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Georges Fouré - BDPh Kompass für Sammler

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<strong>Georges</strong> <strong>Fouré</strong> – ein Meister seines Faches<br />

Bedeutete der Fall Krippner eine Gewitterfront <strong>für</strong> die deutsche Philatelie, darf man getrost den Fall<br />

<strong>Fouré</strong> als ein Erdbeben ansehen, das die Philatelie-Szene nicht nur in Berlin oder Deutschland,<br />

sondern auch in anderen damaligen Ländern geradezu erschüttern sollte. So wenig glaubhaft<br />

klangen die ersten Nachrichten über die seltsamen Vorgänge um <strong>Fouré</strong>, so sensationell schienen<br />

die Entdeckungen, zumal „höchste Kreise“, sprich Angestellte, Beamte der Reichsdruckerei<br />

ebenso in den Skandal verwickelt schienen wie unter den Opfern <strong>Fouré</strong>s selbst der bekannteste<br />

<strong>Sammler</strong> jener Zeit, der „Briefmarkenkönig“ Philipp von Ferrari, zu verzeichnen war.<br />

Die Story hatte eben alles, was eine publizistisch wirksame Geschichte haben soll: einen<br />

geheimnisumwitterten „Gentlemanverbrecher“, mehr oder wenige unbekannte Handlanger und<br />

eine Opferliste, die endlos lang und deren Geschädigte prominent genug waren, um die<br />

Aufmerksamkeit der Presse zu erzielen. So war der Fall <strong>Fouré</strong> eben nicht nur Füller in<br />

Fachzeitschriften, sondern Tagesgespräch in und um Berlin, er füllte die Gazetten der Zeit, die<br />

immer auf der Suche nach Skandalen waren und nun einen gefunden zu haben glaubten, der<br />

selbst bislang ehrwürdigste Institutionen in Verruf brachte.<br />

Es wundert nicht, dass Generationen philatelistisch begabter Schriftsteller sich am Geschehen um<br />

<strong>Fouré</strong> versucht haben 1 , eher verwundert die Oberflächlichkeit der Recherche, die unzähligen<br />

Abweichungen der Datenangaben und zuweilen auch die emotional gefärbte Heroisierung eines<br />

Kriminellen, der – wie schon gesagt – die Philatelie jener Jahre nahezu zum Einsturz brachte. Wie<br />

das möglich war, wird aufzuzeigen sein, dass es möglich war, beweist nicht nur die<br />

Leichtgläubigkeit der Zeitgenossen <strong>Fouré</strong>s, die noch mangelnden Abwehrmechanismen und<br />

Strukturen damaliger Vereine und Verbände gegen solche subversiven Kräfte, sondern einmal<br />

mehr auch den Konkurrenzkampf der Vereine, z.B. in Dresden und Berlin, gegeneinander, der hier<br />

auf dem Rücken der <strong>Sammler</strong>, teils gar öffentlich, ausgetragen wurde.<br />

Der Autor kann sich an dieser Stelle nicht an der Verifikation diverser Darstellungen beteiligen; sie<br />

bleibt noch weiteren Forschungen vorbehalten, denn eine wissenschaftlichen Ansprüchen<br />

genügende Biografie <strong>Fouré</strong>s mitsamt einer Darstellung aller ihm zugeschriebenen Fälschungen ist<br />

bis heute noch nicht geschrieben. Wohl kann er Widersprüche und Fehler vereinzelt aufweisen,<br />

ohne die Leser aus dem Dilemma, das daraus entsteht, zu entlassen.<br />

<strong>Fouré</strong>s beeindruckende Persönlichkeit<br />

War Krippner ein Durchschnittstyp, wenig auffällig, kaum besonders<br />

begabt oder mit hervorstechenden Eigenschaften ausgestattet, so<br />

traf all dies auf <strong>Fouré</strong> scheinbar nicht zu. Lietzow bezeichnete ihn als<br />

eine „hervorragende und interessante Persönlichkeit“, geradezu<br />

mysteriös, als einen „äusserst gewandten Mann“, der jeden fesselte,<br />

„die mit ihm in Berührung kamen, durch seinen Reichtum an Geist,<br />

Witz und Humor. Er bestach jeden, mit dem er in Verkehr stand,<br />

durch seine grosse Liebenswürdigkeit“. 2 Ein höchst<br />

bemerkenswertes Urteil, war Lietzow doch, wie noch zu zeigen sein<br />

wird, alles andere als <strong>Fouré</strong>s Freund. 3<br />

Ähnliche Worte findet man auch im Urteil eines zweiten Zeitzeugens<br />

wieder, der damals <strong>Fouré</strong>s Treiben endgültig ein Ende setzte, Carl<br />

Lindenbergs. Er schrieb in einem Nachruf: „Die Persönlichkeit<br />

<strong>Fouré</strong>s war wohl die am wenigsten aufgeklärte, die in den<br />

hervorragenderen philatelistischen Kreisen sich bewegt hat. Ein<br />

ganz eminenter Philatelist, kenntnisreich und erfahren bis zur<br />

Unheimlichkeit, dabei stets in Reserve bleibend, verschlagen und auf seinen Vorteil bedacht, trotz<br />

seiner treuherzigen blauen Augen unwahrhaftig und hinterlistig, erweckte er im Umgang stets ein


unangenehmes Gefühl. Er benutzte Quellen, die er sorgfältig zu<br />

verbergen wusste, kannte Hintertüren, die sich nur ihm öffneten, und<br />

schlich auf Wegen, die im dunklen führten. Aber sein verblüffendes<br />

Wissen, seine Willfährigkeit und sein Erfolg im Herbeischaffen aller<br />

möglichen und unmöglichen Sachen machten ihn interessant und sogar<br />

unentbehrlich. Dazu kam, dass er von bezaubernder Liebenswürdigkeit<br />

sein konnte und ein brillanter Causeur war. Alles in allem war er im<br />

philatelistischen Leben der Reichshauptstadt lange Jahre Widersacher<br />

eine der wichtigsten Persönlichkeiten“. 4<br />

Max Ton bezeichnet <strong>Fouré</strong> als „philatelistisches Genie“ und versteigt sich<br />

gar zu nahezu mystischer Verehrung, wenn er schreibt: „Solange es ...<br />

Briefmarken-Händler und -<strong>Sammler</strong> gibt, wird der Name ‚<strong>Fouré</strong>’ stets<br />

wehmütige Erinnerungen hinterlassen“. 5 Wehe Erinnerungen vielleicht,<br />

leidvolle bei vielen, aber wehmütige?<br />

Überlassen wir das Urteil der Wissenschaft, sofern man Graphologie und<br />

graphologische Gutachten als solche anerkannt. Dr. Siegfried Ascher legte<br />

einer Expertin 1937 mehrere Original-Briefe <strong>Fouré</strong>s aus verschiedenen<br />

Zeiträumen vor und diese kam dabei zu folgender Einschätzung der<br />

Persönlichkeit <strong>Fouré</strong>s:<br />

„(Der) Schreiber ist ein recht<br />

undurchsichtiger Charakter. Er<br />

hat eine besonders<br />

liebenswürdige und reizvolle<br />

Art, die sich aber manchmal bis<br />

zur Unterwürfigkeit steigert. Dann aber zieht er sich<br />

plötzlich zurück, ist empfindsam und schnell<br />

beleidigt. Die Empfindsamkeit ist echt, das<br />

Beleidigtsein und sich angegriffen, benachteiligt<br />

fühlen aber oft Mache, wie überhaupt vieles an ihm<br />

Berechnung und Pose ist.<br />

Er ist ein guter Schauspieler und könnte leicht<br />

hochstapeln. Er ist sehr intelligent, ist belesen,<br />

musikalisch und kunstinteressiert. Er kombiniert gut,<br />

ist geschickt im Verhandeln und läßt sich nie recht<br />

fassen und festnageln. Man ist immer über die Art<br />

der Reaktion, die er einem entgegenbringt, erstaunt;<br />

selten findet man bei ihm die Meinung, die man von<br />

ihm erwartet. Andererseits vertritt er seine<br />

Ansichten mit großer Schärfe.<br />

Seiner Umwelt gegenüber ist er sehr kritisch, scharf<br />

und spitz im Urteil über seine Mitmenschen, voll<br />

geistiger Ueberheblichkeit, manchmal aber auch<br />

neidisch und missgünstig über die Erfolge und die<br />

Stellung anderer.<br />

Sein Selbstbewusstsein wechselt stark, und daher<br />

auch die Sicherheit seines Auftretens. Dieses ist oft<br />

betont bescheiden, wechselt aber mit gespielter<br />

Autorität und Schneidigkeit. Er ist – trotz


zweifellosen Wissens und Könnens – ein wenig Charlatan, der versteht, durch Bluff Eindruck zu<br />

machen. Dabei nimmt er sich selbst zeitweilig ganz ernst, wie eben ein guter Schauspieler sich in<br />

seine Rolle einlebt, und doch macht er sich im stillen über sich selbst und über die anderen lustig.<br />

Materiell ist er wenig interessiert; er neigt eher zur Verschwendungssucht als zum Geiz. Dabei ist<br />

er ziemlich pedantisch und sorgfältig, nur nicht mit dem Geld, das ihm stets irgendwie durch die<br />

Finger läuft.<br />

In großem Maße sind bei ihm Ausdauer, Geduld und<br />

Zähigkeit vorhanden. Er verwendet viel Zeit und<br />

Geduld <strong>für</strong> die Behandlung kleiner subtilster Dinge.<br />

Er hat etwas wie eine Figur Spitzwegs, man könnte<br />

ihn sich gut als Kakteenzüchter oder ähnliches<br />

vorstellen. Er ist voller Zwiespalt, und wenn auch die<br />

Hälfte seines Wesens ein Leben in stiller<br />

Abgeschiedenheit liegen würde, so hat die andere<br />

Hälfte zu viel Geltungsbedürfnis, um ein<br />

unbeachtetes Dasein zu führen.<br />

Er wird versuchen, wie weit er die Menschen<br />

beeinflussen, beschwatzen, täuschen kann; er wird<br />

seine ganze Liebenswürdigkeit und Geschicklichkeit<br />

anwenden, um eine andere Person zu spielen als er<br />

ist, so dass er vielleicht ein richtiges Doppelleben<br />

führt. Er hatte schon früh etwas wie<br />

Großmannssucht, war immer etwas schrullig und<br />

kauzig, später wird er oft arrogant und anmaßend<br />

gewesen sein.<br />

Dabei bleibt er stets interessant und wird, wenn er<br />

auch seine Freunde anzieht und abstößt, zu gleicher<br />

Zeit stets Einfluss auf sie ausüben. Seine<br />

Beziehungen zu Frauen sind kompliziert; er wird<br />

immer suchen, aber nie glauben, dass er das<br />

Richtige gefunden hat“. 6<br />

Fast kommt man zu dem Schluss, die Graphologin<br />

müsse <strong>Fouré</strong> gekannt haben, so ähneln sich ihre Analyse und frühere Urteile von Zeitgenossen.<br />

Andererseits deuten sich hier auch die Widersprüche in der Person <strong>Fouré</strong>s selbst schon an, seine<br />

Gespaltenheit, gar Schizophrenie, sein zwanghafter Charakter, der voller Gegensätzlichkeiten<br />

steckt. <strong>Fouré</strong>s Ambivalenz wird hier transparent: auf der einen Seite der geltungssüchtige<br />

„Professor“, wie er sich – obwohl er einen solchen Titel nie erworben hatte – gerne ausweist und<br />

anreden lässt, immer bedacht auf Anerkennung, auf der anderen Seite der „barmherzige<br />

Samariter“, der seine Hilfe wiederum nur zum Zwecke der öffentlichen Belobigung anbietet.<br />

Das Psychogramm dieser Persönlichkeit macht neugierig auf seine Biografie, die gleichfalls voller<br />

Rätsel ist.<br />

Verwirrende Lebensdaten<br />

Die Philatelie verdankt wohl Siegfried Ascher die Mehrzahl der genau recherchierten Daten, was<br />

allerdings bis heute Autoren nicht hindert, ihre Phantasie freien Lauf zu lassen. Danach wurde<br />

<strong>Fouré</strong> am 5. November 1844 in Paris geboren. Steht dieses Datum noch unwidersprochen, so gilt<br />

dies nicht <strong>für</strong> den Geburtsort, denn manche glauben hier<strong>für</strong> Le Havre geltend machen zu können. 7<br />

Sein Vater war jung verstorben, so dass die am 23. Januar 1813 in Paris geborene und ihm<br />

angetraute Marie Pauline <strong>Fouré</strong>, geb. Blot 8 mit ihrem Sohn wohl im Jahre 1852 nach Berlin<br />

verzieht. Sie betätigte sich dort als Lehrerin <strong>für</strong> die französische Sprache, starb allerdings schon


am 19. April 1863 in Berlin.<br />

Für das Jahr 1865 findet man erstmals – und vorerst letztmals – einen Adresseintrag <strong>für</strong> <strong>Georges</strong> 9<br />

<strong>Fouré</strong> im Berliner Adressbuch, bis Anfang der 70er-Jahre scheint er, der sich wie seine Mutter nun<br />

als „Sprachlehrer <strong>für</strong> Französisch“ ausgibt, von der Erdfläche verschwunden. Ascher vermutet,<br />

dass er vielleicht auf französischer Seite Wehrdienste leistete und am Deutsch-Französischen<br />

Krieg teilnahm, wo<strong>für</strong> <strong>Fouré</strong>s eigene Darstellung „Ich war früher einmal Offizier und Translator<br />

einer kaiserlichen Majestät, dann Correspondent politischer Zeitungen, jetzt Lehrer und<br />

Schriftsteller“ in seiner später von ihm gegründeten Fachzeitschrift, der „Berliner Illustrierten<br />

Briefmarken-Zeitung“ im Jahre 1880 (Heft 23) sprechen mag.<br />

1872 weist das Berliner Adressbuch <strong>für</strong> ihn eine Wohnung Am Planufer 12 aus, 1874 in der<br />

Oranienstraße 159 III, ein Jahr später in der Friedrichsgracht 24, 1876 in der Kürassierstraße 10.<br />

Kaum ein Jahr später scheint er in der gleichen Straße zur Hausnummer 5 II umgezogen zu sein,<br />

wo er auch nur zwei Jahre bleibt, denn 1879 zieht es ihn in die Alexandrinenstraße. Jährlich bis<br />

zweijährlich wechselt er auch fortan seine Wohnungen in Berlin, bis das Einwohnermeldeamt <strong>für</strong><br />

den 7. Oktober 1896 seine Abmeldung nach Leipzig listet, während seine Frau – diese stirbt am<br />

14. Februar 1930 – und seine Tochter in Berlin verbleiben.<br />

Ein Grund <strong>für</strong> diese Odyssee ist bis heute eigentlich kaum ersichtlich, zumal Wohnungswechsel<br />

auch damals mit viel Arbeit, Aufwand und Kosten verbunden waren. Andererseits mögen diese<br />

auch Stationen seines zweifelhaften Lebenserfolges gewesen sein, der sich dann auch in vielleicht<br />

immer besseren Wohnlagen niederschlug (was zu prüfen wäre). Andere Vermutungen gehen in<br />

die Richtung, dass er – neurotisch wie er wohl war – alles daran setzte, nur ja nicht bei seinem<br />

kriminellen Tun auffällig zu werden und wenn er tatsächlich seine Fälschungen in einer oder<br />

mehreren der genannten Wohnungen selbst angefertigt haben sollte, dann bestand<br />

durchaus Grund zur Annahme, dass diese Vorgänge nicht lautlos und damit auch vielleicht nicht<br />

ganz unbemerkt vor sich gingen.<br />

Es wird noch von seiner Entlarvung im Jahre 1893 zu sprechen sein. Später – ein genaues Datum<br />

ist nicht bekannt – verschwand er fast spurlos nach Paris. Er soll dort noch häufiger bei den<br />

Briefmarkenbörsen auf dem Champs Elysee gesichtet worden sein 10 , bevor er dann in großer<br />

Armut verstarb. Und zu seinem Sterbedatum gibt es bis heute – und dies völlig unverständlich –<br />

widersprüchliche Angaben. Einige sprechen vom Herbst 1902 11 , andere gar vom Jahre 1904 12 !<br />

Das gleiche – falsche – Datum findet sich denn auch bei jüngeren Autoren wieder. Unzweifelhaft<br />

richtig ist nur das Jahr 1902 und – sofern die dem Autor vorliegenden Angaben stimmen – scheint<br />

<strong>Fouré</strong> im Herbst 1902 in Paris verstorben zu sein. 13<br />

<strong>Fouré</strong>s Karriere und Aufstieg in Berlin<br />

1872 nach Berlin zurückgekehrt – <strong>Fouré</strong> ist 28 Jahre jung – entfaltet er recht bald ein reges<br />

philatelistisches Leben. Vorerst wohl noch als <strong>Sammler</strong>, wenig später aber schon als Händler. Er<br />

gründet im Januar 1877 in Berlin den ersten Verein, den „Verein <strong>für</strong> Briefmarkenkunde zu Berlin“,<br />

der allerdings nur ein Jahr (bis zum 29. Dezember 1877) besteht. Als Grund wird das Gerücht<br />

kolportiert, „<strong>Fouré</strong> habe (die Mitglieder) mit falschen Marken betrogen“. 14 Paul Lietzow, der<br />

bekannte Berliner Markenhändler, der seine Briefmarkenhandlung gerne immer als die älteste in<br />

Berlin ausgab, hatte <strong>Fouré</strong> schon 1876 bei einem „Briefmarkenhändler-Kongress“ in einem<br />

Berliner Ratskeller kennen-und schätzen gelernt und war einer der Mitgründer dieses Vereins. Als<br />

Mitglied in dem neuen Verein und hatte aber wohl auch einiges von <strong>Fouré</strong>s Machenschaften<br />

mitbekommen.<br />

Nicht von ungefähr veröffentlicht Lietzow 1878 in der Wiener Briefmarken-Zeitung von S. Friedl<br />

eine humoristische Glosse 15 („Wahre oder Schein-Philatelisten“), die nicht nur die Insider bestens<br />

verstanden, <strong>für</strong> großes Aufsehen sorgt, ihm gleichzeitig aber auch die Todfeindschaft <strong>Fouré</strong>s<br />

einbringt. Nicht genug damit, publiziert Lietzow ein Jahr später sein „Schwarzes Buch der<br />

Philatelie“ und gibt im Anhang den „Brief eines betrogenen <strong>Sammler</strong>s an einen Markenhändler und


Zeitungs-Herausgeber“ Lietzwos Anzeigen jener Jahre weisen sein Geschäft stets als das wieder,<br />

mit dem nur <strong>Fouré</strong> älteste in Berlin aus, gegründet 1864 gemeint sein konnte.<br />

<strong>Fouré</strong> hatte nämlich kurz zuvor, ab Oktober<br />

1878, die „Berliner Illustrierte<br />

Briefmarkenzeitung“ (ab Januar 1881 umgetauft in „Berliner Illustrirte<br />

Philatelisten-Zeitung, ab Januar 1882 in „Deutsche Philatelisten-Zeitung“)<br />

gegründet, deren Herausgeber und<br />

Redakteur er in einer Person war; übrigens<br />

eine fachlich ausgezeichnete Zeitschrift, die<br />

sich während ihres Bestehens (1887 wurde<br />

sie eingestellt) große Anerkennung und<br />

Beliebtheit bei <strong>Sammler</strong>n, selbst bei<br />

„Kanonen“ wie Carl Lindenberg, erwarb.<br />

Schon in der ersten Ausgabe ereiferte sich<br />

<strong>Fouré</strong> über das Fälscher(un)wesen, was<br />

ihm denn auch die kritische Anfrage des<br />

zuvor genannten Lesers eintrug, der offen schrieb, dass er ein solches Engagement <strong>für</strong><br />

verdienstvoll halte, aber anfragte: „Was soll man von einem Eigenthümer und Herausgeber einer<br />

Briefmarken-Zeitung – der nebenbei auch zugleich Händler ist – halten, wenn er in seiner Zeitung<br />

geharnischte Artikel gegen Fälschungen veröffentlicht und dabei die Falsifikate – selbst<br />

verkauft?!?“ 16<br />

Noch hieß der Vorwurf nur, dass er Falsifikate selbst verkaufe, nicht, dass er diese selbst<br />

produziert habe. Gegen Lietzow führte <strong>Fouré</strong>, der sich schon sicher im Sattel zu sitzen glaubte,<br />

einen Propagandakrieg in seiner Zeitung, in der Lietzows Buch zerrissen wurde, aber auch an<br />

jeder anderem ihm möglichen Stelle. „Wenn Sie den Krieg gegen mich führen wollen bis aufs<br />

Messer, dann mag Ihr Wille geschehen; aber die Folgen haben Sie sich dann selbst<br />

zuzuschreiben“, teilte er Lietzow mit, der schon bald seine öffentliche Kritik zurückzog, zumal<br />

<strong>Fouré</strong>s Aktivitäten seinem Geschäft schadeten.<br />

1879/1880 bezichtigte ihn auch Dr. Kloss, Vorstand des Internationalen Philatelisten-Verein<br />

Dresden, der Fälscherei. Sein Name wurde auf die „Schwarze Liste“ des Vereins gesetzt, ohne<br />

dass weiteres so richtig öffentlich wurde. Allerdings schloss die Pariser Societé Française de<br />

Timbrologie auf Antrag des I.P.V. Dresden <strong>Fouré</strong> aus ihrem Mitgliederkreise aus. In Berlin schien<br />

sich aber <strong>Fouré</strong>s Ruhm zu festigen und immer mehr zu steigen. Er gründet am 10. November<br />

1880 den „Deutschen Verein <strong>für</strong> Philatelie zu Berlin“, in dem er im Dezember 1880<br />

Vereinsberichterstatter und am 1. November 1882 Schriftführer wird. Am 1. Dezember 1885 wird<br />

er Mitglied im angesehenen Internationalen Philatelistischen Händler-Verband in Berlin, einer<br />

Standesorganisation, deren Namen <strong>für</strong> Sauberkeit in der Philatelie steht. 17<br />

Ein Jahr zuvor hatte <strong>Fouré</strong> den Landgerichtsrat Carl Lindenberg kennengelernt, als dieser den<br />

Nachlass seines 1883 verstorbenen Onkels, des Geheimen Kanzleirates Mödinger, ordnete 18 .<br />

Mödinger war bis zu seinem Tode Kurator der Postwertzeichenabteilung des Reichspostmuseums<br />

gewesen, eine Aufgabe, die Lindenberg von 1884 bis 1898 als Beirat <strong>für</strong> die Museumskuratoriums<br />

übernahm, als er sich aus anderen Gründen (es ging u. a. auch um kritisierte Ankaufpraktiken des<br />

Reichspostmuseums, das Neuerwerbungen, zwar mit Genehmigung der Reichspost, aber später<br />

von der Öffentlichkeit nicht gerade <strong>für</strong> gut geheißen, gegen Überbestände, besonders von<br />

Neudrucken „tauschte“ und damit ausschließlich als Partner dem Berliner Händler Philipp Kosack<br />

verbunden war, der zu dieser Zeit sich ein international anerkanntes „Imperium“ aufbaute).<br />

<strong>Fouré</strong> führte Lindenberg dem erwähnten „Deutschen Verein <strong>für</strong> Philatelie“ in Berlin zu, in dem er<br />

selbst zu dieser Zeit „eine tonangebende Rolle“ 19 spielte. Zu dieser Zeit erfuhr Lindenberg, der ja<br />

bis 1883 nicht in Berlin gewesen war, von den Verdächtigungen gegen <strong>Fouré</strong>, versuchte beim<br />

Dresdener Verein Aufklärung über etwaiges belastendes Material zu erhalten, was ihm aber nicht


gelang. Der bekannte <strong>Sammler</strong> F. Breitfuss schrieb im Januar 1886 in der<br />

Zeitschrift „Der Philatelist“, dass viele der plötzlich auftauchenden neuen, bis<br />

dahin völlig unbekannten Ganzsachenumschläge altdeutscher Staaten nur mit<br />

einem in der Reichsdruckerei (RDr) verschwundenen Stempel, hergestellt<br />

worden sein könnten, was die so angesprochene RDr, der Lindenberg<br />

(vielleicht aber auch der Dresdener Verein) diese Aussage vorlegten, am 15.<br />

Februar 1886 vehement bestritt. 20<br />

<strong>Fouré</strong> lässt allerdings – diplomatisch klug und mit viel Fingerspitzengefühl <strong>für</strong><br />

die Situation, die sich scheinbar zuspitzt – erst einmal sein Schriftführeramt im<br />

Vereine ruhen, lehnt im Dezember 1886 gar eine Wiederwahl ab. Dies<br />

veranlasst Lindenberg zum Rücktritt als Vorsitzender des Vereins. Nach<br />

eigenen Worten konnte er es nicht akzeptieren, dass der Verein es fertig<br />

gebracht hatte, dem so unter Verdacht stehenden <strong>Fouré</strong> überhaupt ein<br />

Vorstandsamt anzubieten. Als bis in die Fingerspitzen überkorrekter<br />

preußischer Beamter (dem von einer gewissen elitären Arroganz bis zur fachbedingten<br />

Überheblichkeit auch später wenig abzusprechen war) sah er <strong>für</strong> sich kein Bleiberecht mehr in<br />

einem solchen Verein, lehnte auch umgehend die ihm sogar angebotene Ehrenmitgliedschaft ab<br />

und trat aus dem Verein aus.<br />

Nach einem kurzen Intermezzo Lindenbergs als Vorsitzender eines neu gegründeten „Verein der<br />

Briefmarkensammler“ (aus dem er dann aber auch wegen Unstimmigkeiten austritt), pflegt er<br />

zuerst Privateinladungen an ihm genehme Philatelisten und wenig später, am 16. Januar 1888,<br />

sieht man Lindenberg als Gründer des Berliner Philatelisten-Klub von 1888,<br />

dessen Vorsitzender er bis 1902 war und den er zur weltweiten Anerkennung<br />

führte. 21<br />

<strong>Fouré</strong>s Meisterprodukte<br />

Mit <strong>Fouré</strong> wollte er nichts mehr zu tun haben und es ärgerte ihn maßlos, dass<br />

noch vier Jahre später, als auf dem Philatelistentag zu Prag die Frage der<br />

Vergabe der nächsten Tagung nach Berlin diskutiert wurde, der I.P.V. Dresden<br />

Vorbehalte gegen Berlin geltend machte, weil im dortigen Verein (es war nicht<br />

der BPhK gemeint) Fälscher säßen. Gemeint waren eben <strong>Fouré</strong> und der<br />

Händler David Cohn. <strong>Fouré</strong> schied erst am 18. Mai 1893 aus dem „Deutschen<br />

Verein <strong>für</strong> Philatelie“ aus, nachdem es Lindenberg und Franz Kalckhoff<br />

gelungen war, den endgültigen Beweis <strong>für</strong> dessen (Mit-)Täterschaft (?) zu<br />

finden und die RDr zu überzeugen, dass Missbrauch mit Originalmaterial<br />

betrieben worden war, als dessen Urheber – wenn auch vielleicht nicht Macher<br />

– eben <strong>Fouré</strong> vermutet wurde. 22<br />

Ohne auch hier eine Einzelaufstellung liefern zu können, was <strong>Fouré</strong> alles fälschte, sei soviel<br />

gesagt: Zwischen 1877 und 1890 schuf er u.a. Neudrucke mittels der Original-Wertstempel von<br />

den Aufbrauchganzsachen des Norddeutschen Postbezirks, also z.B. von Preußen, Braunschweig,<br />

Mecklenburg-Strelitz und Oldenburg. Dabei konzentrierte er sich auf die sog. „überklebten<br />

Ganzsachen“, die damals, als die erwähnten Staaten in die Post des Norddeutschen Bundes<br />

übergingen als umfangreiche Restbestände so verwertet worden waren, dass man die alten<br />

Wertstempel mit neuen überklebte und damit quasi aufwertete und nochmals verkaufbar machte.<br />

Bekannt sind auch <strong>Fouré</strong>s Fälschungen der Brustschildmarken des Deutschen Reiches 2 und 5 Gr<br />

großer Adler, bei denen er den Prägedruck des Adlers glättete und – ebenfalls mit dem Original-<br />

Druckstock – einen neuen Adler verkehrt stehend einprägte. Des weiteren fälschte er z.B. die 7 Kr-<br />

Marke von 1872, aber auch Preußen-Marken von 1861/65 ohne Durchstich und – wie man seit<br />

kurzem weiß – auch die Nr. 3b der Deutschen Post in der Türkei. Die vorliegenden Angaben<br />

stimmen meist darin überein, dass er von seinen Raritäten meist nur bis zu 50 Exemplare<br />

anfertigte bzw. anfertigen ließ (davon wird noch zu sprechen sein), die er u.a. aber auch in


größerer Zahl und <strong>für</strong> teure Preise als<br />

vermeintliche Raritäten an namhafte und gut<br />

betuchte <strong>Sammler</strong>, darunter besonders auch<br />

Philipp von Ferrari, den größten <strong>Sammler</strong> aller<br />

Zeiten, verkaufte. Er ging offenbar dabei recht<br />

geschickt vor, konnte es aber auch nicht lassen,<br />

in seiner eigenen „Berliner Illustrierten<br />

Briefmarken-Zeitung“ 1878/79 eine Liste von 74<br />

verschiedenen Umschlägen zu melden, unter<br />

denen allerdings auch zwei von ihm selbst<br />

gefälschte waren.<br />

Um einerseits seine Produkte weithin bekannt<br />

werden zu lassen, andererseits nicht in den<br />

Verdacht der Urheberschaft zu geraten, ließ er<br />

neue „Kreationen“ als Neuentdeckungen dem<br />

belgischen Händler J.B. Moens zukommen,<br />

dessen Zeitschrift „Timbre-Poste“ damals<br />

Pflichtjournal <strong>für</strong> jeden Briefmarkenhändler und<br />

größeren <strong>Sammler</strong> war, der dann auch prompt –<br />

er hatte entsprechende Vorlagen erhalten –<br />

diese Neuheiten veröffentlichte. Und die<br />

anderen Fachzeitschriften schrieben diese<br />

Neuheitenmeldungen wieder ab.<br />

Das erklärt auch, dass Dr. Franz Kalckhoff und<br />

Dr. Carl Lindenberg, die seit Ende der 70er-<br />

Jahre an einem Katalog der Briefumschläge der<br />

altdeutschen Staaten arbeiteten, kurz vor<br />

Abschluss dieser Arbeit, als sie glaubten, sie<br />

hätten alle bekannten Stücke registriert,<br />

plötzlich feststellen mussten, dass Umschläge<br />

auftauchten, „die es gar nicht geben sollte, z.B.<br />

Damenformate in bestimmten Ausgaben,<br />

Umschläge mit Klappenstempeln anderer<br />

Länder oder mit dem Kontrollüberdruck einer<br />

anderen Postverwaltung“. 23 Kalckhoff kam zu dem Urteil: „Alles ungebraucht und unzweifelhaft<br />

echt. Nicht etwa zu Damenformaten verkleinerte große<br />

Umschläge, woran wir zuerst dachten, auch keine<br />

Fälschungen, wie der Vergleich der Wertstempel ohne<br />

weiteres ergab“.<br />

Kalckhoff und Lindenberg fragten nun bei den<br />

Postverwaltungen der ehemaligen altdeutschen Staaten<br />

an, in denen ja noch die Beamten tätig waren, die<br />

seinerzeit an der Herstellung und Herausgabe dieser<br />

Art von Umschlägen resp. Postwertzeichen beteiligt<br />

gewesen waren. Aber, wo sie auch fragten, sie erhielten<br />

überall die gleichen Auskünfte: Solche Umschläge habe<br />

es nicht als amtliche Ausgabe gegeben!<br />

Damit war den beiden Forschern schon 1879 endgültig<br />

klar, es könne sich nur um Neudrucke im<br />

philatelistischen Sinne des Wortes, also um privat<br />

veranlasste Drucke mit Original-Druckstöcken handeln.<br />

Aber wie sollte dies möglich gewesen sein? Die beiden<br />

fragten „vorsichtig“, wie Kalckhoff später sagte, bei der


Reichsdruckerei nach, aber die Antwort war eindeutig ablehnend: Es seien keine Neudrucke<br />

hergestellt worden, außerdem denke man auch gar nicht daran, solche jemals herzustellen!<br />

<strong>Fouré</strong> werden aber auch scheinbar echt gelaufene, mit „echten Adressen“ gefertigte Umschläge<br />

zugeschrieben, bei denen er geschickt verschiedene Adressen und Adressaten wählte, die es zur<br />

Zeit des tatsächlichen Umlaufes der Ganzsachen auch gab. Das Material hierzu erwarb er aus<br />

alten Adressbüchern, die Stempel, mit denen er die Wertzeichen stempelte, konnte man damals<br />

bei Altwarenhändlern aufkaufen, „denn die Oberpostdirektionen verkauften damals mit anderen<br />

Altwaren zusammen auch abgenutzte und überflüssig gewordene Post- und Ausgabestempel“. 24<br />

Damit blieb die Sache erst einmal auf sich ruhen; Beweise gab es keine, und das Manuskript zu<br />

dem Katalog konnte von Kalckhoff und Lindenberg noch nicht abgeschlossen werden. 1886, dies<br />

wurde schon gesagt, meldete der namhafte Philatelist Friedrich Breitfuß aus St. Petersburg viele<br />

neu auftauchende Umschläge und behauptete, diese seien mit einem in der Reichsdruckerei<br />

verschwundenen Wertstempel hergestellt worden. Dies war zu der Zeit, als sich die Wege<br />

Lindenbergs und <strong>Fouré</strong>s endgültig trennten und Lindenberg zumindest den Eindruck gewonnen<br />

hatte, dass <strong>Fouré</strong> nicht nur der Entdecker, sondern auch der Verbreiter dieser zweifelhaften<br />

Umschläge war.<br />

Seine Urheberschaft zu beweisen, machte Umstände möglich, die <strong>Fouré</strong> mangels Kenntnisse nicht<br />

vorausgesehen hatte. Am 3. Dezember 1885 hatte nämlich der Direktor der Reichsdruckerei,<br />

Oberregierungsrat Carl Busse, das Reichspostamt über Mängel bei der verwendeten roten<br />

Druckfarbe informiert, wie sie <strong>für</strong> die gängigen und vielfach benötigten 10 Pf-Marken verwendet<br />

wurde. Die Farbe war wenig beständig und<br />

garantierte keinen kontinuierlich gleichen Druckton,<br />

sie war auch nicht lichtbeständig. Der Vorgang<br />

wurde geprüft und nach Aufbrauch der<br />

vorhandenen roten Farbe wurde ab dem 20.<br />

Februar 1886 eine neue, chemisch erstellte Farbe,<br />

eine Eosinfarbe, eingesetzt. 25<br />

Kalckhoff und Lindenberg soll Jahre später ein<br />

Ganzsachenumschlag aus dem Jahre 1867 von<br />

Preußen aufgefallen sein, dessen 1 Sgr-<br />

Wertstempel in einem Analinrot-Ton gedruckt<br />

worden war und Kalckhoff, von Beruf Chemiker,<br />

der den Umschlag untersuchte, soll die<br />

abweichende Konsistenz der Farbe bestätigt<br />

haben. Beide legten angeblich der Reichsdruckerei<br />

diesen Brief vor und konnten damit der Druckerei<br />

nachweisen, dass es sich eindeutig um eine<br />

Fälschung mit dem Original-Wertstempel und der<br />

Originalfarbe, die erst ab 1886 zum Druck benutzt<br />

wurde, handelte! 26<br />

1893 erschienen die Teile 5 und 6 des Werkes von<br />

Carl Lindenberg, „Die Briefumschläge der<br />

deutschen Staaten“, die sich mit den Umschlägen<br />

des Norddeutschen Postbezirks beschäftigen und<br />

hier gab es nun geradezu eine Sensation, als der<br />

Autor schrieb: „Aus der Liste der überklebten<br />

Umschläge sind ... nicht weniger als 35 Nummern<br />

zu streichen. .. Nach Lage der Sache ... halte (ich)<br />

alle in die später folgende schwarze Liste<br />

aufgenommenen Stücke <strong>für</strong> Erzeugnisse einer<br />

Schwindelkompagnie, über die die Akten noch<br />

nicht geschlossen sein werden“. 27


Lindenberg, Jurist und zur damaligen Zeit nicht nur Landgerichtsdirektor, sondern auch<br />

verantwortlicher Berater <strong>für</strong> die Postwertzeichensammlung im Reichspostmuseum, also ein Mann<br />

in hoher Beamtenstellung, war vorsichtig. Noch immer bezeichnet er den mutmaßlichen Fälscher<br />

nicht mit Namen, sondern spricht nur von einer „Schwindelkompagnie“. Dennoch, angesichts all<br />

der Vorgänge, die immer wieder mit dem Namen <strong>Fouré</strong> in Verbindung standen, schien die<br />

Sachlage <strong>für</strong> jeden Philatelisten klar. Lindenberg aber fehlte noch ein juristisch stichhaltiger<br />

Beweis, wie <strong>Fouré</strong> denn diese Fälschung<br />

überhaupt hatte herstellen können.<br />

Hier kam ihm Genosse Zufall zur Hilfe. Angeblich<br />

soll im Mai 1893 dem Berliner Bankier Oscar<br />

Wassermann, ebenfalls ein bekannter und gut<br />

betuchter <strong>Sammler</strong>, von einem „jungen Mitarbeiter<br />

eine Zigarettenkiste voller Klischees und Stempel<br />

<strong>für</strong> Briefmarkendrucke“ angeboten worden sein,<br />

die dieser dann wohl auch ankaufte. 28 Verbürgt ist,<br />

dass Wassermann am 14. Dezember des gleichen<br />

Jahres Lindenberg diese zum Preis von 60 Mark<br />

übereignete. Der Verkauf wurde mit zwei<br />

Schreiben des gleichen Datum festgehalten.<br />

Vier Tage später übergab Lindenberg diese<br />

Materialien dem „Hohen Kuratorium“ des<br />

Reichspostmuseums mit diesen Auflistungen<br />

Wassermanns und den Worten: „Es ist jahrelang<br />

mit diesen Stempeln zum Schaden der<br />

Markensammler der größte Schwindel betrieben<br />

worden. Herr Wassermann hat sich daher ein<br />

großes Verdienst erworben, indem er diese<br />

Stempel, von denen ein Theil jedenfalls aus den<br />

Materialien der ehemaligen preußischen<br />

Staatsdruckerei bzw. aus der Reichsdruckerei<br />

herrührt, insgeheim erworben und dem Museum<br />

überwiesen hat“. Wassermann wurde <strong>für</strong> sein<br />

Verdienst im Auftrage des Kuratoriums mit<br />

überzählig vorhandenen Essays entschädigt, so<br />

dass beide Seiten zufrieden sein konnten.<br />

<strong>Fouré</strong>s Mittäter<br />

Konnte man sich bisher weitgehend noch auf Fakten berufen, so bleibt die nähere<br />

Entschlüsselung, wie es <strong>Fouré</strong> eigentlich möglich war, all diese Seltenheiten mit Original-<br />

Druckstöcken zu schaffen, weiterhin nebulös. <strong>Fouré</strong> schien sich offenbar erst einmal in Berlin<br />

aufzuhalten, verzieht 1893 in die Adalbertstraße, wo er 1896 nur die Hausnummer wechselt (46 I<br />

statt 53) und hat Berlin „offiziell“ erst am 7. Oktober 1896 mit Umzug nach Leipzig verlassen.<br />

Wahrscheinlicher dürfte aber sein, dass er schon Mitte 1893 das Land verlassen hat und sich in<br />

Paris wieder niederließ 29 .Im Händlerverband (IPHV) endete seine Mitgliedschaft bereits im Juni<br />

1893. Dennoch: es kam nie zu einem Prozess, es kam weder zu einer offiziellen und öffentlichen<br />

Untersuchung, noch zu einer Verhaftung.<br />

Die Gründe hier<strong>für</strong> sind nicht aktenkundig, könnten aber möglicherweise mit der Frage<br />

zusammenhängen, wer denn eigentlich diese Fälschungen herstellte. Max Ton hatte schon vor<br />

Jahrzehnten behauptet: Der Hauptschuldige war ein Beamter der Reichsdruckerei, der bei seiner<br />

Verhaftung Selbstmord beging, der Anstifter war <strong>Fouré</strong>! 30


Man wird sich auch der Frage stellen müssen, wo diese Fälschungen produziert wurden, denn <strong>für</strong><br />

Druckwerkzeuge – damals waren die Druckmaschinen noch groß, plump und schwerfällig, sie<br />

kannten keinen Lärmschutz und waren dementsprechend laut! – brauchte man abgesicherten<br />

Platz (auch Decken, die diese tragen konnten und den Lärm nicht verstärkten!). Angesichts der<br />

nahezu jährlich bis zweijährlich erfolgten Umzüge <strong>Fouré</strong>s fällt die Vorstellung eines Mannes<br />

schwer, der mitsamt Familie und seiner „Hausdruckerei“ ständig den Möbelwagen packt, um ein<br />

neues Domizil aufzusuchen.<br />

Bekannt ist bis heute nur, dass <strong>Fouré</strong>, wohl schon recht früh, mit der Graveurfamilie Schilling in<br />

Berlin bekannt war. Eduard Schilling, er war Graveur bei der Reichsdruckerei (1821–1890) wird<br />

vielfach eine gute Bekanntschaft mit <strong>Fouré</strong> nachgesagt. Ihm wird vielfach die Entwurfsarbeit <strong>für</strong> die<br />

zum Teil hier in Frage stehenden Postwertzeichen resp. Wertstempel zugeschrieben und er soll<br />

sich von allen von ihm geschaffenen Wertstempeln ein Exemplar (Replikat?) zur Erinnerung privat<br />

aufbewahrt haben. 31<br />

Nun wohnte <strong>Fouré</strong> von 1876 bis 1878 in der Kürassierstraße, in der Heinrich Gustav Schilling,<br />

Eduards Bruder, ebenfalls seit 1858 ein Haus hatte. In diesem Haus wohnte auch der Graveur<br />

Louis Schilling, ein weiterer Bruder, und später, ab 1888 Hans Oskar Paul Schilling, ebenfalls<br />

Hofgraveur und Stempelschneider. Es liegt auf der Hand, eine gute Bekanntschaft <strong>Fouré</strong>s mit<br />

dieser Familie anzunehmen, zumal wohl später auch dem Sohne Eduard Schillings der Verkauf<br />

der privat gesammelten Postwertzeichenstempel zugeschrieben wird. 32<br />

Man darf dabei aber auch nicht vergessen, dass alle Falsifikate auf Original-Postwertzeichenpapier<br />

hergestellt wurden und mit Original-Druckfarbe, so wie sie seinerzeit zum Druck auch benutzt<br />

worden war. Solches Papier war nicht in Papiergeschäften erhältlich, Farben dieser Art ebenfalls<br />

nicht. Es darf auch an die Anilinfarbe erinnert werden. Gerade sie ist ein Indiz da<strong>für</strong>, dass der/die<br />

Produzent(en) Zugang zur Reichsdruckerei hatten, denn diese verwandte die neue Farbe seit<br />

1886.<br />

Gerade, weil sich nahezu alle Autoren nicht einig sind über die Kontaktpartner der Schillingfamilie<br />

und den anzunehmenden Herstellungsort der Fälschungen, sei noch einmal an Lindenbergs<br />

Aussage der „Schwindelkompagnie“ erinnert. Sie legt nahe, dass mehrere an der Produktion<br />

beteiligt waren, zu denen <strong>Fouré</strong> als Spiritus Rector, als Ideengeber und Promoter, als Vertreiber,<br />

gehörte, aber auch einer oder mehrere Angehörige der Schillingfamilie, wenn es denn diese<br />

überhaupt war. Der Autor kann sich auch deshalb eher mit der Vorstellung anfreunden, dass die<br />

Fälschungen in einer Druckerei, vermutlich der Reichsdruckerei, angefertigt wurden, und eben<br />

nicht im Hause <strong>Fouré</strong>s. In der Reichsdruckerei gab es das Papier, die Farbe – und eben die<br />

Druckstempel.<br />

Fragwürdige Reaktionen der Reichsdruckerei<br />

Der Fall <strong>Fouré</strong> hatte noch ein Nachspiel, was ja auch nahe liegt, denn mit dem Verdacht gegen<br />

<strong>Fouré</strong> und einem oder mehreren Graveuren der Reichsdruckerei war ja diese selbst auch ins<br />

Zwielicht geraten. Man wird dabei kaum annehmen dürfen, dass Lindenbergs Übergabe der<br />

Postwertzeichenstempel an das Reichspostmuseum unbemerkt geblieben ist, zumal diese ja der<br />

Reichspost unterstand, die wiederum die Reichsdruckerei <strong>für</strong> den Postwertzeichendruck jeweils<br />

beauftragte.<br />

Die Reichsdruckerei war ein Staatsunternehmen, das auf seinen guten einwandfreien Ruf mit aller<br />

preußischer Pedanterie großen Wert legte. Diebstahl und Betrug – so etwas war undenkbar! Auch<br />

wenn es nicht mehr aktenkundig sein sollte, so war ein anderer Vorfall – im Berliner Handel<br />

tauchten Probedrucke und Essays auf – ebenso ehrenrührig. Der <strong>Sammler</strong>, der diese erworben<br />

hatte, legte sie Carl Lindenberg vor, von dem er nicht nur erfuhr, dass diese aus der<br />

Reichsdruckerei stammten und zum Teil selbst im Reichspostmuseum nicht vorhanden waren.<br />

Lindenberg legte diese der Reichsdruckerei vor und bat um Ergänzung des Bestandes des<br />

Reichspostmuseums, was diese auch vornahm.33 Auch dieser Vorgang zeigt, dass in der


Reichsdruckerei seinerzeit manches im Argen lag, was aber erst Jahre später zu einer<br />

Untersuchung führte. 34<br />

Lindenberg hatte selbst, als er am 5. Februar 1896 im Prozess Fischer-Brill gegen W. Kühnast als<br />

Gutachter vernommen wurde – im Prozess ging es um den Verkauf eines gefälschten<br />

Ganzsachenumschlages <strong>Fouré</strong>s – noch einmal klar gesagt, „dass ein Ueberdruckstempel im<br />

Nachlasse eines früheren Beamten der Staats-beziehungsweise Reichsdruckerei vorgefunden<br />

worden ist, (dadurch aber) aufgeklärt (ist), auf welche Weise und auf welchem Wege die<br />

Herstellung der Umschläge hat erfolgen können“. 35<br />

Im Zusammenhang mit dem „Fall Grünenthal“ und Banknotenfälschung kam die Reichsdruckerei<br />

1898 erneut ins Gerede und die Presse ließ keine Gelegenheit aus, die zuvor geschilderten „alten<br />

Geschichten“ breit zu treten. Über die Norddeutsche Allgemeine Zeitschrift gab die<br />

Reichsdruckerei im April 1898 die Erklärung ab, dass die Überdruckstempel nicht aus dem<br />

Eigentum der Staatsdruckerei gewesen seien, es könne „dabei nur ein von unbefugter Hand<br />

nachgebildeter Stempel benutzt worden sein. Die Reichsdruckerei hat mit der Sache selbst keine<br />

Befassung gehabt und die gegentheiligen Behauptungen entbehren jedweder Begründung“.<br />

Man spürt die Strategie: die Reichsdruckerei hatte ja schon am 15. Februar 1886 darauf<br />

verwiesen, dass alle <strong>für</strong> den Druck der <strong>Fouré</strong>-Produkte in Frag kommenden Überdruckstempel<br />

vorschriftsmäßig 1872 vernichtet worden seien, also könnten vorhandene Stempel nur „private<br />

Replikate“ sein. Andererseits war das Gericht 1996 Lindenbergs Aussage gefolgt, dass die<br />

Wertstempel echt seien, also aus der Reichsdruckerei stammen mussten. In der Presse lässt die<br />

Reichspost am 20. April 1898 die Aussage verbreiten, dass die dem Postmuseum zum Geschenk<br />

gemachten Überdruckstempel nur Nachbildungen seien, was man auch daran ersehen könne,<br />

dass sich im Nachlass des Graveurs ja auch Druckstempel <strong>für</strong> Marken ausländischer<br />

Postverwaltungen gefunden hätten, die nie in der Reichsdruckerei produziert wurden.<br />

Selbst die Norddeutsche Allgemeine Zeitung zweifelt allerdings diese Darstellung an, zumal sie<br />

sich nicht mehr überprüfen lasse. Die Reichsdruckerei, nun völlig im Blickpunkt des öffentlichen<br />

Interesses, sah sich nun genötigt, ein Gutachten in Auftrag zu geben, dessen Gegenstand die<br />

Untersuchung der an das Reichspostmuseum zurückgelangten Druckerwerkzeuge war. Am 19.


Mai 1898, also mehr als vier Jahre nach Rückgabe, wurde das Ergebnis zur Frage vorgelegt, ob<br />

die einzelnen Überdruck-Wertstempel zu Fälschungen genutzt wurden oder nicht.<br />

Im Gutachten heißt es u.a.: „Der Stempel ist stark genutzt. Die Art der Abnutzung zeigt, dass<br />

derselbe nicht zum Bedrucken von Briefumschlägen auf einer Buchdruck ‚Hand’-oder<br />

Schnellpresse verwendet worden ist, sondern dass der Druck unter Benutzung einer Presse mit<br />

Spindelbewegung, wie solche auch in der Staatsdruckerei s. Zt. zum Überstempeln der Couverts<br />

benutzt worden sind, ausgeführt ist. Zum Überdrucken sind in der Staatsdruckerei nur<br />

Stahlstempel benutzt worden; die Verwendung von galvanisch hergestellten Stempeln hat beim<br />

Druck auf Pressen mit Spindelbewegung niemals stattgefunden, weil Kupfer <strong>für</strong> Spindeldruck zu<br />

weich ist. Der Stempel würde, selbst stark niedergeschlagen und gut hinterlöthet, nach kurzer Zeit<br />

unscharfe Abdrucke liefern, eine Erneuerung und Neueinrichtung der Stempel mithin oft<br />

nothwendig sein. Der vorliegende Niederschlag ist somit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der<br />

Staatsdruckerei, sondern auswärts hergestellt, unter keinen Umständen ist aber die Abnutzung<br />

desselben aus vorstehend angeführten Gründen in der Staatsdruckerei erfolgt. Es muss also noch<br />

anderwärts ein Stahlstempel vorhanden sein, von welchem die vorliegende Abprägung<br />

abgenommen ist“. 36<br />

Wirklich? Ist es wirklich so einfach? Zumindest hatte sich damit die Reichsdruckerei selbst von der<br />

Verantwortung erst einmal freigesprochen, ein Ansatz, dem später Philatelisten nicht unbedingt<br />

gefolgt sind. 37<br />

Die Lehr aus der Gschicht!<br />

Der Fall <strong>Fouré</strong> ist in seiner Art einzigartig und verdient auch künftig noch eingehender Recherchen,<br />

um die zahlreichen Wissenslücken zu schließen. Er offenbart die Psychen, die Tiefen und<br />

Abgründe, von <strong>Sammler</strong>n. Er dokumentiert den Geltungsdrang, das Anerkennungsbedürfnis, die<br />

Habsucht und fast schon zerstörerische Konkurrenz zwischen namhaften Philatelisten in Vereinen,<br />

die Leichtgläubigkeit der Käufer, die je Stück <strong>für</strong> mehrere hundert Mark (damals wahrlich eine<br />

Menge Geld!) <strong>Fouré</strong> seine Raritäten gerade deshalb abkauften, weil sie etwas Einmaliges besitzen<br />

wollten und sich damit profilieren konnten. Man mag es Buddha und seiner Lehre abnehmen, dass<br />

die Begierden das Urübel allen Leidens sind, der Werdedurst, die Habgier und vieles andere mehr.<br />

Wie sagt das Sprichwort: Homo hominis alienum est – dem Menschen ist nichts Menschliches<br />

fremd!<br />

Anmerkungen<br />

1 Aus der kaum überschaubaren Zahl der Beiträge über <strong>Fouré</strong> wurden <strong>für</strong> dieses Buch besonders<br />

nachfolgend genannte Veröffentlichungen zu Rate gezogen:<br />

Ascher, Dr. Siegfried: <strong>Fouré</strong> und Schilling. Persönliches aus ihrem Leben, in: Deutsche Zeitung <strong>für</strong><br />

Briefmarkenkunde/Die Ganzsache, Nr. 10/1937, S. 388ff.<br />

Ascher, Dr. Siegfried: Die Handschrift <strong>Fouré</strong>s, Deutsche Zeitung <strong>für</strong> Briefmarkenkunde/Die Ganzsache, Nr.<br />

3/1938, S. 121-122; Nr. 4/38, S. 169/170<br />

Fischer, Peter (alias „Rosenau“): Ein Kenner, der als Fälscher endete, in: DBZ/SE 24/2002, S. 10-15<br />

Hollmann, Ernst/Detering, Klaus: <strong>Fouré</strong>, Kosack – und kein Ende: Eine bisher unbekannte Variante der<br />

gefälschten Mi.-Nr. 3b der Deutschen Post in der Türkei, in: Philatelie und Postgeschichte 226/philatelie 305,<br />

Nov. 2002, S. 37–40<br />

Lietzow, Paul: Das Schwarze Buch der Philatelie oder Neudruck und Fälschung von Postmarken und<br />

Briefumschlägen, Selbstverlag Berlin 1879<br />

Lietzow, Paul: <strong>Fouré</strong>s Glück und Ende, in: Die Post, Jg. 1903, S. 165–167<br />

Lindenberg, C.: Der Fall <strong>Fouré</strong>, in: Deutsche Briefmarken-Zeitung, IX. Jg., Nr. 6, 16. Juni 1898, S. 89-93;<br />

N.N. (wahrscheinlich Dr. Paul Kloss): Der „Fall <strong>Fouré</strong>“, in: Der Philatelist Jg. 1898, S. 200–206, 240–241<br />

Steinwasser, Fritz: Neues vom Fälscher Gorge <strong>Fouré</strong>, in: Briefmarken Spiegel 1/92, 104-106<br />

Ohrt, Paul: <strong>Fouré</strong>-Fälschungen, in: Germania-Berichte, Nr. 49/1905, S. 563–572<br />

Ohrt,. Paul: Handbuch aller bekannten Neudrucke staatlicher Postfreimarken und Ganzsachen nebst<br />

Angabe ihrer Kennzeichen, Leipzig 1906; der Teilband NDP erschien 1919<br />

Ton, Max: <strong>Georges</strong> <strong>Fouré</strong> und seine Machwerke, in: Deutsche Zeitung <strong>für</strong> Briefmarkenkunde Nr. 4/1937, S.


133<br />

Ton, Max: Philatelistenköpfe, Folge XXI: <strong>Georges</strong> <strong>Fouré</strong>, in: <strong>Sammler</strong>-Woche, Jg. 1925, Nr. 3, S. 43-44; eine<br />

nahezu inhaltsgleiche Veröffentlichung erschien in dem Buch von Max Ton: Wie alte Marken kunstvoll<br />

repariert und gefälscht werden, Freiburg 1949, S. 64-66<br />

Weinreich, Gerhard: Im „Schwarzen Buch der Philatelie“, unveröffentlichtes Manuskript im Archiv des Autors,<br />

ca. 1993<br />

Winkler, Dr. R. A.: Wie ein Fälscher von Kalckhoff und Lindenberg entlarvt wurde, in: sammler express, Jg.<br />

1949, S. 115<br />

2 Lietzow 1903, S. 166<br />

3 Dieses Porträt <strong>Fouré</strong>s erschien erstmals in „Le Timbre Poste“, 25. Jg. 1887, Jubiläumsnummer, S. XIV,<br />

und wurde seitdem vielfach wieder, meist allerdings ohne Quellenangabe, abgedruckt.<br />

4 Lindenberg, Carl, hier zitiert nach Ohrt 1906, S. 493<br />

5 Ton 1925, a.a.O., S. 43<br />

6 Ascher 1938, S. 169-170<br />

7 Lietzow 1903, dementsprechend Ton 1937; offenbar verwechselt Lietzow den Geburtsort mit dem<br />

Herkunftsort, den <strong>Fouré</strong> selbst angab, als er ca. 1872 wieder nach Berlin zurückkehrte.<br />

8 Dies mag ein Satzfehler sein, denn Ohrt schreibt den Mädchennamen „Bloh“ aus<br />

9 Die Schreibweise des Vornamens bei Steinwasser – darauf machte R. Metz den Autor aufmerksam – als<br />

„George“ (siehe seinen Beitrag von 1992) scheint hier von einem Vortrag Dr. Aschers aus dem Jahre 1927<br />

inspiriert worden zu sein (vgl. Die Briefmarken 1927, S. 376). In der Überschrift (Dienst des „Intern. Bundes<br />

der Philatel. Presse) fehlt allerdings das „s“ von „<strong>Georges</strong>“!<br />

10 Ton 1937, S. 133 144<br />

11 so z.B. Peter Fischer, a.a.O., S. 10<br />

12 Ton 1937; 1949; aber auch Steinwasser 1992, S. 104; Weinreich gibt in seinem Manuskript das genaue<br />

Datum mit dem 1. Dezember 1902 an. Auch dies scheint fraglich, denn „Stamp Collector’s Fortnightly“<br />

berichtet mit Berufung auf französische Zeitungen über <strong>Fouré</strong>s Tod schon in der Ausgabe vom 6. Dezember<br />

1902 – ohne allerdings das genaue Sterbedatum zu nennen! Lindenberg schreibt in der DBZ 1/1903, S. 4,<br />

<strong>Fouré</strong> sei „im Herbst (1902) fern von Berlin, seiner eigentlichen Heimat … entschlafen“.<br />

13 Für die Richtigkeit dieser Angabe spricht auch die Veröffentlichung im Vertraulichen Korrespondenzblatt,<br />

Ausgabe Februar 1903, S. 40), in der es heißt, dass <strong>Fouré</strong> erst kürzlich verstorben sei.<br />

14 Ton 1924, S. 43<br />

15 Lietzow, Paul: Wahre oder Schein-Philatelisten, in: Wiener Briefmarken-Zeitung, Jg. 1978, Nr. 27 vom 15.<br />

März 1878<br />

16 Lietzow 1879, S. 65<br />

17 Im März 1883 wurde in Berlin eine „Sektion Berlin“ des I.P.V. Dresden gegründet, die <strong>Fouré</strong> später einmal<br />

– uneingeladen – besuchte. Aufgrund der Ablehnung <strong>Fouré</strong>s durch den Dresdener Verein kam es zu<br />

heftigen Auseinandersetzungen, die mit der Auflösung dieser Berliner Sektion endeten. Die Mitglieder<br />

schlossen sich dann meist dem „Deutschen Verein <strong>für</strong> Philatelie“ an, der sich fortan den Namen „Verein <strong>für</strong><br />

Briefmarkenkunde“ gab. Aufgrund von Uneinigkeiten kam es zu einer weiteren Spaltung und zum neuen<br />

„Verein der Briefmarkensammler“ unter kurzzeitigem Vorsitz von Lindenberg.<br />

18 Reinhard Metz bezeichnet das Jahr 1883 als Todesjahr Mödingers als „plausibel“, verweist aber auf<br />

Carlrichard Brühl und seine Geschichte der Philatelie (S. 938), der 1881 hier<strong>für</strong> benennt.<br />

19 Lindenberg 1898, S. 90<br />

20 1898 wird dieselbe Reichsdruckerei gar behaupten, die Stempel könnten gar nicht verloren gegangen<br />

sein, weil diese schon 1872 alle restlos vernichtet worden seien. Nicht nur in dieser Sache befand sich die<br />

RDr in Erklärungsnöten. Siehe „Der Philatelist“ 1898, 200ff. – Dr. Kloss nahm allerdings <strong>für</strong> seinen Verein<br />

und sich das Verdienst in Anspruch, die Reichsdruckerei über die Breitfuss’schen Entdeckungen informiert<br />

zu haben. Dies scheint allerdings nicht so ganz zu<br />

Lindenbergs Darstellung in seiner NDP-Monografie (S. 62/63) zu passen, aus der hervorgeht, dass<br />

er selbst die RDr informiert hatte.<br />

21 Eine ausgezeichnete Darstellung der frühen Geschichte des Berliner Philatelisten-Klub von 1888 und<br />

seiner Vorläufer findet sich auf der Webseite des Vereins unter www.berliner-philatelisten-klub.de, der auch<br />

hier einige im Zusammenhang stehende Daten entnommen sind.<br />

22 Reinhard Metz, mit dem der Autor gerade diese Frage intensiv erörterte, sieht die Frage nach dem<br />

„endgültigen Beweis“ <strong>für</strong> eine alleinige „Täterschaft <strong>Fouré</strong>s“ bis heute nicht als gelöst an, zumal auch zur<br />

Klärung des wirklichen Tatortes noch viele Einzelfragen der erforderliche Nachweise bedürfen.<br />

23 Die Zitationen Kalckhoffs stammen aus dem Beitrag von Winkler, a.a.O., S. 115<br />

24 Lotze, Dr. Alfred: Berühmte Markenfälscher, in: Die Post, Jg. 1931, S. 192<br />

25 Eine ausführliche Darstellung über das damalige Geschehen findet sich bei Steinwasser 1992<br />

26 Die Wiedergabe eines Gespräches mit Kalckhoff, wie sie sich bei Winkler 1949 findet, ist wohl mit<br />

Vorsicht zu genießen, zumal auch dort angegebene Daten (z.B. Einführung der Anilinfarbe bei der RDr<br />

1876/77, richtig wäre 1886) nicht stimmen können. Ein Datum <strong>für</strong> den angeblichen Besuch Kalckhoffs und<br />

Lindenberg fehlt ebenfalls. Unklar bleibt hier auch, um welchen Umschlag es sich wirklich gehandelt haben


kann, so dass dieser nach Winkler zitierten Aussage nicht allzu großer Wert beizumessen ist.<br />

27 Hier zitiert nach Fischer 2002, S. 12<br />

28 Die Erzählung dieser „Geschichte“ findet sich bei Peter J. Bohr: Der Briefmarkenkönig Philipp Arnold von<br />

Ferrari, Verlag Ludwig Helwig, Prien/Chiemsee. Abgesehen vom dort falsch angegebenen Jahresdatum<br />

(1895 statt 1893, was wohl auf die falsche Darstellung bei Paul Ohrt zurückzugehen scheint, der ebenfalls<br />

1895 benennt, was dieser offenbar von Heinrich Fraenkel übernommen hat, der diese Zahl, so Reinhard<br />

Metz, irrtümlich 1898 in den Germania-Berichten vom 29. Oktober 1898, S. 81, in die Welt gesetzt hat)<br />

schreibt Bohr den Verkauf dieser Druckmaterialien dem Sohn von Eduard Schilling zu, in dessen Nachlass<br />

sie entdeckt worden seien. Grundsätzlich wäre dies denkbar, denn Schilling war Graveur bei der<br />

Reichsdruckerei und starb am 28. Juni 1890.<br />

29 Der Autor folgt hier der Einschätzung Peter Fischers, die auf Angaben von Ascher beruht.<br />

30 So Ton in seinem Beitrag „Philatelistenköpfe“ 1924, S. 44; 1937 behauptet er aber (dies findet sich dann<br />

auch in seinem Buch 1949 wieder), <strong>Fouré</strong> habe alle Fälschungen selbst angefertigt. Beide in sich ja deutlich<br />

unterschiedlichen Aussagen sind völlig vereinfachend und verfälschend, sie werden dem nachweisbaren<br />

Sachstand nicht gerecht. Wenn sie hier zitiert werden, ist dies nicht als Präjudiz zu werten, sondern auch als<br />

Beleg da<strong>für</strong>, wie oberflächlich Gerüchte in die Welt gesetzt und verbreitet werden.<br />

31 Vgl. hierzu Ascher 1937<br />

32 Die Darstellung Ohrts, dass <strong>Fouré</strong> mit H.G.S., dem bekannten Graveur der Reichsdruckerei<br />

„zusammengewohnt habe“ bleibt ungenau, sie wohnten zeitweise nur in derselben Straße! Gleiches gilt <strong>für</strong><br />

die Beschreibung Tons, der noch unschärfer formuliert, <strong>Fouré</strong> habe mit einem „Angestellten der<br />

Reichsdruckerei in einem Hause gewohnt“; dies war nie der Fall! Mit der Tradition bleibt aber festzuhalten,<br />

dass Heinrich Gustav Schilling der berühmte Postwertzeichen-Graveur war. Ob nun er oder sein 1890<br />

verstorbener jüngerer Bruder Eberhard <strong>Fouré</strong>s Kontaktpartner waren, ist bis heute nicht geklärt.<br />

33 Kloss 1898, a.a.O., S. 201<br />

34 Auch Brühl bestätigt dies indirekt (Band 2, a.a.O., S. 939), wenn er darauf verweist, dass durch<br />

Lindenbergs „Aufdeckung undichter Stellen in der preußischen Staatsdruckerei, die sich durch Lindenbergs<br />

Veröffentlichung kompromittiert fühlte, (dieser sich) dadurch veranlasst (sah), die Bearbeitung der<br />

Ganzsachen Preußens zunächst einmal zurückzustellen, da <strong>Fouré</strong> auch auf diesem Gebiet eine reiche<br />

Aktivität entfaltet hatte“.<br />

35 Kloss, ebenda; ebenso die weitere Wiedergabe<br />

36 Steinwasser 1992, S. 106<br />

37 Lindenbergs rigides preußisches Beamtenethos und seine übergroße Empfindlichkeit veranlassten ihn,<br />

im gleichen Jahr (1898) von seiner Tätigkeit <strong>für</strong> das Reichspostmuseum zurückzutreten, zumal er – wie<br />

Brühl auch schreibt – die Amtsführung des damaligen Leiters des Museums „zutiefst missbilligte“. Daraus ist<br />

aber nicht unbegründet abzuleiten, dass der Reichsdruckerei hier nun alle Schuld anzulasten bzw. diese gar<br />

automatisch der „Tatort“ sein müsse. Reinhard Metz nannte dem Autor hierzu weitere Alternativen, <strong>für</strong> die er<br />

in den kommenden Jahren Beweise zu finden hofft. Eine vorzeitige Veröffentlichung von nicht letztgültig<br />

nachzuweisenden Aussagen, würde hier das geschilderte Problembild nur noch mehr verwirren.<br />

Quelle:<br />

© Wolfgang Maassen: Echt oder falsch?, Schwalmtal 2003, S. 122-141

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