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Der <strong>Energie</strong>begriff<strong>Energie</strong> in Physik und Chemie– die Verzahnung <strong>de</strong>r Naturwissenschaften durch einegemeinsame FachspracheD. Plappert1 EinleitungImmer <strong>de</strong>utlicher tritt die Notwendigkeit ins Bewusstsein,die verschie<strong>de</strong>nen Naturwissenschaften stärker miteinan<strong>de</strong>rzu verzahnen. Dies setzt voraus, dass die im Unterricht<strong>de</strong>r einzelnen Naturwissenschaften verwen<strong>de</strong>te Fachspracheund die zentralen Konzepte aufeinan<strong>de</strong>r abgestimmtwer<strong>de</strong>n. Die Ergebnisse, die in fächerübergreifen<strong>de</strong>n Gesprächen<strong>de</strong>r naturwissenschaftlichen Bildungsstandard-Gruppen in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg erreicht wur<strong>de</strong>n, sollenhier vorgestellt wer<strong>de</strong>n. Am Beispiel <strong>de</strong>s <strong>Energie</strong>begriffssoll exemplarisch gezeigt wer<strong>de</strong>n, wie die Einführung einesnaturwissenschaftlichen Begriffs von <strong>de</strong>r Alltagsspracheausgehend schrittweise hin zu einem quantitativ gefasstenFachbegriff erfolgen kann und wie sich dabei die einzelnennaturwissenschaftlichen Fächer gegenseitig nicht nur befruchtenson<strong>de</strong>rn auch gegenseitig tragen können.2 Knotenpunkte <strong>de</strong>r NaturwissenschaftDie naturwissenschaftlichen Bildungsstandard-Gruppen inBa<strong>de</strong>n-Württemberg haben sich vier Jahre lang regelmäßigAbb. 1: Knotenpunkte <strong>de</strong>r Naturwissenschaftgetroffen, um die Fachbegriffe und Konzepte <strong>de</strong>r unterschiedlichenFachdisziplinen aufeinan<strong>de</strong>r abzustimmen.Das in [1] veröffentlichte Ergebnis (Abb. 1 und 2) konnteaufgrund <strong>de</strong>r vertrauensvollen Zusammenarbeit erreichtwer<strong>de</strong>n, die sich durch die vielen Gespräche entwickelthatte. Es konnten Missverständnisse und Ängste abgebautwer<strong>de</strong>n. Durch das leichte Modifizieren einiger <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>nverschie<strong>de</strong>nen Fächern verwen<strong>de</strong>ten Begriffe und Konzeptekonnten diese an Allgemeingültigkeit gewinnen und so<strong>de</strong>n Schülerinnen und Schülern <strong>de</strong>n Zugang zu <strong>de</strong>n Naturwissenschaftenerleichtern. Die Diskussionen um gemeinsameBegrifflichkeiten <strong>de</strong>ckten einige Unschärfen auf.Manche Begriffe (insbeson<strong>de</strong>re aus <strong>de</strong>m Graubereich zwischenUmgangssprache und Fachsprache) wur<strong>de</strong>n sogarunter <strong>de</strong>n Fachleuten gleicher Fächer unterschiedlich interpretiert.Im Unterricht fällt dies <strong>de</strong>m einzelnen Fachlehrernicht auf – wohl aber <strong>de</strong>n Schülern, die von einer Vielzahlvon Lehrern unterrichtet wer<strong>de</strong>n. Die Diskussionen in dieserfächerübergreifen<strong>de</strong>n Arbeitsgruppe zeigten, dass sichdie Beschäftigung mit <strong>de</strong>n Konzepten <strong>de</strong>r jeweils an<strong>de</strong>renDisziplin lohnt. Die Umsetzung dieser Ergebnisse an <strong>de</strong>rSchule setzt die prinzipielle Bereitschaft <strong>de</strong>r Kooperationund Kompromissbereitschaft voraus. Dem Aufwand stehenfruchtbare Diskussionen mit <strong>de</strong>n Kolleginnen und Kollegenund neue Sichtweisen und Erkenntnisse gegenüber.Abb. 2: Inhaltsverzeichnis <strong>de</strong>r KnotenpunkteVORWORT.................................................................................................................. 51 KNOTENPUNKTE DER NATURWISSENSCHAFTEN ..................................................... 7Knotenpunkte <strong>de</strong>rNaturwissenschaftenGemeinsame Fachsprache<strong>de</strong>r Naturwissenschaften<strong>Energie</strong>, Entropie undStruktur <strong>de</strong>r MaterieLANDESINSTITUT FÜR SCHULENTWICKLUNGMaterialien GymnasiumNW 11.1 KNOTENPUNKT SYSTEME...................................................................................... 81.1.1 Ordnungssysteme...........................................................................................81.1.2 Bezugssysteme ..............................................................................................91.1.3 Dynamische Systeme ................................................................................... 101.1.3a Regulation von dynamischen Systemen......................................................... 111.1.3b Kreisläufe ................................................................................................. 121.2 KNOTENPUNKT ENERGIE .................................................................................... 131.3 KNOTENPUNKT STOFFE UND TEILCHEN................................................................. 151.4 KNOTENPUNKT GRÖßEN UND GRÖßENSYMBOLE ..................................................... 172 FACHSPRACHE ...................................................................................................... 212. 1 ENERGIE ......................................................................................................... 222.1.1. Wichtige Begriffe ........................................................................................ 222.1.2. Begriffe und Formulierungen, die präzisiert wer<strong>de</strong>n sollen................................. 262.1.3 Verzichtbare Begriffe.................................................................................... 272.2 STROM, STROMSTÄRKE, ANTRIEB, WIDERSTAND ............................................... 282.2.1 Analogien ................................................................................................... 282.2.2 Strom – Antrieb – Wi<strong>de</strong>rstand: <strong>Energie</strong>fluss .................................................... 292.3. ENTROPIE .................................................................................................... 302.3.1 Wärme, Temperatur, thermische <strong>Energie</strong> ........................................................ 302.3.2 Übersicht zur weiteren Vereinheitlichung <strong>de</strong>r Sprechweisen ............................... 372.4 STRUKTUR DER MATERIE (MODELL-EBENE)........................................................... 382.5 STOFFE............................................................................................................ 392.6 REAKTIONEN .................................................................................................... 40ANHANG 1: ZUM PHYSIKALISCHEN ENTROPIEBEGRIFF................................................. 42ANHANG 2: BEISPIELE FÜR DIE ANWENDUNG VON ENTROPIE-BETRACHTUNGEN.............. 43ANHANG 3: WIRKUNGSGRAD ................................................................................... 44ANHANG 4: ENTROPIE UND "UNORDNUNG" ................................................................ 44ANHANG 5: GIBBS-HELMHOLTZ-GLEICHUNG .............................................................. 453 MODELLE ZUR BESCHREIBUNG DER STRUKTUR VON MATERIE ............................ . 463.1 VORBEMERKUNG............................................................................................... 463.2 MODELLE ZUM DISKONTINUIERLICHEN AUFBAU DER MATERIE................................. 473.2.1 Naturphänomene......................................................................................... 483.2.2 Physik........................................................................................................ 483.2.3 Chemie und Biologie .................................................................................... 49PdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006 5


PhysikIm ersten Abschnitt <strong>de</strong>s Heftes mit <strong>de</strong>r Überschrift „Knotenpunkte<strong>de</strong>r Naturwissenschaften“ sind die gemeinsamenThemen und Konzepte <strong>de</strong>r Naturwissenschaften sowie dieverwen<strong>de</strong>ten Größen tabellarisch zusammengestellt. DieÜbersicht (Exzerpt <strong>de</strong>r Bildungsstandards) soll zum einenauf die Berührungspunkte in <strong>de</strong>n Naturwissenschaften aufmerksammachen, zum an<strong>de</strong>ren die zeitliche und inhaltlichePlanung <strong>de</strong>s Unterrichts unterstützen.Die in <strong>de</strong>n einzelnen Fächern verwen<strong>de</strong>te Fachsprachekann bei Schülerinnen und Schülern unnötige Verständnisproblemeaufbauen, wenn sie unzureichend an die Umgangsspracheanknüpft und wenn sie in <strong>de</strong>n gemeinsamen„Kotenpunkten“ uneinheitlich eingesetzt wird. Begriffsbildungverlangt von <strong>de</strong>n Schülerinnen und Schülern einenKonstruktionsprozess. Dieser wird durch eine einheitlichverwen<strong>de</strong>te Fachsprache unterstützt und durch unterschiedlicheSprechweisen eher behin<strong>de</strong>rt. Der zweite Abschnitt„Fachsprache“ gibt hier Hilfestellung und enthältVorschläge zu einer Begriffsreduktion.Bei <strong>de</strong>r Diskussion um eine gemeinsame Fachsprache gehtes u. a. um die Fragen:• Wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Naturwissenschaften für gleiche Sachverhalteauch die gleichen Formulierungen verwen<strong>de</strong>t?Weiß die eine Fachschaft überhaupt, welche Sprachregelungenin <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Fachschaft getroffen wur<strong>de</strong>n?• Wenn sich in <strong>de</strong>n Fachsprachen <strong>de</strong>r Disziplinen unterschiedlicheTerminologien eingebürgert haben, wird<strong>de</strong>n Schülerinnen und Schülern auch <strong>de</strong>r jeweilige Zusammenhangzwischen <strong>de</strong>n konkurrieren<strong>de</strong>n Begriffenvermittelt?• Kann die Flut von Fachbegriffen reduziert wer<strong>de</strong>n?• Korrespondieren umgangssprachliche o<strong>de</strong>r pseudowissenschaftlicheFormulierungen mit <strong>de</strong>r Fachwissenschaft?Hauptsächlich geht es um die Vermeidung unbedachterFormulierungen, die bei Schülerinnen und Schülern einfalsches Bild vermitteln und um die Einführung von Formulierungen,die <strong>de</strong>n wissenschaftlichen Hintergrund stärkerhervortreten lassen.3 Schrittweise vom Qualitativen zum Quantitativen– zur Begriffsbildung im naturwissenschaftlichenUnterrichtDer didaktische Weg zur Einführung physikalischer Sachverhaltewird in <strong>de</strong>n Bildungsstandards Physik von Ba<strong>de</strong>n-Württemberg [2] auf die folgen<strong>de</strong> Weise beschrieben: „AmAnfang eines Physikverständnisses steht die Auseinan<strong>de</strong>rsetzungmit <strong>de</strong>n Vorstellungen <strong>de</strong>r Schülerinnen undSchüler, die sie in <strong>de</strong>n Unterricht mitbringen. Phänomeneführen zu physikalischen Fragestellungen. Erklärungenwer<strong>de</strong>n in Bil<strong>de</strong>rn, Mo<strong>de</strong>llen und Experimenten veranschaulichtund schrittweise mithilfe <strong>de</strong>r physikalischenFachsprache gefasst. Das im Rahmen <strong>de</strong>r physikalischenGrundbildung an speziellen Beispielen erworbene Wissenüber Fakten und begriffliche Strukturen sowie die dabeientwickelten Fähigkeiten müssen auf neue Fragestellungenanwendbar sein“. Eine Folge davon ist, dass die Begriffsbildungzunächst auf einer eher qualitativen Stufe verbleibtund erst bei <strong>de</strong>r weiteren Schärfung <strong>de</strong>s Begriffs mehr undmehr die quantitative Stufe erreicht. Dieser Weg unterschei<strong>de</strong>tsich damit erheblich von <strong>de</strong>r Art, wie traditionellphysikalische Größen im Unterricht eingeführt wer<strong>de</strong>n,in<strong>de</strong>m sie• entwe<strong>de</strong>r von an<strong>de</strong>ren physikalischen Größen, <strong>de</strong>n sogenannten Basisgrößen, abgeleitet o<strong>de</strong>r• durch eine Messvorschrift <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n, die aus <strong>de</strong>mDreischritt („Einheit“, „Gleichheit“, „Vielfachheit“)besteht.Aus lernpsychologischen Grün<strong>de</strong>n ist dieser Weg für einenAnfangsunterricht ungeeignet und überhaupt nicht konsequentdurchführbar.Interessant in diesem Zusammenhang ist vielleicht, dassRichard P. Feynman genau diesen Weg in seinem Hochschulbuch„Vorlesungen über Physik“ [3] für Anfänger undFortgeschrittene zur Einführung <strong>de</strong>s <strong>Energie</strong>begriffs wählte:Seine Ausgangsfrage „Was ist <strong>Energie</strong>“ ist <strong>de</strong>r Anlass,die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r physikalischen Größe <strong>Energie</strong> zunächst verbalzu umreißen, die Erhaltungseigenschaft <strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>durch Analogiebetrachtungen plausibel zu machen um danach<strong>de</strong>n <strong>Energie</strong>begriff schrittweise zu quantifizieren.4 Die Stufen <strong>de</strong>r physikalischen BegriffsbildungDer im Bildungsplan 2004 [2] beschriebene „didaktischeWeg“ soll schematisch in „sechs Stufen <strong>de</strong>r Begriffsbildung“eingeteilt wer<strong>de</strong>n. Diese sechs Stufen können imPrinzip bei <strong>de</strong>r Einführung je<strong>de</strong>r physikalischen Größe imUnterricht unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Es ist jedoch nicht darangedacht, dass die hier genannten Stufen immer zwangsläufighintereinan<strong>de</strong>r erreicht wer<strong>de</strong>n sollen. Im realen Unterrichtsind die Übergänge oft fließend. Trotz<strong>de</strong>m kanndiese gedankliche Einteilung <strong>de</strong>s Begriffsbildungsprozessesin Stufen zur Reflexion <strong>de</strong>s eigenen Tuns hilfreich sein. In[4] wur<strong>de</strong> dies für die Größen <strong>Energie</strong>, <strong>Energie</strong>stromstärke,Wasserstromstärke, Druck, elektrische Stromstärke,elektrisches Potenzial, elektrische Spannung, Impuls undEntropie dargestellt. Im Folgen<strong>de</strong>n sollen diese unterschie<strong>de</strong>nenStufen zunächst kurz erläutert wer<strong>de</strong>n. Anschließendsollen sie helfen, <strong>de</strong>n vorgeschlagen Weg zur Bildung <strong>de</strong>s<strong>Energie</strong>begriffs verständlich zu machen.4.1 PräkonzepteDie physikalische Begriffsbildung nimmt ihren Ausgangspunktbei <strong>de</strong>n Präkonzepten <strong>de</strong>r Schülerinnen und Schüler.Diese wer<strong>de</strong>n aufgegriffen. Der Physikunterricht mussdurch Phänomene und Fragestellungen Anreize geben,dass sich die Schülerinnen und Schüler ihre Begriffe inRichtung <strong>de</strong>r physikalischen Begriffe hin schrittweise entwickelnkönnen. Je nach Aufbau <strong>de</strong>s Physikunterrichts liegen„Präkonzepte“ auch aus zuvor behan<strong>de</strong>lten Unterrichtseinheitenvor, mit <strong>de</strong>nen die neuen physikalischenGrößen vernetzt wer<strong>de</strong>n: Die Schülerinnen und Schülerkönnen so kumulatives Wissen aufbauen.4.2 Ausgangsphänome – AusgangsfragenDas Kennen lernen von Erscheinungen in Natur und Technikund das genaue Beobachten stehen in einem Anfangsunterrichtnatürlicherweise im Zentrum. Aus lernpsychologischenund insbeson<strong>de</strong>re lernökonomischen Grün<strong>de</strong>nsollte die Auswahl <strong>de</strong>r dabei betrachteten Phänomenenicht willkürlich sein und auch nicht nur dadurch bestimmtsein, dass die Phänomene spektakulär sind. Das zentrale6 PdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006


<strong>Energie</strong> in Physik und ChemieAuswahlkriterium sollte vielmehr sein, ob die Schülerinnenund Schüler im Laufe <strong>de</strong>s weitern Unterrichts aus <strong>de</strong>n betrachtetenBeispielen zentrale methodische o<strong>de</strong>r begrifflichephysikalische Konzepte herausschälen können o<strong>de</strong>rnicht. In [5], [6] und [7] wur<strong>de</strong> ausführlich dargestellt, wiedies für die physikalischen Größen elektrische Stromstärke,Spannung, Impuls und Entropie geschehen kann.4.3 I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r physikalischen GrößeEigenschaften und Beziehungen zu an<strong>de</strong>ren physikalischenGrößen wer<strong>de</strong>n zunächst verbal beschrieben. Dadurchwer<strong>de</strong>n die Begriffe schrittweise geschärft und miteinan<strong>de</strong>rvernetzt.Rot-Grün will mehr Wind zu Strom machenDer Bun<strong>de</strong>stag verabschie<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>n Stimmen <strong>de</strong>r Regierungsparteiendas Gesetz zu erneuerbaren <strong>Energie</strong>n. Ökostrom soll weiterdurch feste Preise geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>nBerlin – Ökostrom aus Win<strong>de</strong>nergie,Sonne o<strong>de</strong>r Biomasse wird weiterüber Fixpreise geför<strong>de</strong>rt. Die Kostendafür sollen auf <strong>de</strong>n Strompreis umgelegtwer<strong>de</strong>n. Windrä<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>nweiter, wenn auch gedrosselt geför<strong>de</strong>rt....4.4 Typische Werte und MaßeinheitenWenn sinnvolle Fragestellungen es erfor<strong>de</strong>rn, wer<strong>de</strong>n dieMaßeinheiten und typische Messwerte ermittelt o<strong>de</strong>r genannt.4.5 Umgang mit MessgerätenDurch das Ermitteln sinnvoller Werte <strong>de</strong>r betrachtetenGröße wird eine weitere quantitative Stufe <strong>de</strong>r Begriffsbildungerreicht.4.6 Quantitative Beziehung („Formeln“) zu an<strong>de</strong>renphysikalischen GrößenMit zunehmen<strong>de</strong>r Schärfe <strong>de</strong>r physikalischen Begriffsbildungund Fragestellung kann es an einzelnen Beispielensinnvoll wer<strong>de</strong>n, die eigentliche quantitative Stufe zu erreichen,jedoch nicht als Selbstzweck son<strong>de</strong>rn immer durchsinnvolle konkrete Fragestellungen begrün<strong>de</strong>t.5 Die Bildung <strong>de</strong>s <strong>Energie</strong>begriffs5.1 Präkonzepte<strong>Energie</strong> ist ein Begriff unserer Alltagssprache. Seine Be<strong>de</strong>utung<strong>de</strong>ckt sich jedoch nur zum Teil mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>s naturwissenschaftlichenFachbegriffs. Wind, Strom, Kraft,Licht, Wärme, … und viele an<strong>de</strong>re alltagssprachliche Begriffehaben eine große Schnittmenge mit <strong>de</strong>m physikalischen<strong>Energie</strong>begriff. Es kommt nun darauf an, aus diesemalltagssprachlichen Begriffen <strong>de</strong>n physikalischen <strong>Energie</strong>begriffherauszuschälen, ihn einerseits immer schärfer zukonturieren, ihn aber an<strong>de</strong>rerseits immer besser mit <strong>de</strong>nverwandten alltagssprachlichen Begriffen zu verbin<strong>de</strong>n.Hierbei kann die Unterscheidung zwischen <strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>und <strong>de</strong>n die <strong>Energie</strong>transporte begleiten<strong>de</strong>n „<strong>Energie</strong>träger“hilfreich sein.5.2 Ausgangsphänome – AusgangsfrageHier seien zwei mögliche Ausgangsfragen angeführt, die imUnterricht, z. B. in einer Gruppenarbeit, bearbeitet wer<strong>de</strong>nkönnen:• Versuche die Funktionsweise <strong>de</strong>r in Abb. 4 dargestelltenMaschine zu verstehen und erläutere, ob es eine solcheMaschine gibt und welchen Vorteil sie hat im Vergleichzu vielen an<strong>de</strong>ren Maschinen.• Treibe <strong>de</strong>n Lüfter (Abb. 5) <strong>de</strong>s Bausatzes [8] auf möglichstunterschiedliche Arten an.Abb. 3 (oben): Wie kann Wind zu Strom wer<strong>de</strong>n? (Quelle: Die Welt vom24. Juli 2006)Abb. 4 (Mitte): Eine geniale MaschineAbb. 5 (unten): Der Lüfter wird auf verschie<strong>de</strong>ne Weise angetrieben.PdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006 7


PhysikPumpeENERGIEWasserWassergeneratorAbb. 6 (oben): <strong>Energie</strong> ohne Träger gibt es nicht!ENERGIEElektrizitätAbb. 7 (Mitte): Der <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreis [9]Abb. 8 (unten): Der <strong>Energie</strong>transport schematisch dargestelltLüfterBemerkungenViele Schülerinnen und Schüler erwarten zunächst, dass diein Abb. 4 dargestellte Maschine wirklich funktioniert. Erstdurch das Unterrichtsgespräch wird ihnen bewusst, dassdies eine Maschine wäre, die ohne „äußeren“ Antriebetwas an<strong>de</strong>res antreiben könnte. Solche Maschinen, diePerpetuum mobile genannt wer<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong>n bis heute nichtgefun<strong>de</strong>n. Die Physiker sind davon überzeugt, dass es solcheMaschinen nicht gibt, dass je<strong>de</strong> Maschine „Etwas“ alsAntrieb braucht. Ebenso ist es mit <strong>de</strong>m Lüfter (Abb. 5).Er kann zwar auf die verschie<strong>de</strong>nsten Weisen angetriebenwer<strong>de</strong>n, aber es wird immer ein Antrieb benötigt (z. B.Licht, Wind, warm und kalt, elektrischer Strom, …).Wir fassen zusammen:• Zum Heizen, zum Beleuchten, zum Fahren, zum Musikhören,zum Leben, … brauchen wir immer „Etwas“.Dieses „Etwas“ kommt immer irgendwo her. In <strong>de</strong>r Naturwissenschaftwird dieses „Etwas“ <strong>Energie</strong> genannt.Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n wir immer mehr Eigenschaften <strong>de</strong>r<strong>Energie</strong> kennen lernen und dadurch immer genauer wissen,was in <strong>de</strong>r Naturwissenschaft mit <strong>Energie</strong> gemeint ist.5.3 Die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r physikalischen Größe <strong>Energie</strong>Im Folgen<strong>de</strong>n seien einige <strong>de</strong>r Eigenschaften <strong>de</strong>r physikalischenGröße <strong>Energie</strong> aufgelistet, die die Schülerinnen undSchüler durch <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Unterricht kennen lernenkönnen. Ein solcher Unterricht ist in [5] ausführlicherbeschrieben. Dabei kann <strong>de</strong>r in Abb. 7 dargestellte „<strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreis“vorteilhaft eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Erverbildlicht, äußerlich sichtbar, <strong>de</strong>n Zusammenhang vonWasserstrom, elektrischem Strom und strömen<strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>:Das Drehen <strong>de</strong>s Propellers zeigt an, dass <strong>Energie</strong> von <strong>de</strong>rPumpe zum Propeller strömt, dass das strömen<strong>de</strong> Wasserund die strömen<strong>de</strong> Elektrizität diesen <strong>Energie</strong>transport bewirken,dass <strong>Energie</strong> von einer Station zur nächsten immerweiter strömt und das Wasser und Elektrizität im Kreisströmen.Wir fassen zusammen:• <strong>Energie</strong> strömt von einer Stelle zu einer an<strong>de</strong>ren.• Reine <strong>Energie</strong> gibt es nicht (Abb. 6); zum Transportwird immer etwas Zweites, z. B. Kohle, Wasser, Licht,elektrischer Strom, ... benötigt.• Die Eigenschaften <strong>de</strong>r <strong>Energie</strong> und <strong>de</strong>r zweiten am <strong>Energie</strong>transportbeteiligte Größe (Wasser, Licht, Wind,Elektrizität, …) können immer dort am besten unterschie<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n, wo sich ihre Wege trennen o<strong>de</strong>r vereinen:an <strong>de</strong>r Pumpe, am Wassergenerator, am Fön, amWindkraftwerk, an <strong>de</strong>r Glühlampe, an <strong>de</strong>r Solarzelle,am Elektromotor, am Dynamo, …• Wasser, Elektrizität, Kartoffeln, Licht, Wind, Heizöl,Benzin, … transportieren <strong>Energie</strong>, wir können sie als<strong>Energie</strong>träger 1) bezeichnen. (<strong>Energie</strong>-Träger-Konzept)• Im <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreis strömt die <strong>Energie</strong> voneiner Station zur nächsten weiter, das Wasser und dieElektrizität strömen aber im Kreis (Abb. 8).• Die Pumpe belädt das Wasser mit <strong>Energie</strong>, <strong>de</strong>r Wassergeneratorlädt <strong>Energie</strong> von Wasser auf Elektrizitätum, …5.4 Typische Werte und die Maßeinheiten <strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>Ausgangssituation: Die Lehrerin [13] bringt verschie<strong>de</strong>neLebensmittel und Früchte mit in <strong>de</strong>n Unterricht und stelltdie folgen<strong>de</strong>n Fragen:• „Was enthält am meisten <strong>Energie</strong>?“• „Wie viel <strong>Energie</strong> benötigt <strong>de</strong>r Mensch eigentlich aneinem Tag zum Leben?“Bei manchen Lebensmitteln stehen <strong>Energie</strong>werte aufgedruckt.Als Maßeinheit für <strong>Energie</strong> können die Schülerinnenund Schüler kJ und kcal ermitteln.Eine erste Größenordnung von <strong>Energie</strong>werten wird für dieSchülerinnen und Schüler erlebbar, wenn sie wie in Abbn. 91) Das native <strong>Energie</strong>trägerbild („Rucksackmo<strong>de</strong>ll“) wird zunächst unwi<strong>de</strong>rsprochenakzepiert. An geeigneten Stellen im weiterführen<strong>de</strong>n Unterrichtwird es im „funktionalen Sinn“ analog <strong>de</strong>r CD als Datenträger präzisiert.8 PdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006


<strong>Energie</strong> in Physik und ChemieAbb. 9 (oben): Die <strong>Energie</strong>werte müssen geordnet wer<strong>de</strong>nAbb. 10 (unten): Wie viel <strong>Energie</strong> braucht <strong>de</strong>r Mensch?und 10 dargestellt verschie<strong>de</strong>ne <strong>Energie</strong>werte zuordnen.Um <strong>de</strong>n durchschnittlichen <strong>Energie</strong>bedarf <strong>de</strong>s Menschenabzuschätzen, notieren die Schülerinnen und Schüler dieMenge an Essen und Trinken, die sie innerhalb eines Tageszu sich nehmen. Mithilfe geeigneter Nährstofftabellen aus<strong>de</strong>m Internet ermitteln sie dann ihren persönlichen <strong>Energie</strong>bedarf<strong>de</strong>s jeweiligen Tages. Der Klassendurchschnittkann ermittelt und mit <strong>de</strong>m typischen Durchschnittswert10.000 kJ pro Tag verglichen wer<strong>de</strong>n.Eine an<strong>de</strong>re entsprechen<strong>de</strong> Fragestellung könnte sein:• „Wie groß ist <strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>bedarf bei euch Zuhause?“Für <strong>de</strong>n Vergleich <strong>de</strong>r unterschiedlichen <strong>Energie</strong>werteist es sinnvoll, <strong>de</strong>n <strong>Energie</strong>bedarf auf 1 m 2 Wohnflächezu beziehen.5.5 Umgang mit MessgerätenMessgeräte zur Ermittlung <strong>de</strong>s elektrischen <strong>Energie</strong>umsatzeswer<strong>de</strong>n heute oft zur Ermittlung <strong>de</strong>s Stand-by-Betriebselektrischer Geräte verwen<strong>de</strong>t. Die <strong>Energie</strong>menge, dieeine Kerze, ein Gasbrenner benötigt, kann durch das Ermitteln<strong>de</strong>r Masse <strong>de</strong>s verbrauchten Brennstoffs und <strong>de</strong>m„<strong>Energie</strong>gehalt“ <strong>de</strong>s Brennstoffs (Kerzenwachs 30 kJ/g,Propangas 46 kJ/g) errechnet wer<strong>de</strong>n. Ein Experimentdazu zeigt Abb. 11.In diesem Zusammenhang ist es zum Vergleich sinnvoll,die <strong>Energie</strong>angabe auf die Zeit 1 s zu beziehen. Dabei kanndie Maßeinheit 1 W als „Abkürzung“ von 1 J/s eingeführtwer<strong>de</strong>n. Die Wattzahl eines Gerätes gibt an, wie viel <strong>Energie</strong>pro Sekun<strong>de</strong> durch das Gerät hindurchströmt.PdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006 9


PhysikAnmerkungDer Name <strong>de</strong>r zugehörigen physikalischen Größe „Leistung“o<strong>de</strong>r „<strong>Energie</strong>stromstärke“ kann im Unterricht an spätererStelle eingeführt wer<strong>de</strong>n.5.6 Quantitative Beziehung („Formeln“) zu an<strong>de</strong>renphysikalischen GrößenIm Anfängerunterricht ist es sinnvoll, quantitative Aufgabenim Sinne von „Sachkun<strong>de</strong>aufgaben“ zu bearbeiten; dieFormalisierung <strong>de</strong>s Rechenprozesses, insbeson<strong>de</strong>re dieAnwendung von Formeln, sollte erst dann erfolgen, wennvom Mathematikunterricht diese Möglichkeit sicher zurVerfügung gestellt ist. Dann können die zuvor eher quantitativeingeführten physikalischen Begriffe zur quantitativenBeschreibung <strong>de</strong>r jeweiligen physikalischen Phänomeneweiterentwickelt wer<strong>de</strong>n. Diese „Mathematisierung <strong>de</strong>rphysikalischen Fachsprache“ kann dann auch mit <strong>de</strong>nSchülerinnen und Schüler an geeigneten Stellen reflektiertwer<strong>de</strong>n.Zur Vermeidung unnötiger Fachbegriffe wird in <strong>de</strong>m Kontenpapiervorgeschlagen, einheitliche Bezeichnungen <strong>de</strong>r<strong>Energie</strong>formen, z. B. elektrische <strong>Energie</strong>, chemische <strong>Energie</strong>,thermische <strong>Energie</strong>, mechanische <strong>Energie</strong>, … zu verwen<strong>de</strong>nund auf die Bezeichnung „Wärme“ und „Arbeit“zu verzichten.Abb. 11 (oben): Ermittle die Wattzahl einer KerzeAbb. 12 (unten): Ein zentraler Versuch [9]Außer<strong>de</strong>m soll die <strong>Energie</strong>erhaltung als durchgängigesPrinzip ernst genommen wer<strong>de</strong>n. Die BeziehungenE = mgh,E = ½ mv 2 ,E = ½ Ds 2 ,E = ½ UQ 2 , …geben dann an, wie viel <strong>Energie</strong> beim Heben im Gravitationsfeld,beim Beschleunigen im bewegten Körper, beimSpannen in <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>r, beim La<strong>de</strong>n im elektrischen Feld, …gespeichert wur<strong>de</strong>. Wichtig ist, dass die Quantifizierung fürdie Schülerinnen und Schüler nicht als Selbstzweck erscheint,son<strong>de</strong>rn immer als eine Möglichkeit, sinnvollekomplexere Fragestellungen zu bearbeiten.Im Folgen<strong>de</strong>n seien zwei solche Fragestellungen exemplarischgenannt:• „Ist eine elektrisch betriebene Wärmepumpe trotz <strong>de</strong>rim Kraftwerk anfallen<strong>de</strong>n Abwärme vom energetischenStandpunkt aus sinnvoll?“• „Eine Glühlampe soll an eine 4,5 V-Flachbatterie angeschlossenwer<strong>de</strong>n. Wie kann die Glühlampe bestimmtwer<strong>de</strong>n, die mit dieser Batterie am hellsten leuchtet?“ZusammenfassungDie physikalische Größe <strong>Energie</strong> wur<strong>de</strong> in folgen<strong>de</strong>nSchritten quantifiziert:• Maßeinheit• typische Werte• Einfaches Rechnen mit typischen Werten• Anwen<strong>de</strong>n erster Messgeräte• formale Quantifizierung bei sinnvollen Fragestellungen6 Die Verzahnung <strong>de</strong>r Naturwissenschaften durchgeeignete grundlegen<strong>de</strong> KonzepteNeben <strong>de</strong>r Angleichung <strong>de</strong>r Fachsprache kann die Kenntnisund die Anwendung gemeinsamer Konzepte die Verbindung<strong>de</strong>r Naturwissenschaften verstärken. Hierbei sindsicher das „<strong>Energie</strong>-Träger-Konzept“ und das „Strom-Antrieb-Konzept“von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung. Bei<strong>de</strong> Konzepteseien zunächst aus <strong>de</strong>m physikalischen Blickwinkeldargestellt. Anschließend soll gezeigt wer<strong>de</strong>n, wie mithilfebei<strong>de</strong>r Konzepte die Verbindung zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Naturwissenschaftenhergestellt wer<strong>de</strong>n kann.6.1 Das „<strong>Energie</strong>-Träger-Konzept“In Abb. 12 ist <strong>de</strong>r Aufbau eines zentralen Versuchs dargestellt.Zwei mit Wasser unterschiedlich hoch gefüllte Behältersind durch einen Schlauch miteinan<strong>de</strong>r verbun<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>n ein Wassergenerator eingebaut ist. Wer<strong>de</strong>n die Hähnegeöffnet, beginnen sich <strong>de</strong>r Wassergenerator und <strong>de</strong>r angeschlosseneLüfter zu drehen.Der Versuch ver<strong>de</strong>utlicht:• <strong>Energie</strong> wird mit <strong>de</strong>m strömen<strong>de</strong>n Wasser geliefert.• Im Generator nimmt die <strong>Energie</strong> einen an<strong>de</strong>ren Weg alsdas Wasser: sie strömt zum „Lüfter“, das Wasser in <strong>de</strong>nzweiten Behälter.• Ist die Höhendifferenz, d. h. die Druckdifferenz zu klein,dann steht nicht mehr genügend <strong>Energie</strong> zur Verfügung,die Drehung <strong>de</strong>s Propellers kommt zum Erliegen.10 PdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006


<strong>Energie</strong> in Physik und ChemieAbb. 13: Wasserstromkreis als Vorführexperiment [9]Abb. 15: Der chemische <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreis [9]• Das Wasser strömt „von allein“ von hohem zu tiefemDruck.• Es strömt, solange eine Druckdifferenz vorhan<strong>de</strong>n ist.• Die Druckdifferenz ist <strong>de</strong>r Antrieb <strong>de</strong>s Wasserstroms.• Die Stärke <strong>de</strong>s Wasserstroms hängt von <strong>de</strong>r Druckdifferenzund <strong>de</strong>r Größe <strong>de</strong>s Strömungswi<strong>de</strong>rstands ab.Der Strömungswi<strong>de</strong>rstand kann durch das Zudrehen<strong>de</strong>r Hähne o<strong>de</strong>r durch das Zudrücken <strong>de</strong>s Silikonschlauchesvergrößert wer<strong>de</strong>n.Abb. 14: Schülerübungen mit Wasserströmen [9]6.2 Das Strom-Antrieb-KonzeptDieser zentrale Versuch kann auch das zweite Konzept veranschaulichen:6.3 Die Verbindung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n KonzepteBeim Betrachten geschlossener Wasserstromkreise, z. B.im Demoexperiment (Abb. 13) o<strong>de</strong>r im Schülerpraktikum(Abb. 14) können die Schülerinnen und Schüler erleben,dass <strong>de</strong>r Druck an Stellen mit großem Strömungswi<strong>de</strong>rstandstark abnimmt. Daran ist zu erkennen, dass beigroßem Strömungswi<strong>de</strong>rstand viel <strong>Energie</strong> vom Wasser gela<strong>de</strong>nwird. Diese wird entwe<strong>de</strong>r wie beim Wassergeneratorauf einen an<strong>de</strong>ren <strong>Energie</strong>träger zur weiteren Nutzungumgela<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r sie führt zur Erhöhung <strong>de</strong>r Temperatur<strong>de</strong>s strömen<strong>de</strong>n Wassers. Nimmt <strong>de</strong>r Druck beim Strömen<strong>de</strong>s Wassers zu, muss das Wasser unterwegs angetriebenwer<strong>de</strong>n.So wer<strong>de</strong>n „Antrieb“ und „Strömungswi<strong>de</strong>rstand“ mit„<strong>Energie</strong>zufuhr“ bzw. „<strong>Energie</strong>abgabe“ verbun<strong>de</strong>n. Aufdiese Weise wer<strong>de</strong>n die bei<strong>de</strong>n zentralen Konzepte mit-Abb. 16: Schematische Darstellung <strong>de</strong>s <strong>Energie</strong>transportsWasserstoff, SauerstoffENERGIEBrennstoffzelleElektrolyseurENERGIEENERGIELüfterElektrizitätWasserElektrizitätPdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006 11


PhysikLösungshinweise• Zum Fahren benötigen Autos <strong>Energie</strong>.• Üblicherweise wird diese mit <strong>de</strong>n <strong>Energie</strong>trägern Benzinund Diesel geliefert.• Autos mit Brennstoffzellenantrieb können die <strong>Energie</strong>im Prinzip mit Wasserstoff bekommen.• Es bleibt aber die Frage, woher <strong>de</strong>r Wasserstoff kommt,wie er gebil<strong>de</strong>t wird, … Die zur Beantwortung dieserFrage entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Zusammenhänge können mithilfe<strong>de</strong>s chemischen <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreis durchschaubargemacht wer<strong>de</strong>n.Abb. 17: Entschei<strong>de</strong>nd ist, „wer kurbelt“, d. h., wer die <strong>Energie</strong> für <strong>de</strong>nchemischen <strong>Energie</strong>transport liefert!einan<strong>de</strong>r in Verbindung gebracht und es wird dabei eineneue Masche <strong>de</strong>s begrifflichen Netzes geknüpft.7 Die Übertragung <strong>de</strong>r grundlegen<strong>de</strong>n Konzepteauf die an<strong>de</strong>ren NaturwissenschaftenDas „<strong>Energie</strong>-Träger-Konzept“ und das „Strom-Antrieb-Konzept“ können auf die an<strong>de</strong>ren Naturwissenschaftenübertragen wer<strong>de</strong>n. Dadurch wer<strong>de</strong>n die Naturwissenschaftennicht nur stärken miteinan<strong>de</strong>r verzahnt, son<strong>de</strong>rnes wird „kummulatives“ Lehren und Lernen über dieFächergrenzen hinweg möglich. Im Folgen<strong>de</strong>n soll ange<strong>de</strong>utetwer<strong>de</strong>n, wie dies mithilfe <strong>de</strong>s neu konzipierten chemischen<strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreises möglich wird.7.1 Antrieb durch BrennstoffzellenLeitfrage: Beurteile die folgen<strong>de</strong> Aussage: „Experten aus<strong>de</strong>r Chemie- und Automobilindustrie optimieren Brennstoffzellen,die Autos nur noch mit Wasserstoff antreiben. Dasist eines von zahlreichen Beispielen, wie die Chemie hilft, alternative<strong>Energie</strong>quellen zu erschließen. Damit wer<strong>de</strong>n wiralle unabhängiger von Öl und Gas.“ (GEO 04/2006 aufSeite 39).7.2 Der chemische <strong>Energie</strong>-Träger-StromkreisDer Aufbau <strong>de</strong>s chemischen <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreises[9] entspricht <strong>de</strong>m „hydraulischen <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreis“(Abb. 7). Die Wasserpumpe wur<strong>de</strong> durch einenElektrolyseur (Elektrolysezelle) und <strong>de</strong>r Wassergeneratordurch eine Brennstoffzelle ersetzt.Leitfrage: „Wie wird die <strong>Energie</strong> beim chemischen <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreisvom Elektrolyseur zur Brennstoffzelletransportiert?“Mit einem Netzgerät, einem Handgenerator o<strong>de</strong>r einer Solarzellewird <strong>de</strong>r Elektrolyseur so lange betrieben, bis sich<strong>de</strong>r Propeller <strong>de</strong>utlich dreht. Das Drehen <strong>de</strong>s Propellerszeigt an, dass dort <strong>Energie</strong> ankommt. Die <strong>Energie</strong> kann nurvom Netzgerät, <strong>de</strong>m Handgenerator o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Solarzellekommen, die dann zum Elektrolyseur, zur Brennstoffzelleund zum Lüfter strömt. Somit ist <strong>de</strong>r Weg <strong>de</strong>s <strong>Energie</strong>stromsi<strong>de</strong>ntifiziert.Zwischen Elektrolyseur und Brennstoffzelle wird <strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>stromvon stofflichen Strömen begleitet: Im Elektrolyseurwer<strong>de</strong>n Wasserstoffgas und Sauerstoffgas gebil<strong>de</strong>t. Beidieser chemischen Reaktion verschwin<strong>de</strong>t Wasser. Die imElektrolyseur gebil<strong>de</strong>ten Gase strömen durch die zwei getrenntenSchläuche zur Brennstoffzelle. Dort fin<strong>de</strong>t dieumgekehrte chemische Reaktion statt: Wasserstoffgas undSauerstoffgas verschwin<strong>de</strong>n, Wasser wird gebil<strong>de</strong>t. Bei <strong>de</strong>rchemischen Reaktion im Elektrolyseur wird <strong>Energie</strong> aufgenommen.Bei <strong>de</strong>r Umkehrreaktion in <strong>de</strong>r Brennstoffzellewird diese <strong>Energie</strong> wie<strong>de</strong>r abgegeben, auf Elektrizitätbzw. elektrischen Strom umgela<strong>de</strong>n und zum Lüfter transportiert.Bei diesem chemischen <strong>Energie</strong>transport strömt<strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>träger in einem geschlossenen Stromkreis:Wasserstoff und Sauerstoff wer<strong>de</strong>n aus Wasser im Elektrolyseurgebil<strong>de</strong>t, strömen zur Brennstoffzelle, bil<strong>de</strong>n Wasser,das zum Elektrolyseur zurückströmt. Diese Stoffströmespielen beim chemischen <strong>Energie</strong>transport dieselbeAbb. 18: Der <strong>Energie</strong>transport in <strong>de</strong>r NahrungsketteLichtKartoffeln, SauerstoffENERGIEKartoffelpflanzeENERGIEMenschWasser, Kohlenstoffdioxid12 PdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006


<strong>Energie</strong> in Physik und ChemieWasserstoff, Sauerstoffm = 0 kJ/molm = 0 kJ/molENERGIE437 kJ/molElektrolyseurENERGIEBrennstoffzelleENERGIE437 kJ/molm = – 437 kJ/molm = – 437 kJ/molWasserAbb. 19: quantitative Beschreibung <strong>de</strong>s <strong>Energie</strong>transportsRolle wie Wasser und Elektrizität beim hydraulischen un<strong>de</strong>lektrischen <strong>Energie</strong>transport: sie transportieren <strong>Energie</strong>von einer Stelle zu einer an<strong>de</strong>ren, sie haben die Funktioneines „<strong>Energie</strong>trägers“.Durch entsprechen<strong>de</strong> Handbewegungen können die unterschiedlichenWege von <strong>Energie</strong> („linear“) und <strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>träger(„im Kreis“) anschaulich ver<strong>de</strong>utlicht wer<strong>de</strong>n.Pfeile symbolisieren diese unterschiedlichen Wege.7.3 „Wer kurbelt?“ Das ist die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Frage!Nun wollen wir klären, „ob mithilfe von Wasserstoff alternative<strong>Energie</strong>quellen erschlossen wer<strong>de</strong>n können“.Wasserstoffgas kommt in <strong>de</strong>r Natur nicht in großen Mengenvor. Der chemische <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreis ver<strong>de</strong>utlicht,dass Wasserstoff mithilfe einer chemischen Reaktionnur unter <strong>Energie</strong>zugabe erzeugt wer<strong>de</strong>n kann. Dieentschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Frage lautet <strong>de</strong>shalb, woher diese <strong>Energie</strong>kommt, welche <strong>Energie</strong>quellen diese <strong>Energie</strong> liefern. Vondaher ist die Aussage, dass Wasserstoff hilft, alternative<strong>Energie</strong>quellen zu erschließen, dass wir durch Wasserstoffunabhängiger von Öl und Gas wer<strong>de</strong>n, so nicht richtig,<strong>de</strong>nn es könnte ja sein, dass diese <strong>Energie</strong> von Atomkraftwerkeno<strong>de</strong>r Braunkohlekraftwerken und nicht von Fotovoltaikanlagengeliefert wird.7.4 Chemische <strong>Energie</strong>transporte in biologischen undgeografischen SystemenDer chemische <strong>Energie</strong>-Träger-Stromkreis kann im Unterrichtfür die Schülerinnen und Schüler ein grundlegen<strong>de</strong>sBeispiel für die Vielzahl <strong>de</strong>r Stoffkreisläufe wer<strong>de</strong>n, die inNatur und Technik mit <strong>Energie</strong>transporten verbun<strong>de</strong>nsind. Abb. 18 zeigt vereinfacht <strong>de</strong>n Nahrungskreislauf <strong>de</strong>sMenschen. Die Solarzelle steht im Experiment anstelle <strong>de</strong>sBlatts (Photosynthese).8 Abschließen<strong>de</strong> Bemerkungenelektrisches Potenzial ϕ angibt, wie viel <strong>Energie</strong> ein Trägertransportiert bzw. <strong>de</strong>ren Differenz angibt, wie viel <strong>Energie</strong>in einem System bei einer entsprechen<strong>de</strong>n chemischen Reaktionauf- bzw. abgela<strong>de</strong>n wird, analog <strong>de</strong>r Druckdifferenz∆p und <strong>de</strong>r elektrische Potenzialdifferenz ∆ϕ , die <strong>de</strong>relektrischen Spannung U entspricht. Das chemische Potenzialwird in <strong>de</strong>r Chemie üblicherweise molare freie Standardbildungsenthalpiegenannt. In <strong>de</strong>r angegebenen Literaturwird auch ausgeführt, wie das „Strom-Antrieb-Konzept“auf chemische Reaktionen übertragen wer<strong>de</strong>n kann,dass die Differenz <strong>de</strong>s chemischen Potenzials als Antriebeiner chemischen Reaktion betrachtet wer<strong>de</strong>n kann undwie <strong>de</strong>r chemische <strong>Energie</strong>transport, wie in Abb. 19 dargestellt,schrittweise immer weiter quantifiziert wer<strong>de</strong>nkann.Literatur[1] NW1 als Datei unter http://www.ls-bw.<strong>de</strong>/allg/publikationen/onlineo<strong>de</strong>r als LS-heft NW1 zu beziehen bei Lan<strong>de</strong>sinstitut für SchulentwicklungRotebühlstr. 131, 70197 Stuttgart, Fax: 0711/6642-102[2] Bildungsstandards Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, Physik, Gymnasien;www.bildungstandards-bw.<strong>de</strong>[3] R.P. Feynmann, R.B. Leighton, M. Sands: Vorlesungen über PhysikBand I, 2001 Ol<strong>de</strong>nbourg Verlag München[4] Dieter Plappert: Umsetzungsbeispiele zu <strong>de</strong>n Bildungsstandards Physik,LS-heft Ph 41, zu beziehen bei Lan<strong>de</strong>sinstitut für Schulentwicklung,Rotebühlstr. 131, 70197 Stuttgart, Fax: 0711/6642-102[5] Dieter Plappert: Verständliche Elektrizitätslehre, PdN-PhiS 7/52 (2003)[6] Dieter Plappert: Kumulatives Lernen – die Bildung <strong>de</strong>s Entropiebegriffsin Sekundarstufe I, PdN-PhiS 4/53 (2004)[7] Dieter Plappert: Impuls von Anfang an – zur Einführung physikalischerGrößen, PdN-PhiS 1/54 (2005)[8] Versuchsanleitung <strong>de</strong>s Bausatzes „<strong>Energie</strong>werke“, durch <strong>de</strong>n handlungsorientiert<strong>de</strong>r <strong>Energie</strong>begriff eingeführt wer<strong>de</strong>n kann, unterwww.<strong>plappert</strong>-<strong>freiburg</strong>.<strong>de</strong>/physik, Bestellung unter www.opitec.<strong>de</strong> BausatzNr. 123.987 zu 12,90 €[9] Analogieserie zu beziehen bei: Conatex, Postfach 1407, 66514 Neunkirchen,06821/94110, www.conatex.com[10] Dieter Plappert: physikalische Konzepte angewandt auf chemischeReaktionen, PdN-PhiS 3/54 (2005)[11] Seitz, Steinbrenner, Zachmann, LS-heft NW2, Stuttgart 2006. Zu beziehenbei Lan<strong>de</strong>sinstitut für Schulentwicklung Rotebühlstr. 131, 70197Stuttgart, Fax: 0711/6642-102[12] Seitz, Steinbrenner, Zachmann: Chemische Reaktionen – physikalischbeschrieben, PdN-PhiS 2/55 (2006)[13] Ich danke Jasna Schultheiß für diese AnregungEs wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Rahmen dieser Darstellungen sprengen,wenn <strong>de</strong>r Brückenschlag zu <strong>de</strong>n Begriffen und Konzepten<strong>de</strong>r Chemie weiter vertieft wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. In [11] und [12]wird gezeigt, wie das chemische Potenzial µ als die Größeeingeführt wer<strong>de</strong>n kann, die wie z. B. <strong>de</strong>r Druck p und dasAnschrift <strong>de</strong>s Verfassers:StD Dieter Plappert, Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung,Kunzenweg 21, 79117 FreiburgPdN-PhiS. 6/55. Jg. 2006 13

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