Deutsche Rembrandt-Marke aus Holland: Eine Postfälschung zum ...
Deutsche Rembrandt-Marke aus Holland: Eine Postfälschung zum ...
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<strong>Deutsche</strong> <strong>Rembrandt</strong>-<strong>Marke</strong> <strong>aus</strong> <strong>Holland</strong>: <strong>Eine</strong> <strong>Postfälschung</strong> <strong>zum</strong><br />
Schaden der <strong>Deutsche</strong>n Post?<br />
Der Name <strong>Rembrandt</strong> bürgt für Überraschungen. So manch einer hat dies schmerzlich erfahren,<br />
als er sein lieb gewonnenes und teuer erstandenes Originalgemälde des berühmten Künstlers<br />
plötzlich im Streit der Experten und Expertisen wiederfand. Als Sammler hat man es da einfacher,<br />
denn jede <strong>Marke</strong> ist ein Original für sich. Zwar in Millionenauflage gedruckt, aber unverwechselbar<br />
und echt. Glaubt man <strong>zum</strong>indest. Bis man dann auch hier eines Besseren belehrt wird. Zum<br />
Beispiel auch darüber, dass eine Gemeinschafts<strong>aus</strong>gabe mit den Niederlanden ein Lehrstück<br />
sein kann über all das, was heutzutage möglich ist.<br />
Dabei hatte doch alles so schön angefangen: Han Vermeulen, AIJP, ein großartiger Baden-Kenner<br />
und -Liebhaber, aber auch allem, was schön und selten ist, zugewandt, hatte die Niederländische<br />
Post und das deutsche Bundesfinanzministerium bei ihrem Vorhaben einerGemeinschafts<strong>aus</strong>gabe<br />
maßgeblich unterstützt und überall da, wo man es hören oder auch nicht hören wollte, die<br />
Werbetrommel für diese spektakuläre Gemeinschaftsaktion gerührt. Dies in seiner charmant<br />
niederländischen Art, der man kaum widerstehen kann.<br />
Die philatelistische Überraschung<br />
Am 11. Juli 2006 fand dann in Amsterdam die offizielle<br />
Präsentation statt. Deutschland zeigte seine 70c-<strong>Marke</strong>,<br />
die Niederlande einen ganzen Block mit zehn Stück der<br />
39c-<strong>Marke</strong>n und einen Block mit einer 6,45 Euro-<strong>Marke</strong><br />
für Einschreibebriefe.<br />
Stilvoll und im würdigen Rahmen gab es danach eine<br />
Voraufführung des Musicals „<strong>Rembrandt</strong> van Rijn“, das<br />
auch die Presse im Theater Carré miterleben durfte. Das<br />
Titelbild dieser philatelie zeigt Wieneke Remmers, die in<br />
dem Musical Saskia van Uylenburgh, <strong>Rembrandt</strong>s Frau,<br />
spielte.<br />
Es folgte eine Führung durch das Rijksmuseum mit<br />
Erklärung der wichtigsten Bilder <strong>Rembrandt</strong>s, eine<br />
Grachtenrundfahrt und abschließend ein Festessen im<br />
berühmten Restaurant Breitner am Amstel Fluss.<br />
Allerdings war dieses Anschlussprogramm dann nur<br />
noch für geladene Gäste. Soweit der Part, der die Leser<br />
der philatelie weniger interessieren dürfte.<br />
Waren die zwei Sondermarken angekündigt und sicherlich auch<br />
sorgfältig zwischen den beteiligten Institutionen abgestimmt, so platzte<br />
die „Bombe“ Wochen später, als nämlich Sammler und Händler<br />
entdeckten – der Autor wurde zuerst durch seinen Kollegen Aad<br />
Knikman, AIJP, Chefredakteur der holländischen Verbandszeitschrift<br />
„Filatelie“ informiert – dass es doch Besonderes gab. Denn die<br />
Niederländische Postverwaltung (TGPPost) hatte ein <strong>Rembrandt</strong><br />
Prestige-Heftchen am 15. Juli her<strong>aus</strong>gegeben,in dem sich auch eine<br />
deutsche <strong>Rembrandt</strong>-Sondermarke befindet.<br />
Diese deutsche Sondermarke gleicht auf den ersten Blick der ursprünglichen deutschen<br />
Sondermarke, aber sie ist nicht gleich, denn sie wurde auf andere Weise gedruckt. Dies bei Joh.<br />
Enschedé in Haarlem (Niederlande) statt bei Bagel Security Print GmbH & Co. KG in<br />
Mönchengladbach.
Die Zähnung der deutschen, aber in <strong>Holland</strong><br />
gedruckten <strong>Marke</strong>, ist mit der deutschen in<br />
Deutschland gedruckten <strong>Marke</strong> identisch,<br />
allerdings sind die Raster, wohl auch das<br />
Papier völlig unterschiedlich. Die zwei<br />
deutschen <strong>Marke</strong>n des deutschen und<br />
holländischen Drucks sind zudem<br />
leicht an ihrer abweichenden Fluoreszenz zu<br />
erkennen. Die bei Bagel gedruckte <strong>Marke</strong><br />
leuchtet gelb unter UV-Licht<br />
(Oberflächenstrich DP2-Papier), die bei<br />
Enschedé gedruckte <strong>Marke</strong> ist auf<br />
weißem Papier mit Phosphor-Überdruck in<br />
Form des Buchstaben „L“. Dieses Papier hat<br />
also keine Fluoreszenz, da der L-Balken als<br />
Farbe aufgedruckt wurde.<br />
Das erwähnte <strong>Rembrandt</strong>-<strong>Marke</strong>nheftchen<br />
(nicht zu verwechseln mit dem <strong>Rembrandt</strong>-<br />
Themenbuch) kostete bei der Post 9,95 Euro.<br />
Aad Knikman berichtete am 25. Juli, dass<br />
wohl kaum noch Exemplare erhältlich seien,<br />
da angeblich das Heftchen nur in einer<br />
Auflage von 30.000<br />
deutsche <strong>aus</strong> dem Exemplaren hergestellt<br />
worden sei. Die Versandstelle hatte zu dieser<br />
Zeit<br />
das Heftchen schon nicht mehr im<br />
Programm, Sammler in den Niederlanden<br />
tingelten die Postfilialen ab und hatten<br />
zuweilen Glück, einzelne Heftchen noch<br />
erwerben zu können. Dies war<br />
natürlich viel zu wenig, um den deutschen<br />
Markt mit dieser „Spezialität“ zu bedienen,<br />
<strong>zum</strong>al wohl auch einige holländische Händler<br />
sich frühzeitig mit größeren Kontingenten<br />
eingedeckt hatten.<br />
Ein Fall für den Staatsanwalt?<br />
Die richtige Würze bekam dieser Fall – und<br />
da sind wir wieder bei <strong>Rembrandt</strong> – als die<br />
<strong>Deutsche</strong> Post AG auf die Anfrage des<br />
Versandh<strong>aus</strong>es Hermann E. Sieger, ob die in<br />
den Niederlanden gedruckte der deutschen<br />
bildgleiche <strong>Marke</strong> nicht auch für ihre Kunden<br />
gestempelt werden könne,<br />
erklärte:<br />
„Bei dem ‚deutschen Gebilde’ handelt es sich<br />
NICHT um ein autorisiertes, deutsches<br />
Postwertzeichen. Die Produktion dieses Heftchens wurde weder seitens des BMF noch von<br />
unserer Seite genehmigt. Die Fluoreszenz fehlt zudem. Es ist also KEIN deutsches PWZ sondern<br />
eine Art ‚Fälschung’. <strong>Eine</strong> Stempelung darf nicht erfolgen.“<br />
Am 27. Juli 2006 gab die <strong>Deutsche</strong> Post AG nachfolgende Erklärung an die Presse:
„Das Bundesministerium der Finanzen hat <strong>zum</strong> 13. Juli 2006 das Sonderpostwertzeichen<br />
„400. Geburtstag <strong>Rembrandt</strong>“ ver<strong>aus</strong>gabt. Es handelt sich um eine motivgleiche<br />
Gemeinschafts<strong>aus</strong>gabe mit den Niederlanden. Am 15. Juli 2006 gab die niederländische TPG<br />
Post (holländische Postverwaltung) ein Briefmarken-Heftchen her<strong>aus</strong>, das das Briefmarkenmotiv<br />
„400. Geburtstag <strong>Rembrandt</strong>“ <strong>aus</strong> dem offiziellen Jahresprogramm 2006 für<br />
Sonderpostwertzeichen der Bundesrepublik Deutschland beinhaltet.<br />
Es handelt sich hierbei um einen nicht autorisierten Nachdruck durch die holländische Post. Die<br />
<strong>Marke</strong> entspricht nicht den deutschen Produktions-und Sicherheitsstandards. Sie kann daher nicht<br />
als Postwertzeichen bezeichnet werden, sondern ist eine Vignette. Diese Vignette ist nicht<br />
frankaturgültig und wird deshalb auch nicht gestempelt.<br />
Die <strong>Deutsche</strong> Post AG hat die niederländische TPG Post um eine Stellungsnahme gebeten.“<br />
Soweit die Aussagen der Generaldirektion, Abteilung Postphilatelie, in Bonn. <strong>Eine</strong> Aussage, die<br />
zwischenzeitlich vom Bundesministerium der Finanzen bestätigt wurde.<br />
Weiterhin war zu erfahren, dass die Niederländische Post zwar in Bonn die Druckdaten der <strong>Marke</strong><br />
angefordert habe, angeblich wohl um die Fluoreszenz der <strong>Marke</strong> im Vergleich zu prüfen, diese<br />
dann auch mit Genehmigung der <strong>Deutsche</strong>n Post AG von Bagel erhielt, nicht wissend, was die<br />
Niederländer vorhatten.<br />
Hat hier nun „<strong>Rembrandt</strong>“ die <strong>Deutsche</strong>n betrogen? Ist diese <strong>Marke</strong> nun von einer beim<br />
Weltpostverein akkreditierten offiziellen Postverwaltung <strong>zum</strong> Schaden einer anderen, nämlich der<br />
deutschen Postverwaltung mit gleichem Status her<strong>aus</strong>gegeben worden? Falls ja, müssten sich<br />
eigentlich – wenn man es genau nimmt – die Gerichte und die Behörden mit diesem Vorfall<br />
beschäftigen. Die <strong>Marke</strong> wäre dann eine Art „offiziell her<strong>aus</strong>gegebene“ Fälschung „<strong>zum</strong> Schaden<br />
der Post“, vergleichbar den Kriegspropaganda-Fälschungen wie es sie vor Jahrzehnten, allerdings<br />
in ganz anderer Absicht und völlig abweichendem Umfeld, schon einmal gab. Dann könnte man<br />
sie eben leicht als „Propaganda-Fälschung“ für <strong>Rembrandt</strong> werten – in der deutschen<br />
Philateliegeschichte bisher ein erst-und einmaliger Vorfall.<br />
Erste Bewertungen<br />
Man kann nun lange darüber grübeln, wie man solche Entwicklungen bewerten will. Natürlich<br />
werden sich die Besitzer solcher <strong>Marke</strong>n – sofern dieses Heftchen nicht nachproduziert wird –<br />
freuen, eine Besonderheit erhalten zu haben, zu der es kaum Vergleiche gibt.<br />
Dennoch lässt die schnelle Etikettierung der <strong>Deutsche</strong>n Post AG und des BMF stutzen, denn wenn<br />
man dort von einer „Art Fälschung“ spricht, ist man sich ja offenbar auch nicht sicher, ob diese<br />
<strong>Marke</strong> als solche wirklich einzustufen ist. Die Daten für die <strong>Marke</strong> stammten nämlich <strong>aus</strong><br />
Deutschland und wurden mit Genehmigung der <strong>Deutsche</strong>n Postphilatelie von Bagel freigegeben.<br />
Die <strong>Marke</strong> brauchte auch nicht vom BMF angekündigt oder genehmigt zu werden, weil es diese<br />
bildgleich ja schon gab. Gleiches gilt ja auch für bildgleiche Zweitverwendungen vom BMF<br />
angekündigter Postwertzeichen, die die <strong>Deutsche</strong> Post AG für Ganzsachen nutzt. Auch diese<br />
werden nicht mehr vom BMF autorisiert, da der „Wertstempel“ (<strong>Marke</strong>nbild) ja schon offizielle<br />
Ankündigung erfahren hatte.<br />
Druckbedingte Abweichungen in den <strong>Marke</strong>n<strong>aus</strong>führungen gibt es nicht erst seit der<br />
<strong>Rembrandt</strong>marke, denn die <strong>Deutsche</strong> Post lässt auch zahlreiche Ausgaben in verschiedenen<br />
Druckereien, u.a. auch bei Enschedé in den Niederlanden, herstellen und diese unterscheiden sich<br />
ebenfalls (meist allerdings nur in Raster, Tönung). Offenbar waren da die Druckstandards<br />
bei Enschedé gut genug, denn die selbstklebende 1,44 Euro Dauermarke der Ausgabe<br />
„Sehenswürdigkeiten“ (Beethovenh<strong>aus</strong> Bonn) wurde 2004 für den Business-Bogen dort gedruckt
ebenso wie der <strong>Marke</strong>n-Set „Schmetterlinge“ der Wohlfahrtsmarkenserie 2005.<br />
Entscheidende Bedeutung kommt also der Frage der Freigabe der Druckdaten zu, denn die<br />
Niederländer sind ja nicht hingegangen und haben die <strong>Marke</strong> nachgeahmt oder nachempfunden<br />
(wie dies bei Kriegspropaganda-Fälschungen der Fall ist), sondern sie haben das Originaldaten-<br />
Material mit Bewilligung <strong>aus</strong> Deutschland erhalten und sie haben das Original-<strong>Marke</strong>nbild<br />
produziert. Dass dieses in einem niederländischen <strong>Marke</strong>nheftchen für beide<br />
Gemeinschafts<strong>aus</strong>gaben verwendet wurde, heißt ja nicht, dass das BMF oder die <strong>Deutsche</strong> Post<br />
das <strong>Marke</strong>nheftchen als solches legitimieren musste, denn die Verkaufs-und Distributionsform<br />
ist Sache der niederländischen Post. Es stellt sich nur die Frage, ob die Niederländer berechtigt<br />
waren, in dieses Heftchen die deutsche Sondermarke – die ja eine Gemeinschafts-Ausgabe war –<br />
als Postwertzeichen zu integrieren.<br />
Am 14. August veröffentlichten die <strong>Deutsche</strong> Post und die TGP Post der Niederlande eine<br />
gemeinsame Erklärung, in der u.a. zu lesen war:<br />
„... Das Prestigeheft ’<strong>Rembrandt</strong> 1606– 2006‘ wurde im Auftrag von TPG Post bei der<br />
niederländischen Druckerei Johan Enschede gedruckt (Auflage: 45.000 Stück). Dieses Heft enthält<br />
auch die niederländische <strong>Marke</strong> zu 39 Cent 'Saskia', neben der die motivgleiche deutsche<br />
Briefmarke zu 70 Cent – gummiert, perforiert und mit Phosphoreszenz – abgedruckt ist.<br />
Die TPG hatte beim Her<strong>aus</strong>geber der deutschen Briefmarken, dem Bundesministerium der<br />
Finanzen, aber lediglich angefragt, ob eine Abbildung der deutschen 'Saskia'-<strong>Marke</strong> in ihrem<br />
Prestigeheft möglich sei. Dies wurde selbstverständlich auch erlaubt. Für einen Nachdruck<br />
des deutschen Postwertzeichens, wie er dann tatsächlich vorgenommen wurde, gab es weder<br />
vom Bundesministerium der Finanzen noch seitens der <strong>Deutsche</strong>n Post eine Genehmigung.<br />
Insofern<br />
handelt es sich hierbei auch um kein offizielles deutsches Postwertzeichen, sondern um eine reine<br />
Abbildung, eine Vignette.“<br />
Bevor man nun weitere Spekulationen über mögliche Gründe und Hintergründe oder über das<br />
Verständnis der Reichweite einer Abbildungserlaubnis anstellt, gilt das geschriebene Wort. Und<br />
dies ist im Resümee eindeutig: Der Nachdruck in der vorliegenden Form wurde nicht legitimiert.<br />
Damit ist eine gedachte Briefmarke eben keine solche, sondern – so der diplomatische Komromiss<br />
– eine Vignette.
Sicher ist auf jeden Fall, <strong>Rembrandt</strong> kommt – und dies nicht nur in Kunstkreisen – wieder einmal<br />
ins Gespräch. Und die deutsche Philatelie hat eine kleine Sensation, wie sie bislang noch nicht zu<br />
verzeichnen war. Sie beweist, was heutzutage alles möglich ist und macht das Sammeln auch<br />
neuer deutscher Briefmarken wirklich spannend.<br />
Wolfgang Maassen<br />
Hinweis<br />
Der Autor dankt Han Vermeulen, Aad Knikman und Hermann Walter Sieger für vorgelegte Informationen.<br />
Bildnachweis: Alle Detailvergrößerungen und das MH: Wilhelm van Loo, Aachen