20.11.2013 Aufrufe

Exkursion am Samstag, dem 15. Oktober 2005, nach Ohlsdorf und ...

Exkursion am Samstag, dem 15. Oktober 2005, nach Ohlsdorf und ...

Exkursion am Samstag, dem 15. Oktober 2005, nach Ohlsdorf und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Um mich ausleben zu können, wie ich will, bleibt mir nichts anderes übrig als das<br />

Alleinsein. Es ist eben so, dass mich Nähe tötet. Aber ich bin deshalb nicht zu bedauern.<br />

Jeder ist an allem selber Schuld.“<br />

Ich war froh, dass ich den Mantel angezogen hatte. Hennetmair erzählte mir von seinen<br />

Vermittlerpraktiken. Von den 3 % Maklerprovision, die auch Bernhard bei seinen Käufen<br />

gezahlt habe, habe es keinen Nachlass geben dürfen. Da wäre er bei den Leuten unten<br />

durch gewesen. Um 17 Uhr drängte ich auf Eile, um die Wirtin in Atzbach nicht warten<br />

zu lassen. Atzbach hat sich mit einem neu gestalteten Marktplatz, an <strong>dem</strong> die frisch<br />

getünchte Kirche, in der Bernhards Halbbruder Dr. Peter Fabjan vor wenigen Jahren die<br />

in Gm<strong>und</strong>en arbeitende französische Lehrerin geheiratet hatte, <strong>und</strong> das modern überholte<br />

Gasthaus Kiener stehen, wie Karl Hennetmair sagte, im Vergleich zu früheren Zeiten<br />

prächtig herausgeputzt. Das Wirtshaus wäre mir im urig- dörflichen Zustand lieber<br />

gewesen. Doch auch H. sagte, die Betriebe müssten mit der Zeit gehen. Die jungen Leute<br />

verlangten die zeitgemäße Ausstattung. Der Wirt lege den Gewinn lieber in Modernisierung<br />

an, als das Geld <strong>dem</strong> Finanz<strong>am</strong>t <strong>nach</strong>zuwerfen.<br />

Ich saß neben Karl Hennetmair <strong>und</strong> Frau Lotte Hanreich <strong>und</strong> gegenüber von Frau Melitta<br />

Hausteiner, die mich fragte, ob ich schon mal etwas von <strong>dem</strong> großartigen, in Thomas<br />

Bernhards Romanen vergötterten Russen Lermontow gelesen habe. Karl Hennetmair warf<br />

ein:<br />

„Das ist ja auch so etwas. Der Bernhard zitierte nie. Es genügte ihm. „Ler-mon-tow!“<br />

hinzuhauen, einen N<strong>am</strong>en, den kaum jemand kennt, <strong>und</strong> d<strong>am</strong>it seine Belesenheit <strong>nach</strong>zuweisen<br />

<strong>und</strong> Neugierde zu wecken. Drei Silben, das genügt ihm, einfach so hingehaut.<br />

Da muss einer die Magie der russischen Literatur einfach spüren!“<br />

Niedergeschlagen bin ich, als ich den Saal im Obergeschoß sehe. Keine Spur von <strong>dem</strong><br />

Ambiente, wie es T.B. im „Theatermacher“ schildert. Alles neu <strong>und</strong> kühl. Keine Spur von<br />

Moder <strong>und</strong> kein brüchiger Boden, kein Schweinegestank!<br />

Das Ehepaar Jäger- Waldau, das unsere Veranstaltung in Atzbach initiiert <strong>und</strong> arrangiert<br />

hat, ist schon da. Auch für Peter ist der atmosphärelose Saal ein Schlag ins Genick seiner<br />

Vorstellungen. Kein Wort kann „hier den Staub aufwirbeln“. Er ordnet an, dass der<br />

Auftrittsbereich, durch Öffnung der Trennwand, wenigstens die Andeutung eines<br />

Bühnenrahmens erhält. So wird es <strong>nach</strong>her auch auf <strong>dem</strong> kalten Fliesenboden gut gehen.<br />

Doch zurück. Unsere Gesellschaft aus 16 Personen saß also in der modern gestylten,<br />

elegant- dunklen Gaststube, bis auf die Kellermanns <strong>und</strong> Frau Reisinger an einem Tisch.<br />

Das Theatermacheressen mit Fritattensuppe <strong>und</strong> der Rindslungenbraten fand allgemeinen<br />

Beifall. Selbst die Hausfrauen rühmten die Schmackhaftigkeit des mürben<br />

Bratens mit einer äußerst leckeren Sauce. Für den Braten verlangten sie allerdings 16 €,<br />

einen Preis, den ich in einem solch ländlichen Gasthaus mit angeschlossener Fleischhauerei<br />

nicht erwartet hätte. Das ist keine Klage, sondern nur eine Feststellung.<br />

Der gegen halb sieben Uhr eintreffende Peter war in Begleitung unserer „Theaterk<strong>am</strong>eraden“<br />

Robert Braunersreuther <strong>und</strong> Josef Meißner. Ich spürte sofort wieder die<br />

Ablehnung <strong>und</strong> die Kluft gegenüber unseren Bernhard- Aktivitäten. Sepp Meißner<br />

ersetzte die erkr<strong>am</strong>kte Sabine Waldherr als Souffleur. Als ich Frau Hausteiner im Bus<br />

gebeten hatte, für sie als Bruscons Tochter einzuspringen, lässt sich diese, Gott sei Dank,<br />

nicht lange zu dieser leichten Aufgabe bitten.<br />

Bei den Theaterk<strong>am</strong>eraden stehend, flachst Peter mir gegenüber:<br />

„In diesem sterilen Nicht- Saal kann ich meinen „Theatermacher“ nicht spielen.<br />

Alois, Du hast mich in die Atzbach- Falle gelockt. Du wolltest <strong>und</strong> willst mein Scheitern.<br />

Ich hätte dich nicht zu meinem Geburtstag einladen sollen. Kaum hast Du Deine Geburtstagsrede<br />

gehalten, hast Du mir schon den Vertrag mit der Aufforderung zur Unterschrift

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!