Schulen - Friedrich-Naumann-Stiftung
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thema<br />
Autor: Werner Fuld ist der Autor des Buches „Die Bildungslüge.<br />
Warum wir weniger wissen und mehr verstehen müssen“<br />
Foto: digitalvision<br />
Kürzlich konnte eine Kandidatin bei<br />
„Wer wird Millionär“ die Fragen nach einem<br />
von den alten Ägyptern verehrten<br />
Vogel sofort beantworten: Es war der<br />
Ibis. Erstaunt fragte Günther Jauch, wieso<br />
sie das so sicher wusste, und sie antwortete<br />
ganz selbstverständlich, ihre<br />
zwölfjährige Tochter habe das gerade in der Schule durchgenommen.<br />
Szenenwechsel: Bei einer Befragung auf der diesjährigen<br />
Landwirtschaftsmesse in Berlin hielten Jugendliche<br />
Lauch für Rhabarber, konnte ein vor dem Examen stehender<br />
Landwirt die Kartoffelpflanze nicht erkennen und eine Dame<br />
erklärte, Popcorn wachse am Strauch. Drastischer lässt sich<br />
einen Scherbenhaufen, den unsere verantwortlichen Politiker<br />
in hektischer Ahnungslosigkeit umkreisen.<br />
Nach den peinlichen PISA-Ergebnissen hieß es: Unsere<br />
Kinder müssen wieder mehr lernen, obwohl dieser Test gerade<br />
gezeigt hatte, dass sie nicht zu wenig, sondern das<br />
Falsche lernen: Nicht Faktenwissen war gefragt, sondern das<br />
Verständnis für Zusammenhänge. Unsere Schüler lernen zu<br />
viel, und weil man ihnen immer mehr Lehrstoff verabreicht,<br />
werden sie täglich dümmer. Von Theoretikern abgefüllt bis<br />
zur Halskrause mit Daten und Fakten, aber blind und verständnislos<br />
für die Welt, in der sie leben. Dringend erforderlich<br />
ist eine Bildungs- und Schulreform: Die veralteten<br />
Zukunft für die Bildung –<br />
Bildung für die Zukunft.<br />
Foto: Gudrun Petersen/JOKER<br />
die deutsche Bildungsmisere<br />
kaum darstellen.<br />
Vergebens hatte schon<br />
1780 <strong>Friedrich</strong> der Große<br />
gefordert, die Professoren<br />
sollten nicht über die<br />
Gesetze von Memphis<br />
dozieren, wenn über die<br />
Gebräuche in Osnabrück<br />
zu urteilen sei; vergebens<br />
hatte er geschrieben,<br />
wichtiger als ihr Gedächtnis<br />
zu belasten, sei<br />
es, die Urteilskraft der<br />
Schüler zu bilden, vergebens<br />
war der Leitsatz des<br />
aufgeklärten Monarchen:<br />
„Man soll nur lehren, was<br />
zu wissen notwendig ist“<br />
– torpediert schon damals<br />
und bis heute von<br />
Lehrern, denen die Einübung<br />
der Vergangenheit<br />
wichtiger ist als die Bewältigung<br />
der Zukunft.<br />
Das Ergebnis sehen wir:<br />
Lehrpläne gehören in den Papierkorb;<br />
ein fächerübergreifender<br />
Unterricht kann das Verständnis<br />
auch für globale<br />
Zusammenhänge besser vermitteln.<br />
Bisher produziert unser<br />
Bildungssystem im internationalen<br />
Vergleich nur mittelmäßige<br />
Schulabgänger. Weil die <strong>Schulen</strong><br />
kein anschlussfähiges Wissen<br />
vermitteln, gibt es in Schlüsseltechnologien<br />
wie Biochemie extrem<br />
hohe Abbrecherquoten. Die<br />
deutsche Wirtschaft wartet auf<br />
Fachkräfte – bei sinkenden<br />
Schülerzahlen. Wir brauchen<br />
Investitionen von allen Seiten,<br />
auch von der Industrie, in ein<br />
zukunftsfähiges Bildungssystem.<br />
Wenn wir diese Chance jetzt<br />
versäumen, werden andere<br />
Nationen kommen und „uns in<br />
Bedeutungslosigkeit und Armut<br />
zurückwerfen“ (v. Krockow). Das<br />
dürfen wir uns im Interesse unserer<br />
Kinder nicht leisten.