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Handreichung - Antirassistisch-Interkulturelles Informationszentrum ...

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»Sichtbar werden« – Eine <strong>Handreichung</strong> für Lehrkräfte<br />

Hintergrundinformationen<br />

Den Widerstand der „Schüblinge“ versuchen die Beamten<br />

der Bundespolizei (früher: Bundesgrenzschutz)<br />

unter Umständen durch gewaltsames Vorgehen zu<br />

brechen. Nach Protesten im Zusammenhang mit Todesfällen<br />

bei Luftabschiebungen lehnen Fluggesellschaften<br />

den gewaltsamen Transport der Abzuschiebenden<br />

vermehrt ab. Daher kann Widerstand auf dem<br />

Flughafen oder noch im Flugzeug zum Abbruch der<br />

Abschiebung führen. In diesen Fällen werden die<br />

Häftlinge bis zum nächsten Abschiebeversuch in den<br />

Polizeigewahrsam gebracht.<br />

Im Falle einer Landabschiebung werden die Häftlinge,<br />

teils im Einzeltransport, manchmal auch in Sammeltransporten,<br />

zu den Grenzstationen gebracht und dem<br />

dortigen Grenzschutz übergeben. Die Luftabschiebung<br />

wird von der Bundespolizei mit deutschen und<br />

ausländischen Linien- und Charterflügen durchgeführt.<br />

Im Jahr 2002 wurden über 40.000 Menschen von<br />

Bundesgrenzschutz aus Deutschland abgeschoben.<br />

Das Problem der „gemeinsamen Lebensgemeinschaft“<br />

Im § 1353 Abs. 1 BGB wird die eheliche Lebensgemeinschaft<br />

wie folgt definiert: „Die Ehegatten sind<br />

einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet;<br />

sie tragen füreinander Verantwortung.“ In Kommentaren<br />

streiten Juristen jedoch bis heute, wie eine<br />

Lebensgemeinschaft und ihre „Aufrechterhaltung“ zu<br />

beurteilen sind. Zentral scheint dabei, ob die Ehepartner<br />

einen den ständigen Kontakt gewährleistenden<br />

„gemeinsamen Lebensmittelpunkt“ besitzen. Während<br />

bei rein-deutschen Paaren die eheliche Lebensgemeinschaft<br />

keine häusliche sein muss, vielmehr zwei<br />

Wohnsitze den modernen flexiblen Menschen ausmachen<br />

(und steuerlich absetzbar sind), legen viele Ausländerbehörden<br />

bei nicht-rein-deutschen Ehen wert<br />

darauf, dass es sich auch um eine häusliche Gemeinschaft<br />

handelt. Bei Berufspendler/innen führte dies<br />

schon zu „aufenthaltsbeendenden Maßnahmen“. Auch<br />

ein dreimonatiger Krankenhausaufenthalt wurde bereits<br />

als „fehlende Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft“<br />

definiert.<br />

Zum Portrait von „Cornelius“<br />

Schwierigkeiten der Asylantragstellung<br />

Eine der ersten Stationen für AsylbewerberInnen im<br />

deutschen Behördendschungel ist die Erstanhörung<br />

im Asylverfahren. Sie ist zugleich auch die wichtigste.<br />

Im Wesentlichen wird aufgrund dieser Anhörung entschieden,<br />

wer Asyl bekommt und wer nicht.<br />

Die zuständige Behörde für die Erstanhörung in einem<br />

Asylverfahren ist das „Bundesamt für Migration und<br />

Flüchtlinge“ (BAMF). Ihre Außenstellen sind immer mit<br />

einer (Erst-)Aufnahmeeinrichtung verbunden, welche<br />

zumeist die erste Anlaufstelle für Flüchtlinge nach<br />

ihrer Ankunft in Deutschland ist.<br />

Kurz danach, oft nur wenige Tage nach der Einreise,<br />

findet auch schon die Anhörung statt. Aufgrund dieser<br />

Anhörung entscheidet das Bundesamt über die Anerkennung<br />

nach dem Grundgesetz (Art. 16 a GG), aber<br />

auch über sogenannte „Abschiebungshindernisse“,<br />

also der Anerkennung als Konventionsflüchtling.<br />

Die Funktion der Erstanhörung ist, dass Asylbewerber/innen<br />

hier sämtliche Verfolgungstatbestände darlegen<br />

sollen. Alles, was danach noch eingereicht wird,<br />

gilt als „verspätetes Vorbringen“ und muss vom Bundesamt<br />

nicht mehr berücksichtigt werden.<br />

Da die Verfolgung in den allermeisten Fällen nicht<br />

nachzuweisen ist, muss sie hauptsächlich durch eine<br />

„Zeugenaussage in eigener Sache“ des Flüchtlings<br />

belegt werden. Die Glaubwürdigkeit des Vorgebrachten<br />

ist also entscheidend. Die wichtigsten offiziellen<br />

Kriterien dabei sind Widerspruchsfreiheit, Plausibilität<br />

und Sachlichkeit.<br />

Der Ablauf der Anhörung ist stark durchstrukturiert: Zu<br />

Beginn müssen verschiedene Formalia abgeklärt<br />

werden, so werden die Personalien kontrolliert, Dokumente<br />

erfragt, die Anhörungssprache geklärt, der<br />

Gesundheitszustand erfragt usw. Diese Formalia<br />

werden größtenteils mit Hilfe von 25 Eingangsfragen<br />

abgeklärt, die die Dolmetscher meist direkt vom Blatt<br />

übersetzen. Die Entscheider können sich also ganz<br />

auf die Protokollierung der Antworten auf das Diktaphon<br />

konzentrieren. Die letzte der Eingangsfragen<br />

bezieht sich auf den Fluchtweg:<br />

„Bitte schildern Sie mir, wie und wann Sie nach<br />

Deutschland gekommen sind. Geben Sie dabei an,<br />

wann und auf welche Weise Sie ihr Herkunftsland<br />

verlassen haben, über welche anderen Länder Sie<br />

gereist sind und wie die Einreise nach Deutschland<br />

erfolgte!“<br />

Diese Frage hat vor allem zwei Funktionen: Einmal<br />

soll ermittelt werden, ob die Flucht nach Deutschland<br />

über einen sogenannten „Sicheren Drittstaat“ erfolgte.<br />

Die Regelung der „Sicheren Drittstaaten“ wurde in der<br />

Grundgesetzänderung von 1993 festgelegt. Sie be-<br />

25

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