats- <strong>und</strong> Regierungschefs haben am 9./10. Dezember 1991 in Maastricht den<br />

Entwurf eines ”Vertrages über die Europäische Union” gebilligt. Dieser Vertrag sah für den<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> Währungsbereich die Weiterentwicklung der Gemeinschaft zu einer<br />

Wirtschafts- <strong>und</strong> Währungsunion (WWU) vor, welcher durch den am 1. Januar 1999<br />

durchgeführten Zusammenschluss der (damals elf) Teilnehmerstaaten Realität wurde<br />

Zu diesem Zeitpunkt wurde der ECU durch den Euro ersetzt <strong>und</strong> der sogenannte<br />

Wechselkursmechanismus II eingeführt. Letzteres ist Teil der Konvergenzkriterien für die<br />

Einführung des Euro <strong>und</strong> legt fest dass die Wechselkurse teilnehmender Länder nicht um<br />

mehr als +/- 15% zueinander schwanken dürfen. Die EZB ist dabei vertraglich zur<br />

Intervention verpflichtet bei einem drohenden Überschreiten der +/- 15% Abweichung.<br />

Die vordringliche Aufgabe der Gemeinschaft ist dabei in Artikel 2 des Vertrages formuliert,<br />

wobei die Errichtung der WWU zum Ziel hat, "...ein beständiges, nicht inflationäres <strong>und</strong><br />

umweltverträgliches Wachstum, einen hohen Grad an Konvergenz der Wirtschaftsleistungen,<br />

ein hohes Beschäftigungsniveau, ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Hebung des<br />

Lebensstandards <strong>und</strong> der Lebensqualität, den wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Zusammenhalt<br />

<strong>und</strong> die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern.”<br />

Zur Erreichung dieser Ziele sollen die Mitgliedsstaaten ihre Wirtschafts- <strong>und</strong> Finanzpolitik<br />

eng koordinieren <strong>und</strong> eine einheitliche Geld- <strong>und</strong> Wechselkurspolitik betreiben, die vorrangig<br />

auf das Ziel der Preisstabilität auszurichten ist. Des Weiteren wurde den Mitgliedsstaaten<br />

auferlegt, bei den öffentlichen Finanzen Haushaltsdisziplin zu wahren <strong>und</strong><br />

außenwirtschaftliches Gleichgewicht anzustreben. Die Mitgliedsstaaten haben bei ihren<br />

Tätigkeiten die Gr<strong>und</strong>sätze einer vom Wettbewerb geprägten offenen Marktwirtschaft zu<br />

beachten. Der Kapitalverkehr ist auch gegenüber Drittländern zu liberalisieren.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 4 von 57


Als F<strong>und</strong>ament für die Auswahl der Teilnehmer wurden vier Konvergenzkriterien, die so<br />

genannten Maastricht-Kriterien entwickelt. Im Einzelnen gestalten sich die vier Kriterien wie<br />

folgt:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Hoher Grad an Preisstabilität: Die Inflationsrate darf nicht mehr als 1½ % Punkte über<br />

den Inflationsraten der drei preisstabilsten Mitgliedsstaaten liegen.<br />

Öffentlicher Finanzhaushalt: Die Gesamtverschuldung des Staates darf 60% des<br />

Bruttoinlands-Produktes nicht überschreiten <strong>und</strong> das laufende Defizit der öffentlichen<br />

Hand darf nicht mehr als 3% des Bruttoinlandsproduktes betragen.<br />

Teilnahme am Europäischen Währungssystem (EWS): Für die Teilnahme an der EWU<br />

muss sich die betroffene Währung seit mindestens zwei Jahren innerhalb der<br />

Bandbreite des Wechselkursmechanismus des EWS bewegt haben.<br />

Langfristiger Zinssatz: Der Zinssatz langfristiger Staatsanleihen darf nicht höher liegen<br />

als 2% Punkte über dem Durchschnitt der drei preisstabilsten Mitgliedsstaaten.<br />

Definition: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) umfasst alle innerhalb der Landesgrenzen<br />

produzierten Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen einer Volkswirtschaft. Das Bruttonationalprodukt<br />

(BNP) umfasst alle von Inländern (im Inland oder Ausland) produzierten Güter <strong>und</strong><br />

Dienstleistungen. BNP <strong>und</strong> BIP unterscheiden sich um den Saldo der Erwerbs- <strong>und</strong><br />

Vermögenseinkommen zwischen Inländern <strong>und</strong> der übrigen Welt. Das Bruttosozialprodukt<br />

(BSP) ist ein Synonym für BNP.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 5 von 57


Folgende Länder nehmen derzeit an der Währungsunion teil (Stand 01/2009):<br />

Belgien<br />

Deutschland<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Griechenland (seit 1.1.2001)<br />

Irland<br />

Italien<br />

Luxemburg<br />

Malta (seit 1.1.2008)<br />

Niederlande<br />

Österreich<br />

Portugal<br />

Slowakei (seit 1.1.2009)<br />

Slowenien (seit 1.1.2007)<br />

Spanien<br />

Zypern (seit 1.1.2008)<br />

Großbritannien, Schweden <strong>und</strong> Dänemark bleiben vorläufig freiwillig der Währungsunion<br />

fern. Am 31.12.1998 wurden die Wechselkurse der Währungen der ursprünglichen Euro-<br />

Staaten zum Euro für die Transformationsphase endgültig fixiert:<br />

Land<br />

Belgien<br />

Deutschland<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Kurs<br />

40,3399 BEF<br />

1,95583 DEM<br />

5,94573 FIM<br />

6,55957 FRF<br />

Griechenland 340,75 GRD seit 1.1.2001<br />

Irland<br />

Italien<br />

Luxemburg<br />

0,787564 IEP<br />

1936,27 ITL<br />

40,3399 LUF<br />

Malta 0,429300 MTL seit 1.1.2008<br />

Niederlande<br />

Österreich<br />

2,20371 NLG<br />

13,7603 ATS<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 6 von 57


Portugal<br />

200,482 ESP<br />

Slowakei 30,1260 SKK seit 1.1.2009<br />

Slowenien 239,640 SIT seit 1.1.2007<br />

Spanien<br />

166,386 PTE<br />

Zypern 0,585274 CYP seit 1.1.2008<br />

Mit 1.1. 1999 nahm auch die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt/Main ihre<br />

Arbeit auf.<br />

Um fiskalpolitischen Undiszipliniertheiten Einhalt zu gebieten, wurde beim EU – Gipfel in<br />

Amsterdam im Jahr 1997 der Stabilitätspakt verabschiedet. Er sieht teils strenge Strafen für<br />

jene Länder vor, die die Kriterien des Budgetdefizits <strong>und</strong> der Staatsverschuldung nicht<br />

erfüllen. Ausnahmen wurden für rezessionsgeplagte Länder vorgesehen. Diese nicht<br />

unumstrittene fiskalpolitische Zwangsjacke wird sicherlich noch einigen Diskussionen<br />

unterzogen werden.<br />

Für die Stabilität des Euros ist vermutlich weniger entscheidend, ob die Kriterien punktgenau<br />

erfüllt werden können, sondern ob die Teilnehmerländer tatsächlich bereit sind, sich dem<br />

relativ strengen Regime einer unabhängigen Zentralbank zu unterwerfen.<br />

2. Exkurs: Geschichte der Geld- <strong>und</strong> Devisenmärkte<br />

(nicht prüfungsrelevant für ACI-Diploma)<br />

Die Technik des Devisenhandels geht bereits auf das Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts zurück, als<br />

es die Referenzwährung Gold ermöglichte, Zahlungen über ein Konto im Ausland problemlos<br />

abzuwickeln. Die technischen Errungenschaften zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts brachten<br />

große Fortschritte bei der Abwicklung <strong>und</strong> Kontrahierung von Geldgeschäften mit sich. Vom<br />

Telegrafen über das Telefon bis zur heutigen modernen Telekommunikation leisteten viele<br />

technische Neuerungen ihren Beitrag zur Modernisierung <strong>und</strong> Beschleunigung des<br />

Devisenhandels.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 7 von 57


2.1 Der Goldstandard (1880-1914)<br />

Der Goldstandard bildete ein System von festen Wechselkursen. Die Paritäten dieser<br />

Währungen waren zum Gold fixiert, wobei zwischen der Goldumlaufwährung <strong>und</strong> der<br />

Goldkernwährung unterschieden wurde.<br />

Um der Aufgabe als international anerkanntes Zahlungsmittel gerecht zu werden, hatte Gold<br />

als Umlaufwährung einige Bedingungen zu erfüllen:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die Zentralbank war dazu verpflichtet, Gold zu einem vorher festgelegten Preis<br />

anzukaufen oder zu verkaufen.<br />

Jedermann war befugt, Gold einzuschmelzen <strong>und</strong> anders zu verwenden.<br />

Die Besitzer von Barrengold hatten das Recht, jede beliebige Menge Gold bei der<br />

Münzanstalt in Goldmünzen prägen zu lassen.<br />

Die Ein- <strong>und</strong> Ausfuhr von Gold war in unbeschränkter Höhe möglich.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 8 von 57


Auf diese Weise stimmten der Nominalwert <strong>und</strong> der Metallwert der Münzen immer überein.<br />

Die Liquidität im System der Goldumlaufwährung wurde aber durch die Goldproduktion <strong>und</strong><br />

den industriellen Goldbedarf bestimmt.<br />

Im System der Goldkernwährung war die Funktion von Gold ausschließlich auf die<br />

Reservehaltung begrenzt, weil sich die Geldmenge zum größten Teil aus Papiergeld<br />

zusammensetzte. Obwohl Papiergeld bei der Notenbank jederzeit in Gold umgetauscht<br />

werden konnte, bestand die Annahme, dass trotzdem immer ein gewisser Mindestbestand<br />

an Papiergeld im Umlauf bleiben würde. Die <strong>Notenbanken</strong> konnten sich daher erlauben,<br />

keine vollständige Golddeckung mehr zu halten, wodurch die Menge an Papiergeld, die sich<br />

im Umlauf befand, immer den Bestand an Währungsmetall überstieg.<br />

2.2 Die Zwischenkriegszeit (1918-1939)<br />

Die Wirren <strong>und</strong> die enormen Kosten des Ersten Weltkriegs erforderten eine erhöhte<br />

Geldschöpfung in nahezu allen europäischen Ländern. Stark unterschiedliche Inflationsraten<br />

in den einzelnen Ländern hatten zur Folge, dass das internationale Preisgefüge auseinander<br />

klaffte.<br />

Um den außenwirtschaftlichen Problemen - bedingt durch die Überbewertung ihrer Währung<br />

- entgegenzuwirken, vollzog eine Reihe von Ländern massive Abwertungen der eigenen<br />

Währung. Die Wechselkurssenkung einer Währung entsprach aber wiederum der<br />

Höherbewertung einer anderen. Die Folge davon war ein regelrechter Abwertungswettlauf, in<br />

dessen Sog alle bedeutenden Weltwährungen mitgerissen wurden.<br />

Neben Inflation <strong>und</strong> Abwertung gab es auch noch einige andere Faktoren, die auf die<br />

internationale Währungsordnung der Zwischenkriegszeit einen negativen Einfluss hatten.<br />

Ausgelöst durch die Weltwirtschaftskrise, wurden ab dem Jahre 1931 in verschiedenen<br />

Staaten Europas Devisenkontrollmechanismen eingeführt. Um zu verhindern, dass für die<br />

laufenden Auslandszahlungen keine ausreichenden Devisenreserven vorhanden sein<br />

würden, sahen sich die Währungsbehörden veranlasst, die Ein- <strong>und</strong> Ausfuhr von Devisen<br />

ständig zu kontrollieren.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 9 von 57


Daraus ergaben sich die beiden Hauptmerkmale jeder Devisenbewirtschaftung:<br />

Auf der einen Seite bestand ein Verbot oder die Beschränkung der Kapitalausfuhr. Auf der<br />

anderen Seite gab es die Verpflichtung, dem Staat die aus Export- oder Finanzgeschäften<br />

anfallenden ausländischen Devisen abzutreten.<br />

Schließlich brachte der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs eine Entwicklung mit sich, die auch<br />

jene Länder, die bis zu diesem Zeitpunkt auf eine Devisenbewirtschaftung verzichtet hatten,<br />

zwang, eine kontrollierte Devisenbewirtschaftung einzurichten.<br />

2.3 Der Golddevisenstandard - System von Bretton Woods (1944-<br />

1970)<br />

Bereits im Jahre 1943 sahen sich die damaligen Großmächte USA <strong>und</strong> Großbritannien<br />

veranlasst, die Zusammenarbeit an einem freien, multilateralen <strong>und</strong> stabilen<br />

Währungssystem zu beginnen, waren doch die erschütternden Erfahrungen der letzten<br />

Kriegsjahre <strong>und</strong> der Zwischenkriegszeit Gr<strong>und</strong> genug, rechtzeitige Vorkehrungen in diese<br />

Richtung zu treffen.<br />

Auf der Konferenz von Bretton Woods im Juli 1944 brachten die amerikanischen Vertreter<br />

wieder die Gr<strong>und</strong>idee des damaligen Goldstandardsystems ins Spiel. Nachdem diese Linie<br />

allgemein akzeptiert wurde, einigte man sich auch auf einen international neutralen<br />

Währungshüter, womit die Idee des damals noch zu gründenden Internationalen<br />

Währungsfonds (IWF, International Monetary F<strong>und</strong> IMF) mit Sitz in Washington, D.C. ins<br />

Leben gerufen wurde. Die Hauptziele dieser neu geschaffenen Ordnung lassen sich wie folgt<br />

zusammenfassen:<br />

<br />

<br />

<br />

Errichtung eines internationalen Währungssystems mit stabilen Wechselkursen<br />

Abbau der noch vorhandenen Devisenrestriktionen<br />

Einführung der Konvertibilität aller Währungen<br />

Das Ziel, ein System stabiler Wechselkurse mit Bandbreiten zu errichten, wurde dadurch<br />

erreicht, dass jedes Mitglied des IWF für seine Währung eine bestimmte Parität gegenüber<br />

dem Gold bzw. dem Dollar fixierte <strong>und</strong> sich darüber hinaus verpflichtete, die<br />

Kursschwankungen durch Notenbankinterventionen innerhalb einer Spanne von ± 1% der<br />

Parität zu halten.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 10 von 57


Willkürliche Abwertungen wurden dadurch vermieden, dass die ursprünglich festgelegten<br />

Paritäten nur im Einvernehmen mit dem Währungsfonds geändert werden durften. Der IWF<br />

durfte sich jedoch einer solchen Änderung nicht widersetzen, wenn diese einen Wert von<br />

10% nicht überschritt. Da man aber Länder mit Zahlungsbilanzschwierigkeiten von<br />

weltwirtschaftlich schädlichen Handels- <strong>und</strong> Zahlungsrestriktionen oder übereilten<br />

Wechselkurssenkungen abhalten wollte, schuf man im IWF für diese Länder einen<br />

Kreditfonds - die Sonderziehungsrechte (SZR).<br />

Dieser Fonds war als Kreditgeber für jene Länder gedacht, die über keine ausreichenden<br />

Reserven verfügten <strong>und</strong> die dadurch bei einem Zahlungsbilanzdefizit die innere Anpassung<br />

problemloser vollziehen konnten. Die Höhe der zu gewährenden Mittel hängt dabei von der<br />

jeweiligen Länderquote ab, die auf wirtschaftliche Größen wie Volkseinkommen,<br />

Währungsreserven, Außenhandel <strong>und</strong> dessen Schwankungen abstellt. Das SZR ist auch die<br />

Rechnungseinheit des IWF, der Wert bemisst sich nach einem Korb aus vier Währungen<br />

(USD, GBP, EUR <strong>und</strong> JPY).<br />

Im kriegszerstörten <strong>und</strong> von Devisenbewirtschaftung geprägten Europa konnte die<br />

Liberalisierung des Zahlungsverkehrs offenbar nur stufenweise vollzogen werden.<br />

Instrumentarium dafür war zu einem wesentlichen Teil die im Jahre 1950 gegründete<br />

Europäische Zahlungsunion (EZU). Sie war im Rahmen der Außenhandelspolitik der<br />

Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) entstanden, <strong>und</strong> so<br />

bestand ihr vordergründiger Zweck darin, den europäischen Zahlungsverkehr auf eine<br />

multilaterale Basis zu stellen <strong>und</strong> darüber hinaus den Übergang zur Konvertibilität<br />

vorzubereiten. Schließlich erfolgte der Schritt zur Währungskonvertibilität im Dezember des<br />

Jahres 1958.<br />

Gleichzeitig trat anstelle der EZU das bereits 1955 ratifizierte Europäische<br />

Währungsabkommen (EWA).<br />

Obwohl das in Bretton Woods geschaffene internationale Währungssystem über gut zwei<br />

Jahrzehnte bestehen konnte, wurde es dennoch von schweren Krisen heimgesucht. Die<br />

ersten Abwertungen erfolgten bereits im September 1949, wobei die fünfziger Jahre,<br />

gekennzeichnet durch eine fortschreitende Rückkehr zur Währungskonvertibilität, eher ruhig<br />

verliefen.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 11 von 57


Anders die Situation in den sechziger Jahren. Zu Beginn der sechziger Jahre führten<br />

massive Zahlungsbilanzdefizite der USA zu einem Sturmlauf auf Gold in nahezu allen<br />

Märkten, was den Goldpreis hochschnellen ließ. Die <strong>Notenbanken</strong> entschlossen sich daher,<br />

im Jahre 1961 einen Goldpool zu bilden, um den Preis per Unze auf stabilem Niveau halten<br />

zu können (35 USD die Feinunze). Ebenso war die internationale Währungssituation<br />

aufgr<strong>und</strong> des unterschiedlichen Wirtschaftswachstums einzelner Länder äußerst unruhig.<br />

Teilweise hohe Zahlungsbilanzüberschüsse führten diesmal zu einer Aufwertung einzelner<br />

Währungen, was in einem erneuten Ungleichgewicht des Währungsgefüges resultierte.<br />

Nachdem das Pf<strong>und</strong>, nach jahrelangen Stützungsaktionen, im Jahre 1967 massiv<br />

abgewertet werden musste, entstand wieder einmal ein Run auf die Goldmärkte. Die<br />

dadurch entstandenen Verluste der <strong>Notenbanken</strong> führten dazu, dass der 1961 eingeführte<br />

Goldpool 1968 wiederaufgelöst werden musste.<br />

Darüber hinaus kam es in einigen wichtigen europäischen Ländern zu politischen <strong>und</strong> in<br />

weiterer Folge zu wirtschaftspolitischen Problemen. Beispielsweise lösten die Unruhen von<br />

Paris im Jahre 1968 eine Kapitalflucht aus, die die Banque de France zwang, den<br />

französischen Franc um über 10% abzuwerten. Gleichzeitig veranlassten umfangreiche<br />

Kapitalzuflüsse die Deutsche B<strong>und</strong>esbank dazu, ihre Interventionen auf dem Devisenmarkt<br />

einzustellen. Anstatt die D-Mark sofort aufzuwerten, zog es die Deutsche B<strong>und</strong>esbank vor,<br />

den Kurs eine Zeitlang frei schwanken zu lassen. Erst im Oktober 1969 wertete die<br />

B<strong>und</strong>esbank die D-Mark offiziell um fast 10% auf.<br />

1961 wurde die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit <strong>und</strong> Entwicklung<br />

(OECD) geschaffen als Nachfolgeorganisation der Organisation für Europäische<br />

Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) mit Sitz in Paris. Der OECD gehören derzeit 30<br />

Mitglieder an.<br />

Ziele der OECD sind die Förderung einer optimalen Wirtschaftsentwicklung in den<br />

Mitgliedsstaaten <strong>und</strong> die Ausweitung des Welthandels in einem System des<br />

Multilateralismus. Die OECD befasst sich mit der Koordination der Entwicklungshilfe, vor<br />

allem aber ist sie als Diskussionsforum der westlichen Industrieländer mit der Untersuchung<br />

<strong>und</strong> informellen Vorabklärung vieler internationaler Fragen befasst.<br />

2.4 Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse (1971-1973)<br />

Durch eine Krise des internationalen Währungssystems brach das System von Bretton<br />

Woods schließlich zu Beginn der siebziger Jahre in sich zusammen. Hohe<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 12 von 57


Zahlungsbilanzdefizite der USA führten dazu, dass das Vertrauen in den Dollar als<br />

internationale Leitwährung verlorenging. Ein künstlich tiefgehaltenes Zinsniveau in den USA<br />

(Regulation Q), gekoppelt mit einem steigenden Handelsbilanzdefizit (Vietnamkrieg) <strong>und</strong><br />

einem massiven Abzug der Dollarguthaben der ehemaligen Ostblockländer aus den USA,<br />

lösten dort im Frühjahr 1971 eine schwere Dollarkrise aus. Enorme Kapitalbeträge flossen<br />

innerhalb kürzester Zeit aus den USA in die europäischen Märkte, deren Zinssätze weiterhin<br />

auf hohem Niveau waren.<br />

Nach heftigen Interventionen der Deutschen B<strong>und</strong>esbank <strong>und</strong> der Schweizerischen<br />

Nationalbank werteten die Schweiz <strong>und</strong> Österreich ihre Währungen auf, wogegen<br />

Deutschland <strong>und</strong> Holland ihre Währungen auf unbestimmte Zeit frei schwanken (”floaten”)<br />

ließen.<br />

Da die Dollarkrise anhielt, konnte die Goldkonvertibilität des Dollars nicht länger<br />

aufrechterhalten werden. Am 15. August 1971 mussten die Vereinigten Staaten die<br />

Goldkonvertibilität des Dollars aufheben, <strong>und</strong> Deutschland, Holland sowie die meisten<br />

anderen Länder ließen ihre Währungen frei schwanken. Die offiziellen Paritäten <strong>und</strong><br />

Interventionskurse waren somit de facto aufgehoben. Im Dezember 1971 erklärten sich die<br />

Vereinigten Staaten unter der Bedingung, dass die wichtigsten europäischen Länder <strong>und</strong><br />

Japan ihre Währungen aufwerten, bereit, den Dollar abzuwerten. Das Einverständnis aller<br />

Parteien öffnete den Weg für eine allgemeine Rückkehr zu festen Paritäten, verb<strong>und</strong>en mit<br />

einer Neufestsetzung der Leitkurse der wichtigsten Währungen.<br />

Im Rahmen des Smithsonian Agreements verpflichteten sich daher die USA anlässlich der<br />

Währungskonferenz vom 17./18. Dezember 1971, den offiziellen Goldpreis von USD 35 auf<br />

USD 38 pro Unze zu erhöhen, was einer Dollarabwertung von 7,9 % entsprach. Die<br />

europäischen Länder <strong>und</strong> Japan werteten ihre Währungen zusätzlich um fast 8% auf,<br />

während Kanada beschloss, den freien Wechselkurs beizubehalten. Gleichzeitig wurde die<br />

Spanne zwischen den einzelnen Interventionspunkten (Höchst- <strong>und</strong> Tiefstwerte) ausgedehnt,<br />

was dazu führte, dass Nicht-Dollarwährungen untereinander um einen höheren Wert (±<br />

4½%) schwanken konnten.<br />

Ein Problem des Smithsonian Agreements war, dass der Dollar über keine Goldkonvertibilität<br />

verfügte, eine Tatsache, die - wie sich später noch herausstellen sollte- zu erneuten Unruhen<br />

im internationalen Währungsgebäude führen sollte. Die Interventionsbandbreite im<br />

Währungssystem trug zwar einiges zur Stabilisierung der Wechselkurse bei, jedoch konnten<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 13 von 57


massive Kapitalbewegungen, die durch Spekulationen begründet waren, nicht verhindert<br />

werden. Mitte 1972 musste die Bank of England das Pf<strong>und</strong> Sterling aufgr<strong>und</strong> des starken<br />

internationalen Drucks erneut floaten lassen, <strong>und</strong> in weiterer Folge setzten sich andere<br />

Industrieländer wie Deutschland, Holland, die Schweiz <strong>und</strong> Japan gegen einen zu starken<br />

Dollarzustrom zur Wehr.<br />

Das Scheitern des Systems der festen Wechselkurse konnte aber bereits nicht mehr<br />

abgewendet werden. Anfang 1973 geriet die italienische Lira unter starken Druck, die USA<br />

nahmen eine weitere Abwertung vor <strong>und</strong> erhöhten den offiziellen Goldpreis von USD 38 auf<br />

über USD 42, während die Schweiz <strong>und</strong> Japan ihre Währungen nochmals um 12% bzw. um<br />

7% aufwerteten. Da der Kapitalzustrom jedoch nicht abbrach, sagten sich im März 1973 alle<br />

währungsstarken europäischen Staaten <strong>und</strong> Japan von der Interventionspflicht los. Damit<br />

hatte das System von festen Währungsparitäten praktisch aufgehört zu existieren.<br />

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2.5 Die Währungsordnung seit 1973<br />

Nach dem Zusammenbruch des Fixkurssystems kam es zu unterschiedlichen<br />

Entwicklungen. Die meisten Industriestaaten betrieben ein kontrolliertes Floating (s.u.), d.h.<br />

die Wechselkurse wurden nicht völlig dem freien Markt überlassen. Durch Interventionen der<br />

<strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> den richtigen Einsatz der monetären Instrumente wurden nicht nur<br />

Tagesschwankungen geglättet, sondern wurde auch versucht, Auf- oder Abwertungen zu<br />

verhindern. Auf einer Konferenz im Januar 1976 gestattete dann auch der IWF das Floating.<br />

Jeder Staat konnte wählen, ob er allein oder gemeinsam mit anderen Staaten fixe oder<br />

flexible Wechselkurse anwenden will. Einzige Bedingung war das Streben nach geordneten<br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> finanziellen Verhältnissen.<br />

Nach der Freigabe der Wechselkurse kam es zu einer massiven Abwärtsbewegung des<br />

Dollars. Dies war nur eine längst fällige Korrektur des durch das Fixkurssystem verzerrten<br />

Gefüges. Nach einer kurzen Stabilisierungsphase kam es ab 1977 zu einer neuerlichen<br />

Dollarbaisse. Gr<strong>und</strong> dafür waren vor allem eine stark defizitäre Ertragsbilanz <strong>und</strong> das<br />

Desinteresse der US-Währungsbehörden an der Dollarkursentwicklung. In Europa kam es zu<br />

einer Polarisierung. F<strong>und</strong>amental schwache Währungen wie das Pf<strong>und</strong> <strong>und</strong> die Lira wurden<br />

abgewertet, starke Währungen (D-Mark, Franken, Gulden) wurden noch fester. Nach einer<br />

Modifizierung der amerikanischen Politik kam es zwischen 1979 <strong>und</strong> 1985 zu einem<br />

Wiedererstarken des Dollars. Die durch strikte Kontrolle des monetären<br />

Wachstumssteigenden Zinsen trugen das Ihre dazu bei. Allerdings kam es wegen der<br />

expansiven US-Geldpolitik <strong>und</strong> eines hohen Zahlungsbilanzdefizites danach wieder zu einem<br />

deutlichen Abfall des Dollarkurses.<br />

Das Ende der achtziger Jahre war dagegen von einer relativen Stabilität gekennzeichnet.<br />

Das war unter anderem das Resultat des Louvre-Übereinkommens aus dem Jahre 1987, in<br />

dem sich die sieben wichtigsten Wirtschaftsnationen (G7, das sind USA, Kanada, Japan,<br />

Großbritannien, Italien, Frankreich, Deutschland) einigten, ihre Wechselkursrelationen durch<br />

Interventionen, Appelle <strong>und</strong> zinspolitische Maßnahmen zu festigen. Erst 1990 kam der Dollar<br />

wegen der Rezessionsängste <strong>und</strong> der Probleme im US-amerikanischen Sparkassensektor<br />

neuerlich unter Druck.<br />

Im Jahr 1993 geriet das Europäische Währungssystem unter Druck, die eng fixierten<br />

Bandbreiten konnten nicht länger gehalten werden <strong>und</strong> mussten aufgeweicht werden. Als die<br />

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Währungskrise der 90er ging jedoch die grenzüberschreitende Asienkrise (1997) in die<br />

Geschichtsbücher ein. Daneben sind noch die so genannte „Tequila-Krise“ in Mexiko 1994<br />

<strong>und</strong> die Brasilienkrise 1999 zu erwähnen, wobei diese lokal beschränkt waren.<br />

Eine echte Stabilisierung der Währungsverhältnisse kann aber nur durch einen<br />

internationalen Gleichschritt in der Wirtschaftspolitik erreicht werden. Solange einige Länder<br />

der Preisstabilität, andere dem wirtschaftlichen Wachstum die höchste Priorität einräumen,<br />

ist man von diesem Ziel aber noch weit entfernt.<br />

Wechselkurssysteme<br />

Bekannteste Wechselkurssysteme sind das Bretton-Woods-Abkommen sowie das frühere<br />

Europäische Währungssystem. Es werden zwei Gr<strong>und</strong>formen unterschieden, mit denen<br />

auch unterschiedliche Zahlungsbilanzausgleichsmechanismen verb<strong>und</strong>en sind: flexible <strong>und</strong><br />

fixe Wechselkurse.<br />

Bei flexiblen („floating“) Wechselkursen bildet sich der Wechselkurs allein aufgr<strong>und</strong> der<br />

Marktkräfte am Devisenmarkt, ohne Eingriff wirtschaftspolitischer Instanzen.<br />

Bei fixen Wechselkursen wird von den wirtschaftspolitischen Instanzen ein fester<br />

Wechselkurs festgelegt. In der Regel handelt es sich dabei um feste, aber anpassungsfähige<br />

Wechselkurse, d.h. innerhalb bestimmter Bandbreiten können die Wechselkurse frei<br />

schwanken, die Zentralbanken verteidigen nur die Grenzen dieser Bandbreiten<br />

(Interventionsband bzw. obere <strong>und</strong> untere Interventionspunkte).<br />

Eine Mischform ist das kontrollierte Floating („Managed Floating“). Die Wechselkurse<br />

bilden sich gr<strong>und</strong>sätzlich frei, die Zentralbanken intervenieren aber (verdeckt oder offen), um<br />

bestimmte (stillschweigende oder offene) Absprachen zu realisieren.<br />

Eine Sonderform ist die Gleitparität, d.h. die Anpassung des Wechselkurses in regelmäßigen<br />

Intervallen (z.B. wöchentlich) um einen im voraus bestimmten Betrag (z.B. USD/HKD).<br />

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Die Gründe für die Wahl des Wechselkurssystems ergeben sich sowohl aus der speziellen<br />

Import- oder Exportstruktur eines Landes als auch aus bestimmten währungs- <strong>und</strong><br />

wirtschaftspolitischen Leitvorstellungen. Für primär rohstoffexportierende Länder mag es im<br />

Devisenmanagement leichter sein, sich z.B. an den USD zu binden, da in dieser Währung<br />

viele Rohstoffe quotiert <strong>und</strong> Exportkontrakte abgeschlossen werden.<br />

Länder mit einer diversifizierten Handelsstruktur mögen es vorteilhafter finden, den<br />

unterschiedlichen Wechselkursentwicklungen anderer Handelswährungen dadurch zu<br />

begegnen, dass sie den Kurs ihrer Währung an einen „Korb“ von Währungen binden.<br />

Flexible Wechselkurse haben vor allem Vorteile durch die Autonomie in der<br />

Geldmengenpolitik. Da die <strong>Notenbanken</strong> nicht mehr gezwungen sind, fixe Währungskurse zu<br />

garantieren, kann die Geldmenge besser den gewünschten wirtschaftspolitischen Zielen<br />

angepasst werden.<br />

Zu beachten ist dass bei der Wahl des Wechselkurssystems dass die drei Ziele<br />

- Wechselkursstabilität<br />

- Kapitalverkehrsfreiheit<br />

- Autonomie der Geldpolitik<br />

nie vollständig <strong>und</strong> gleichmäßig erreicht werden können. Diesen Zielkonflikt bezeichnet man<br />

als Unmöglichkeitsdreieck.<br />

Insgesamt ist bei Wechselkurssystemen eine Tendenz weg von Zwischenlösungen hin zu<br />

den beiden Enden des Wechselkursspektrums (Free Float, Hard Peg) zu beobachten. Die<br />

extremste Form eines rigiden Wechselkurssystems ist dabei eine Währungsintegration wie<br />

beispielsweise die Einführung des EUR eine darstellt.<br />

Hauptgr<strong>und</strong> ist, dass beide Extremformen als krisenresistenter angesehen werden.<br />

Ökonomen stimmen darin überein, dass ein System flexibler Wechselkurse gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

einem Festkurssystem vorzuziehen ist. Für eine Gruppe von stark integrierten Ländern kann<br />

eine gemeinsame Währung jedoch die bessere Lösung darstellen.<br />

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2.6 Das Europäische Währungssystem (EWS)<br />

Die Gr<strong>und</strong>satzentscheidung zur Wirtschafts- <strong>und</strong> Währungsunion fiel im Dezember 1969 in<br />

Den Haag. Durch die erheblichen Turbulenzen Ende der sechziger <strong>und</strong> Anfang der siebziger<br />

Jahre konnte der erste Versuch einer engeren Kopplung der EWG-Währungen<br />

untereinander erst nach der Beruhigung durch das Smithsonian Agreement gestartet<br />

werden. Nachdem die Kurse der Währungen im Smithsonian Agreement mit maximal 4,5%<br />

gegenüber dem USD schwanken konnten, ergab sich unter den EWG-Währungen eine<br />

theoretische Schwankungsbreite von 9%. Diese maximale Schwankungsbreite wurde im<br />

Wechselverb<strong>und</strong> von 1972 (Währungsschlange) auf 2,25% für die EWG-Währungen<br />

untereinander reduziert. Diese Bemühungen waren aber von keinem besonderen Erfolg<br />

begleitet, denn die Mitgliedschaft im Verb<strong>und</strong> wechselte ständig, <strong>und</strong> zeitweise gab es (zu)<br />

wenig Mitgliedsstaaten.<br />

Das am 13. März 1979 in Kraft getretene EWS (Europäisches Währungssystem), der<br />

Nachfolger des EWV (Europäischer Währungsverb<strong>und</strong>), wurde als insgesamt dritter Anlauf<br />

zur monetären Integration ins Leben gerufen. Es war ein regionales System fester, aber<br />

anpassungsfähiger Wechselkurse. Mitglieder waren alle Staaten der Europäischen Union<br />

(EU), wobei aber gr<strong>und</strong>sätzlich für all jene Länder, die nicht der EU angehören, aber enge<br />

wirtschaftliche <strong>und</strong> finanzielle Beziehungen zu ihr unterhalten, die Möglichkeit bestand, sich<br />

durch Assoziierung am Wechselkurs- <strong>und</strong> Interventionsmechanismus zu beteiligen.<br />

Kern des EWS war der so genannte Wechselkursmechanismus (WKM), welcher die<br />

Wechselkursfluktuationen zwischen beteiligten Ländern innerhalb festgelegter Bandbreiten<br />

(+/- 2,25%) halten sollte. Der Wechselkurs gegenüber nicht beteiligten Ländern blieb<br />

variabel.<br />

Überschritt der Wechselkurs zwischen zwei Ländern die zulässige Bandbreite, so waren die<br />

Zentralbanken beider betroffenen Länder verpflichtet durch Intervention den Wechselkurs<br />

wieder auf die vorgegebene Bandbreite zu bringen. War der Kurs durch Interventionen nicht<br />

mehr in der Bandbreite zu halten, bestand auch die Möglichkeit in einem Realignment neue<br />

Leitkurse zu fixieren, wovon man zwischen 1979 <strong>und</strong> 1993 17 Mal Gebrauch machte. Im<br />

August 1993 kam es unter dem Druck spekulativer Angriffe auf dem Devisenmarkt zu einer<br />

Krise des EWS, welches die Erweiterung der Bandbreiten der meisten EWS-Wechselkurse<br />

auf +/- 15% bedingte.<br />

Ziel des EWS war es, durch eine engere währungspolitische Zusammenarbeit eine ”Zone<br />

der monetären Stabilität in Europa”, das bedeutet Wechselkurs- <strong>und</strong> Preisstabilität, zu<br />

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schaffen. Die Fixierung der Wechselkurse sollte die wirtschaftliche Integration stärken <strong>und</strong><br />

den Handel innerhalb der EU begünstigen.<br />

Zu diesem Zwecke wurde 1979 auch die Europäische Währungseinheit (European Currency<br />

Unit = ECU) als Rechen- <strong>und</strong> Bezugsmittel der Wechselkurse sowie als Zahlungsmittel <strong>und</strong><br />

Reservewährung der Zentralbanken eingeführt.<br />

European Currency Unit (ECU)<br />

Als wesentliches Element des EWS wurde der ECU als Währungskorb definiert, der sich<br />

aus festen Beträgen der Währungen der Gemeinschaft zusammensetzte. Der ECU war<br />

damit ein Währungskorb, in dem EU-Währungen mit einem festen Betrag enthalten waren.<br />

Der Wert des ECU in einer Währung war die Summe der in dieser Währung bewerteten<br />

festen Währungsbeträge. Die festen Währungsbeträge orientierten sich an der<br />

wirtschaftlichen Bedeutung des jeweiligen Landes innerhalb der EU. Der Wert des ECU<br />

wurde täglich neu berechnet. Die tatsächlichen Anteile der im Korb enthaltenen Währungen<br />

änderten sich, wenn sich die Wechselkurse zwischen den EU-Währungen änderten. Die<br />

Korbzusammensetzung wurde alle fünf Jahre überprüft <strong>und</strong> bei Zustimmung der<br />

Mitgliedsstaaten geändert. Bei der ersten Revision 1984 wurde die griechische Drachme, bei<br />

der zweiten Revision 1989 wurden die Peseta <strong>und</strong> der Escudo aufgenommen. Zu beachten<br />

war aber, dass der Kurs des ECU, der sich am Markt bildete, von dem obigen, theoretischen<br />

Kurs abweichen konnte.<br />

Neben diesem "Privaten" ECU gab es auch noch den "Offiziellen" ECU, der vor allem als<br />

Verrechnungseinheit <strong>und</strong> als Zahlungsmittel zwischen den Zentralbanken benötigt wurde. Es<br />

gab aber auch verschiedene Anleihen, die auf ECU lauteten.<br />

2.7 Tabellarische Übersicht<br />

System Periode Merkmale Gr<strong>und</strong> für<br />

Änderung<br />

GOLDSTANDARD<br />

1880-1914 Geldumlauf-,<br />

Goldkernwährung; Gold als<br />

Zahlungs- bzw. bloßes<br />

Reservemittel<br />

Kriegsfinanzierung<br />

Erster Weltkrieg<br />

ZWISCHENKRIEGS- 1918- 1939 Inflation; Abwertung; Ausbruch<br />

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ZEIT<br />

Weltwirtschaftskrise;<br />

Devisenbewirtschaftung<br />

Zweiter Weltkrieg<br />

BRETTON WOODS<br />

1944-1970 Versuch eines stabilen<br />

Währungssystems;<br />

Gründung IWF; Gründung<br />

OECD; Bindung des USD an<br />

Goldpreis; Fixkurssystem;<br />

Konvertibilität<br />

Zahlungsbilanzdefizite<br />

der USA,<br />

unterschiedliche<br />

Wachstumsraten der<br />

wichtigsten<br />

Industrieländer<br />

SMITHSONIAN<br />

AGREEMENT<br />

1971-1973 System fester<br />

Wechselkurse; Intervention<br />

der Zentralbanken<br />

Erneute Abwertung des<br />

USD <strong>und</strong> Aufwertung der<br />

Hauptwährungen<br />

aufgr<strong>und</strong> spekulativer<br />

Kapitalbewegungen<br />

KONTROLLIERTES<br />

Seit 1973<br />

Wechselkurse schwanken<br />

noch wirksam, außer in<br />

FLOATING<br />

frei innerhalb einer<br />

Europa<br />

Bandbreite; Aufkommen von<br />

Währungsverbänden<br />

EUROPÄISCHES<br />

WÄHRUNGS-<br />

SYSTEM (EWS)<br />

1979 -1998 Währungskorb (ECU); EWS-<br />

Zentralbanken; kontrolliertes<br />

Floating<br />

in Europa<br />

EUROPÄISCHE<br />

Seit 1991<br />

Gemeinsame Wirtschafts-<br />

Seit 1.1. 1999 in Kraft<br />

WIRTSCHAFTS- UND<br />

<strong>und</strong> Währungspolitik;<br />

WÄHRUNGSUNION;<br />

Konvergenzkriterien;<br />

Vertrag von<br />

Europäische Zentralbank,<br />

Maastricht<br />

Dreistufenplan, gemeinsame<br />

Währung ab 1999<br />

seit 1.1. 1999: EWS-II (EUR<br />

gegen EU-Währungen, die<br />

nicht am EUR teilnehmen)<br />

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3. Interventionsmechanismus der <strong>Notenbanken</strong>–Instrumente <strong>und</strong><br />

Techniken<br />

3.1 Währungsreservepolitik<br />

Der Devisenbestand der <strong>Notenbanken</strong> vergrößert den Handlungsspielraum der<br />

Währungspolitik <strong>und</strong> die internationale Kreditwürdigkeit. Darüber hinaus soll der<br />

Devisenbestand den reibungslosen Zahlungsverkehr mit dem Ausland (Kapital-,<br />

Dienstleistungs- <strong>und</strong> Güterverkehr) sicherstellen.<br />

Devisen, Gold, Forderungen aus der Beteiligung des jeweiligen Landes am Internationalen<br />

Währungsfonds <strong>und</strong> im Rahmen dieser Institution geschaffene Sonderziehungsrechte, sowie<br />

Forderungen an die EZB bilden die wesentlichen Bestandteile der „nationalen<br />

Währungsreserve”. Das Hauptgewicht der Devisenbestände nimmt der US-Dollar ein. Dies<br />

ergibt sich aus seiner dominierenden Stellung als internationale Interventions- <strong>und</strong><br />

Reservewährung.<br />

Aufgabe der <strong>Notenbanken</strong> ist es, unerwünschte Auswirkungen exzessiver Devisenzu- <strong>und</strong><br />

-abflüsse durch entsprechende währungs-, zins- oder devisenpolitische Maßnahmen zu<br />

verhindern.<br />

Plötzlich vermehrte Devisenzu- oder -abflüsse können ein Land vor ernste Probleme stellen.<br />

Überhöhte Devisenzuflüsse können den Geldumlauf in wirtschaftspolitisch unerwünschter<br />

Weise erhöhen. Abflüsse können sogar die Währungsreserven gefährden. Bei einer Übernachfrage<br />

nach Devisen muss (kann) die Notenbank Devisen aus ihren Währungsreserven<br />

anbieten, um ein Absinken des Heimwährungskurses zu vermeiden.<br />

Automatisch ist damit die heimische Geldmenge berührt. Denn die gekauften oder<br />

verkauften Devisen werden in der Heimwährung abgerechnet. Verkauft die Notenbank<br />

Devisen, so fließen ihr Mittel in der Heimwährung zu, die so dem Geldumlauf entzogen<br />

werden. Kauft sie hingegen Devisen, so fließt Heimwährung in die Volkswirtschaft ein.<br />

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Sterilisierte Intervention<br />

Eine sterilisierte Intervention ist die Intervention einer Zentralbank am Devisenmarkt, bei der<br />

der Einfluss auf die inländische Liquidität (Zinsen) aufgehoben wird. Eine Zentralbank<br />

verkauft z.B. die (steigende) Heimwährung – was die inländische Liquidität erhöht – <strong>und</strong><br />

kauft die Fremdwährung. Gleichzeitig aber verkauft die Zentralbank Staatsanleihen, was<br />

Gelder aus dem Markt abzieht <strong>und</strong> somit die Liquiditätseffekte der Devisentransaktion<br />

ausgleicht.<br />

Nicht-sterilisierte Intervention<br />

Eine nicht-sterilisierte Intervention ist die Intervention einer Zentralbank am Devisenmarkt,<br />

bei der der Einfluss auf die inländische Liquidität (Zinsen) nicht durch eine Offenmarkt-<br />

Transaktion aufgehoben wird. Dies wäre der Fall, wenn z.B. eine Zentralbank die<br />

Heimwährung kauft - dadurch Gelder aus dem Markt abzieht -, dies aber nicht durch den<br />

Kauf von Staatsanleihen wieder ausgleicht (was zu einem Zufluss an Geldern führen würde).<br />

Ein solches Vorgehen könnte bedeuten, dass die Zentralbank eine Veränderung der<br />

Geldmarktkonditionen wünscht.<br />

Als Indikator für die Währungsreservenpolitik wird auf den effektiven Wechselkurs<br />

zurückgegriffen. Ein effektiver Wechselkurs beruht auf einem von der BIZ als geometrisches<br />

Mittel berechneten Durchschnitt verschiedener bilateraler Wechselkurse.<br />

Effektive reale Wechselkurse sind effektive nominale Wechselkurse preisbereinigt mit einem<br />

gewogenen Durchschnitt von ausländischen Preisen oder Kosten, verglichen mit den<br />

entsprechenden inländischen Preisen <strong>und</strong> Kosten. Sie stellen Indikatoren für die<br />

Wettbewerbsfähigkeit eines Landes hinsichtlich der Preise <strong>und</strong> Kosten dar. Die Wahl der<br />

Währungen <strong>und</strong> Gewichte richtet sich nach der jeweiligen ökonomischen Fragestellung. Die<br />

gebräuchlichsten Berechnungsarten des effektiven Wechselkurses wenden<br />

Außenhandelsgewichte an.<br />

Dennoch sind die Erfolgsaussichten einer reinen Interventionspolitik begrenzt. Sowohl die<br />

Währungsunruhen unter dem System von Bretton Woods wie auch die EWS-Krisen<br />

(Europäisches Währungssystem) der Jahre 1992 <strong>und</strong> 1993 haben gezeigt, dass sich<br />

nachhaltige Markttendenzen nicht durch Devisenmarktinterventionen der <strong>Notenbanken</strong><br />

unterdrücken lassen. Allenfalls erscheint es möglich, bei starken Abweichungen der<br />

kürzerfristigen Wechselkursentwicklung vom Trend durch korrigierende Eingriffe spekulative<br />

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Übersteigungen zu begrenzen. Stabile Wechselkursverhältnisse lassen sich dauerhaft nur<br />

erreichen, wenn es gelingt, ausgeprägte <strong>und</strong> anhaltende Ungleichgewichte in der<br />

Weltwirtschaft zu vermeiden <strong>und</strong> die wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Ländern<br />

stärker zu harmonisieren bzw. sich abzeichnenden Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.<br />

Diesen Zielen dienen auch die in den letzten Jahren gesetzten intensiven Bemühungen zur<br />

besseren Koordinierung der Wirtschafts- <strong>und</strong> Währungspolitik durch die sieben führenden<br />

westlichen Industrienationen (G-7) <strong>und</strong> die EWWU-Staaten (Europäische Wirtschafts- <strong>und</strong><br />

Währungsunion).<br />

3.2 Refinanzierungspolitik<br />

Mit dem Begriff Refinanzierung wird zum einen die Gewährung der Kredite durch die<br />

Notenbank an die Kreditinstitute im Wege des Ankaufs von Wechseln (Diskontpolitik) <strong>und</strong><br />

der Beleihung von Wertpapieren (Lombardpolitik) bezeichnet. Zum anderen gehört zur<br />

Refinanzierung auch die laufende Mittelbereitstellung über die revolvierend abgeschlossenen<br />

Wertpapierpensionsgeschäfte mit Kreditinstituten (Offenmarktgeschäfte).<br />

Diskontpolitik<br />

Im Rahmen der Diskontpolitik haben <strong>Notenbanken</strong> das Recht, von Geschäftsbanken<br />

Wechsel zu einem von ihnen festgelegten Diskontsatz zu kaufen. Wechsel, die<br />

diesbezügliche Mindesterfordernisse erfüllen, bezeichnet man als rediskontierbare Wechsel<br />

(in GB als „Eligible Bill”).<br />

Für die Wechsel sollen gr<strong>und</strong>sätzlich drei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften.<br />

Die eingereichten Papiere müssen ferner bei Ankauf durch die Notenbank innerhalb von drei<br />

Monaten fällig werden <strong>und</strong> sollen gute Handelswechsel sein. Die detaillierten<br />

Voraussetzungen für die Ankaufsfähigkeit von Wechseln sind in den kreditpolitischen<br />

Regelungen festgelegt.<br />

Für die Höhe des Diskontsatzes gibt es für gewöhnlich keine Ober- oder Untergrenze. Die<br />

jeweilige Notenbank ist somit bei seiner Festsetzung autonom. Sie kann sich nach den<br />

jeweiligen geldpolitischen Erfordernissen richten. Als traditionell niedrigster Refinanzierungssatz<br />

enthält der Diskontsatz eine Art Subventionselement, dessen Ausmaß vom<br />

Abstand zu den übrigen Marktzinssätzen bestimmt wird. Die Diskontpolitik ist eines der<br />

wesentlichen Steuerungsinstrumente der Federal Reserve Bank.<br />

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Lombardpolitik<br />

Das im Rahmen der Lombardpolitik verwendete Instrument ist der Lombardkredit. Das sind<br />

verzinsliche Darlehen, die <strong>Notenbanken</strong> den Kreditinstituten gewähren, die dafür bestimmte<br />

Sicherheiten (Wertpapiere oder Schuldbuchforderungen) zur Verfügung stellen müssen.<br />

Üblicherweise sind Lombardkredite kurzfristige Kredite bis zu drei Monaten (z.B.<br />

Tschechische Republik). Doch soll ein Lombardkredit gr<strong>und</strong>sätzlich nur gewährt werden,<br />

wenn er der kurzfristigen Überbrückung eines vorübergehenden Liquiditätsbedarfs dient <strong>und</strong><br />

die Lombardkreditaufnahme nach Umfang <strong>und</strong> Dauer angemessen <strong>und</strong> vertretbar erscheint.<br />

Daher sollen Lombardkredite kontokorrentmäßig in Anspruch genommen werden.<br />

Lombardkredite können gegen Verpfändung von Wechseln, öffentlichen Anleihen,<br />

Schuldbuchforderungen, Ausgleichsforderungen <strong>und</strong> Bankschuldverschreibungen (jedoch<br />

nicht eigene Emissionen des Lombardschuldners) gewährt werden.<br />

Auswirkungen der Veränderung von Diskont- <strong>und</strong> Lombardsatz<br />

Die Festsetzung des Diskont- <strong>und</strong> Lombardsatzes stellt den Kern der Zinspolitik der<br />

Zentralbanken dar. Der Diskontsatz ist in einem Bankensystem, das permanent im<br />

Diskontkredit bei der Notenbank verschuldet ist, eine Art untere Grenze der Zinssätze für<br />

Monats- <strong>und</strong> Dreimonatsgeld. Hingegen kann der Tagesgeldsatz den Diskontsatz durchaus<br />

vorübergehend unterschreiten, da die Banken einmal in Anspruch genommene<br />

Diskontkredite nur schrittweise nach Maßgabe der Wechselfälligkeiten abbauen können.<br />

Ständige Fazilitäten<br />

Diskont- <strong>und</strong> Lombardsatz fanden keinen Eingang in das geldpolitische Instrumentarium des<br />

ESZB. Stattdessen wurden die Ständigen Fazilitäten eingeführt, die eine ähnliche Wirkung<br />

wie die Diskont- <strong>und</strong> Lombardpolitik haben.<br />

Zweck der ständigen Fazilitäten ist es, overnight Liquidität bereitzustellen oder<br />

abzuschöpfen. Sie signalisieren den Geldpolitikkurs des ESZB <strong>und</strong> stecken Ober- <strong>und</strong><br />

Untergrenzen der Geldmarktsätze für Taggelder ab. Die ständigen Fazilitäten werden<br />

dezentral von den nationalen Zentralbanken verwaltet.<br />

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Spitzenrefinanzierungsfazilität<br />

Die Geschäftspartner können sich zu einem vorgegebenen Zinssatz <strong>und</strong> gegen<br />

refinanzierungsfähige Sicherheiten overnight Liquidität beschaffen <strong>und</strong> so kurzfristige<br />

Liquiditätsengpässe ausgleichen. Sofern ausreichend refinanzierungsfähige<br />

Sicherheiten vorhanden sind, gibt es keine Kreditobergrenze für diese Fazilität. Der<br />

Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität bildet im allgemeinen die Obergrenze des<br />

Taggeldsatzes.<br />

<br />

Einlagefazilität<br />

Die Geschäftspartner können überschüssige Liquidität bei den nationalen<br />

Zentralbanken anlegen. Der Zinssatz für diese Einlagen wird im Voraus festgesetzt <strong>und</strong><br />

bildet üblicherweise die Untergrenze des Taggeldsatzes.<br />

3.3 Mindestreservepolitik<br />

Die Ausgestaltung des Mindestreservesystems<br />

Die Mindestreserveregelung verpflichtet Banken dazu, einen gewissen Prozentsatz ihrer<br />

Einlagen als Guthaben bei der Zentralbank zu halten (auf die Unterschiede zwischen den<br />

einzelnen Ländern geht das vorliegende Skriptum nicht ein).<br />

Diese Rahmenvorschrift diente ursprünglich der Liquiditätssicherung der K<strong>und</strong>eneinlagen bei<br />

den Banken. Das derzeit bestehende Mindestreservesystem soll dagegen den <strong>Notenbanken</strong><br />

von vornherein als flexibles <strong>und</strong> wirksames liquiditätspolitisches Instrument zur Verfügung<br />

stehen.<br />

Die Mindestreserve-Erfüllungsperioden beginnen am Abwicklungstag des ersten<br />

Hauptrefinanzierungsgeschäfts, das auf die Sitzung des EZB-Rats folgt, in der die<br />

monatliche Erörterung der Geldpolitik stattfindet, <strong>und</strong> enden am Tag vor dem<br />

entsprechenden Abwicklungstag im Folgemonat. Die EZB veröffentlicht drei Monate vor<br />

Beginn des Jahres einen Mindestreserveperioden-Kalender.<br />

Daher können die Banken ihre Zentralbankguthaben für Zahlungszwecke verwenden. Falls<br />

erforderlich, können sie kurzfristig abdisponieren, vorausgesetzt, dass sie an anderen Tagen<br />

des Erfüllungszeitraums entsprechend höhere Guthaben halten. Die Banken sind nicht<br />

gezwungen, zusätzlich zu den Mindestreserven besondere Guthaben bei der Zentralbank<br />

zur Abwicklung des laufenden Zahlungsverkehrs zu halten („working balances").<br />

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Die Bewegungen auf den Zentralbankkonten müssen täglich erfasst <strong>und</strong> disponiert werden.<br />

Tagesüberschreitende Unterdeckungen verursachen auf den Konten Kosten in Höhe der<br />

Spitzenrefinanzierungsfazilität.<br />

Andererseits bedeutet eine Übererfüllung der Mindestreserve Rentabilitätsverzicht in Höhe<br />

des Tagesgeldzinses.<br />

Die Mindestreserve ist auf Konten bei den nationalen Zentralbanken zu halten <strong>und</strong> muss<br />

unter Zugr<strong>und</strong>elegung der tagesdurchschnittlichen Reserveguthaben innerhalb einer einmonatigen<br />

Erfüllungsperiode erfüllt werden (Durchschnittserfüllung). Als Sanktionen für die<br />

Nichteinhaltung der Mindestreservepflicht sind Sonderzinsen auf den<br />

Spitzenrefinanzierungssatz oder unverzinste Einlagen bei der EZB oder den nationalen<br />

Zentralbanken vorgesehen.<br />

Insbesondere gegen Ende der Erfüllungsperiode wird die Lage am Geldmarkt entscheidend<br />

davon bestimmt, inwieweit die Kreditinstitute ihre Mindestreserveverpflichtungen erfüllt<br />

haben. Bei großem Rückstand wird der Tagesgeldsatz anziehen, bei Übererfüllung<br />

möglicherweise aber stark nachgeben. Gelingt es einer Bank nicht, ihr Reserve-Soll bis zum<br />

Ende der Erfüllungsperiode zu erfüllen, so ist auf den Differenzbetrag, um den die Ist-<br />

Reserve das Reserve-Soll unterschreitet, ein Sonderzins zu leisten (im ESZB der<br />

Spitzenrefinanzierungssatz plus einer Marge).<br />

Eine fortgesetzte Nichterfüllung des Mindestreserve-Solls kann zum Ausschluss von den<br />

ständingen Fazilitäten <strong>und</strong> Offenmarktgeschäften führen.<br />

Die Mindestreservesätze werden von der Europäischen Zentralbank festgesetzt <strong>und</strong> können<br />

jederzeit geändert werden. Änderungen werden vor der ersten Mindestreserveperiode, in der<br />

die Änderung gilt, bekanntgegeben.<br />

Wirkungen der Mindestreserve<br />

Das Instrument der Mindestreserve hat zwei liquiditätspolitische Aspekte:<br />

Zum einen schafft es – neben dem Bargeldumlauf – einen zusätzlichen Bedarf der Banken<br />

an Zentralbankgeld. Seine Höhe hängt von den Mindestreservesätzen <strong>und</strong> vom jeweiligen<br />

Bestand an reservepflichtigen Verbindlichkeiten ab. Der entsprechend schwankende<br />

Zentralbankgeldbedarf ist der „Hebel”, mit dem die Notenbank das Ausmaß der<br />

Geldschöpfung der Banken unter Kontrolle halten kann.<br />

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Zum anderen verschafft die Mindestreserve der Notenbank die Möglichkeit, durch<br />

Veränderung der Reservesätze das Ausmaß des dauerhaften Zentralbankgeldbedarfs der<br />

Banken zu korrigieren.<br />

Durch eine Änderung der Mindestreservesätze werden Zentralbankguthaben der Banken<br />

unmittelbar geb<strong>und</strong>en oder freigesetzt. Mindestreservepolitik kann auch Vorgänge, mit<br />

denen eine Zentralbankgeldschaffung oder -vernichtung verb<strong>und</strong>en ist, ganz oder teilweise<br />

kompensieren, wie z.B. Deviseninterventionen. Veränderungen der Mindestreservesätze<br />

sind allerdings aus technischen Gründen erst in der nächsten Reserveerfüllungsperiode<br />

wirksam. Für rasch wirksame Geldmarktsteuerungsmaßnahmen werden generell die<br />

flexibleren Offenmarktoperationen eingesetzt.<br />

Die durchschnittlichen Mindestreserveguthaben während der Erfüllungsperiode werden zum<br />

ESZB-Zinssatz (gewogen mit der Anzahl der Kalendertage) für das<br />

Hauptrefinanzierungsinstrument, aktuell der Zinstender, gemäß folgender Formel verzinst:<br />

R<br />

t<br />

=<br />

H<br />

t<br />

* n<br />

t<br />

n MRi<br />

* ∑<br />

i = n nt<br />

* 100<br />

360<br />

R t =<br />

H t =<br />

n t =<br />

i =<br />

MRi =<br />

Zinsen, die für die Mindestreserveguthaben in der<br />

Mindestreserveerfüllungsperiode t anfallen<br />

Mindestreserveguthaben in der Mindestreserveerfüllungsperiode t<br />

Anzahl der Kalendertage der Mindestreserveerfüllungsperiode t<br />

Kalendertag i der Mindestreserveerfüllungsperiode t<br />

marginaler Zinssatz des aktuellsten Hauptrefinanzierungsgeschäftes am<br />

Kalendertag i<br />

Guthaben, welche die erforderliche Mindestreserve übersteigen, werden nicht verzinst.<br />

Bei der Berechnung der Mindestreserve werden Verbindlichkeiten gegenüber<br />

mindestreservepflichtigen Kreditinstituten nicht berücksichtigt.<br />

Das Mindestreservesystem soll folgende geldpolitische Funktionen erfüllen:<br />

<br />

<br />

<br />

Stabilisierung der Geldmarktsätze:<br />

Durch die Durchschnittserfüllung im Mindestreservesystem werden die Kreditinstitute<br />

dazu angehalten, die Auswirkungen von Liquiditätsschwankungen abzufedern. Dies<br />

führt zu einer Stabilisierung der Geldmarktsätze.<br />

Herbeiführung oder Vergrößerung einer strukturellen Liquiditätsknappheit<br />

Steuerung der Geldmenge, insbesondere durch Erhöhung der Zinselastizität<br />

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Derzeit werden sowohl von der FED, der BoJ <strong>und</strong> der EZB Mindestreserven gefordert. Nicht<br />

so bei der BoE, aber Cash-Ratio-Deposits dienen nicht-kreditpolitischen Zwecken. Bei der<br />

SNB wird das Instrument zur Zeit nicht genutzt (aktuelle Bestimmungen über<br />

„Kassenliquidität" verfolgen jedoch die gleichen Ziele).<br />

3.4 Offenmarktpolitik<br />

Als Offenmarktgeschäfte bezeichnet man den Kauf <strong>und</strong> Verkauf von Wertpapieren durch die<br />

Zentralbank auf eigene Rechnung am offenen Markt. Welche Papiere angekauft werden<br />

können, ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen der jeweiligen <strong>Notenbanken</strong>.<br />

Einschränkend ist hier jedoch zu bemerken, dass auch Offenmarktgeschäfte in langfristigen<br />

Papieren nur zur Regelung des Geldmarktes, d.h. der Bankenliquidität, erlaubt sind. Dies<br />

schließt beispielsweise direkte Notenbankinterventionen am Kapitalmarkt mit dem primären<br />

Ziel der Finanzierung des öffentlichen Kreditbedarfs oder der Kursstützung aus.<br />

Die Vorschrift, nur „am offenen Markt” zu kaufen oder zu verkaufen, verbietet vor allem die<br />

Direktübernahme von Schuldtiteln durch die Notenbank aus der Hand der Emittenten. Bei<br />

einem solchen unmittelbaren Erwerb würde es sich nicht um ein Offenmarktgeschäft,<br />

sondern um die Gewährung eines Kredits an einen öffentlichen Haushalt handeln, die<br />

untersagt ist.<br />

Befristete Transaktionen sind die wichtigsten Offenmarktgeschäfte. Das ESZB kauft oder<br />

verkauft refinanzierungsfähige Sicherheiten im Rahmen von Rückkaufvereinbarungen oder<br />

schließt Kreditgeschäfte gegen Verpfändung von refinanzierungsfähigen Sicherheiten ab.<br />

Befristete Transaktionen können durchgeführt werden als:<br />

Pensionsgeschäfte (Geschäfte bei denen der Pensionsgeber dem Pensionsnehmer<br />

Vermögensgegenstände gegen Zahlung eines Betrages überträgt <strong>und</strong> in denen<br />

gleichzeitig vereinbart wird, dass die Vermögensgegenstände später gegen Entrichtung<br />

des empfangenen oder eines im voraus vereinbarten Betrages <strong>und</strong> zu einem<br />

bestimmten Zeitpunkt an den Pensionsgeber zurückbezahlt werden) oder<br />

Pfandkredite (das Eigentum am Vermögenswert bleibt beim Schuldner, wenn er seiner<br />

Verpflichtung nachkommt)<br />

In den USA kehrt die Repo Terminologie um, wenn die FED aktiv im Markt wird. Ein System<br />

Reverse Repo der FED ist – aus Sicht der FED - ein Verkauf <strong>und</strong> ein Kauf des Wertpapieres<br />

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<strong>und</strong> daher eine Maßnahme, Liquidität aus dem Markt zu ziehen <strong>und</strong> einen Zinsanstieg zu<br />

signalisieren.<br />

Wertpapierpensionsgeschäfte werden den Kreditinstituten üblicherweise in Form der<br />

Ausschreibung angeboten. Auf die Gesamtsumme der von den Banken abgegebenen<br />

Gebote wird der Betrag zugeteilt, der den liquiditätspolitischen Vorstellungen der Notenbank<br />

bzw. dem Bedarf der Banken an Zentralbankgeld (z.B. für die Auffüllung des Mindestreserve-<br />

Solls oder zum Ausgleich von Schwankungen des Bargeldumlaufs) entspricht. Gehen mehr<br />

Gebote ein, wird entsprechend repartiert (= Zuteilungsquote).<br />

Wertpapierpensionsgeschäfte werden entweder als Mengentender oder als Zinstender<br />

angeboten. Beim Mengentender ist der Zins fest vorgegeben. Das bedeutet, dass die<br />

Banken keine Möglichkeit haben, ihre Zuteilungsquote über ihre Zinsquotierung zu<br />

beeinflussen. Mit dem Mengentender zum Festzins kann die Notenbank dem Markt in<br />

Phasen der Zinsunsicherheit ein Zinssignal geben <strong>und</strong> nachhaltig auf die Zinsentwicklung<br />

einwirken.<br />

Beim Zinstender haben die Banken die Möglichkeit, neben dem Volumen auch den Zinssatz<br />

zu nennen, zu dem sie bereit sind, Pensionsgeschäfte abzuschließen. Bei der Zuteilung<br />

werden alle Offerten vom höchsten Zinssatz abwärts so lange voll bedient, bis die von der<br />

Notenbank bestimmte Betragshöhe erreicht ist. Gebote zum niedrigsten noch zum Zuge<br />

kommenden Satz werden gegebenenfalls repartiert, die Zuteilung erfolgt jeweils zu den<br />

individuellen Bietungssätzen der Banken (amerikanisches Verfahren).<br />

Das ESZB kennt beim Zinstender auch das sogenannte holländische<br />

Zuteilungsverfahren. Es handelt sich dabei um ein Tenderverfahren, bei dem der<br />

Zuteilungssatz für alle zum Zuge kommenden Gebote dem marginalen Zinssatz (d.h. dem<br />

letzten Zinssatz, zu dem eine Zuteilung erfolgt) entspricht.<br />

Ein weiteres Instrument der Offenmarktpolitik zur Steuerung des Liquiditätsbedarfes am<br />

Markt ist die Emission von Schuldverschreibungen.<br />

Mit Hilfe von Offenmarktoperationen versucht die FED, die vorgesehene Bandbreite der Fed<br />

F<strong>und</strong>s Rate zu halten. Die Fed F<strong>und</strong>s Rate ist jener Zinssatz, zu dem im US Interbankmarkt<br />

overnight Geld genommen werden kann.<br />

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3.5 Devisenmarkttransaktionen<br />

Um die von den Devisenmärkten ausgehenden möglichen Störungen der Geldpolitik zu<br />

beschränken, entwickelten die <strong>Notenbanken</strong> in der Zeit der festen Wechselkurse<br />

Deviseninstrumente, mit denen sie die internationalen Geldströme beeinflussen konnten.<br />

Hierbei handelt es sich um Swap- bzw. Outright-Geschäfte am Devisenterminmarkt. Bei<br />

einem Swapgeschäft werden von der Zentralbank Devisen per Kasse gekauft (verkauft) <strong>und</strong><br />

gleichzeitig per Termin verkauft (gekauft). Es handelt sich somit um eine Koppelung von<br />

Kassa- <strong>und</strong> Termingeschäft, bei der der in Rechnung gestellte Swapsatz ein Zinsäquivalent<br />

darstellt. Ein Outright-Termingeschäft unterscheidet sich von einem Kassageschäft durch<br />

den späteren Erfüllungstermin (z.B. in drei Monaten). Derartige Geschäfte werden<br />

verschiedentlich getätigt, um spekulativen Devisenbewegungen entgegenzuwirken oder um<br />

Kursglättungsoperationen gegenüber einer Fremdwährung, meist dem US-Dollar, möglichst<br />

„geräuschlos” durchzuführen. Durch Outright-Geschäfte werden nämlich mittelbar Wirkungen<br />

am Kassamarkt erzielt, weil die Geschäftsbank das Währungsrisiko aus dem mit ihr<br />

abgeschlossenen Termingeschäft durch ein entgegengesetztes Kassageschäft<br />

auszugleichen sucht, um eine offene Devisenposition zu vermeiden.<br />

Die Bankenliquidität wird mit zeitlicher Verzögerung so beeinflusst, als ob ein<br />

entsprechendes Kassageschäft am Devisenmarkt abgeschlossen worden wäre. Werden<br />

beispielsweise US-Dollar im Rahmen eines Outright-Geschäftes verkauft <strong>und</strong> nicht per<br />

Kassa, so werden den Kreditinstituten am Erfüllungstermin im entsprechenden Gegenwert<br />

Zentralbankguthaben entzogen. Dieses müssen die Banken bei der effektiven Übernahme<br />

der Dollarbeträge bereitstellen.<br />

Die Gestaltungsmöglichkeiten von Devisenswapgeschäften sind recht flexibel, sowohl im<br />

Hinblick auf die Laufzeit als auch auf das Volumen der Einzelabschlüsse. Außerdem sind<br />

diese Geschäfte rasch auszuführen.<br />

Bei der Feinsteuerung des Geldmarktes haben die <strong>Notenbanken</strong> Devisenswapgeschäften<br />

eine Art Pufferrolle zugewiesen. Sie können unerwünschten Ausschlägen der Zentralbankguthaben<br />

der Kreditinstitute nach der einen wie der anderen Seite innerhalb einer laufenden<br />

Mindestreserve-Erfüllungsperiode entgegenwirken. Allerdings können an diesen Devisenswapoperationen<br />

(wegen des Settlement-Risikos, das im Rahmen der freien Spitzenrefinanzierungsfazilität<br />

liegen muss) nur große Kreditinstitute teilnehmen, die von der<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 31 von 57


Notenbank wegen der Preismodalitäten einzeln angesprochen werden müssen. Alternativ<br />

zum Devisenswap tätigt die EZB kurzfristige, nur über wenige Tage laufende Ausgleichsoperationen,<br />

die sogenannten „Schnelltender” (Schnelltender werden mit ausgewählten<br />

Kreditinstituten abgewickelt), um den Geldmarkt zu steuern.<br />

Übersicht Offenmarktgeschäfte<br />

Instrumentenart Laufzeit Rhythmus Verfahren<br />

Hauptfinanzierunginstrumente<br />

1)<br />

längerfristige<br />

Refinanzierungsgeschäfte<br />

2)<br />

befristete<br />

Transaktion<br />

befristete<br />

Transaktion<br />

eine Woche wöchentlich Standardtender<br />

drei Monate monatlich Standardtender<br />

Feinsteuerungs-<br />

befristete<br />

nicht<br />

unregelmäßig Schnelltender<br />

operation 3)<br />

Transaktionen<br />

standardisiert<br />

bilaterale<br />

Devisenswaps<br />

Geschäfte<br />

Hereinnahme v.<br />

Termineinlagen<br />

Outright-Geschäfte<br />

Strukturelle Emission v.<br />

Operationen 4) Schuldver-<br />

nicht<br />

standard-<br />

unregel-<br />

mäßig<br />

schreibungen<br />

isiert<br />

Standard-<br />

befristete Trans-<br />

standardi-<br />

regelmäßig<br />

tender<br />

aktionen<br />

siert<br />

bilaterale<br />

Outright-Geschäfte<br />

Geschäfte<br />

1) regelmäßige, kurzfristige Offenmarktgeschäfte<br />

2) regelmäßige, längerfristige Offenmarktgeschäfte<br />

3) unregelmäßige Offenmarktgeschäfte zum Ausgleich unerwarteter Liquiditätsschwankungen<br />

4)<br />

Offenmarktgeschäfte zur Anpassung der strukturellen Liquiditätsposition des Finanzsektors gegenüber dem<br />

ESZB<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 32 von 57


3.6 Bilaterale Geschäfte<br />

Bilaterale Geschäfte sind Verfahren, bei denen das ESZB ein Geschäft mit einem oder<br />

mehreren Geschäftspartnern ohne Tenderverfahren abschließt. Das ESZB spricht die<br />

Geschäftspartner direkt an, oder es werden Geschäfte über Börsen oder Marktvermittler<br />

durchgeführt.<br />

Bilaterale Geschäfte setzen die nationalen Zentralbanken für Offenmarktoperationen zur<br />

Feinsteuerung oder für strukturelle Operationen mittels Outright-Geschäften ein.<br />

Geschäftspartner<br />

Die Zulassung von Geschäftspartnern zu Offenmarktgeschäften <strong>und</strong> ständigen Fazilitäten ist<br />

so gestaltet, dass ein großer Teilnehmerkreis gewährleistet ist.<br />

Im ESZB werden jene Institute zu Offenmarktgeschäften <strong>und</strong> ständigen Fazilitäten<br />

zugelassenen, die der Mindestreserve unterworfen sind.<br />

Für die Teilnahme an Feinsteuerungsgeschäften kann das ESZB nur eine begrenzte Anzahl<br />

von Geschäftspartnern auswählen.<br />

Sicherheiten<br />

Das ESZB muss für alle Kredite ausreichend Sicherheiten verlangen. Zwei Gruppen von<br />

zentralbankfähigen Sicherheiten sind zu unterscheiden:<br />

<br />

Tier 1-Sicherheiten<br />

- EZB-Schuldverschreibungen<br />

- sonstige marktfähige Schuldtitel<br />

<br />

Tier 2-Sicherheiten<br />

- marktfähige Schuldtitel<br />

- nicht marktfähige Schuldtitel<br />

- an einem geregelten Markt gehandelte Aktien<br />

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Die Sicherheiten müssen auf Euro oder nationale Denominierungen des Euro lauten.<br />

Emittenten von Tier 1-Sicherheiten:<br />

ESZB<br />

öffentliche Hand<br />

privater Sektor<br />

internationale <strong>und</strong> supranationale Unternehmen<br />

Emittenten von Tier 2-Sicherheiten:<br />

öffentliche Hand<br />

privater Sektor<br />

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4. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)<br />

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hat den Zweck, „die Zusammenarbeit der<br />

Zentralbanken zu fördern, neue Möglichkeiten für internationale Finanzgeschäfte zu schaffen<br />

<strong>und</strong> als Treuhänder (Trustee) oder Agent bei den, ihr aufgr<strong>und</strong> von Verträgen mit den<br />

beteiligten Parteien übertragenen, internationalen Zahlungsgeschäften zu wirken”. Sie wurde<br />

1930 in Basel aufgr<strong>und</strong> eines Übereinkommens der Länder Deutschland, Belgien,<br />

Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan <strong>und</strong> der U.S.A ( wobei die amerikanische<br />

Notenbank, ihre Rechte als Gründungsmitglied bis 1994 nicht wahrnahm) gegründet.<br />

Ursprünglich war sie von der Haager Konferenz im Januar 1930 dazu bestimmt, die<br />

deutschen Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg zu regeln.<br />

Die BIZ hat heute die Rechtsform einer Aktiengesellschaft, deren Nominalkapital von allen<br />

europäischen Zentralbanken (ausgenommen sind die Zentralbanken Albaniens <strong>und</strong> der<br />

Nachfolgestaaten der Sowjetunion) <strong>und</strong> den Zentralbanken Australiens, Japans, Kanadas,<br />

Südafrikas <strong>und</strong> der USA gehalten wird. Die Organe der BIZ setzen sich aus einem<br />

Verwaltungsrat, der seinen Vorsitzenden wählt <strong>und</strong> den Präsidenten der Bank sowie den<br />

Generaldirektor ernennt, <strong>und</strong> einer Generalversammlung zusammen. Der Verwaltungsrat ist<br />

ein Gremium von 13 Personen, das einerseits aus den Zentralbankpräsidenten der größten<br />

europäischen <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> andererseits aus fünf Vertretern von Finanzwesen, Industrie<br />

<strong>und</strong> Handel besteht. Für die Durchführung der Geschäfte ist der Generaldirektor dem<br />

Präsidenten der Bank verantwortlich.<br />

Nachdem die Geschäftstätigkeit der BIZ vor <strong>und</strong> während des Zweiten Weltkrieges fast zum<br />

Erliegen kam <strong>und</strong> auf der Bretton-Woods-Konferenz sogar ihre Auflösung ins Auge gefasst<br />

wurde, gewann sie kurz danach wieder an Bedeutung. So wurde sie 1949 Agent für die<br />

innereuropäischen Zahlungs- <strong>und</strong> Kompensationsabkommen <strong>und</strong> ab Mitte des Jahres 1950<br />

für die Europäische Zahlungsunion (EZU). Sie erfüllte die gleiche Funktion für den<br />

Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit (EFWZ) <strong>und</strong> das multilaterale<br />

System des Zahlungsausgleichs im Rahmen des Europäischen Währungsabkommens<br />

(EWA) von 1958 bis zu dessen Beendigung Ende 1972.<br />

Für das nach Beendigung des EWA abgeschlossene, jedoch mit Wirkung vom 1.<br />

Januar 1976 zunächst für drei Jahre suspendierte <strong>und</strong> dann Ende 1979 beendete<br />

Abkommen über eine Wechselkursgarantie zwischen Zentralbanken von Mitgliedsstaaten<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 35 von 57


der OECD wurde die BIZ gleichfalls als Agent bestellt. Seit dem Bestehen des EFWZ (1973)<br />

nimmt die BIZ auch die Aufgaben eines Agenten für ihn wahr. Für die von der Montanunion<br />

gewährten <strong>und</strong> von ihr aufgenommenen Anleihen ist die BIZ als Pfandhalter tätig. Aufgr<strong>und</strong><br />

eines Vertrages mit 18 europäischen Banken Anfang 1986 war die BIZ auch Clearingstelle<br />

für private ECU.<br />

Die Geschäftspolitik der BIZ darf der Währungspolitik der einzelnen Zentralbanken nicht<br />

entgegenwirken. Sollte ein Finanzgeschäft der BIZ auf irgendwelchen Märkten eine<br />

unerwünschte Reaktion hervorrufen, so können die <strong>Notenbanken</strong> von ihrem Recht Gebrauch<br />

machen, vor der Durchführung dieser Transaktion Einspruch zu erheben. Die Statuten der<br />

Bank zählen unter anderem folgende zulässige Geschäfte auf:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Gold- <strong>und</strong> Devisengeschäfte auf eigene Rechnung <strong>und</strong> auf Rechnung von<br />

Zentralbanken<br />

Verwahrung von Gold auf Rechnung der Zentralbanken,<br />

Diskont- <strong>und</strong> Lombardgeschäfte mit den Zentralbanken,<br />

Kauf <strong>und</strong> Verkauf von börsengängigen Wertpapieren (mit Ausnahme von Aktien) auf<br />

eigene <strong>und</strong> auf Rechnung von Zentralbanken.<br />

Die BIZ darf ferner Konten bei <strong>Notenbanken</strong> unterhalten <strong>und</strong> ihrerseits Einlagen von<br />

Zentralbanken annehmen, sowie als Agent <strong>und</strong> Korrespondent von Zentralbanken auftreten.<br />

Diese Geschäfte dürfen – wenn die Zentralbanken keinen Einspruch erheben – auch mit<br />

Banken, Handels- <strong>und</strong> Industrieunternehmen sowie Privatpersonen abgeschlossen werden.<br />

Eine Reihe von Geschäften ist der BIZ ausdrücklich untersagt, so z.B. die Notenausgabe,<br />

das Akzeptieren von Wechseln <strong>und</strong> die Gewährung von Krediten an Regierungen.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 36 von 57


5. Das europäische System der Zentralbanken (ESZB)<br />

Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) besteht aus der Europäischen<br />

Zentralbank (EZB), die ihren Sitz in Frankfurt am Main hat <strong>und</strong> den nationalen Zentralbanken<br />

jener EU-Staaten, die an der Währungsunion teilnehmen. Die Nationalbanken der restlichen<br />

Mitgliedstaaten sind Mitglieder des ESZB mit Sonderstatus: Sie beteiligen sich nicht an der<br />

Entscheidungsfindung betreffend der einheitlichen Geldpolitik für den Euro-Währungsraum<br />

<strong>und</strong> deren Umsetzung.<br />

Vorrangiges Ziel des ESZB ist die Gewährleistung der Preisstabiliät. Weiters unterstützt das<br />

ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft <strong>und</strong> handelt im Einklang mit den<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen einer offenen Marktwirtschaft.<br />

Hauptaufgaben des ESZB<br />

Festlegung <strong>und</strong> Ausführung der Geldpolitik der Gemeinschaft<br />

Durchführung der Devisengeschäfte<br />

Haltung <strong>und</strong> Verwaltung der offiziellen Währungsreserven der Mitgliedsstaaten<br />

Fördung des reibungslosen Funktionierens der Zahlungsverkehrssysteme<br />

Organe des ESZB<br />

Das ESZB wird von den Beschlussorganen der EZB geleitet:<br />

Rat der EZB,<br />

Direktorium <strong>und</strong><br />

erweiterter Rat.<br />

Der EZB-Rat ist das Entscheidungsorgan des ESZB. Er besteht aus allen Mitgliedern des<br />

Direktoriums <strong>und</strong> den Präsidenten der nationalen Zentralbanken der an der Währungsunion<br />

teilnehmenden Mitgliedsstaaten.<br />

Aufgaben des EZB-Rates:<br />

Festlegung der Geldpolitik der Gemeinschaft<br />

Erlass von Leitlinien <strong>und</strong> Entscheidungen, welche die Erfüllung der dem ESZB<br />

übertragenen Aufgaben gewährleisten<br />

Außerdem kann der EZB-Rat die Instrumente, Konditionen, Zulassungskriterien <strong>und</strong><br />

Verfahren für die Durchführung von geldpolitischen Geschäften des ESZB jederzeit ändern.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 37 von 57


6. Marktrelevante Merkmale wichtiger internationaler <strong>Notenbanken</strong><br />

Tabellarische Übersicht<br />

Europäische Zentralbank (EZB), Federal Reserve Bank (FED), Bank of Japan (BoJ), Bank of<br />

England (BoE)<br />

6.1 Organe mit währungspolitischer Entscheidungsbefugnis<br />

Organe<br />

FED Federal Open Market Committee (FOMC) = Notenbankpräsident + Board of<br />

Governors of the FED + Präsident des FED New York+ 4 wechselnde FED-<br />

Präsidenten<br />

BoJ<br />

EZB<br />

BoE<br />

Policy Board = Governor + 6 Mitglieder<br />

Executive Organ = Governor + 2 Deputy-Governors + 6 Executive Directors<br />

EZB Rat, Direktorium, Erweitereter Rat<br />

Governor<br />

Executive Directors<br />

Court of Directors = Governor + Deputy-Governors + 16 Directors<br />

SNB Generalversammlung = Aktionäre<br />

Direktorium = Präsident + Vizepräsident + 1 Mitglied<br />

Bankbehörden = Bankenausschuss + Revisionskommission + Lokalkommission<br />

6.2 Hauptaufgaben <strong>und</strong> Ziele<br />

FED Gewährleistung der Geld- <strong>und</strong> Kreditversorgung der Wirtschaft mit dem Ziel, das<br />

Wirtschaftswachstum unter Wahrung einer angemessenen Preisstabilität zu fördern<br />

BoJ<br />

Währungssicherung <strong>und</strong> Kontrolle der Kreditversorgung; die Bank of Japan soll zur<br />

stetigen Entwicklung der japanischen Wirtschaft beitragen<br />

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EZB Gewährleistung der Preisstabilität, Festlegung <strong>und</strong> Ausführung der Geldpolitik der<br />

EU, Durchführung der Devisengeschäfte, Haltung <strong>und</strong> Verwaltung offizieller<br />

Währungsreserven der Mitgliedsstaaten, Förderung des reibungslosen<br />

Funktionierens der Zahlungsverkehrssysteme<br />

BoE kein gesetzlicher Auftrag; gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht, insbesondere<br />

Geldwertstabilität (das Inflationsziel wird durch die Regierung vorgegeben);<br />

Funktionsfähigkeit des Bankensystems<br />

SNB Regelung des Geldumlaufs <strong>und</strong> eine dem Gesamtinteresse des Landes dienende<br />

Kredit- <strong>und</strong> Währungspolitik<br />

6.3 Staatlicher Einfluss<br />

FED kein Einfluss<br />

BoJ<br />

weitreichender Einfluss des Finanzministeriums<br />

EZB kein Einfluss<br />

BoE kein Einfluss<br />

SNB gegenseitige Abstimmung der Maßnahmen<br />

6.4 Geld- <strong>und</strong> Währungspolitische Ziele<br />

Geldmengenziel<br />

FED Ab Juli 1993: M2-Konzept aufgegeben<br />

(aber nach wie vor Beobachtung von<br />

M2 <strong>und</strong> M3)<br />

Sonstige Ziele/Indikatoren<br />

„Multiindikatorenansatz", wobei Realzins an<br />

Bedeutung gewinnt<br />

BoJ<br />

Geldmengenbeobachtung seit Ende der<br />

<br />

Förderung des Wirtschaftswachstums<br />

Achtzigerjahre (Sachwertinflation)<br />

<br />

Wechselkursstabilität<br />

intensiviert: M2 + CDs + Einlagen<br />

<br />

Außenwirtschaftliches Gleichgewicht<br />

(Postsparkasse, Trustfonds) +<br />

Schuldverschreibungen<br />

EZB M3 = Bargeldumlauf + Sichteinlagen+<br />

Termineinlagen bis 4 Jahre +<br />

Spareinlagen von inländischen<br />

Nichtbanken<br />

Direktes Inflationsziel: 2 %<br />

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BoE<br />

Ab 1992: kein Geldmengenziel (aber<br />

Geldmengenwachstum im Rahmen der<br />

regelmäßigen Inflationsberichte der<br />

BoE von großer Bedeutung)<br />

direktes Inflationsziel<br />

SNB Notenbankgeldmenge (Notenumlauf,<br />

Giroguthaben der Banken bei der<br />

Nationalbank) mittelfristig 1,0 % im<br />

Jahresdurchschnitt<br />

6.5 Instrumente zur Steuerung des Geldmarkts (ohne<br />

Mindestreserve)<br />

Grobsteuerung<br />

Feinsteuerung<br />

FED<br />

Outright-Offenmarktgeschäfte<br />

<br />

REPOS<br />

(seasonal adjustments)<br />

<br />

“Discount-window"<br />

<br />

Reverse REPOS (= Matched-Sales-<br />

Purchases)<br />

BoJ Wechselrediskont Interbankoperationen (besichert <strong>und</strong><br />

unbesichert)<br />

REPOS<br />

Outright-Offenmarktgeschäfte<br />

Reverse REPOS<br />

EZB Emission von Schuldverschreibungen<br />

befristete Transaktionen<br />

Standardtender<br />

Outright-Geschäfte<br />

bilaterale Geschäfte<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

befristete Transaktionen<br />

Schnelltender<br />

Devisenswaps<br />

Outright-Geschäfte<br />

Standardtender<br />

bilaterale Geschäfte<br />

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BoE<br />

Zinsorientierte Feinsteuerung mit<br />

<br />

Outright-Offenmarktoperationen-<br />

ansatzweiser Basisrefinanzierung über<br />

(Wechsel-)Käufe (Laufzeit bis 33 Tage)<br />

Gilt-Repo <strong>und</strong> Secured Ioan facility<br />

<br />

REPOS<br />

<br />

Borrowing Facilities (Quasilombard auf<br />

bilateraler Basis)<br />

<br />

Outright-Offenmarktoperationen-<br />

Verkäufe<br />

SNB <br />

Devisenswaps<br />

<br />

Lombardkredit<br />

<br />

Outright-Offenmarktgeschäfte<br />

<br />

Verlagerung von Termineinlagen des<br />

<br />

Kassenliquidität<br />

B<strong>und</strong>es<br />

<br />

Swaps in Geldmarktbuchforderungen<br />

des B<strong>und</strong>es (GMBF, Reversed<br />

Transactions with Government Money-<br />

Market Claims)<br />

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7. F<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong><br />

Die Untersuchung der ökonomischen Indikatoren, die Angebot <strong>und</strong> Nachfrage auf den<br />

Devisenmärkten bestimmen, bezeichnet man als F<strong>und</strong>amentalanalyse. Die Erkenntnisse<br />

über die Bestimmungsfaktoren <strong>und</strong> deren Zusammenwirken sollen Aufschluss über die<br />

zukünftige Entwicklung eines Währungskurses oder eines Zinssatzes geben. F<strong>und</strong>amentale<br />

Prognoseverfahren können ihrerseits wieder in Untergruppen geteilt werden.<br />

Monokausale Modelle: Kaufkraftparitätentheorie, Zinsparitätentheorie<br />

Integrierte Modelle: traditionelle Ansätze:<br />

keynesianischer Ansatz, monetärer Ansatz,<br />

Finanzmarktansatz<br />

Die f<strong>und</strong>amentale Devisenkursprognose begründet zukünftige Bewegungen auf den Zins<strong>und</strong><br />

Devisenmärkten mit den Schwankungen makroökonomischer (= auf eine gesamte<br />

Volkswirtschaft bezogene) Bestimmungsfaktoren der betreffenden Volkswirtschaften.<br />

Bei einer f<strong>und</strong>amentalen Prognose werden zunächst die zukünftigen Veränderungen der<br />

Bestimmungsfaktoren prognostiziert, um dann die Ausprägung des jeweiligen Devisenkurses<br />

bestimmen zu können. Die Informationen dazu stammen meist aus öffentlich zugänglichen<br />

Informationsquellen. Zwischen der Informationsaufnahme <strong>und</strong> ihrer Verarbeitung vergeht<br />

jedoch Zeit (Time Lag), so dass sich Informationen über f<strong>und</strong>amentale Variable nicht<br />

unmittelbar auf den Devisenkurs auswirken. Ihre volle Bedeutung erlangen diese<br />

Informationen häufig erst, wenn sie mit älteren Daten verglichen werden.<br />

Um die f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> zur Einschätzung zukünftiger Wechselkursbewegungen zu<br />

verwenden ist eine Interpretation der vorliegenden Informationen üblicherweise nicht<br />

ausreichend, da diese meist öffentlich zur Verfügung stehenden Informationen <strong>und</strong> die sich<br />

daraus gebildete Meinung des Marktes bereits in den Wechselkurs eingeflossen sind. Will<br />

man auf Basis von F<strong>und</strong>amentalanalyse Wechselkursprognosen erstellen, so ist es<br />

notwendig Prognosen für die volkswirtschaftlichen Bestimmungsfaktoren zu erstellen <strong>und</strong><br />

abzuschätzen, ob die Meinung des Marktes davon abweicht.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 42 von 57


Erfasst wird die ökonomische Verflechtung einer Volkswirtschaft <strong>und</strong> somit Angebot <strong>und</strong><br />

Nachfrage nach Heimwährung <strong>und</strong> Fremdwährungen in der Zahlungsbilanz. Das folgende<br />

Kapitel gibt einen Überblick über die Zahlungsbilanz <strong>und</strong> ihre Teilbilanzen.<br />

7.1 Exkurs: Zahlungsbilanz <strong>und</strong> Teilbilanzen<br />

Die Zahlungsbilanz (balance of payments) einer Volkswirtschaft ist die Zusammenstellung<br />

der außenwirtschaftlichen Transaktionen eines Landes während einer Periode<br />

(üblicherweise 1 Jahr). Diese werden als Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben von Fremdwährung<br />

(gemessen in der Heimwährung) erfasst. Transaktionen sind dabei der entgeltliche <strong>und</strong><br />

unentgeltliche Übergang von Gütern (Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen) <strong>und</strong> Forderungen<br />

zwischen Wirtschaftssubjekten. Die Transaktionen müssen also nicht unbedingt mit<br />

Zahlungsvorgängen verb<strong>und</strong>en sein (z.Bsp. Realtausch, unentgeltliche Leistung von<br />

Gütern).<br />

Zahlungsbilanz<br />

Leistungs-<br />

Vermögens-<br />

Kapital-<br />

Devisen-<br />

Rest-<br />

bilanz<br />

übertragung<br />

bilanz<br />

bilanz<br />

posten<br />

Handels-<br />

Diensleist<br />

Erwerbs- <strong>und</strong><br />

laufende<br />

bilanz<br />

ungs-<br />

Vermögens-<br />

Übertragungen<br />

bilanz<br />

einkommen<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 43 von 57


Die Zahlungsbilanz besteht aus folgenden Teilbilanzen:<br />

• Leistungsbilanz (mit Teilbilanzen)<br />

o Handelsbilanz (HB)<br />

o Dienstleistungsbilanz (DB)<br />

o Erwerbs- <strong>und</strong> Vermögenseinkommen<br />

o laufende Übertragungen<br />

• Bilanz der Vermögensübertragung<br />

• Kapitalbilanz<br />

• (Gold- <strong>und</strong>) Devisenbilanz<br />

• Restposten<br />

Zu jeder Buchung in der Zahlungsbilanz muss eine Gegenbuchung erfolgen, die<br />

Bilanz als Ganzes ist also immer ausgeglichen. Überschüsse oder Defizite können nur<br />

bei Teilbilanzen auftreten.<br />

Die Buchungen bestehen bei privaten Wirtschaftsakteuren hauptsächlich aus<br />

Leistungstransaktionen (die wertmäßige Erfassung eines Gutes) <strong>und</strong>/oder<br />

Finanztransaktionen (die Erfassung von Forderungen <strong>und</strong> Eigentumsrechten). Die<br />

wichtigsten Teilbilanzen der Zahlungsbilanz, insbesondere wenn es um Auswirkungen von<br />

f<strong>und</strong>amentalwirtschaftlichen Vorgängen auf Wechselkurse geht, stellen demnach die<br />

Leistungsbilanz (Importe <strong>und</strong> Exporte von Gütern) <strong>und</strong> die Kapitalbilanz (finanzielle<br />

Transaktionen) dar. Eine darauf abgestellte vereinfachte Darstellung der Zahlungsbilanz<br />

kann folgendermaßen gemacht werden:<br />

Leistungsbilanz<br />

Zahlungsbilanz<br />

S<br />

H<br />

Handelsbilanz Warenexport Warenimport<br />

DL-Bilanz Dienstleistungsexport Dienstleistungsimport<br />

Kapitalbilanz i.w.S<br />

Kapitalbilanz Kapitalimporte Kapitalexporte<br />

Abnahme der Gold- Zunahme der Gold-<br />

Devisenbilanz<br />

<strong>und</strong> Devisenreserven <strong>und</strong> Devisenreserven<br />

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Dass Soll der Zahlungsbilanz stellt dabei Deviseneinnahmen dar <strong>und</strong> umgekehrt das Haben<br />

Devisenausgaben.<br />

Im Folgenden werden die einzelnen Teilbilanzen näher erläutert. Die vor allem für die<br />

Devisenkursprognose weniger relevanten Teilbilanzen (Übertragungsbilanzen, Erwerbs- <strong>und</strong><br />

Vermögenseinkommen, Restposten) werden hier nicht behandelt.<br />

Leistungsbilanz<br />

In der Leistungsbilanz werden internationale Güterströme ebenso verbucht wie<br />

Übertragungen zwischen In- <strong>und</strong> Ausland <strong>und</strong> grenzüberschreitende Erwerbs- <strong>und</strong><br />

Vermögenseinkommen. Der Saldo der Leistungsbilanz stellt eine wichtige ökonomische<br />

Größe zur Bewertung der Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft dar. Sie zeigt inwiefern ein<br />

Land Einfuhren (<strong>und</strong> geleistete Übertragungen) durch Ausfuhren (<strong>und</strong> empfangene<br />

Übertragungen) finanzieren kann.<br />

Ein Leistungsbilanzüberschuss bedeutet eine Erhöhung der Auslandsposition, das ist die<br />

Netto-Vermögensposition einer Volkswirtschaft gegenüber dem Ausland.<br />

Ein Leistungsbilanzdefizit bewirkt eine Zunahme der Auslandsverschuldung der<br />

Volkswirtschaft. Ein hohes, andauerndes Leistungsbilanzdefizit wird üblicherweise als<br />

Indikator für eine bevorstehende Währungsabwertung angesehen.<br />

Handelsbilanz<br />

Die Handelsbilanz ist Teil der Leistungsbilanz <strong>und</strong> dient der Erfassung der Wareneinfuhr <strong>und</strong><br />

–ausfuhr. Ein Handelsbilanzüberschuss (sog. aktive Handelsbilanz) liegt dann vor, wenn die<br />

Ausfuhren die Einfuhren übersteigen. Im umgekehrten Fall weist die Handelsbilanz ein<br />

Defizit auf (sog. passive Handelsbilanz).<br />

Dienstleistungsbilanz<br />

Die Dienstleistungsbilanz ist Teil der Leistungsbilanz <strong>und</strong> dient der Erfassung aller Ex- <strong>und</strong><br />

Importe von Dienstleistungen.<br />

Die Summe der Salden von Dienstleistungsbilanz <strong>und</strong> Handelsbilanz ergibt den<br />

Außenbeitrag (s.u.) einer Volkswirtschaft.<br />

Weitere Teilbilanzen der Leistungsbilanz sind die Bilanz der Erwerbs- <strong>und</strong><br />

Vermögenseinkommen (Grenzüberschreitende Einkommen aus Faktorleistungen:<br />

Unselbständige Arbeit, Dividenden <strong>und</strong> Zinserträge) sowie die Bilanz der laufenden<br />

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Übertragungen (Leistungen ohne direkte Gegenleistung, z.Bsp. Zahlungen an internationale<br />

Organisationen)<br />

Kapitalbilanz<br />

Die Kapitalbilanz ist Teilbilanz der Zahlungsbilanz. Sie enthält die Kapitalbewegungen von<br />

Inländern, d.h. Änderungen in den Beständen der Forderungen <strong>und</strong> Verbindlichkeiten<br />

gegenüber dem Ausland. Dabei wird zwischen kurzfristigem <strong>und</strong> langfristigem<br />

Kapitalverkehr differenziert (Grenze üblicherweise bei 1 Jahr der ursprünglichen Laufzeit).<br />

Der kurzfristige Kapitalverkehr wird dabei stark von der jeweiligen Situation an den Geld- <strong>und</strong><br />

Devisenmärkten beeinflusst. Er erfasst die kurzfristigen Mittelverlagerungen zwischen dem<br />

inländischen Markt <strong>und</strong> dem internationalen Finanzmarkt.<br />

Die Hauptkategorien der Kapitalbilanz sind<br />

• Direktinvestitionen: grenzüberschreitende Unternehmensbeteiligungen von über 10%,<br />

reinvestierte Gewinne sowie bereitgestellte Kreditmittel, Erwerb <strong>und</strong> Veräußerung<br />

von Immobilien, ...<br />

• Wertpapieranlagen: langfristige Schuldverschreibungen <strong>und</strong> Dividendenpapiere die<br />

nicht unter Direktinvestitionen fallen<br />

• Finanzderivate<br />

• Kreditverkehr<br />

Als Kapitalexporte (-importe) werden Zunahmen (Abnahmen) von Forderungen gegen<br />

Ausländer sowie Abnahme (Zunahme) von Verbindlichkeiten gegenüber Ausländern<br />

verstanden <strong>und</strong> erscheinen als negative (positive) Position in der Kapitalbilanz.<br />

Zusammenhang: Käufe <strong>und</strong> Verkäufe von Gütern, Vermögenswerten oder Dienstleistungen<br />

werden mit kurz- oder langfristigen Krediten bezahlt, somit findet grob gesprochen für eine<br />

Transaktion der Leistungsbilanz eine Gegenbuchung in der Kapitalbilanz statt. Eine<br />

Barzahlung am Devisenmarkt bewirkt eine Veränderung der Währungsreserven <strong>und</strong> wird in<br />

der Devisenbilanz ausgewiesen.<br />

Gold- <strong>und</strong> Devisenbilanz (Reservebilanz)<br />

Die Devisenbilanz ist Teil der Zahlungsbilanz <strong>und</strong> beschreibt die Veränderung der offiziellen<br />

(nationalen) Währungsreserven der Zentralbank. Zu den Währungsreserven zählen liquide<br />

Devisenbestände der Zentralbank, der Geldbestand, die Reserveposition im Internationalen<br />

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Währungsfond sowie alle bestehenden Sonderziehungsrechte. Die Veränderung aller<br />

übrigen Forderungen <strong>und</strong> aller Verbindlichkeiten der Zentralbank werden in der Kapitalbilanz<br />

festgehalten.<br />

Im folgenden Beispiel wird die Verbuchung von 2 typischen Transaktionen illustriert:<br />

a) Export von Maschinen im Wert von EUR 10 Mio (auf Kredit)<br />

b) Import von Rohstoffen im Wert von EUR 5 Mio (Barbezahlung)<br />

Leistungsbilanz<br />

Kapitalbilanz i.w.S<br />

Zahlungsbilanz<br />

S H Saldo<br />

Handelsbilanz 10 (a) 5(b) +5<br />

DL-Bilanz<br />

Kapitalbilanz 10(a) -10<br />

Devisenbilanz 5(b) +5<br />

Saldo 15 15 0<br />

Erklärung: Die Leistungsbilanz ist positiv, da mehr exportiert als importiert wurde. Die<br />

Kapitalbilanz ist negativ; Kapital wurde exportiert (das entspricht einer Zunahme von<br />

Forderungen gegenüber dem Ausland). Die Devisenbilanz ist positiv, das bedeutet dass der<br />

Bestand an Devisen abgenommen hat.<br />

Nachdem wir die Zahlungsbilanz <strong>und</strong> die darin enthaltene Erfassung der Außenbeziehungen<br />

einer Volkswirtschaft kennen gelernt haben, wollen wir wieder zur f<strong>und</strong>amentalen <strong>Analyse</strong><br />

zurückkehren.<br />

Hier unterscheidet man<br />

<br />

<br />

den monokausalen (eine einzelne Erklärungsvariable) vom<br />

integrierten Ansatz (mehrere Variablen).<br />

7.2 Monokausale Erklärungsansätze<br />

7.2.1 Kaufkraftparitätentheorie<br />

Die Kaufkraftparitätentheorie besagt, dass der Devisenkurs zwischen zwei Ländern durch die<br />

reale Kaufkraft ihrer Währungen bestimmt wird. Werden gleiche Güter auf dem Weltmarkt zu<br />

unterschiedlichen Preisen gehandelt, so führt dies zu Güterarbitrageprozessen, die eine<br />

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Veränderung von Angebot <strong>und</strong> Nachfrage nach Gütern <strong>und</strong> daher auch nach Devisen<br />

verursachen. Sie lösen also eine Devisenkursänderung aus. Man spricht von<br />

Güterarbitrageprozessen, wenn Güter im Ausland preisgünstig eingekauft werden, um sie im<br />

Inland zu einem höheren Preis zu verkaufen.<br />

Die Kaufkraftparitätentheorie besagt dass durch den Devisenkurs garantiert ist, dass man in<br />

beiden Ländern für einen bestimmten Geldbetrag die gleiche Gütermenge erwerben kann.<br />

Steigt z.Bsp. das Preisniveau im Inland (relativ zu einem anderen Land) so führt dies dazu<br />

dass weniger der inländischen Güter <strong>und</strong> mehr der jetzt relativ günstigeren ausländischen<br />

Güter nachgefragt werden. Folglich wird weniger der heimischen Währung <strong>und</strong> mehr der<br />

ausländischen Währung nachgefragt. So wird beispielsweise die Währung des Landes,<br />

dessen Preisniveau sich erhöht, abgewertet. Auf die Zahlungsbilanz umgelegt bedeutet dies<br />

dass durch eine Steigerung des heimischen Preisniveaus die Leistungsbilanz negativ wird<br />

<strong>und</strong> so langfristig zu einer Abwertung der Währung führt.<br />

7.2.2 Zinsparitätentheorie<br />

Die Zinsparitätentheorie ist ein kurzfristiges Erklärungsmodell für Wechselkursbewegungen.<br />

Die Theorie basiert auf der Annahme dass Anleger dort investieren wo die höchste Rendite<br />

erwartet wird, wobei bei funktionierenden Märkten die Normalsituation die einer Zinsparität<br />

ist. Eine Zinsparität im Sinne der Zinsparitätentheorie bezeichnet die „Gleichheit der<br />

erwarteten Renditen auf Einlagen in zwei beliebigen Währungen“. Kurzfristige<br />

Wechselkursänderungen können daher durch Veränderungen der (relativen) Zinsniveaus<br />

erklärt werden.<br />

Steigen beispielsweise die Zinssätze der heimischen Währung so werden internationale<br />

Investoren aufgr<strong>und</strong> der jetzt fehlenden Zinsparität vermehrt ihr Geld in dieser<br />

Volkswirtschaft veranlagen. Die höhere Nachfrage nach der heimischen Währung hat damit<br />

ein Ansteigen dieser Währung zur Folge.<br />

Auf die Zahlungsbilanz umgelegt bedeutet dieses Beispiel Kapitalimporte <strong>und</strong> eine Zunahme<br />

der Devisenreserven, also eine positive Kapitalbilanz <strong>und</strong> eine negative Devisenbilanz.<br />

Achtung: Da höhere Zinsen üblicherweise auch mit höherer Inflation einhergehen, ist nach<br />

der Kaufkraftparitätentheorie langfristig eine zur von der Zinsparitätentheorie kurzfristig<br />

vorhergesagten Wechselkursbewegung, entgegengesetzte Bewegung zu erwarten.<br />

Beispielsweise bedeuten (relativ) steigende inländische Zinsen den Zufluss von kurzfristigen<br />

Geldern <strong>und</strong> damit eine Aufwertung der Währung. Langfristig würde das mit den hohen<br />

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Zinsen einhergehende höhere Preisniveau zu einem Leistungsbilanzdefizit <strong>und</strong> damit zu<br />

einer Abwertung der Währung führen.<br />

7.3 Integrierte Modelle<br />

Im Gegensatz zu den monokausalen Erklärungsansätzen führen integrierte Modelle die<br />

Veränderung von Devisenkursen nicht auf einen einzigen, sondern auf mehrere<br />

Einflussfaktoren zurück. Sie berücksichtigen gleichzeitig mehrere Determinanten eines<br />

Währungskurses. Dabei kann zwischen traditionellen <strong>und</strong> neueren Ansätzen innerhalb der<br />

integrierten Modelle unterschieden werden.<br />

7.3.1 Traditionelle Ansätze<br />

Zu den traditionellen Ansätzen zur Erklärung der Währungskursbildung zählen:<br />

<br />

<br />

<br />

das keynesianische Wechselkursmodell<br />

der monetäre Ansatz <strong>und</strong><br />

der Finanzmarktansatz.<br />

Diese Modelle gehören entweder zur Gruppe der Stromgrößen- oder der<br />

Bestandsgrößenmodelle. Stromgrößenmodelle basieren auf Veränderungen der<br />

betrachteten Einflussgrößen (z.B. Einkommensänderungen, Änderungen der<br />

Vermögensbestände), während die Bestandsgrößenmodelle auf Beständen (z.B. Höhe des<br />

Einkommens oder des Vermögens) aufbauen.<br />

7.3.2 Keynesianisches Modell (John Maynard Keynes, brit. Ökonom,<br />

Politiker <strong>und</strong> Mathematiker 1883-1946)<br />

Das keynesianische Modell gehört zur Gruppe der Stromgrößenmodelle <strong>und</strong> berücksichtigt<br />

vorwiegend realwirtschaftliche Vorgänge als kursbestimmende Faktoren. Der Kurs einer<br />

Währung wird durch Angebot <strong>und</strong> Nachfrage von Devisen bestimmt.<br />

Devisenangebot <strong>und</strong> -nachfrage hängen wiederum vom Ausmaß <strong>und</strong> von der Richtung des<br />

Güter- <strong>und</strong> Dienstleistungshandels der beteiligten Länder, sowie den Transferzahlungen<br />

(z.B. Geldüberweisungen von Arbeitsemigranten in ihr Heimatland) ab. Dominierender<br />

Faktor für die Devisenkursentwicklung ist daher der Saldo der Leistungsbilanz einer<br />

Volkswirtschaft.<br />

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Die Kapitalbilanz wird bei der Devisenkursanalyse vernachlässigt, da Kapitalströme aus<br />

realwirtschaftlichen Vorgängen resultieren.<br />

Der Devisenkurs entspricht also stets den relativen Preisen in- <strong>und</strong> ausländischer Güter.<br />

Veränderungen des Devisenkurses resultieren entweder aus Änderungen des in- <strong>und</strong><br />

ausländischen Zinsniveaus, die die internationalen Kapitalströme determinieren, oder aus<br />

Realeinkommensänderungen, die die Nachfrage nach Export- bzw. Importgütern<br />

beeinflussen.<br />

7.3.3 Monetärer Ansatz<br />

Der monetäre Ansatz zur Bestimmung des Devisenkurses ist ein Bestandsgrößenansatz, der<br />

insbesondere die Bestände an Geldvermögen einer Volkswirtschaft berücksichtigt.<br />

Die in die Zahlungsbilanz eingehenden Leistungs- <strong>und</strong> Finanztransaktionen resultieren aus<br />

den Portfolioentscheidungen (Aufteilung des Geldvermögens auf Wertpapiere) in- <strong>und</strong><br />

ausländischer Wirtschaftssubjekte. Herrscht ein Ungleichgewicht auf dem Geldmarkt, so<br />

passen die Wirtschaftssubjekte ihre Portfolios entsprechend an. Ein Nachfrageüberschuss<br />

auf dem Geldmarkt führt über eine Umstrukturierung der Portfolios zu einer Zunahme von<br />

Devisen (Devisenbilanzüberschuss). Ein Überangebot am Geldmarkt hat hingegen ein<br />

Devisenbilanzdefizit zur Folge.<br />

7.3.4 Finanzmarktansatz<br />

Mit Hilfe des Finanzmarktansatzes (Asset Market Approach) lassen sich kurzfristige<br />

Devisenkursbewegungen bestimmen. Er gilt als Weiterentwicklung des monetären Ansatzes<br />

<strong>und</strong> basiert daher auf Bestandsanpassungen. Dieser Ansatz unterstellt eine:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

vollständige Substitutionsmöglichkeit in- <strong>und</strong> ausländischer Finanzaktiva<br />

vollkommene Kapitalmobilität<br />

unmittelbare Anpassung auf dem Geldmarkt bei Änderung relevanter Daten<br />

verzögerte Anpassung auf dem Gütermarkt bei Datenänderungen.<br />

Die letzte Annahme führt dazu, dass Volkseinkommen <strong>und</strong> Realvermögen kurzfristig als<br />

konstant angesehen werden können. Kapitalbewegungen beruhen somit ausschließlich auf<br />

den Portfolioentscheidungen der Anleger. Dabei sind die Umstrukturierungsmaßnahmen der<br />

Anleger von den Ertragsaussichten <strong>und</strong> der Charakteristik der Vermögensgegenstände (z.B.<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 50 von 57


Dauer der Kapitalbindung, Art der Vermögensgegenstände) der Wirtschaftssubjekte<br />

abhängig. Ergeben sich geldpolitische Veränderungen, führen diese unmittelbar zu einer<br />

Umstrukturierung der Finanzaktiva von Seiten der Anleger. Dies beeinflusst wiederum den<br />

Devisenkurs.<br />

7.3.5 Neuere Ansätze<br />

Neuere Ansätze zur Erklärung des Devisenkurses stellen Weiterentwicklungen der<br />

traditionellen Modellansätze dar. Neuere Ansätze verknüpfen die traditionellen Modelle so,<br />

dass einerseits Bestandsgrößen (Vermögensstruktur) <strong>und</strong> Stromgrößen<br />

(Leistungsbilanzveränderungen) berücksichtigt, andererseits kurz-, mittel- <strong>und</strong> langfristige<br />

Faktoren der Devisenkursbestimmung in einem Ansatz erfasst werden.<br />

Anpassungsvorgänge der Anleger auf den Finanzmärkten sind die Ursache für Zins- <strong>und</strong><br />

Devisenkursänderungen. Neuere Modellansätze sind darauf ausgerichtet, sowohl die<br />

kurzfristige Anpassung der Finanzmärkte an sich verändernde Strukturen zu erfassen, als<br />

auch Änderungen der Erwartungen der Marktteilnehmer zu berücksichtigen.<br />

In der Praxis erstellen viele Banken F<strong>und</strong>amentalanalysen für einzelne Länder. Die dafür<br />

erforderlichen Informationen beziehen die Unternehmen z.B.:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

von Nachrichtenagenturen (z.B. Reuters)<br />

von statistischen Ämtern<br />

von den Zentralbanken<br />

durch andere öffentlich zugängliche Informationsquellen (z.B. Zeitung).<br />

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7.4 Volkswirtschaftliche Kennzahlen<br />

Nationaleinkommen<br />

Die Leistung einer Volkswirtschaft wird durch das so genannte Nationaleinkommen (früher:<br />

Sozialprodukt) charakterisiert <strong>und</strong> stellt die Summe aller Wertschöpfungen einer<br />

Volkswirtschaft dar.<br />

Bei Kennzahlen für das Nationaleinkommen kann man zwischen dem<br />

Bruttonationaleinkommen (BNE bzw. engl: GNP – Gross National Product) <strong>und</strong> dem<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP bzw. engl. GDP – Gross Domestic Product) unterscheiden.<br />

Dabei wird beim Bruttoinlandsprodukt die Wertschöpfung innerhalb der Landesgrenzen<br />

erfasst, während das Bruttonationalprodukt Wertschöpfung über Produktionsfaktoren im<br />

Eigentum von Inländern beinhaltet.<br />

Daneben gibt es auch noch den Begriff des Nettonationaleinkommens, welches sich aus<br />

dem Bruttonationaleinkommen durch den Abzug der Abschreibungen ergibt.<br />

7.4.1 Indikatoren<br />

Um eine Volkswirtschaft im Detail <strong>und</strong> ihre zukünftige Entwicklung beurteilen zu können,<br />

betrachtet man einzelne gesamtwirtschaftliche Einflussfaktoren genauer <strong>und</strong> prognostiziert<br />

diese für die Zukunft.<br />

Die wichtigsten gesamtwirtschaftlichen Einflussfaktoren sind:<br />

• Wirtschaftswachstum<br />

• Inflation<br />

• Zinsniveau<br />

• Wechselkurs<br />

• Produktivität<br />

Wie bereits erwähnt geht es bei der f<strong>und</strong>amentalen <strong>Analyse</strong> zwecks<br />

Fremdwährungsprognose um eine Prognose der Entwicklung dieser Einflussfaktoren <strong>und</strong><br />

eine Gegenüberstellung mit der Meinung des Marktes. Indikatoren dienen als Messgröße für<br />

gesamtwirtschaftliche Einflussfaktoren. Eine große Bedeutung von Indikatoren kann man<br />

dann erkennen, dass deren Veröffentlichung sichtbare sofortige Auswirkungen auf die<br />

internationalen Märkte hat.<br />

Folgende Klassifizierung von Indikatoren kann gemacht werden:<br />

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• Mengenindikatoren: Geben Auskunft über die Mengenentwicklung eines<br />

Bezugsobjektes(z.Bsp. Arbeitslosenquote, Auftragseingänge)<br />

• Preisindikatoren: Informieren über Preisniveau oder –entwicklung (z.Bsp.<br />

Inflationsrate, Aktienkurse)<br />

• Früh- bzw. vorlaufende Indikatoren: Geben Hinweise auf die zukünftige Entwicklung<br />

der Wirtschaftslage (z.Bsp. Auftragseingänge, Aktienkurse)<br />

• Präsensindikatoren- <strong>und</strong> Spätindikatoren: Zeigen aktuelle <strong>und</strong>/oder vergangene<br />

wirtschaftliche Entwicklung (z.Bsp. Bruttoinlandsprodukt, Arbeitslosenquote)<br />

Im Folgenden werden die wichtigsten Indikatoren kurz beschrieben:<br />

Einkaufsmanager Index (Purchasing Managers Index – PMI)<br />

In den USA wird auf monatlicher Basis durch Umfragen der „National Association of<br />

Purchase Managers“ ermittelt, welcher Prozentsatz der befragten Einkaufsmanager die<br />

künftige wirtschaftliche Entwicklung positiv einschätzt.<br />

Wie für alle volkswirtschaftlichen Kennzahlen gilt: Bei schlechter Wirtschaftslage ist ein<br />

hoher Indikatorwert sehr positiv, bei starkem Wirtschaftswachstum kann ein hoher<br />

Indikatorwert auf steigende Inflationsgefahr hinweisen <strong>und</strong> ist daher schlecht.<br />

Auftragseingänge der Industrie (New and unfilled orders)<br />

Die prozentuale Veränderung der Auftragseingänge (üblicherweise für langlebige<br />

Gebrauchsgüter) in der Industrie gegenüber dem Vorjahreszeitraum wird als Indikator<br />

aufgezeichnet <strong>und</strong> monatlich veröffentlicht. Auftragseingänge in der Industrie sind ein<br />

Frühindikator für die Unternehmensgewinne sowie für die Entwicklung der Gesamtwirtschaft<br />

Index of Leading Economic Indicators<br />

Der „Index of Leading Indicators“ wird vom US-Handelsministerium auf monatlicher Basis<br />

veröffentlicht. Der Indikator setzt sich aus 10 Einzelindikatoren zusammen, die von der<br />

Angebotsseite (Produktion, Investition, Auftragseingänge), der Nachfrageseite (Inflation,<br />

Beschäftigung, Kaufkraft) <strong>und</strong> von der Geldpolitik kommen.<br />

Der Indikator zielt darauf ab die zukünftige Wirtschaftsentwicklung in den USA<br />

abzuschätzen, hat aber aufgr<strong>und</strong> der Wichtigkeit des amerikanischen Marktes auch<br />

internationale Bedeutung<br />

IFO Geschäftsklima<br />

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In monatlichen Zeitabständen ermittelt das IFO-Institut in einer Umfrage bei deutschen<br />

Unternehmen deren Einschätzung der Lage des eigenen Unternehmens sowie der<br />

Gesamtwirtschaft. Das IFO Geschäftsklima ist ein wichtiger vorlaufender Indikator für die<br />

deutsche Wirtschaft.<br />

Der Indikator wird aus dem Saldo aus optimistischer <strong>und</strong> pessimistischer Einschätzung<br />

gebildet. Bei einem Anstieg über 100 überwiegen die optimistischen, bei Werten unter 100<br />

die pessimistischen Einschätzungen.<br />

CRB Futures Index<br />

Der CRB-Futures Index ist ein Index für 21 Rohstoff Futures. Der Indikator dient der<br />

Prognose der Inflation (höhere Rohstoffkosten bedeuten höhere Produktionskosten). Der<br />

CRB Index wird täglich variabel notiert.<br />

Goldpreis<br />

Der Goldpreis hat traditionell eine große Bedeutung in Krisenzeiten, wo es häufig zu einem<br />

Anstieg des Goldpreises kommt. Andererseits hat das Gold aber auch zugleich eine<br />

Warnfunktion für steigende Inflationsraten.<br />

Consumer’s Confidence (ICON Konsumbarometer)<br />

Der „Consumer’s Confidence Index” (CCI) wird in den USA auf monatlicher Basis<br />

veröffentlicht. Das deutsche Pendant ist das ICON Konsumbarometer. Bei beiden wird das<br />

Verbrauchervertrauen in die Wirtschaft ermittelt.<br />

Der Indikator wird aus dem Saldo der optimistischen <strong>und</strong> pessimistischen Einschätzungen<br />

gebildet. Bei einem Indikatorwert über Null überwiegen die optimistischen, unter Null die<br />

pessimistischen Einschätzungen.<br />

Beschäftigung / Löhne<br />

Ein Ansteigen der Beschäftigung ist gr<strong>und</strong>sätzlich positiv, weil es ein Zeichen für stärkeres<br />

Wirtschaftswachstum ist. Bei Hochkonjunktur können (weiter) steigende Beschäftigung <strong>und</strong><br />

Löhne aber auch Warnsignal für Inflation sein. Als Indikatoren sind geeignet:<br />

Arbeitslosenrate, Zahl der neu Beschäftigten, Anträge auf Arbeitslosenunterstützung, Löhne<br />

<strong>und</strong> Gehälter verschiedener Branchen oder der Gesamtwirtschaft.<br />

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Importpreise<br />

Hohe Importpreise für Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen werden in erster Linie durch eine<br />

schwache Heimwährung ausgelöst. Dies kann sowohl zu höherer Inflation als auch zu einer<br />

kurzfristigen Verschlechterung der Handelsbilanz führen. Als Indikatoren sind geeignet:<br />

Wechselkurse, Preise für Importierte Waren<br />

Kurzfristige Zinsen<br />

Sieht die Notenbank die Gefahr einer steigenden Inflation, so wird sie die kurzfristigen<br />

Zinsen anheben. Um Investitionen anzukurbeln, wird sie im Gegenzug die kurzfristigen<br />

Zinsen senken. Als Indikatoren sind geeignet: Leitsätze wie der Diskontsatz, Lombardsatz,<br />

Repo rates, 3-monats Zins staatlicher Obligationen<br />

Langfristige Zinsen<br />

Steigen die langfristigen Zinsen stark an, so kann man daraus schließen dass langfristig ein<br />

generell höheres Zinsniveau erwartet wird. Als Indikatoren sind die Renditen 10 – 30 jähriger<br />

Staatsanleihen geeignet<br />

Geldmenge<br />

Die Geldmenge ist die Liquidität, die der Wirtschaft zum Austausch von Gütern <strong>und</strong><br />

Dienstleistungen zur Verfügung steht. Die jährliche Veränderung der Geldmenge wird<br />

monatlich veröffentlicht.<br />

Die Zinspolitik der Notenbank ist unmittelbar mit der Steuerung der Geldmenge verb<strong>und</strong>en.<br />

Erhöht die Notenbank die Geldmenge, so ist dies gleichbedeutend mit einer Senkung der<br />

Zinsen. Die Notenbank wird dann die Geldmenge erhöhen, wenn sie der Wirtschaft stützend<br />

unter die Arme greifen will.<br />

Erzeugerpreisindex (PPI = Producer Price Index)<br />

Der Erzeugerpreisindex erfasst die Veränderung der industriellen Erzeugerpreise gegenüber<br />

dem Vorjahr. Steigen die Preise der Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen, die die Produzenten selbst<br />

einkaufen, hat dies einen Anstieg der Verbraucherpreise (Inflation) zur Konsequenz.<br />

Der Indikator dienst sowohl der Prognose der Gewinne einzelner Branchen als auch der<br />

Prognose der zukünftigen Inflationsrate <strong>und</strong> Geldpolitik der Notenbank<br />

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7.5 Übersicht f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong><br />

Methode Modell Prinzip<br />

Monokausale<br />

Erklärungsansätze<br />

Erklärung von Devisenkursveränderungen<br />

mit einer<br />

Variablen<br />

Kaufkraftparitätentheorie<br />

Zinsparitätentheorie<br />

Devisenkurs wird durch reale<br />

Kaufkraft bestimmt<br />

Devisenkurs wird anhand des<br />

Zusammenhangs zwischen Zinsniveaudifferenz<br />

<strong>und</strong> den<br />

Swapsätzen erklärt<br />

Integrierte Modelle<br />

Erklärung von Devisenkursveränderungen<br />

mit mehreren<br />

Variablen<br />

Klassische Verfahren Keynesianisches Modell Devisenkurs wird durch Angebot<br />

<strong>und</strong> Nachfrage einer Währung<br />

bestimmt<br />

Monetärer Ansatz<br />

Finanzmarktansatz<br />

(Asset Market Approach)<br />

Erklärung des Devisenkurses<br />

anhand der Portfolios einzelner<br />

Wirtschaftssubjekte am Geldmarkt<br />

Weiterentwicklung des monetären<br />

Ansatzes, basiert auf<br />

Bestandsanpassungen<br />

(=Portfoliobestände der Individuen)<br />

Neuere Ansätze<br />

Versuch, Bestands- <strong>und</strong><br />

Stromgrößen in einem Ansatz zu<br />

verknüpfen<br />

© FINANCE TRAINER International <strong>Notenbanken</strong> <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale <strong>Analyse</strong> / Seite 56 von 57

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