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Hunderttausend.de | Dienstag, 22.05.2012 "Tattoo ... - Theater Trier

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sich <strong>de</strong>r Aufrechte als Arschloch erweisen und <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rling sich als Wohltäter<br />

enthüllen kann. Dem Bühnenbild hingegen ließe sich durchaus eine gewisse<br />

Einfallslosigkeit vorwerfen, <strong>de</strong>nn hier sind keine innovativen Elemente auszumachen.<br />

Ganz abgesehen davon, dass die von <strong>de</strong>r Universität <strong>Trier</strong> (das <strong>Theater</strong> <strong>Trier</strong> stiftete<br />

keinen Cent) bereitgestellten finanziellen Mittel für "bühne 1" bei weitem nicht auf<br />

<strong>de</strong>m Niveau üblicher Studioproduktionen angesie<strong>de</strong>lt sind und die Kritik am<br />

Bühnenbild daher ohnehin relativiert wer<strong>de</strong>n muss, eröffnet diese Zurückhaltung die<br />

Bühne aber auch als erquicklichen Raum für allerlei Imaginationen.<br />

Denn glücklicherweise ist es nicht die szenische Äußerlichkeit, auf welcher <strong>de</strong>r<br />

Schwerpunkt dieser Darbietung liegt. Mit <strong>de</strong>m Verzicht auf postmo<strong>de</strong>rne<br />

Effekthascherei, auf pseudoprovokantes Penisfechten und inhaltsentleerte<br />

Vi<strong>de</strong>oinstallationen, ja auf all die vermeintlich avantgardistisch-tabubrechen<strong>de</strong>n<br />

Elemente, auf die stu<strong>de</strong>ntische <strong>Theater</strong>gruppen sonst so gern zurückgreifen, ist <strong>de</strong>n<br />

mit Ausnahme Deppings noch reichlich unerfahrenen Darstellern viel Raum für die<br />

tiefgründige Interpretation ihrer vielschichtig konstruierten Charaktere gegeben.<br />

Gesellschaftskritik ohne Moral<br />

Da zeigt sich etwa, wie problematisch es für eine doch angeblich so liebeswürdige<br />

Person wie Lea ist, ein Versprechen einzuhalten. Auch Fred relativiert unfreiwillig<br />

sein vermeintlich gutes Gemüt, in<strong>de</strong>m er sich auch über Tigers Tod hinaus aufgrund<br />

von Leas Bewun<strong>de</strong>rung für <strong>de</strong>n erfolgreichen Künstler als von Eifersucht zerfressen<br />

zeigt. Tigers Galeristin und Geliebte Naomi (Stefanie Blasi) wie<strong>de</strong>rum entwickelt in<br />

ihrer scheinbar unendlichen Trauer ob <strong>de</strong>s Ablebens ihres Herzbuben einen<br />

befremdlichen Hang zur Nekrophilie, <strong>de</strong>r sich später als etwas ganz an<strong>de</strong>res<br />

offenbart: pure Geldgeilheit. So stiehlt sie <strong>de</strong>n toten Körper und versucht, die Leiche<br />

zu verkaufen. Doch hat sie die Rechnung ohne Lea und Fred gemacht, die ihrerseits<br />

Naomi zu stoppen versuchen.<br />

Was sich anschließend im letzten Teil <strong>de</strong>s Stückes abspielt, ist ein ständiger<br />

Perspektivwechsel und eine Weigerung zur klaren Rollenverteilung von Hel<strong>de</strong>n und<br />

Schurken, die die Beständigkeit <strong>de</strong>s Unbeständigen in <strong>de</strong>r gesellschaftlichen<br />

Gleichzeitigkeit <strong>de</strong>s Ungleichzeitigen mustergültig entlarven und die Kunst zur<br />

Metapher avancieren lassen: Nichts ist so, wie es scheint in einer Gesellschaft, die<br />

einerseits technisch auf <strong>de</strong>m höchsten Stand ihrer Geschichte ist, an<strong>de</strong>rerseits<br />

jedoch die Ur-Instinkte <strong>de</strong>r Verfolgung <strong>de</strong>s je eigenen Interesses gegen die<br />

Interessen aller an<strong>de</strong>ren niemals wird abstellen können - und das, so vermittelt es<br />

das Stück dankenswerterweise, ist auch gut so (jf).

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