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Papiere und andere Bedruckstoffe - BDPh Kompass für Sammler

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<strong>Papiere</strong> <strong>und</strong> <strong>andere</strong> <strong>Bedruckstoffe</strong><br />

Es wird häufig vergessen, welche bedeutsame Rolle dem Papier beim Druck von Briefmarken,<br />

aber auch bei der Erkennung von Fälschungen zukommt. Gerade bei Ganzfälschungen – dies ist<br />

noch zu zeigen – gelingt es Fälschern heute recht selten, die richtige Sorte zu treffen, weder von<br />

der Farbe noch von der Konsistenz her, von dem Originalpapier beigefügten Aufhellern <strong>und</strong><br />

Fluoreszenzstoffen oder gar speziellen Melierfasern ganz zu schweigen.<br />

Aber auch bei Ganzfälschungen alter oder klassischer Marken bereitet es Fälschern zunehmend<br />

größere Probleme, die damals benutzten <strong>Papiere</strong> heute noch irgendwo aufzutreiben. Und <strong>Papiere</strong><br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts sind eben ganz anders strukturiert <strong>und</strong> hergestellt als ihre Vorgänger des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts, so dass es wichtig erscheint, sich etwas näher damit auseinander zu setzen.<br />

Erste Anfänge<br />

Die Vorläufer des Papiers, Papyrus <strong>und</strong> Pergament, sind bekannt, es sollte aber bis zum 15./16.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert dauern, bis das preiswertere Papier anfing, das Pergament zu verdrängen. Bis zum<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde Papier aus Lumpen, auch Hadern genannt, hergestellt, bestehend aus<br />

pflanzlichen Fasern (Zellulose) wie Leinen, Hanf <strong>und</strong> Baumwolle. Diese wurden in Mahlwerken<br />

verkleinert, zerfasert, <strong>und</strong> aus der Fasersuspension schöpfte man einzelne Bogen, die nun<br />

wiederum zwischen Filzen ausgepresst <strong>und</strong> an der Luft getrocknet wurden.<br />

Auf solchen Bogen wurden seit dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert die ersten Zeitungen gedruckt, später<br />

zunehmend mehr auch Bücher. In Folge dessen wurden Lumpen als Ausgangsmaterial <strong>für</strong> Papier<br />

zunehmend knapper. Als man im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert Holz als Fasermaterial entdeckte, wurde dieses<br />

zerfaserte Holz, auch Holzschliff genannt, zum Ausgangsmaterial der <strong>Papiere</strong>rzeugung, zumal mit<br />

dem durch chemischen Aufschloss ab Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>ert gewonnenen Zellstoff. Einfache<br />

Billigpapiere, wie sie auch derzeit noch <strong>für</strong> Zeitungen, Verpackungspapiere <strong>und</strong> Pappen verwendet<br />

werden, enthalten auch heute bis zu 90 Prozent Holzschliff!<br />

Revolutionär war auch die Erfindung der Langsiebmaschine, mit der es möglich wurde, Papier als<br />

Bahn <strong>und</strong> damit in Rollen statt in einzelnen Bogen herzustellen. Diese maschinell gefertigten<br />

Rollenpapiere (handgeschöpftes Papier gab es nur in Bogenform) lassen sich also in holzhaltiges<br />

<strong>und</strong> holzfreies Papier einteilen, eine Einteilung, die bis heute gültig ist.<br />

Papier, wie man es aus der Briefmarkenära kennt, besteht aus pflanzlichen (Zellulose-)Fasern,<br />

wird maschinell getrocknet <strong>und</strong> in Blättern, seit ca. 1820 auch in Rollen, hergestellt.<br />

Handgeschöpfte <strong>Papiere</strong> finden sich bei Briefmarken noch bis ca. 1860,<br />

danach kamen die Maschinenpapiere vermehrt zum Einsatz, die auch eine gleichmäßige Zähnung<br />

erlaubten. 1<br />

Holzhaltiges Papier wurde selten zum Briefmarkendruck benutzt, wenn überhaupt, ann in Not- <strong>und</strong><br />

Krisenzeiten. Holzfreies Papier vergilbt nicht so schnell.<br />

Papiersorten<br />

Man unterscheidet maschinenglattes Papier, das mit speziellen polierten Hartgusswalzen in den<br />

Langsiebpapiermaschinen geglättet wird, aber <strong>für</strong> Rasterwiedergaben im Druck wenig geeignet ist.<br />

Eher eignet sich dann das sog. satinierte Papier, dessen Oberfläche ebenfalls geglättet wurde,<br />

aber durchaus noch mit Raster bedruckt werden kann.<br />

Unter Chromopapier versteht man <strong>Papiere</strong>, die mit Kreide-, Titanweiss-, Kaolin-oder Kaseinschicht<br />

bestrichen sind. Dieses gestrichene Papier ist bestens <strong>für</strong> Druck mit Raster, also auch <strong>für</strong><br />

Briefmarken geeignet. Gleiches gilt <strong>für</strong> Kunstdruckpapier, bei dem im Unterschied zum


vorgenannten beidseitiger Strich vorgenommen wurde. Die Oberfläche des gestrichenen <strong>Papiere</strong>s<br />

ist immer satiniert, entweder matt oder glänzend.<br />

Während man <strong>für</strong> Hoch-<strong>und</strong> Flachdruckverfahren nahezu alle <strong>Papiere</strong>, allerdings holzfrei,<br />

verwenden kann, <strong>und</strong> beim Offsetdruck auf gut geleimte <strong>Papiere</strong> aufpassen muss, um das sog.<br />

Stäuben zu vermeiden, ist <strong>für</strong> den Tiefdruck saugfähiges Papier vonnöten, das die Farbe gut aus<br />

den Zylindervertiefungen aufsaugt. So wie dann beim Offsetdruck meist maschinenglattes Papier<br />

zum Einsatz kommt, ist es beim Tiefdruck bevorzugt satiniertes.<br />

Man misst Papierstärken in Mikron <strong>und</strong> es gibt auch im philatelistischen Fachhandel<br />

Papierstärkenmesser, mit denen man die „Dicke“ einer Briefmarke genauestens messen kann.<br />

Dies kann von großer Bedeutung zur Feststellung von Ganzfälschungen sein, denn falsche<br />

<strong>Papiere</strong> haben häufig nicht die gleiche Stärke wie das Original.<br />

Sehr dünne <strong>Papiere</strong> liegen im Bereich unter 50 Micron, dünne bei 50 bis 70, mittelstarke bei 70 bis<br />

100, dicke bei 100 bis 130 <strong>und</strong> sehr dicke darüber.<br />

Sicherheitsmerkmale<br />

Die ersten Briefmarken der Welt waren schon mit einem Schutz gegen Fälscher ausgestattet, denn<br />

das <strong>für</strong> den Stichtiefdruck dieser Marken ausgewählte Papier hatte u.a. Wasserzeichen. Andere<br />

Postverwaltungen nutzten zur Sicherung Seidenfäden im Papier oder eingedruckte<br />

Kontrollzeichen, aber auch unsichtbare Bleicarbonatoder Phenolphtalein-Gr<strong>und</strong>ierungen, manche<br />

griffen auf Farben zurück, die sich in Wasser oder Benzin auflösten, wenn sich nicht gar die Marke<br />

selbst auflöste (Russland 1864–1875; Bulgarien 1879–1881).<br />

Der Wert solcher Sicherheitsmaßnahmen wurde weitgehend überschätzt, weshalb diese sich auch<br />

selten <strong>für</strong> lange Zeit durchsetzten. Wenn überhaupt, dann hat sich nur <strong>für</strong> lange Jahrzehnte das<br />

Wasserzeichen behauptet, allerdings auch nur bis Mitte der 60er-Jahre des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Diese Wasserzeichen (WZ) sind nur bei Gegenlicht zu erkennen <strong>und</strong> konnten ab 1850 sogar in<br />

maschinell hergestelltes Papier eingepresst werden. Neben dem einseitig farbigen Papier gab es<br />

auch beidseitig bei der Papierherstellung gleichmäßig gefärbtes Papier, das z.B. <strong>für</strong> die ersten<br />

Marken von Baden benutzt wurde.<br />

Seit den 60er-Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde Papier mit WZ durch fluoreszierendes Papier<br />

abgelöst. Auch dieses Papier kann in zwei verschiedenen Formen hergestellt werden, die der<br />

Philatelist leicht unterscheiden kann:<br />

Entweder wird die fluoreszierende Substanz schon in den Papierbrei beigemischt, dann erscheint<br />

sie später bei der Briefmarke als beidseitig leuchtend, oder das Papier wird nur mit einem<br />

Oberflächenstrich versehen, so dass es dann unter der UV-Lampe nur einseitig leuchtet.<br />

In England erprobte man 1957/58 auch „Graphitstreifen-Aufdrucke“, in den USA <strong>und</strong> England gibt<br />

es seit 1967 Phosphor-Überdrucke, die Deutsche B<strong>und</strong>espost verwendete einzeln auch <strong>Papiere</strong><br />

mit speziellen Aufhellern, die das Papier weißer erscheinen lassen <strong>und</strong> als sog. Weißmacher<br />

bekannt wurden. Neben Phosphorenzen <strong>und</strong> Fluoreszenzen kennt der BRD-<strong>Sammler</strong> noch das<br />

1960 verwendete Papier mit einem gelb fluoreszierenden Lumogen-Farbstoff (Bedeutende<br />

Deutsche MiNr. 179y, 181y, 183–86y, 259–260y), der dem Papierbrei bei der Fertigung<br />

beigegeben wurde, allerdings recht teuer war. 2<br />

Zehn Jahre später, 1974, war es möglich, den fluoreszierenden Stoff durch Chemikalien zu<br />

erreichen <strong>und</strong> seitdem kennt der <strong>Sammler</strong> den Begriff DP1, das unter Tageslicht leicht cremefarbig<br />

wirkt, unter UV-Licht eine intensiv-gelbe Fluoreszenz zeigt, die gummierte Rückseite infolge<br />

fehlender optischer Aufheller schwach bläulich leuchtet.<br />

Wenige Jahre später, erstmals am 22. Mai 1978 (vgl. MiNr. 972), kam DP 2-Papier bei


<strong>und</strong>esdeutschen Marken zum Einsatz. Dank eines verbesserten Fluoreszenzfarbstoffes wirken<br />

die unbedruckten Flächen des Papiers bei Tageslicht nun weißer, die Farbtöne werden deshalb<br />

auch reiner <strong>und</strong> leuchtender wiedergegeben <strong>und</strong> die Fluoreszenzintensität ist höher als bei DP1.<br />

Letztlich zu erwähnen bleibt ein neueres Sicherheitsmerkmal, die sog. „Melierfasern“, die vor<br />

einigen Jahren bei der Papierfertigung dem Bedruckstoff beigemengt wurden. Sie leuchten unter<br />

UV rot, wie einzelne lose Fasern, <strong>und</strong> dienen als Echtheitsmerkmal. Bisher ist es bei modernen<br />

Fälschungen zum Schaden der Post noch nicht gelungen, diese Ausstattung nachzuahmen.<br />

Andere <strong>Bedruckstoffe</strong><br />

Seit 1955 haben zahlreiche Postverwaltungen <strong>Sammler</strong> mit Briefmarken auf den seltsamsten<br />

Materialien erfreut. Diese hier alle im Einzelnen aufzuzählen, würde<br />

die Präsentation eines Kuriositäten-Kabinetts der<br />

Philateliegeschichte bedeuten. Von Metall-bis Goldfolien, von Stoff<br />

bis Holz, von Dederongewebe bis Plastik – alles war schon einmal<br />

da <strong>und</strong> wird wohl auch wiederkommen. Aber abgesehen vom<br />

Marketing <strong>für</strong> einen gesteigerten Verkauf einzelner<br />

Sonderemissionen haben diese <strong>Bedruckstoffe</strong> <strong>für</strong> eine am Bedarf<br />

orientierte Briefmarkenpolitik keinerlei Bedeutung, so dass auf<br />

weitere Behandlung hier zu verzichten ist.<br />

Philatelierelevante Aspekte des Papiers<br />

So wie Fertigungstoleranzen bei der Produktion von Papier, auch von Briefmarkenpapier<br />

vorhanden sind, so gibt es natürlich auch Einflüsse <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Veränderungen auf<br />

Papier, die mit den Faktoren Zeit <strong>und</strong> Einflüsse wie Licht, Luft <strong>und</strong> Temperatur zusammen hängen.<br />

Infolge seiner hygroskopischen Eigenschaften verändert sich Papier, aber auch die auf ihm<br />

enthaltenen Druckfarben. Sie werden matter, glanzloser. Unter großer Trockenheit, Hitze kann<br />

Papier so trocknen, dass Farbe porös wird. Sonneneinstrahlung können nicht nur den Farbauftrag,<br />

sondern – ebenso wie die Feuchtigkeit – das Papier nachhaltig beeinflussen, bräunen, vergilben<br />

lassen. Dies hat dann auch Folgen <strong>für</strong> die Gummierung.<br />

Eine klassische Marke auf reinweißem Papier, vielleicht gar noch mit Aufheller, <strong>und</strong> in brillanter<br />

moderner Farbe – dies kann es einfach nicht geben! Davon wird spätestens der Blick unter die UV-<br />

Lampe einen überzeugen dürfen. Alte Marken unterscheiden sich nicht nur durch alte, teils ja völlig<br />

anders hergestellte <strong>Papiere</strong>, sondern auch durch alt gewordene Papiersorten, denen man das<br />

Alter ansieht!<br />

Dies gilt natürlich auch <strong>für</strong> Farben <strong>und</strong> Gummierung, womit sich das nächste Teilkapitel näher<br />

auseinandersetzt.<br />

Anmerkung<br />

1 Die Darstellung folgt auch in diesem Teilkapitel weitgehend der Behandlung im Buch von Koensler u.a.:<br />

Eine Briefmarke entsteht (siehe Zitation in Kap. 6.1). Dort finden sich auch weitere Angaben zu speziellen<br />

handgeschöpften Papiersorten wie China- oder Japanpapier usw.<br />

2 Mehr hierzu <strong>und</strong> zu den weiteren Entwicklungen von Fluoreszenzen im Papier findet sich in Kapitel 6.6<br />

dieses Buches.<br />

Quelle:<br />

© Wolfgang Maassen: Echt oder falsch?, Schwalmtal 2003, S. 227-230

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