Stempelfälschungen - BDPh Kompass für Sammler
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<strong>Stempelfälschungen</strong><br />
Der Bereich der <strong>Stempelfälschungen</strong> umfasst ein derart großes Gebiet, dass selbst an Experten<br />
und Fachprüfer immer größere Anforderungen stellt. Dabei ergeben sich diese zum einen<br />
• aus postgeschichtlichen Daten und Fakten, die es zu eruieren gilt,<br />
• zum anderen aus handwerkstechnischen Kenntnissen, die eine fachgerechte Prüfung<br />
voraussetzen. Bei einem Prüferseminar wurden diese Kriterien einmal so ins Verhältnis gesetzt:<br />
„Briefmarkenprüfungen haben zu 80 Prozent mit Kenntnissen über Fälschungsmethoden zu tun<br />
und nur zu 20 Prozent mit Kenntnissen über das jeweilige Gebiet“!<br />
Da aber gerade <strong>Stempelfälschungen</strong> zunehmend mehr bei klassischen wie modernen Marken<br />
vorzufinden sind, bedürfen diese einer eingehenderen Betrachtung, und nicht nur der<br />
beispielhaften Dokumentation.<br />
Generell sind bei dem Stichwort „Stempelfälschen“ drei Hauptgruppen zu unterscheiden:<br />
(a) Ganzfälschungen von Stempeln<br />
(b) Rückdatierungen von Originalstempel<br />
(c) Teilverfälschungen von Stempeln / Gemalte Stempel<br />
Für alle <strong>Stempelfälschungen</strong> gilt es, erst einmal die Originalität des Postwertzeichens zu<br />
betrachten, auf dem der Stempel vorliegt. Ist dieses Postwertzeichen schon eine Ganzfälschung,<br />
erübrigt sich jede weitere Untersuchung.<br />
Zur Gruppe (a) zählen die zahlreichen aufgedruckten und klischierten Stempel, die – z.B. bei<br />
Marken, die ungebraucht bzw. postfrisch wesentlich billiger als gestempelt sind – vorzufinden sind.<br />
Zur Gruppe (b) zählen die – z.B. aus der Inflationszeit her – bekannten Originalstempelgeräte, die<br />
auch noch lange nach amtlich genehmigten Einsatz zur Verwendung kamen. Für beide Gruppen<br />
gelten folgende Aspekte:<br />
Zuerst einmal gilt es mit Hilfe eines Kataloges zu prüfen, ob das Stempeldatum überhaupt<br />
zutreffen kann, also ob der Stempel aus dem Zeitraum der Gültigkeit einer Marke stammt. Aber<br />
auch die generelle Kalenderangabe ist zu vergleichen, denn z.B. den 29.2.45 gab es einfach nicht<br />
– auch wenn er so im Stempelbild erscheint! Als Stempeldatum einen Sonntag ausgewiesen zu<br />
finden, sollte einem ebenfalls zu denken geben, denn an diesem Tag sind sicherlich nur wenige<br />
Postämter geöffnet! Man wundert sich, wie viele Falschstempel allein an derart unsinnigen Details<br />
zu erkennen sind!<br />
Sofern Vergleichsmaterial vorliegt, sollte überprüft werden, ob die Stempelart <strong>für</strong> die Zeit<br />
überhaupt vergleichbare (echte) Vorbilder hat oder ob es hier schon Anhaltspunkt der Irregularität<br />
gibt. Hierunter fallen z.B. falsche Angaben über zwei-, vier-bzw. fünfstellige Postleitzahlen, die<br />
natürlich nur in bestimmten Zeiträumen möglich waren. Nicht vergessen sollte man allerdings die<br />
Größenmessung von Stempeln, denn deren Größe waren sowohl nach Form(at) und Größe<br />
jeweils standardisiert, also genormt. Schon kleine Abweichungen können durchaus mit Hilfe einer<br />
Lupe mit Messeinheit, besser aber noch im PC – z.B. mit dem Programm MICHELperfoscope –<br />
oder mit einem Bildbearbeitungsprogramm, das es auch erlaubt, Stempel von Original und<br />
Fälschung übereinander zu legen, sichtbar gemacht werden.<br />
Bei Stempeln kleinerer Postämter kann es eine Hilfe sein, den Namen des Ortes <strong>für</strong> die im<br />
Stempel angegebene Zeit zu überprüfen, denn zahlreiche Orts-Umbenennungen, verbunden mit<br />
Raum-Neugliederungen, führten zu neuen Ortsnamen bzw. Abkürzungen, die nur in bestimmten<br />
Zeiträumen möglich waren. Kenntnisse, die der Fälscher häufig nicht kennt!
Stempel-Ganzfälschungen sind nicht selten an der abweichenden Farbe zu erkennen, sofern sie<br />
nicht von vorneherein primitiv aufgedruckt sind. Solchen Stempeln fehlt der unter UV-Licht sichtbar<br />
werdende ölige Gehalt der amtlichen Stempelfarbe, das „schwarz“ wirkt selten gleich intensiv<br />
schwarz und das Leuchten der Farbe unter UV weicht vom Original eines echten Stempels ab.<br />
Andere Erkennungsmerkmale haben „gemalte Stempel“. Diese werden meist freihändig gemalt<br />
oder auf einem Leuchttisch abgepaust, wobei diese entweder strichweise „gezogen“ oder „getupft“<br />
werden. Beide Techniken hinterlassen nicht selten Spuren in Form von „Schlieren“ oder von<br />
Ausbuchtungen, die beim Original nicht denkbar sind. Abgesehen vom abweichenden Farbmaterial<br />
– siehe oben – hinterlassen echte Metallstempel auch eine Prägung, die ja auch auf der Marke<br />
schon sichtbar werden kann. Fehlt diese, kann dies auch ein Anhaltspunkt <strong>für</strong> eine<br />
Stempelverfälschung sein.<br />
Dokumentation 1<br />
All. Besetzung (Gemeinschaftsausgabe), 8.12.1946 – Block 12 A<br />
Der in Abb. 1.1 wiedergegebene Block<br />
ist sauber in Hohenlimburg gestempelt,<br />
das Datum im<br />
Stempel weist den 27.10.1946 aus. Der<br />
Blick in den Katalog macht deutlich, dass<br />
aber der Block erst sechs Wochen später<br />
erschienen ist! Die Fälschung des<br />
Stempels ist damit belegt.<br />
Dokumentation 2<br />
Kurland MiNr. 1, 6 auf 5 Pf.<br />
Abb. 2.1 weist auf, wie man im PC nach Einscannen der<br />
Originalmarke und der Fälschung die abweichende Größe<br />
eines Stempels deutlich sichtbar machen kann. Nach dem<br />
Scanvorgang<br />
wird einer der beiden Stempel in der Farbe verändert und<br />
dann beide übereinander gelegt. Das Beispiel hier zeigt,<br />
wie beide Stempel am oberen Steg der Datumsbrücke<br />
angelegt wurden. Damit fiel die Größenverschiedenheit<br />
des „Prüflings“ auf, der damit als Falschstempel entlarvt<br />
ist.
Dokumentation 3<br />
Baden 1949: Block 1 B / Block 2 / MiNr. 46II<br />
Die Ausschnittvergrößerungen 3.1 bis 3.4 dokumentieren Stempel-Ganzfälschungen, bei denen<br />
der Stempel direkt mit auf das Block-Imitat gedruckt wurden. Beiden Stempeln fehlen alle<br />
Echtheitsmerkmale der Farbe, wenn man diese unter der UV-Lampe näher betrachtet. Diese<br />
Fälschungen sind massenhaft verbreitet und kommen bei allen Blocks der Französischen Zone,<br />
aber auch natürlich bei anderen Gebieten (Berlin Block 1, Saar-Blocks, Blocks des Deutschen<br />
Reiches) vor.<br />
Dokumentation 4<br />
Marken aus der Inflationszeit / Kurland<br />
Viele Marken der Inflationszeit waren nur <strong>für</strong> kurze Zeit gültig und wurden nach ihrer Kursgültigkeit<br />
mit echten Poststempeln nachträglich gestempelt, sind also eindeutige <strong>Stempelfälschungen</strong> im<br />
philatelistischen Sinne. Hierzu wurden längst nicht mehr in Verwendung befindliche Poststempel,<br />
aber auch noch im Einsatz vorhandene genutzt. Bei Millionen von Stempelprüfungen wurden bis<br />
heute unzählige Fälschungen identifiziert.<br />
Abb. 4.1 belegt einen echten Stempel und zeigt auf der<br />
Markenrückseite das entsprechende Prüfsignum. Abb. 4.2<br />
und 4.3 geben Hinweise zu der Erkennung der falschen<br />
Stempel, Abb. 4.4 dokumentiert eine in diesem<br />
Zusammenhang stehende Fälschung eines Prüfzeichens<br />
und Abb. 4.5 stellt eine Steckkarte mit ausschließlich<br />
gefälschten Inflamarken vor, die ein <strong>Sammler</strong> zum Tausch<br />
einbringen wollte.<br />
Um während der Inflationszeit gebrauchte Stempel selbst<br />
vorzuprüfen, bedarf es eines umfangreichen<br />
postgeschichtlichen Wissens. In der INFLA Berlin-<br />
Bücherei sind hierzu eine Reihe sehr wertvoller<br />
Literaturtitel erschienen, die Voraussetzung <strong>für</strong><br />
Kompetenz und Wissen sind, zumindest leicht<br />
identifizierbare <strong>Stempelfälschungen</strong> selbst schon<br />
auszusortieren.<br />
Natürlich gibt es solche Stempel-Rückdatierungen bei<br />
Verwendung echter Poststempel nicht nur aus der<br />
Inflationszeit, sondern bei einer großen Anzahl von<br />
Sammelgebieten. Abb. 4.6 stellt den Ausschnitt einer<br />
Kurland Ganzsache I vor, die nicht mehr zur Ausgabe<br />
gelangte. Der Stempel ist echt, aber rückdatiert!
Dokumentation 5<br />
Heuss Lumogen, MiNr. 260y (1960)<br />
Fälscher erwerben gerne – z.B. mit bekannten Händler-<br />
Prüfzeichen als echt ausgewiesene postfrische Marken (in<br />
diesem Fall echtes Signum Borek <strong>für</strong> Echtheit der<br />
Lumogenmarke; L = Lumogen), die sie dann nachträglich<br />
durch Aufbringung eines Falschstempels verändern und<br />
dann als „geprüft Borek“ anbieten. Die Gummierung wird<br />
dabei meist nicht abgewaschen, um das Signum nicht<br />
verschwinden zu lassen.<br />
Abb. 5.1 und 5.2 dokumentieren diesen Prozess. Die Marke<br />
wurde dann später von dem <strong>Sammler</strong>, der diese erworben hatte, einem BPP-Prüfer vorgelegt, der<br />
zwar bestätigen konnte, dass das Postwertzeichen und die Gummierung echt war, nicht aber der<br />
Stempel! Derartige Nachstempelungen sind häufig schon daran erkennbar, dass sie nur als<br />
Eckstempel abgeschlagen sind.<br />
Dokumentation 6<br />
Kurland MiNr. 4 auf Brief<br />
Bei diesem Kurlandschnellbrief hat sich der Verfälscher recht viel<br />
Mühe gegeben, denn Abb. 6.1 weist in der Vergrößerung nach, dass<br />
unterhalb der aufgelebten Marke ursprünglich eine ganz andere<br />
Marke saß, die auch schon entwertet war, und zwar mit dem Datum<br />
29.4.45. Eine neue Marke wurde nun auf den Brief geklebt, teilweise<br />
damit der alte Stempel verdeckt und der zweite sichtbare<br />
Stempelteil auf die Marke übergehend nachgemalt.<br />
Dokumentation 7<br />
Stempel-Nachmalungen<br />
Die Kunst der Fälscher kennt kaum Grenzen. Stempel werden komplett nachgemalt, nicht nur –<br />
vergleichsweise einfach herzustellende Einzeiler, siehe Abb. 7.1–7.4 –, sondern auch<br />
aufwändigere Zweikreisstempel verschiedener Art (Abb. 7.5–7.8). Wer diese Stempel auf Echtheit<br />
bei sich vorprüfen will, benötigt auf der einen Seite nachweislich echtes Vergleichsmaterial, und<br />
sollte andererseits die technischen Aspekte der Herstellung solcher Nachmalungen und ihre<br />
grundsätzlichen Erkennungsmerkmale im Blick behalten.
Quelle:<br />
© Wolfgang Maassen: Echt oder falsch?, Schwalmtal 2003, S. 330-335