Nichtrelativistische Näherung der Dirac-Gleichung - Fakultät für ...
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Julius-Maximilians-Universität Würzburg<br />
Institut <strong>für</strong> theoretische Physik und Astronomie<br />
Theoretische Physik II<br />
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong><br />
Arbeit zum Erwerb des akademischen Grades<br />
Bachelor of Science<br />
von<br />
Vitalij Jungmann<br />
Betreuer: Prof. Dr. Reinhold Rückl<br />
Unterbetreuer: Dr. Thomas Flacke
It appears that the simplest<br />
Hamiltonian for a point-charge<br />
electron satisfying the requirements of<br />
both relativity and the general<br />
transformation theory leads to an<br />
explanation of all the duplexity<br />
phenomena without further<br />
assumption. All the same there is a<br />
great deal of truth in the spinning<br />
electron model, at least as a first<br />
approximation.<br />
Paul Adrien Maurice <strong>Dirac</strong>
Abstract<br />
Im nichtrelativistischen Limes <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> sollten sich die Gesetze <strong>der</strong> klassischen<br />
Quantenmechanik wi<strong>der</strong>spiegeln und zusätzliche relativistische Korrekturen ableitbar<br />
sein. Nach einer allgemeinen Behandlung <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>’schen <strong>Gleichung</strong> wird die<br />
Herleitung <strong>der</strong> Pauli-<strong>Gleichung</strong> vorgenommen, die einer <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> Ordnung 1<br />
mc 2<br />
entspricht. Im Anschluss daran, wird die Foldy-Wouthuysen-Transformation an <strong>der</strong><br />
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> durchgeführt, die <strong>der</strong>en Hamilton-Operator bis zur gefor<strong>der</strong>ten Ordnung<br />
diagonalisiert. Die daraus zusätzlich zu H (0) (Hamilton-Operator <strong>der</strong> Schrödingergleichung<br />
plus Ruheenergie) erhaltenen relativistischen Korrekturterme im Hamiltonian<br />
können an einem wasserstoffähnlichen System angewandt werden und führen zu<br />
Energieeigenwerten, die die Feinstrukturaufspaltung ergeben.
Vitalij Jungmann<br />
Hollerstaude 1<br />
97440 Schraudenbach<br />
Hiermit versichere ich, dass ich die von mir vorgelegte Arbeit selbstständig verfasst<br />
habe, dass ich die verwendeten Quellen, Internet-Quellen und Hilfsmittel vollständig<br />
angegeben habe und dass ich die Stellen <strong>der</strong> Arbeit – einschließlich Abbildungen –,<br />
die an<strong>der</strong>en Werken o<strong>der</strong> dem Internet im Wortlaut o<strong>der</strong> dem Sinn nach entnommen<br />
sind, auf jeden Fall unter Angabe <strong>der</strong> Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht habe.<br />
Würzburg, den 11. August 2010<br />
Vitalij Jungmann
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung 1<br />
2 <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 2<br />
2.1 Kanonische Darstellung <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />
2.2 <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> in lorentzkovarianter Form . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
2.3 Interpretation negativer Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
3 <strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 10<br />
3.1 <strong>Näherung</strong> nächster Ordnung - Pauli-<strong>Gleichung</strong> . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
3.2 Foldy-Wouthuysen-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
4 Wasserstoffähnliches System 24<br />
4.1 Energieeigenwerte aus nichtrelativistischer QM . . . . . . . . . . . . . . 24<br />
4.2 Feinstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
4.2.1 Relativistische Massenkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
4.2.2 Spin-Bahn-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
4.2.3 Darwin-Term . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
5 Konklusion 31<br />
Abbildungsverzeichnis 32
Einleitung 1<br />
1 Einleitung<br />
Nachdem Schrödinger im Jahre 1926 die nach ihm benannte Schrödingergleichung aufgestellt<br />
hatte, versuchten sich viele Physiker an <strong>der</strong> Entwicklung einer relativistischen<br />
Variante dieser Darstellung, darunter Oskar Klein und Walter Gordon, denen letztlich<br />
die Herleitung <strong>der</strong> Klein-Gordon-<strong>Gleichung</strong> gelang. Diese berücksichtigte jedoch nur<br />
spinlose Teilchen, was Paul <strong>Dirac</strong> dazu bewog, im Jahre 1928 eine Differentialgleichung<br />
herzuleiten, die analog zur Schrödingergleichung eine Zeitableitung erster Ordnung<br />
enthielt - die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong>. Sie ermöglichte es Spin-1/2-Teilchen (Fermionen) zu<br />
beschreiben.<br />
Eine notwendige Voraussetzung <strong>für</strong> die Gültigkeit <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> ist die Möglichkeit,<br />
sie im nichtrelativistischen Grenzfall in <strong>Gleichung</strong>en <strong>der</strong> nichtrelativistischen<br />
Quantenmechanik umzuformen. Das heißt es sollte möglich sein die Pauli-<strong>Gleichung</strong><br />
mitsamt den relativistischen Korrekturen aus <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> abzuleiten. Dabei<br />
stößt man jedoch auf das Problem, dass <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>’sche Hamiltonoperator nicht diagonal<br />
ist und deshalb Lösungen positiver Energie mit den Lösungen negativer Energie<br />
mischt. Bei <strong>der</strong> Herleitung <strong>der</strong> Pauli-<strong>Gleichung</strong> wird diese Schwierigkeit insofern<br />
umgangen, als bei kleinen Teilchengeschwindigkeiten zwei <strong>der</strong> vier Komponenten <strong>der</strong><br />
<strong>Dirac</strong>’schen Wellenfunktion klein werden und deshalb vernachlässigt werden. Man erhält<br />
demnach eine <strong>Gleichung</strong> <strong>für</strong> zweikomponentige Lösungen <strong>der</strong> Ordnung 1/mc 2 . Der<br />
Überganz von vier auf zweikomponentige Wellenfunktionen bleibt indes etwas obskur,<br />
zumal bei einer nichtrelativistische <strong>Näherung</strong> höherer Ordnung obiges Argument nicht<br />
ohne weiteres tragbar ist. Daher schlugen L. L. Foldy und S. A. Wouthhuysen “an alternative<br />
method for passing from four- to two-component wave functions in the <strong>Dirac</strong><br />
theory“ [1]. Die von ihnen gefundene Transformation erlaubt es, Zustände positiver<br />
Energie von Zuständen negativer Energie sukzessiv zu separieren und daher Korrekturterme<br />
beliebiger Ordnung zu generieren. Man gelangt auf diese Weise diskursiv zu<br />
relativistischen Korrekturen eines in einem Potenzial eingeschlossenen Teilchens - und<br />
nicht zuletzt zur Feinstruktur eines Elektrons im elektrostatischen Zentralpotenzial (z.<br />
B. im Wasserstoffatom).
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 2<br />
2 <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong><br />
2.1 Kanonische Darstellung <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong><br />
Die grundlegende Idee bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> bestand in <strong>der</strong> relativistischen<br />
Verallgemeinerung <strong>der</strong> Schrödingergleichung <strong>für</strong> freie Teilchen in <strong>der</strong> Darstellung:<br />
i ∂Ψ(x) = HΨ(x), (2.1)<br />
∂t<br />
wobei x = x µ , also ein Vierervektor ist und H hermitesch.<br />
Es werden folgende For<strong>der</strong>ungen an die <strong>Gleichung</strong> gestellt [2]:<br />
• Sie muss lorentzkovariant sein. Das bedeutet wie<strong>der</strong>um, dass die räumlichen Ableitungen,<br />
gleich den zeitlichen, linear sein müssen.<br />
• Die relativistische Energie-Impuls-Beziehung E 2 = p 2 c 2 + m 2 c 4 muss erfüllt sein.<br />
• Es muss ein Viererstrom mit einer positiv definiten Wahrscheinlichkeitsdichte<br />
(nullte Komponente) existieren.<br />
In Anbetracht <strong>der</strong> ersten beiden Voraussetzungen muss <strong>der</strong> Hamilton-Operator von <strong>der</strong><br />
Form<br />
H = cαp + βmc 2 (2.2)<br />
sein [4], wobei α und β hermitesche Matrizen sind und p = −i∇. Außerdem muss<br />
die Nebenbedingung<br />
(Klein-Gordon-<strong>Gleichung</strong>) gelten.<br />
− 2 ∂2 Ψ(x)<br />
∂t 2 = ( c 2 p 2 + m 2 0c 4) Ψ(x) (2.3)<br />
Damit ist offensichtlich, dass α i und β keine gewöhnlichen Zahlen sein können, da<br />
keine Mischterme vorkommen. Aus obiger Beziehung lässt sich nun auf die algebraische<br />
Struktur von α i und β schließen:<br />
(α i p i + βm) 2 = β 2 m 2 + (α i ) 2 (p i ) 2 + {α i , β}mp i + 1 2 {αi , α j } i≠j p i p j !<br />
= (p i ) 2 + m 2 . (2.4)<br />
Man sieht hieraus, dass (2.3) nur dann erfüllt ist, wenn die Relationen<br />
gelten 1<br />
{α i , α j } = 2 δ ij 1 , (2.5a)<br />
{α i , β} = 0 , (2.5b)<br />
(α i ) 2 = β 2 = 1 (2.5c)<br />
. Zudem müssen diese Matrizen hermitesch sein, um die Hermitezität des<br />
Hamilton-Operators sicherzustellen. Sie besitzen nach (2.5c) die Eigenwerte ±1.<br />
1 Bei {a, b} handelt es sich um einen Antikommutator.
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 3<br />
Schreibt man die Relation (2.5b) um in<br />
α i = −βα i β<br />
und verwendet die zyklische Invarianz <strong>der</strong> Spur tr(ab) = tr(ba), so geht hervor, dass<br />
die Spur <strong>der</strong> Matrizen verschwindet:<br />
tr(α i ) = −tr(βα i β) = −tr(α i β 2 ) = −tr(α i ) = 0 .<br />
Führt man diese Rechnung <strong>für</strong> β durch, gelangt man zum gleichen Ergebnis, nämlich<br />
tr(β) = 0. Folglich muss die Anzahl positiver und negativer Eigenwerte gleich sein.<br />
Matrizen, die den For<strong>der</strong>ungen (2.5a)-(2.5b) genügen, sind z. B. (<strong>Dirac</strong>-Darstellung 2 ):<br />
( ) ( )<br />
α i 0 σ i<br />
1 0<br />
=<br />
, β =<br />
, (2.6)<br />
σ i 0<br />
0 −1<br />
wobei σ 1 , σ 2 und σ 3 die Pauli-Matrizen sind 3 [3].<br />
In Verbindung mit diesen Matrizen lässt sich die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> als vierdimensionale<br />
Matrixgleichung darstellen [2]:<br />
i ∂Ψ(x)<br />
∂t<br />
=<br />
4∑ [c ( αp ) ]<br />
+ β ij ijmc 2 Ψ j (x) , i = 1, 2, 3, 4 . (2.7)<br />
j=1<br />
Die Wellenfunktion Ψ(x) ist ein vierdimensionaler Spaltenvektor, den man als Bispinor<br />
bezeichnet. Mit <strong>Gleichung</strong> (2.7) hat man nun die freie <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> in kanonischer<br />
Form.<br />
Kontinuitätsgleichung<br />
Analog zur nichtrelativistischen Quantenmechanik ist es auf Grund <strong>der</strong> Hermitezität<br />
<strong>der</strong> Matrizen α i und β (α † i = α i, β † = β) möglich, auch <strong>für</strong> die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> eine<br />
positiv definite Wahrscheinlichkeitsdichte zu definieren 4 .<br />
Dazu wird <strong>Gleichung</strong> (2.7) von links mit Ψ † = (Ψ ∗ 1, Ψ ∗ 2, Ψ ∗ 3, Ψ ∗ 4) multipliziert:<br />
und danach komplex konjugiert:<br />
iΨ † ∂Ψ<br />
∂t = c<br />
i Ψ† α∇Ψ + mc 2 Ψ † βΨ (2.8)<br />
−i ∂Ψ†<br />
∂t Ψ = −c i (∇Ψ† )αΨ + mc 2 Ψ † βΨ . (2.9)<br />
(<br />
( )<br />
)<br />
2 Eine an<strong>der</strong>e mögliche Form hat die Weyl-Darstellung: α i σ i 0<br />
0 −1<br />
=<br />
, β =<br />
( ) ( ) (<br />
0 −σ<br />
)<br />
i −1 0<br />
.<br />
3 Pauli-Matrizen: σ 1 =<br />
0 1<br />
0 −i<br />
1 0<br />
, σ 2 =<br />
, σ 3 =<br />
1 0<br />
i 0<br />
0 −1<br />
, wobei σ 1 σ 2 = iσ 3 . Jede<br />
2 × 2-Matrix kann als Linearkombination <strong>der</strong> Pauli-Matrizen und <strong>der</strong> Einheitsmatrix 1 geschrieben<br />
werden.<br />
4 Ψ † Ψ = ∑ i Ψ∗ i Ψ i = ∑ i |Ψ i| 2 0
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 4<br />
Die Differenz <strong>der</strong> beiden <strong>Gleichung</strong>en führt zu<br />
und damit zur Kontinuitätsgleichung<br />
∂<br />
∂t (Ψ† Ψ) = −c ( (∇Ψ † )αΨ + Ψ † α∇Ψ ) (2.10)<br />
∂ρ(x)<br />
∂t<br />
+ ∇j(x) = 0 , (2.11)<br />
mit <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsdichte ρ und <strong>der</strong> Wahrscheinlichkeitsstromdichte j:<br />
ρ ≡ Ψ † Ψ<br />
j ≡ Ψ † caΨ .<br />
(2.12a)<br />
(2.12b)<br />
Zudem folgt, dass die Zustände in völliger Analogie zum nichtrelativistischen Fall wie<br />
folgt normiert werden: ∫<br />
d 3 xΨ † (x)Ψ(x) = 1 . (2.13)<br />
Lösungen <strong>für</strong> freie Teilchen<br />
Die Lösungen <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> ergeben sich mittels des Ansatzes [4]<br />
( φ<br />
Ψ(x) = e<br />
χ)<br />
i(px−Et)/ , (2.14)<br />
wobei φ und χ zweikomponentige Spinoren sind. Setzt man diese Wellengleichung in<br />
(2.7) ein, so erhält man, wie erwartet, die relativistische Energie-Impuls-Beziehung<br />
⎧<br />
⎪⎨ E (+) = +c √ p 2 + m 2 c 2 = +cp 0<br />
E 2 − m 2 c 4 − c 2 p 2 = 0 =⇒<br />
⎪⎩<br />
E (−) = −c √ (2.15)<br />
p 2 + m 2 c 2 = −cp 0<br />
<strong>für</strong> freie Teilchen. In (2.14) eingesetzt führt dies zu den Lösungen <strong>der</strong> freien <strong>Dirac</strong>-<br />
<strong>Gleichung</strong> [2]:<br />
Ψ (r) (x) =<br />
1<br />
(2π) 3/2 (mc) 1/2<br />
(p 2 + m 2 c 2 ) 1/4 e−iξr(E−px)/) u (r) (p) , ξ r =<br />
{<br />
+1 <strong>für</strong> r = 1, 2<br />
−1 <strong>für</strong> r = 3, 4<br />
,<br />
(2.16)<br />
mit<br />
u (1,2) (p) =<br />
u (3,4) (p) =<br />
√ (<br />
p + mc χ<br />
(1,2)<br />
2mc<br />
√<br />
p + mc<br />
2mc<br />
)<br />
σp<br />
p+mc χ(1,2)<br />
( )<br />
σp<br />
p+mc χ(3,4)<br />
χ (3,4)<br />
,<br />
(2.17)
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 5<br />
wobei χ (1,2) und χ (3,4) linear unabhängige zweikomponentige Spinoren sind und E =<br />
c √ p 2 + m 2 c 2 . Offensichtlich hat man es hier mit zwei Arten von Lösungen zu tun, nämlich<br />
einerseits mit Zuständen positiver Energie, die, wie bei <strong>der</strong> Schrödinger-<strong>Gleichung</strong>,<br />
als Teilchen-Wellenfunktionen zu interpretieren sind und an<strong>der</strong>erseits mit Zuständen<br />
negativer Energie, <strong>der</strong>en Existenz zunächst merkwürdig erscheint und einer physikalisch<br />
sinnvollen Erklärung bedarf (s. Kap. 2.3).<br />
Die Lösungen (2.16) enthalten innere Freiheitsgrade, da die Spinoren χ (1,2) und χ (3,4)<br />
noch nicht eindeutig festgelegt sind. Es muss folglich neben dem Hamilton-Operator<br />
H (0) und dem Impulsoperator p ein weiterer Operator existieren, <strong>der</strong> mit den beiden<br />
Operatoren vertauscht. Man stellt fest, dass <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> nichtrelativistischen Quantenmechanik<br />
bekannte Spinoperator<br />
<strong>der</strong> den Vertauschungsrelationen<br />
˜S = 2 Σ , Σ = (<br />
σ 0<br />
0 σ<br />
)<br />
, (2.18)<br />
[ ˜S i , ˜S j ] = iɛ ijk ˜Sk , i, j, k = 1, 2, 3 (2.19)<br />
genügt, mit H (0) und p kommutiert und deshalb auch <strong>für</strong> die <strong>Dirac</strong>-Theorie in Frage<br />
kommt. Die Quantenzahl s folgt aus <strong>der</strong> Beziehung<br />
˜S 2 Ψ = 2<br />
4 Σ2 Ψ = 4 (1 + 1 + 1)Ψ = 3 4 Ψ ! = s(s + 1)Ψ , (2.20)<br />
nämlich: s = 1 . Das führt zu <strong>der</strong> Schlussfolgerung, dass die Lösungen <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<br />
2<br />
<strong>Gleichung</strong> Spin-1/2-Teilchen beschreiben. Für die Eigenwerte <strong>der</strong> Projektion des Spins<br />
auf die z-Achse gilt bekanntlich:<br />
˜S z Ψ = m z Ψ , m z = ± 1 2 .<br />
Ist also <strong>der</strong> Spin parallel bzw. antiparallel zur z-Achse orientiert, dann haben die Spinoren<br />
folgende Form [4]:<br />
(<br />
χ (s= 1 1<br />
2 ) = χ (1,3) =<br />
0)<br />
(<br />
χ (s=− 1 0<br />
2 ) = χ (2,4) = . (2.21)<br />
1)<br />
Kopplung an das elektromagnetische Feld<br />
Bei einem von außen angelegten elektromagnetischen Feld, dargestellt durch ein Viererpotential<br />
A µ = (A 0 , A), das mit einem relativistischen Spin-1/2-Teilchen wechselwirkt,<br />
nimmt man folgende Ersetzung <strong>der</strong> Operatoren vor 5 [6]:<br />
i ∂ ∂t −→ i ∂ ∂t − eA0 , p −→ p − e c A . (2.22)<br />
5 Man bezeichnet diese Operatorersetzung, die insbeson<strong>der</strong>e aus <strong>der</strong> klassischen Elektrodynamik<br />
bekannt ist, auch als minimale Kopplung.
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 6<br />
Die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> lautet somit:<br />
i ∂Ψ(x)<br />
∂t<br />
=<br />
[cα ( p − e c A) + βmc 2 + eA 0 ]<br />
Ψ(x) , (2.23)<br />
wobei e die Ladung des Teilchens ist, also e = −e 0 <strong>für</strong> das Elektron.<br />
2.2 <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> in lorentzkovarianter Form<br />
Damit die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> in allen Aspekten mit <strong>der</strong> speziellen Relativitätstheorie<br />
konform ist, muss sie in einer kovarianten Darstellung formuliert werden, d. h. ihre<br />
Form muss unabhängig von <strong>der</strong> Wahl des Inertialsystems sein (Relativitätsprinzip).<br />
Dazu werden die γ-Matrizen eingeführt [2]:<br />
γ 0 ≡ β<br />
(2.24)<br />
γ i ≡ βα i<br />
Diese erfüllen die Clifford-Algebra<br />
{γ µ , γ ν } = 2g µν 1 , (2.25)<br />
wobei g µν <strong>der</strong> metrische Tensor ist, und weisen folgende Eigenschaften auf: γ 0 ist hermitesch,<br />
γ i dagegen antihermitesch, also (γ i ) † = −γ i .<br />
Außerdem genügen sie den Relationen<br />
γ µ† = γ 0 γ µ γ 0 , (γ 0 ) 2 = 1 , (γ i ) 2 = −1 . (2.26)<br />
Daraus lässt sich die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> unter Verwendung von<br />
( ) ( )<br />
∂/c∂t<br />
A<br />
p µ = i ∂ µ = i , A µ 0<br />
=<br />
−∇<br />
A<br />
in <strong>der</strong> Gestalt<br />
( [γ µ p µ − e ) ]<br />
c A µ(x) − mc 2 Ψ(x) = 0 (2.27)<br />
schreiben.
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 7<br />
2.3 Interpretation negativer Lösungen<br />
Es wurde bereits gezeigt, dass neben positiven auch negative Lösungen existieren (s.<br />
Gl. (2.16)). Nun heißt es zu untersuchen, welche Bewandtnis diese haben und welche<br />
Konsequenzen sich daraus ergeben.<br />
Ladungskonjugation<br />
Man kann zeigen, dass <strong>für</strong> ein Potential A µ ein Zusammenhang zwischen den negativen<br />
Lösungen <strong>der</strong> Ladung +e und den positiven Lösungen <strong>der</strong> Ladung −e besteht.<br />
Aus <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> einer negativen Lösung Ψ (−) mit <strong>der</strong> Ladung +e<br />
( [γ µ p µ − e ) ]<br />
c A µ(x) − mc 2 Ψ (−) (x) = 0 (2.28)<br />
soll durch eine bestimmte Symmetrietransformation die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> einer positiven<br />
Lösung Ψ (−)<br />
C<br />
mit <strong>der</strong> Ladung −e<br />
( [γ µ p µ + e ) ]<br />
c A µ(x) − mc 2<br />
Ψ (−)<br />
C<br />
(x) = 0 (2.29)<br />
zu generieren möglich sein. Daher gilt es eine lineare Matrix C zu finden, welche die<br />
Operation<br />
Ψ (−) (x) −→ Ψ (−)<br />
C (x) = CΨ(−)∗ (x) (2.30)<br />
erfüllt [7]. Nach Einsetzen von (2.30) in (2.29), einer Linksmultiplikation mit C −1 und<br />
anschließen<strong>der</strong> komplexen Konjugation erhält man unter <strong>der</strong> Bedingung<br />
C −1 γ µ C = −γ µ∗ = −γ µT , C 2 = 1 (2.31)<br />
<strong>Gleichung</strong> (2.28). Somit folgt schließlich unter Ausnutzung <strong>der</strong> Eigenschaften von γ -<br />
Matrizen 6 C = iγ 2 . (2.32)<br />
Multipliziert man wie<strong>der</strong>um die Eigenwertgleichung des negativen Zustandes Ψ (−)<br />
[<br />
cα<br />
(<br />
p −<br />
e<br />
c A) + eA 0 + βm 0 c 2] Ψ (−) (x) = −|E|Ψ (−) (x) (2.33)<br />
von links mit C und wendet eine komplexe Konjugation an -<br />
[ ( e cα p +<br />
c A) − eA 0 + βm 0 c 2] Ψ (−)<br />
C<br />
(x) = +|E|Ψ(−)<br />
C<br />
(x) , (2.34)<br />
so ist es evident, dass Ψ (−)<br />
C<br />
de facto eine Lösung positiver Energie darstellt. Demnach<br />
kommt man zu dem Schluss, dass wenn Ψ (+) einer positiven Lösung <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong><br />
entspricht und damit die Bewegung eines Fermions <strong>der</strong> Ladung +e beschreibt, dann<br />
stellt Ψ (−)<br />
C<br />
die Ladungskonjugierte <strong>der</strong> negativen Lösung dar und beschreibt die Bewegung<br />
eines Antifermions <strong>der</strong> Ladung −e.<br />
6 γ 0T = γ 0 , γ 1T = −γ 1 , γ 2T = γ 2 , γ 3T = −γ 3 .
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 8<br />
Interpretation negativer Lösungen - Löchertheorie<br />
<strong>Dirac</strong> selbst lieferte die erste “brauchbare“ Erklärung zu den Zuständen negativer<br />
Energie und verwendete einen Kunstgriff, um das daher herrührende Problem einer<br />
Strahlungskatastrophe zu umgehen. Auf Grund des Vorhandenseins eines negativen<br />
Energiekontinuums wäre ein Teilchen in <strong>der</strong> Lage, ununterbrochen unter Emission von<br />
Photonen von einem Zustand positiver Energie zu immer tieferen Zuständen negativer<br />
Energie zu springen (s. Abb. 1) und unendlich viel Energie abzustrahlen. Dieses Phänomen<br />
wird jedoch in <strong>der</strong> Realität nicht beobachtet. Aus diesem Grund nimmt man<br />
an, alle negativen Zustände seien von Elektronen besetzt und bilden einen sogenannten<br />
<strong>Dirac</strong>-See, <strong>der</strong> das Vakuum darstellt (Abb. 2). Das Pauli-Prinzip verhin<strong>der</strong>t, dass ein<br />
Zustand von zwei o<strong>der</strong> mehr Fermionen besetzt wird, sodass dieser Vakuumzustand<br />
stabil ist. Zudem konstatierte <strong>Dirac</strong>, dass die von diesen Elektronen erzeugte unendliche<br />
Ladung „keine Fel<strong>der</strong> erzeugt, son<strong>der</strong>n dass nur dasjenige elektrostatische Feld<br />
existiert, das von Abweichungen <strong>der</strong> Besetzung <strong>der</strong> Zustände von dieser Normalbesetzung<br />
des physikalischen Vakuums herrührt“ [7].<br />
Abb. 1: Strahlungskatastrophe<br />
Abb. 2: Darstellung des <strong>Dirac</strong>-Sees<br />
Diese Interpretation führt zu weiteren anschaulichen physikalischen Konsequenzen.<br />
Zum Beispiel kann ein Elektron negativer Energie durch Absorption von Strahlung<br />
in einen Zustand positiver Energie übergehen (Abb. 3). Dadurch entsteht ein “Loch“<br />
im negativen Energiekontinuum 7 , das auf die Abwesenheit eines Elektrons <strong>der</strong> Ladung<br />
+e und negative Energie weist. Relativ zum Vakuum beobachtet man jedoch ein Teilchen<br />
<strong>der</strong> Ladung −e und einer negativen Energie (Positron). Hiermit hat man eine<br />
Erklärung <strong>für</strong> den Paarbildungseffekt 8 . Umgekehrt kann ein Elektron unter Aussendung<br />
von Strahlung dieses Loch wie<strong>der</strong> auffüllen (s. Abb. 4), wodurch seine Existenz im<br />
7 Daher auch die Bezeichnung Löchertheorie<br />
8 Tatsächlich tritt die Elektron-Positron-Paarbildung erst durch die Wechselwirkung des Photons<br />
mit einem elektrischen Feld auf.
<strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 9<br />
<strong>Dirac</strong>-See nicht mehr nachweisbar wird. Dieses Phänomen bezeichnet man als Elektron-<br />
Positron-Annihilation.<br />
Abb. 3: Darstellung <strong>der</strong> Paarbildung<br />
Abb. 4: e − - e + - Annihilation<br />
Zu beachten ist jedoch, dass das Ladungsvorzeichen in <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-Theorie nicht ausgezeichnet<br />
ist, dass man also die Ladung des Positrons −e als Teilchenladung und die<br />
Ladung des Elektrons +e als Antiteilchenladung ansehen könnte.<br />
Ein großer Wert dieses Modells liegt insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> ersten konkreten, wenn auch<br />
etwas naiven, Beschreibung des Vakuums, das nicht einfach durch eine vollkommene<br />
“Leere“ identifiziert wird, son<strong>der</strong>n mit einer inneren, modifizierbaren Struktur versehen<br />
ist [2]. Dies lässt sich über die Wechselwirkung des elektromagnetischen Feldes mit<br />
den Elektronen des <strong>Dirac</strong>-Sees, was sich durch die sogenannte Vakuumpolarisation 9<br />
äußert, feststellen .<br />
Die schwerwiegendsten Schwachstellen dieser Interpretation sind die oben erwähnte<br />
unendlich hohe Ladung und damit eine unendlich hohe negative Energie des Grundzustands<br />
des Vakuums und die Asymmetrie zwischen dem Elektron und dem Positron<br />
[5]. Diese Mängel werden erst durch die Quantenfeldtheorie behoben.<br />
9 Ladungsverschiebung des Vakuums (zur Vakuumpolarisation s. z. B. [8])
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 10<br />
3 <strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong><br />
Eine sehr wichtige Anfor<strong>der</strong>ung an eine relativistische Theorie besteht in <strong>der</strong> Ableitbarkeit<br />
klassischer Gesetze im Falle v ≪ 1. Mit dieser For<strong>der</strong>ung ist auch die <strong>Dirac</strong>c<br />
<strong>Gleichung</strong> konfrontiert und es gilt zu prüfen, ob sie im nichtrelativistischen Limes auf<br />
<strong>Gleichung</strong>en <strong>der</strong> klassischen Quantenmechanik führt und eine Methode zu finden, die<br />
es erlaubt mit Hilfe einer Transformation den Hamiltonoperator systematisch in beliebigen<br />
Ordnungen, zwecks relativistischer Korrekturen, zu diagonalisieren 10 .<br />
3.1 <strong>Näherung</strong> nächster Ordnung - Pauli-<strong>Gleichung</strong><br />
Für die Herleitung von Termen nächster Ordnung geht man im Allgemeinen von <strong>der</strong><br />
an das elektromagnetische Feld gekoppelten kanonischen <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> (2.23) aus:<br />
i ∂Ψ(x)<br />
∂t<br />
=<br />
[cα ( p − e c A) + βmc 2 + eA 0 ]<br />
Ψ(x) . (3.35)<br />
Zur weiteren Betrachtung wird <strong>der</strong> vierkomponentige Spinor in zwei zweikomponentige<br />
Spinoren zerlegt<br />
( φ<br />
Ψ =<br />
χ)<br />
, φ =<br />
(<br />
φ1<br />
φ 2<br />
)<br />
, χ =<br />
Da in <strong>der</strong> nichtrelativistischen <strong>Näherung</strong> die Energie ε ≈ mc 2 , kann <strong>der</strong> exponentielle<br />
Anteil <strong>der</strong> Wellenfunktion exp[−iεt/] durch exp[−imc 2 t/] angenähert werden, sodass<br />
man schreiben kann<br />
Ψ(x, t) =<br />
(<br />
χ1<br />
χ 2<br />
)<br />
( ) φ(x)<br />
e −imc2t/ . (3.36)<br />
χ(x)<br />
Setzt man (3.36) in die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> (3.35) ein, so ergibt sich folgendes <strong>Gleichung</strong>ssystem:<br />
( ∂ i<br />
∂t − eA0) φ = cσ ( p − e c A) χ<br />
( ∂ i<br />
∂t − eA0 + 2mc 2) χ = cσ ( p − e c A) φ .<br />
.<br />
(3.37a)<br />
(3.37b)<br />
Der Term 2mc 2 χ in (3.37b) ist viel größer als eA 0 χ und ˙χ , weshalb man diese in<br />
nächster <strong>Näherung</strong> vernachlässigen kann [9]. Durch Umformen ergibt sich also<br />
χ = 1<br />
2mc σ( p − e c A) φ . (3.38)<br />
10 Die Voraussetzung zur vollständigen Entkopplung <strong>der</strong> negativen und positiven Zustände im Sinne<br />
<strong>der</strong> Ein-Teilchen-Theorie besteht darin, den geraden Anteil des betreffenden Operators vom ungeraden<br />
zu separieren, was einer Diagonalisierung desselben gleichkommt.
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 11<br />
Diese <strong>Gleichung</strong> gibt das Verhältnis zwischen φ und χ wie<strong>der</strong>. Es ist also evident,<br />
dass hierbei φ die große Komponente und χ die kleine Komponente ist 11 . In (3.37a)<br />
eingesetzt gibt dies<br />
( ∂ i<br />
∂t − eA0) φ = 1 [<br />
σ ( p − e 2mc c A)] 2<br />
φ . (3.39)<br />
Zur weiteren Umformung dieser <strong>Gleichung</strong> kann die Identität<br />
(σa)(σb) = ab + iσ(a × b) , a = b = p − e c A (3.40)<br />
verwendet werden. Das Vektorprodukt a × b verschwindet in diesem Fall nicht, weil p<br />
und A nicht kommutabel sind:<br />
( e p −<br />
c A) × ( p − e c A) φ = ie ( ) ie( ) ie<br />
∇ × A + A × ∇ φ = ∇ × A φ =<br />
c<br />
c<br />
c Bφ .<br />
Unter Ausnutzung dieser Ergebnisse erhält man<br />
[<br />
σ ( p − e c A)] 2<br />
φ =<br />
[ (p<br />
−<br />
e<br />
c A) 2<br />
−<br />
e<br />
c σB ]<br />
φ (3.41)<br />
und damit schließlich die aus <strong>der</strong> nichtrelativistischen Quantenmechanik bekannte<br />
Pauli-<strong>Gleichung</strong> <strong>für</strong> den Pauli-Spinor φ 12<br />
i ∂φ [ 1<br />
∂t = ( e p −<br />
2m c A) 2<br />
+ eA 0 − e ]<br />
2mc σB φ . (3.42)<br />
Das Beachtliche an diesem Ergebnis ist, dass <strong>der</strong> nichtrelativistische Limes <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<br />
<strong>Gleichung</strong> per se auf den Ausdruck <strong>für</strong> die Wechselwirkung zwischen dem äußeren Magnetfeld<br />
und dem magnetischen Moment des Elektrons - MB mit dem entsprechenden<br />
gyromagnetischen Verhältnis<br />
M =<br />
e<br />
2mc σ =<br />
eg<br />
2mc S (3.43)<br />
führt, was in <strong>der</strong> klassischen Theorie nicht <strong>der</strong> Fall ist. Der Landé-Faktor g ist hier<br />
exakt 2 13 .<br />
11 Der Ausdruck in <strong>der</strong> Klammer von (3.38) ist gemäß (2.22) eine Impulsgröße, sodass also im<br />
klassischen Fall eines freien Teilchens stattdessen mv stände und χ deshalb von <strong>der</strong> Größenordnung<br />
O( v c<br />
)φ ist.<br />
12 Vgl. [10]<br />
13 Laut Experiment ist <strong>der</strong> Wert g = 2 nicht exakt richtig. Erst die Quantenelektrodynamik liefert<br />
die genaue Beschreibung: g = 2(1+ α 2π<br />
+...), wobei α = 1/137 die Feinstrukturkonstante ist. Bei g = 2<br />
handelt es sich also um den Term nullter Ordnung [10].
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 12<br />
3.2 Foldy-Wouthuysen-Transformation<br />
Die Pauli-Theorie liefert eine <strong>Gleichung</strong> mit bis zu O( 1<br />
mc 2 ) korrekten Termen, <strong>der</strong>en<br />
positive und negative Lösungen vollständig entkoppelt sind, was sich dadurch äußert,<br />
dass <strong>der</strong> Hamiltonoperator H diagonal ist. Gesucht ist jedoch eine Methode, die H<br />
systematisch in beliebig höheren Ordnungen diagonalisiert und dadurch höhere relativistische<br />
Korrekturen generiert. Hier<strong>für</strong> eignet sich die nach L. L. Foldy und S. A.<br />
Wouthuysen benannte Foldy-Wouthuysen-Transformation (FW-Transformation). 14<br />
Der <strong>Dirac</strong>‘sche Hamiltonoperator enthält zwei Arten von Operatoren - ungerade und<br />
gerade Operatoren. Ein ungera<strong>der</strong> Operator ist eine Matrix, die nur solche Matrixelemente<br />
besitzt, die große und kleine Komponenten <strong>der</strong> Wellenfunktion koppeln (z.B. α i<br />
und γ 5 = −iα 1 α 2 α 3 ), d. h. bei <strong>der</strong> Einwirkung auf positive bzw. negative Lösungen<br />
Ψ (±) erhält man OΨ (±) = Ψ ′(∓) . Ein gera<strong>der</strong> Operator (z. B. 1, β und σ) dagegen<br />
enthält keine solchen Matrixelemente, sodass gilt: OΨ (±)<br />
= Ψ ′(±) [1]. Mit <strong>der</strong> FW-<br />
Transformation gelingt es den ungeraden Operator α in <strong>der</strong> gewünschten Ordnung von<br />
1<br />
mc 2<br />
sukzessive zu eliminieren. Dazu verwendet man eine geeignete unitäre Transformation<br />
in <strong>der</strong> Darstellung [1]<br />
Aus <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> folgt dann<br />
Ψ ′ = e iS Ψ bzw. Ψ = e −iS Ψ ′ . (3.44)<br />
i∂ t Ψ = i∂ t e −iS Ψ ′ = i ( ∂ t e −iS) Ψ ′ + ie −iS ∂ t Ψ ′ !<br />
= HΨ = He −iS Ψ ′ (3.45)<br />
und daraus durch Umformung die Bewegungsgleichung <strong>für</strong> Ψ ′<br />
ie −iS ∂ t Ψ ′ = ( He −iS − i∂ t e −iS) Ψ ′<br />
i∂ t Ψ ′ = e iS( He −iS − i∂ t e −iS) Ψ ′<br />
i∂ t Ψ ′ = ( e iS( H − i∂ t<br />
)<br />
e<br />
−iS ) Ψ ′ ≡ H ′ Ψ ′ .<br />
(3.46)<br />
Der Hamiltonian <strong>der</strong> Foldy-Wouthuysen-Transformation hat ergo die Form<br />
H ′ = e iS( H − i∂ t<br />
)<br />
e −iS , (3.47)<br />
wobei die zeitliche Ableitung nur auf e −iS wirkt.<br />
Nun lässt sich <strong>der</strong> Hamiltonoperator bei vorgegebenem Viererpotential A µ<br />
einen geraden (even) Term ɛ und einen ungeraden (odd) Term ω zerlegen:<br />
stets in<br />
H = βmc 2 + ɛ + ω , (3.48)<br />
14 Es ist jedoch zu beachten, dass eine exakte Diagonalisierung <strong>der</strong> allgemeinen <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong><br />
(2.23) wegen den Effekten <strong>der</strong> Vakuumpolarisation nicht möglich ist. Vollkommene Diagonalisierung<br />
lässt sich nur <strong>für</strong> ein freies Teilchen durchführen, z. B. mittels <strong>der</strong> Feshbach-Villars-Transformation.
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 13<br />
mit<br />
wobei die Vertauschung mit β wie folgt aussieht:<br />
Für den Operator S wählen wir den Ansatz<br />
ɛ = eA 0 und ω = cα ( p − e c A) , (3.49)<br />
βɛ = ɛβ , βω = −ωβ . (3.50)<br />
S = −iβω/2mc 2 , (3.51)<br />
sodass es möglich ist die Transformation (3.44) in beliebigen Ordnungen von 1 zu<br />
mc 2<br />
entwickeln und eine zufriedenstellende Separation zwischen den Zuständen positiver<br />
und negativer Energie zu erzielen [9]. Zur Berechnung von H ′ führen wir die Baker-<br />
Hausdorff-Entwicklung 15 bis zur gewünschten Ordnung durch<br />
H ′ = e iS( H − i ∂ t<br />
)<br />
e<br />
−iS<br />
= e iS He −iS − i e iS ∂ t e −iS<br />
= H + [iS, H] + 1 2 [iS, [iS, H]] + 1 6 [iS, [iS, [iS, H]]] + 1 [iS, [iS, [iS, [iS, H]]]]<br />
2<br />
− i∂ t − [iS, i∂ t ] − 1 2 [iS, [iS, i∂ t]] − 1 6 [iS, [iS, [iS, i∂ (3.52)<br />
t]]]<br />
= H + [iS, H] + i2 2 [S, [S, H]] + i3 i4<br />
[S, [S, [S, H]]] + [S, [S, [S, [S, H]]]]<br />
6 24<br />
− Ṡ − i 2 [S, Ṡ] − i2 6 [S, [S, Ṡ]] ,<br />
wobei im letzten Schritt verwendet wurde, dass [iS, i∂ t ] = Ṡ.<br />
Im folgenden werden die einzelnen Terme von (3.52) explizit berechnet.<br />
2. Term von H ′ :<br />
i[S, H] = i[− iβω<br />
2mc 2 , βmc2 + ɛ + ω]<br />
= 1<br />
2mc 2 (<br />
[βω, β]mc 2 + [βω, ɛ] + [βω, ω] ) (3.53)<br />
Die Kommutatoren berechnen sich unter Bezugnahme von (3.50) zu<br />
[βω, β] = βωβ − ββω = −2ω<br />
[βω, ɛ] = β[ω, ɛ]<br />
[βω, ω] = βωω − ωβω = 2βω 2 ,<br />
(3.54)<br />
woraus wir <strong>für</strong> den zweiten Term<br />
i[S, H] = −ω +<br />
15 e A Be −A = B + [A, B] + ... + 1 n!<br />
[A, [A, ..., [A, B]...]] + ...<br />
β βω2<br />
[ω, ɛ] + (3.55)<br />
2mc2 mc 2
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 14<br />
erhalten. Der Ausdruck −ω aus (3.55) hebt das ω aus H auf, wodurch <strong>der</strong> ungerade<br />
Anteil des Hamiltonoperators dieser Ordnung nicht mehr auftritt. Zwar ist [ω, ɛ]<br />
2mc 2<br />
ungerade, jedoch um die Ordnung 1 kleiner als <strong>der</strong> ursprüngliche ungerade Ausdruck<br />
mc 2<br />
in (3.48). Der dritte Ausdruck ist gerade 16 .<br />
3. Term von H ′ :<br />
i 2 2 [S, [S, H]] = i [S, i[S, H]]<br />
2<br />
= i iβω<br />
[−<br />
2 2mc , −ω +<br />
2<br />
β<br />
2mc<br />
= 1<br />
4mc 2 (<br />
[βω, −ω] + [βω,<br />
1<br />
[ω, ɛ] +<br />
2<br />
mc 2 ω2 ]<br />
β<br />
1<br />
[ω, ɛ]] +<br />
2mc2 mc βω, 2 βω2 ]<br />
= − βω2<br />
2mc 2 + 1<br />
8m 2 c 4 (<br />
βωβ[ω, ɛ] − β[ω, ɛ]βω<br />
)<br />
+<br />
1<br />
4m 2 c 4 (<br />
βωβω 2 − βω 2 βω )<br />
= − βω2<br />
2mc 2 + 1<br />
8m 2 c 4 (<br />
βωβ[ω, ɛ] + [ω, ɛ]ω<br />
)<br />
+<br />
1<br />
4m 2 c 4 (<br />
−β 2 ω 3 − β 2 ω 3)<br />
= − βω2<br />
2mc − 1 [ω, [ω, ɛ]] −<br />
ω3<br />
2 8m 2 c4 2m 2 c 4 (3.56)<br />
)<br />
β<br />
Hier sind die ersten beiden Terme gerade und <strong>der</strong> dritte ungerade. Dieser ist um die<br />
Ordnung<br />
1<br />
m 2 c 4<br />
4. Term von H ′<br />
kleiner als <strong>der</strong> ursprüngliche.<br />
i 3 6 [S, [S, [S, H]]] = i 3 [S, i2 [S, [S, H]]<br />
2<br />
= i iβω<br />
[−<br />
2 2mc , − iβω2<br />
2 2mc − 1<br />
1<br />
[ω, [ω, ɛ]] − 2 8m 2 c4 m 2 c 4 ω3<br />
= 1 (<br />
− 1<br />
6mc 2 2mc [βω, 2 βω2 ] − 1<br />
1<br />
[βω, [ω, [ω, ɛ]]] −<br />
8m 2 c4 2m 2 c [βω, 4 ω3 ]<br />
= ω3<br />
6m 2 c 4 − 1<br />
48m 3 c 6 [ω, [ω, [ω, ɛ]]] − 1<br />
12m 3 c 6 (<br />
βω 4 − ω 3 βω )<br />
= ω3<br />
6m 2 c 4 −<br />
= ω3<br />
6m 2 c 4 −<br />
βω4<br />
6m 3 c 6 −<br />
β [ω, [ω, [ω, ɛ]]]<br />
48m 3 c6 βω4<br />
6m 3 c − O( 1 )<br />
6 m 3 c 6<br />
)<br />
(3.57)<br />
Der erste und dritte Term sind ungerade, <strong>der</strong> zweite gerade. Es reicht aus, die ungeraden<br />
1<br />
Operatoren bis zur Ordnung<br />
m 2 c 4<br />
zu lassen [5].<br />
anzuführen und damit den dritten Term außer Acht<br />
16 Das Produkt von zwei geraden o<strong>der</strong> ungeraden Matrizen ist gerade, während das Produkt von<br />
einer geraden mit einer ungeraden Matrix ungerade ist.
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 15<br />
5. Term von H ′<br />
i 4<br />
24 [S, [S, [S, [S, H]]]] = i 4 [S, i3 [S, [S, [S, H]]]]<br />
6<br />
= i iβω<br />
[−<br />
4 2mc , ω 3<br />
2 6m 2 c − 4<br />
= 1<br />
8mc 2 ( 1<br />
=<br />
1<br />
48m 3 c 6 2βω4 −<br />
βω4<br />
6m 3 c 6 ]<br />
6m 2 c [βω, 4 ω3 ] − 1 )<br />
6m 3 c [βω, 6 ω4 ]<br />
1 (<br />
βω 5 − ω 4 βω )<br />
48m 4 c 8<br />
= βω4<br />
24m 3 c 4 + O( 1<br />
m 4 c 8 )<br />
(3.58)<br />
Hierbei wurden wegen des weggelassenen dritten Terms in (3.57) die geraden Terme<br />
oberhalb <strong>der</strong> Ordnung<br />
1<br />
m 3 c 6<br />
automatisch nicht berücksichtigt.<br />
6. Term von H ′ −Ṡ<br />
=<br />
iβ ˙ω<br />
2mc 2 (3.59)<br />
7. Term von H ′ − i 2 [S, Ṡ] = −i 2 [ iβω iβ ˙ω<br />
, −<br />
2mc2 2mc ] 2<br />
= i [βω, β ˙ω]<br />
8m 2 c4 = i ( )<br />
(3.60)<br />
βωβ ˙ω − β ˙ωβω<br />
8m 2 c 4<br />
= − i<br />
8m 2 c [ω, ˙ω] 4<br />
8. Term von H ′ − i2 6 [S, [S, Ṡ]] = i 3 [S, − i [S, Ṡ]]<br />
2<br />
= i 3 [ iβω<br />
2mc , − i [ω, ˙ω]]<br />
2 8m 2 c4 = − i<br />
(3.61)<br />
[βω, [ω, ˙ω]]<br />
48m 3 c6 = − iβ<br />
48m 3 c [ω, [ω, ˙ω]] 6<br />
Dieser Term ist ungerade und von <strong>der</strong> Ordnung 1<br />
m 3 c 6 , weshalb wir ihn ignorieren werden.
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 16<br />
Schließlich ergibt sich <strong>für</strong> H ′ :<br />
H ′ = βmc 2 + ɛ + ω − ω +<br />
−<br />
ω3<br />
2m 2 c 4 +<br />
ω3<br />
6m 2 c 4 −<br />
β βω2<br />
[ω, ɛ] +<br />
2mc2 mc − βω2<br />
2<br />
βω4<br />
6m 3 c + βω4 iβ ˙ω<br />
+ 6 24m 3 c4 2mc − 2<br />
= βmc 2 + ɛ + βω2<br />
2mc − 1 [ω, [ω, ɛ]] −<br />
i<br />
2 8m 2 c4 + β iβ ˙ω<br />
[ω, ɛ] +<br />
2mc2 2mc − 2<br />
3m 2 c 4<br />
= βmc 2 + ɛ + βω2<br />
2mc − 1 [ω, [ω, ɛ] + i ˙ω] −<br />
βω4<br />
2 8m 2 c4 + β iβ ˙ω<br />
[ω, ɛ] +<br />
2mc2 2mc −<br />
ω3<br />
.<br />
2 3m 2 c 4<br />
ω3<br />
2mc − 1 [ω, [ω, ɛ]]<br />
2 8m 2 c4 i [ω, ˙ω]<br />
8m 2 c4 [ω, ˙ω] −<br />
βω4<br />
8m 2 c4 8m 3 c 6<br />
8m 3 c 6<br />
(3.62)<br />
Man kann jetzt H ′ ebenfalls in gerade und ungerade Operatoren aufteilen. Dazu fasst<br />
man ɛ und alle geraden Potenzen von ω zum neuen geraden Term ɛ ′ , alle ungeraden<br />
Potenzen zum neuen ungeraden Term ω ′ zusammen. Der neue Hamiltonoperator H ′<br />
lautet somit<br />
wobei<br />
H ′ = βmc 2 + ɛ ′ + ω ′ , (3.63)<br />
ɛ ′ = βmc 2 + ɛ + βω2<br />
2mc − 1 [ω, [ω, ɛ] + i ˙ω] −<br />
βω4<br />
2 8m 2 c4 8m 3 c 6<br />
ω ′ =<br />
β iβ ˙ω<br />
[ω, ɛ] +<br />
2mc2 2mc −<br />
ω3<br />
.<br />
2 3m 2 c 4<br />
(3.64)<br />
Die ungeraden Terme sind jetzt mindestens von <strong>der</strong> Ordnung 1<br />
mc 2 . Zur weiteren Reduzierung<br />
<strong>der</strong> ungeraden Anteile, also <strong>der</strong> Erhöhung ihrer Ordnung in 1<br />
mc 2 , nehmen wir<br />
eine zweite FW-Transformation vor. Wir verwenden den gleichen Ansatz<br />
( )<br />
H ′′ = e iS′ H ′ − i∂ t e<br />
−iS ′ , (3.65)<br />
mit<br />
S ′ = − iβ<br />
2mc 2 ω′ = − iβ ( β iβ ˙ω<br />
)<br />
[ω, ɛ] +<br />
2mc 2 2mc2 2mc −<br />
ω3<br />
(3.66)<br />
2 3m 2 c 4<br />
und führen die Baker-Hausdorff-Entwicklung wie<strong>der</strong> bis zur gewünschten Ordnung in<br />
S ′ durch:<br />
( )<br />
H ′′ = e iS′ H ′ − i∂ t e<br />
−iS ′<br />
= H ′ + [iS ′ , H ′ ] + 1 2 [iS′ , [iS ′ , H ′ ]] − [iS ′ , i∂ t ]<br />
(3.67)<br />
= H ′ + [iS ′ , H ′ ] + i2 2 [S′ , [S ′ , H ′ ]] − ˙ S ′ .<br />
Unter Verwendung von (3.54) lassen sich die einzelnen Kommutatoren wie bei H ′ sukzessiv<br />
berechnen.
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 17<br />
2. Term von H ′′ i[S ′ , H ′ ] = i[− iβω′<br />
2mc , 2 βmc2 + ɛ ′ + ω ′ ]<br />
= 1 (<br />
[βω ′ , β]mc 2 + [βω ′ , ɛ ′ ] + [βω ′ , ω ′ ] )<br />
(3.68)<br />
2mc 2<br />
= −ω ′ + β<br />
2mc 2 [ω′ , ɛ ′ ] + βω′2<br />
mc 2<br />
Der letzte Ausdruck ist gerade und mindestens von <strong>der</strong> Ordnung<br />
1<br />
m 2 c 4 .<br />
3. Term von H ′′<br />
Hierbei finden wir einen geraden Term mit O ( 1<br />
m 3 c 6 )<br />
vor, alle an<strong>der</strong>en sind von höherer<br />
Ordnung. Deshalb nehmen wir von H ′ nur den Term βmc 2 :<br />
i 2 2 [S′ , [S ′ , H ′ ]] = i2 2 [S′ , [S ′ , βmc 2 ]] + O ( 1<br />
m 4 c 8 )<br />
= 1 2 [ βω′<br />
2mc 2 , [ βω′<br />
2mc 2 , βmc2 ]] + O ( 1<br />
m 4 c 8 )<br />
= 1<br />
8m 2 c 4 [βω′ , −2ω ′ mc 2 ] + O ( 1<br />
m 4 c 8 )<br />
= − 1<br />
4mc 2 [βω′ , ω ′ ] + O ( 1<br />
m 4 c 8 )<br />
= − βω′2<br />
2mc 2 + O( 1<br />
m 4 c 8 )<br />
.<br />
(3.69)<br />
4. Term von H ′′ − ˙ S ′ = iβ ˙ω ′<br />
2mc 2 (3.70)<br />
Wir fassen (3.68 - 3.70) zusammen und erhalten somit nach <strong>der</strong> zweiten FW-<br />
Transformation<br />
H ′′ = βmc 2 + ɛ ′ + βω′2<br />
2mc + β<br />
2 2mc 2 [ω′ , ɛ ′ ] + iβ ˙ω ′<br />
2mc 2<br />
= βmc 2 + ɛ ′′ + ω ′′ .<br />
(3.71)<br />
1<br />
In diesem Hamiltonian sind die ungeraden Terme von <strong>der</strong> Ordnung und höher.<br />
m 2 c 4<br />
Um nun alle ungeraden Ausdrücke mit O ( )<br />
1<br />
m 2 c zu eliminieren, wenden wir eine weitere<br />
4<br />
Transformation an und setzen<br />
S ′′ = − iβ<br />
2mc 2 ω′′ = − iβ ( β<br />
2mc 2 2mc 2 [ω′ , ɛ ′ ] + iβ ˙ω ′ )<br />
2mc 2<br />
. (3.72)<br />
Dabei müssen wir nur den ersten Term von H ′′ berücksichtigen, da alle an<strong>der</strong>en geraden<br />
mindestens von <strong>der</strong> Ordnung<br />
1<br />
m 4 c 8 und alle ungeraden von <strong>der</strong> Ordnung<br />
1<br />
m 3 c 6<br />
sind. Die
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 18<br />
Rechnung erfolgt analog zur ersten Transformation:<br />
H ′′′ = e iS′′ (<br />
H ′′ − i∂ t<br />
)<br />
e<br />
−iS ′′<br />
= H ′′ + [iS ′′ , H ′′ ]<br />
= H ′′ + [iS ′′ , βmc 2 ] + O ( 1<br />
m 3 c 6 )<br />
= H ′′ + 1 2 [βω′′ , β] + O ( 1<br />
m 3 c 6 )<br />
= βmc 2 + ɛ ′ + ω ′′ − ω ′′ + βω′2<br />
2mc 2 + O( 1<br />
m 3 c 6 )<br />
= βmc 2 + ɛ ′ − βω′2<br />
2mc 2 + O( 1<br />
m 3 c 6 )<br />
.<br />
(3.73)<br />
Setzen wir nun die Ausdrücke <strong>für</strong> ɛ ′ und ω ′ aus (3.64) ein, so erhalten wir<br />
H ′′′ = βmc 2 + ɛ + βω2<br />
2mc − 1<br />
2 8m 2 c<br />
−<br />
β ( β iβ ˙ω<br />
[ω, ɛ] +<br />
2mc 2 2mc2 2mc − 2<br />
Die Klammer in <strong>der</strong> zweiten Zeile berechnet sich zu<br />
β<br />
( β iβ ˙ω<br />
[ω, ɛ] +<br />
2mc 2 2mc2 2mc − 2<br />
+ β iβ ˙ω<br />
[ω, ɛ] ·<br />
mc2 2mc − 2<br />
ω3<br />
3m 2 c 4 ) 2<br />
=<br />
β<br />
mc [ω, ɛ] · ω 3 iβ ˙ω<br />
− 2 3m 2 c4 mc · 2<br />
4<br />
[ω, [ω, ɛ] + i ˙ω] −<br />
βω4<br />
8m 3 c 6<br />
) ω3 2<br />
(3.74)<br />
.<br />
3m 2 c 4<br />
β<br />
[( β<br />
) 2 ( iβ ˙ω<br />
) 2 ( ω<br />
3 ) 2<br />
2mc 2 2mc [ω, ɛ] + + 2 2mc 2 3m 2 c 4<br />
ω 3 ]<br />
.<br />
3m 2 c 4<br />
(3.75)<br />
Da die Terme 3, 5 und 6 von einer höheren Ordnung sind als<br />
1<br />
m 3 c 6 , werden sie weggelassen.<br />
Demzufolge ergibt sich <strong>für</strong> (3.74)<br />
H ′′′ = βmc 2 + ɛ + βω2<br />
2mc − 1<br />
2 8m 2 c<br />
−<br />
β<br />
8m 3 c 6 [ω, ɛ]2 + 2 ˙ω 2<br />
8m 3 c 6 +<br />
4<br />
[ω, [ω, ɛ] + i ˙ω] −<br />
βω4<br />
8m 3 c 6<br />
iβ<br />
(3.76)<br />
4m 3 c [ω, ɛ] ˙ω . 6<br />
Damit haben wir einen Hamiltonoperator, <strong>der</strong> nur aus geraden Termen besteht und<br />
unsere For<strong>der</strong>ung erfüllt, einen Hamiltonoperator abzuleiten, <strong>der</strong> positive Zustände mit<br />
1<br />
den negativen bis zur Ordnung nicht mischt.<br />
m 2 c 4<br />
Zur endgültigen Darstellung von H ′′′ resubstituieren wir ferner ɛ und ω mit (3.49) und<br />
werten die daraus resultierenden Terme aus.<br />
3. Term von H ′′′<br />
Für den dritten Term haben wir<br />
βω 2<br />
2mc 2 =<br />
β<br />
2mc 2 (<br />
cα(p −<br />
e<br />
c A)) 2<br />
=<br />
β<br />
2m αi α j (p − e c A)i (p − e c A)j , (3.77)
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 19<br />
wobei unter Verwendung <strong>der</strong> γ-Matrizen-Algebra (s. 2.2) gilt [5]:<br />
mit <strong>der</strong> Matrix<br />
Hiermit erhalten wir<br />
α i α j = α i β 2 α j = −βα i βα j = −γ i γ j = − 1 (<br />
{γ i , γ j } + [γ i , γ j ] )<br />
2<br />
(3.78)<br />
= −g ij + iɛ ijk Σ k = δ ij + iɛ ijk Σ k<br />
Σ k =<br />
(<br />
)<br />
σ k 0<br />
0 σ k<br />
βω 2<br />
2mc = β<br />
2 2m (δij + iɛ ijk Σ k )(p − e c A)i (p − e c A)j<br />
= β ( e (p −<br />
2m c A)2 + iɛ ijk Σ k (p i p j − ep i A j − eA i p j + e2<br />
c 2 Ai A j ) )<br />
= β ( e (p −<br />
2m c A)2 − i e c ɛijk Σ k (p i A j + A i p j ) )<br />
= β ( e (p −<br />
2m<br />
= β<br />
2m<br />
c A)2 − i e c ɛijk Σ k( (p i A j ) + A j p i + A i p j))<br />
(<br />
(p −<br />
e<br />
c A)2 − e c ɛijk Σ k (∂ i A j ) )<br />
= β<br />
2m (p − e c A)2 − eβ Σ(∇ × A)<br />
2mc<br />
= β<br />
2m (p − e c A)2 − eβ<br />
.<br />
2mc Σ · B . (3.79)<br />
Dabei haben wir die Produktregel p i A j = (p i A j ) + A j p i und die asymmetrische Eigenschaft<br />
des ɛ ijk -Tensors (ɛ ijk = −ɛ jik ) ausgenutzt.<br />
4. Term von H ′′′<br />
Zur Auswertung des vierten Terms berechnen wir zunächst den inneren Kommutator<br />
[ω, ɛ] sowie den Ausdruck i ˙ω:<br />
[ω, ɛ] + i ˙ω = [cα i (p i − e c Ai ), eA 0 ] + i∂ t<br />
(<br />
cα i (p i − e c Ai ) )<br />
= c ( α i (p i − e c Ai )eA 0 − eA 0 α i (p i − e c Ai ) − i e c αi ∂ t A i)<br />
= c ( eα i p i A 0 − e2<br />
c αi A i A 0 − eA 0 α i p i + e2<br />
c A0 α i A i − i e c αi ∂ t A i)<br />
= c ( eα i (p i A 0 ) + eα i A 0 p i − eA 0 α i p i − i e c αi ∂ t A i)<br />
(3.80)<br />
= −ie cα i( (∂ i A 0 ) + 1 c ∂ tA i)<br />
= ie cα i E i = iec αE .<br />
Für das elektrische Feld E haben wir die Definition aus <strong>der</strong> Elektrodynamik E =<br />
−∇A 0 − ∂ A benutzt. Durch Einsetzen des Ergebnisses von (3.80) berechnet sich <strong>der</strong><br />
c∂t
= − ic∇E + cΣ · ∇ × E − 2icΣ · E × (p − e c A) . (3.81)<br />
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 20<br />
Kommutator in Term 4 zu<br />
[ω, αE] = c ( α i (p i − e c Ai )α j E j − α j E j α i (p i − e c Ai ) )<br />
= c ( α i α j (p i − e c Ai )E j − α j α i E j (p i − e c Ai ) )<br />
= c ( δ ij (p i − e c Ai )E j + iɛ ijk Σ k (p i − e c Ai )E j<br />
− δ ji (p i − e c Ai )E j − iɛ jik Σ k E j (p i − e c Ai ) )<br />
= c ( p i E i − e c Ai E i − E i p i + e c Ei A i<br />
+ iɛ ijk Σ k (p i − e c Ai )E j − iɛ jik Σ k E j (p i − e c Ai ) )<br />
= c ( (p i E i ) + E i p i − E i p i + iɛ ijk Σ k (p i − e c Ai )E j + iɛ ijk Σ k E j (p i − e c Ai ) )<br />
= c ( (p i E i ) + iɛ ijk Σ k (p i E j ) + iɛ ijk Σ k E j p i<br />
− iɛ ijk Σ k E j e c Ai + iɛ ijk Σ k E j (p i − e c Ai ) )<br />
= c ( (p i E i ) + iɛ ijk Σ k (p i E j ) + 2iɛ ijk Σ k E j (p i − e c Ai ) )<br />
Daraus ergibt sich schließlich <strong>für</strong> den 4. Term von H ′′′<br />
5. Term von H ′′′<br />
−<br />
ie [ω, [ω, ɛ] + i ˙ω] = −<br />
e2 ie2<br />
∇E −<br />
8m 2 c4 8m 2 c2 8m 2 c Σ · ∇ × E<br />
2<br />
−<br />
e<br />
4m 2 c Σ · E × (p − e 2 c A)) .<br />
(3.82)<br />
Der fünfte Term lautet unter Verwendung des Ergebnisses von (3.79)<br />
− βω4<br />
8m 3 c 6 = −<br />
β<br />
8m 3 c 2 α4 (p − e c A)4 −<br />
β<br />
8m 3 c 2 (<br />
(p −<br />
e<br />
c A)2 − eΣ · B ) 2<br />
= − β<br />
8m 3 c 2 (<br />
(p −<br />
e<br />
c A)4 + e 2 2 B 2 − 2(p − e c A)2 eΣ · B ) .<br />
Wir betrachten den dritten Ausdruck in <strong>der</strong> Klammer auf <strong>der</strong> rechten Seite:<br />
(3.83)<br />
− 2(p − e c A)2 eΣ · B =<br />
= − 2e ( p i p j − e c pi A j − e c Ai p j + e2<br />
c 2 Ai A j) Σ l B l<br />
= − 2e<br />
(Σ l( (p i p j B l ) + (p j B l )p i + (p i B l )p j + B l p i p j)<br />
− Σ l( e<br />
c (pi A j )B l + A j (p i B l ) + A j B l p i)<br />
− e c Σl A i( (p j B l ) + B l p j) + e2<br />
c 2 Σl B l A i A j )<br />
,
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 21<br />
<strong>der</strong> sich weiter unter Verwendung von p i p j = − 2 △ wie folgt berechnet:<br />
(<br />
= − 2e −Σ 2 △B + Σ · B( p 2 − e (<br />
(p i A j ) + A i p j + A j p i) + e2<br />
c<br />
c A2) 2<br />
+ Σ l( (p j B l )p i + (p i B l )p j − e c Aj (p i B l ) − e c Ai (p j B l ) ))<br />
= − 2e<br />
(−Σ 2 △B + Σ · B(p − e c A)2 + iΣ l( ∇B l p − e c ∇Bl A )) (3.84)<br />
= e 2 Σ · △B − 2eΣ · B(p − e c A)2 − 2ieΣ l ∇B l (p − e c A) .<br />
Somit erhalten wir <strong>für</strong> (3.83)<br />
− βω4<br />
8m 3 c = − β (<br />
(p − e 6 8m 3 c 2 c A)4 + e 2 2 B 2 + e 2 Σ · △B<br />
− 2eΣ · B(p − e c A)2 − 2ieΣ l ∇B l (p − e )<br />
c A)<br />
.<br />
(3.85)<br />
Da Terme, die B enthalten, gemäß Maxwell-<strong>Gleichung</strong>en, einer höheren Ordnung in 1 c 2<br />
sind, brauchen wir nur den führenden Term (p − e c A)4 zu berücksichtigen [9].<br />
6. Term von H ′′′<br />
Der sechste Term ist Null:<br />
−<br />
β<br />
8m 3 c [ω, 6 ɛ]2 = −<br />
β<br />
8m 3 c (ωɛ − 6 ɛω)2 = −<br />
β<br />
8m 3 c 6 (ω2 ɛ 2 + ɛ 2 ω 2 − 2ωɛɛω)<br />
= − β<br />
8m 3 c 6 ɛ2 (2ω 2 − 2ω 2 ) = 0 .<br />
(3.86)<br />
7. Term von H ′′′<br />
Hier<strong>für</strong> lässt sich die Rechnung von (3.80) verwenden.<br />
2 ˙ω 2<br />
8m 3 c 6 =<br />
8. Term von H ′′′<br />
2<br />
8m 3 c 6 (eαi ∂ t A i )(eα j ∂ t A j ) = e2 2<br />
8m 3 c (∂ tA i ) 2 = e2 2 ( ∂A<br />
6 8m 3 c 6 ∂t<br />
(<br />
(∇A 0 ) 2 + E 2 + 2(∇A 0 )E ) (3.87)<br />
8m 3 c 4<br />
= e2 2<br />
8m 3 c 6 c2 (∇A 0 + E) 2 = e2 2<br />
Auch bei <strong>der</strong> Berechnung des achten Terms nutzen wir das Ergebnis von (3.80) aus.<br />
iβ<br />
iβ<br />
[ω, ɛ] ˙ω = −<br />
4m 3 c6 4m 3 c 6 iecαi ∂ i A 0 · eα j ∂ t A j<br />
= + e2 2 β (<br />
δ ij + iɛ ijk Σ k) ∂ i A 0 ∂<br />
4m 3 c 5 t A j<br />
= + e2 2 β<br />
4m 3 c 5 (<br />
∂ i A 0 ∂ t A i + iɛ ijk Σ k ∂ i A 0 ∂ t A j)<br />
= + e2 2 β<br />
(<br />
∇A 0 ∂<br />
4m 3 c 5 t A + iΣ(∇A 0 ) × (∂ t A)<br />
= + e2 2 β<br />
(<br />
4m 3 c 5<br />
)<br />
−c∇A 0 (∇A 0 + E) − iΣ(∇A 0 ) × c(E + ∇A 0 )<br />
)<br />
= − e2 2 β<br />
4m 3 c 4 (<br />
(∇A 0 ) 2 + E 2 + iΣ(∇A 0 ) × E<br />
)<br />
) 2<br />
(3.88)
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 22<br />
Zusammen ergeben die Terme 7 und 8<br />
2 ˙ω 2<br />
8m 3 c − iβ<br />
6 4m 3 c [ω, ɛ] ˙ω = − e2 2 β<br />
(<br />
)<br />
(∇A 0 ) 2 + E 2 + 2∇A 0 E + iΣ(∇A 0 ) × E<br />
6 8m 3 c 4<br />
Im Falle des elektrostatischen Coulomb-Potenzials (s. Kap. 4) ist E 2 ∼ e2<br />
r 4<br />
gilt <strong>für</strong> (3.89):<br />
− e2 2 β<br />
(<br />
)<br />
(∇A 0 ) 2 + E 2 + 2∇A 0 E + iΣ(∇A 0 ) × E ∼<br />
8m 3 c 4<br />
.<br />
(3.89)<br />
und deshalb<br />
e4 2 β<br />
8m 3 c 4 r 4 ∼ E Rα 4 , (3.90)<br />
wobei E R die Rydberg-Energie und α die Feinstrukturkonstante sind. Dagegen sind<br />
die an<strong>der</strong>en Terme, die wir in H ′′′ beibehalten, von <strong>der</strong> Ordnung E R α 2 17 . Man kann<br />
also die Terme von <strong>Gleichung</strong> (3.89) vernachlässigen.<br />
Nun tragen wir alle relevanten Terme zusammen und bekommen<br />
H ′′′ = βmc 2 + eA 0 + β<br />
2m (p − e c A)2 − eβ<br />
2mc Σ · B − e2<br />
8m 2 c ∇E 2<br />
− ie2<br />
8m 2 c 2 Σ · ∇ × E −<br />
e<br />
4m 2 c 2 Σ · E × (p − e c A) −<br />
β<br />
8m 3 c 2 (p − e c A)4 .<br />
(3.91)<br />
Offensichtlich besitzt <strong>der</strong> Hamilton-Operator H ′′′ keine ungeraden Operatoren mehr,<br />
die beiden oberen Komponenten <strong>der</strong> Wellenfunktion φ 1 und φ 2 sind nicht mit den<br />
beiden unteren Komponenten χ 1 und χ 2 gekoppelt. Ausgehend von Zuständen positiver<br />
Energie betrachten wir nunmehr den oberen Spinor φ und ersetzen deshalb die 4 × 4<br />
- Matrizen Σ durch die 2 × 2 - Matrizen σ. Der Hamilton-Operator nimmt damit die<br />
Form<br />
H ′′′ = mc 2 + eA 0 + 1<br />
2m (p − e c A)2 − e<br />
2mc σ · B − e2<br />
8m 2 c ∇E 2<br />
− ie2<br />
8m 2 c 2 σ · ∇ × E −<br />
e<br />
4m 2 c σ · E × (p − e 2 c A) − 1<br />
8m 3 c (p − e (3.92)<br />
2 c A)4<br />
an. Dies entspricht dem Hamiltonoperator <strong>der</strong> Pauli-<strong>Gleichung</strong>, bestehend aus<br />
Ruheenergie, potentieller Energie, kinetischer Energie und <strong>der</strong> Kopplung zwischen<br />
Magnetfeld B und magnetischem Moment M des Elektrons, einschließlich relativistischer<br />
Korrekturen.<br />
Relativistische Korrekturen <strong>für</strong> ein Elektron im elektrostatischen Zentralpotential<br />
Wir können <strong>Gleichung</strong> (3.92) weiter umformen, indem wir von einem zentralsymmetrischen<br />
Potenzial<br />
eA 0 = V (r) ,<br />
17 Dies ist die Ordnung <strong>der</strong> Feinstrukturaufspaltung (s. 4.2).
<strong>Nichtrelativistische</strong> <strong>Näherung</strong> <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> 23<br />
mit<br />
E = −∇A 0 = − 1 e<br />
∂V<br />
∂r<br />
x<br />
r , A = 0 =⇒ B = 0 , ∇ × E = 0 ,<br />
ausgehen. Demnach treten insgesamt drei Korrekturterme auf, die wie folgt aussehen:<br />
p4<br />
H R1 = −<br />
8m 3 c 2<br />
H R2 = −<br />
e<br />
4m 2 c σ · E × p =<br />
2<br />
H R3 = − e2<br />
8m 2 c 2 ∇E =<br />
Daraus folgt <strong>für</strong> H ′′′<br />
1<br />
4m 2 c 2 r<br />
2<br />
8m 2 c 2 ∇2 V (x)<br />
∂Φ<br />
∂r σ · x × p =<br />
1<br />
4m 2 c 2 r<br />
∂V<br />
∂r σ · L .<br />
(3.93a)<br />
(3.93b)<br />
(3.93c)<br />
H ′′′ = mc 2 + V (r) + p2<br />
2m −<br />
p4<br />
8m 3 c 2 +<br />
2<br />
8m 2 c 2 ∇2 V (x) +<br />
1<br />
4m 2 c 2 r<br />
∂V<br />
∂r σ · L . (3.94)<br />
Der vierte Term ist die relativistische Massenkorrektur, also die Korrektur <strong>der</strong> kinetischen<br />
Energie. Der fünfte Term ist die relativistische Korrektur des Zentralpotentials<br />
und wird als Darwin-Term bezeichnet. Man kann ihn als Zitterbewegung des Elektrons<br />
interpretieren. Der letzte Term stellt die Wechselwirkungsenergie zwischen dem Spin<br />
des Elektrons und dessen Bahndrehimpuls dar (Spin-Bahn-Kopplung) 18 . Durch diese<br />
drei Korrekturen wird die Entartung <strong>der</strong> Energieniveaus hinsichtlich <strong>der</strong> Drehimpulsquantenzahl<br />
teilweise aufgehoben, wir sprechen von <strong>der</strong> Feinstrukturaufspaltung. Ihre<br />
Terme sind um den Faktor α 2 kleiner als die führenden Terme in <strong>der</strong> Pauli-<strong>Gleichung</strong><br />
[5].<br />
18 Hier wird sogar <strong>der</strong> Effekt <strong>der</strong> Tomas-Präzession durch den Faktor 4 im Nenner korrekt berücksichtigt<br />
[2]
Wasserstoffähnliches System 24<br />
4 Wasserstoffähnliches System<br />
Die Korrekturterme im Hamiltonoperator, welche wir im vorhergehenden Kapitel mittels<br />
FW-Transformation hergeleitet haben, stellen nicht nur eine Validierung <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>’schen<br />
<strong>Gleichung</strong> <strong>für</strong> Spin-1/2-Teilchen dar, da sie ja den aus <strong>der</strong> Empirie gewonnenen<br />
relativistischen Korrekturen <strong>der</strong> Energien im Wasserstoffatom (s. unten) entsprechen,<br />
son<strong>der</strong>n sie ermöglichen es auch, jene besser zu verstehen und eine umfassen<strong>der</strong>e<br />
Interpretation wasserstoffähnlicher Systeme zu liefern. Im Folgenden sollen diese<br />
Korrekturterme explizit behandelt und die damit verbundene Energieaufspaltung per<br />
Störungsrechnung ermittelt werden.<br />
4.1 Energieeigenwerte aus <strong>der</strong> nichtrelativistischen QM<br />
Bevor wir uns mit den relativistischen Störtermen befassen, wollen wir die Energieeigenwerte<br />
eines Elektrons im Coulomb-Potentials, die aus <strong>der</strong> nichtrelativistischen<br />
Quantenmechanik herrühren, betrachten. Der Hamilton-Operator eines Teilchens <strong>der</strong><br />
Masse m in einem solchen Zentralpotential lautet<br />
H 0 = p2<br />
p2<br />
+ V (r) =<br />
2m 2m − Ze2<br />
4πε 0 r . (4.95)<br />
Auf Grund <strong>der</strong> Rotationssymmetrie des Potenzials kann man zu Kugelkoordinaten<br />
übergehen und erhält <strong>für</strong> die Schrödinger-<strong>Gleichung</strong> [11]<br />
( [− 2 ∂<br />
2<br />
2m ∂r + 2 ∂<br />
) ]<br />
+ L2<br />
2 r ∂r 2mr + V (r) Ψ(r, ϑ, ϕ) = EΨ(r, ϑ, ϕ) . (4.96)<br />
2<br />
Nach <strong>der</strong> Anwendung des Separationsansatzes und weiteren Umformungen (s. z. B.<br />
[10]), nimmt die Differentialgleichung (4.96) folgende Form an:<br />
[ d<br />
2<br />
dρ + 2 l(l + 1)<br />
]<br />
− − η 2 u(ρ) = 0 , (4.97)<br />
2 ρ ρ 2<br />
wobei<br />
und<br />
η = 1 Z<br />
√<br />
ρ = Z r<br />
a B<br />
, a B = 4πɛ 0 2<br />
me 2 ̂= Bohrscher Radius (4.98)<br />
− E E R<br />
, E < 0 und E R = 2<br />
2ma 2 B<br />
̂= Rydberg-Energie . (4.99)<br />
Diese lässt sich exakt lösen und man gelangt zu guter Letzt zu den nur von <strong>der</strong> Hauptquantenzahl<br />
n abhängigen Energieeigenwerten <strong>der</strong> Bindungszustände des Coulomb-<br />
Potenzials<br />
E n = − Z2 E R<br />
n 2 ; n = 1, 2, 3, 4, ... . (4.100)
Wasserstoffähnliches System 25<br />
Es soll indes beachtet werden, dass zu einem vorgegebenen n die Drehimpulsquantenzahl<br />
l die Werte 0, 1, 2...n − 1 annehmen kann, was unter <strong>der</strong> Berücksichtigung, dass l<br />
selbst (2l + 1) - fach entartet ist, insgesamt eine n 2 - fache Entartung als Konsequenz<br />
hat 19 .<br />
4.2 Feinstruktur<br />
Wir wollen nun die drei zusätzlichen Terme <strong>der</strong> relativistischen Korrektur im Hamilton-<br />
Operator <strong>für</strong> ein wasserstoffähnliches System näher analysieren und ihre Eigenenergien<br />
mittels Störungstheorie erster Ordnung berechnen.<br />
4.2.1 Relativistische Massenkorrektur<br />
Der relativistische Korrekturterm <strong>der</strong> kinetischen Energie (3.93a) lässt sich auch direkt<br />
aus <strong>der</strong> relativistischen Energie-Impuls-Relation durch Taylor-Entwicklung nach<br />
(p/mc) 2 gewinnen 20 :<br />
√<br />
(<br />
E = mc 2 1 + p2<br />
m 2 c ≈ 2 mc2 1 + p2<br />
2m 2 c − 1 ( p<br />
2 ) 2 )<br />
= mc 2 + p2<br />
2 8 m 2 c 2 m −<br />
p4<br />
.<br />
8m 3 c 2 (4.101)<br />
Er ist also quadratischer Ordnung in (p/mc) 2 und die erste relativistische Korrektur<br />
<strong>der</strong> kinetischen Energie.<br />
Durch Ausnutzung von (4.95) kann man H R1 wie folgt umformen:<br />
−<br />
p4<br />
8m 3 c = − 1 ( p<br />
2 ) 2 1<br />
(<br />
)<br />
= − H 2 2mc 2 2m 2 2mc 2 0 + Ze2 2<br />
. (4.102)<br />
4πε 0 r<br />
In Störungstheorie erster Ordnung findet man <strong>für</strong> die bezüglich j, l und m j entarteten<br />
Zustände eines wasserstoffähnlichen Atoms<br />
∆E R1 = 〈njlsm j |H R1 |nj ′ l ′ sm ′ j〉 = 〈njlsm j |H R1 |njlsm j 〉δ jj ′δ ll ′δ mj m ′ j<br />
. (4.103)<br />
Da <strong>der</strong> Operator H R1 jedoch nicht auf den Spin wirkt, ist es hinreichend, die Ortszustände<br />
|nlm〉 zu verwenden und man erhält<br />
∆E R1 = − 1<br />
2mc 2 〈nlm| (<br />
H 2 0 + 2H 0<br />
Ze 2<br />
4πε 0 r + Z2 e 4<br />
(4πε 0 ) 2 r 2 )<br />
|nlm〉<br />
19 ∑ n−1<br />
l=0<br />
= − 1<br />
2mc 2 (<br />
E<br />
2<br />
n + 2E nZe 2<br />
4πε 0<br />
〈nlm| 1 r |nlm〉 + Z2 e 4<br />
(4πε 0 ) 2 〈nlm| 1 r 2 |nlm〉) .<br />
(4.104)<br />
n(n−1)<br />
(2l + 1) = 2<br />
2<br />
+ n = n 2<br />
20 In <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> ist dieser Term implizit enthalten, da sie die “zweite For<strong>der</strong>ung“, die wir<br />
an sie gestellt haben, erfüllt (s. 2.1).
Wasserstoffähnliches System 26<br />
Die Erwartungswerte 〈 1 r 〉 und 〈 1<br />
r 2 〉 ergeben sich unter Verwendung <strong>der</strong> Radialfunktion<br />
R nl <strong>der</strong> Lösung von (4.96): 21<br />
〈 1<br />
〉<br />
= Z<br />
r a B n 2<br />
(4.105a)<br />
〈 1<br />
〉<br />
Z 2<br />
=<br />
r 2 a 2 B n3 (l + 1/2) . (4.105b)<br />
Daraus folgt <strong>für</strong> (4.104) unter Bezugnahme von (4.98) und (4.99)<br />
∆E R1 = − 1 [( Z 2 E<br />
) 2 R 2Z 4 E R e 2<br />
+<br />
2mc 2 n 2 4πε 0 a B n + Z 4 e 4 ]<br />
4 (4πε 0 ) 2 a 2 B n3 (l + 1/2)<br />
= − Z4 c 2 m<br />
( e<br />
2 ) 4 (<br />
− 3<br />
n 3 4πε 0 4n + 1<br />
)<br />
2 n(l + 1/2)<br />
= − mc2 (Zα) 2 (Zα) 2 (<br />
1<br />
2 n 2 n(l + 1/2) − 3 )<br />
4n 2<br />
(<br />
= E n (Zα) 2 1<br />
n(l + 1/2) − 3 )<br />
.<br />
4n 2<br />
(4.106)<br />
Damit liegt die von <strong>der</strong> relativistischen Massenkorrektur herrührende relative Energieverschiebung<br />
in <strong>der</strong> Größenordnung Z 2 α 2 ≈ 0, 5 · 10 −4 Z 2 , wobei es sich bei α um die<br />
Feinstrukturkonstante handelt:<br />
α =<br />
e2<br />
4πε 0 c ≈ 1<br />
137 . (4.107)<br />
4.2.2 Spin-Bahn-Kopplung<br />
Die Spin-Bahn-Kopplung ist eine weitere Konsequenz <strong>der</strong> relativistischen Betrachtung<br />
<strong>der</strong> Bewegung eines geladenen Teilchens im elektrischen Feld. Man kann diesen Effekt<br />
auch mit Hilfe <strong>der</strong> klassischen Elektrodynamik plausibel machen. Das Elektron bewegt<br />
sich in dem elektrostatischen Feld, das von einem Proton verursacht wird und sieht in<br />
seinem Ruhesystem das Magnetfeld<br />
B = − 1 c v × E . (4.108)<br />
Durch die Wechselwirkung des inneren magnetischen Momentes des Elektrons (3.43)<br />
mit diesem Feld entsteht eine Energieverschiebung<br />
δE = −M · B = − e<br />
mc 2 S · (v × ∇A0 )<br />
= − 1<br />
mc 2 S · (v × x)1 r<br />
∂V<br />
∂r = 1<br />
m 2 c S · L1 2 r<br />
∂V<br />
∂r<br />
.<br />
(4.109)<br />
21 Zur ausführlichen Berechnung s. [11].
Wasserstoffähnliches System 27<br />
Diese stimmt mit (3.93b) bis auf einen Faktor 1/2 überein 22 , <strong>der</strong> sich daraus ergibt, dass<br />
die Bewegung des Elektrons um das Proton nicht geradlinig erfolg und sein Ruhesystem<br />
somit kein Inertialsystem ist. Folglich beschreibt <strong>der</strong> Elektronenspin Kreisbahnen<br />
bezüglich des Laborsystems (Thomas-Präzession) [12].<br />
Wir haben also mit (3.93b) einen Term vorliegen, <strong>der</strong> die Wechselwirkung des magnetischen<br />
Moments des Elektronenspins mit dem magnetischen Feld, welches das Elektron<br />
durch seine Bewegung im elektrostatischen Feld des Atomkerns “sieht“, beschreibt. Für<br />
ein wasserstoffähnliches Atom lautet er<br />
H R2 = 1<br />
2m 2 c S · L Ze2<br />
2 4πε 0 r 3 . (4.110)<br />
Zwecks Herleitung <strong>der</strong> Energieaufspaltung soll zunächst die LS - Kopplung untersucht<br />
werden. Da H R2 we<strong>der</strong> mit dem Bahndrehimpuls noch mit dem Spin vertauscht [5], ist<br />
es nützlich auf den Gesamtdrehimpuls J = L + S zurückzugreifen. Es gilt<br />
J 2 = L 2 + S 2 + 2L · S ⇐⇒ L · S = 1 2(<br />
J 2 − L 2 − S 2) . (4.111)<br />
Somit folgt <strong>für</strong> die störungstheoretische Korrektur erster Ordnung:<br />
∆E R2 = 〈njlsm j |H R2 |nj ′ l ′ sm ′ j〉<br />
Ze 2<br />
=<br />
8πε 0 m 2 c 〈njlsm j| J 2 − L 2 − S 2<br />
|njlsm 2 2r 3<br />
j 〉δ jj ′δ ll ′δ mj m ′ j (4.112)<br />
Ze 2<br />
=<br />
2 · 4πε 0 m 2 c 〈nl| 1 2 r 3 |nl〉2 2 [j(j + 1) − l(l + 1) − s(s + 1)] .<br />
Der Erwartungswert von 〈 1 〉 ist 23 [11]<br />
r 3 〈 1<br />
〉<br />
Z 3<br />
=<br />
r 3 a 3 B n3 l(l + 1/2)(l + 1) , (4.113)<br />
sodass man <strong>für</strong> die Energieverschiebung<br />
Ze 2 Z 3 m 3 c 3 α 3 j(j + 1) − l(l + 1) − s(s + 1)<br />
∆E R2 =<br />
4 · 4πε 0 m 2 c 2 n 3 l(l + 1/2)(l + 1)<br />
= mc2 (Zα) 2 (Zα) 2 j(j + 1) − l(l + 1) − s(s + 1)<br />
4 n 3 l(l + 1/2)(l + 1)<br />
(4.114)<br />
erhält. Man hat also je nachdem ob j = l + 1/2 o<strong>der</strong> j = l − 1/2 zwei Mögliche<br />
Ergebnisse <strong>für</strong> die Energieaufspaltung:<br />
(Zα) 2 1<br />
∆E R2 = −E n<br />
2n (l + 1/2)(l + 1) <strong>für</strong> j = l + 1 2<br />
(Zα) 2 1<br />
∆E R2 = E n <strong>für</strong> j = l − 1 (4.115)<br />
2n l(l + 1/2)<br />
2 .<br />
Auch <strong>für</strong> die Spin-Bahn-Kopplung ist sie von <strong>der</strong> Größenordnung α 2 ≈ (1/137) 2 .<br />
22 Es ist zu beachten, dass in (3.93b) σ, während in (4.109) S verwendet wird, wobei gilt S = 2 σ.<br />
23 Dabei ist l ≧ 1, da das Integral <strong>für</strong> den Erwartungswert im Zustand l = 0 divergent wäre. Zudem<br />
würde bei l = 0, d. h. bei j = s <strong>der</strong> Ausdruck L · S verschwinden - es läge keine Spin-Bahnkopplung<br />
vor.
Wasserstoffähnliches System 28<br />
4.2.3 Darwin-Term<br />
Der Darwin-Term beschreibt die sogenannte Zitterbewegung, die durch die Interferenz<br />
zwischen positiven und negativen Energie-Zuständen, die das Wellenpaket des<br />
Elektrons bilden, entsteht. Das bedeutet, dass unterhalb <strong>der</strong> Compton-Wellenlänge<br />
λ c = Elektron-Positron-Paare entstehen können und man nicht mehr von einem<br />
mc<br />
Ein-Teilchen-Zustand reden darf. Die Konsequenz davon ist, dass das Elektron über<br />
einen Bereich von λ c “verschmiert“ ist und nicht mehr als lokal angesehen werden kann.<br />
Man kann die Zitterbewegung daher als “Verschmierung“ <strong>der</strong> Aufenthaltswahrscheinlichkeit<br />
betrachten [12], [13].<br />
Auf Grund dieser Schwankung spürt das Elektron im Mittel das Potenzial [11]<br />
Entwickeln wir V (r + δr) um δr, so ergibt sich<br />
〈V (r + δr)〉 , δr = λ c = mc . (4.116)<br />
V (r + δr) ≈ V (r) + δr · ∇V (r) + 1 2 (δr · ∇)2 V (r) (4.117)<br />
und über δr gemittelt, unter Annahme sphärischer Symmetrie,<br />
〈V (r + δr)〉 ≈ V (r) + 1 6 (δr)2 · ∇ 2 V (r) . (4.118)<br />
Nimmt man <strong>für</strong> δr die Ersetzung aus (4.116) vor, so führt dies zu einer (heuristischen)<br />
Korrektur, die mit dem aus <strong>der</strong> FW-Transformation resultierenden Darwin-Term<br />
(3.93c) qualitativ übereinstimmt:<br />
V Korrektur (r) =<br />
2<br />
6m 2 c 2 ∇2 V (r) . (4.119)<br />
Indem nun V (r) in (3.93c) durch das Coulomb-Potenzial ersetzt und die<br />
<strong>Gleichung</strong> verwendet wird, erhält <strong>der</strong> Darwin-Term die Form<br />
Poisson-<br />
H R3 = Z2 e 2<br />
8m 2 c 2 4πε 0<br />
△ 1<br />
|r| = πZ2 e 2<br />
2m 2 c 2 4πε 0<br />
δ (3) (r) . (4.120)<br />
Aus <strong>der</strong> Störungsrechnung erhalten wir die entsprechende Energieverschiebung:<br />
∆E R2 = 〈njlsm j |H R3 |nj ′ l ′ sm ′ j〉 = πZ2 e 2<br />
2m 2 c 2 4πε 0<br />
〈njlsm j |δ (3) (r)|njlsm j 〉δ jj ′δ ll ′δ mj m ′ j<br />
(4.121)<br />
Wegen <strong>der</strong> Delta-Funktion liefert (4.121) nur <strong>für</strong> s - Zustände einen Beitrag 24 , das<br />
heißt ∆E R2 = 0 <strong>für</strong> l ≠ 0 [12]. Damit ergibt sich<br />
∆E R2 = πZ2 e 2<br />
2m 2 c 2 4πε 0<br />
|Ψ n00 (0)| 2 δ l,0 . (4.122)<br />
24 Nur <strong>für</strong> s-Zustände ist Ψ(0) ≠ 0, wobei Ψ(0) die Wellenfunktion bei r = 0 ist.
Wasserstoffähnliches System 29<br />
Setzen wir r = l = 0, dann ist die Radialfunktion R n0 = 2( Z n )2/3 und die<br />
Kugelflächenfunktion<br />
Y 00 = 1/ √ 4π [10]. Daraus folgt <strong>für</strong> (4.122)<br />
∆E R2 = πZ2 e 2 Z 3<br />
2m 2 c 2 4πε 0 πa δ 3 B n3 l,0 = mc2 (Zα) 4 (Zα) 2<br />
δ<br />
2 n 3 l,0 = −E n<br />
n δ l,0 . (4.123)<br />
Damit sind alle drei relativistischen Korrekturen explizit in 1. Ordnung Störungstheorie<br />
berechnet und man kann sie sodann in einen Term zusammentragen:<br />
∆E F S = ∆E R1 + ∆E R2 + ∆E R3 . (4.124)<br />
Zuerst fassen wir die Korrekturterme <strong>für</strong> l ≠ 0, ∆E R1 und ∆E R2 , zusammen:<br />
∆E l≠0<br />
F S<br />
= E (Zα) 2 (<br />
n<br />
n<br />
1<br />
l + 1/2 − 3<br />
4n<br />
j(j + 1) − l(l + 1) − s(s + 1)<br />
)<br />
−<br />
2l(l + 1/2)(l + 1)<br />
. (4.125)<br />
Die Terme 1 und 3 in <strong>der</strong> Klammer ergeben jeweils<br />
1<br />
<strong>für</strong> j = l + 1/2 : − 1<br />
l+1/2 2(l+1/2)(l+1)<br />
1<br />
<strong>für</strong> j = l − 1/2 : + 1<br />
l+1/2 2l(l+1/2)<br />
}<br />
=<br />
1<br />
j + 1/2 , (4.126)<br />
wodurch <strong>für</strong> (4.125) folgt:<br />
∆E l≠0<br />
F ein = E (Zα) 2<br />
n<br />
n<br />
(<br />
1<br />
j + 1/2 − 3 )<br />
4n<br />
. (4.127)<br />
Ist l = 0, so verschwindet ∆E R2 und <strong>der</strong> Beitrag zur Energieaufspaltung besteht aus<br />
∆E R1 und ∆E R3 :<br />
∆EF l=0 (Zα) 2 ( 1<br />
S = E n<br />
n 1/2 − 3 )<br />
4n − 1<br />
(Zα) 2 (<br />
= E n 1 − 3 )<br />
n 4n<br />
. (4.128)<br />
Aus dem Vergleich <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>für</strong> die Fälle l = 0 und l ≠ 0 schließen wir, dass<br />
(4.127) beiden entspricht und man <strong>für</strong> die Feinstruktur-Aufspaltung schreiben kann:<br />
(Zα) 2 (<br />
1<br />
∆E F S = E n<br />
n j + 1/2 − 3 )<br />
4n<br />
. (4.129)<br />
Sie ist von <strong>der</strong> Größenordnung 10 −4 und hängt nicht von <strong>der</strong> Bahndrehimpulsquantenzahl<br />
l ab, womit Zustände mit gleichen Quantenzahlen n und j über gleiche Energieeigenwerte<br />
verfügen 25 . In Abb. 5 ist die jeweilige Energieverschiebung bis n = 3<br />
mit explizit berechneten Werten in einem Termschema dargestellt. Man sieht, dass die<br />
Feinstrukturaufspaltung mit wachsendem n und j abnimmt. Das Beson<strong>der</strong>e an dem<br />
Ergebnis (4.129), das letztlich sukzessiv aus <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> abgeleitet wurde, ist<br />
die exakte Übereinstimmung - in <strong>der</strong> betrachteten Größenordnung - mit dem Experiment.<br />
Korrekturen kleinerer Größenordnung sind die Hyperfeinstruktur und Lambshift.<br />
25 Dies trifft nur auf ein wasserstoffähnliches Atom bzw. Ion (z. B. He + , Li ++ ...) zu, was auf den<br />
1/r-Verlauf des Coulombpotenzials zurück zu führen ist.
Wasserstoffähnliches System 30<br />
Abb. 5: Feinstrukturaufspaltung bis n = 3 (qualitativ) mit <strong>der</strong> jeweiligen Energieverschiebung.<br />
Bei <strong>der</strong> Hyperfeinstruktur wird die Wechselwirkung zwischen dem magnetischen Moment<br />
des Elektrons und dem aus dem Kern-Spin herrührenden magnetischen Moment<br />
des Kerns berücksichtigt. In Abb. 6 ist die daraus resultierende Energieaufspaltung<br />
dargestellt. Die Lambshift wird von Nullpunktsschwankungen des elektromagnetischen<br />
Feldes hervorgerufen, die zur Verschiebung <strong>der</strong> Position des Elektrons führen. Sie ist<br />
z. B. <strong>für</strong> die Energieaufspaltung zwischen den Niveaus 2 2 S 1/2 und 2 2 P 1/2 o<strong>der</strong> 3 2 S 1/2<br />
und 3 2 P 1/2 des Wasserstoffatoms, die in <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-Theorie entartet sind (s. Abb. 6),<br />
verantwortlich [11].<br />
Abb. 6: Qualitative Darstellung<br />
<strong>der</strong> Aufspaltung <strong>der</strong> Energieniveaus<br />
bis n = 3 durch relativistische<br />
Effekte (Feinstruktur),<br />
Lambshift und Kernspin (Hyperfeinstruktur;<br />
<strong>der</strong> Übersicht<br />
wegen bis n=2 ).
Konklusion 31<br />
5 Konklusion<br />
Es wurde die <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> in <strong>der</strong> nichtrelativistischen <strong>Näherung</strong> untersucht. Man<br />
konnte feststellen, dass sich in <strong>der</strong> <strong>Näherung</strong> erster Ordnung die klassische Bewegungsgleichung<br />
<strong>für</strong> Fermionen ergab - die Pauli-<strong>Gleichung</strong>. Diese berücksichtigt sogar die<br />
Kopplung des magnetischen Momentes des Fermions mit einem von außen angelegten<br />
Magnetfeld, was bei <strong>der</strong> Ableitung aus <strong>der</strong> <strong>Dirac</strong>-<strong>Gleichung</strong> automatisch berücksichtigt<br />
wurde, bei <strong>der</strong> Derivation aus <strong>der</strong> klassischen Theorie jedoch heuristischer Natur ist.<br />
Es konnte zudem gezeigt werden, dass es möglich ist, mit einer unitären Transformation,<br />
<strong>der</strong> Foldy-Wouthuysen-Transformation, den <strong>Dirac</strong>’schen Hamilton-Operator in<br />
je<strong>der</strong> beliebigen Ordnung in 1 zu diagonalisieren und damit eine Trennung <strong>der</strong> positiven<br />
Lösungen von den negativen Lösungen im Sinne <strong>der</strong> Ein-Teilchen-Theorie<br />
mc 2<br />
in<br />
<strong>der</strong> entsprechenden Ordnung zu garantieren. Wir haben uns dabei darauf beschränkt<br />
1<br />
die Diagonalisierung des Hamilton-Operators bis zur Ordnung durchzuführen. Die<br />
m 3 c 6<br />
sich daraus ergebenden Terme des Hamiltonian enthalten relativistische Korrekturen<br />
<strong>für</strong> ein Teilchen im elektromagnetischen Potenzial.<br />
Im Falle eines elektrostatischen Zentralpotenzials, das auf ein wasserstoffähnliches<br />
Atom zutrifft, führen diese Korrekturen zu <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> spektroskopischen Analyse beobachtbaren<br />
Feinstrukturaufspaltung. Das heißt, wir haben durch die FW-Transformation<br />
einen Term <strong>für</strong> die Energieverschiebung ∆E F S <strong>der</strong> Ordnung α 2 (Größenordnung <strong>der</strong><br />
Feinstruktur) erhalten, <strong>der</strong> vollkommen <strong>der</strong> empirischen Erwartung entspricht.
ABBILDUNGSVERZEICHNIS 32<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
1 Strahlungskatastrophe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
2 Darstellung des <strong>Dirac</strong>-Sees . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
3 Darstellung <strong>der</strong> Paarbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
4 e − - e + - Annihilation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
5 Feinstrukturaufspaltung bis n = 3 (qualitativ) mit <strong>der</strong> jeweiligen Energieverschiebung.<br />
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
6 Qualitative Darstellung <strong>der</strong> Aufspaltung <strong>der</strong> Energieniveaus bis n =<br />
3 durch relativistische Effekte (Feinstruktur), Lambshift und Kernspin<br />
(Hyperfeinstruktur; <strong>der</strong> Übersicht wegen bis n=2 ). . . . . . . . . . . . 30
LITERATUR 33<br />
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Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996