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Referat von Enrico Morresi, Journalist, Präsident des Stiftungsrates

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welcher Informationen und Ideen die Basis verständigungsorientierten Handelns bilden. 8 Der<br />

Journalismus leistet nach diesem Verständnis einen bedeutenden Beitrag zum Funktionieren<br />

der Demokratie 9 .<br />

Die Frage, die ich mir selber, aber auch Ihnen stelle, ist folgende: Wie bereiten wir die<br />

zukünftigen <strong>Journalist</strong>en konkret auf diese grosse gesellschaftliche Verantwortung vor? Es<br />

gibt in der Schweiz 14 Institutionen, die <strong>Journalist</strong>en ausbilden. Fünf Universitäten stellen<br />

akademische Titel bis hin zum Doktorat aus: In der Regel wird Journalismus dabei als Teil der<br />

Kommunikationswissenschaften abgehandelt. In neun Ausbildungsstätten kann man einen<br />

berufsorientierten Titel erwerben. Ich habe versucht, eine Antwort meine Frage zu finden und<br />

habe alle Ausbildungsinstitutionen befragt, wie sie das Thema «<strong>Journalist</strong>ische Ethik» in<br />

Lehre und Forschung behandeln. Die Umfrageergebnisse sind ernüchternd: Sie zeigen, dass<br />

die Ausbildungsinstitutionen ihrer Aufgabe nicht gerecht werden.<br />

Die Ethik ist eine Teildisziplin der Philosophie. Jede grössere Denkschule (die aristotelische<br />

Ethik <strong>des</strong> glücklichen Lebens, die deontologische Ethik Kants, die Ethik<br />

verantwortungsvollen Handelns <strong>von</strong> Jonas sowie die Diskursethik <strong>von</strong> Habermas) beeinflusst<br />

die Diskussion über die Sinngebung <strong>des</strong> Journalismus. Mit der Umfrage habe ich <strong>des</strong>halb<br />

versucht herauszufinden, welche Rolle die Ethik als philosophische Teildisziplin in der<br />

8<br />

„(1) Die Massenmedien sollen sich als Mediator eines aufgeklärten Publikums verstehen, <strong>des</strong>sen<br />

Lernbereitschaft und Kritikfähigkeit sie zugleich voraussetzen, beanspruchen und bestärken. (2) Sie sollen ihre<br />

Unabhängigkeit <strong>von</strong> politischen und gesellschaftlichen Akteure bewahren. (3) Sie sollen sich unparteiisch der<br />

Anliegen und Anregungen <strong>des</strong> Publikums annehmen und in den politischen Prozess im Lichte dieser Themen und<br />

Beiträge einen Legitimationszwang und verstärkter Kritik aussetzen“. Daraus ergibt sich „eine intermediäre<br />

Struktur, die zwischen dem politischen System einerseits, den privaten Sektoren der Lebenswelt und funktional<br />

spezifizierten Handlungssystem andererseits vermittelt“ (Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung. Beiträge zur<br />

Diskurstheorie <strong>des</strong> Rechts und <strong>des</strong> demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt a. M., 1992).<br />

9<br />

„Professionelle Medienschaffende sollen in ihrem komplexen Beruf neben der thematischen<br />

Sachkompetenz und der journalistisch methodischen Fachkompetenz über eine allgemeine kommunikative<br />

Kompetenz verfügen: Sowohl in ihrem eigenen Berufsfeld als auch bei den Themen, die sie bearbeiten, sollen sie<br />

(1) in der Lage sein, normative Konflikte auf einem postkonventionellen Niveau wahrnehmen und beurteilen zu<br />

können. (2) Ihre reflexiven Standards moralischer Selbstverpflichtung sollen sie unter Stress aufrechterhalten<br />

können. (3) Bezogen auf ihre Profession sollten sie über die Fähigkeit verfügen, die journalistischen Funktionen<br />

im demokratischen Gesellschaftssystem bestimmen und begründen zu können, um so die Maximen öffentlicher<br />

Kommunikation zum handlungsleitenden Motiv zu machen und seine Geltung im ökonomischen und<br />

organisatorischen Strukturen mit Zivilcourage zu vertreten“ (Matthias Loretan, Ethik <strong>des</strong> Öffentlichen.<br />

Grundrisse einer Medienethik als Theorie kommunikativen Handelns, in: Adrian Holderegger (Hrsg.),<br />

Kommunikations- und Medienethik. Interdisziplinäre Perspektiven, Freiburg i. Ue, 1999).

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