2013-04-10 Loeffler zu Preisverleihung an Cohn ... - CDU-Fraktion
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15. LANDTAG VON BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
64. Sit<strong>zu</strong>ng Mittwoch, <strong>10</strong>. April <strong>2013</strong>, <strong>10</strong>:00 Uhr<br />
TOP 2<br />
<strong>Cohn</strong>-Bendits Verhalten<br />
verhöhnt Opfer von sexueller Gewalt!<br />
Rede von<br />
Dr. Reinhard Löffler MdL<br />
<strong>CDU</strong>-L<strong>an</strong>dtagsfraktion<br />
Es gilt das gesprochene Wort.
Abg. Dr. Reinhard Löffler, <strong>CDU</strong>: Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
In wenigen Tagen, am 20. April, wird Ministerpräsident Winfried Kretschm<strong>an</strong>n in unserer<br />
L<strong>an</strong>deshauptstadt im Weißen Saal des Neuen Schlosses den Preis des ehemaligen<br />
Bundespräsidenten Theodor Heuss verleihen für vorbildliches demokratisches Verhalten<br />
und aktive Toler<strong>an</strong>z für das Gemeinwohl. Auch wenn es sich dabei um einen renommierten<br />
Preis der Theodor-Heuss-Stiftung h<strong>an</strong>delt, viel Aufmerksamkeit wird ihm in der Regel nicht<br />
geschenkt. Diesmal ist es <strong>an</strong>ders. Diesmal ist der Preisträger D<strong>an</strong>iel <strong>Cohn</strong>-Bendit, ein<br />
Gründer und eine Ikone der grünen Bewegung.<br />
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Vosskuhle, der die Festrede halten<br />
sollte, hat abgesagt. Er wird <strong>an</strong> der Ver<strong>an</strong>staltung nicht teilnehmen. Andreas Vosskuhle hat<br />
abgesagt, nicht etwa weil er <strong>an</strong> der demokratischen Einstellung von <strong>Cohn</strong>-Bendit zweifelt,<br />
weil dessen rechtsstaatliche Gesinnung als milit<strong>an</strong>ter Steinewerfer, Held der Pariser<br />
Barrikaden, Aktivist in Joschkas Putzgruppe und Unterstützer von Baader und Ensslin in<br />
den späten 60er Jahren heute noch in Frage steht, (Zitat: die gehören <strong>zu</strong> uns) sondern weil<br />
<strong>Cohn</strong>-Bendit sich in problematischer Weise <strong>zu</strong>r Sexualität zwischen Erwachsenen und<br />
Kindern geäußert hat und das Bundesverfassungsgericht jeden Anschein vermeiden muss,<br />
solche Aussagen <strong>zu</strong> billigen.<br />
Die Gründe dafür finden sich in der Lebensbeichte des heutigen Europaabgeordneten, der<br />
Anf<strong>an</strong>g der 70er Jahre als Kindergärtner in einem Fr<strong>an</strong>kfurter <strong>an</strong>tiautoritären Kinderladen<br />
gearbeitet hatte und in seinem Buch „Der große Basar“ von „seinem ständigen Flirt mit<br />
allen Kindern“ erzählte, der bald schon „erotische Züge“ <strong>an</strong>nahm. Und weiter berichtet<br />
<strong>Cohn</strong>-Bendit:<br />
„Ich hatte schon l<strong>an</strong>ge Lust gehabt in einem Kindergarten <strong>zu</strong> arbeiten. Ich konnte richtig<br />
fühlen, wie die kleinen Mädchen von fünf schon gelernt hatten, mich <strong>an</strong><strong>zu</strong>machen“ und<br />
wie es „mehrmals passierte, dass einige Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und<br />
<strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen haben, mich <strong>zu</strong> streicheln“.<br />
Der damals 28 Jährige, berichtet weiter:<br />
„Ich habe je nach Umständen unterschiedlich reagiert aber ihr Wunsch stellte mich vor<br />
Probleme, wenn sie darauf best<strong>an</strong>den, habe ich sie gestreichelt“.
Die Überschrift des Kapitels lautet „Little Big M<strong>an</strong>“. Wie feinsinnig!<br />
Damals haben linksliberale Sexualwissenschaftler und sog. Reformpädagogen die<br />
Befreiung der kindlichen Sexualität durch die Erwachsenen als Programm der<br />
<strong>an</strong>tiautoritären Erziehung verst<strong>an</strong>den und sie haben das Recht auf Pädophilie gefordert.<br />
Erst durch die Sk<strong>an</strong>dale in der katholischen Kirche und in der Odenwaldschule wurde das<br />
Tabuthema des sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Öffentlichkeit breiter diskutiert.<br />
In ihrer Gründungsphase haben sich die Grünen beim Thema Sexualität und Kinder auf die<br />
Seite der Reformpädagogen gestellt. Im Februar 1985 be<strong>an</strong>tragten die Grünen im<br />
Bundestag die ersatzlose Streichung der Strafrechtsparagraphen 175 und 182, da diese<br />
Bestimmungen<br />
„die einvernehmlichen sexuellen Kontakte mit Minderjährigen unter Strafe stellen und die<br />
freie Entfaltung der Persönlichkeit behindern“. Mit „bürgerlichen Moralvorstellungen“, so<br />
die Begründung des Antrags müsse Schluss sein.<br />
Weil es um eine vermeintlich gesellschaftliche Unterdrückung ging, übten die Grünen den<br />
Schulterschluss. Auf dem Parteitag in Lüdenscheid schrieben die Grünen in NRW die<br />
Forderung in ihr Programm:<br />
„gewaltfreie Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen dürfe nicht länger<br />
strafrechtlich verfolgt werden“. Die Gesellschaft müsse sich von allen Restriktionen<br />
befreien.<br />
Und der Arbeitskreis „Kinder und Jugendliche“ der Grünen in Baden-Württemberg<br />
verkündete im April 1985:<br />
„Da Kinder Menschen sind, hat niem<strong>an</strong>d das Recht, sich unter welchem Vorw<strong>an</strong>d auch<br />
immer über ihre Rechte auf Selbstbestimmung und persönliches Glück hinweg<strong>zu</strong>setzen.“<br />
Zitatende Damals war Fritz Kuhn <strong>Fraktion</strong>svorsitzender. Heute ist er Oberbürgermeister<br />
von Stuttgart.
Der Zeitgeist hat sich geändert. Heute glaube ich nicht, dass die Grünen noch von dem<br />
überzeugt sind, was sie damals vertreten haben, einmal abgesehen von der heutigen<br />
Grünen Jugend. Statistiken vermuten, dass jedes vierte Mädchen und jeder <strong>10</strong> Junge Opfer<br />
sexuellen Missbrauch ist. Es ist der schlimmste Vertrauensmissbrauch und der übelste<br />
Verrat, den ein Erwachsener einem Kind <strong>an</strong>tun k<strong>an</strong>n. Er zerstört Körper und Seele. Die<br />
Wunden heilen nie, die Narben brechen immer wieder auf. Missbrauchte leiden <strong>an</strong><br />
m<strong>an</strong>gelndem Selbstwertgefühl, Angst<strong>zu</strong>ständen, Depressionen,<br />
Persönlichkeitsspaltungen. Sie neigen <strong>zu</strong> Magersucht, Drogen, Selbstverstümmelung und<br />
Selbstmord. Aber vielleicht das Allerschlimmste ist, dass die kindlichen Opfer sich selbst<br />
für schuldig halten.<br />
Die Ausein<strong>an</strong>derset<strong>zu</strong>ng mit diesem Thema ist uns un<strong>an</strong>genehm. Das Gefühl von Abscheu<br />
und Ekel führt da<strong>zu</strong>, dass wir politisch <strong>zu</strong> wenig tun, <strong>zu</strong> wenig für die Opfer und <strong>zu</strong> wenig<br />
für die Täter. Es ist nicht damit get<strong>an</strong> das Sexualstrafrecht <strong>zu</strong> verschärfen, weil der<br />
damalige Bundesk<strong>an</strong>zler Gerhard Schröder forderte: Kinderschänder müsse m<strong>an</strong> für immer<br />
wegschließen. Wer Kinder schützen will, muss pädophile Männer und pädophile Frauen<br />
therapieren. Da<strong>zu</strong> ist es nicht ausreichend, privaten Institutionen Therapieprojekte <strong>zu</strong><br />
überlassen. Wir sollten den Betroffenen auch einen staatlichen Opfer<strong>an</strong>walt beiordnen.<br />
Die bundesweite Kampagne „Missbrauch verhindern“, die vorletzte Woche vorgestellt<br />
wurde, müssen wir auch in Baden-Württemberg nachhaltig fördern und unsere Polizei<br />
darin unterstützen, den pädophilen Sumpf im Internet aus<strong>zu</strong>trocknen. Wir sind alle<br />
gefordert: nicht wegschauen, sondern eingreifen und helfen.<br />
Eines dürfen wir nicht tun. Wir dürfen nicht sexuellen Missbrauch <strong>an</strong> Kindern<br />
bagatellisieren, verharmlosen und ihm eine gesellschaftliche Akzept<strong>an</strong>z verleihen, auch<br />
d<strong>an</strong>n nicht, wenn diese Taten Jahrzehnte <strong>zu</strong>rückliegen. Wir dürfen nicht den M<strong>an</strong>tel des<br />
Vergessens darüber ausbreiten, auch nicht bei Prominenten wie Woody Allen, Klaus Kinski,<br />
Rom<strong>an</strong> Pol<strong>an</strong>ski oder eben D<strong>an</strong>iel <strong>Cohn</strong>-Bendit. Wenn <strong>Cohn</strong>-Bendit nur einen Funken<br />
Anst<strong>an</strong>d und Ver<strong>an</strong>twortungsgefühl besitzen würde, hätte er sein Verhalten bedauert, sich<br />
entschuldigt und es nicht mit bewusstem Tabubruch, Selbstreflexion, neue Sexualmoral<br />
oder Provokation erklärt. Was geht in einem Menschen vor, der im fr<strong>an</strong>zösischen<br />
Fernsehen sein pädophiles Verhalten noch rechtfertigt? Und was muss in denjenigen<br />
vorgehen, die diese Übergriffe erleben mussten und diese unerträgliche Rechtfertigung<br />
eines Alt-68ers hören?
Der Ministerpräsident ist Mitglied des Vorst<strong>an</strong>ds der Theodor-Heuss-Stiftung. Er und Fritz<br />
Kuhn dürfen je ein weiteres Mitglied in den Vorst<strong>an</strong>d berufen. Beide haben Einfluss auf<br />
Entscheidungen. Es darf nicht sein, dass bei der Beurteilung der Verg<strong>an</strong>genheit von linken<br />
und grünen Politikern weggeschaut und diese furchtbaren Ereignisse totgeschwiegen<br />
werden.<br />
Wer schweigt macht sich mitschuldig, mitschuldig <strong>an</strong> den Opfern, die alle Kinder sind oder<br />
waren. Viele von uns haben Kinder oder Enkel. Niem<strong>an</strong>d wünscht sich, dass sie solche<br />
Erfahrungen machen müssen, wie sie <strong>Cohn</strong>-Bendit beschreibt. <strong>Cohn</strong>-Bendits Verhalten ist<br />
nicht nur intoler<strong>an</strong>t, es ist inakzeptabel, menschenverachtend und verhöhnt die Opfer<br />
sexueller Gewalt. Pädophilie ist das Gegenteil von Toler<strong>an</strong>z, es ist die intoler<strong>an</strong>teste<br />
Ausübung von Macht. Herr Ministerpräsident, mit der Würde des<br />
Bundesverfassungsgerichts ist die Anwesenheit seines Präsidenten bei der <strong>Preisverleihung</strong><br />
nicht vereinbar. Ist es mit Ihrem Amt d<strong>an</strong>n vereinbar Herr Ministerpräsident, dass Sie<br />
einem nicht belehrbaren grünen Parteifreund eine Medaille für Toler<strong>an</strong>z umhängen?<br />
Diese <strong>Preisverleihung</strong> schadet dem Amt des Ministerpräsidenten und dem Amt des<br />
Bundesratspräsidenten aber sie schadet auch dem L<strong>an</strong>d und seinen Menschen. Sie, Herr<br />
Ministerpräsident, waren 1985 <strong>zu</strong>sammen mit Fritz Kuhn im L<strong>an</strong>dtag von Baden-<br />
Württemberg. Sie haben damals geschwiegen, schweigen Sie heute nicht. Machen Sie sich<br />
nicht durch Schweigen <strong>zu</strong>m Wortführer der Verharmloser. Meine <strong>Fraktion</strong> und ich<br />
erwarten von Ihnen, dass Sie ein klärendes Wort finden und die pädophile Verg<strong>an</strong>genheit<br />
des Theodor-Heuss Preisträgers heute nicht ausblenden. Ein stilles Dulden von Ihnen<br />
würde mich menschlich enttäuschen, denn ich schätze Sie sehr und viele Bürgerinnen und<br />
Bürger auch, aber vom vielen Weihrauch verußt auch der goldenste Engel. Pädophilie ist<br />
nicht tolerierbar, nicht in der Form des Duldens, nicht in der Form des Schweigens und<br />
schon gar nicht durch gesellschaftliche Anerkennung mit einem Preis aus der H<strong>an</strong>d des<br />
Ministerpräsidenten.