Impuls von Anfang an - plappert-freiburg.de
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Physik<br />
⊳ Aufgabenstellungen und Arbeitsdokumentationen<br />
für ein Portfolio,<br />
⊳ Schriftliche Dokumentation <strong>von</strong> Versuchspl<strong>an</strong>ung, -<br />
aufbau und -auswertung (auch als „Gruppenleistung“)<br />
4 Einführung in <strong>de</strong>n Magnetismus als Lerntheke<br />
In diesem Abschnitt beschreiben wir eine Lerntheke für<br />
eine 5. Klasse, die eine erste Einführung in <strong>de</strong>n Perm<strong>an</strong>entmagnetismus<br />
liefert. Dazu wird eine Übersicht über<br />
eine <strong>de</strong>nkbare Aufteilung in Unterthemen sowie das jeweils<br />
benötigte Material gegeben. Einige <strong>de</strong>r vorgeschlagenen<br />
Themen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>taillierter vorgestellt.<br />
Für viele <strong>de</strong>r <strong>an</strong>gesprochenen Themen gibt es Vorlagen aus<br />
<strong>de</strong>m Grundschulbereich, die sich sehr gut als Anleitungen<br />
für die Lerntheke einsetzen lassen, z. B. [6]. Auch die Angebote<br />
aus [5] eignen sich hier gut.<br />
Hinweis für Lehrkräfte: In die Stäbchen aus Magnetbaukästen,<br />
z. B. <strong>von</strong> Geomag o<strong>de</strong>r <strong>an</strong><strong>de</strong>ren Herstellern<br />
sind kräftige Neodym-Magnete eingearbeitet. Ein solches<br />
Stäbchen <strong>an</strong>stelle eines gewöhnlichen Stabmagneten richtet<br />
sich <strong>an</strong> einem Fa<strong>de</strong>n aufgehängt sehr gut im Erdfeld<br />
aus. Dies ist ein gutes Alternativ<strong>an</strong>gebot.<br />
Literatur<br />
[1] Baumert, J., Klieme, E., Neubr<strong>an</strong>d, M., Prenzel, M., Schiefele, U.,<br />
Schnei<strong>de</strong>r, W., St<strong>an</strong>at, P., Tillm<strong>an</strong>n, K.-J., Weiß, M.(Hrsg.): PISA 2000, Basiskompetenzen<br />
<strong>von</strong> Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich,<br />
Leske & Budrich, Opla<strong>de</strong>n 2001.<br />
[2] Baumert, J., Bos, W., Lehrm<strong>an</strong>n, R. (Hrsg.): TIMMS/III. Dritte internationale<br />
Mathematik- und Naturwissenschaftsstudie, B<strong>an</strong>d 1 und 2, Leske<br />
& Budrich, Opla<strong>de</strong>n 2000<br />
[3] Niggli, A.: Lernarr<strong>an</strong>gements erfolgreich pl<strong>an</strong>en. Didaktische Anregungen<br />
zur Gestaltung offener Unterrichtsformen, Verlag Sauerlän<strong>de</strong>r,<br />
Aarau/Schweiz, 2000.<br />
[4] Roesler, F. (2004): Arbeiten in <strong>de</strong>r Lernwerkstatt – eine Möglichkeit<br />
für kooperatives und selbständiges Arbeiten. Praxis <strong>de</strong>r Naturwissenschaften-Physik,<br />
Heft 6/53, S.19-23 (Materialien sind abrufbar unter www.<br />
physik.uni-muenchen.<strong>de</strong>/didaktik (Fundgrube: Unterrichtsmaterialien))<br />
[5] www.lmu.<strong>de</strong>/supra (Das Thema „Magnetismus“ wird zurzeit für SUPRA<br />
aufbereitet.)<br />
[6] Jung, S.: Magnet und Kompass – Kopiervorlagen für einen h<strong>an</strong>dlungsorientierten<br />
Sachunterricht, Auer, Donauwörth, 2001.<br />
Anschrift <strong>de</strong>r Verfasser:<br />
Eva Her<strong>an</strong>-Dörr, Martin Hopf, Prof. Dr. Dr. Hartmut Wiesner, Lehrstuhl für<br />
Didaktik <strong>de</strong>r Physik, Universität München, Schellingstr. 4, 80799 München<br />
<strong>Impuls</strong> <strong>von</strong> <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong> <strong>an</strong><br />
– Zur Einführung physikalischer Größen<br />
im <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
D. Plappert<br />
Das Kennen lernen <strong>von</strong> Erscheinungen in Natur und Technik<br />
und das genaue Beobachten stehen in einem <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
natürlicherweise im Zentrum. Aus lernpsychologischen<br />
und insbeson<strong>de</strong>re lernökonomischen Grün<strong>de</strong>n<br />
sollte die Auswahl <strong>de</strong>r dabei betrachteten Phänomene<br />
nicht willkürlich sein und auch nicht dadurch bestimmt<br />
sein, dass die Phänomene spektakulär sind. Das zentrale<br />
Auswahlkriterium sollte vielmehr sein, ob die Schülerinnen<br />
und Schüler im Laufe <strong>de</strong>s weitern Unterrichts aus <strong>de</strong>n betrachteten<br />
Beispielen zentrale methodische o<strong>de</strong>r begriffliche<br />
physikalische Konzepte herausschälen können o<strong>de</strong>r<br />
nicht. Im Folgen<strong>de</strong>n wollen wir am Beispiel <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik<br />
beleuchten, wie <strong>an</strong> <strong>de</strong>n Vorerfahrungen <strong>de</strong>r Schülerinnen<br />
und Schüler <strong>an</strong>knüpfend, die zentrale physikalische Größe<br />
<strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik, <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong>, stufenweise eine immer präzisere<br />
physikalische Be<strong>de</strong>utung bekommen k<strong>an</strong>n. Auf einer<br />
bestimmten Stufe <strong>de</strong>r Begriffsbildung muss die Abgrenzung<br />
zur physikalischen Größe Energie für die Schülerinnen<br />
und Schüler <strong>de</strong>utlich erlebbar wer<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>m dargestellten<br />
Weg stehen zunächst qualitative Betrachtungen<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund, so wie es die Bildungsst<strong>an</strong>dards Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg [1] ab Klasse 7 for<strong>de</strong>rn.<br />
1 Zur Einführung physikalischer Begriffe<br />
In seinem Buch „Lernen – Gehirnforschung und die Schule<br />
<strong>de</strong>s Lebens“ [2] nennt M<strong>an</strong>fred Spitzer folgen<strong>de</strong> Bedingungen<br />
für erfolgreiches Lernen:<br />
• Es kommt in <strong>de</strong>r Regel nicht auf die einzelnen Fakten<br />
<strong>an</strong>, son<strong>de</strong>rn vielmehr auf die allgemeinen Prinzipien, die<br />
durch die Fakten klar wer<strong>de</strong>n sollen.<br />
• Die Beispiele müssen so gewählt wer<strong>de</strong>n, dass die<br />
Schüler aus ihnen die Regeln herausziehen können und<br />
• so, dass sie die dar<strong>an</strong> beh<strong>an</strong><strong>de</strong>lten Inhalte mit ihren eigenen,<br />
individuellen Lebenserfahrungen in Verbindung<br />
bringen können.<br />
Diese For<strong>de</strong>rungen liegen <strong>de</strong>m didaktischen Weg zur Einführung<br />
physikalischer Sachverhalte zugrun<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n<br />
Bildungsst<strong>an</strong>dards Physik <strong>von</strong> Ba<strong>de</strong>n-Württemberg [1] auf<br />
die folgen<strong>de</strong> Weise beschrieben ist: „Am <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong> eines Physikverständnisses<br />
steht die Ausein<strong>an</strong><strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n<br />
Vorstellungen <strong>de</strong>r Schülerinnen und Schüler, die sie in <strong>de</strong>n<br />
Unterricht mitbringen. Phänomene führen zu physikalischen<br />
Fragestellungen. Erklärungen wer<strong>de</strong>n in Bil<strong>de</strong>rn, Mo<strong>de</strong>llen<br />
6 PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005
Konzepte für <strong>de</strong>n <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
und Experimenten ver<strong>an</strong>schaulicht und schrittweise mithilfe<br />
<strong>de</strong>r physikalischen Fachsprache gefasst. Das im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
physikalischen Grundbildung <strong>an</strong> speziellen Beispielen erworbene<br />
Wissen über Fakten und begriffliche Strukturen<br />
sowie die dabei entwickelten Fähigkeiten müssen auf neue<br />
Fragestellungen <strong>an</strong>wendbar sein“. Eine Folge da<strong>von</strong> ist, dass<br />
die Begriffsbildung zunächst auf einer eher qualitativen Stufe<br />
verbleibt und erst bei <strong>de</strong>r weiteren Schärfung <strong>de</strong>s Begriffs<br />
mehr und mehr die qu<strong>an</strong>titative Stufe erreicht.<br />
Dieser Weg unterschei<strong>de</strong>t sich damit erheblich <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Art,<br />
wie traditionell physikalische Größen im Unterricht eingeführt<br />
wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m sie<br />
• entwe<strong>de</strong>r <strong>von</strong> <strong>an</strong><strong>de</strong>ren physikalischen Größen, <strong>de</strong>n so<br />
gen<strong>an</strong>nten Basisgrößen, abgeleitet o<strong>de</strong>r<br />
• durch eine Messvorschrift <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n, die aus drei<br />
Best<strong>an</strong>dteilen („Einheit“, „Gleichheit“, „Vielfachheit“)<br />
besteht.<br />
Dieser Weg ist nicht nur aus <strong>de</strong>n oben gen<strong>an</strong>nten lernpsychologischen<br />
Grün<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht ungeeignet,<br />
son<strong>de</strong>rn ist, wie Friedrich Herrm<strong>an</strong>n in [3] ausführlich<br />
zeigt, überhaupt nicht konsequent durchführbar.<br />
2 <strong>Impuls</strong> – die zentrale Größe <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik<br />
Betrachten wir <strong>de</strong>n heute üblichen Aufbau <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik,<br />
so steht die physikalische Größe Kraft im Zentrum. Um<br />
das „kommulative Lehren“ im Physikunterricht durch die<br />
Neukonzeption <strong>de</strong>s Bildungspl<strong>an</strong>s Ba<strong>de</strong>n-Württembergs<br />
zu begünstigen, wer<strong>de</strong>n nur wenige, dafür aber zentrale<br />
Konzepte, gefor<strong>de</strong>rt, die in möglichst vielen Bereichen <strong>de</strong>r<br />
Physik <strong>von</strong> grundlegen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung sind und die in <strong>de</strong>n<br />
unterschiedlichen Altersstufen immer wie<strong>de</strong>r aufgegriffen<br />
und verfeinert wer<strong>de</strong>n können. Dafür ist in <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik<br />
das <strong>Impuls</strong>konzept besser geeignet als das Kraftkonzept,<br />
• da <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> mit <strong>an</strong><strong>de</strong>ren wichtigen physikalischen<br />
Größen wichtige Eigenschaften gemeinsam hat, z. B. die<br />
Erhaltung,<br />
• da mit <strong>de</strong>m <strong>Impuls</strong> viele Analogien zu <strong>an</strong><strong>de</strong>ren Gebieten<br />
<strong>de</strong>r Physik <strong>de</strong>utlich wer<strong>de</strong>n und<br />
• da <strong>de</strong>r physikalische <strong>Impuls</strong>begriff in enger Verbindung<br />
steht mit <strong>de</strong>n Vorerfahrungen <strong>de</strong>r Schülerinnen und<br />
Schüler <strong>von</strong> „Wucht“ und „Schwung“.<br />
Eine entsprechen<strong>de</strong> Ankopplung <strong>an</strong> die Vorerfahrungen<br />
<strong>de</strong>r Schülerinnen und Schüler bei <strong>de</strong>r Bildung <strong>de</strong>s physikalischen<br />
Kraftbegriffs ist dagegen recht problematisch.<br />
Dies soll Abb. 1 ver<strong>de</strong>utlichen: Kraft ist etwas, was m<strong>an</strong><br />
hat, was m<strong>an</strong> trainieren und gewinnen k<strong>an</strong>n ... . Diese Eigenschaften<br />
<strong>de</strong>s alltagssprachlichen Kraftbegriffs stehen im<br />
Wi<strong>de</strong>rspruch zu <strong>de</strong>m physikalischen Kraftkonzept.<br />
Gegen die Neukonzeption <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik mit <strong>de</strong>m <strong>Impuls</strong><br />
als zentrale Größe wur<strong>de</strong>n aus unterschiedlichen Grün<strong>de</strong>n<br />
Be<strong>de</strong>nken geäußert:<br />
• zum einen wur<strong>de</strong> eine Einschränkung <strong>de</strong>r didaktischen<br />
Freiheit <strong>de</strong>s Physiklehrers befürchtet, da scheinbar <strong>de</strong>r<br />
Weg <strong>de</strong>s Karlsruher Physikkurses [4] vorgeschrieben<br />
wird und<br />
• zum <strong>an</strong><strong>de</strong>ren wur<strong>de</strong> eine formale Überfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />
Anfänger befürchtet, da bisher <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> als Produkt<br />
<strong>von</strong> Masse und Geschwindigkeit in <strong>de</strong>r Sekundarstufe II<br />
eingeführt wur<strong>de</strong>.<br />
Mit diesen bei<strong>de</strong>n Befürchtungen wollen wir uns im Folgen<strong>de</strong>n<br />
zunächst ausein<strong>an</strong><strong>de</strong>r setzen.<br />
3 Die Mech<strong>an</strong>ik <strong>von</strong> Isaac Newton<br />
Überraschend ist es, wenn wir die „Neufassung“ <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik<br />
mit <strong>de</strong>m Aufbau vergleichen, <strong>de</strong>n Isaac Newton in<br />
seinen „mathematischen Prinzipien <strong>de</strong>r Naturlehre“ [5] vor<br />
über 300 Jahren gewählt hat. Dort wer<strong>de</strong>n im ersten Abschnitt<br />
zunächst einige zentrale physikalische Größen „erklärt“:<br />
die „Größe <strong>de</strong>r Materie“, die „Größe <strong>de</strong>r Bewegung“,<br />
die „Trägheitskraft“, die „<strong>an</strong>gebrachte Kraft“ und<br />
die „Zentripetalkraft“. Die „Erklärung“ <strong>de</strong>r „Größe <strong>de</strong>r<br />
Bewegung“ in <strong>de</strong>utscher Übersetzung lautet:<br />
„Die Größe <strong>de</strong>r Bewegung wird durch die Geschwindigkeit<br />
und die Größe <strong>de</strong>r Materie vereint gemessen.“<br />
Dies begrün<strong>de</strong>t Newton wie folgt: „Die Bewegung <strong>de</strong>s<br />
G<strong>an</strong>zen ist die Summe <strong>de</strong>r Bewegungen <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Teile. Daher ist sie eine doppelte in einem doppelt so<br />
großen Körper bei gleicher Geschwindigkeit und eine vierfache,<br />
in einem doppelt so großen Körper bei gleicher Geschwindigkeit.“<br />
Im Weiteren nennt er die „Größe <strong>de</strong>r Bewegung“<br />
oft auch nur die „Bewegung“. Beim weiteren<br />
Lesen wird <strong>de</strong>utlich, dass Newton mit „Größe <strong>de</strong>r Bewegung“<br />
die physikalische Größe meint, die wir heute „<strong>Impuls</strong>“<br />
nennen. Außer<strong>de</strong>m wird klar, dass er <strong>an</strong> vielen Stellen<br />
die <strong>Impuls</strong>erhaltung, die zuvor <strong>von</strong> Huygens erk<strong>an</strong>nt<br />
wur<strong>de</strong>, als so selbstverständlich voraussetzt, dass er sie<br />
nicht explizit erwähnt.<br />
Im folgen<strong>de</strong>n zweiten Abschnitt mit <strong>de</strong>m Titel „Grundsätze<br />
o<strong>de</strong>r Gesetze <strong>de</strong>r Bewegung“, wer<strong>de</strong>n drei „Gesetze“<br />
auf folgen<strong>de</strong> Weise beschrieben:<br />
1. Gesetz<br />
Je<strong>de</strong>r Körper beharrt in seinem Zust<strong>an</strong><strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ruhe o<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r gleichförmigen geradlinigen Bewegung, wenn er nicht<br />
durch einwirken<strong>de</strong> Kräfte gezwungen wird, seinen Zust<strong>an</strong>d<br />
zu än<strong>de</strong>rn.<br />
2. Gesetz<br />
Die Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Bewegung ist <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>r bewegen<strong>de</strong>n<br />
Kraft proportional und geschieht nach <strong>de</strong>r Richtung<br />
<strong>de</strong>rjenigen gera<strong>de</strong>n Linie, nach welcher jene Kraft<br />
wirkt.<br />
3. Gesetz<br />
Die Wirkung ist stets <strong>de</strong>r Gegenwirkung gleich, o<strong>de</strong>r die<br />
Wirkungen zweier Körper auf ein<strong>an</strong><strong>de</strong>r sind stets gleich<br />
und <strong>von</strong> entgegen gesetzter Richtung.<br />
Abb. 1 Der „Kraftbegriff“ beim Muskeltraining<br />
Kraft<br />
Wir benötigen Kraft, um unseren Körper aufrecht zu halten<br />
und zu bewegen. Kraft wächst jedoch nur am Wi<strong>de</strong>rst<strong>an</strong>d.<br />
Setzen wir unserem Körper keine <strong>an</strong>gemessenen Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong><br />
entgegen, wird er schwächer. Wir beginnen, uns kr<strong>an</strong>k zu<br />
schonen.<br />
Eine schwache Muskulatur verursacht Schmerzen. Das gilt für<br />
<strong>de</strong>n Rücken ebenso wie für die gesamte Skelettmuskulatur.<br />
Deshalb ist Kraft auch kein Luxus, son<strong>de</strong>rn Notwendigkeit – in<br />
je<strong>de</strong>m Alter.<br />
Mit korrekt durchgeführtem Krafttraining bremsen Sie die Abbauvorgänge<br />
<strong>de</strong>s Körpers. Statt<strong>de</strong>ssen bauen Sie auf, gewinnen<br />
<strong>an</strong> Haltung, Wi<strong>de</strong>rst<strong>an</strong>dskraft und Gesundheit.<br />
Unser Muskelaufbautraining mobilisiert Ihre Kraftreserven.<br />
PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005 7
Physik<br />
Wenn irgend eine Kraft eine gewisse Bewegung hervorbringt,<br />
so wird die doppelte eine doppelte, die dreifache eine dreifache<br />
erzeugen; mögen diese Kräfte zugleich und auf einmal,<br />
o<strong>de</strong>r stufenweise auf ein<strong>an</strong><strong>de</strong>r folgend einwirken.<br />
Abb. 2: Aus Newtons Begründungen zum 2. Gesetz<br />
Je<strong>de</strong>r Gegenst<strong>an</strong>d, welcher einen <strong>an</strong><strong>de</strong>rn drückt o<strong>de</strong>r zieht,<br />
wird eben so stark durch diesen gedrückt o<strong>de</strong>r gezogen.<br />
Drückt jem<strong>an</strong>d einen Stein mit <strong>de</strong>m Finger, so wird dieser vom<br />
Steine gedrückt. Zieht ein Pferd einen <strong>an</strong> ein Seil befestigten<br />
Stein fort, so wird das erstere gleich stark gegen <strong>de</strong>n letzteren<br />
zurückgezogen, <strong>de</strong>nn das nach bei<strong>de</strong>n Seiten gesp<strong>an</strong>nte Seil<br />
wird durch dasselbe Bestreben schlaff zu wer<strong>de</strong>n, das Pferd<br />
gegen <strong>de</strong>n Stein und diesen gegen jenes drängen; es wird<br />
eben so stark das Fortschreiten <strong>de</strong>s einen verhin<strong>de</strong>rn, als das<br />
Fortrücken <strong>de</strong>s <strong>an</strong><strong>de</strong>rn beför<strong>de</strong>rn. Wenn irgen<strong>de</strong>in Körper auf<br />
einen <strong>an</strong><strong>de</strong>rn stößt und die Bewegung <strong>de</strong>s letztern irgendwie<br />
verän<strong>de</strong>rt, so wird ersterer, in seiner eigenen Bewegung dieselbe<br />
Än<strong>de</strong>rung, nach entgegen gesetzter Richtung, durch die<br />
Kraft <strong>de</strong>s <strong>an</strong><strong>de</strong>rn (wegen <strong>de</strong>r Gleichheit <strong>de</strong>s wechselseitigen<br />
Druckes) erlei<strong>de</strong>n. Diesen Wirkungen wer<strong>de</strong>n die Än<strong>de</strong>rungen<br />
nicht <strong>de</strong>r Geschwindigkeiten, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Bewegungen nämlich<br />
bei Körpern, welche nicht <strong>an</strong><strong>de</strong>rweitig verhin<strong>de</strong>rt sind,<br />
gleich. Die Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Geschwindigkeiten, nach entgegen<br />
gesetzten Richtungen, sind nämlich, weil die Bewegungen<br />
sich gleich än<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>n Körpern umgekehrt proportional.<br />
Es gilt dieses Gesetz auch bei <strong>de</strong>n Anziehungen, wie in <strong>de</strong>r<br />
nächsten Anmerkung gezeigt wer<strong>de</strong>n wird.<br />
4 <strong>Impuls</strong> als mengenartige Größe<br />
Durch Newton wur<strong>de</strong> die Mech<strong>an</strong>ik zum ersten Gebiet <strong>de</strong>r<br />
Physik, das mathematisch beschreibbar wur<strong>de</strong>, <strong>an</strong><strong>de</strong>re folgten.<br />
Nach<strong>de</strong>m das <strong>von</strong> Faraday entwickelte Feldkonzept<br />
mathematisch gefasst war, konnten Fragen wie etwa „wie<br />
wirken Kräfte durch <strong>de</strong>n Raum hindurch?“ o<strong>de</strong>r „wie l<strong>an</strong>ge<br />
dauert es, bis eine Kraftwirkung, die <strong>an</strong> einem Ort entsteht,<br />
<strong>an</strong> einem <strong>an</strong><strong>de</strong>ren Ort spürbar wird?“ beh<strong>an</strong><strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
Auf diese Weise wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r „Fernwirkungstheorie“<br />
Newtons eine „Nahwirkungstheorie“. Seltsamer Weise<br />
wird dies in <strong>de</strong>r Beh<strong>an</strong>dlung <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik in <strong>de</strong>r Schule<br />
bis heute nicht berücksichtigt. Fragen wie: „wie gel<strong>an</strong>gt <strong>de</strong>r<br />
Abb. 3: Newtons Begründung <strong>de</strong>s 3. Gesetzes<br />
Beson<strong>de</strong>rs aufschlussreich sind die „Begründungen“ <strong>de</strong>r<br />
Gesetze (Abb. 2 und 3). Deshalb sind sie hier im Wortlaut<br />
wie<strong>de</strong>rgegeben.<br />
Fassen wir die drei Newton’schen Gesetze in <strong>de</strong>r heute gebräuchlichen<br />
physikalischen Sprache zusammen, so können<br />
wir sagen:<br />
1. Gesetz<br />
Ein Zust<strong>an</strong>d ist stationär, wenn keine äußere Einwirkung<br />
vorh<strong>an</strong><strong>de</strong>n ist.<br />
2. Gesetz<br />
Die <strong>Impuls</strong>än<strong>de</strong>rung ist proportional <strong>de</strong>r bewegen<strong>de</strong>n<br />
Kraft und geschieht in <strong>de</strong>r Richtung <strong>de</strong>r äußeren Kraft.<br />
3. Gesetz<br />
Zwei Systeme wirken gleich, aber entgegengesetzt aufein<strong>an</strong><strong>de</strong>r.<br />
Än<strong>de</strong>rt sich bei einem Stoß <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> eines Körpers,<br />
so än<strong>de</strong>rt sich <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> <strong>de</strong>s zweiten Körpers um<br />
<strong>de</strong>nselben Betrag jedoch in entgegen gesetzter Richtung.<br />
Schon Newton hatte also <strong>de</strong>n <strong>Impuls</strong> als die zentrale physikalische<br />
Größe <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik erk<strong>an</strong>nt; für ihn war die <strong>Impuls</strong>erhaltung<br />
ebenso selbstverständlich, wie für uns heute<br />
die Erhaltungseigenschaft <strong>de</strong>r elektrischen Ladung. Bemerkenswert<br />
ist die Formulierung <strong>de</strong>s 2. Gesetzes, durch<br />
die Newton nicht <strong>de</strong>n Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>de</strong>r bewegen<strong>de</strong>n<br />
Kraft F mit <strong>de</strong>r Beschleunigung a durch F = maherstellt,<br />
son<strong>de</strong>rn statt<strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r zeitlichen Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />
<strong>Impuls</strong>es <strong>de</strong>s Körpers durch F = ∆ p/∆ t.<br />
Durch die Neukonzeption <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik wird also kein<br />
bestimmter didaktischer Weg vorgeschrieben; <strong>de</strong>r Weg<br />
Newtons und <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Karlsruher Physikkurs sind zwei <strong>von</strong><br />
sehr vielen <strong>an</strong><strong>de</strong>ren möglichen Wegen [6], [7].<br />
Abb. 4 (oben): Eine Kugel bewegt sich auf eine St<strong>an</strong>ge zu, <strong>an</strong> <strong>de</strong>r eine 2.<br />
Kugel <strong>an</strong>liegt.<br />
Abb. 5 (Mitte oben): <strong>Impuls</strong>übertragung bei magnetisch gekoppelten Eisenbahnwagen<br />
Abb. 6 (Mitte unten): Bei geöffnetem Hahn wird Wasser <strong>von</strong> einem<br />
Behälter zum <strong>an</strong><strong>de</strong>ren „übertragen“!<br />
Abb. 7 (unten): Elektrizität strömt durch das Kabel hindurch.<br />
8 PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005
Konzepte für <strong>de</strong>n <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
R<br />
a)<br />
b)<br />
Abb. 8: Geometrie <strong>de</strong>r Belastung (a) und Kraftfluss für diese Belastung (b)<br />
Abb. 9: Strukturen innerhalb <strong>de</strong>s Knochens verbildlichen <strong>de</strong>n „Kraftfluss“<br />
<strong>Impuls</strong> <strong>von</strong> einem Körper auf einen <strong>an</strong><strong>de</strong>ren?“, „wo<br />
kommt <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> beim Beschleunigen her?“, „wo geht <strong>de</strong>r<br />
<strong>Impuls</strong> beim Abbremsen hin?“ wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Regel nicht<br />
gestellt und somit auch nicht im Unterricht beh<strong>an</strong><strong>de</strong>lt. Nehmen<br />
wir die <strong>Impuls</strong>erhaltung erst, d<strong>an</strong>n sind diese Fragen<br />
jedoch sehr nahe liegend. In Abb. 4 stößt eine Kugel auf<br />
eine St<strong>an</strong>ge, <strong>an</strong> <strong>de</strong>r eine zweite ruhen<strong>de</strong> Kugel liegt. Die<br />
erste Kugel kommt beim Stoß zum Stillst<strong>an</strong>d, die zweite<br />
Kugel setzt sich in Bewegung. Es ist <strong>de</strong>utlich, dass <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong><br />
durch die St<strong>an</strong>ge <strong>von</strong> <strong>de</strong>r einen Kugel zur <strong>an</strong><strong>de</strong>ren gel<strong>an</strong>gt.<br />
In Abb. 5 sind zwei Mo<strong>de</strong>lleisenbahnwagen magnetisch<br />
(abstoßend) gekoppelt. Der <strong>Impuls</strong> gel<strong>an</strong>gt beim Stoß<br />
durch das Magnetfeld <strong>von</strong> <strong>de</strong>m einen Wagen zum <strong>an</strong><strong>de</strong>ren.<br />
In bei<strong>de</strong>n Fällen wird <strong>Impuls</strong> „übertragen“. Diese Formulierung<br />
ist gebräuchlich, aber sehr abstrakt. Kein Mensch<br />
wür<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>m in Abb. 6 dargestellten Versuchsaufbau<br />
sagen, dass wenn <strong>de</strong>r Hahn geöffnet wird, Wasser <strong>von</strong><br />
einem zum <strong>an</strong><strong>de</strong>ren Behälter übertragen wird. Vielmehr<br />
sagt m<strong>an</strong>, das Wasser „fließt“ bzw. „strömt“, obwohl das<br />
Strömen selbst nicht sichtbar ist. Dieselbe Situation liegt<br />
bei Abb. 7 vor: wird ein Motor mit <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Anschlüssen<br />
einer Batterie verbun<strong>de</strong>n, fließt Elektrizität durch die<br />
Kabel hindurch. Ebenso nahe liegend, aber für Physiker<br />
ungewohnt, ist es, für die in <strong>de</strong>n Abb. 4 und 5 dargestellten<br />
Situationen zu sagen: <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> strömt durch die St<strong>an</strong>ge<br />
<strong>von</strong> <strong>de</strong>r einen Kugel in die <strong>an</strong><strong>de</strong>re, bzw. strömt durch das<br />
Magnetfeld hindurch, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m einen Wagen in <strong>de</strong>n <strong>an</strong><strong>de</strong>ren<br />
hinein. Für Schülerinnen und Schüler ist diese Beschreibungsweise<br />
genauso verständlich wie die in <strong>de</strong>r Elektrizitätslehre<br />
Übliche mithilfe <strong>de</strong>s elektrischen Stroms. Weitere<br />
Ausführungen zum physikalischen Strombegriff sind in<br />
[8] dargestellt.<br />
Wenig bek<strong>an</strong>nt ist, dass bei mech<strong>an</strong>ischen Fragestellungen,<br />
bei <strong>de</strong>nen es auf <strong>de</strong>n Weg <strong>an</strong>kommt, auf <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong><br />
„übertragen“ wird, <strong>von</strong> „Kraftfluss“ gesprochen wird. Für<br />
je<strong>de</strong>n Statiker, <strong>de</strong>r die Tragfähigkeit <strong>von</strong> technischen Kon-<br />
PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005 9
Physik<br />
(1) (2)<br />
(3)<br />
führt wer<strong>de</strong>n. In [4], [6] und [7] wird hierfür 1 Hy (Huygens)<br />
mit 1 Hy = 1 kg · m/s festgelegt.<br />
Anmerkungen<br />
Interess<strong>an</strong>t wäre das in <strong>de</strong>r Tragwerkspl<strong>an</strong>ung verwen<strong>de</strong>te<br />
Verfahren, in <strong>de</strong>m Kraftflüsse betrachtet wer<strong>de</strong>n, für <strong>de</strong>n<br />
weiterführen<strong>de</strong>n Physikunterricht z. B. durch entsprechen<strong>de</strong><br />
Simulationsprogramme nutzbar, zu machen.<br />
5 Die Abgrenzung <strong>von</strong> <strong>Impuls</strong> und Energie<br />
Pumpe<br />
ENERGIE<br />
Wasser<br />
struktionen berechnen muss, ist die Mech<strong>an</strong>ik eine<br />
„Nahwirkungstheorie“. Um das „Abtragen <strong>de</strong>r Lasten“ zu<br />
berechnen, k<strong>an</strong>n er <strong>de</strong>n „Kraftfluss“ <strong>an</strong>alog einer Flüssigkeitsströmung<br />
berechnen. In einem Artikel über das Mo<strong>de</strong>llieren<br />
<strong>von</strong> Tragwerken schreibt M. Jennewein [9]: „Die<br />
Abtragung <strong>de</strong>r Lasten durch eine Scheibe hindurch zu <strong>de</strong>n<br />
Lagern ist <strong>an</strong>alog zu einer Partikelströmung, wie Fonseca<br />
[10] streng bewiesen hat (Abb. 8). Wir fassen die Lasten bereichsweise<br />
zu Resultieren<strong>de</strong>n zusammen und bezeichnen<br />
<strong>de</strong>ren Weg <strong>von</strong> <strong>de</strong>r „Quelle“ (Last<strong>an</strong>griff) durch das Tragwerk<br />
bis zur "Mündung" im Lager als Lastpfa<strong>de</strong>. Der<br />
Last<strong>an</strong>teil eines Lastpfa<strong>de</strong>s bleibt auf diesem Weg konst<strong>an</strong>t<br />
(<strong>an</strong>alog zur Kontinuitätsgleichung bei Strömungen). Die<br />
Verw<strong>an</strong>dtschaft <strong>de</strong>s „Kraftflusses“ mit Strömungsbil<strong>de</strong>rn ist<br />
eine wichtige Mo<strong>de</strong>llierungshilfe.“ Auch Mediziner sprechen<br />
<strong>von</strong> Kraftfluss, wenn sie <strong>de</strong>n Knochenaufbau beh<strong>an</strong><strong>de</strong>ln:<br />
die Strukturen innerhalb <strong>de</strong>s Oberschenkelknochens<br />
zeigen <strong>an</strong>, wie die Kraft fließt (Abb. 9). In bei<strong>de</strong>n Fällen<br />
wird physikalisch gesprochen, die „<strong>Impuls</strong>stromdichte“ mit<br />
<strong>de</strong>m <strong>an</strong>schaulichen Begriff „Kraftfluss“ bezeichnet.<br />
Zusammenfassend können wir sagen: <strong>Impuls</strong> ist in einem<br />
bewegten Körper enthalten, wird beim Beschleunigen <strong>von</strong><br />
außen zugeführt, beim Abbremsen nach außen abgegeben.<br />
<strong>Impuls</strong> verhält sich wie eine Art Stoff, <strong>Impuls</strong> ist stoffartig,<br />
mengenartig.<br />
Schälen wir diesen <strong>Impuls</strong>begriff im Physikunterricht l<strong>an</strong>gsam<br />
aus alltäglichen Erfahrungen <strong>de</strong>r Schülerinnen und<br />
Schüler heraus, d<strong>an</strong>n hat die Beziehung p = mv zunächst<br />
eine ebenso geringe Be<strong>de</strong>utung für <strong>de</strong>n <strong>Impuls</strong>begriff wie<br />
die entsprechen<strong>de</strong> Beziehung Q = CU für <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r<br />
elektrischen Ladung Q. Wir plädieren dafür, Werte für <strong>Impuls</strong>mengen<br />
erst d<strong>an</strong>n wirklich <strong>an</strong>zugeben, wenn es für die<br />
jeweils beh<strong>an</strong><strong>de</strong>lte Fragestellung wirklich wichtig ist. D<strong>an</strong>n<br />
k<strong>an</strong>n für <strong>de</strong>n <strong>Impuls</strong> eine eigenständige Maßeinheit einge-<br />
Wassergenerator<br />
Abb. 10 (oben): Der Energieträger-Stromkreis<br />
ENERGIE<br />
Elektrizität<br />
Lüfter<br />
Abb. 11 (unten): Energie ist das, was hindurch strömt! Wasser und<br />
Elektrizität strömen im Kreis.<br />
Historisch war es ein l<strong>an</strong>ger Streit, ob mv o<strong>de</strong>r mv 2 die für<br />
die Mech<strong>an</strong>ik charakteristische Erhaltungsgröße ist. Erst<br />
allmählich war die Begriffsbildung so weit fortgeschritten,<br />
dass klar wur<strong>de</strong>, dass es sich hierbei um zwei verschie<strong>de</strong>ne<br />
Erhaltungsgrößen h<strong>an</strong><strong>de</strong>lt, nämlich um die Energie und um<br />
<strong>de</strong>n <strong>Impuls</strong>. Dies ist auch heute noch, beson<strong>de</strong>rs für einen<br />
Anfänger, in vielen Bereichen ein Problem. An je<strong>de</strong>m<br />
Energietr<strong>an</strong>sport sind bek<strong>an</strong>ntlich verschie<strong>de</strong> physikalische<br />
Größen beteiligt, die zunächst schwer zu unterschei<strong>de</strong>n<br />
sind. Physikalisch betrachtet, strömt Energie nie allein,<br />
bzw. wird nie allein ausgetauscht, son<strong>de</strong>rn immer mit einer<br />
zweiten physikalischen Größe zusammen. Diese zweite<br />
Größe kennzeichnet die „äußere Erscheinungsform“ <strong>de</strong>s<br />
Energietr<strong>an</strong>sports. Ein wesentliches Ziel <strong>de</strong>s Unterrichts<br />
muss sein, die Energie klar <strong>von</strong> diesen Größen zu unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Die Schülerinnen und Schüler sollen erkennen,<br />
dass Energie nicht Schwung, Licht, Zucker, Strom, … ist<br />
o<strong>de</strong>r physikalisch genauer, dass Energie nicht <strong>Impuls</strong>,<br />
Elektrizität, Drehimpuls, Entropie, … ist. Damit die Schülerinnen<br />
und Schüler in einem <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht diesen<br />
Unterschied bildhaft erleben können, wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r in Abb. 10<br />
dargestellte Versuchsaufbau [11] entwickelt: Eine mit<br />
einem Netzgerät verbun<strong>de</strong>ne Pumpe (1) treibt Wasser <strong>an</strong>,<br />
das Wasser einen „Wassergenerator“ (2) und dieser einen<br />
Abb. 12: Der <strong>Impuls</strong> strömt vom Bo<strong>de</strong>n, die Energie <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Muskeln in<br />
die Kugel.<br />
10 PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005
Konzepte für <strong>de</strong>n <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
elektrischer „Lüfter“ (3). Ist im vorhergeg<strong>an</strong>genen Unterricht<br />
geklärt, dass ein Propeller zum Antrieb Energie<br />
benötigt ([8] und [12]), k<strong>an</strong>n <strong>de</strong>r „Weg“ <strong>de</strong>r Energie<br />
zurückverfolgt wer<strong>de</strong>n: sie kommt vom „Wassergenerator“,<br />
<strong>von</strong> <strong>de</strong>r Pumpe, vom Netzgerät bzw. <strong>von</strong> einem Kraftwerk,<br />
… Die Energie ist das, was durch alle Stationen hindurch<br />
geht. Dies wird durch die Energiepfeile symbolisiert<br />
(Abb. 11). Auf diese Weise wird <strong>de</strong>r „Erhaltungsaspekt“<br />
<strong>de</strong>r Energie betont. Das Wasser dagegen nimmt einen <strong>an</strong><strong>de</strong>ren<br />
Weg: es strömt im Kreis. Deshalb wer<strong>de</strong>n zwischen<br />
Pumpe und Turbine zwei Schläuche benötigt. Das zentrale<br />
Kriterium, durch das wir die Energie und die zweite am<br />
Energietr<strong>an</strong>sport beteiligte physikalische Größe unterschei<strong>de</strong>n<br />
ist:<br />
• Energie und die zweite am Energietr<strong>an</strong>sport beteiligte<br />
Größe nehmen oft unterschiedliche Wege.<br />
Wir plädieren dafür, <strong>de</strong>n Energiebegriff vor <strong>de</strong>r Beh<strong>an</strong>dlung<br />
<strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik im Unterricht einzuführen. Für die<br />
frühzeitige Einführung <strong>de</strong>r Energie spricht, dass die Energie<br />
die physikalische Größe ist, die nicht nur in fast allen<br />
Gebieten <strong>de</strong>r Physik son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r <strong>an</strong><strong>de</strong>ren Naturwissenschaften<br />
<strong>von</strong> zentraler Be<strong>de</strong>utung ist [8]. Außer<strong>de</strong>m hat<br />
dies <strong>de</strong>n Vorteil, dass <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik neu eingeführte<br />
<strong>Impuls</strong>begriff <strong>an</strong> geeigneter Stelle <strong>von</strong> <strong>de</strong>m schon bek<strong>an</strong>nten<br />
Energiebegriff unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n k<strong>an</strong>n. Der<br />
Unterschied <strong>von</strong> Energie und <strong>Impuls</strong> wird beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich,<br />
wenn wir die Stellen <strong>de</strong>s mech<strong>an</strong>ischen Energietr<strong>an</strong>sportes<br />
betrachten, <strong>an</strong> <strong>de</strong>nen die Energie und <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong><br />
verschie<strong>de</strong>ne Wege nehmen. Beim Abstoßen <strong>de</strong>s Balles<br />
(Abb. 12), kommt die Energie <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Muskeln, <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong><br />
aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Der Muskel hat die Funktion einer „<strong>Impuls</strong>pumpe“.<br />
Beim Abbremsen <strong>de</strong>s Autos (Abb. 13), fließt<br />
<strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> in die Er<strong>de</strong>, die Energie bleibt in <strong>de</strong>n Bremsen<br />
stecken, die Bremsen wer<strong>de</strong>n warm. Die Bremse hat die<br />
Funktion eines „<strong>Impuls</strong>wi<strong>de</strong>rst<strong>an</strong><strong>de</strong>s“. Beim Windkraftwerk,<br />
das auf einen Eisenbahnwagen gebaut ist (Abb. 14),<br />
strömt <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> durch die gesp<strong>an</strong>nt Fe<strong>de</strong>r ab, die Energie<br />
jedoch zur Leuchtdio<strong>de</strong> [13]. Das Windkraftwerk hat<br />
die Funktion eines „Energieumla<strong>de</strong>rs“: die Energie wird<br />
<strong>von</strong> <strong>Impuls</strong> auf Elektrizität umgela<strong>de</strong>n. In Abschnitt 6.5<br />
wer<strong>de</strong>n wir darauf noch <strong>de</strong>taillierter eingehen.<br />
6 Skizze <strong>de</strong>r Einführung<br />
<strong>de</strong>s <strong>Impuls</strong>begriffs im <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
Abb. 13 (oben): Beim Abbremsen strömt <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> in die Er<strong>de</strong>, die Energie<br />
bleibt in <strong>de</strong>n Bremsen stecken.<br />
Abb. 14 (Mitte): Der <strong>Impuls</strong> fließt über die gesp<strong>an</strong>nte Fe<strong>de</strong>r ab, die Energie<br />
mit <strong>de</strong>m elektrischen Strom weiter zur Leuchtdio<strong>de</strong>.<br />
6.1 Einführen<strong>de</strong>s Beispiel<br />
Auf einem Arbeitsblatt [7] ist <strong>de</strong>r in Abb. 15 beschriebene<br />
Text dargestellt. Die Schülerinnen und Schüler sollen mitein<strong>an</strong><strong>de</strong>r<br />
die Frage diskutieren „Warum konnte das Schiff<br />
nicht abbremsen, obwohl es doch noch 450 m vom Eisberg<br />
entfernt war?“. Als Antwort kommt oft sinngemäß: „Das<br />
Schiff hatte zu viel Schwung. Es konnte seinen Schwung<br />
nicht schnell genug loswer<strong>de</strong>n.“ Damit ist das Thema <strong>de</strong>r<br />
nun folgen<strong>de</strong>n Einheit gen<strong>an</strong>nt: <strong>de</strong>r Schwung ist das, was<br />
physikalisch genauer untersucht wer<strong>de</strong>n soll.<br />
6.2 Schwung, Wucht, <strong>Impuls</strong><br />
Es wer<strong>de</strong>n die unterschiedlichsten Gegenstän<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r Erfahrungswelt<br />
<strong>de</strong>r Schülerinnen und Schüler daraufhin untersucht,<br />
unter welchen Bedingungen sie viel o<strong>de</strong>r wenig<br />
„Schwung“ o<strong>de</strong>r „Wucht“ haben. Interess<strong>an</strong>t sind u. a. die<br />
in Abb. 16 dargestellten Gymnastikbälle [14]: obwohl sie<br />
Abb. 15 (unten): „Warum bremst die Tit<strong>an</strong>ic nicht einfach ab?“ In diesem<br />
Augenblick hatte die Tit<strong>an</strong>ic eine Entfernung <strong>von</strong> etwa 450 m zum Eisberg<br />
und fuhr mit einer Geschwindigkeit <strong>von</strong> 22 Knoten, das entspricht etwa 41<br />
km/h, auf ihn zu. Mit starrem Blick sieht die M<strong>an</strong>nschaft auf <strong>de</strong>n her<strong>an</strong>nahen<strong>de</strong>n<br />
Eisberg. Nur l<strong>an</strong>gsam beginnt sich das 60 000 t schwere Schiff zu<br />
drehen und seine Geschwindigkeit zu verringern.<br />
äußerlich fast gleich aussehen, spüren die Schülerinnen und<br />
Schüler beim F<strong>an</strong>gen <strong>de</strong>s einen Balls, dass er eine viel größere<br />
Wucht hat als <strong>de</strong>r <strong>an</strong><strong>de</strong>re, bzw. beim Abwerfen, dass <strong>de</strong>r<br />
eine Ball viel mehr Schwung braucht als <strong>de</strong>r <strong>an</strong><strong>de</strong>re.<br />
Das Ergebnis vielfältiger Betrachtungen ist, dass<br />
• alles, was sich bewegt „Schwung“, „Wucht“ hat, auch<br />
strömen<strong>de</strong> Luft, strömen<strong>de</strong>s Wasser,<br />
• dass, je schneller ein Körper sich bewegt und<br />
• je schwerer er ist, er umso mehr „Schwung“, „Wucht“<br />
hat.<br />
Diese Aussagen sollen mithilfe <strong>de</strong>r physikalischen Fachsprache<br />
genauer gefasst wer<strong>de</strong>n.<br />
PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005 11
Physik<br />
Abb. 16: Zwei „äußerlich“ sehr ähnlich aussehen<strong>de</strong> Gymnastikbälle (m 1 =<br />
2000 g, m 2 = 300 g)<br />
• Das, was wir in <strong>de</strong>r Alltagssprache „Schwung“ bzw.<br />
„Wucht“ nennen, wird in <strong>de</strong>r Physik <strong>Impuls</strong> gen<strong>an</strong>nt.<br />
Der <strong>Impuls</strong> eines Körpers ist umso größer,<br />
• je größer seine Geschwindigkeit ist und<br />
• je größer seine Masse ist.<br />
Anmerkungen<br />
1. Der Unterschied <strong>von</strong> Alltags- und Fachsprache sollte im<br />
Unterricht erläutert wer<strong>de</strong>n. Dabei sollte die Alltagssprache<br />
nicht abgewertet, son<strong>de</strong>rn die Verschie<strong>de</strong>nheit<br />
bewusst gemacht wer<strong>de</strong>n. Im Physikunterricht sollte die<br />
Verbindung zur Alltagssprache gepflegt wer<strong>de</strong>n, <strong>an</strong> entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Stellen jedoch die Benutzung <strong>de</strong>r Fachsprache<br />
gefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />
Abb. 17 zeigt einen Text, <strong>de</strong>r im Unterricht einer 9.<br />
Klasse mit <strong>de</strong>n Schülerinnen und Schülern zusammen<br />
formuliert wur<strong>de</strong>.<br />
2. Die Masse wird zunächst nur als die Eigenschaft eines<br />
Körpers eingeführt, die in kg gemessen wird. An späterer<br />
Stelle wird d<strong>an</strong>n <strong>de</strong>r physikalische Massebegriff weiter<br />
präzisiert.<br />
3. Wir verzichten <strong>an</strong> dieser Stelle bewusst <strong>de</strong>n <strong>Impuls</strong> als<br />
Masse · Geschwindigkeit zu qu<strong>an</strong>tifizieren, da die genauen<br />
Werte <strong>de</strong>s <strong>Impuls</strong>es, <strong>de</strong>n ein bewegter Körper<br />
hat, hier keine sinnvolle Rolle spielen. Die qualitativen<br />
„je-<strong>de</strong>sto“-Beziehungen genügen, um <strong>de</strong>n physikalischen<br />
<strong>Impuls</strong>begriff weiter zu schärfen und mit entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Alltagserfahrungen in Verbindung zu<br />
bringen.<br />
Abb. 17: Der Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>von</strong> Alltags- und <strong>de</strong>r Fachsprache<br />
Zur physikalischen Fachsprache<br />
Die „physikalische Fachsprache“ benützt in <strong>de</strong>r Regel Worte<br />
unserer Umg<strong>an</strong>gssprache, aber oft in einem etwas <strong>an</strong><strong>de</strong>ren<br />
Sinn. Es gelingt so die Sachverhalte physikalisch genauer<br />
auszudrücken. Diese Sprache wollen wir im Unterricht üben.<br />
Beispiel:<br />
Alltagssprache: „Der Gasbrenner erwärmt das Wasser.“<br />
Fachsprache: „Dem Wasser wird Energie zugeführt. Dabei<br />
steigt die Temperatur bis zum Sie<strong>de</strong>n, d<strong>an</strong>ach bleibt sie<br />
gleich, bis das Wasser g<strong>an</strong>z verdampft ist.“<br />
6.3 Weitere Eigenschaften <strong>de</strong>s <strong>Impuls</strong><br />
Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n durch systematisches Beobachten<br />
alltäglicher Erscheinungen weitere Eigenschaften <strong>de</strong>s <strong>Impuls</strong>es<br />
herausgearbeitet. Das können die Schülerinnen und<br />
Schüler etwa in einen Lernzirkel selbstständig tun. Die Ergebnisse<br />
seinen im Folgen<strong>de</strong>n übersichtsartig zusammenfassen.<br />
• Eine Münze wird mit <strong>de</strong>n Fingern auf verschie<strong>de</strong>nen<br />
Unterlagen weggeschnippt. Unter welchen Bedingungen<br />
kommt sie möglichst weit? Warum gibt es zwar Eisstockschießen<br />
(Abb. 18) aber kein Grasstockschießen?<br />
Je reibungsfreier sich ein Körper bewegt, <strong>de</strong>sto länger<br />
behält er seinen <strong>Impuls</strong> bei.<br />
• Eine Münze wird mit <strong>de</strong>n Fingern auf eine <strong>an</strong><strong>de</strong>re<br />
Münze geschnippt. Ein bewegter Eisenbahnwagen fährt<br />
auf einen ruhen<strong>de</strong>n (Abb. 5), eine bewegte Kugel stößt<br />
auf eine ruhen<strong>de</strong> (Abb. 4).<br />
<strong>Impuls</strong> k<strong>an</strong>n <strong>von</strong> einem Körper auf einen <strong>an</strong><strong>de</strong>ren übergehen.<br />
• Ein bewegter Eisenbahnwagen fährt so auf einen ruhen<strong>de</strong>n,<br />
dass die Kupplung einrastet und bei<strong>de</strong> Wagen<br />
mitein<strong>an</strong><strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n weiterfahren (Abb. 19).<br />
Der <strong>Impuls</strong> eines Körpers k<strong>an</strong>n sich auf mehrere Körper<br />
verteilen.<br />
Wie in <strong>de</strong>r Elektrizitätslehre können diese Eigenschaften<br />
<strong>de</strong>s <strong>Impuls</strong>es, durch Analogiebetrachtungen vertieft wer<strong>de</strong>n.<br />
Die in Abb. 20 dargestellte Tabelle k<strong>an</strong>n im Unterricht<br />
<strong>von</strong> <strong>de</strong>n Schülerinnen und Schülern in Teamarbeit<br />
selbstständig erarbeitet o<strong>de</strong>r, wenn sie teilweise ausgefüllt<br />
vorgegeben ist, selbständig ergänzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Anmerkungen<br />
Im Weiteren wer<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>r Elektrizitätslehre entsprechend<br />
die Strömungsvorstellung auch in <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik verwen<strong>de</strong>n<br />
und sagen: Beim Stoß fließt <strong>Impuls</strong> <strong>von</strong> <strong>de</strong>m einen<br />
Körper in <strong>de</strong>n <strong>an</strong><strong>de</strong>ren hinein. Natürlich k<strong>an</strong>n die Mech<strong>an</strong>ik,<br />
in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> im Zentrum steht, auch ohne dieses<br />
Strömungsbild sinnvoll und erfolgreich unterrichtet wer<strong>de</strong>n.<br />
Die Bildungsst<strong>an</strong>dards Ba<strong>de</strong>n-Württemberg überlassen<br />
dies <strong>de</strong>r methodischen Freiheit <strong>de</strong>s Lehrers.<br />
6.4 Wo kommt <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> her, wo geht er hin?<br />
Fahren zwei gleiche Eisenbahnwagen, <strong>de</strong>ren Kupplungen<br />
einrasten können, mit <strong>de</strong>rselben Geschwindigkeit aufein<strong>an</strong><strong>de</strong>r<br />
zu, so bleiben bei<strong>de</strong> stehen. Entsprechen<strong>de</strong>s k<strong>an</strong>n in<br />
<strong>an</strong><strong>de</strong>ren Versuchen festgestellt wer<strong>de</strong>n. Verschwin<strong>de</strong>t hier<br />
durch <strong>de</strong>n Stoß <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Wagen, löst er sich<br />
einfach auf? Das könnte sein. Es gibt aber noch eine <strong>an</strong><strong>de</strong>re<br />
Möglichkeit, die wir zunächst als „Arbeitshypothese“<br />
<strong>an</strong>nehmen wollen:<br />
• Der <strong>Impuls</strong> k<strong>an</strong>n hier nicht einfach addiert wer<strong>de</strong>n, so<br />
dass 1 + 1 = 2 ergibt. Zwei Zahlen können jedoch so addiert<br />
wer<strong>de</strong>n, dass ihre Summe Null ist, wenn sie unterschiedliches<br />
Vorzeichen haben. D<strong>an</strong>n gilt 1 + (–1) = 0.<br />
Bewegen sich Körper entgegengesetzt so haben sie entgegen<br />
gesetztes Vorzeichen. Der Elektrizitätslehre entsprechend<br />
wollen wir das Vorzeichen <strong>de</strong>s <strong>Impuls</strong>es willkürlich<br />
festzulegen: wie in <strong>de</strong>r Mathematik üblich, soll<br />
das Vorzeichen <strong>de</strong>s <strong>Impuls</strong>es positiv sein, wenn sich <strong>de</strong>r<br />
Körper nach rechts bewegt.<br />
Ein Auto bremst ab und kommt zum Stehen (Abb. 13).<br />
Was passiert mit <strong>de</strong>m <strong>Impuls</strong>? Verschwin<strong>de</strong>t er? Ein Auto<br />
beschleunigt, sein <strong>Impuls</strong> wird größer. Wo kommt <strong>de</strong>r Im-<br />
12 PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005
Konzepte für <strong>de</strong>n <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
Abb. 18: Warum gibt es kein „Grasstockschießen“?<br />
<strong>Impuls</strong><br />
Ein Körper hat einen großen<br />
<strong>Impuls</strong>.<br />
Ein Körper enthält um so<br />
mehr <strong>Impuls</strong>, je größer seine<br />
Geschwindigkeit und je größer<br />
seine Masse ist.<br />
Je reibungsfreier sich ein<br />
Körper bewegt, <strong>de</strong>sto länger<br />
bleibt <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> in ihm.<br />
<strong>Impuls</strong> k<strong>an</strong>n <strong>von</strong> einem Körper<br />
auf einen „übergehen“,<br />
<strong>von</strong> einem zum <strong>an</strong><strong>de</strong>ren<br />
„fließen“.<br />
Der <strong>Impuls</strong> k<strong>an</strong>n sich auf<br />
mehrere Körper verteilen.<br />
Wasser<br />
In <strong>de</strong>m Behälter befin<strong>de</strong>t<br />
sich viel Wasser.<br />
Ein Behälter enthält um so<br />
mehr Wasser, je größer seine<br />
Füllhöhe und je größer<br />
seine Breite ist.<br />
Je „dichter“ ein Behälter ist,<br />
<strong>de</strong>sto länger bleibt das<br />
Wasser in ihm.<br />
Wasser k<strong>an</strong>n <strong>von</strong> einem<br />
Behälter in einen <strong>an</strong><strong>de</strong>ren<br />
fließen bzw. strömen (siehe<br />
Abb. 6).<br />
Wasser k<strong>an</strong>n sich auf mehrere<br />
Behälter verteilen.<br />
Abb. 19: Der bewegte Eisenbahnwagen kuppelt ein, <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> verteilt<br />
sich auf bei<strong>de</strong> Wagen.<br />
puls her? Wird er beim Beschleunigen erzeugt? „Isolieren“<br />
wir ein ferngesteuertes Mo<strong>de</strong>llauto vom Bo<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m wir<br />
es auf ein leichtes Holzbrett auf Papprollen stellen<br />
(Abb. 21), so stellen wir fest:<br />
• Beim Beschleunigen <strong>de</strong>s Autos wird gleichzeitig die<br />
„Fahrbahn“ in die entgegen gesetzte Richtung beschleunigt.<br />
• Beim Abbremsen <strong>de</strong>s Autos wird die bewegte „Fahrbahn“<br />
wie<strong>de</strong>r abgebremst.<br />
Interpretieren wir die Versuche mit unserem <strong>Impuls</strong>konzept,<br />
so kommen wir zu <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Ergebnis:<br />
• Wird das Auto nach rechts beschleunigt, bekommt es<br />
positiven <strong>Impuls</strong>, die „Fahrbahn“ negativen. Das Auto<br />
macht „<strong>Impuls</strong>schul<strong>de</strong>n“ bei <strong>de</strong>r Fahrbahn; beim Beschleunigen<br />
fließt <strong>Impuls</strong> aus <strong>de</strong>r „Fahrbahn“ in das<br />
Fahrzeug. Der Motor <strong>de</strong>s Autos hat die Funktion einer<br />
„<strong>Impuls</strong>pumpe“.<br />
• Wird das Auto wie<strong>de</strong>r abgebremst, so gibt es seinen positiven<br />
<strong>Impuls</strong> ab, <strong>de</strong>r negative <strong>Impuls</strong> <strong>de</strong>r „Fahrbahn“<br />
wird gleichzeitig kleiner, die „<strong>Impuls</strong>schul<strong>de</strong>n“ wer<strong>de</strong>n<br />
beglichen, <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> fließt beim Abbremsen in die<br />
„Fahrbahn“ zurück.<br />
Beschleunigt und bremst das Auto statt auf <strong>de</strong>r „Fahrbahn“<br />
auf <strong>de</strong>m Erdbo<strong>de</strong>n, d<strong>an</strong>n ist es genauso: es strömt<br />
<strong>Impuls</strong> aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> in das Auto und umgekehrt. Die<br />
Masse <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ist so gewaltig, dass die „<strong>Impuls</strong>schul<strong>de</strong>n“<br />
Abb. 21: Die Fahrbahn ist „impulsisoliert“!<br />
Abb. 20: Eine erste Analogie <strong>von</strong> <strong>Impuls</strong> und Wasser<br />
bzw. das „<strong>Impuls</strong>guthaben“ das beim Beschleunigen und<br />
Abbremsen entstehen, nicht wahrgenommen wer<strong>de</strong>n k<strong>an</strong>n.<br />
Bei <strong>de</strong>m in Abb. 22 dargestellten Raketenfahrzeug trägt<br />
das nach hinten weg gesprühte Wasser die <strong>Impuls</strong>schul<strong>de</strong>n,<br />
die <strong>de</strong>r Wagen beim Beschleunigen machen muss.<br />
Wir fassen die wichtigsten Ergebnisse dieses Abschnitts zusammen:<br />
• nimmt <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> eines Körpers zu, so kommt er immer<br />
<strong>von</strong> irgendwo her,<br />
• nimmt <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> eines Körpers ab, so geht er immer<br />
irgendwo hin.<br />
Dies haben alle bisherigen physikalischen Untersuchungen<br />
gezeigt, so dass wir da<strong>von</strong> überzeugt sind, dass <strong>Impuls</strong><br />
we<strong>de</strong>r erzeugt noch vernichtet wer<strong>de</strong>n k<strong>an</strong>n. Somit hat sich<br />
unsere oben eingeführte „Arbeithypothese“ bewährt.<br />
Anmerkungen<br />
An dieser Stelle sollte die Tatsache, dass die <strong>Impuls</strong>werte<br />
verschie<strong>de</strong>nes Vorzeichen haben können, klar wer<strong>de</strong>n, jedoch<br />
nicht zu streng formalisiert wer<strong>de</strong>n. Es k<strong>an</strong>n auch<br />
zunächst auf die Festlegung <strong>de</strong>r positiven Richtung g<strong>an</strong>z<br />
verzichtet wer<strong>de</strong>n und nur <strong>de</strong>utlich gemacht wer<strong>de</strong>n, dass<br />
das Vorzeichen <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong>werte entgegengesetzt ist, wenn<br />
die Bewegungsrichtung <strong>de</strong>r Körper entgegengesetzt ist.<br />
Abb. 22: Das weggeschleu<strong>de</strong>rte Wasser trägt die <strong>Impuls</strong>schul<strong>de</strong>n<br />
PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005 13
Physik<br />
6.5 Der Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>von</strong> <strong>Impuls</strong> und Kraft<br />
Wir kommen auf unsere Ausg<strong>an</strong>gsfrage zurück: „Warum<br />
konnte die Tit<strong>an</strong>ic nicht abbremsen, obwohl sie doch noch<br />
450 m vom Eisberg entfernt war?“ Wir können nun <strong>an</strong>tworten:<br />
„Die Tit<strong>an</strong>ic hatte zu viel <strong>Impuls</strong>, sie konnte ihn<br />
nicht schnell genug abgeben!“ Es entsteht d<strong>an</strong>n die Frage,<br />
warum <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> nicht schnell genug abgegeben wer<strong>de</strong>n<br />
konnte. Eine Antwort könnte sein, dass die Schiffsmotoren<br />
zu schwach waren. Mit kräftigeren Motoren, hätte das<br />
Unglück vielleicht vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können.<br />
Damit <strong>de</strong>r Bremsweg <strong>de</strong>s Autos in Abb. 13 klein genug ist,<br />
muss die Bremskraft stark genug sein. Damit ein Auto<br />
stark beschleunigen k<strong>an</strong>n, muss <strong>de</strong>r Motor kräftig sein.<br />
In allen Beispielen kommt es darauf <strong>an</strong>, dass <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong><br />
„schnell“ aufgenommen, bzw. abgegeben wird. Im Alltag<br />
spricht m<strong>an</strong> in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g oft <strong>von</strong> „Antriebskraft“<br />
und „Bremskraft“. Den Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>von</strong> Kraft<br />
und <strong>Impuls</strong> können wir zunächst eher alltagssprachlich so<br />
formulieren:<br />
• Je größer die Antriebs- bzw. Bremskraft ist, die auf<br />
einen Körper einwirkt, <strong>de</strong>s schneller wird <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong><br />
vom Körper aufgenommen bzw. abgegeben.<br />
Um diese Aussage physikalischer schärfer zu formulieren,<br />
muss <strong>de</strong>r „Kraftbegriff“ eine physikalische Be<strong>de</strong>utung bekommen.<br />
Die Schülerinnen und Schüler sollten <strong>an</strong> dieser<br />
Stelle darauf hingewiesen wer<strong>de</strong>n, dass die alltagssprachliche<br />
Be<strong>de</strong>utung <strong>von</strong> „Kraft“ erheblich <strong>von</strong> <strong>de</strong>r physikalischen<br />
abweicht. Dies muss durch <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Unterricht <strong>an</strong> <strong>de</strong>n<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Stellen schrittweise ver<strong>de</strong>utlicht wer<strong>de</strong>n.<br />
Formulieren wir <strong>de</strong>n Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>von</strong> Kraft und <strong>Impuls</strong><br />
physikalisch präziser, so ergibt sich:<br />
• Je größer die Kraft ist, die auf einen Körper einwirkt,<br />
<strong>de</strong>sto mehr <strong>Impuls</strong> wird pro Zeiteinheit vom Körper<br />
aufgenommen bzw. abgegeben.<br />
Verwen<strong>de</strong>n wir die Strömungsvorstellung, so können wir<br />
dieses Ergebnis auch folgen<strong>de</strong>rmaßen formulieren:<br />
• Je größer die Kraft ist, die auf einen Körper einwirkt,<br />
<strong>de</strong>sto mehr <strong>Impuls</strong> strömt pro Zeiteinheit in <strong>de</strong>n Körper<br />
hinein bzw. aus <strong>de</strong>m Körper hinaus.<br />
Wur<strong>de</strong> im Unterricht <strong>an</strong> früherer Stelle, z. B. im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />
mit Wasserströmen und elektrischen Strömen,<br />
<strong>de</strong>r Begriff „Stromstärke“ eingeführt, so k<strong>an</strong>n <strong>an</strong> dieser<br />
Stelle darauf verwiesen wer<strong>de</strong>n („kumulatives Lehren“)<br />
und entsprechend formuliert wer<strong>de</strong>n:<br />
• Je größer die Kraft ist, die auf einen Körper einwirkt,<br />
<strong>de</strong>sto größer ist die Stärke <strong>de</strong>s <strong>Impuls</strong>stroms, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n<br />
Körper hinein bzw. aus <strong>de</strong>m Körper hinaus.<br />
D<strong>an</strong>n wird <strong>de</strong>utlich, dass Kraft und <strong>Impuls</strong>stromstärke zwei<br />
verschie<strong>de</strong>ne Bezeichnungen für dieselbe physikalische<br />
Größe sind.<br />
Es wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Rahmen dieses einführen<strong>de</strong>n Aufsatzes<br />
sprengen, <strong>de</strong>n weiteren Unterrichtsg<strong>an</strong>g <strong>de</strong>tailliert darzustellen.<br />
Es sei statt<strong>de</strong>ssen hingewiesen auf [4] und [7]. Dort<br />
ist dies auf unterschiedliche Weise geschehen.<br />
Anmerkungen<br />
Dass das „Schwerefeld“ <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> u. a. die Rolle eines <strong>Impuls</strong>leiters<br />
hat, k<strong>an</strong>n ohne Probleme im <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
beh<strong>an</strong><strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n: Wird ein Körper los gelassen, beginnt<br />
er zu fallen, er wird immer schneller. Dar<strong>an</strong> erkennen wir,<br />
dass sein <strong>Impuls</strong> beim Fallen zunimmt. Woher kommt dieser<br />
<strong>Impuls</strong>? Da <strong>de</strong>r Körper <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> <strong>an</strong>gezogen wird,<br />
wirkt das Schwerefeld <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> wie eine gesp<strong>an</strong>nte Fe<strong>de</strong>r,<br />
die die bei<strong>de</strong> Körper aufein<strong>an</strong><strong>de</strong>r zu bewegt. Da die Masse<br />
<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> so gewaltig groß ist, wird sie dabei nicht wahrnehmbar<br />
beschleunigt. Es wird somit <strong>de</strong>utlich,<br />
• dass <strong>Impuls</strong> durch das „Schwerefeld“ <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r<br />
Er<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n fallen<strong>de</strong>n Körper hineinströmt.<br />
Bei dieser Formulierung wur<strong>de</strong> das Vorzeichen <strong>de</strong>s nach<br />
„unten“ gerichteten <strong>Impuls</strong>es als positiv festgelegt, da so<br />
die Sprechweise bei Fallvorgängen erleichtert wird. Durch<br />
solche Betrachtungen wird eine physikalische Grundlage<br />
geschaffen, um etwa das Phänomen <strong>de</strong>s Fliegens im <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
mithilfe <strong>von</strong> <strong>Impuls</strong>bil<strong>an</strong>zen physikalisch<br />
verstehen zu können [15].<br />
6.6 Der Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>von</strong> <strong>Impuls</strong> und Energie<br />
„Warum muss <strong>de</strong>r Akku <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llautos gela<strong>de</strong>n sein,<br />
damit es beschleunigen k<strong>an</strong>n? Der <strong>Impuls</strong> kommt doch aus<br />
Abb. 23 (oben): Energie und Wasser haben unterschiedliche Wege<br />
Abb. 24 (unten): Das Wasser strömt <strong>von</strong> einem Behälter zum <strong>an</strong><strong>de</strong>ren, die<br />
Energie strömt zum Motor.<br />
Anmerkungen<br />
Im folgen<strong>de</strong>n Unterricht muss nun <strong>de</strong>r physikalische Kraftbegriff<br />
geschärft wer<strong>de</strong>n. Je nach <strong>de</strong>m gewählten didaktischen<br />
Weg wird dies auf unterschiedliche Weise geschehen:<br />
Die Verformung <strong>von</strong> Körpern zeigt <strong>an</strong>, ob eine Kraft wirkt,<br />
ob und wie viel <strong>Impuls</strong> hindurch strömt. Mit einer geeichten<br />
Fe<strong>de</strong>r („Newtonmesser“) k<strong>an</strong>n die Kraft, die <strong>Impuls</strong>stromstärke,<br />
qu<strong>an</strong>tifiziert wer<strong>de</strong>n. Bleibt m<strong>an</strong> zunächst im<br />
qualitativen, so k<strong>an</strong>n formuliert wer<strong>de</strong>n:<br />
• je stärker die Fe<strong>de</strong>r ge<strong>de</strong>hnt ist, <strong>de</strong>sto größer ist die<br />
Kraft, <strong>de</strong>sto mehr <strong>Impuls</strong> strömt pro Zeiteinheit durch<br />
die Fe<strong>de</strong>r hindurch.<br />
14 PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005
Konzepte für <strong>de</strong>n <strong>Anf<strong>an</strong>g</strong>sunterricht<br />
<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> und nicht aus <strong>de</strong>m Akku?“ Diese Frage k<strong>an</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Einstieg für die folgen<strong>de</strong> Unterrichtssequenz sein. Die<br />
Schülerinnen und Schüler wissen, dass im Akku Energie<br />
gespeichert ist und dass Energie zur Fortbewegung<br />
benötigt wird. Die Energie <strong>de</strong>s Akkus treibt <strong>de</strong>n Motor, die<br />
„<strong>Impuls</strong>pumpe“ <strong>an</strong>, so dass <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> aus <strong>de</strong>m Erdbo<strong>de</strong>n<br />
ins Auto hineinfließen k<strong>an</strong>n. Im bewegten Auto ist d<strong>an</strong>n<br />
außer <strong>de</strong>m <strong>Impuls</strong> Energie gespeichert. Beim Abbremsen<br />
fließt <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> in die Er<strong>de</strong>, die Energie bleibt aber in <strong>de</strong>n<br />
Bremsen „stecken“, diese wer<strong>de</strong>n warm. Mo<strong>de</strong>rne Autos<br />
verwen<strong>de</strong>n zum Abbremsen einen Dynamo und speichern<br />
die beim Bremsen „freiwer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>“ Energie in einem Akku.<br />
Diese Energie wird d<strong>an</strong>n mithilfe eines Elektromotors zum<br />
Wie<strong>de</strong>rbeschleunigen mit verwen<strong>de</strong>t. Der Unterschied und<br />
<strong>de</strong>r Zusammenh<strong>an</strong>g <strong>von</strong> Energie und <strong>Impuls</strong> wird, wie in<br />
Abschnitt 5 beschrieben, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich, wenn möglichst<br />
viele Beispiele besprochen wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen Energie<br />
und <strong>Impuls</strong> unterschiedliche Wege nehmen. Dafür k<strong>an</strong>n<br />
neben <strong>de</strong>m in Abb. 3 dargestellten Energieträger-Stromkreis<br />
auch die in Abb. 23 dargestellte Versuchs<strong>an</strong>ordnung<br />
[11] hilfreich sein: Die Wasserpumpe pumpt Wasser aus<br />
<strong>de</strong>m einen Gefäß in das <strong>an</strong><strong>de</strong>re, die Energie bekommt die<br />
Pumpe mithilfe <strong>de</strong>r Elektrizität. So wie hier Wasser und<br />
Energie nehmen <strong>Impuls</strong> und Energie beim Beschleunigen<br />
verschie<strong>de</strong>ne Wege: <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> kommt aus <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, die<br />
Energie aus <strong>de</strong>m Benzin. Wird statt <strong>de</strong>r Pumpe ein Wassergenerator<br />
eingebaut (Abb. 24), so k<strong>an</strong>n dieser Versuch<br />
<strong>de</strong>m „Abbremsen“ entsprechend in umgekehrter Richtung<br />
durchgeführt wer<strong>de</strong>n: <strong>de</strong>r Wassergenerator lädt die Energie<br />
vom Wasser. Die Energie fließt vom Generator zum Propeller,<br />
das Wasser <strong>von</strong> <strong>de</strong>m einen Behälter in <strong>de</strong>n <strong>an</strong><strong>de</strong>rn<br />
zurück, so wie beim Abbremsen eines Fahrzeugs die Energie<br />
in die Bremse und <strong>de</strong>r <strong>Impuls</strong> in die Er<strong>de</strong> zurück strömt.<br />
Fön<br />
ENERGIE<br />
<strong>Impuls</strong><br />
Windkraftwerk<br />
ENERGIE<br />
Elektrizität<br />
Lüfter<br />
Abb. 25 (oben): Vergleiche diese Versuchs<strong>an</strong>ordung mit einem elektrischen<br />
Stromkreis!<br />
Abb. 26 (unten): Energie strömt mit <strong>Impuls</strong> bis zum Windkraftwerk. Dort<br />
wird Energie vom <strong>Impuls</strong> auf Elektrizität umgela<strong>de</strong>n, ... aber: nicht <strong>de</strong>r<br />
g<strong>an</strong>ze <strong>Impuls</strong> fließt zurück ...<br />
7 Abschließen<strong>de</strong> Betrachtungen<br />
Im weiteren Unterricht wer<strong>de</strong>n die hier eher qualitativ eingeführten<br />
Größen schrittweise qu<strong>an</strong>tisiert. Dies sollte möglichst<br />
<strong>an</strong>h<strong>an</strong>d sinnvoller Fragen geschehen, wie etwa „Ein<br />
neu zu konzipieren<strong>de</strong>s Auto soll eine bestimmtes Beschleunigungsvermögen<br />
haben. Wie groß muss die Kraft<br />
sein, mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Motor beschleunigen k<strong>an</strong>n?“ o<strong>de</strong>r „Wie<br />
viel Energie k<strong>an</strong>n durch eine „Dynamobremse“ eingespart<br />
wer<strong>de</strong>n?“ o<strong>de</strong>r „Wie k<strong>an</strong>n aus <strong>de</strong>r Bremsspur eines Autos<br />
die Geschwindigkeit berechnet wer<strong>de</strong>n, die es vor <strong>de</strong>m Abbremsen<br />
hatte“ o<strong>de</strong>r ... . Dabei wird die Differenzierung<br />
<strong>de</strong>r beteiligten physikalischen Größen schrittweise weiter<br />
vor<strong>an</strong>schreiten. Der auf diese Weise stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Begriffsbildungsprozess<br />
entspricht <strong>de</strong>m in [2] beschriebenen<br />
Weg <strong>de</strong>s menschlichen Spracherwerbs: die Begriffe wer<strong>de</strong>n<br />
immer schärfer differenziert in<strong>de</strong>m immer weitere Verbindungen<br />
zwischen <strong>de</strong>n einzelnen Begriffen erk<strong>an</strong>nt wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Begriffsbildungsprozess kommt <strong>de</strong>shalb nie zu einem<br />
En<strong>de</strong>.<br />
Wer<strong>de</strong>n Elektrizitätslehre und Wärmelehre wie in [8] und<br />
[12] beschrieben unterrichtet, so wer<strong>de</strong>n für die Schülerinnen<br />
und Schüler vielfältige Analogien zwischen <strong>de</strong>r Mech<strong>an</strong>ik<br />
und <strong>de</strong>n <strong>an</strong><strong>de</strong>ren Gebieten erkennbar; es entstehen<br />
neue Fragen und es wer<strong>de</strong>n neue Verbindungen erk<strong>an</strong>nt<br />
(Abb. 25 und 26). Das auf diese Weise entstehen<strong>de</strong> begriffliche<br />
Netz wird dabei durch je<strong>de</strong> neue Verbindung,<br />
durch je<strong>de</strong>s neu beh<strong>an</strong><strong>de</strong>lte Beispiel, kraftvoller und als<br />
G<strong>an</strong>zes gestärkt.<br />
Literatur und Bezugsquellen<br />
[1] www.bildungsst<strong>an</strong>dards-bw.<strong>de</strong> unter Gymnasium, Physik<br />
[2] M<strong>an</strong>fred Spitzer: Lernen, Spektrum Aka<strong>de</strong>mischer Verlag Hei<strong>de</strong>lberg<br />
2002<br />
[3] Friedrich Herrm<strong>an</strong>n: Altlasten <strong>de</strong>r Physik (74): Einheit – Gleichheit –<br />
Vielfachheit; Praxis <strong>de</strong>r Naturwissenschaften Physik 4/53, Juni 2004<br />
[4] Friedrich Herrm<strong>an</strong>n: Der Karlsruher Physikkurs, Aulis Verlag Köln<br />
[5] Isaac Newton: Mathematische Prinzipien <strong>de</strong>r Naturlehre; Wissenschaftliche<br />
Buchgesellschaft Darmstadt 1963<br />
[6] Fr<strong>an</strong>z Kr<strong>an</strong>zinger: Umsetzungsbeispiele zu <strong>de</strong>n Bildungsst<strong>an</strong>dards<br />
Physik, Leuheft Ph 38.1, Stuttgart 2004. Zu beziehen unter<br />
www.leu.bw.schule.<strong>de</strong>/allg/publikationen<br />
[7] <strong>Impuls</strong>e Physik Ba<strong>de</strong>n-Württemberg B<strong>an</strong>d 1; Klettverlag Stuttgart,<br />
2004<br />
[8] Dieter Plappert: Verständliche Elektrizitätslehre, Praxis <strong>de</strong>r Naturwissenschaften<br />
Physik 7/52, Oktober 2003<br />
[9] M. Jennewein: Das Mo<strong>de</strong>llieren <strong>de</strong>s Tragwerks als Stabwerk; Betonkalen<strong>de</strong>r<br />
2001/Teil 2, Ernst und Sohn Verlag Berlin<br />
[10] Joao Fonseca: Zum Bemessen und Konstruieren <strong>von</strong> Stahlbetonplatten<br />
und -scheiben mit Lastpfa<strong>de</strong>n; Dissertation Universität Stuttgart, 1995<br />
[11] Analogieserie zu beziehen bei: Conatex, Postfach 1407, 66514 Neunkirchen,<br />
06821/94110, www.conatex.com<br />
[12] Dieter Plappert: Kumulatives Lernen – die Bildung <strong>de</strong>s Entropiebegriffs<br />
in Sekundarstufe I, Praxis <strong>de</strong>r Naturwissenschaften Physik 4/53, Juni<br />
2004<br />
[13] Versuchs<strong>an</strong>leitung <strong>de</strong>s Bausatzes „Energiewerke“, durch <strong>de</strong>n h<strong>an</strong>dlungsorientiiert<br />
<strong>de</strong>r Energiebegriff eingeführt wer<strong>de</strong>n k<strong>an</strong>n, unter<br />
www.<strong>plappert</strong>-<strong>freiburg</strong>.<strong>de</strong>/physik Bestellung unter www.opitec.<strong>de</strong> Bausatz<br />
Nr. 123.987 zu 12,90 €<br />
[14] „Heavymed“ PVC-Medizinbälle, bis 3 kg bei 17 cm Durchmesser; im<br />
S<strong>an</strong>itätsh<strong>an</strong><strong>de</strong>l erhältlich.<br />
[15] Klaus Weltner: Flugphysik; MNU 55, 2002, Heft 7, Bildungsverlag<br />
Eins, Troisdorf<br />
Anschrift <strong>de</strong>s Verfassers:<br />
StD Dieter Plappert, Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung,<br />
Kunzenweg 21, 79117 Freiburg<br />
PdN-PhiS. 1/54. Jg. 2005 15